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Sinnlich, gefährlich, sündig – im Sog der Leidenschaft Als der Earl of Rancliffe durch die geheimnisvolle Mademoiselle Noire gedemütigt wird, verspricht er Rache. Doch sein Zorn wird bald zur Besessenheit, als sie ihn in immer verführerische Spiele verwickelt. Die ebenso grausame wie schöne Mademoiselle Noire hat weder die Absicht, ihre wahre Identität preiszugeben, noch ihr Herz zu verschenken. Doch wonach sehnt sie sich insgeheim – in einer Welt voller Laster und dunkler Begierde? »Forbidden Desire – Verbotenes Verlangen« enthält die drei düster-sinnlichen Novellen der Trilogie »Verrucht«. Der Sammelband verspricht ein prickelndes Lesevergnügen und lustvolle Begegnungen. Nichts ist tabu. Die Trilogie ist in sich abgeschlossen, mit garantiertem Happy End und heiße Liebesszenen. Titel dieser Trilogie: Forbidden Pleasure – Verbotenes Vergnügen Forbidden Temptation – Verbotene Versuchung Forbidden Seduction – Verbotene Verführung Bekannt ist Anna Quinn auch für die historische Liebesromanreihe »Handbuch einer Lady«, die sie unter dem Pseudonym Emmanuelle de Maupassant schreibt.
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Erschien ursprünglich in englischer Sprache unter dem Titel „Reckless Desire“ und unter dem Titel „Dangerous Desire“ unter dem Pseudonym Emmanuelle de Maupassant schreibt.
Copyright © 2022 Anna Quinn
Bucheinbanddesign von Chris Cocozza
Übersetzt von Anna Grossman
Redaktionelle Unterstützung: Carola Karth-Neu
Dark Castle Press : Keith Hall, Inverurie, Scotland, AB51 0LD, UK
www.emmanuelledemaupassant.com
Kontact : [email protected]
Bei diesem Roman handelt es sich um eine fiktive Geschichte. Die Namen, Charaktere, Orte und Ereignisse sind entweder der Fantasie des Autors entsprungen oder werden auf fiktive Art und Weise integriert. Mit Ausnahme bekannter historischer Figuren und Orte ist jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen sowie Geschäftsbetrieben, Ereignissen oder Orten vollkommen zufällig.
Der Zweck des Urheberrechts besteht darin, Autoren und Künstler darin zu bestärken, kreative Werke zu entwerfen, die unsere Kultur bereichern.
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Forbidden Pleasure – Verbotenes Vergnügen
Band 1 der »Verrucht«-Trilogie
Forbidden Temptation – Verbotene Versuchung
Band 2 der »Verrucht«-Trilogie
Forbidden Seduction – Verbotene Verführung
Band 3 der »Verrucht«-Trilogie
Rezensionen
Über die Autorin
Liebst du heiße historische Liebesromane und Hörbücher?
Auch von Anna Quinn / Emmanuelle de Maupassant
Eine Einladung
Wir leben im wundersamen Hier und Jetzt, und hier muss unser Fleisch sein Vergnügen finden. Dein Körper gehört dir und dir allein, aber nicht für lange und nie lange genug.
Mademoiselle Noire
London, 1898
Lord Henry McCaulay, der Earl of Rancliffe, stieg die Stufen des Stadthauses des Duke of Mournemoth hinunter und sprang in seine wartende Kutsche. Hätte der Kutscher ihm nicht die Tür aufgehalten, hätte er sie mit Vergnügen aufgerissen und hinter sich wieder zugeschlagen.
Mournemoths Ermahnungen hinsichtlich Rancliffes unverheiratetem Zustand war unerträglich. Der Rat seines Patenonkels war freundlich gemeint, aber ungebeten und verdammt ärgerlich. Der verstorbene Earl war seit sieben Jahren tot, und Rancliffe war in der Lage, seine eigenen Entscheidungen zu treffen – auch in Bezug auf die Notwendigkeit, sich eine Braut zu suchen und einen Erben zu zeugen.
Die Wahrheit war, dass er mit genau diesem Ziel zwei Saisons durchgehalten und keine einzige Frau gefunden hatte, mit der er sich hätte vorstellen können, mehr als eine Stunde zu verbringen – geschweige denn ein Leben lang.
Natürlich hatte es genügend Frauen gegeben, die dazu bereit waren – wie es für einen Mann mit Vermögen und illustren Titeln immer der Fall sein würde. Ohne seiner Eitelkeit ungebührlich zu huldigen, gab Rancliffe zu, dass er ein guter Fang war.
Außerdem schienen seine klassischen Gesichtszüge und sein gelocktes goldblondes Haar den Damen zu gefallen. Seine sportlichen Aktivitäten – Reiten, Fechten und ein wenig Faustkampf – sorgten dafür, dass sein Körper in Form blieb.
Nur die Jagd und das Schießen unterließ er. Seine Ländereien in Oxfordshire unterstanden dem erfahrenen Auge eines Mr. Bentley, der die strikte Anweisung hatte, die Tierwelt ihrem eigenen Management zu überlassen. Sogar die Füchse waren auf dem Landgut Rancliffe sicher, die Schneehühner und Fasane wurden mit Zähnen und Klauen und nicht mit dem Schuss einer Flinte getötet.
Es war nicht so, dass Rancliffe keine Frauen mochte. Er liebte seine Schwester Cecile sehr, und sein Herz trauerte noch immer um den Verlust ihrer treuen Mutter. Er glaubte auch nicht, dass Frauen unfähig waren, sich intellektuell zu betätigen, obgleich er bezweifelte, dass wahre geistige Fähigkeiten allein durch den Erwerb von Wissen erlangt werden konnten. Es bedurfte einer Neigung zu Nachforschungen und Überlegungen und der Willensstärke, sich über die allgemeine Meinung anderer zu erheben.
Er nahm an, dass eine Ehefrau gefunden werden musste und dass sich irgendwann eine geeignete Frau für diese Rolle empfehlen würde. Er war nur erschöpft von der Suche nach ihr und fürchtete immer mehr, dass er gezwungen sein würde, Kompromisse einzugehen, indem er eine Frau heiratete, die nur wegen ihrer Abstammung und ihrer Fähigkeit, ihm möglichst wenig Ärger zu bereiten, infrage kam.
War es zu viel verlangt, eine Ehefrau zu wollen, die ihm nicht nur häusliche Geborgenheit verschaffte und ihm Erben schenkte, sondern auch eine gesellschaftliche Bereicherung war? Jemand, der sich charmant unterhalten konnte; jemand, der ihn vielleicht sogar mit ihrer Konversation amüsierte. Seine Mutter hatte seinen Vater zum Lachen gebracht, erinnerte er sich, aber ihre Ehe war bemerkenswert gewesen; ein seltener Fall von konventionellem Bündnis in Verbindung mit Liebe.
Was den Bettsport anbelangte, so würde die Art von anständiger junger Frau, die sein Patenonkel als nächste Countess Rancliffe im Auge hatte, intime Beziehungen wohl kaum als etwas anderes als eine Notwendigkeit für die Zeugung von Kindern betrachten.
Dafür waren Mätressen da: um die Anforderungen zu erfüllen, die von einer Ehefrau nicht erwartet werden konnten. Er würde sich wahrscheinlich nicht die Mühe machen. Bisher hatte es ihm gereicht, die zu diesem Zweck vorgesehenen Etablissements zu nutzen.
In Wahrheit plagte ihn der unvermählte Zustand seiner Schwester mehr als sein eigener. Sie war bereits ein wenig über das übliche Alter hinaus, und seine Eltern, Gott hab sie selig, hätten seine Nachlässigkeit getadelt.
Seine Tante hatte Cecile vor drei Sommern bei Hofe vorgestellt, und Rancliffe hatte keine Kosten gescheut – weder für ihre Garderobe noch für ihren Debütantinnenball. Es hatte Verehrer gegeben, aber Cecile schien kein Interesse zu haben, und Rancliffe war nicht bereit gewesen, einer Heirat zuzustimmen, da er seine Schwester noch nicht an einen anderen Mann verlieren wollte.
Wie egoistisch von ihm.
In der nächsten Saison werden wir es besser machen. Sie wird einen Mann finden, der ihrer würdig ist, um ihr Glück zu sichern.
Rancliffe massierte sich die Stirn. Schon bevor er sich mit Mournemoth zu ihrem Tête-à-Tête in der Bibliothek getroffen hatte, war der Abend außergewöhnlich ermüdend gewesen. Das einzige Gespräch, das sich für ihn gelohnt hatte, war das mit einem Mitglied der British Ornithological Union. Das Tragen von Federn war ihm schon immer ein Gräuel gewesen. Jährlich wurden eine Million Vögel für den verabscheuungswürdigen Zweck getötet, die Hüte von Frauen zu schmücken. Dass sich die Society for the Protection of Birds – die Gesellschaft für Vogelschutz – für die Abschaffung dieses Brauchs einsetzte, hatte ihn etwas besänftigt.
Nachdem er in Oxford Zoologie studiert hatte, hatte Rancliffe oft darüber nachgedacht, dass es dem Menschen nicht gelungen war, sich viel weiterzuentwickeln als seine Mitgeschöpfe, die hauptsächlich von dem Wunsch nach Nahrung und Fortpflanzung angetrieben wurden. Die Errungenschaften der Menschheit, so wundervoll sie auch sein mochten, schienen zu kurz zu greifen. Der Finger des Göttlichen war in der Schönheit der melodiösen und farbenfrohen Vogelwelt viel leichter zu erkennen.
