Demenz - Der Untergang der Persönlichkeit - Veerendra H. Bühner - E-Book

Demenz - Der Untergang der Persönlichkeit E-Book

Veerendra H. Bühner

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Beschreibung

Das vorliegende Buch ist das Ergebnis einer vierzigjährigen Arbeit des Verfassers mit Demenzkranken, sterbenden alten Menschen in einem Altenheim und ebenso langer Erfahrung mit Meditation und der praktischen Anwendung verschiedener spiritueller Lehren. Während wir in unserer medizinisch "wohlbehüteten", überalterten Gesellschaft immer älter werden, kommen auch die Schattenseiten dieses immer Älterwerdens und des medizinischen Fortschritts mehr und mehr ans Tageslicht. Die Zahl der Demenzkranken nimmt stetig zu. Immer mehr Menschen müssen, wenn auch medizinisch und pflegerisch "gut" versorgt, im Siechtum enden und oft in geistiger Umnachtung einen menschenunwürdigen, grausamen Tod sterben. In einer Zeit des medizinischen Fortschritts und einer einseitigen, todesverneinenden Persönlichkeitskultur ist ein menschenwürdiges Altern und Sterben nicht mehr selbstverständlich. Es setzt nämlich ein grundlegendes, verifizierbares Wissen über die inneren Erlebnisräume des Menschen, über sein Dasein und über seinen Sterbeprozess voraus. In diesem Buch werden die psychologischen und spirituellen Voraussetzungen dafür ausführlich dargestellt. Es richtet sich an diejenigen, die für sich selbst ein natürliches, menschenwürdiges Altern und Sterben wünschen, aber auch an Ärzte und diejenigen, die demente, alte und sterbende Menschen in ihren letzten Lebensabschnitten begleiten, betreuen oder pflegen wollen

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Über den Autor:

Nach jahrzehntelangem Studium von unterschiedlichen spirituellen Lehren und ebenso langer Meditationsarbeit ist der Verfasser bis in die überpersönlichen und todlosen Bereiche des Bewusstseins vorgedrungen. Von diesen überpersönlichen Gefilden aus betrachtet und beschreibt er das Drama des Daseins, der Existenz und das des Lebens des Menschen im Besonderen.

Eine vierzigjährige Arbeit mit Demenzkranken und sterbenden Menschen sowie deren Betreuung und Pflege offenbarten ihm einen Blick in die oft hinter einer schönen Fassade verborgenen Dramen und Abgründe menschlichen Daseins.

Die Bücher des Autors gestatten eine unparteiliche und objektive Draufsicht auf die wesentlichen Dinge des Lebens. Sie propagieren die spirituelle Freiheit des Menschen und zeigen Wege auf, diese auch zu erlangen.

Inhalt

Einleitung

Über moderne Zwangsmaßnahmen ein natürliches Altern und Sterben zu verhindern

Die Grundlagen und die Hinterfragung des Unhinterfragten

Plattformen des Verstehens

Über den Menschen

Die Bildung der Persönlichkeit und die Folgen

Die Persönlichkeit und die Persönlichkeitskultur

Die Filterung von Eindrücken und die drei Welten

Die Welt des „Wachbewusstseins“

Die halbbewusste Zwischenwelt

Die Welt des Unbekannten und Unfassbaren

Dissoziation, Demenz und der Untergang der Persönlichkeit

Von der „Unantastbarkeit“? der Menschenwürde

Was ist Leben?

Der natürliche Lebenskreislauf des Menschen

Über die Lebensqualität

Über bedürfnisgerechte Ernährung

Die Aufrechterhaltung des Leidens

Grundlagen für eine ethische Palliativpflege

Pflege, Medikation und Ernährung in der Endphase des Sterbens

Spezielle pflegerische Maßnahmen:

Ausblicke

Literaturverzeichnis

Einleitung

Vorweg sei gesagt, dass dieses Buch keine Unterhaltungslektüre ist, über die man schnell mal hinweglesen kann, um deren Gehalt zu verstehen. Vielmehr ist es ein Buch zum Innehalten und zum Nachdenken. Es ist ein Buch des Anstoßes, ein Buch voller Denk- und Gefühlsanstöße, denen man nachgehen sollte, wenn man dessen Gehalt begreifen will. Denn schließlich werden Tabuthemen unserer persönlichkeitsorientierten, todesverneinenden Gesellschaft angesprochen und der Leser soll mit dem Thema Tod auch mit seinem eigenen konfrontiert werden.

