Erwachen zum wirklichen Sein - Veerendra H. Bühner - E-Book

Erwachen zum wirklichen Sein E-Book

Veerendra H. Bühner

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Beschreibung

Die in diesem Buch beschriebene Kosmopsychologie des Bewusstseins vereinigt in sich das Wesentliche aller Religionen sowie aller echten spirituellen Lehren und soll für den einzelnen Menschen einen Weg des Erwachens aus seiner subjektiven Welt des Schlafes, des Träumens und des inneren Elends aufzeigen. Der Mensch, so wie er ist, schläft und ist noch nicht zu seinem wahren Sein erwacht. Gefangen und befangen in seiner subjektiven Welt träumt er einen Traum des "Lebens", ohne zu bemerken, dass er schläft und dass er träumt. In seiner aus Bildern und Vorstellungen bestehenden subjektiven Welt nimmt er an, sein "Sein" liege in seiner angenommenen "Identität". Doch weil diese angenommene "Identität" nicht seinem wahren Sein entspricht, bleibt er unerfüllt. Und aus diesem Unerfüllt Sein beginnt eine nie enden wollende Suche nach Erfüllung, nach Glück, nach Reichtum, Ruhm, Anerkennung, Ehre und Macht usw., ohne zu wissen, woher er kommt und wohin er geht. Von seinen subjektiven Vorstellungen eingenommen und benebelt beginnt er zu schaffen, zu zerstören und nicht selten auch seine eigene Art zu vernichten. Er endet immer wieder in einem von Qual, äußerer Not und innerem Elend geprägten Desaster kleineren oder größeren Ausmaßes. Die einzig wahre Hoffnung für ihn liegt daher in seinem Erwachen. Doch solange er in seiner subjektiven Welt träumt, dass er bereits "wach" sei, wird es für ihn keinerlei Anlass geben, sein Erwachen anzustreben. Dann wird er weiterschlafen und weiter von einem "besseren Morgen" träumen. Dieses Buch richtet sich daher an diejenigen, die erkannt haben oder wenigstens erahnen, dass sie sich in psychologischer sowie in spiritueller Hinsicht in einem schlaf- und traumähnlichen Zustand befinden und ein zumindest vages, inneres Verlangen verspüren, erwachen zu wollen. Ein Buch, das die spirituelle Freiheit des Menschen propagiert und Wege aufzeigt, wie diese erlangt werden kann. Ein tiefgründiges, gesellschaftskritisches Werk, das Leben und Tod gleichermaßen heiligt. Der Mensch als spirituelles Wesen und die kosmopsychologischen Zusammenhänge seines Entstehens, seines Daseins und seines Vergehens.

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Über den Autor:

Nach jahrzehntelangem Studium von unterschiedlichen spirituellen Lehren und ebenso langer Meditationsarbeit ist der Verfasser bis in die überpersönlichen und todlosen Bereiche des Bewusstseins vorgedrungen. Von diesen überpersönlichen Gefilden aus betrachtet und beschreibt er das Drama des Daseins und das des Lebens des Menschen im Besonderen.

Die Bücher des Autors gewähren eine unparteiliche und objektive Draufsicht auf die wesentlichen Dinge des Lebens. Sie propagieren die spirituelle Freiheit des Menschen und zeigen Wege auf, diese auch zu erlangen.

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Die Plattformen des Verstehens

Der Mensch

Die Bildung der Persönlichkeit und die Folgen

Persönlichkeit und Persönlichkeitskultur

Die Filterung von Eindrücken und die drei Welten

Die Welt des „Wachbewusstseins“

Die Halbbewusste Zwischen-Welt

Die Welt des Unbekannten und Unfassbaren

Das Sterben der Persönlichkeit

Der „gefallene“ Mensch

Abstieg und Aufstieg

Der natürliche und der absichtliche Kreislauf des Bewusstseins

Der natürliche Kreislauf des Bewusstseins

Der absichtliche Kreislauf des Bewusstseins

Der heilige Prozess des Sterbens

Das „Jüngste Gericht“

Die Dimensionen der Zeit

Glück und Glückseligkeit

Äußeres Glück

Inneres Glück oder Glückseligkeit

Sex und Glückseligkeit

Vorbereitende Methoden zur Sammlung des Bewusstseins im leeren Raum

Entspannte Körperhaltung

Meditation

Kontemplation

Vor dem Spiegel

Wer bin „Ich“?

Die Gegenwart des Todes

Selbstbeobachtung

Schweigen

Der Einstrom von Sinnesreizen

Die „Zügel“ spannen.

Der Kontakt zur Leere

Fragen und Antworten

Schlusswort

Literaturverzeichnis

Einleitung

Die in diesem Buch beschriebene Kosmopsychologie des Bewusstseins vereinigt in sich das Wesentliche aller Religionen sowie aller echten spirituellen Lehren und soll für den einzelnen Menschen einen Weg des Erwachens aus seiner subjektiven Welt des Schlafes, des Träumens und des unvermeidlich daraus resultierenden Schreckens und Elends aufzeigen.

Der Begriff „Kosmopsychologie des Bewusstseins“ ist hier nicht mit dem Begriff der „Kosmopsychologie“, wie er in der Astrologie verwendet wird, zu verwechseln. Vielmehr soll hier damit ausgedrückt werden, dass das Bewusstsein, vergleichbar dem Licht, eine allkosmische Erscheinung darstellt und je nachdem an welcher Stelle es sich innerhalb von kosmischen Prozessen manifestiert, verschiedene Zustände und Dramen durchläuft, durchlebt und erleidet.

Zu solchen Zuständen gehören zum Beispiel Zustände des Schlafes, des Träumens, des Erlebens von Freuden und Leiden sowie Zustände der Ekstase und des reinen, klaren Erwacht Seins, welche jenseits oder außerhalb des gewöhnlichen, menschlichen Erlebens liegen.

Weil es sich bei all diesen Zuständen um Zustände des Erlebens handelt, wurde dem Wort „Kosmos“ das Wort „Psychologie“ angehängt – also „Kosmopsychologie“ des Bewusstseins.

Kurz gesagt: Die „Kosmopsychologie des Bewusstseins“ beschreibt das ständig sich wiederholende kosmische Drama, das dem Bewusstsein widerfährt, während es die Erlebnisräume des menschlichen Daseins, des Geborenwerdens und des Sterbens durchwandert.

Der Mensch, so wie er ist, schläft und ist noch nicht zu seinem wahren Sein, zum reinen Bewusstsein erwacht. Sein sogenanntes „Wachbewusstsein“ gleicht, in Relation zum reinen, klaren, erwachten Bewusstsein, eher einem Zustand des Schlafwandelns, in welchem er alle möglichen, meist irrationale Dinge denkt, fühlt, glaubt, sagt und tut.