»Nach Hause, Mylord?«
Rancliffe runzelte die Stirn. Den ganzen Abend über hatte er sich nichts sehnlicher gewünscht als seinen eigenen Kamin, die neueste Ausgabe von Ibis – der Zeitschrift der Ornithologen – und ein gut gefülltes Glas Aberlour-Whisky. Jetzt jedoch verspürte er das Bedürfnis nach einer anderen Art von Entspannung. Es würde mehr als ein Bromo-Seltzer brauchen, um die Verspannungen in seinem Nacken und seinen Schultern zu lindern, und so beugte er sich vor, um seinem Fahrer ein alternatives Ziel zu nennen.
»Zum Klub, Simons.«
Rancliffe lehnte sich in der Lederbank zurück und schloss die Augen.
* * *
Der luxuriöse Salon war mit plüschigem Samt ausgestattet, der Boden mit Perserteppichen ausgelegt, und er wurde von einem mit schwarzem Glas behangenen Kronleuchter erhellt. Rancliffe hatte im vergangenen Winter in seinem eigenen Haus elektrische Beleuchtung installiert, aber das Flackern des Kerzenlichts hatte etwas unbestreitbar Mystisches an sich.
Ein Dutzend Männer hatten bereits Platz genommen. Trotz ihrer halbmondförmigen Masken erkannte Rancliffe sie alle.
Tagsüber war das Brockford’s ein bescheidener Zufluchtsort vor der Hektik des Geschäftslebens. Ein Ort, an dem man in Ruhe bei Kaffee oder Brandy die Zeitung lesen konnte. Die Mittagskarte war zwar begrenzt, aber für eine leichte Mahlzeit völlig ausreichend.
Nachts bot das Etablissement ein breiteres Spektrum an Dienstleistungen an, wobei nur Mitglieder des höchsten Ranges wussten, wer und was sich hinter bestimmten Türen abspielte.
Rancliffe war schon oft der Gedanke gekommen, dass die Frauen im Brockford’s vielleicht mehr verehrt wurden als die pflichtbewussten Ehefrauen, die zu Hause warteten. Hier übten Frauen Macht aus, sei es in Form von Dominanz oder süßer Hingabe – wenn auch mit der Herausforderung, enthusiastisch zu wirken, unabhängig davon, wer die Rechnung bezahlte.
Rancliffe wurde zu einem Stuhl geführt und bekam rasch sein übliches Getränk serviert. Er versuchte, sich zu entspannen. Wie es schien, sollte es eine formelle Unterhaltung geben, denn die Bühne war bereits hergerichtet worden.
»Mylords.« Der Zeremonienmeister verbeugte sich mit einer extravaganten Geste. »Ich heiße Euch willkommen und wünsche Euch einen guten Appetit.«
Er hielt inne und überließ es seinen Augen und einem kurzen Zusammenkneifen seiner Lippen, die Bedeutung seiner Worte zu vermitteln. »Die heutige Aufführung verspricht, besonders denkwürdig zu werden, dank unserer neuen Hostess, die erst kürzlich vom Kontinent eingetroffen ist und eine Fülle von reizvollen und köstlichen Ablenkungen für Euer anspruchsvolles Vergnügen mitbringt. Darf ich Euch Mademoiselle Noire vorstellen?«
Die Vorhänge zogen sich zurück. Dahinter stand eine Frau, die weder das in letzter Zeit so beliebte Haremskostüm noch das einer lüsternen Zigeunerin trug, sondern in schlichtem schwarzem Taft gekleidet war. Die Passe ihres Kleides war so weit nach unten gezogen, dass die Schultern und ein Hauch von Dekolleté zu sehen waren – elfenbeinfarben im Schein der Lampe und berührt von einer einzelnen Haarsträhne, die aus ihrer kastanienbraunen Lockenpracht fiel.
Obgleich das Ensemble sehr zurückhaltend war, konnte die Seide die Rundungen ihres Körpers nicht verbergen und lud einen Mann ein, sich die Kurven darunter vorzustellen.
Die langen Abendhandschuhe ließen nicht mehr als einen Fingerbreit des blassen Arms unter den Puffärmeln ihres Kleides erkennen. Sie hätte ohne Weiteres an dem Abendessen teilnehmen können, von dem Rancliffe gerade entkommen war, wären da nicht ihre Maske aus schwarzer Guipurespitze und die Reitgerte gewesen, mit der sie sanft gegen ihre Röcke klopfte. Im Raum war es ungewöhnlich still, als sie von der Bühne herabstieg.
Ihre dunkel glitzernden Augen musterten jedes Gesicht, aber Rancliffe hatte das Gefühl, dass ihr Blick ein wenig länger auf ihm verweilte. Er nahm einen Schluck aus seinem Glas und überlegte, ob er danach ein Arrangement mit ihr vereinbaren sollte. Wenn sie wusste, wie man die Gerte richtig einsetzte, würde das die Sache noch ein wenig aufpeppen.
Was auch immer sie für die ihnen versprochene Show geplant hatte, er hoffte, sie würde damit anfangen. Ein Aperitif war willkommen, aber in seiner momentanen Stimmung kaum nötig.
Sie ging am äußeren Rand des Raumes entlang, wo die Schatten am dichtesten waren, ihr Taft raschelte und streifte die Lehnen der Stühle. Rancliffe war sich bewusst, dass sie näher kam und hinter jedem Mann innehielt. Als ihr Duft ihn erreichte – schwer nach Holz, Moschus und Bergamotte –, sträubten sich die Härchen in seinem Nacken. Würde sie ihn vielleicht mit ihrer behandschuhten Hand berühren, leicht unter seinem Ohr streicheln und ihre Finger darüber wandern lassen? Oder vielleicht mit der Gerte, indem sie das Spaltleder gegen seinen Haaransatz strich?
Er zitterte vor Erwartung, aber mit einem Rascheln ihrer Röcke ging sie weiter.
Verdammt noch einmal. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück, nahm eine Zigarre aus der Tasche seines Jacketts, zündete ein Streichholz an und atmete tief ein.
Der Vorhang war gefallen und die Bühne leer, bis Mademoiselle Noires Händeklatschen einen neuen Spieler hervorbrachte, der den Vorhang beiseiteschob und sich mit kühnem Schritt vor sie stellte. Er war ein Wikingerkrieger, dessen helles Haar geflochten über einer Schulter hing. Er war zwei Köpfe größer als alle anderen Männer im Raum, hatte breitere Schultern und wirkte in jeder Hinsicht einschüchternd.
Bis auf seinen Hörnerhelm und einen Gürtel aus dickem Leder stand er völlig nackt da, sein harter Körper glänzte von Öl. Jedes Haar war entfernt worden, sodass seine Muskeln deutlich hervortraten. Sein Glied, fett wie eine Python, hing schwer zwischen seinen Schenkeln.
Mademoiselle umrundete das gottgleiche Geschöpf und bewunderte es aus allen Blickwinkeln, bevor sie ihm einen leichten Kuss auf den Oberarm drückte.
Die Reitgerte klopfte geistesabwesend gegen ihre Röcke.
Rancliffe warf einen Blick auf die anderen, die neben ihm saßen, und war gespannt auf deren Reaktion. Es entsprach nicht dem Geschmack eines jeden Mannes, den überlegenen Körperbau eines anderen Mitglieds seines Geschlechts zu betrachten oder sich dazu verleiten zu lassen, die körperliche Überlegenheit dieses Mannes wortlos anzuerkennen.
Rancliffes Interesse an den Philosophien von Rousseau, Locke und Hobbes hatte ihn zu der Überzeugung gebracht, dass alle Menschen gleich geschaffen waren und dass der Respekt vor jeder Herkunft, Hautfarbe und jedem Glauben ein Eckpfeiler der zivilisierten Gesellschaft war. Aber es war schließlich Großbritannien, das das Empire beherrschte, und seine Elite, die nicht nur ihre eigenen Inseln, sondern auch die weit verstreuten Inseln auf dem Globus regierte.
Die Tage von Danelaw und der nordischen Invasion waren lange vorbei, und welchen Platz hatten diese eisigen Nationen in der Welt, wie sie heute war? Solche Gedanken waren der einzige Trost, wenn man die Fähigkeiten eines Mannes wie diesem vor Augen hatte.
Ihre Gastgeberin hatte sich nun hinter ihren Bühnenpartner gestellt und nahm den Phallus des Riesen in ihre behandschuhte Handfläche, streichelte ihn von der Wurzel an und dann, als er seine volle Größe erreicht hatte, weiter nach oben, bis sie schließlich die Vorhaut über die pralle Spitze zog. Selbst in dem schwachen Licht des Kronleuchters konnte Rancliffe das Glitzern der Lusttropfen wahrnehmen.
Einen Moment lang stellte er sich vor, mit seiner Zunge die Spitze zu berühren, dann verdrängte er den Gedanken.
Rancliffe drückte seine Zigarre aus und rieb sich übermüdet die Schläfen. Sein pochender Kopfschmerz war zurückgekehrt. Der Gedanke an einen guten Fick war immer noch verlockend, aber seine Geduld schwand.
Dennoch nahm er an, dass es nicht lange dauern würde, bis die Frau das Fehlen ihrer Unterwäsche offenbarte und ihren gut bestückten Liebhaber einlud, sie auf der Bühne zu besteigen. Das wäre schon reizvoll genug, obgleich er sich fragte, wie eine Frau die Penetration eines Gliedes dieser Größe bewältigen konnte.
Teils als Vergnügen, teils als Folter, vermutete er, was an sich schon eine Antwort war.
Er würde bleiben, aber nur noch ein paar Minuten, rein aus Neugierde.
Mit zur Seite geneigtem Kopf bewunderte sie das wachsende Ergebnis ihrer Bemühungen.
Rancliffe hatte die Gerte nicht vergessen, doch ihr Pfeifen durch die Luft war die einzige Warnung, bevor sie den aufrechten Phallus des Mannes traf und die Lederfransen die zarte Haut des Schafts trafen.
Rancliffe schlug instinktiv die Beine übereinander. Zu seiner Linken murmelte jemand seine Missbilligung. Andere rutschten auf ihren Plätzen hin und her. Doch das Gesicht des Wikingers war unbeirrt, und der Schlag, so schmerzhaft er auch gewesen sein musste, hatte nichts daran geändert, dass seine Erregung deutlich zu sehen war.