Weil der Mensch unserer schnelllebigen Zeit auch schnell mal über einige wichtige Passagen in diesem Buch hinweglesen kann, ohne deren Gehalt wirklich aufzunehmen, wurde der Text nach dem Prinzip Steter Tropfen höhlt den Stein so gestaltet, dass es öfters zu sinngemäßen Wiederholungen von wichtigen Aussagen im Textverlauf kommt. Dies entspricht vielleicht nicht gerade den Gepflogenheiten und der Form moderner Schriftstellerei, kann aber seinen Zweck, den Leser aufzurütteln, durchaus erfüllen. Schließlich handelt es sich ja bei der Person des Verfassers nicht um einen gelehrten Schriftsteller oder Marketingexperten, sondern eher um einen Familienvater, erfahrenen Altenpfleger und Praktiker der Meditation und der Innenschau.

Um den größtmöglichen Nutzen aus diesem Buch zu ziehen, sollte der Leser nicht von vornherein gleich jeder Aussage zustimmen oder sie ablehnen. Viel- mehr sollte er so oft wie möglich erst einmal innehalten, damit das Gelesene in ihn eindringen kann, und dann sollte er nachdenken, nachfühlen und reflektieren, um sich ein möglichst objektives Urteil bilden zu können.

Dennoch wird manches, in seinem Gesamtzusammenhang, erst dann verstehbar werden, nachdem das Buch vollständig, eventuell auch mehrmals gelesen wurde.

Besonders durch mehrmaliges Lesen und Nachsinnen können sich immer wieder neue Perspektiven und neue Zusammenhänge für den Leser auftun.

Denn obwohl dieses Buch in seinem Umfang relativ klein gehalten ist, enthält es doch ein umfangreiches und dicht gepacktes Wissen, welches vom Leser erst entpackt werden will.

Erst so kann er eine Möglichkeit für sich schaffen, dass das Gelesene in seiner Gesamtheit eine bleiben- de, richtungsweisende Spur in ihm hinterlässt, welche seine Haltung dem Leben, dem Sterben und dem Tod gegenüber verändert und auf die er während seines Alterns und Sterbens zurückgreifen kann.

Der Anlass, ein solches Buch über natürliches, würdevolles Altern und Sterben zu schreiben, ergab sich aus einer mehr als fünfunddreißigjährigen Arbeit mit sterbenden und dementen alten Menschen in einer geschlossenen Abteilung eines Altenheimes und durch das dortige Aufeinandertreffen zweier grundverschiedener Betreuungssysteme während einer Prüfung des medizinischen Dienstes der Krankenkassen.

Bei dem einen Betreuungssystem stand die Empathie mit dem Menschen und seiner besonderen Lebenslage im Vordergrund.

Bei dem anderen Betreuungssystem handelte es sich um ein eher starres und standardisiertes System zur Überwachung der zu betreuenden Menschen. (Siehe auch nachfolgende Stellungnahme des Verfassers zu einer Prüfung durch den MDK.)

Während einer solchen Prüfung stellte sich nämlich nach und nach heraus, dass es sich um eine Maßnahme handelte, die, wenn auch wohlmeinend, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, ein natürliches Altern und Sterben alter Menschen zu verhindern suchte.

Diese Tatsache legte offen, wie weit sich unsere moderne, todesverneinende Gesellschaft durch ihre Persönlichkeitskultur von der Wirklichkeit des Daseins, vom natürlichen Lebensfluss und den Selbstregulierungsmechanismen des Lebens entfernt hat.

Folglich richtet sich dieses letztendlich vom Leben geschriebene Buch an diejenigen, welche für sich selbst ein natürliches, menschenwürdiges Altern und Sterben wünschen, aber auch an Ärzte und diejenigen, die alte und sterbende Menschen in ihrer letzten Lebensphase begleiten, betreuen oder pflegen wollen.

