Europäische Vorderlader-Dienstgewehre und ihre Nachbauten - Wolfgang Finze - E-Book

Europäische Vorderlader-Dienstgewehre und ihre Nachbauten E-Book

Wolfgang Finze

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Beschreibung

In den Jahren zwischen 1853 und 1865 wurden in Europa militärische Vorderlader einer ganz neuen Generation entwickelt, die eine bis dahin bei Militärwaffen nicht dagewesene Schussleistung erreichten. Leider gibt es nur von wenigen dieser Ge-wehre Nachbauten. Da die USA der größte Markt für Nachbauten von Vorderladern (Repliken) sind, richten sich alle Hersteller an diesem Markt aus. Gebaut werden vor allem Waffen aus der Zeit der Revolution, des Bürgerkriegs, des Wilden Westens und der napoleonischen Ära. Nachbauten europäischer Waffen, egal, wie gut die Originale auch schossen, kommen im Programm der Hersteller nur dann vor, wenn sie in diesen Epochen der US-amerikanischen Geschichte oder der napoleonischen Ära verwendet wurden. Die einzige Ausnahme bildet der Nachbau des württembergischen Vereinsgewehrs M.1857. Es ist nicht nur wegen der Ausrichtung der Repliken-Fertigung äußerst interessant, sich mit der Geschichte britischer, österreichischer oder württembergischer Vorderlader-Dienstgewehre der Epoche zwischen 1853 und 1865 zu befassen. Gerade beim württembergischen Infanteriegewehr M.1857 hat auch der Nachbau eine durchaus spannende Geschichte. Neben der geschichtlichen Darstellung und den Daten dieser Waffen findet man im Buch auch Tipps, wie es sich mit den Nachbauten dieser Gewehre schießen und treffen lässt. Vom Autor wird auch auf Recherchen und Bilder zurückgegriffen, die er schon in Beiträgen der Zeitschrift VISIER verwendet hat.

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Meiner Frau gewidmet

Inhalt

Vorwort

Die Epoche zwischen 1840 und 1870

Sonderfall Preußen

Was ist ein „Dienstgewehr“?

Britische Dienstgewehre

Originale Gewehre

Das Modell 1853 (Rifle Musket)

Kurzgewehre (Short Rifle Muskets)

Navy-Rifle P/58

Karabiner für die Artillerie

Karabiner für die Kavallerie

Britische Gewehre im US-Bürgerkrieg

Die Munition

Ursprungsversion

Erste Überarbeitung (1855)

Zweite Überarbeitung (1859)

Schießausbildung

Die Volunteers

Das Gewehr P/53 im internationalen Vergleich

Nachbauten

Parker-Hale

Pedersoli

Hege

Neumann

Chiappa

Euroarms

Das österreichische Gewehr Muster 1854

Büchse (Stutzen) Muster 1854

Die Munition

Gewehr Muster 1854 in Sachsen

Der Nachbau

Jägerbüchse Muster 1854

Kavalleriepistole Muster 1862

Das „Vereinsgewehr“ M.1857

Einsatz des Modells 1857

Die Munition

Das Ende der Dienstzeit – Umbau in Zündnadelgewehre

Der Nachbau

Abweichungen vom Original

Die Geschichte des Nachbaus

Die Jägerbüchse M.1860

Wo sind die Originale geblieben

Schießen mit Dienstgewehren - früher

Schießen mit Nachbauten - heute

Schießen mit britischen Gewehren

Schießen mit dem Lorenz-Gewehr

Schießen mit dem Vereinsgewehr M.1857

Literatur

Vorwort

Vor über 160 Jahren waren bei den Waffen Vorderlader der Stand der Technik. Man nutzte sie für all die Aufgaben, für die man Schusswaffen auch heute einsetzt - für die Selbstverteidigung, die Jagd, den Schießsport und natürlich auch beim Militär.

Da es heute nicht mehr viele originale Waffen aus dieser Zeit gibt, ist ein ganzer Industriezweig damit beschäftigt, davon Nachbauten (Repliken) herzustellen. Sie werden überwiegend zum sportlichen Schießen verwendet, da Originale nur begrenzt vorhanden sind. Auch bei der Nachstellung historischer Schlachten (Reenactment) werden Repliken verwendet, schon allein, um die seltenen und teuren Originale zu schonen.