Mit einer Geste bedeutete die Frau ihm, sich umzudrehen und zu beugen, wobei er sein Gesäß anhob und die Beine spreizte. Die Stellung überließ nichts der Fantasie.
Die Züchtigung während seiner öffentlichen Schulausbildung kam Rancliffe in den Sinn. Seine Indiskretionen in jenen Schuljahren waren so gerissen gewesen, dass er nur selten erwischt worden war – es sei denn, es war sein Wunsch gewesen.
Er erinnerte sich lebhaft an die Bestrafungen. Beim ersten Mal hatte er sich genauso hinstellen müssen, seinen eigenen Hintern in die Höhe gereckt, um sechs Hiebe mit dem Rohrstock des Schulleiters abzubekommen. Es dauerte keine Woche, bis er eine weitere Züchtigung veranlasst hatte. Der Wunsch, diese Erfahrung umgehend zu wiederholen, war beinahe überwältigend gewesen, aber er war klug genug gewesen, um nicht seinen Rauswurf zu provozieren. Es bedurfte einer großen Portion Selbstbeherrschung, um den Drang zu zügeln.
Mit dem Erwachsenwerden waren ihm die Freiheiten, von denen er geträumt hatte, zuteilgeworden, und eine Zeit lang hatte er geglaubt, zufrieden zu sein. Es gab kaum etwas, was er nicht in den renommiertesten Bordellen Londons ausprobiert hatte. Aber er fand sich stets an dem Punkt wieder, an dem er begonnen hatte – auf der Suche nach etwas, das er nicht definieren konnte. Schmerzen zu ertragen, bereitete ihm Vergnügen, aber es war kein Selbstzweck.
Er nahm einen Schluck Single Malt und ließ den rauchigen, säuerlichen Geschmack etwas nachklingen.
Ihre Gastgeberin griff nun nach den Hoden des Wikingers und knetete sie in ihrer behandschuhten Hand. Sie musterte die versammelten Gesichter und betrachtete jeden Mann im Raum durch die dunkle Spitze ihrer Maske, bis ihr Blick auf Rancliffe ruhte.
Entschlossen erwiderte er ihren Blick, und sie drückte fester zu, bis sich die Anspannung in dem kleinen Stück Fleisch an der Oberseite ihres Arms über dem Abendhandschuh zeigte.
Der Empfänger stöhnte auf, und Rancliffes Unterleib zuckte als Antwort.
Die Frau trat einen Schritt zurück, um ihre schlanke Reitgerte zu heben, und ließ sie, ohne Rancliffe aus den Augen zu lassen, einmal durch die Luft sausen, bevor sie den Hieb über das straffe Fleisch des aufgerichteten Hinterteils führte. Die Muskeln des Mannes spannten sich an, aber er machte keine Anstalten, sich zu wehren.
Sie schnippte mit der Gerte leicht gegen die Innenseite seines Oberschenkels, um ihn zu ermutigen, seine Beine weiter zu spreizen. Der nächste scharfe Schlag, der teilweise auf seinem Sack landete, verursachte ein kollektives Einatmen.
Die Knie des Mannes knickten ein, und er stieß einen ersten Schmerzensschrei aus, blieb aber nach drei weiteren Schlägen in seiner Position.
Rancliffe schluckte.
Mit einem letzten, schiefen Lächeln schnippte Mademoiselle Noire mit den Fingern, und der skandinavische Adonis zog sich auf eine Seite zurück.
* * *
»Ich wünsche mir einen Freiwilligen.« Mit einem Rascheln ihrer Röcke kehrte Mademoiselle in die Mitte der Bühne zurück. »Ist ein Gentleman kühn genug, sich mir zur Verfügung zu stellen?«
Rancliffe hatte zu viele Stunden in gediegenen und eleganten Salons verbracht, um sich faden Jungfrauen als geeigneter Junggeselle vorzustellen. Diese Frau mit ihrem herrischen Auftreten versprach ein Erlebnis, das er nie vergessen würde.
Ehe er sich versah, stand er auf.
»Ihr seid eifrig, Mylord.« Mademoiselle winkte ihn auf die Bühne. »Entledigt Euch Eurer Kleidung, wenn Ihr wollt.«
Mit zusammengekniffenen Augen knöpfte er sein Jackett auf. Er hatte keine Angst, unwürdig zu erscheinen. Aber es war ihm unangenehm, sich auf diese Weise unter den Augen der anderen zu entkleiden. Er hatte zumindest erwartet, dass sie ihm dabei helfen würde. »Und Ihr, Mademoiselle? Habt Ihr vor, etwas von Eurem Kostüm abzulegen?«
Sie wirkte alles andere als amüsiert. »Heute Abend befehle ich, Mylord, nicht Ihr. Ein anderes Mal werdet Ihr vielleicht das Glück haben, unsere Rollen vertauscht zu sehen.«
Er knirschte mit den Zähnen, während er sich bis auf die Unterwäsche entkleidete, bevor er diese elegant auszog. Als er so nackt wie Adam dastand, freute er sich, dass sein vor Lust geschwollener Schwanz nicht allzu schlecht abschnitt.
Mademoiselle betrachtete ihn mit einem Ausdruck, den er nicht zu deuten vermochte, und begutachtete ihn in aller Ruhe. Mit einer Geste bedeutete sie ihm, dass er seine Handgelenke ausstrecken sollte. »Wir fangen an, ja?«
Mit einer samtenen Schlinge fesselte sie seine Hände vor ihm. Der Knoten war schmerzhaft fest, aber er beschwerte sich nicht. Aus einer Truhe holte sie eine Holzstange mit Fesseln an beiden Enden hervor. Sie näherte sich ihm erneut und klopfte mit einer Fessel gegen seine Brust.
»Wir werden Eure Knöchel auseinander fixieren, Mylord. Das ist vielleicht ein wenig unbequem, aber Ihr wollt doch in jeder Hinsicht … zugänglich sein, nicht wahr?«
Seine Erektion antwortete für ihn und machte einen kleinen Sprung vor Erwartung.
Als sie ihm den ersten Lederreif anlegte und zu seinen Füßen kniete, wurde ihm plötzlich bewusst, was für ein öffentliches Spektakel er bieten musste. Er kämpfte gegen eine Welle der Übelkeit an. Aber da war auch noch ein anderes Gefühl – eine Erregung, die in seinem Bauch brodelte.
Ihr Atem kitzelte auf seiner Haut, als sie ihre Hände nach oben gleiten ließ, ihre Finger strichen über seine Waden, dann über seinen empfindlichen Innenschenkel, bevor sie seinen Schwanz berührten. Erst, als sie sich wieder aufrichtete, um sich ihm zuzuwenden, nahm sie die Erhebung zwischen seinen Beinen in ihre Handfläche.
Lieber Gott! Es dauerte weniger als sechs Liebkosungen, bis sich Rancliffes Schwanz zur vollen Erektion versteifte, ein Feuerstoß verschlang seine Leistengegend.
Er wartete auf ihren nächsten Schritt und zitterte bei dem Gedanken, was sie mit der Gerte tun würde, die sie abermals in die Hand genommen hatte. Er erwartete, dass sie über seine Brustwarzen oder seinen Unterleib oder über die Wölbung seines muskulösen Hinterns streichen würde.
Doch ihre nächsten Worte überraschten ihn.
»Habt Ihr jemals die Berührung eines Mannes gespürt, werter Herr?«
Er runzelte die Stirn. Seine Geschmäcker waren vielfältig, und er hatte während seiner späteren Schulzeit kleinere Tändeleien genossen, aber seitdem war weit mehr als ein Jahrzehnt vergangen. Er hatte noch nie jemanden seines eigenen Geschlechts für solche Gefallen bezahlt.
Sie entschied sich, sein Zögern zu interpretieren. »Ich sehe, dass Ihr Euch scheut, es zuzugeben, aber ich bin sicher, dass es Euch nicht anders geht als den anderen in diesem Raum. Ihr teilt doch ähnliche Erinnerungen an Eure Zeit als junge Männer, nicht wahr? Habt Ihr Euch nicht gegenseitig getröstet, so weit weg von zu Hause?«
Wie sehr sie es genoss, ihn zu verspotten! Glaubte sie, jede Regung zu kennen, die ein Mann verbarg?
»Vielleicht ist es uns erlaubt, bei Euch eine Erinnerung zu wecken.« Sie schenkte ihm ihr bezauberndstes Lächeln. »Wir brauchen hier nichts von unserem wahren Ich zu verbergen.«
Die Herausforderung war unüberhörbar, und Rancliffe wurde sich sofort des Berges von einem Mann bewusst, der keine drei Schritte entfernt stand.
Er erstarrte, als der Wikinger einen Schritt nach vorn machte.
Verflucht sei die Harpyie – und verflucht sei er, weil er so leicht in ihre Falle getappt war.
Das war nicht der Auftritt, den er sich vorgestellt hatte.
»Natürlich müsst Ihr Euch weder mir noch sonst jemandem hier etwas beweisen.« Ihre Stimme war sanft wie Seide. »Ihr könnt zu Eurem Stuhl zurückkehren, sobald Ihr das Safeword sagt.«
Konnte er es über sich bringen, unter ihrer Provokation klein beizugeben? Er weigerte sich, ihr oder anderen zu gestatten, zu glauben, dass er sich unbehaglich fühlte. Es war besser, zu akzeptieren, was immer ihre Fantasie heraufbeschwor.