Eventuell harsch anmutende Kritik an bestimmten Kontroll-, Prüfungs- und Qualitätssicherungs- Institutionen für Altenheime soll keine Diffamierung derselben darstellen, sondern lediglich verdeutlichen, wie weit sich der Mensch innerhalb unserer Persönlichkeitskultur von seiner eigenen Natur, von den natürlichen Gegebenheiten des Daseins und insbesondere von der Tatsache der Unvermeidbarkeit des Sterbens entfernt hat.

Über moderne Zwangsmaßnahmen ein natürliches Altern und Sterben zu verhindern

Stellungnahme des Verfassers zu einer Prüfung durch den MDK:

„Empathie oder Überwachung? Das Aufeinandertreffen zweier Systeme:

Über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren haben wir rüstige, gebrechliche, demente und sterbende alte Menschen betreut, gepflegt und sie in ihren letzten Stunden begleitet. Während dieser Zeit haben wir unsere eigenen Erfahrungen und Erkenntnisse gesammelt. Wir haben über das Leben, über menschliche Freuden, menschliche Leiden und den Tod nachgedacht. Wir haben mitgefühlt und unser Handeln hinterfragt, um das größtmögliche Wohlergehen für die von uns betreuten Menschen sicherzustellen.

Wir haben gelernt, lebensnah zu betreuen und zu pflegen, haben neueste pflegerische, medizinische und palliativmedizinische Erkenntnisse in unser Handeln mit einbezogen und eigenständig verschiedene Konzepte für unser Handeln erarbeitet. Wir haben im Laufe der Zeit ein lebens- und todesbejahendes Pflege- und Betreuungssystem entwickelt, dessen Schwerpunkt auf die gegenwärtigen, aktuellen und unmittelbaren Bedürfnisse eines lebenden oder sterbenden alten Menschen ausgerichtet ist.

Auf diese Weise ist ein emphatisches, flexibles und lebendiges Betreuungs- und Pflegesystem entstanden, welches sich spontan dem sich wandelnden Lebensfluss eines Menschen anpasst. Es ist ein lebensnahes Mitgehen mit dem natürlichen Fluss und Wandel der Dinge als auch ein Eingehen auf die Bedürfnisse alter und sterbender Menschen.

Dieses empathische Betreuungs- und Pflegesystem hat sich bisher sehr gut bewährt, was sich in der Unversehrtheit und der Zufriedenheit der uns anvertrauten Menschen sowie in der Zufriedenheit von Angehörigen widerspiegelt.

Dieses Betreuungssystem ist nicht aus Missständen oder Profitgier entstanden, sondern allein aus Selbstverantwortung und Verständnis für die Situation des alten, sterbenden Menschen.

Nun steht diesem emphatischen Betreuungs- und Pflegesystem ein vollkommen anderes gegenüber, nämlich ein standardisiertes, an Schreibtischen entwickeltes Überwachungssystem, welches aus Missständen entstanden ist – seien sie durch Mangel an Personal, Profitgier oder vielleicht sogar durch Verantwortungslosigkeit bedingt.

Wir aber hatten bisher und glücklicherweise noch niemals Missstände irgendwelcher Art. Personal war immer genügend vorhanden. Profitgier war kein Thema, da wir eine kostendeckende Einrichtung sind. Unserer Verantwortung dem alten Menschen gegenüber waren wir uns immer bewusst.

Das überwachende Betreuungssystem findet in den regelmäßig durchgeführten Überprüfungen der Altenheime durch den MDK und durch die sogenannten Expertenstandards zur Pflege und Betreuung alter Menschen seinen Ausdruck.

Die lebensfernen, offensichtlich von Schreibtischexperten entwickelten Expertenstandards überschatten nun die Altenpflege wie ein Massenwahn und „müssen unbedingt“ eingeführt werden, ohne zu hinterfragen, ob sie überhaupt gebraucht werden, ob sie lebenskonform sind oder ob sie überhaupt einen Sinn machen.