Gefangen und befangen in seiner subjektiven Welt träumt er einen Traum des „Lebens“, ohne zu bemerken, dass er schläft und dass er träumt.

In seiner aus Bildern und Vorstellungen bestehenden subjektiven Welt nimmt er an, sein „Sein“ liege in seiner angenommenen, sogenannten „Identität“.

Doch weil diese angenommene „Identität“ nicht seinem wahren Sein entspricht, begleitet ihn immer ein vages Gefühl des Unerfüllt Seins. Und aus diesem Unerfüllt Sein beginnt eine nie enden wollende, unersättliche Suche des Menschen nach Erfüllung, nach Glück, nach Reichtum, Ruhm, Anerkennung, Ehre und Macht usw., ohne zu wissen, woher er kommt und wohin er geht.

Von seinen subjektiven Vorstellungen eingenommen und benebelt beginnt er zu schaffen, zu zerstören und nicht selten auch seine eigene Art zu vernichten. Er endet immer wieder in einem von Selenqual, äußerer Not und innerem Elend geprägten Desaster kleineren oder größeren Ausmaßes.

Um seiner Situation, seinem Unerfüllt Sein zu entkommen, hat er sich immer wieder unhinterfragt verschiedenen Ideologien, politischen Systemen, Glaubensdogmen und Religionen angeschlossen. Aber es hat ihn nirgendwo hingeführt – außer dass er sich ständig im Kreis dreht oder auf der Stelle tritt – wie wir es aktuell in einem von Gewalt, Folter, Terror, Bürgerkriegen, Kriegen, Flüchtlingsströmen, Mangel, Not und Elend geprägten Weltgeschehen sehen können. Auch wenn es uns selbst vielleicht nicht unmittelbar betrifft, leidet doch mehr als die Hälfte der Menschheit an diesem grauenhaften Geschehen, welches uns früher oder später auch selbst treffen kann.

Und solange der Mensch nicht aus seinem Schlaf, aus seinem subjektiven „Lebenstraum“ zu seinem wahren Sein erwacht, wird sich an diesem Geschehen auch nichts ändern.

Von den mannigfachen Farben des Lebens fasziniert und geblendet, schöpft er immer wieder neue Hoffnung auf ein „Besseres Morgen“, bis er wieder in einem neuen – alten – Desaster landet und alles wieder von vorne beginnt.

Die einzig wahre Hoffnung für ihn liegt daher in seinem ERWACHEN. Doch solange er in seiner subjektiven Welt träumt, dass er bereits „wach“ sei, wird es für ihn auch keinerlei Anlass geben, sein Erwachen anzustreben. Dann wird er weiterschlafen, Krieg, Terror, Elend und Not als „normale“ Gegebenheiten betrachten und weiter von einem „besseren Morgen“ träumen.

Dieses Buch richtet sich daher an diejenigen, die erkannt haben oder wenigstens erahnen, dass da – in Anbetracht eines von Terror, Krieg, Flüchtlingsströmen und Elend geprägten Weltgeschehens, als auch des inneren Unglücks des einzelnen Menschen – etwas nicht stimmen kann, dass da irgendwo etwas schief gelaufen sein muss, dass sie sich in psychologischer sowie in spiritueller Hinsicht selbst in einem schlafähnlichen Zustand befinden und ein zumindest vages, inneres Verlangen verspüren, ERWACHEN zu WOLLEN, um dem offensichtlichen Schrecken und dem Desaster, in welchem sich der Mensch befindet, zumindest für sich selbst ein Ende zu setzen.

Aufgrund seines Unerfüllt Seins ist der Mensch immer und überall auf der Suche. Seine Suche ist ruhe- und rastlos. Was immer er auch anstrebt, ob Erfolg, Ehre, Anerkennung, Wohlstand, Reichtum, Besitz, Macht, Sex, Beziehung, Liebe, Erkenntnis, Ekstase oder auch das „Ewige Leben“ usw., hinter all seinen Bestrebungen steht seine Suche nach „Erfüllung“ und „Glück“.

Findet er sein „Glück“, so ist es meist nicht von langer Dauer. Früher oder später rinnt es ihm aus den Händen. Dann ist er enttäuscht, bis neue Hoffnung – Hoffnung auf ein neues, vielleicht dauerhafteres „Glück“ – in ihm aufkeimt, seine Suche weiter geht und alles wieder von vorne beginnt: Hoffnung – Suche – „Glück“ – Enttäuschung – Hoffnung – „Glück“ … und so weiter – bis zu seinem Tod.

Die ständige Wiederholung dieses Prozesses, bis ans Ende seiner Tage, liegt vielleicht daran, dass der Mensch sein „Glück“, seine „Erfüllung“ immer wieder an der falschen Stelle sucht.

Wenn wir nämlich in Betracht ziehen, dass jeder Enttäuschung eine Täuschung zugrunde liegt, dann wird klar, dass uns jede Ent-Täuschung auch wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholt und uns vor Augen führt, dass wir einer Täuschung, einem Trugbild erlegen sind, und letztendlich, dass alles was entstanden ist, auch wieder vergehen wird, dass alles was geboren wird, auch wieder sterben wird.

Dauerhafte „Erfüllung“ in vergänglichen Dingen zu suchen bedeutet, an der falschen Stelle zu suchen, und, dass unsere Suche immer wieder zum Scheitern verurteilt sein wird.

Wahre oder dauerhafte Erfüllung kann also niemals auf Täuschungen, falschen Hoffnungen oder falschen Vorstellungen gegründet werden. Sie kann sich immer nur auf etwas Wahrem oder Dauerhaftem gründen.

Deshalb wird dieses Buch sowohl von vergänglichen, als auch von wahren und dauerhaften Dingen handeln, damit der Leser auf seinem Weg zur „Erfüllung“ nicht nur die Fallgruben erkennt, sondern auch Zugänge zu wahren und dauerhaften Dingen in sich selbst, zu seinem wahren Sein finden kann.

Denn wenn wir, sofern dies überhaupt möglich ist, unser „Glückes Schmied“ werden wollen, müssen wir bestimmte wesentliche Dinge unseres Daseins erkennen und verstehen lernen.

Zu diesen wesentlichen Dingen gehört zum Beispiel, dass wir als Menschen vorübergehende, sterbliche Erscheinungen sind, dass wir uns mit unserem eigenen Tod arrangieren müssen, wenn wir wahres Glück oder dauerhafte Erfüllung finden wollen.