Sein Schwanz war vor Schreck ein wenig geschrumpft, wippte aber immer noch vor ihm. Er machte einen leichten Stoß mit der Hüfte. »Ich werde mich jeder Prüfung stellen.«
»Ihr habt zugestimmt, meine Wünsche zu erfüllen.« Mademoiselles Lippen zuckten. »Und mein Wunsch ist es, dass Ihr von unserem Freund beglückt werdet – und dass Ihr ihm im Gegenzug ein wenig Freude bereitet.«
Ein verlegenes Lachen ging durch den Raum.
Wenn sie damit meinte, er solle sich der Fellatio oder dem Fisten seines Schwanzes durch den Mann unterwerfen, konnte Rancliffe das gut ertragen. In Wahrheit war diese Vorstellung erregend. Die Herausforderung würde nicht im Aushalten bestehen, sondern darin, den Grad seiner Erregung zu verbergen.
Kurzerhand klatschte sie, und zu seinem Entsetzen spürte Rancliffe, wie sein Hinterteil gepackt wurde. Ein kühler Luftzug strich zwischen seinen Arschbacken hindurch. Einen Moment lang fürchtete er, dass er die Kontrolle über seinen Darm verlieren würde. Sollte er mit Gewalt genommen werden, zur Belustigung aller? Mit gespreizten Beinen war er völlig ungeschützt.
Er bemühte sich, nichts von seinem Schrecken zu verraten. Die Frau wollte nur mit ihm spielen. Sie würde es nicht wagen, zum Äußersten zu gehen.
»Er wird so handeln, wie es ihm am besten gefällt«, fügte Mademoiselle hinzu. »Aber keine Sorge, er mag ein wenig an Eure Tür klopfen, aber er wird nicht eintreten, Mylord, es sei denn, Ihr wünscht es …«
Im nächsten Moment hörte er, wie die Gerte schnell durch die Luft surrte und auf Fleisch traf, aber nicht auf sein eigenes.
Der Empfänger war der große Wikinger hinter ihm, und der Befehl der Rute war unüberhörbar. Als die Gerte erneut ihr Ziel traf, schmiegte der Riese sein Glied zwischen die Backen des Earls.
Rancliffe wäre gefallen, hätten ihn nicht dessen raue Hände aufrecht gehalten. Die Gerte traf noch dreimal ihr Ziel, und jedes Mal veranlasste sie den Mann, sein Glied zwischen Rancliffes Arschbacken zu reiben.
Seine Sicht verschwamm. Er konnte die Gesichter derer, die vor der Bühne saßen, nicht sehen. Sie sprachen, aber er konnte kein einziges Wort entschlüsseln. Sein Herz raste, Schweißperlen standen ihm auf der Stirn. Trotz seiner Angst verhärtete die ihm aufgezwungene Bewegung seine Erektion.
Seine vor ihm sitzenden Mitstreiter konnten es kaum übersehen.
Die Frau berührte seine Wange und beugte sich zu seinem Ohr, sodass ihr Haar sein Ohrläppchen streifte.
»Seid Ihr Euch ganz sicher, dass Ihr der Abenteurer seid, für den Ihr Euch haltet? Wünscht Ihr, dass ich das beende?« Ihr Ton war aufrichtig. Ohne jeden Anflug von Spott.
Ich werde nicht als der Mann bekannt werden, der sich davonschleicht. Mein Vertrauen in meine Männlichkeit wird ausreichen, um mich hier durchzubringen.
Als Antwort auf ihre Frage murmelte er einen Fluch.
Mit hochmütiger Miene verkündete sie laut genug, dass alle sie hören konnten: »Mylord, ich spüre eine gewisse Besorgnis. Lasst uns Euch beruhigen.«
Sie zog einen gepolsterten Schemel heran und ließ sich nieder. Ihre Lippen, prall und rot, schlossen sich um seinen Schwanz, und Rancliffe keuchte bei der sanften Liebkosung ihrer Zunge. Sie saugte samtig tief, als ob der Akt nur zu ihrem eigenen Vergnügen geschah. Die flache Seite ihrer Zunge wanderte um seinen Schwanz herum und wieder zurück.
Währenddessen war das rhythmische Treiben hinter ihm noch feuchter geworden.
Rancliffe kämpfte darum, seine Beherrschung nicht zu verlieren, denn er wusste, dass er jeden Moment kommen konnte. Obgleich seine Hände gefesselt waren, griff er mit den Fingern in Mademoiselles kastanienbraune Locken und zog ihren Kopf zurück, während er zustieß, um zu verhindern, dass sie sich zurückzog. Er würde ihr alles geben und ihr in die Augen schauen, während er seinen Samen vergoss.
Was Rancliffe sah, war ein Anflug von Wut. Im nächsten Moment grub sie ihre Nägel in seine Hoden, um sich zu befreien. Sie zog ihren Mund auf die Spitze seines Glieds zurück und biss zu, was einen Schmerz verursachte, der ihn fast zum Orgasmus brachte.
Mit einer raschen Bewegung stand sie auf und strich ihre Röcke und ihr Haar glatt. Ihre Stimme war schneidend. »Ihr missversteht Eure Rolle. Lasst mich Euch daran erinnern.«
Rancliffes Schwanz war immer noch prall und potent, ein wenig empfindlich durch ihre Attacke, aber immer noch zügellos, und seine Eier schmerzten.
Auf ein Nicken von Mademoiselle hin schlang der Wikinger einen mächtigen Arm um den Unterleib seines Gefangenen und nahm Rancliffes Erektion in seinen Griff. Mit Daumen und Zeigefinger umschlossen seine übrigen Finger Rancliffes Hoden und massierten langsam den Ansatz von Rancliffes Schaft.
Zur Schande des Earls reagierte sein Körper heftig.
Sein Publikum lachte nicht mehr. Stattdessen richteten sich ihre Blicke auf sein Glied. Einige leckten sich die Lippen, andere richteten sich diskret auf.
Ein Schluchzen stieg in Rancliffes Kehle auf.
Nicht auf diese Weise.
Nicht vor ihnen!
Er zappelte und versuchte, den Griff des Riesen zu lockern.
Mademoiselles Stimme war kühl. »Ihr strebt danach, Euch zu befreien, obgleich Ihr erregt seid. Fehlt Euch der Mut, Mylord, weil Ihr Eure eigene Natur fürchtet?«
Die Lage, in die sie ihn gebracht hatte, war unhaltbar, die Demütigung bedauerlich, und doch war Rancliffe entflammt, sein Kampf verloren. Er würde sich allem fügen, was sie befahl.
Flüsternd gab er sein Einverständnis, und der Riese änderte sofort den Winkel seines Stoßes. Sein Phallus glitt nicht mehr unschuldig zwischen Rancliffes Arschbacken, sondern tastete sich an den äußeren Rand seines Anus. Währenddessen bearbeitete der Wikinger die Länge von Rancliffes Erektion mit seiner Faust.
Der Earl unterdrückte ein Stöhnen, sein Ejakulat stieg auf, als der Wikinger in ihn eindrang, und dann stürzte er über den Abgrund, sein Orgasmus wurde von einem Schrei der Verzückung begleitet.
Mademoiselles Stimme erhob sich. »Mylords Wohlgefallen ist offensichtlich.«
Rancliffe, der noch immer im Arm seines Liebhabers ruhte, hob den Kopf und hielt sich so gut er konnte aufrecht, um Herr seiner selbst zu sein.
Mademoiselle fuhr fort. »Unser edler Riese hat Euch nur einen Bruchteil seiner Länge offeriert. Wenn sich eine andere Gelegenheit ergibt, möchte der Gentleman vielleicht die ganze Probe kosten.«
Damit war die Spannung gebrochen, und es wurde wieder gelacht.
Rancliffe, dem bewusst war, wie sehr er entblößt worden war, zuckte beschämt zusammen.
»Wenn Ihr Euch für diesen Weg entscheidet, könnt Ihr vielleicht selbst Hand anlegen, oder was sonst noch nötig ist.« Die Augen der Frau funkelten verrucht. »In der Zwischenzeit könnt Ihr Euch in unserem Harem im Nebenzimmer vergnügen. Es wird ihnen ein Vergnügen sein, Euch zu ehren und jede Laune zu erfüllen. Denkt nur daran, dass keine Frau gegen ihren Willen gezwungen werden darf. Ihr kennt alle das Safeword.«
Nachdem sie hinter dem Vorhang verschwunden war, zerstreuten sich die Anwesenden, kehrten der Bühne den Rücken zu und dachten offenbar in erster Linie an das, was noch kommen würde.
Der Wikinger befreite Rancliffe von den Handschellen und band die Samtfessel auf. Rancliffe raffte seine Kleider zusammen und wischte sich mit seinem Taschentuch die schlimmsten Überreste vom Körper. Hastig zog er sich an und ging ohne ein Wort.
Am Grosvenor Place angekommen, stieg Lady Maud Finchingfield aus der Kutsche, eilte die sieben Stufen zum Säuleneingang hinauf und klemmte sich die Pakete unter den Arm. Kaum hatte sie geklopft, öffnete sich die Tür, denn der Butler hatte ihre Rückkehr durch das Salonfenster beobachtet.
Maud legte die Geschenke auf den Tisch im Flur und entledigte sich ihres Hutes und Mantels. Sie schenkte ihm ein verschwörerisches Lächeln. »Es ist genug für alle da, würde ich sagen.« Sie hob den Deckel der größeren der beiden Schachteln und enthüllte mit Erdbeeren belegte Cremetörtchen, dick belegte Eclairs und pastellfarbene Makronen.
»Sehr freundlich, Mylady. Sehr freundlich.« Die Miene des Butlers erhellte sich.
Die Köchin ihrer Großtante machte eine wunderbare Siruptorte und einen köstlichen Sticky-Toffee-Pudding, aber ihre Fähigkeiten waren nicht so gut wie die des Konditors im Marcello’s. Seit sie die Pâtisserie entdeckt hatte, war Maud fest entschlossen, jeden Tag mit Genuss zu beginnen.