Der Schwerpunkt dieses überwachenden Pflege- und Betreuungssystems liegt mehr im geschriebenen Wort und in verschiedenen Kontroll- und Überwachungswerkzeugen, als in den zu betreuenden Menschen.

Es wird beobachtet, geschrieben, gemessen, geschrieben, erhoben, geschrieben, eingeschätzt, geschrieben, skaliert, geschrieben, usw.

Punktwerte sollen nun entscheiden, ob bestimmte Risiken für den pflegebedürftigen Menschen bestehen oder nicht, und alles muss peinlichst genau dokumentiert werden. Das Ergebnis all dieser Erhebungen soll dann das Handeln der Pflegenden bestimmen. Handlungen, welche nicht den Leitlinien dieser Erhebungen entsprechen, müssen auf das Genaueste begründet und schriftlich dokumentiert werden, usw.

Allein dies zeigt schon, wie weit sich ein solches Überwachungssystem vom tatsächlichen Menschen und dessen wirklichem Leben entfernt hat. Es schreibt nämlich dem Leben hinterher, während es ihm davonläuft.

Weil dieses System mit seinen Überwachungswerkzeugen und Maßnahmen immer nur erhalten will, gleichgültig, ob dieses Erhalten wollen mit den natürlichen Gegebenheiten des Lebens vereinbar ist oder nicht, führt es letztendlich zu einer Ablehnung natürlicher Degenerationsprozesse sowie des Sterbens und des Todes.

Es ist somit nicht mehr lebens- und daseinskonform, weshalb es sich früher oder später als illusorisches Pflege- und Betreuungssystem entpuppen wird. Denn Degeneration, Sterben und Tod sind selbst untrennbare Teile des Lebens.

Aber das Schlimmste an diesem Überwachungssystem ist, dass es mehr und mehr zu einem ausgeklügelten System zur Verlängerung menschlicher Leiden wird, welches sich hinter dem Deckmantel der Qualitätssicherung verbirgt, sodass die Urheber dieses Systems gar nicht bemerken, was sie einem Menschen damit antun können.

Ein Beispiel:

Angenommen, wir haben einen an Demenz erkrankten Menschen vor uns, dessen Leben nur noch aus mechanischen Perseverationen besteht und dessen Lebensqualität aufgrund verlorener, unwiederbringlicher Integrität und einiger körperlicher Gebrechen stark eingeschränkt oder gar nicht mehr vorhanden ist. Für einen solchen Menschen ist es ganz natürlich, wenn sein Appetit nachlässt und er gleichzeitig durch nachlassende Organfunktionen an Körpergewicht verliert.

An dieser Stelle kommt nun einer der so genannten „Expertenstandards“ zum Tragen, der unbedingt den Appetit und das Gewicht eines Menschen erhalten will.

Und weil ein solcher Standard eben nur die Messwerte einer Waage und nicht die Gesamtsituation eines Menschen berücksichtigt, wird ein solcher Mensch jetzt mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, Kniffen und Tricks, mit hochkalorischer Kost, Appetitanreger und Zwischenmahlzeiten, usw. „ernährt“, ohne dass darüber nachgedacht wird, was man ernährt und aufrechterhält.

Denn dadurch, dass man den natürlichen Lauf der Dinge hintergeht und abzuändern versucht, verschlimmert und verlängert man nur die ohnehin schon desolate Situation eines solchen Menschen.

Jeder dieser Expertenstandards ist eben nur auf einen kleinen Teil eines Menschen beschränkt. Und wenn wir einen Teil aufrechterhalten, während viele andere Teile schon unwiederbringlich degeneriert oder nicht mehr aufrechtzuerhalten sind, dann schaffen wir für den einzelnen Menschen ein Horrorszenario, welchem er sich nicht mehr entziehen kann. Wir berauben ihn seiner Natur und, schlimmer noch, auch seiner Würde. Groteskerweise wird dies dann „Qualitätssicherung“ genannt.

Wie lange wird es wohl noch dauern, bis diese Einsicht auch den sogenannten „Experten“ und den Mitarbeitern des medizinischen Dienstes der Krankenkassen dämmert? (… Hoffnungslosigkeit! ...)