Eine andre wesentliche Tatsache, die verstanden werden will, ist die, dass wahres Glück und wahre Erfüllung nur in innerer oder in spiritueller Freiheit verwirklicht werden können.

Was bedeutet innere oder spirituelle Freiheit?

Von

was

müssen wir frei sein?

Wie können wir eine solche Freiheit erlangen?

Was ist inneres Glück und was ist äußeres Glück?

Das sind die Fragen, die wir in diesem Zusammenhang für uns beantworten müssen.

Wir müssen aus unserem hypnotischen Schlaf, den eine einseitige Persönlichkeitskultur und unsere subjektive, illusorische Welt in uns erzeugen, erwachen, wenn wir wirkliche und wesentliche Dinge des Daseins erkennen wollen. Wir müssen die Mechanismen kennen, die diesen hypnotischen Schlaf- und Traumzustand, den wir „Wachbewusstsein“, „Ich-Bewusstsein“ oder auch „Selbstbewusstsein“ nennen, in uns erzeugen.

Des Weiteren müssen wir praktische Methoden zur Selbstbeobachtung, zur Selbsterkenntnis, zur Meditation und zur Verlagerung unseres Bewusstseinsschwerpunktes, von unserer subjektiven, persönlichen Welt in unser innerstes Wesen, in unser tiefstes, überpersönliches Sein, kennen, um sie in unserem Alltagsleben anwenden zu können.

Um dem Leser die Möglichkeit zu geben, all diese Dinge auch in einem größeren Zusammenhang zu verstehen, wird sich dieses Buch auch mit weiterreichenden kosmologischen Fragen über den Ursprung des Lebens, über den Sinn und Zweck unseres Daseins und unseres Sterbens, sowie unseren Platz, den wir als Menschen innerhalb des sich entwickelnden Lebens einnehmen, beschäftigen, bevor auf die Kernfragen zum Glück, zum wahren, dauerhaften Erfüllt Sein, das wir auch als Glückseligkeit bezeichnen, eingegangen wird:

Sind dauerhafte Erfüllung oder Glückseligkeit für den Menschen überhaupt möglich? Und wenn ja: warum und wie?

Ist unsere Erfüllung allein von unserem Tun oder Nicht-Tun abhängig?

Liegt die Erfüllung in unseren Händen, oder kommt sie als eine Gnade auf uns herab?

Ist wahre Erfüllung von einer gewissen Anzahl glücklicher Zufälle abhängig?

Oder ist Glückseligkeit ganz und gar eine aus innerer Not entstandene Fata Morgana, die am fernen Horizont steht, um uns zu drängen, zu locken und zu verführen, auf ein besseres Morgen zu hoffen, um uns am Ende doch enttäuscht zurückzulassen?

Was ist es, das uns antreibt auch in den widrigsten Situationen immer wieder neue Hoffnung zu schöpfen, das uns trotzdem weiterleben und fast alles ertragen lässt?

Warum ist der Mensch ständig ruhe- und rastlos auf der Suche?

Wodurch kann er zur Ruhe kommen?

Was ist es, das das Leben antreibt, sich sowohl im Stein, als auch in hochempfindlichen Organismen zu manifestieren?

Was ist der Trieb und Drang, der Organismen antreibt, sich immer „höher“ zu entwickeln?

Um solche Fragen nachvollziehbar zu beantworten, werden wir sowohl auf allgemeine wissenschaftliche Erkenntnisse, wie beispielsweise der Astrophysik, der modernen Psychologie und der Hirnforschung als auch auf Ideen, wie wir sie, wenn auch oft nur in Fragmenten, in den verschiedensten Religionen und spirituellen Lehren finden, zurückgreifen. Wobei wir von den spirituellen Ideen die bodenständigsten und umfassendsten wohl in Osho‘s Lebenswerk und der Lehre Gurdjieff’s finden. Aber auch Gedankengut christlicher, taoistischer und buddhistischer Lehren, wird eine große Rolle spielen.

Nicht zuletzt werden auch die Erfahrungen und Erkenntnisse des Verfassers, welche er durch jahrzehntelange meditative Arbeit erlangt hat, ihren Platz finden. Denn ohne diese inneren Erfahrungen und Erkenntnisse wäre ein Buch wie dieses erst gar nicht möglich gewesen.

Das Hauptaugenmerk des Lesers sollte auf den Dingen liegen, die für den Menschen erfahrbar sind. Theoretische und hypothetische Aussagen sollen dem Erfahrbaren lediglich einen vorstellbaren Rahmen geben, um das Gesagte in einem größeren Zusammenhang verstehen zu können – wobei aber immer die Grundsätze „Grau ist alle Theorie“ und „Probieren geht über Studieren“ vorrangig sein sollten. Ohne natürlich zu vergessen, dass manches erst studiert werden will, bevor es probiert werden kann.

Anstatt blindem Glauben und vagen, nebulösen Vorstellungen zu folgen, sollen die Dinge hinterfragt werden. Denn nur so können wir eine möglichst klare Vorstellung erhalten: – vom Dasein, vom Leben insgesamt, vom Leben des einzelnen Menschen, von seinem „Glück“ oder „Unglück“ und den möglichen Zugängen zu seinem wahren Sein und den Gefilden der Glückseligkeit.

Wenn wir uns auf die Suche nach dauerhafter Erfüllung oder wirklicher Glückseligkeit begeben, dann müssen wir bestimmte Dinge dafür tun, und vor allem müssen wir verstehen was wir tun, um wirkliche Ergebnisse erzielen zu können.

Ferner sei der Leser hier noch darauf hingewiesen, dass die, durch bewusst eingefügte lange und komplexe Sätze, teilweise „schwere Lesbarkeit“ mancher Textpassagen nicht nur die Absicht verfolgt, seinen Verstand ein wenig zu strapazieren, sondern ihn auch anregen soll, für sich selbst einige Anstrengungen des Verstehen-Wollens zu unternehmen, auch wenn ihn diese mit seinen Gegebenheiten des Nicht-Verstehen-Könnens konfrontieren werden und in seiner „Identität“ möglicherweise ein gewissermaßen heiliges Ärgernis hervorrufen.

Letztendlich kann ja nicht alles mit dem Verstand verstanden werden.

Jedenfalls sollte ihn sein gelegentliches Nicht-Verstehen-Können nicht dazu veranlassen, das Buch zur Seite zu legen und auf das Weiterlesen zu verzichten. Er sollte es wirklich bis zu Ende und auch mehrmals lesen, weil er am Ende, und das ist versprochen, viele Dinge, die jenseits des intellektuellen Verstehens liegen, verstanden haben, oder im Laufe seines Lebens noch verstehen wird.