Der Butler warf einen prüfenden Blick nach oben. »Ich glaube, das Frühstückstablett ist erst vor Kurzem gebracht worden, aber die Countess hat darum gebeten, Euch direkt zu ihr zu schicken.«
»Natürlich.« Maud zupfte an den Fingern ihrer Handschuhe. »Bittet doch Violet, mehr Tee zu bringen, Jenkins.«
Maud war erst vor Kurzem von der Villa ihrer Großmutter in Italien in Isabellas Stadthaus gekommen, aber ihre Großtante, die verwitwete Countess di Cavour, wirkte erpicht darauf, sie zu ihrer Gesellschafterin zu machen.
Da sie wegen ihrer schlechten Lungen und Knie nicht viel von der Welt sehen konnte, bestand ihr Vergnügen vor allem darin, sich an vergangene Skandale zu erinnern und sich zu den gegenwärtigen zu äußern. Sie verschlang alle Modezeitschriften und natürlich die Times, die sie zuverlässig über das Ableben früherer Rivalen – und Liebhaber – informierte.
An den meisten Tagen begann Isabella schon am frühen Nachmittag mit dem Trinken von süßem Sherry, und zwar so lange, bis sie ins Bett ging. Immer an ihrer Seite war Satan, ihr geliebter Perser, dessen flauschiges Äußeres eine bösartige Ader verbarg. Nur seine Herrin war gegen seine Krallen immun, denn das Tier war klug genug zu wissen, von wessen Hand die tägliche Lachsspeise kam.
Maud näherte sich, um Isabellas Stirn zu küssen. Satan, der den Schoß seines Frauchens mit der ihm eigenen Herrschaft besetzte, fauchte.
»Eine großartige Sensation, meine Liebe.« Isabella tupfte mit einer Serviette die Toastkrümel um ihren Mund herum ab, stellte das Frühstückstablett beiseite und zeigte auf ihre Zeitung. »Lord Sebastian Biddulph hat bei seinem Ableben ein beträchtliches Vermögen hinterlassen. Der größte Nutznießer ist jedoch weder seine Ehefrau noch sein erwachsener Nachkomme!«
Maud hob eine Augenbraue. Scandaloso, in der Tat.
»Lady Biddulph erhält eine bescheidene Zuwendung sowie ein Porträt ihres Ehemannes auf seiner Siegerstute Matilda, die in der letzten Saison das Grand National gewonnen hat.«
Isabella wirkte geradezu vergnügt. »Lady Biddulph ist nie gern ausgeritten und hat es ihrem Ehemann immer übel genommen, dass er sich diesem Zeitvertreib widmete. In der Zwischenzeit sind Neville und Archibald ganz auf ihre eigene Initiative angewiesen, die, wie ich annehme, nur begrenzt vorhanden ist.«
»Lord Biddulph?« Maud überlegte. »Ich glaube nicht, dass ich ihm förmlich vorgestellt wurde, obgleich mir sein Name bekannt vorkommt.«
»Der Nutznießer ist eine junge Frau von zweifelhafter Herkunft«, fuhr Isabella fort. »Es wird sogar gemunkelt, dass sie in einem exklusiven Bordell arbeitet! Irgendwo zwischen Belgravia und Mayfair, obgleich die Zeitung irritierend vage ist.«
Erbost überflog Isabella die Seiten, ihr Wunsch nach Details wurde enttäuscht. »Es würde mich nicht überraschen, wenn dieses mysteriöse, verkommene Etablissement nicht für diese spärliche Erwähnung bezahlt hätte.« Sie seufzte. »Zweifellos wird man ihnen die Türen einrennen.«
Maud öffnete die Pâtisserie-Schachtel und lud Isabella ein, die erste Auswahl zu treffen. Die beiden saßen einige Augenblicke lang da und genossen nachdenklich Himbeerglasur, Vanillepudding und leichten Brandteig. In solchen Momenten war das Band zwischen ihnen am stärksten geschmiedet – die gemeinsame Freude am Verbotenen.
»Habe ich dir jemals von der verstorbenen Lady Montgomery erzählt?« Die Witwe wählte ein Eclair aus. »Ihre Vorliebe für Gebäck wurde nur noch von ihrer Leidenschaft für Taxidermie übertroffen.« Isabella streckte ihre Zunge aus, um einen Klecks der auslaufenden Creme aufzufangen.
Maud, die es liebte, die verruchten Erinnerungen ihrer Großtante zu hören, wartete geduldig, in der Gewissheit, dass die Erzählung angemessen lächerlich oder anzüglich sein würde. Oder beides.
»Es begann damit, dass sie ihre Haustiere verewigen wollte, die sehr zahlreich waren und sehr geliebt wurden. Nach dem Tod ihres Ehemannes teilten sie das Bett mit ihr. In einem britischen Winter ist das keine schlechte Sache. Viel effektiver als Decken, solange man nichts gegen schlechten Atem und aufdringliche kleine Hintern hat.« Isabella machte eine Pause für einen zweiten Bissen. »Jedes Mal, wenn eines starb, trauerte sie monatelang – untröstlich. Ihre Lösung bestand darin, ihren Salon mit ihren lieben Verstorbenen zu füllen und sie von Zeit zu Zeit in neue Tableaus zu versetzen.«
Maud machte es sich auf dem Bett bequem, während Isabella ihre Geschichte fortsetzte.
»Einige waren mit den erschreckendsten Grimassen fixiert, mit gefletschten Zähnen.« Isabella demonstrierte es mit ihrem eigenen wilden Grinsen. »Man kam auf eine Tasse Tee und ein Stück Mohnkuchen vorbei und fand sie in unerwarteten Posen. Ein alter Pekinese, der ein aufgeschrecktes Meerschweinchen angriff, oder eine verwahrloste Katze, die mit einem Wellensittich eine Runde Gin Rummy spielte. Eines Tages nahm ich Satan mit, und er machte sich daran, ihre Schätze zu ›entjungfern‹, was ihren Verfall erheblich beschleunigte.« Sie lachte leise vor sich hin und streichelte den Perser zärtlich.
»Vielleicht«, warf Maud ein, »werde ich wie Lady Montgomery enden, die es sich mit ihren vierbeinigen Begleitern gemütlich gemacht hat. Ich habe nicht vor, mir einen Ehemann zuzulegen.«
Die alte Dame stürzte sich auf eine Profiterole. »Lächerlich! Ein junges Mädchen wie du, mit einer solchen Gesprächigkeit, guter Gesundheit und eleganten Manieren. Es wäre ein Verlust für die Menschheit, wenn du dich nicht fortpflanzen würdest.«
Sie schnaubte missbilligend. »An Verehrern hat es dir während deiner Saison sicher nicht gemangelt. Wenn deine Großmutter dir nicht erlaubt hätte, nach Italien zurückzukehren, hättest du sicher einen Ehemann gefunden.«
Maud senkte den Blick, da sie Isabella nicht widersprechen wollte, deren Meinung nur ihre Sorge um das Glück ihrer Großnichte widerspiegelte. Aber die alte Witwe stammte aus einem anderen Zeitalter, und Maud ignorierte alle Ratschläge, die ihrer Meinung nach nicht zu ihrem Naturell passten.
»Nicht, dass ich mich damit zufriedengeben würde, dich mit irgendeinem Ehemann zu sehen, meine Liebe«, fügte Isabella hinzu. »Du brauchst einen Mann, der dir an Intelligenz und gesellschaftlichem Rang ebenbürtig ist und über eine ausreichend große Geldbörse verfügt. Manch eine Liebe ist schon daran gescheitert, dass sie nicht genügend Mittel hatte, um das Leben zu genießen.«
Isabella legte ein Zitronenmousse-Törtchen beiseite und sah Maud mit einem Blick an, der andeutete, dass sie ihr einen ernsthaften Rat geben wollte. »Es spricht viel für einen Mann mit einer ruhigen Art, meine Liebe – ein Mann, der bereit ist, sich einem Beruf und seiner Ehefrau zu widmen. Von allen meinen Bewerbern, und ich kann dir versichern, dass es viele waren, habe ich schlecht gewählt.«
Sie seufzte und nahm Satan fest in ihre Arme. Der Kater sträubte sich kurz, aber die alte Dame hielt ihn fest im Griff. »Ich ließ zu, dass mir ein Flirt zu Kopf stieg, und ehe ich mich versah, war ich mit Conte Camillo Benito di Cavour verheiratet, dem berüchtigtsten Playboy seiner Zeit.« Isabella runzelte die Stirn und strich mit den Fingern über Satans Nacken. »Wahrscheinlich stammt die halbe Toskana von seinen Lenden ab.«
Maud war nicht ganz unwissend in solchen Dingen, denn ihre Großmutter hatte ihr beigebracht, dass die Hand dorthin folgt, wohin das Auge wandert. Sie war recht geschickt darin geworden, Männer wie den alten Conte abzuwehren. Männer, die glaubten, dass ihr Charme unwiderstehlich wäre.
Dennoch wusste Maud Isabellas Ermahnung zu schätzen.
Die alte Dame plapperte weiter. »Dein Cousin Lorenzo ist auch so. Mein lieber Junge ist zu attraktiv und zu reich für sein eigenes Wohl. Ich wage es kaum, ihn irgendeiner Frau als Ehemann zu wünschen, obgleich er ein Alter erreicht hat, in dem eine Ehe angeraten ist.«
Isabellas Hand wanderte zu ihrer Kehle und strich über die Rüsche am Hals ihres Morgenmantels. »Zweifellos gibt es zahlreiche Nachkommen, aber ein legitimer Erbe ist das Wichtigste.« Sie seufzte erneut und nahm das letzte Baiser von Maud mit strahlenden Augen entgegen.
* * *
Isabella kniff Maud liebevoll in die Wange.
So ein sanftes, freundliches und großzügiges Mädchen!