In unserem emphatischen Pflege- und Betreuungssystem brauchen wir solche Dinge nicht. Denn wir arbeiten direkt am Menschen und damit direkt am Leben.

Wir beobachten und können unmittelbar handeln. In diesem System sind wir, die Pflegenden, die Experten. Die schon zwanghaft gewordene Einführung des überwachenden Pflege- und Betreuungssystems in den Einrichtungen beginnt mit regelmäßigen und unangemeldeten Kontrollen durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen, nämlich, mit den sogenannten MDK-Prüfungen.

So standen eines Tages drei überzeugte Repräsentantinnen dieses überwachenden Pflege- und Betreuungssystems vor unserer Tür, um eine Prüfung durchzuführen:

Im Laufe des Tages zeigten sie in ihrem Auftreten und Verhalten mehr und mehr ein Benehmen, das an Polizeibeamte erinnerte, die versuchten, einen „Verdächtigen“ zu überführen. All unsere Bemühungen, ihnen unser lebensnahes emphatisches Pflege- und Betreuungssystem zu erklären, waren sinn- und ergebnislos. Wir waren „Verdächtige“ und „Unwissende“, denen gesagt werden musste, wie man „richtig“ pflegt und dokumentiert und auf „was“ man besonders achten „muss“.

(… Enttäuschung! ...).

Da taucht die Frage auf: Können, wollen oder dürfen sie es nicht verstehen?

Die Prüferinnen des Vorjahres zeigten jedenfalls mehr Verständnis für unsere Arbeit. Wir erhielten eine Gesamtnote von 1,2 und ein paar unbedeutende Verbesserungsvorschläge für unsere Dokumentation. Diese zwar sinnlosen Vorgaben wurden, obwohl sie am Ergebnis unserer Pflege nichts änderten, umgehend von uns umgesetzt.

Seltsamerweise bewerteten die jetzigen Prüferinnen unsere, nach MDK-Vorgaben jetzt schon „verbesserte“ Dokumentation viel schlechter als die Prüferinnen des Vorjahres.

Dies lässt nur folgenden Schluss zu:

Das Ergebnis einer MDK-Prüfung ist nicht von den objektiven Gegebenheiten, sondern zum Großteil vom subjektiven Verständnis und der subjektiven Willkür der prüfenden Personen abhängig!

Zu guter Letzt sollen noch einige fragwürdige und, realistisch gesehen, irrsinnige MDK Forderungen angeführt werden:

(… Demotivation …)

Unsere Dekubitusprophylaxe „sollte“ verbessert werden, obwohl von allen 120 Bewohnern unseres Hauses nicht ein einziger einen Dekubitus aufwies.

Wir „sollten“ z. B. nicht mehr nur unserer Erfahrung und unseren Augen trauen, wenn wir den Hautzustand eines zu Pflegenden beurteilen, sondern in unserer Dokumentation „müsste“ stehen: dass wir täglich einen Haut- oder einen Fingerdrucktest durchführen. Und die Durchführung dieses Tests „müsste“ täglich von dem entsprechenden Pflegedienstmitarbeiter dokumentiert und abgezeichnet werden.

Als ob dies etwas daran ändern würde, dass, aufgrund unserer guten Pflege, sowieso kein einziger unserer Bewohner einen Dekubitus aufwies?

Es sollte nun auch nicht mehr ausreichen, wenn in der Dokumentation steht, dass ein Bewohner regelmäßig, z. B. wöchentlich, Besuch von einem oder einer Angehörigen erhält, sondern es „sollte“ aufgeschrieben werden, welcher/welche Angehörige an welchem Tag wie lange kommt und was er/sie, wie lange, mit dem Bewohner macht: ob der Angehörige mit ihm singt, ob er ihn streichelt, ob er mit ihm spazieren geht, ihn einreibt oder sich einfach mit ihm unterhält. Und am besten noch über „was“ man sich unterhält - wegen der sogenannten Biographiearbeit usw.

Als ob dies die Lebensqualität eines Bewohners verbessern würde? Und wo bleibt da der Schutz der Privatsphäre? Es ist und bleibt eben ein Überwachungssystem!