Außerdem wird es auch darauf ankommen in welcher Verfassung oder in welchem Gemütszustand man sich gerade befindet, wenn bestimmte Textpassagen gelesen werden. So mag es durchaus vorkommen, dass beim wiederholten Lesen einer zunächst vielleicht unverständlich erscheinenden Passage, zu einem späteren Zeitpunkt, mehr verstanden werden kann als vorher.

Schließlich liegen ja unser wahres und tiefstes Sein sowie die Gefilde der Glückseligkeit jenseits unseres Verstandes, der die Dinge sukzessiv abgreift und den Zugang zu diesen Gefilden sogar verhindern kann, weil er „vor lauter Bäumen den Wald nicht sieht“ und sich zu sehr in subjektive Vorstellungen und Einzelheiten verstrickt.

Unser tiefstes Sein liegt nämlich jenseits von den vorübergehenden Erscheinungen unserer subjektiven Welt und unseres begrifflichen Verstehens, oder anders ausgedrückt: in unserem „Niemand-Sein“.

Wir müssen erst zu dem werden, was wir sind, um wirklich zu verstehen und wirklich zu SEIN.

* * *

Worte, die der Leser möglicherweise erst dann verstehen kann, wenn er am Ende dieses Buches angelangt ist und die darin beschriebenen Praktiken über längere Zeit praktiziert hat.

* * *

Die Plattformen des Verstehens

Im Dasein des Menschen existieren zwei Strömungen des Verstehens: eine Allgemeine Strömung und eine Spirituelle Strömung.

Aus diesen beiden Strömungen bilden sich die entsprechenden Plattformen des Verstehens existenzieller Dinge und des Menschseins.

Die Blickwinkel der beiden Plattformen sind diametral entgegengesetzt. (Abb.1)

Auf der Allgemeinen Plattform spielt sich das ganz „normale“ Leben des Menschen mit seinen subjektiven Vorstellungen, seiner sogenannten „Identität“ sowie seinem sozialen und kulturellen Kontext ab.

Es ist der Ort gesellschaftlicher Normen und der Persönlichkeitskultur. Hier wird der Mensch von Geburt an, entsprechend seines soziokulturellen Kontextes und seiner Neigungen, geprägt.

Im Laufe seines Lebens nimmt er, ebenfalls entsprechend seines Kontextes und seiner Neigungen, den existenziellen Dingen des Daseins gegenüber, seinen ganz persönlichen, subjektiven Standpunkt ein.

Innerhalb der Allgemeinen Plattform gibt es so viele persönliche Standpunkte und Meinungen über existenzielle Dinge, wie es Menschen gibt.

Die Grundströmung der Allgemeinen Plattform ist die Selbstund Arterhaltung, weshalb von dieser Grundströmung auch die persönlichen Standpunkte und Meinungen, wie verschieden diese auch sein mögen, gefärbt werden.

Die Triebe der Selbst- und Arterhaltung bestimmen auf dieser Plattform auch die Rangordnung von Werten, wie sie in Abb.1 von unten nach oben dargestellt sind:

Abb. 1 Spirituelle und Allgemeine Plattform des Verstehens

In der Werteordnung der Allgemeinen Plattform steht an erster Stelle die Selbsterhaltung oder die Ernährung, da es ohne Ernährung weder eine Selbsterhaltung, noch eine Arterhaltung gibt.

An zweiter Stelle steht die Persönlichkeits- oder „Ich“-Kultur, die für den Menschen der Allgemeinen Plattform vorwiegend darin besteht, den größtmöglichen, persönlichen Lustgewinn aus der Ernährung, der Arterhaltung bzw. der Sexualität und dem „Wohlstand“ zu ziehen. Hier schafft sich der Mensch der Allgemeinen Plattform seine sogenannte „Identität“ – ein Konstrukt, das er „Ich“ nennt, das er mit allerlei Eitelkeiten ausschmückt und, wenn auch fälschlicherweise, als sein „wahres Sein“, sein „Selbst“ oder als sein „Dasein“ empfindet.

An dritter Stelle kommt das Dasein. Es liegt schon außerhalb des Verstehens dieser Allgemeinen Plattform und wird als ganz selbstverständlich erachtet. Das Dasein oder die Natur werden hier nur insofern respektiert, als sie persönlichen Zwecken dienen. Ansonsten werden sie mit Füßen getreten, missachtet oder sogar zerstört.

An vierter Stelle steht die Würde. Auf der Allgemeinen Plattform steht „Würde“ als vages Wort am fernen Horizont. Die „Würde des Menschen“ wird hier als „unantastbar“ bezeichnet, während ihre „Träger“ unaufhörlich menschenunwürdige Handlungen begehen, Ihresgleichen missachten, betrügen, missbrauchen, quälen oder sogar ermorden und abschlachten.

Und – unglaublich, aber wahr – an der geringst geschätzten Stelle in der Werteordnung der Allgemeinen Plattform steht das Ursprüngliche Bewusstsein. Für den Menschen dieser Plattform dient „Bewusstsein“ lediglich dazu, in seiner subjektiven Welt die Eigeninteressen seines „Ichs“ durchzusetzen. „Bewusstsein“, besteht für ihn lediglich aus „Schlussfolgerungen“. Ansonsten ist es für ihn nichtexistent.

Befangen und gefangen in seiner subjektiven „Identität“ und einer Welt der „Ich“-Haftigkeit interessiert sich der Mensch der Allgemeinen Plattform kaum für seinen Ursprung, seine Herkunft, seine wahre Natur, den Sinn und Zweck seines Daseins oder für sein wahres Sein.

Das Interesse für seine Herkunft beschränkt sich hier allerhöchstens auf seine Ahnenreihe. Er „lebt“ vor sich hin, ohne zu wissen woher er kommt und wohin er geht. Sein Universum endet sozusagen an seinem Tellerrand. Religion und Spiritualität, welche eigentlich dafür gedacht waren, den Menschen zu seinem wahren Sein und seinen Urgrund zurückzuführen, werden zur Etikette, zur „Sonntagsreligion“, zu blindem Glauben, starrsinnigem, fanatischem Dogmatismus und abergläubischer „ich will so bleiben, wie ich bin“ Wellnessesoterik degradiert.

Bestimmt von den Trieben der Selbst- und Arterhaltung bleibt der Mensch dieser Plattform in seiner Entwicklung auf der Stufe eines „höheren“ Tieres stehen. Er wähnt sich zwar als „Krone der Schöpfung“, muss aber oft einen menschenunwürdigen Tod sterben und wie ein Tier verenden.