Alles, was Lorenzo braucht, ist eine Frau mit echtem Charakter – attraktiv genug, um ihn jede Nacht ins Ehebett zu bringen. Eine elegante Hochzeit im Castello der Familie. Maud in elfenbeinfarbener Spitze, mit einem Strauß Orchideen. Mit ihrer ungewöhnlichen Hautfarbe würde sie eine exquisite Braut abgeben.
Isabella lächelte über die angenehme Träumerei und strich ihrer Großnichte eine verirrte Locke hinter das Ohr.
Eine erlesene Gästeliste mit den ältesten und wohlhabendsten Familien.
Isabella sah nicht mehr zu Maud, sondern durch sie hindurch.
Ich werde ein Porträt des glücklichen Paares in Auftrag geben, um es in meinem Salon aufzuhängen, und wie schön werden meine Enkelkinder sein …
* * *
Maud räusperte sich. »Ich wollte dich fragen, ob es dir etwas ausmacht, wenn ich an einer neuen Reihe von Abendvorträgen über die Arbeit des verstorbenen Mr. Darwin teilnehme, die sich auf die natürliche Selektion in der Insektenwelt bezieht. Natürlich könntest du mich begleiten, wenn das Thema von Interesse ist …«
Maud wusste, dass Isabella eher die Insassen des Newgate-Gefängnisses zum Nachmittagstee einladen würde, als so etwas zu tun.
»Ich habe nach einem Lehrgang für Frauen gesucht, der sich mit Naturwissenschaften befasst. Ich verfüge über ausreichende Mittel, um meine eigenen Kosten zu tragen. Und irgendwann würde ich natürlich gern nach Italien zurückkehren.«
Maud untersuchte schon seit einiger Zeit Insekten im Park und zeichnete ihre Verhaltensmuster auf. Eine vergleichende Studie mit denen aus dem Mittelmeerraum wäre faszinierend. Veränderte die Hitze ihre räuberischen Neigungen, ihre Paarungsrituale, ihre ewige Suche nach dem, was sie am Leben hielt?
»Ich vermisse die Sonne und die Gärten der Villa Scogliera, die Meeresluft ist so belebend.«
Bei der Erwähnung Italiens kehrte Isabella in den Moment zurück und erklärte zu Mauds Überraschung: »Wunderbar, meine Liebe. Ich bin von ganzem Herzen einverstanden.«
* * *
Isabella hatte kein Wort von dem gehört, was Maud gesagt hatte.
Lorenzo sollte nach London reisen, aber Italien wäre ein geeigneter Ort, um das Werben fortzusetzen. Und ihr wilder, eigensinniger Sohn könnte noch lernen, sich zu benehmen …
* * *
Mit kaum verhüllten Absichten hatte Isabella Maud eine Reihe von handkolorierten Stereografien mit dem Titel Fünfundzwanzig Stadien von der Brautwerbung bis zur Heirat geschenkt. Es waren neunzehn, bevor der Freier seine Lippen keusch auf die Hand seiner Geliebten senkte und sich das unschuldige Mädchen, das so umworben wurde, schüchtern abwandte.
Das letzte Bild war in der Tat gewagt. Das Paar, von Kopf bis Fuß bekleidet, zieht sich ins Bett zurück, wobei der Mann die Vorhänge vor neugierigen Blicken verschließt. Das sechsundzwanzigste Stadium blieb ihrer Fantasie überlassen. Dafür war Mauds Einfallsreichtum besser geeignet, als sich Isabella vorstellen konnte. Sie hatte schon viel darüber gelernt, was London zu bieten hatte – wenn man wusste, wo man suchen musste und wonach man suchte.
Nicht, dass sie vor ihrer Ankunft an der britischen Küste sonderlich unschuldig gewesen wäre, dank einer Jugend, die von der Wärme der italienischen Sonne genährt wurde, und dank reichlich Gelegenheit, ihre Neugier zu befriedigen. Die Gärten ihrer Großmutter waren weitläufig, und die jungen Männer, die sich um sie kümmerten, waren mehr als bereit, die Wünsche einer jeden Dame im Haus zu erfüllen.
Maud erinnerte sich nur noch schemenhaft an ihre Eltern. Nachdem sie im Namen des Bergsteigens verschiedene Gipfel erklommen hatten, hatten sie während eines Kletterurlaubs in der Schweiz ihren letzten Haken geschlagen. Ihre Leichen waren nie entdeckt worden, aber man vermutete, dass sie in einem Abgrund ihre letzte Ruhestätte gefunden hatten.
Unter der Vormundschaft ihrer Großmutter hatte Maud die meiste Zeit ihres jungen Lebens in der Villa Scogliera verbracht, wo der Duft von Glyzinien die Luft erfüllte, vermischt mit dem salzigen Duft des Mittelmeers. Ihr Großvater hatte sie vor vielen Jahren als Sommerresidenz gekauft.
Dort hatte sie mehrere Gouvernanten mit bescheidenen Fähigkeiten ertragen, bevor sie ihre Ausbildung an der Londoner Beaulieu Academy for Ladies abschloss – wo Tanz und Musik und die Kunst des gepflegten Benehmens den Löwenanteil des Unterrichts ausmachten.
Mauds akademische Leistungen entsprachen nicht ganz dem, was sich die meisten Ehemänner wünschen würden, denn welcher Mann wollte schon, dass seine Ehefrau besser informiert war als er oder Gott bewahre, dass sie sich aus diesem Wissen eine Meinung bildete? Besser wäre es, wenn sie unwissend und gutmütig war.
Neben den Grundkenntnissen der Mathematik verfügte Maud über ein wenig geografisches Wissen und etwas mehr über Geschichte (hauptsächlich aus den Biografien der Mätressen großer Männer ihrer Großmutter). Sie spielte Klavier und sang, wenn auch nicht gut. Sie konnte sticken, hatte sich aber geschworen, dies nie aus freien Stücken zu tun. Ihr Französisch war ausreichend.
Maud holte den Schlüssel für die Reisetruhe am Ende ihres Bettes aus ihren Tanzschuhen und legte die Stereografien zu ihren Schätzen: Erinnerungen an ihre Vergangenheit, Andenken und Souvenirs und Kuriositäten, die sie amüsierten. Obwohl Isabella sie sicherlich nicht als angemessen für eine Frau ihres Alters und ihres unverheirateten Standes ansehen würde.
Maud holte ihren neuen Roman hervor, ließ sich auf der Fensterbank ihres Schlafzimmers nieder, machte es sich zwischen den aufgeschichteten Kissen in der Nische bequem und schlang den Saum ihres Morgenmantels um ihre Füße. Es hatte etwas Köstliches, dachte sie immer, wach zu sein, wenn alle anderen schliefen.
Die Regentropfen auf dem Fensterglas verschleierten ihre Sicht auf die Straße, aber sie hörte das gleichmäßige Rauschen der Bürste des Straßenkehrers, wenn er an den eleganten elfenbeinfarbenen Fassaden des Platzes vorbeiging.
Im Schein einer kleinen Lampe legte sie ihre Hand auf den gelben Einband ihres Buches, dessen Titel in dicken roten Lettern eingeprägt war und das sie für sechs Schilling erworben hatte. Der Besitzer des Ladens, in dem sie einkaufte, kümmerte sich nicht um die Verderbtheit der jungen Damen, solange das Geld stimmte.
Mr. Stokers Dracula versetzte sie in die schneebedeckte Wildnis der Karpaten und den zerklüfteten Tihuța-Pass. Kreaturen der Nacht rannten mit leuchtenden Augen durch das Zwielicht, ihr gequältes Heulen wurde nur durch den Arm des Earls gestillt, der sie unter seinen Befehl brachte.
Wie Jonathan Harker war sie gegen ihren Willen in den zerbrochenen Zinnen des Schlosses gefangen, wo sich ihr drei Vampirbräute näherten, immer näher, bis die prickelnde Süße ihres Atems, der mit der Bitterkeit des Blutes versetzt war, über ihre Haut glitt. Karminrote Lippen senkten sich in gieriger Erwartung.
Endlich wurden Mauds Augen schwer.
Sie träumte, umspült von einer Flut verruchter Fleischeslust.
Soweit Isabella wusste, war Maud mit einer alten Freundin im Savoy zum Tee verabredet. Nur bei den ersten beiden Gelegenheiten hatte Isabella darauf bestanden, sie zu begleiten, und nachdem sie sich von der Angemessenheit der Verbindung und dem gesunden Menschenverstand der beiden jungen Damen überzeugt hatte, hatte sie sich damit begnügt, dem Kutscher zu erlauben, Maud ohne Anstandsdame zu fahren. Was konnte ihr schließlich unter den wachsamen Augen eines Dutzends Matronen der feinen Gesellschaftschon passieren?
Diese Erlaubnis wurde bald auf eine Fahrt durch den Park ausgedehnt und darauf, dass Mauds Freundin sie ins Naturkundemuseum begleitete. Isabella hatte zwar ihr Unverständnis über den Wunsch ihrer Großnichte geäußert, tote Dinge zu bestaunen, aber sie hatte die Bitte als eine Laune akzeptiert, der sie vorübergehend nachgeben wollte.
So verbrachte Maud ihre Nachmittage im Hyde Park oder in St. James’s, wenn das Wetter es zuließ, und im Naturhistorischen Museum, wenn es nicht so war. Da Isabellas Kutsche geschlossen war, konnte niemand wissen, dass sie zumeist allein unterwegs war.
Diejenigen, die bemerkten, wie sie aufmerksam auf Blattschimmel blickte, dachten wahrscheinlich, sie hätte einen Ohrring oder einen Handschuh verloren. Wer würde ahnen, dass Maud die soziale Ordnung unter Ameisen beobachtete, die Erkundung der Blattspitzen durch Wespen auf der Suche nach ihrer Beute analysierte oder die Art und Weise untersuchte, wie ein Marienkäfer eine Blattlaus fraß? So viele instinktiv ausgeführte Handlungen, die sie zu ihrer Nahrungsquelle, zu ihren sicheren Unterschlupfmöglichkeiten, zu ihren Partnern und schließlich in den Tod führten, denn auch ihre Fressfeinde lernten diese Muster.