Obwohl wir ständig dafür Sorge tragen, dass unsere dementen Bewohner immer und zu jeder Zeit ihrem Bedürfnis entsprechend genügend zu trinken bekommen, sollte nun für diese ein Trinkprotokoll angefertigt werden, aus welchem ersichtlich ist, „was“, „wann“ und „wie viel“ getrunken wurde, um dann zu versuchen dem Bewohner täglich eine angestrebte Menge Flüssigkeit einzuflößen.

Als ob dies das individuelle Trinkverhalten eines Bewohners zum Besseren wenden würde? Wenn heute jemand 1,5 l. trinkt und morgen zwei und übermorgen nur einen, dann ist das sein individuelles Trinkbedürfnis. Warum sollten wir das ändern?

Alle dementen Bewohner „sollten“, wegen eines erhöhten Grundumsatzes, Zwischenmahlzeiten und hochkalorische Kost erhalten.

Als ob dies zu einer Verbesserung des Gesamtbefindens beitragen würde?

Vielmehr sollte hier die Frage gestellt werden, ob eine mehr als die gewohnte Nahrungszufuhr nicht die ohnehin schon nachlassenden Organfunktionen eines alten Menschen übermäßig belastet und das oft stereotype Verhalten eines dementen Menschen verstärkt, sodass daraus am Ende ein schlechteres Gesamtbefinden resultiert, als wenn man der Natur einfach ihren Lauf lässt?

Unsere langjährige Erfahrung bestätigt dies!

Wenn wir durch solche Vorgaben dem Leben schon hinterher schreiben müssen, sollten wir wenigstens darauf achten, dass es uns nicht davonläuft, während wir schreiben!

Fazit:

Die Einrichtungen, welche sich am weitesten von wirklichen Leben entfernt haben oder dies am besten vortäuschen können, erhalten die besten MDK – Bewertungen! Es ist also nichts, worauf man stolz sein könnte!“ Ende der Stellungnahme.

Diese gesamte Stellungnahme wurde dem MDK nach der Prüfung zugeschickt und wurde vollkommen ignoriert.

Stattdessen wurde trotz einer Gesamtnote von 1,4 mit einer Kündigung des Versorgungsvertrags gedroht, sollten die für uns sinnlosen Vorgaben nicht bis zu einer gesetzten Frist umgesetzt worden sein.

Zusätzlich musste das Altenheim eine Nachprüfung auf eigene Kosten über sich ergehen lassen.

Dies war das Ende eines bislang gut funktionierenden empathischen Pflege- und Betreuungsmodells, welches jetzt nur noch eingeschränkt hinter einem pompös aufgeplusterten Dokumentationssystem, das gewissermaßen diktatorisch aufgezwungen wurde, praktiziert werden kann.

Das Messen, Wiegen, Skalieren, Dokumentieren und die aufgezwungenen Handlungsvorschriften lassen nun den pflegebedürftigen Menschen mit seinen besonderen Bedürfnissen in den Hintergrund treten, was von den Vertretern des Überwachungssystems, welche nur Zahlen, Messwerte und Expertenstandards sehen, natürlich vehement bestritten wird – trotz der Tatsache, dass Bedürfnisse nicht anhand von Skalen gemessen werden können. Außerdem wird durch solch ein System den Pflegekräften jegliche Eigenverantwortung und Motivation genommen. Als Pflegekräfte werden sie mehr zu Formularausfüllern als zu Dienstleistern an pflegebedürftigen, alten Menschen. Bleibt nur die Hoffnung, dass vielleicht künftige Generationen mehr eigenverantwortliche Handlungsspielräume haben als die gegenwärtigen. Und vielleicht stehen diese Generationen dem Menschen näher als dem geschriebenen Wort.

Soweit zur aktuellen Situation alter und sterbender Menschen in den „qualitätsgesicherten“ Alten- und Pflegeheimen.

Letztendlich entstand dieses Buch aus der Erkenntnis, dass sowohl die überwachenden Pflegesysteme wie das oben beschriebene, als auch die fortschreitende Zunahme von Demenzerkrankungen in unserer Gesellschaft, Auswüchse einer einseitigen Persönlichkeitskultur sind, in welcher die Grundlagen und Voraussetzungen für ein menschenwürdiges Altern und Sterben vernachlässigt wurden und zum Großteil sogar verloren gegangen sind.