Um es nicht zu vergessen: Man kann Repliken auch sammeln, nicht nur die bereits als Sammler-Editionen gedachten Nachbauten von Waffen der Napoleonischen Ära. Von manchen Sammlern werden hochwertige Repliken auch als Wertanlage angesehen. Nicht geschossene, aber 40 oder 50 Jahre alte Repliken des Herstellers Parker-Hale, sind nicht ungewöhnlich.

Der wahrscheinlich größte Markt für Repliken sind die USA. Dort ist das Interesse für Nachbauten von Waffen der Zeit der Revolution, der Zeit der Besiedelung des Westens und des Bürgerkriegs besonders ausgeprägt. Verständlich, dass die Hersteller ihr Fertigungsprogramm auf diesen Markt ausrichten.

Bei Nachbauten gibt es ein Problem. Während die originalen Abmessungen militärisch genutzter Vorderlader bekannt sind, handelt es sich bei Jagd- und Sportwaffen in der Regel um Einzelstücke, gefertigt von regionalen Büchsenmachern entsprechend den Wünschen der Kunden. Natürlich kann man so ein Stück originalgetreu nachbauen, aber vielfach werden Waffen „… im Stil von …“ gebaut. Dabei zeigen sich manche Hersteller mehr als großzügig und produzieren Waffen, die ihren Vorbildern bestenfalls ähneln.

Bei Nachbauten von Militärwaffen wird eine annähernde äußere Übereinstimmung mit den Vorbildern angestrebt. Dagegen lässt man sich bei der Gestaltung des Laufinneren oft Freiheiten. Die Nachbauten unterscheiden sich dann (trotz äußerlicher Übereinstimmung) sehr deutlich von ihren Vorbildern.

Nachbauten europäischer Vorderlader-Militärgewehre stoßen auf dem amerikanischen Markt nur auf geringes Interesse, denn Waffen, zu denen man keinen historischen Bezug finden kann, kauft man nicht. Und was sich nicht verkaufen lässt, wird auch nicht produziert.

Eine Ausnahme davon bildet der Nachbau des württembergischen Infanteriegewehrs M.1857. Obwohl das Modell 1857 wahrscheinlich nicht im Bürgerkrieg verwendet wurde1, gibt es einen Nachbau, dessen Geschichte in einem eigenen Kapitel (ab Seite →) erzählt wird.

Gerade für die ausschließlich sportlich orientierten Dienstgewehrschützen kann ein Blick auf die Geschichte des Originals von Interesse sein, denn ein Gewehr, das schon zu seiner Dienstzeit bestenfalls mittelmäßige Trefferleistungen zeigte, wird auch als originalgetreuer Nachbau kaum besser schießen.

Hinzu kommt: Die heute bei Dienstgewehren allgemein übliche Ladeweise, Pulver und darauf ein annähernd auf Feldmaß kalibriertes und gefettetes Geschoss, stammt aus den USA. Die im Norden übliche Militärpatrone (Burton-Patrone) enthielt ein gefettetes Geschoss, das vor dem Laden ausgewickelt und erst dann in den Lauf gebracht wurde. In Europa wurden dagegen Papierpatronen verwendet, bei denen das Papier im Geschossbereich gefettet wurde. Die dafür notwendigen Geschosse hatten einen Durchmesser deutlich unterhalb des Feldmaßes des Laufes und waren selbst nicht gefettet.

Wer mit Nachbauten schießt, sollte Folgendes bedenken. Industriell gefertigte Nachbauten entstehen nicht als Einzelanfertigung, sondern in Serienfertigung.

Wie bei jeder Serienfertigung gibt es eine Streuung. Wie stark sie ist, unterscheidet sich von Hersteller zu Hersteller, aber sie ist bei jedem(!) Hersteller vorhanden. Eine ihrer Folgen ist, dass die für eine Waffe ermittelten optimalen Ladedaten nicht automatisch für alle anderen Waffen des gleichen Modells gelten.

1 Im Dixie-Gunworks-Katalog von 2013 findet sich der Hinweis, dass Marcellus Hartley im Auftrag der US-Regierung 2.000 dieser Gewehre von dem Lütticher Händler B.M.Tambeur gekauft haben soll. Allerdings wurden diese Waffen wohl nicht auf Unionsseite im Bürgerkrieg eingesetzt. Der Grund für Waffenkäufe durch Beauftragte der Union war oft nur der, die Waffen nicht in die Hände der Aufkäufer der Konföderierten kommen zu lassen, denn die versuchten damals, alle verfügbaren Waffen zu kaufen. Die europäischen Staaten nutzten das nach Kräften aus. So wies Cäsar Rüstow im 2. Band seines Werks „Die Kriegshandfeuerwaffen“ (z.B. auf Seite →) auf die Möglichkeit hin, unmoderne Waffen günstig nach Amerika zu verkaufen, um so das Geld für moderne Waffen zu bekommen.

Die Epoche zwischen 1840 und 1870

Militärisch war die Epoche zwischen 1840 und 1870 vor allem durch ständige Veränderungen der Bewaffnung und der Taktik gekennzeichnet. Alle Staaten tauschten in diesem Zeitraum die Bewaffnung der Infanterie mindestens einmal komplett aus. Vor 1840 waren nur die Jäger und Schützen mit gezogenen Gewehren bewaffnet. Noch 1846 kamen beim Militär auf ein gezogenes Gewehr zwanzig glattläufige Gewehre, 1856 betrug das Verhältnis schon 1:42. Und 10 Jahre später führte die gesamte Infanterie gezogene Gewehre.

Aber auch politisch waren die Jahre zwischen 1840 und 1870 in Europa von Veränderungen geprägt. Als Folge des Krim-Krieges (1853 bis 1856) veränderte sich die Staatenwelt auf dem Balkan. Auf der italienischen Halbinsel entstand (von Frankreich militärisch massiv unterstützt) ein einheitlicher Staat. Österreich verlor einen großen Teil seiner Besitzungen in Norditalien, und mit dem Deutschen Krieg von 1866 und der anschließenden Gründung des Norddeutschen Bundes veränderte sich die Machtbalance in Zentraleuropa. In den Jahren zwischen 1850 und 1870 gab es in Europa 8 Kriege und mehrfach machten die Staaten mobil. Da jeder Staat auf dem europäischen Kontinent jederzeit damit rechnen musste, in einen Krieg verwickelt zu werden, war es wichtig, dass seine Armee so gut wie möglich bewaffnet war, zumindest aber nicht schlechter als die der potentiellen Gegner.

Auch die Volunteer-Bewegung (s. ab Seite →) in Großbritannien entstand durch eine vermutete Kriegsgefahr.

Die allgemeine Einführung der gezogenen Gewehre beim Militär verlief in vielen Staaten in zwei Phasen. In der ersten Phase wurden Waffen nach den Systemen Delvigne und Thouvenin gefertigt und vorhandene Büchsen entsprechend verändert.

3

System Delvigne, Stauchung des Geschosses auf dem Kammerrand

Beim System Delvigne wurde das Geschoss mit dem Ladestock auf dem Rand der Pulverkammer gestaucht und so in die Züge gedrückt. Waffen nach dem System Delvigne schossen zwar besser als glattläufige Waffen - allerdings war die Trefferleistung davon abhängig, wie stark das Geschoss mit dem Ladestock gestaucht (und dabei deformiert) wurde.

Beim System Thouvenin wurde das Geschoss mit dem Ladestock auf oder über einem Dorn gestaucht. Der Dorn bestimmte auch die maximale Setztiefe des Geschosses und verhinderte, dass beim Laden Pulverkörner zerdrückt wurden.

System Thouvenin. Stauchung oder Aufweitung des Geschosses auf einem Dorn

Waffen nach diesem System trafen besser als die Jägerbüchsen mit ihren Pflasterkugeln. In Preußen4 wurde deshalb 1847 entschieden, die Jägerbüchsen umzubauen. Der Umbau war einfach. Die Schwanzschraube wurde herausgedreht und zentrisch ein 43 mm langer Dorn im Durchmesser 6,8mm eingesetzt. Durch den Umbau verbesserten sich sowohl die Trefferleistung als auch die Reichweite der Büchsen.