Trotz der Unzulänglichkeiten ihrer formalen Ausbildung hatte Maud in letzter Zeit Fähigkeiten entdeckt, die sogar sie selbst überraschten. Eine Verhaltensstudie, so würde sie es wohl nennen. Frauen hatten sich auf diesem Gebiet schon immer hervorgetan, denn was sonst sollte das Räderwerk der höflichen Gesellschaft antreiben und den Klatsch und Tratsch nähren, auf dem solche Interaktionen beruhten. Die Sezierung der Welt der anderen war unendlich interessant.
Als sie vier Jahre alt war, hatte ihr Vater sie zum ersten Mal in das Waterhouse Building in South Kensington mitgenommen und sie hochgehalten, um in die Käfer- und Schmetterlingskästen sehen zu können. Sie hatte Mitleid mit den Bewohnern, die zur Schau gestellt wurden – wie die Damen, die ihre Mutter besuchten. Ähnlich verschnürt und eingezwängt, mit dem Ziel, in all ihrer prallen Schönheit bewundert zu werden.
Die riesigen Elefanten und die ausgestopften Tiger hatten den größten Eindruck hinterlassen, während Mineralien, Meteoriten und Fossilien weniger faszinierend, wenn auch auf ihre Weise fesselnd waren.
Als Maud die Vogelgalerie betrat, seufzte sie und erinnerte sich daran, warum sie diese Reihe von Räumen zu meiden pflegte. Mehr als alle anderen Räume in diesem Gebäude der Leichen, Abdrücke und Knochen erweckten die Kästen mit den ausgestopften Vögeln ihr tiefstes Mitgefühl. Die, die einst frei waren, waren nun für immer fixiert.
Zwischen den glänzenden Sittichen und den zarten Kolibris, den Eulen, den Enten und allen gefiederten Insassen entdeckte Maud einen elegant gekleideten Herrn. Sie kannte seine Art gut. Der Kerl war wahrscheinlich nicht besser oder schlechter als der Rest seines Geschlechts und seiner Klasse: stolz, egoistisch und aufgeblasen, aber leicht zu demütigen, wenn man ihm seine Grenzen aufzeigte.
Was dachte er wohl, fragte sie sich, während er die Nase an das Glasgehäuse presste. Darin befand sich ein ausgewachsener Strauß, der aus den entlegensten und exotischsten Gegenden des Reiches nach London gebracht worden war, in einer Pose der Überraschung, als ob der letzte Gedanke, der ihm in den Sinn kam, der des Unglaubens war; dass der offensichtlich minderwertige Zweibeiner es mehr verdient hatte, sein Opfer zu werden, als umgekehrt.
Der Mann ging in die Hocke, um die merkwürdigen zweizackigen Füße des großen Vogels mit ihren langen Krallen besser betrachten zu können.
Maud beugte sich vor und sah, wie er von der Informationskarte ablas:
Die Alphamännchen halten ihre Herde aufrecht und paaren sich zuerst mit der dominanten Henne und dann mit anderen Mitgliedern der Gruppe. Umherstreifende Männchen kann es später gestattet werden, sich mit weniger bedeutenden Hennen zu paaren. Um sich gegen Rivalen und Raubtiere zu verteidigen, kann der Strauß seine gewaltigen Beine als Waffen einsetzen und einen Löwen mit einem einzigen Tritt töten.
Sie verspürte den Drang, die Spitze ihres Stiefels in das Hinterteil des Mannes zu drücken, wobei ihr eigener bescheidener Tritt ihn mit Sicherheit in die Luft schleudern würde. Ihr Fuß juckte, um seine Boshaftigkeit auszuführen. Also wirklich! Sie erkannte sich in diesen Tagen kaum wieder.
Als er in seine Tasche nach seiner Uhr griff, sah sie kurz sein Profil. Schnell zog sie ihren Stiefel unter ihre Röcke zurück.
Dann verließ sie leise den Raum.
* * *
Isabella döste auf den hoch aufgetürmten Kissen an einem Ende des Sofas und schnarchte leise. Satan, der es sich auf dem Schoß seines Frauchens ebenso bequem gemacht hatte, knabberte an Traummäusen.
Kein Wunder, dass sie schläfrig waren. Da das Feuer gut geschürt war, hatte sich der Raum ungewöhnlich stark aufgeheizt, und Isabella verbot es, die Fenster zu öffnen.
Ihre Großtante hatte weder bemerkt, dass Maud vorhin hinausgeschlüpft war, noch dass sie in diesem Augenblick zurückkam. Es war ein Jammer, sie zu wecken, aber die Abendessenszeit rückte näher. Isabella machte sich selten die Mühe, sich umzuziehen, da nur sie und Maud den Tisch teilten, aber sie würde einige Augenblicke brauchen, um sich zu erfrischen, und Maud wollte nicht, dass sich das Essen verzögerte.
Isabellas Unlust, Maud zu ihren abendlichen Vorträgen im Museum zu begleiten, hatte zu einem erfreulichen Maß an Freiheit geführt – zumal die verwitwete Countess keine Lust hatte, sich die Mühe zu machen, auf die Rückkehr ihrer jungen Verwandten zu warten.
»Isabella.« Maud drückte ihre Hand, und die alte Dame murmelte etwas von Orchideen und Spitzen. Ungeachtet der Wärme im Zimmer waren Isabellas Finger kühl.
Satan öffnete die Augen und schenkte Maud einen verstehenden Katzenblick. Er streckte sich träge, legte beide gepolsterten Füße auf den Bauch seiner Herrin und strampelte kräftig.
Mit einem Ruck wurde Isabella wach.
»Es gibt Roastbeef, Tante.« Maud lächelte aufmunternd und bot ihren Arm an. »Wir wollen die Köchin nicht warten lassen.«
Rancliffe rauchte und trank, schritt umher und dachte nach. Er nahm mehr Bäder als üblich und grübelte, weil er die Erinnerungen, die ihn überfielen, nicht abschütteln konnte.
Seine Schwester, mit der er sein Haus am Eaton Square teilte, interpretierte seine Stimmung auf typisch weibliche Weise und fragte ihn, ob er bei der Soiree seines Patenonkels jemand Neues kennengelernt habe.
»Ich möchte nur sichergehen, dass du zufrieden bist, Henry. Meinst du, dass du vielleicht nicht mit den rechten Augen schaust?« Cecile richtete ihren Blick wieder auf die Stickerei in ihrem Schoß. Es war nicht ihre Art, ihn zu bedrängen oder zu kritisieren. Ihre Frage war von der Sorge um sein Wohlergehen getragen, aber als Antwort nahm er die Zeitung in die Hand und las aufmerksam eine Kolumne über die Entsendung weiterer Truppen nach Natal.
»Wir müssen in allen Dingen unser wahres Ich sein, um eine Chance auf Glück zu haben.« Die unschuldigen Worte seiner Schwester brachten ihn dazu, die Zeitung auf beiden Seiten zu zerknittern.
Diese Zauberin in seinem Klub hatte etwas Ähnliches gesagt, nicht wahr? Bevor sie ihn einer demütigenden Tortur unterwarf, die ihn zum Gespött der Leute gemacht hatte.
Cecile stocherte noch einige Minuten mit ihrer Nadel herum, bevor sie sich erhob. Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange und zog sich zurück, um sich für das Abendessen anzuziehen.
Er ging in sein eigenes Zimmer und nahm den Schlüssel aus der unteren Schublade seines Nachttisches. Es war Wochen her, dass er sich die Mühe gemacht hatte, den Inhalt seiner Sammlung durchzusehen. Aus den meisten Karten und Skizzen war er schon lange herausgewachsen, aber ihre Vertrautheit gab ihm einen gewissen Trost. Doch nicht einmal sein oft gelesenes Exemplar von Lady Bumtickler’s Revels konnte seine Laune heben.
Die Erinnerung an das, was bei Brockford’s geschehen war, hatte ihm schlaflose Nächte beschert. Er hatte sein Einverständnis gegeben, aber er war zu Handlungen verleitet worden, die er ohne Provokation nie vollführt hätte. Ein wenig Ausschweifung wurde von einem Mann erwartet, aber eine öffentliche Aufführung von Unzucht? Er war nicht mehr bei Verstand.
Sie war eine Zauberin! Entweder das oder man hatte ihm etwas in sein Getränk getan.
Sie schien genau zu wissen, was ihn erregen würde; sie hatte es besser gewusst als er selbst. Wenn er an ihr imposantes, herrisches Auftreten dachte, erschauderte er. Die Berührung des Wikingerkriegers hatte ihn zum Orgasmus gebracht, aber sie war es gewesen, die ihn in ihren Bann gezogen hatte.
Wie würde sie nackt über ihm stehen, die Gerte in der Hand? Mit vollen Brüsten und dunklen Nippeln, mit wohlgerundeten Hüften und einem Fuß, der auf seiner Schulter ruhte? Sein Puls beschleunigte sich bei dem Gedanken an die Befehle, die sie ihm geben könnte.
Wie viel wilder ihre Fantasie sein könnte als seine eigene …
Er hatte seine Lektion gelernt: Man konnte ihr nicht trauen. Aber er musste sie wiedersehen – und sei es nur, um zu beweisen, dass er der Faszination widerstehen konnte, die sie auf ihn ausübte.
Sie war schließlich nur eine Frau.
* * *
Einige der älteren Mitglieder standen in der Lobby von Brockford’s, regten sich über irgendetwas auf und verlangten, dass der Manager erscheinen solle, um ihre Beschwerde anzuhören. Rancliffe eilte hindurch und erkannte sofort das Problem. Der Veranstaltungsraum war bis auf den letzten Platz gefüllt, und dennoch reichten die Sitzplätze nicht aus.
Entlang der Wände waren auf beiden Seiten Stühle aus dem Speisesaal aufgestellt worden, sodass nur noch ein schmaler Durchgang zum Ausgang frei war.
Rancliffe brauchte sich zumindest keine Sorgen zu machen, dass er auffallen könnte. Im Raum war ein aufgeregtes Gemurmel zu hören, aber niemand schenkte ihm die geringste Aufmerksamkeit. Das versammelte Publikum wartete auf etwas viel Fesselnderes.
Es war mehr als eine Woche vergangen, und er fragte sich, was in dieser Zeit geschehen war. Hatte Mademoiselle anderen Aufmerksamkeit geschenkt, so wie sie es bei ihm getan hatte? Wie viele der Anwesenden hatten das Privileg, sich ihr zu nähern, die Berührung ihrer Hand oder ihrer Lippen zu erfahren?
Kaum hatte er einen Platz in einem Säulengang auf der rechten Seite der Tür gefunden, wurde der Vorhang beiseitegeschoben. Eine ehrfürchtige Stille legte sich über den Raum.
Als ihre Hostess eintrat, halb maskiert wie zuvor, zog sich Rancliffes Brust zusammen. Sie hatten nichts weiter als eine Bühnenbegegnung geteilt, bei der sie mit ihm gespielt hatte wie eine Katze mit einer Maus. Sie hatte ihn auf die schlimmste Weise gedemütigt. Er bedeutete ihr nichts, doch sie brauchte nur aufzutauchen, und ihre Dominanz über ihn war wiederhergestellt.
Sie war in tiefes Purpur gekleidet – ein Farbton, der zu ihrem kastanienbraunen Haar passte – und war noch bemerkenswerter, als er sie in Erinnerung hatte: einer Statue gleich und üppig, mit einem tiefen Ausschnitt, der die Rundungen ihrer Brüste zeigte. Am auffälligsten war jedoch ihre autoritäre Ausstrahlung. Der Raum war gefüllt mit der Elite des Landes, den reichsten, hochrangigsten und mächtigsten Männern. Dennoch war ihre Überlegenheit über sie spürbar. Sie hatten sich heute Abend ihretwegen hier eingefunden.
»Gentlemen, unser heutiger Gast ist illuster, man könnte sogar sagen, königlich …« Sie machte einen stattlichen halben Knicks in Richtung der Person, die in den Kulissen wartete. »Ihm zu Ehren werde ich Mariette vorstellen.«
Ein Gemurmel ging durch die Menge.
Die junge Frau, die sich zu Mademoiselle gesellte, hatte einen blauen Umhang um die Schultern geschlungen. Ihre Augen wurden von einer elfenbeinfarbenen Schärpe verdeckt. Sie stand mit leicht gesenktem Kopf da, ihr Haar war wie ein Wasserfall aus heller Seide. Mademoiselle flüsterte ihr beruhigend zu, als sie den Umhang wegzog.
Das nun nackte Mädchen ließ eine Hand sinken, um ihre Scham zu bedecken, und drückte die andere an ihre Brust.
»Hab keine Angst.« Mademoiselle führte sie zu einem gepolsterten Diwan auf der Bühne. »Es ist passend, dass heute Abend viele Augen auf dich gerichtet sind.«
Mademoiselle nahm eine Straußenfeder, bat sie, sich hinzulegen, und ließ die Fahne der Feder verführerisch von Mariettes Knöchel nach oben gleiten, die schlanken Linien von Wade und Oberschenkel nachzeichnend, dann leicht über ihren Oberkörper und die Spitze der die rosigen Brustwarzen streichelnd.
Das Mädchen seufzte und stöhnte, drehte sich erst weg und kam dann den liebkosenden Berührungen entgegen.
Rancliffe erschauderte und stellte sich das Streicheln der Feder auf seiner eigenen Haut vor.
Nach einiger Zeit goss Mademoiselle aus einer Karaffe Tropfen von dunkelstem Rot über die Wölbung der Brüste der Frau. Sie sammelten sich zwischen ihnen und liefen dann hinunter zu ihrem Bauch.
Mademoiselle senkte ihren Mund und leckte jeden einzelnen Tropfen ab, bevor sie erst an einer Brustwarze und dann an der anderen saugte.
Die Lippen des Mädchens öffneten sich zu einem leisen Stöhnen.
»Öffne dich für mich«, befahl Mademoiselle und ging tiefer.
Sie goss erneut etwas aus der Karaffe und ließ diesmal Rinnsale über Mariettes Schamhügel laufen. Mademoiselle kniete sich zwischen die Beine des Mädchens und führte ihre Zunge ein. Das Mädchen wimmerte und hob die Knie, während sie sich dem Lecken an ihrer feuchten Lustperle hingab.
Rancliffes Atem war unregelmäßig geworden, als er die Leidenschaft der beiden Frauen beobachtete. Seine Gedanken überschlugen sich. Mademoiselle würde sich heute Abend sicher entkleiden. Er wünschte sich, sie so nackt zu sehen wie das Mädchen, das sich unter ihrer Berührung krümmte. Wünschte sich, dass sie sich so zeigte, wie sie andere so leicht überreden konnte; dass sie ihre eigene Verletzlichkeit im Rausch der Leidenschaft offenbarte.
Er bemerkte kaum, wie sich die Vorhänge öffneten.
Der Mann, dessen Identität allen klar war, trug eine offene, hermelinbesetzte scharlachrote Weste und dazu passende Halbhosen, seine Brust war nackt. Ein Teil des Stoffes war entfernt worden, sodass seine Männlichkeit sichtbar war, fast vollständig erigiert. Schwarze Lederhandschuhe und eine schwarze Haube mit Öffnungen für Nase, Mund und Augen vervollständigten das Kostüm.
Rancliffe spürte einen Stich der Eifersucht.
War nur ein königlicher Liebhaber gut genug? Sie würde sich entblößen, um bewundert und begehrt zu werden, aber nur, um sich dem zukünftigen König zu unterwerfen?
Doch als sich die verhüllte Gestalt näherte, erhob sich Mademoiselle und entfernte sich.
Der Mann näherte sich dem Diwan, auf dem Mariette mit verbundenen Augen verharrte – ihre Glieder hoben sich blass von dem purpurnen Samt ab –, und holte einen Topf mit Honig aus dem Weinregal und träufelte die dickflüssige Süße auf jeden rosigen Warzenhof.
Das Mädchen wimmerte, als er Küsse verteilte, die sanft begannen, aber immer gieriger wurden, bis er wie ein hungriger Säugling daran nuckelte.
Die Finger in den Lederhandschuhen fanden das Geschlecht des Mädchens, sie zappelte und schrie ihr Verlangen heraus, während sie sich seinen Berührungen hingab. Erst, als sie ihren Höhepunkt erreicht hatte, hob er sie an, um sie dem Eindringen seines Phallus entgegenzubringen, und ein paar schnelle Stöße brachten seine eigene Befreiung.
Daraufhin erhoben sich die Anwesenden, jeder einzelne Mann, um Mariette und ihrem Liebhaber zu applaudieren. Nach getaner Arbeit drückte der vermummte Gast ihr einen letzten Kuss auf die Lippen.
* * *
Trotz der Begeisterung über die Aufführung war Rancliffe der Abgang der Hostess nicht entgangen. Einen Moment später war der Zeremonienmeister an seiner Seite und teilte ihm mit, dass die Dame seine Gesellschaft für eine Privataudienz suchte.
Rancliffes Herz machte einen Sprung. Sie hatte ihn ausgewählt. Er wagte nicht, darüber zu spekulieren, warum, oder was sie von ihm verlangen könnte. Er wusste nur, dass er nicht gehen konnte, ohne ihre Wünsche zu erfahren.
Der Meister führte ihn nicht die Treppe hinauf, sondern durch eine Tür unter der großen Treppe und durch einen nur schwach beleuchteten Korridor. Ein anderer, fast versteckter Gang am Ende offenbarte Stufen, die unbeleuchtet waren.
»Nehmt dies, Mylord.« Der Meister reichte ihm seine Lampe. »Und seid vorsichtig. Die Stufen sind uneben und die Wände feucht.«
Rancliffe spähte in die Dunkelheit. Das waren die Keller, vermutete er. Ein seltsamer Ort für ein Rendezvous.
Er drehte sich um, um nach dem Meister zu rufen, aber der hatte sich bereits aus der Reichweite der Lampe zurückgezogen und Rancliffe allein zurückgelassen. Er erwartete beinahe, dass sich die Tür schließen und ihn einsperren würde. Sie hatte ihn so weit gelockt, mit welcher Absicht auch immer.
Rancliffe kämpfte sich durch die Reste der zerrissenen Spinnweben und stieg hinab, wobei die Luft mit jedem Schritt kühler wurde. Als er wieder festen Boden unter den Füßen hatte, fand er einen Raum voller alter Fässer, in dem es so düster war, dass er einige Augenblicke brauchte, bis sich sein Blick daran gewöhnte. In der hintersten Ecke ließ das Flackern des Kerzenlichts Schatten über den Boden hüpfen und lud ihn ein, weiterzugehen.
Als er eintrat, sah er sie, auf einer Liege ruhend, noch immer mit ihrer Maske, so wie er seine trug. Ihr Haar war nach wie vor hochgesteckt, aber sie hatte ihr Abendkleid gegen eine Robe aus hauchdünner Seide ausgetauscht, die vorn mit einem einzigen Band zusammengebunden war. Jede köstliche Kurve ihres Körpers war unter dem hauchdünnen Stoff sichtbar, so üppig und reif, wie seine Fantasie sie in langen Stunden der Schlaflosigkeit geschaffen hatte.
Als sie sprach, tat sie es in ihrem üblichen spöttischen Ton. »Ich dachte schon, Ihr würdet Euch nicht mehr hierher trauen.«