Um diesen Mangel auszugleichen, sollen hier die psychologischen sowie die spirituellen Grundlagen und Voraussetzungen für ein menschenwürdiges Altern und Sterben ausführlich beschrieben werden. Denn um innerhalb unserer Persönlichkeitskultur ein natürliches, würdevolles Altern und Sterben zu erlangen, benötigen wir ein grundlegendes, verifizierbares Wissen, über die inneren Erlebnisräume des Menschen sowie über sein Dasein und über seinen Sterbeprozess selbst.

Die Grundlagen und die Hinterfragung des Unhinterfragten

Um eine Sichtweise zu gewinnen, die dem Menschen als Ganzes sowie seiner Natur gerecht wird, und auf solide Grundlagen zu stellen, müssen wir bestimmte oft unhinterfragte Dinge hinterfragen. Wir müssen bestimmte Dinge verstehen, um nicht einer Sichtweise zu verfallen, welche aus auswendig gelerntem Wissen und vagen Vorstellungen hervorgeht.

Weil es beim Altern und Sterben um uns selbst als Menschen geht, benötigen wir ein klares, umfassendes und verifizierbares Menschenbild. Wir müssen oft ganz selbstverständlich und halbbewusst gebrauchte Begriffe wie „Mensch“, „Würde“, „Lebensqualität“, „Persönlichkeit“, „Wesen“, „Seele“, „Demenz“, „Leben“ und Sterben“, usw. hinterfragen und in ihrer wirklichen Bedeutung verstehen.

Deshalb sollen diese Dinge im Folgenden näher beleuchtet werden. Denn nur so können wir sie auf solide Grundlagen stellen und sie schließlich als Werkzeuge für unser angestrebtes Ziel, in Würde zu altern und zu sterben, einsetzen. Denn erst wenn wir mehr von diesen Dingen verstehen, können wir uns selbst und anderen Menschen gegenüber eine Haltung einnehmen, die Denk- und Handlungsfehler vermeidet, wie sie aus einer einseitigen Persönlichkeitskultur hervorgehen.

Weil der Mensch nicht nur ein körperliches Dasein besitzt, sondern in seiner Innenwelt ein eher spirituelles Wesen ist, sollen die spirituellen Aspekte des Alterns und Sterbens hier religionsübergreifend besonders berücksichtigt werden.

Plattformen des Verstehens

Im Dasein des Menschen können wir zwei Strömungen des Verstehens finden: eine Allgemeine Strömung und eine Spirituelle Strömung. Aus diesen beiden Strömungen bilden sich die entsprechenden Plattformen des Verstehens existenzieller Dinge, einschließlich des Menschen selbst. Die Blickwinkel der beiden Plattformen sind diametral entgegengesetzt. (Abb.1)

Auf der allgemeinen Plattform spielt sich das ganz „normale“ Leben des Menschen mit seinem sozialen und kulturellen Kontext ab. Es ist der Ort gesellschaftlicher Normen und der Persönlichkeitskultur. Hier wird der Mensch von Geburt an entsprechend seines Kontextes und seiner Neigungen geprägt und konditioniert. Im Laufe seines Lebens nimmt er, ebenfalls entsprechend seines Kontextes und seiner Neigungen, den existenziellen Dingen des Daseins gegenüber, seinen ganz bestimmten und persönlichen Standpunkt ein.

Innerhalb der allgemeinen Plattform gibt es so viele persönliche Standpunkte und Meinungen über existenzielle Dinge, wie es Menschen gibt.

Die Grundströmung der allgemeinen Plattform ist die Art- und Selbsterhaltung, weshalb von dieser Grundströmung auch die persönlichen Standpunkte und Meinungen des Menschen gefärbt werden. Und zwar gleichgültig wie verschieden diese Standpunkte und Meinungen auch sein mögen.

Die Art- und Selbsterhaltung bestimmt auf dieser Plattform auch die Rangordnung von Werten, wie sie in Abb.1 von unten nach oben dargestellt ist: