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"Ich will noch eine Nacht mit dir." "Nein", hauchte sie. Es war kaum mehr als ein Flüstern. "Niemals." "Unterschreib die Dokumente. Es ist vorbei." Die schöne Skye kostet es viel Mut, von ihrem italienischen Noch-Ehemann Matteo Vin Santo die Scheidung zu verlangen. Aber sie fühlt sich so betrogen: Nur aus eiskalter Berechnung hat der sexy Milliardär sie geheiratet - um das Luxushotel ihrer Familie in Venedig an sich zu reißen! Damit ist ihre Liebe zu ihm gestorben, redet sie sich ein. Doch nichts hat Skye auf die skandalöse Bedingung ihres unwiderstehlichen Ex‘ vorbereitet, die er an die Unterzeichnung der Scheidungspapiere knüpft …
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Seitenzahl: 199
IMPRESSUM
JULIA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2018 by Clare Connelly Originaltitel: „Bound by the Billionaire’s Vows“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIABand 2380 - 2019 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Grit Wölten
Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 03/2019 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733712075
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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Sechs Jahre zuvor
„Kannst du es sehen, Matteo?“
Die Medien behaupteten stets, Matteo Vin Santo habe kein Herz, doch sie irrten.
Beim Anblick seines Großvaters, der schwach und blass unter der schlichten Krankenhausbettdecke lag, zog sich sein Herz schmerzhaft zusammen. Und die Gewissheit, dass der alte Mann nur noch wenige Stunden zu leben hatte, zerriss es beinahe.
„Was kann ich sehen, nonno?“
„Nonno?“, wiederholte Alfonso Vin Santo lächelnd, doch seine Lippen waren so spröde, dass er bei der Bewegung zusammenzuckte. „So hast du mich lange nicht mehr genannt.“
Wortlos betrachtete Matteo die Hände seines Großvaters. Mit diesen Händen hatte er ein Imperium geschaffen und es durch schwere Zeiten gesteuert. Er wandte den Blick ab und sah aus dem Fenster. Doch der triste Außenbezirk von Florenz, in dem die Klinik lag, bot nichts Tröstliches für seine Augen.
„Siehst du den Fluss? Du hast es immer geliebt, wenn die Sonne unterging, weißt du noch?“
Unwillkürlich schloss Matteo die Augen. Sofort konnte er das karge Zimmer ausblenden und sich vorstellen, was sein Großvater gerade sah: den Ausblick von der Terrasse des Hotels La Grande Fortuna in Rom, das ihnen einst gehört hatte. Von dort hatte man zu einer Seite über den Tiber blicken können und zur anderen bis zum Vatikan.
Immer, wenn er an das Hotel dachte, ergriff ihn unbändiger Zorn. „Ja, es ist wundervoll“, presste er heraus.
„Mehr als das – es ist perfekt.“ Alfonso seufzte, und ein Schatten zog über sein Gesicht. „Es war meine Schuld.“
„Nein, nonno.“ Matteo vermied es, den Namen dieses Bastards zu erwähnen. Johnson. Er war es, der die Schuld trug. Er und seine vehemente Weigerung, das Hotel zu verkaufen. Bis zu seinem Tod war er unversöhnlich geblieben.
Doch Matteo würde das ändern.
„Ich werde es wieder zurückbekommen. Für dich“, versprach er, doch seine Stimme war so leise gewesen, dass er nicht sicher war, ob Alfonso ihn überhaupt gehört hatte. Aber das spielte auch keine Rolle.
Matteo gab dieses Versprechen nicht nur seinem Großvater, sondern auch sich selbst.
Egal wie – er musste das Hotel wieder in den Familienbesitz bringen.
Um jeden Preis.
„Haben Sie einen Termin?“
Einen Termin? Mit meinem eigenen Ehemann? Skye verstärkte den Griff um ihre Handtasche und dachte an die Scheidungspapiere, die das weiche Leder barg. Obwohl die luxuriöse Eingangshalle klimatisiert war, brach ihr der Schweiß aus. Seit sie am Marco-Polo-Flughafen in Venedig gelandet war, ging es ihr nicht gut. Und jetzt, kurz vor dem endgültigen Aus ihrer Ehe, ergriff sie regelrechte Verzweiflung.
„Signor Vin Santos Terminkalender ist für heute Nachmittag voll. Tut mir leid“, verkündete die Rezeptionistin, doch ihr Gesichtsausdruck zeigte keine Spur von Mitleid.
„Bitte sagen Sie Signor Vin Santo, dass seine Frau hier ist. Ich bin sicher, dann wird er jeden Termin absagen.“ Selbst in ihren eigenen Ohren klang ihre Stimme verzagt, und Skye musste sich anstrengen, damit sie zumindest nicht zitterte. Die Scheidung war notwendig, und zwar genau jetzt. Sie brauchte seine Unterschrift auf diesen Papieren, um Italien so schnell wie möglich verlassen zu können, ehe er die Wahrheit herausfand.
Die Rezeptionistin versuchte gar nicht erst, ihre Geringschätzung zu verbergen. „Signorina?“
Unwillkürlich lächelte Skye. Es war das übliche Missverständnis. Sie war zweiundzwanzig und wirkte noch jünger. Das Make-up, das sie heute Morgen mühevoll aufgelegt hatte, war längst verblasst, und in diesem vornehmen Umfeld war sie ebenso fehl am Platz wie in ihrer Ehe. Dennoch hatte sie jedes Recht, hier zu sein. Und einen guten Grund. Also hob sie ihr Kinn und sah die Empfangsdame fest an. Innerlich allerdings fühlte sie sich wie in ihrem schlimmsten Albtraum.
„Signora“, korrigierte sie würdevoll. „Signora Skye Vin Santo.“
Voller Genugtuung registrierte sie, wie die andere ihren Mund lautlos zu einem überraschten „Oh“ formte. Doch sie hatte sich schnell wieder gefasst, griff zum Telefon und ließ ihren Blick dabei über Skyes Hand gleiten. Zum Glück hatte diese ihren zehnkarätigen Ehering noch nicht abgenommen.
„Mi dispiace! Entschuldigen Sie bitte, Signora Vin Santo“, beeilte sie sich zu sagen, drückte einen Knopf und wartete, bis die Verbindung hergestellt war. „Ich hatte keine Ahnung, dass Signor Vin Santo verheiratet ist.“
Die Worte trafen Skye ins Mark. Ihre Ehe hatte tatsächlich kaum mehr als einen Monat gedauert – einen Monat zu lang.
Wie hatte sie sich nur von ihm zum Narren halten lassen können, und sei es auch nur für diesen kurzen Zeitraum? Himmel, warum habe ich ihn überhaupt geheiratet? Doch das war einfach zu erklären.
Gegen ihren Willen tauchten die Bilder ihres ersten Treffens vor ihrem inneren Auge auf.
Er hatte einen schlichten Anzug getragen und war unglaublich charmant gewesen. Sie hatte sich von ihm beeindrucken lassen, und er hatte äußerst beharrlich um sie geworben. Schicksal, hatte sie damals gedacht. Lügen, hatte sie später herausgefunden. Alles nur Lügen.
Ohne ein einziges Wort zu verstehen, folgte sie dem Telefonat, das die Rezeptionistin jetzt in schnellem Italienisch führte. Die breite Fensterfront gab den Blick frei auf die Silhouette Venedigs.
Wie sehr sie die Stadt geliebt hatte! Sie hatte geglaubt, hier den Rest ihres Lebens zu verbringen. Mittlerweile aber war sie immun gegen den Charme der Stadt, gegen die Gondoliere, die stolz und mit aufrechter Haltung durch die Kanäle zogen, in denen das Wasser in der Sonne glitzerte. Beim Anblick der uralten Häuser, die sich aneinanderschmiegten und denen die Zeit eine geheime Seele eingehaucht zu haben schien, blieb ihr Herz heute unberührt.
Diese Stadt war noch immer wunderschön, doch es war nicht mehr ihre Stadt. Energisch wandte Skye sich ab und konzentrierte sich wieder auf die Empfangsdame, die gerade im Begriff war aufzustehen. Sie war größer, als Skye vermutet hatte.
„Signor Vin Santo erwartet Sie. Möchten Sie etwas trinken? Ein Wasser?“
Wodka, dachte Skye mit schwachem Lächeln. „Ein Mineralwasser wäre nett, vielen Dank.“ Mit ihren Gedanken war sie bei der Aufgabe, die vor ihr lag: Matteo zu überzeugen, die verdammten Scheidungspapiere zu unterzeichnen, damit sie ihr Leben weiterführen konnte – weit entfernt von ihm.
„Gern, Signora. Bitte folgen Sie mir.“ Mit wiegenden Hüften ging die Empfangsdame ein paar Schritte vor Skye, und Skye verspürte einen Anflug von Neid. Sie selbst war sehr schlank und hatte sich immer mehr Kurven gewünscht. Als Jugendliche hatte sie ihren BH mit Taschentüchern ausgestopft.
„Da sind wir“, erklärte die Rezeptionistin. Ihr Tonfall war sehr viel zugewandter, seit sie wusste, wen sie vor sich hatte. „Er wartet schon auf Sie.“
Warum klang das so, als wäre sie das Lämmchen und er der Wolf? Weil er ein Raubtier war. Stark, rücksichtslos, ohne Herz.
Und sie war seine Beute gewesen.
Aber das war vorbei.
Skye straffte die Schultern, sprach sich Mut zu, atmete noch einmal tief durch und trat ein.
Doch nichts und niemand hätte sie auf diesen Augenblick vorbereiten können. Den Moment, in dem die Tür aufschwang und sie Matteo gegenüberstand.
Jegliche Luft schien aus dem Raum verschwunden zu sein. Skye fühlte sich wie in einem Vakuum. Es gab weder Sauerstoff noch Schwerkraft oder Verstand. Nur Matteo und sie. Ihren attraktiven, ausgesprochen männlichen, verlogenen Ehemann.
Ihr Mund war wie ausgetrocknet, ihre Nerven bebten.
Am liebsten wäre sie auf ihn zugestürzt. Um was zu tun? Ihn zu küssen oder ihm die Augen auszukratzen? Vermutlich Ersteres, gab sie zu, und ihr Mut verließ sie. Sie wollte ihre Arme um seinen Hals legen, ihn an sich ziehen und küssen. So wie sie es getan hatte, als sie noch an die wahre Liebe bis in den Tod geglaubt hatte.
Er sah zum Anbeißen aus, und zufällig trug er ausgerechnet den dunkelblauen Anzug, den sie am liebsten mochte, weil er seine breiten Schultern und den gebräunten Teint perfekt zur Geltung brachte. Skye ließ den Blick über sein scharf geschnittenes Gesicht gleiten, betrachtete die vollen Lippen und die markante Nase, die hohen Wangenknochen und die dunklen, fast schwarzen Augen mit den goldenen Punkten darin.
Sie bemerkte, dass auch er sie ganz offensichtlich einer Musterung unterzog. Sein Blick glitt voller Leidenschaft über ihren Körper. Einst hatte sie diesen Ausdruck in seinen Augen, in den sich Besitzerstolz mischte, erregend gefunden. Nun hob er den Kopf und sah sie prüfend an. Suchte er in ihrem Gesicht nach Veränderungen?
Skye hätte behauptet, sie sähe nahezu genauso aus wie vor fünf Wochen, als sie Hals über Kopf ihr gemeinsames Haus, ihre Ehe, ihr Leben verlassen hatte. Nur innerlich hatte sie sich verändert. Abgesehen davon, dass sie seit Kurzem einen Pony trug, weil sie beschlossen hatte, ein äußeres Zeichen dafür setzen zu müssen, dass sie nicht mehr die Frau war, die in der Matteo-Vin-Santo-Show auftrat.
In diesem sehr kurzen Zeitraum war sie erwachsen geworden. Sehr erwachsen. Mit der naiven, vertrauensseligen jungen Frau vor ihrer Zeit mit Matteo hatte sie nichts mehr gemeinsam.
„Danke, dass du mich empfängst“, brach sie das Schweigen in einem geschäftsmäßigen Ton, der ihr selbst gut gefiel. „Es wird auch nicht lange dauern.“
Schon zog der spöttische Ausdruck in seine Augen, den sie nur zu gut kannte. Noch immer gelang es ihm, ihr das Gefühl zu geben, dumm und unreif zu sein.
Ohne ein Wort trat Matteo einen Schritt zurück, damit sie ganz hereinkommen konnte. Ihr Blick fiel auf den Tisch in der Besprechungsecke, an dem sie damals gesessen und jene Papiere unterschrieben hatte, mit denen das Unglück seinen Lauf genommen hatte.
„Du liebst mich nicht, oder?“ Skye starrte auf die Dokumente, und plötzlich passten alle Details zusammen. „Mein Anwalt hat mir alles erzählt. Über dich und meinen Vater. Die ganze elende Geschichte. Das ist der Grund, warum du mich geheiratet hast.“
Als sie erkannte, dass er offensichtlich überrascht war, wurde sie wütend.
„Hast du wirklich geglaubt, ich würde es nicht herausfinden? Hältst du mich für so naiv, dass ich nicht nachfragen würde?“ Sie wedelte mit dem Vertrag. „Es ist nur wegen dieses verdammten Hotels, oder? Ein Hotel, das mein Vater deinem Großvater abgekauft hat. Ein Hotel, das du seit Jahren unbedingt zurückhaben willst. Mein Gott! Nur darum hast du mich geheiratet!“
Das Schweigen, das auf ihre Worte folgte, lastete schwer über ihr.
„Wir sollten später darüber sprechen“, erwiderte Matteo schließlich ernst. „Unterschreib einfach die Papiere, und heute Abend beim Dinner reden wir darüber.“
„Tu das nicht!“ Sie schlug mit der Hand auf den Tisch. „Fang endlich an, mich ernst zu nehmen. Ich will die Wahrheit wissen, und zwar von dir. Das Hotel ist der Grund, aus dem du nach London gekommen bist, richtig? Deshalb wolltest du mich auch kennenlernen. Stimmt’s?“
Einen Moment lang hoffte sie, er werde etwas erwidern, das die Situation entschärfte und ihren Schmerz linderte.
„Ja, es stimmt.“
Skyes Herz schlug ganz weit oben im Hals, und sie umklammerte die Stuhllehne. „Und darum hast du mich geheiratet?“
Lange sagte er nichts, und sein Schweigen ließ etwas in ihr zerbrechen. Dann nickte er nur und zerstörte damit jede leise Hoffnung, die sie insgeheim noch gehabt hatte.
Die Erinnerung drohte sie völlig aus dem Konzept zu bringen, doch das Geräusch der Tür, die ins Schloss fiel, holte sie zurück in die Gegenwart.
„Du kommst unerwartet.“
Ihr Herz schlug schmerzhaft gegen ihren Rippenbogen. Dieser Akzent. Sie hatte fast vergessen, wie sinnlich die englische Sprache mit seiner tiefen rauen Stimme und dem italienischen Tonfall klang.
Sei stark. Es ist gleich vorbei.
„Dir hätte doch klar sein müssen, dass ich irgendwann wieder auftauchen würde“, entgegnete sie und zuckte die Schultern. Sie war äußerst zufrieden damit, wie lässig die Worte klangen, auch wenn ihre Finger zitterten.
„Woher hätte ich das wissen sollen?“, gab er zurück, und sein Akzent verstärkte sich – ein Zeichen von Zorn. „Seit du damals einfach aus meinem Büro gerauscht bist, ohne wenigstens so höflich zu sein, dich zu verabschieden, warst du von der Bildfläche verschwunden.“
Wütend funkelte Skye ihn an. „Höflichkeit? Ausgerechnet du willst mit mir über Höflichkeit sprechen?“
Warnend hob er die Augenbrauen. „Eigentlich möchte ich nur wissen, wo, zum Teufel, du eigentlich gewesen bist.“
„Als ob dich das interessieren würde“, schnaubte sie und verdrehte die Augen.
„Meine Frau verschwindet, und ich kann sie nicht mehr erreichen. Natürlich interessiert mich das.“
„Dir geht es immer nur um Besitz. Deine Frau.“ Verärgert schüttelte Skye den Kopf und erkannte, dass der Kampf längst entschieden war. „Ich war in England“, fügte sie seufzend hinzu.
„Aber nicht bei dir zu Hause“, konterte er, und sie begriff, dass er tatsächlich nach ihr gesucht hatte.
„Nein“, erwiderte sie nur.
Sie wusste, warum er sie hatte aufspüren wollen, und das hatte nichts mit ihrer heuchlerischen Ehe zu tun. Sicher hatte er vor Wut geschäumt, als er festgestellt hatte, dass sie den Kaufvertrag rückgängig gemacht hatte. Dass sie all die Details ihrer kurzen Ehe herausgefunden und logisch zusammengesetzt hatte. Er hatte geglaubt, sie einlullen zu können, und fast wäre es ihm auch gelungen. Ganz kurz davor, das Hotel zu bekommen, war er gewesen, ohne dass sie es überhaupt registriert hätte.
„Wo warst du?“, fragte Matteo noch einmal.
„Das geht dich nichts an“, fauchte sie und vergaß jegliche Form des Anstands. Sie hatte versucht, auf ihre Weise zum Ziel zu kommen, dabei jedoch unterschätzt, welche Wirkung es auf sie hatte, diesem gut aussehenden, Macht ausstrahlenden Mann in seinem Büro gegenüberzustehen.
„Du bist meine Frau. Natürlich geht mich das etwas an“, widersprach er und trat einen Schritt auf sie zu.
Als Skye seinen unverwechselbaren Duft wahrnahm, wurden ihre Knie weich. Doch seine selbstgefälligen Worte ließen ihre Wut wieder auflodern, und sie fixierte ihn mit stahlhartem Blick. „Das ist unfassbar. Nichts, was mich betrifft, geht dich überhaupt noch etwas an.“
Sie bemerkte, wie ein Muskel unter seinem Auge zuckte. „Du bist meine Frau“, wiederholte er, als rechtfertigte das alles.
„Genau darüber will ich mit dir reden.“ In dem Bemühen, die Situation wieder in den Griff zu bekommen, öffnete Skye ihre Tasche. Doch bevor sie die Dokumente herausziehen konnte, klopfte es an der Tür.
Matteos Assistentin kam mit einer Flasche Mineralwasser und Gläsern zurück, in denen Eiswürfel klirrten.
„Vielen Dank“, sagte Skye, froh über die Unterbrechung, die ihr die Gelegenheit gab, sich zu sammeln. Sie wartete, bis die Sekretärin eingeschenkt und das Büro wieder verlassen hatte.
„Worüber genau willst du mit mir reden?“, wollte Matteo wissen und verschränkte die Arme vor der Brust.
Skye nahm ihr Glas und ging zum Fenster. Sie blickte auf Venedig hinunter, ohne die Stadt wirklich wahrzunehmen.
„Über unsere Ehe.“ Sobald sie diesen Satz ausgesprochen hatte, kehrten all die Erinnerungen zurück, die sie so gern hinter sich lassen wollte.
Die romantische Vorstellung der Liebe auf den ersten Blick. Die Hochzeit. Die gemeinsamen Nächte voller Leidenschaft, die sie hatten vergessen lassen, wie lange sie jeden Tag auf ihn warten musste. Im Rückblick begriff sie selbst nicht mehr, wie sie sich so sehr von ihm hatte abhängig machen können.
Ein letztes Mal drehte sie den Diamantring an ihrem Finger, ehe sie ihn abzog. „Und darüber, wie wir sie am besten beenden können.“ Damit wandte sie sich zu ihm um und sah ihm fest in die Augen. Mutig hielt sie seinen Blick stand, während sie den Ring auf den Tisch legte und hastig einen Schritt zurücktrat.
Mit grimmiger Miene verfolgte Matteo ihre Bewegungen, doch er zeigte keine Regung. Mit keinem Ton versuchte er, sie umzustimmen oder zurückzugewinnen.
Kein Wunder, dachte Skye, denn es ging ja nie um mich. Immer nur um ihn, seinen Großvater, meinen Vater und irgendein Hotel, von dem ich noch nie gehört hatte. Sie war Teil eines Rachefeldzugs gewesen, der anscheinend das Leben all der Menschen beherrscht hatte, die sie liebte. Ihres Vaters, ihres Ehemannes …
Entschlossen straffte sie den Rücken. „Du musst nur noch die Scheidungspapiere unterschreiben.“
Er atmete hörbar aus, doch seine Miene blieb ausdruckslos. „Zeig her.“
Skye konnte kaum fassen, wie reibungslos es lief. Sie hatte sich so viele Gedanken über dieses Zusammentreffen gemacht, und nun zeigte Matteo sich absolut entgegenkommend. Natürlich bin ich erleichtert darüber, versicherte sie sich selbst.
„Hier.“ Sie zog die dünne Mappe aus ihrer Tasche, reichte sie ihm und achtete penibel darauf, ihn nicht zu berühren.
Als er sie ansah, erkannte sie, dass er sie durchschaute. Ihm war bewusst, dass sie jeglichen Körperkontakt vermied.
„Und wenn ich der Scheidung nicht zustimme?“
Skye erstarrte. Sie hatte sich ihrem Ziel schon so nah gewähnt.
„Sei nicht albern“, erwiderte sie. Doch ihre Worte waren nur ein Flüstern, und sie spürte, wie alle Farbe aus ihrem Gesicht wich.
„Was ist albern daran, mit dir verheiratet bleiben zu wollen?“
Mit großen Schritten kam er auf sie zu und sah sie an, bis sie zu zittern begann. Gerade jetzt, wo sie all ihre Kräfte gebraucht hätte, durfte sie nicht schwach werden.
„Das war keine echte Ehe“, murmelte sie und bemühte sich, standhaft zu bleiben. „Das wissen wir beide.“
Sie erkannte die Zustimmung auf seiner Miene.
„Für mich wirkte sie ziemlich echt“, widersprach er dennoch, und sein Ton war gefährlich sanft. Ganz plötzlich schlang er den Arm um sie und zog sie an sich.
Sofort war ihr sein Körper wieder vertraut. Ungewolltes Verlangen durchströmte Skye, und unwillkürlich stöhnte sie auf. Es war riskant, sich nicht sofort von ihm zu lösen, aber sie wollte diese Umarmung ein letztes Mal genießen. Nur einen Augenblick.
„Oh, nein“, gab sie mit rauer Stimme zurück. „Das war sie nicht. Ich weiß jetzt alles.“
„Was weißt du?“, erkundigte er sich ruhig, beinahe zärtlich.
„Alles.“ Sie schloss die Augen. „Ich weiß von deinem Vater und meinem. Dass sie sich in dieselbe Frau verliebt hatten und dein Vater sie schließlich geheiratet hat. Mein Vater war unendlich wütend darüber und hat alles getan, um deine Familie zu verletzen.“ Sie brach ab, als sie erkannte, dass sie eine Mitschuld ihres Vaters zugab. „Er fühlte sich abgewiesen und hat sich finanziell gerächt.“
Matteos Lachen war grimmig. „Bei dir klingt das so einfach. Glaub mir, so war es nicht.“ Er beugte sich vor. „Carey Johnson hat meinen Großvater in den Ruin getrieben. Dein Vater hat alles zerstört, was mein Großvater sich ein Leben lang aufgebaut hat.“
Seine Leidenschaft raubte ihr den Atem, doch dann hatte sie sich wieder im Griff. „Und dafür wolltest du mich bestrafen?“
Ein lastendes Schweigen senkte sich über sie. Skye sah, wie Matteo nach den richtigen Worten suchte.
„Es ging nie darum, dich zu bestrafen“, sagte er schließlich.
„Sondern? Wolltest du dich an ihm rächen? An meinem Vater?“
Was konnte er darauf erwidern? Traf das nicht genau den Punkt? Hatte Matteo in der Ehe mit Skye nicht den brutalsten Weg gesehen, um ihren Vater zu kränken und Rache zu nehmen? Und Skye hatte sich in diesem Spiel als durchaus willige Schachfigur erwiesen.
„Du hast mich geheiratet, weil du mich liebtest. Erinnerst du dich?“ Seine Stimme klang lässig und gleichzeitig seidenweich.
Und wie sie ihn geliebt hatte. Doch er hatte ihr nie auch nur annähernd die gleichen Gefühle entgegengebracht. Ihm bedeuteten Gefühle nichts. Schlimmer noch, er hatte gar keine.
„Liebe und Hass liegen sehr nah beieinander. Es hat mich selbst überrascht, wie schnell meine Gefühle für dich umgeschlagen sind.“
„Willst du damit sagen, du hasst mich?“, fragte er, während er sie noch fester an sich zog.
Sie spürte, wie seine Nähe sie erregte.
Sex. Das war der eigentliche Grund für ihre Ehe gewesen. Matteos Verlangen war echt gewesen, er war kein guter Schauspieler. Die Lust hatte ihn genauso im Griff gehabt wie sie.
„Natürlich hasse ich dich“, fauchte sie und wusste, dass sie Abstand zwischen sich und ihn bringen musste. Und das würde sie auch – gleich. „Wie könnte ich noch etwas anderes für dich empfinden?“
Sein Lachen war der pure Spott. „Vorsichtig, cara. Wir wissen beide, dass es ein Leichtes für mich wäre, dich vom Gegenteil zu überzeugen.“ Bei diesen Worten drängte er sich noch dichter an sie, und Skye konnte ein Stöhnen kaum unterdrücken.
„Das ist nur körperlich“, warf sie ein und heftete ihren Blick auf den Kragen seines hellblauen Hemdes. „Und ich gehe davon aus, dass du genügend Erfahrung hast, um zu wissen, dass das nichts bedeutet.“
„Aber du nicht“, erinnerte er sie gnadenlos. „Du hast dich mir völlig hingegeben.“
Noch mehr Erinnerungen überwältigten sie. Ihre erste gemeinsame Nacht – Skyes erste Nacht mit einem Mann. Sie biss sich auf die Lippen. In jener Nacht hatte sie ihm ihren Körper und ihre Seele geschenkt. Und doch war das alles nur Teil seines Spiels gewesen. Seines Racheplans. Wie einfach es für ihn gewesen war, sie zu benutzen und in eine Ehe zu drängen.
„Und das würdest du immer noch“, setzte er mit einem leichten Triumph in der Stimme hinzu.
Skye stieß einen unverständlichen Laut aus. Doch es war kein Widerstand. War es Zustimmung? Matteo hatte recht. Sie sehnte sich danach, noch einmal seinen Körper zu spüren. Ein letztes Mal mit ihm zusammen zu sein.
Vielleicht würde er für immer Macht über sie haben. Gerade deshalb war es so wichtig, stark zu bleiben. Sie durfte nicht vergessen, warum er die Papiere unterschreiben musste: damit sie so schnell wie möglich verschwinden konnte. Es gab keine gemeinsame Zukunft für sie. Wie sollte sie mit einem Mann zusammenleben, den sie von ganzem Herzen liebte und von dem sie sich Kinder wünschte und der sie doch nur benutzt hatte?
Sobald er die Scheidungspapiere unterschrieben hätte, würde sie weit wegziehen. Irgendwohin, wo er sie niemals finden würde. Sie dachte an das Flugticket nach Australien in ihrer Tasche. In einem fernen Winkel der Welt würde sie sich ein Zuhause am Strand suchen und versuchen, ihr zerbrochenes Herz wieder zu heilen.
„Du irrst dich.“ Entschlossen riss sie sich los und wandte den Blick wieder der Stadt zu ihren Füßen zu.
„Ach tatsächlich?“
„Zugegeben, rein körperlich begehre ich dich noch, das ist schwer zu übersehen.“ Ohne sich umzudrehen, zuckte sie mit den Schultern. „Immerhin warst du der erste Mann, mit dem ich sexuelle Erfahrungen gesammelt habe.“
Sie dachte daran, wie er sie geküsst und dann mit seinen Lippen ihren Körper erobert hatte. Wie sie im Mondlicht im Pool seines Hauses in Venedig gebadet hatten. Vehement schob sie diese Erinnerungen beiseite.
„Aber du hast mich auch einiges gelehrt, was ich besser nie vergessen sollte.“
„Und zwar, cara?“
„Niemals einem gut aussehenden Fremden zu vertrauen“, erwiderte sie kühl. Doch sie konnte nicht verhindern, dass Verzweiflung in ihrer Stimme mitschwang. „Unterschreib die Dokumente, Matteo. Unsere Ehe ist vorbei.“
„Und wenn ich es nicht tue?“
Eine Sekunde lang keimte Hoffnung in ihr auf. Doch das war albern und entsprang der gleichen blinden Liebe, die sie in diese Ehe getrieben hatte.
„Du wolltest Rache – die hast du bekommen.“
„Ich wollte das Hotel“, berichtigte er sie. „Du warst eine wundervolle Zugabe.“
„Eine Zugabe?“, schnappte sie. „Himmel, Matteo, ich habe dich geliebt. Bedeutet dir das gar nichts?“
Reglos sah er sie an. „Das war keine Liebe. Begehren vielleicht. Sex.“
Sie schluckte. Er irrte sich. Sie hatte ihn von ganzem Herzen geliebt. Und auch wenn sie es ihm nie erzählen würde – es bedeutete ihr viel, dass ihr Baby voller Liebe gezeugt worden war.