Es ist das spirituelle Wesen, das einen Menschen vom Tierunterscheidet. Wenn er seine spirituelle Seite verkümmern lässt, bleibt er ein Tier, lebt wie ein Tier und stirbt wie ein Tier, gleichgültig, wie weit er seine Persönlichkeit kultiviert hat und welche Stellung er innerhalb der gesellschaftlichen, kulturellen oder politischen Landschaft einnimmt.

Der Mensch der Allgemeinen Plattform ist immer nach außen gerichtet. Er selbst und sein Leben werden von äußeren, vorübergehenden Formen und Dingen angestoßen, bestimmt und dirigiert. Sein Handeln wird von gelernter, anerzogener Moral oder Unmoral, von Eitelkeit, Stolz, Eifersucht, Neid, Ehrgeiz, Habsucht und Gier usw., angetrieben. Lob, Anerkennung, Ehre und Schmeicheleien aller Art erfüllen ihn mit Freuden und Glücksgefühlen, während ihn Gegenteiliges schmerzt, ihn kränkt, ihn erniedrigt, ihn resignieren lässt und mit Trauer oder Wut erfüllt.

Bei genauerer Betrachtung ist hier durchaus die Ähnlichkeit mit einem Hund erkennbar, der freudig mit dem Schwanz wedelt, wenn er von seinem Herrn gelobt und belohnt wird, oder, der seinen Schwanz einzieht und auf dem Boden kriecht, wenn er getadelt wird.

Der Mensch der Allgemeinen Plattform ist der gemeine Mensch. Der Mensch der Spirituellen Plattform hingegen ist mehr nach innen, auf sein inneres Wesen, auf die Tiefe des Seins gerichtet. Sein Handeln wird eher von Verständnis und Mitgefühl bestimmt als von äußeren Umständen.

Der Einfluss der Spirituellen Plattform auf die Allgemeine Plattform, in Abb.1 als gestrichelt Linie dargestellt, ist nur sehr gering. Zwar haben große Religionsstifter über Jahrtausende immer wieder versucht der Allgemeinen Plattform spirituelles Wissen und Verstehen zu vermitteln, aber es hat immer nur einzelne, empfängliche Individuen wirklich erreicht und sie ermutigt einen „Inneren Weg“ zu gehen.

Der Großteil dieses vermittelten, spirituellen Wissens und Verstehens wird innerhalb der Allgemeinen Plattform immer wieder verwässert, zu blindem Glauben oder zu sentimentaler Wellnessesoterik umgebaut und degradiert. Im schlimmsten Fall wird es sogar so fehl- und missgedeutet, dass es als Rechtfertigung dient, schlummernde Bestialität auszuleben und andersdenkende Wesen zu vernichten. Gleichzeitig hat es aber auch den Moralkodex vieler Menschen zum Besseren gewendet und in manchen Kulturen ein friedlicheres Zusammenleben ermöglicht.

Ist die Allgemeine Plattform der Ort der „Ich“- und Persönlichkeitskultur, der vielfältigen, persönlichen Standpunkte und Meinungen, der Ort des Geborenwerdens, des Erhaltens und Sterbens, der Ort der Freude und des Leidens, kurz, der Ort der getrennten Gegensätze, so ist die Spirituelle Plattform der Ort des Ursprungs, des Wesentlichen, des wahren Seins und der Einheit.

Hier gibt es nur einen einzigen Standpunkt und einen einzigen 360 Grad Blickwinkel. Hier vereinigen sich Tag und Nacht, Freude und Leid, Geburt und Tod, usw. zu einer einzigen untrennbaren Einheit.

Dementsprechend gestaltet sich auf der Spirituellen Plattform des Verstehens auch die Rangordnung von Werten, die mehr auf das Wesentliche und Wahre ausgerichtet und der Werteordnung der Allgemeinen Plattform entgegengesetzt ist. (Abb.1). Das Verstandene kann hier nur sehr beschränkt mit Worten ausgedrückt werden, es gestaltet sich mehr visionär als intellektuell und begrifflich.

Im folgenden Kapitel sollen nun, der Mensch, sein Dasein sowie seine Möglichkeiten zu erwachen und wahres Sein zu erlangen, vom spirituellen Standpunkt aus, näher betrachtet werden.

Der Mensch

In der folgenden Darstellung des Menschen, wie er leibt und lebt, werden die anatomischen, physiologischen oder medizinischen Gegebenheiten weniger berücksichtigt als seine inneren Erlebnisräume und sein Dasein als ein Organismus, in welchem sich in ganz spezifischer Weise Bewusstsein manifestiert.

Es werden nicht nur Erkenntnisse moderner Psychologie und Gehirnforschung berücksichtigt, sondern vorrangig auch religionsübergreifende Ideen einer spirituellen Psychologie, wie sie uns zum Beispiel vom Urchristentum und von fernöstlichen Lehren des Buddhismus und des Taoismus usw. vermittelt werden.1

Das Dargestellte sollte vom interessierten Leser nicht nur gelesen, sondern durch Selbstbeobachtung und Nachdenken bis in die Tiefe studiert und verifiziert werden, denn erst wenn wir uns selbst verstehen und kennen, können wir auch unser Dasein und die Tiefe unseres Seins als kosmische Erscheinung verstehen.

Den Beschreibungen sind, zum Zweck eines nicht nur wörtlichen, sondern auch bildlichen Verständnisses, mehrere grob-schematische Abbildungen2 hinzugefügt. Wir können das Dasein des Menschen in verschiedene Schichten einteilen: (Abb.2)

Seine Umwelt

, in welche der Körper mit seinen Organsystemen eingebettet ist. Die Umgebung des Menschen ist sozusagen die Erweiterung seines Körpers, sie gehört zu ihm. Genetische, typologische und psychologische Dispositionen zählen hier ebenfalls zu seiner Umwelt, weil er als Bewusstsein in diese hineingeboren wird.

Seine Sinne

, die Tore durch die Eindrücke aus seiner Umgebung in ihn eintreten.

Sein Denken

, das die Sinneseindrücke verarbeitet, beurteilt und zuordnet.

Seine Emotionen

, die ihn zustimmend oder ablehnend auf die empfangenen Eindrücke reagieren lassen.

Sein Lebenswillen

mit den Trieben und Instinkten der Selbst- und Arterhaltung.

Sein Bewusstsein.

Es stellt das Erlebende und Erleidende in einem Menschen dar, oder seine „Seele“.

Abb. 2 Die Schichten des Menschen und die noch leeren Zentren des Denkens und Fühlens

Im Menschen können zwei Arten von Bewusstsein unterschieden werden, nämlich: geformtes Bewusstsein und ursprüngliches, ungeformtes Bewusstsein

Geformtes Bewusstsein ist gebundenes Bewusstsein. Es ist im Körper, in Trieben, in Instinkten, in Wünschen, in Gedanken, in Emotionen und in Strukturen der Persönlichkeit eingebunden und darin verstrickt. Durch diese Verstrickung hat es Form angenommen und kann von dieser kaum mehr unterschieden werden. Wann immer wir „Ich“ sagen, handelt es sich um geformtes Bewusstsein.

Ungeformtes, reines Bewusstsein hingegen steht außerhalb jeder Form, obwohl es alle Form durchdringt. Es gleicht eher einem Schwingungsfeld. Es kann nur in tiefer Meditation, in tiefster Stille erfahren werden. Es ist nicht „Ich“, es ist tiefstes, ewiges Sein. Es ist der göttliche Funke oder die Seele im Menschen, die nur dann in ihrer Ursprünglichkeit hervortreten können, wenn sie von allen Verstrickungen gelöst sind. Weil ursprüngliches Bewusstsein außerhalb jeder Form liegt, liegt es auch außerhalb der Zeit. Es ist das Dauerhafte, das Ewige im Menschen.

Der Mensch, der nur in Formen und Vorstellungen lebt, kann es nicht kennen und wird es, solange er es selbst nicht erfahren hat, auch bezweifeln - wie etwa diejenigen, die Bewusstsein lediglich als ein Epiphänomen des Körpers betrachten, oder diejenigen, die lediglich schlussfolgern, dass es existiert, weil sie einige „intelligente“ Handlungen verrichten können.

Wenn das Bewusstsein oder die Seele aber lediglich Epiphänomene des Körpers und somit sterblich wären, dann wäre mit dem Tod des Körpers auch alles tot und alles gelöst.

Warum aber leiden wir dann? Warum können wir dann Freude empfinden? Warum schaffen wir dann Werte? Warum gibt es dann überhaupt so etwas wie Leben, wenn ursprünglich alles tot ist? Warum stellen wir dann überhaupt Fragen? Warum tauchen dann Bewusstsein und Lebenswillen immer wieder in neuen Organismen auf, wenn sich das Ganze nicht auf einem ewigen Hintergrund abspielt?

Ungeformtes, reines Bewusstsein kann immer nur vom einzelnen Menschen allein, in seinem tiefsten Inneren erfahren und deshalb auch nicht bewiesen werden, wie beispielsweise eine wissenschaftliche Erkenntnis.

Im Evangelium nach Thomas3 finden wir hierzu eine interessante Passage: „Jesus spricht“: „Ich werde euch das geben, was kein Auge gesehen und was kein Ohr gehört hat und was keine Hand berührt hat und was nicht in den menschlichen Sinn gekommen ist.“ (Logion 17 p. 36,5-9)

Wenn wir ursprüngliches, reines Bewusstsein erfahren wollen, müssen wir es suchen. Und wenn wir es suchen, müssen wir vorerst auf diejenigen vertrauen, die es erfahren haben und uns von dessen Existenz berichten. Sonst haben wir kaum eine Chance, es jemals selbst zu erfahren. Ungeformtes, reines Bewusstsein liegt nämlich außerhalb des intellektuellen Verstehens und auch außerhalb des Eigenwillens eines Menschen. Wir können es nur erfahren, wenn wir sowohl die Grenzen unseres Intellekts, als auch die unserer emotionalen Gegebenheiten überschreiten und bis zu unserem tiefsten Wesensgrund vordringen.

Ebenso wie das ursprüngliche, reine Bewusstsein liegt auch der Lebenswillen außerhalb des intellektuellen Verstehens und des Eigenwillens eines Menschen. Der Eigenwille des Menschen entsteht nämlich erst mit der Bildung der Persönlichkeit oder eines „Ich“-Bewusstseins, während der Lebenswille und das ungeformte Bewusstsein schon von vornherein gegeben sind.

Der Lebenswille ist der Drang zu Sein. Das ungeformte Bewusstsein ist die organisierende Kraft, die alles Sein durchdringt, umgibt und zusammenhält.

Der Eigenwille eines Menschen hat also weder Einfluss auf die Umgebung, in die er hineingeboren wird, noch auf den Lebenswillen, und auch nicht auf das Quantum an ungeformtem Bewusstsein, das ein Mensch bei seiner Entstehung mitbringt.

Von diesem Gesichtspunkt aus wird der Mensch, und mit ihm ein gewisses Quantum an ungeformtem Bewusstsein, sozusagen ungefragt ins „Leben“ hineingeworfen und mit seinem Tod, ebenfalls ungefragt, auch wieder aus dem „Leben“ herausgerissen. Das heißt auch, dass er von der Empfängnis bis zu seinem Tod verschiedenen Einflüssen ausgesetzt ist, denen er sich weder entziehen, noch willentlich Einfluss darauf nehmen kann – und zwar gleichgültig wie viel „Selbstbestimmung“ oder „freien Willen“ er sich während seines „Lebens“ in seiner subjektiven Welt einbildet. Sein Leben gehört ihm also gar nicht, sondern er gehört dem Leben!

Wir können uns hier folgende Fragen stellen: Was ist der Sinn und Zweck des Ganzen? Warum ist der Mensch „Mensch“ geworden? Warum nimmt das ursprüngliche, formlose Bewusstsein die Form eines Menschen an?Fragen, auf die der Leser in späteren Kapiteln möglicherweise eine Antwort finden wird.

1 Siehe Literaturverzeichnis

2 Alle Abbildungen in diesem Buch sind vom Verfasser frei erfunden. Eventuelle Ähnlichkeiten mit anderen Abbildungen oder Grafiken sind rein zufällig.

3 Schröter, Jens/Bethge, Hans-Gebhard: Das Evangelium nach Thomas (NHCII,2)

Die Bildung der Persönlichkeit und die Folgen

Der menschliche Organismus ist mit einem gewissen Maß an ungeformtem Bewusstsein zwischen dem Drang zu sein, nämlich dem Lebenswillen, und den von außen kommenden Einflüssen aus seiner Umgebung eingebettet. Durch das Aufeinandertreffen dieser inneren und äußeren Kräfte, denen das ungeformte Bewusstsein nun ausgesetzt ist, beginnt sich im menschlichen Organismus etwas zu bilden, das wir „Persönlichkeit“, „Identität“ oder „Ich“ nennen.

Interaktion zwischen Umgebungseinflüssen und Lebenswillen Abb. 3

Durch die Interaktionen zwischen den nach innen fließenden Umgebungseinflüssen und dem nach außen fließenden Lebenswillen bilden sich in den vorerst leeren Zentren des Denkens und Fühlens einzelne Muster, die sich untereinander verbinden. Diese Verbindungen entsprechen den neuronalen Netzen in unserem Gehirn. (Siehe Abb. 4)

Die Bildung der Muster des Denkens und Fühlens geschieht anfänglich vollkommen mechanisch und autonom ohne unser persönliches Zutun. Diese mechanisch gebildeten Muster bestimmen unser Denken, unser Fühlen, unser Erleben, unsere Reaktionen auf bestimmte Dinge, unsere Meinungen und unser Rollenverhalten, welche allesamt ebenfalls mechanisch ablaufen – auch wenn wir das anders empfinden mögen und diese Dinge als absichtliche Handlungen bezeichnen. Auch bei späteren, absichtlichen, mit Anstrengungen verbundenen Lernprozessen bilden sich ebenfalls bestimmte Muster, die aber letztendlich durch ständiges Wiederholen ebenfalls mechanisiert werden.

In ihrer Gesamtheit machen diese gebildeten Muster und Rollen die Persönlichkeit oder die sogenannte „Identität“ eines Menschen aus. Das ursprünglich ungeformte Bewusstsein hat so Form angenommen.

Jedes einzelne Muster, jede Reaktionsweise oder Rolle kann in sich mehr oder weniger eingebundene Bewusstseinsanteile enthalten, wodurch es zu einer Identifikation des ursprünglich ungeformten Bewusstseins mit den entsprechenden Mustern, Rollen und Anschauungen der Persönlichkeit kommt.

Diese Identifikationen des ursprünglich leeren und ungeformten Bewusstseins können vom spirituellen Standpunkt aus gesehen als „Sündenfall“ oder auch als „Verstrickung“ bezeichnet werden, weil das ursprüngliche, göttliche Bewusstsein durch diesen Vorgang von seiner wahren Natur „herunterfällt“ und in den Mustern und Rollen der Persönlichkeit gebunden und „verstrickt“ wird.

Abb. 4 Durch Interaktion gebildete Muster in den Zentren des Denkens und Fühlens. Die kleinen Quadrate in den Mustern stellen die gebundenen Bewusstseinsanteile der einzelnen Muster dar.

Ist erst mal die Identifikation mit einem Muster oder einer Rolle vollzogen, nennt der Mensch dieses Muster oder diese Rolle „Ich“. Dann beginnt er zu wähnen, wer oder was er ist: „Ich bin Frau/Herr soundso“, „gut“, „schlecht“, „schön“, „hässlich“, „dieses oder jenes“, usw.

Auf diese Weise entsteht ein Wahn vom „Ich“, der gar nicht als solcher erkannt wird und den Menschen oft bis zu seinem Tod begleitet.

Und weil durch unterschiedliche Umgebungseinflüsse auch unterschiedliche Gefühlsmuster, Denkmuster oder Rollen angestoßen und aktiviert werden, nennt der Mensch den jeweils im Vordergrund stehenden aktiven Reaktionsmechanismus „Ich“. Die passiv gewordenen und in den Hintergrund getretenen Reaktionsmechanismen verliert er aus seinem Gesichtsfeld. Auf diese Weise entsteht seine subjektive Welt, die durch eine beschränkte Wahrnehmung der Wirklichkeit gekennzeichnet ist.

Aufgrund dieses Vorgangs kann ein Mensch im Laufe eines Tages mehrmals seine Rollen wechseln, wie ein Chamäleon seine Farben wechselt, ohne dass er dies bemerkt. Vielleicht bezeichnet er diesen Wechsel als Änderung seiner „Stimmung” oder seines „Gemütszustandes” usw.

Aber dass sein „Ich“ sich gewandelt hat, bemerkt er nicht. Er glaubt weiterhin sein sogenanntes „Ich” sei eine beständige Einheit.4

Auf diese Weise wird der Mensch, ohne es zu bemerken, Sklave seiner vom Leben und seiner Erziehung gebildeten mechanischen Reaktionsmuster und Rollen.

Das Eingeständnis der Tatsache, dass wir Sklaven unserer mechanisierten Muster, Rollen und Anschauungen sind, und deren Widerspiegelung im leeren, inhaltlosen Bewusstsein, könnte uns ein Stück freier machen. Denn die Widerspiegelung oder die Betrachtung eines gerade aktiven Musters oder einer aktiven Rolle kann nur aus einer gewissen Distanz erfolgen – also im Bewusstsein, das außerhalb dieses Musters oder dieser Rolle steht.

Solange wir aber glauben, dass unsere mechanischen Reaktions- und Verhaltensweisen absichtlich und von uns selbst gewollt seien, oder wir sie rechtfertigen, solange können wir sie weder betrachten, noch uns von ihnen distanzieren. Dann bleiben wir ihnen verhaftet.

Durch die innere Anstrengung, ein Persönlichkeitsmuster oder eine Rolle im leeren Bewusstsein widerzuspiegeln, wird der Schwerpunkt eines Menschen vorübergehend aus dem in der Persönlichkeit liegenden Reaktionsmuster herausgezogen und in das leere Bewusstsein verlagert, wodurch die Identifikation, das heißt, die Verschmelzung des Bewusstseins mit dem gegebenen Muster vorübergehend unterbrochen wird. Und solange ein Mensch diesen Zustand der Nicht-Identifikation aufrechterhalten kann, solange ist er frei. Er kann dann entscheiden, ob er einem bestimmten Denkmuster oder einer Emotion folgen will oder nicht. Anderenfalls bleibt er ein Sklave physiologischer und psychologischer Mechanismen, eben ein biologischer Automat.

In spiritueller Hinsicht bedeutet Freiheit nämlich nicht, tun und lassen zu können, was immer man „will“, sondern, dass das Bewusstsein frei von Identifikationen mit jedweder Form, Muster oder Rolle ist.

Zugegebenermaßen ist ein Zustand der Freiheit des Bewusstseins für einen Menschen nur dann möglich, wenn er sich sehr lange oder gar ein Leben lang in der Kunst der Kontemplation und der Meditation (= stilles Verweilen im ursprünglichen, formlosen Bewusstsein) geübt hat. Siehe Abb. 4.

Zu diesem Zweck müssen wir uns nach innen wenden, weg von der Persönlichkeit und hin zum leeren, ungeformten Bewusstsein, wo wir unsere wahre Natur und innere Freiheit finden können.

Jede einzelne Rolle innerhalb der Persönlichkeit besteht aus mehreren kleineren Rollen, Denkmustern und emotionalen Mustern, welche durch Eindrücke aus der Umgebung in Gang gesetzt werden können. (Abb.5)

Die Aktivierung und Ingangsetzung eines kleinen Denkoder Emotionsmusters können durch minimalste Sinneseindrücke ausgelöst werden und durch eine Art Kettenreaktion eine größere Rolle auf den Plan rufen.

So kann zum Beispiel ein einziges Wort, ein Geruch, ein Geräusch, ein Blick usw. genügen, um eine ganze Kaskade ineinandergreifender Muster des Denkens und Fühlens auszulösen, in der sich das Bewusstsein dann verliert und die Rolle oder das Reaktionsmuster autonom zu agieren beginnt.

Abb. 5 Einzelne durch Umwelteinflüsse angetriebene Rolle mit eingebundenem Bewusstseinsanteil

Dieser Vorgang entzieht sich meist unserer Wahrnehmung, weshalb wir das Befangen Sein in einem Muster oder in einer Rolle gar nicht als Einschränkung unseres Bewusstseins und unserer Freiheit erkennen können.

Vielmehr sind wir davon überzeugt, dass wir alles im Blick und unter Kontrolle hätten, und, dass die aus einem oder mehreren Mustern mechanisch resultierenden Handlungen unsere eigenen, gewollten Entscheidungen seien.

Bestimmte Reaktionsmuster kristallisieren sich im Laufe des Lebens als unsere Hauptrollen heraus und stellen unsere typischen Persönlichkeitsmerkmale dar.

Wenn diese Hauptrollen auch noch mit Mustern wie Eitelkeit, Stolz, überhöhte Selbstwertschätzung oder ähnlichem behaftet sind, gibt es für das mit diesen Rollen identifizierte Bewusstsein kaum ein Entrinnen mehr. Es sitzt dann in einem ausgeschmückten, goldenen Käfig, den es „Ich“ nennt, fest, mit der Folge, dass es durch diesen Käfig die Wirklichkeit nur noch eingeschränkt, verzerrt und entstellt wahrnimmt. In diesem Käfig bleibt es meist lebenslang eingesperrt.

In spiritueller Hinsicht ist dies ein Zustand der „Verblendung“, wodurch der Mensch daran gehindert wird, seine Sterblichkeit und seine wirkliche, oft schreckliche Situation zu erkennen.

Er sieht dann zwar, dass andere Menschen sterben, aber die Unumgänglichkeit seines eigenen Todes erscheint ihm, wenn überhaupt, allerhöchstens als vager, flüchtiger Gedanke am äußersten Rand seines Intellekts, was ihn auch nicht sonderlich stört oder berührt.

Er lebt dann wie gewohnt im Halbschlaf, mit einem eingeschränkten Gesichtsfeld und in einer Art unbemerktem seelischen Dünkel sein Leben weiter, als ob er unsterblich wäre. Um diesem inneren Seelendünkel entfliehen zu können, raten uns die Urväter des Christentums, uns immer wieder unserer Sterblichkeit und unseres bevorstehenden Todes zu erinnern.

Die einzelnen Reaktionsmuster und Rollen der Persönlichkeit werden durch die eingebundenen Bewusstseinsanteile beseelt und machen beschränkt „intelligentes“ und „autonomes“ Handeln im Sinne von Eigeninteressen möglich.

Das in den Mustern oder Rollen eingebundene Bewusstsein ist immer auf die Eigeninteressen der entsprechenden Rolle beschränkt und niemals umfassend, weshalb es innerhalb der Persönlichkeitskultur unserer Gesellschaft so viele verschiedene, oft gegensätzliche Interessengemeinschaften gibt, die sich gegenseitig bekämpfen und manchmal sogar auch vernichten.

Zusammenfassend können wir sagen, dass die Folgen der Bildung der Persönlichkeit im Wesentlichen aus einer Eintrübung des ursprünglichen Bewusstseins, einer eingeschränkten, verzerrten Wahrnehmung der Wirklichkeit und der Bildung eines illusionären „Ichs“ bestehen.

Diese Folgen bilden die Grundlagen für eine Persönlichkeitskultur in einer illusionären Welt.

4 Siehe auch: Ouspensky, Peter D.: Psychologie der möglichen Evolution des Menschen.

Persönlichkeit und Persönlichkeitskultur

Alle im Leben erworbenen Reaktionsmuster, Rollen und Fähigkeiten machen die Persönlichkeit eines Menschen aus.

Die Persönlichkeit ist ein notwendiger Anpassungsmechanismus an die Umgebung und ist zwischen Umgebungseinflüssen und ungeformtem Bewusstsein geschaltet.

Durch die in der Persönlichkeit verankerten Reaktionsmuster und Rollen tritt sie in Interaktion mit ihrer Umgebung. Und je mehr Muster, Rollen und Fähigkeiten sie durch Lernprozesse im Laufe des Lebens erworben hat, umso vielseitiger und anpassungsfähiger ist sie.

Im Normalfall sind verschiedene, gegensätzliche Muster und Rollen miteinander verbunden und üben einen gegenseitig hemmenden und ausgleichenden Einfluss aufeinander aus, sodass beispielsweise moralische Instanzen unmoralische Tendenzen hemmen können und ein relativ harmonisches Leben in einem sozialen Umfeld möglich wird. Ist die Verbindung zwischen gegensätzlichen Mustern aber gestört oder gar kein gegensätzliches Muster vorhanden, kann ein gerade aktives Muster hemmungslos agieren und den gesamten Anpassungsapparat Persönlichkeit aus dem Gleichgewicht bringen.

Ein solches Ungleichgewicht zwischen gegensätzlichen Mustern reicht, je nach den betroffenen Mustern, von fast unauffälligen Verhaltensanomalitäten bis hin zu Schwerstverbrechen.

Eine andere Ursache eines oft unbemerkten Ungleichgewichts in der Persönlichkeit sind unsere Hauptrollen und Hauptmuster, welche sich, durch ständige Identifikation des Bewusstseins mit ihnen, untereinander verbinden und zu einer Art Scheinidentität unserer Selbst werden. Diese Scheinidentität, die wir „Ich“ nennen, beschränkt unser Bewusstsein und lässt uns glauben, zu wissen wer oder was wir sind.

Die Scheinidentität beinhaltet meist genügend moralische Instanzen, um ein vorwiegend reibungsloses Leben in unserem sozialen Umfeld zu gewährleisten.

Und weil unser soziales Umfeld ebenfalls von Persönlichkeits-Scheinidentitäten besiedelt ist, erfahren wir hier jegliche Unterstützung, um unser wenn auch falsches, geliebtes und fürsorglich gehegtes Selbstbild aufrechtzuerhalten. Dennoch auftretende Unpässlichkeiten lernen wir zu rechtfertigen, sie auszublenden oder anderen dafür die Schuld zuzuweisen.