Als Bewaffnung für die Linieninfanterie war das System Thouvenin aber nur bedingt geeignet, fast alle Staaten experimentierten damit und führten vorübergehend entsprechende Gewehre (Dorn- oder Pickelbüchsen) für die Jäger, Schützen und für Teile der Infanterie ein. Das Königreich Hannover hatte seine „Pickelgewehre“ noch 1866 in Verwendung.

In einer späteren Phase dieses Systems verwendete man Geschosse mit Hohlboden und einen leicht konischen Dorn. Das Geschoss wurde auf den Dorn gedrückt, dabei aufgeweitet und in die Züge gedrückt.

Minie-Geschoss mit Treibspiegel (culot)5

Der französische Hauptmann Claude Minie erkannte, dass der in der Schwanzschraube angeordnete Dorn eigentlich überflüssig war, denn bei einem richtig konstruierten Geschoss reichten die Trägheit des Geschosses und der Druck der Verbrennungsgase aus, um das Geschoss aufzuweiten und so in die Züge zu drücken. Er entwickelte 1849 ein solches Geschoss, das sich genauso leicht und schnell laden ließ wie die Kugel einer glattläufigen Muskete, aber aus einem gezogenen Lauf verschossen, genauso präzise war wie das Geschoss einer Büchse.

Militärtechnisch war das eine Revolution, da es nun möglich war, die ganze Linieninfanterie mit gezogenen Waffen auszustatten. Der einfachste Weg (den viele Staaten einschlugen) bestand darin, die vorhandenen glattläufigen Gewehre nachträglich mit Zügen zu versehen (sofern es die Wandstärke der Läufe zuließ). Dadurch verwandelten sie ihre schlecht treffenden glattläufigen Gewehre in präzise schießende gezogene Waffen.

Einige Staaten gingen einen Schritt weiter und führten (meist nach längeren Tests) völlig neue Gewehre in einem Kaliber ein, das kleiner war als das der glattläufigen Musketen. Diese Waffen erreichten eine bessere Schussleistung als die nachträglich gezogenen glatten Gewehre.

Die Grenzen dieser Kaliberverkleinerung bestimmten aber nicht die Ballistik, sondern die Befürchtung, dass sich Läufe mit einem zu kleinen Außendurchmesser beim Bajonettkampf verbiegen würden. Auch die Länge der Infanteriegewehre wurde von der taktischen Aufstellung der Infanterie und den Anforderungen des Bajonettkampfs bestimmt. Deshalb hatten auch die neueren gezogenen Gewehre etwa die gleiche Länge, die auch die glattläufigen Musketen aufwiesen.

Den Anfang bei der Einführung von Gewehren im kleineren Kaliber machte England mit dem Gewehr P/53 im Kaliber .577“ (14,66mm). Österreich folgte 1854 mit einem Gewehr im Kaliber 13,9mm.

Bei den süddeutschen Staaten wurde die Entscheidung für das Kaliber der neuen Gewehre vor allem von politischen Überlegungen bestimmt. Da die Armeen der Staaten Baden, Württemberg und des Großherzogtums Hessen gemeinsam das VIII. Korps der Armee des deutschen Bundes stellten, das benachbarte Bayern das VII. Korps und die ebenfalls benachbarten Österreicher6 die Korps I, II und III, strebte man für die neuen Gewehre ein gleiches Kaliber an. Da Österreich schon 1854 ein Gewehr im Kaliber 13,9mm eingeführt hatte, folgten die süddeutschen Staaten und Sachsen dieser Entscheidung und führten Gewehre im gleichen Kaliber ein. Das hieß aber nicht, dass sich alle Staaten auf ein einheitliches Gewehrmodell und einheitliche Munition geeinigt hätten. Hier folgte jeder Staat weiterhin seinen eigenen Vorlieben.

Man sollte sich nicht dazu verleiten lassen, das Modelljahr7 mit dem Jahr der tatsächlichen Einführung der Waffe zu verwechseln. Die Industrie war noch nicht in der Lage, in kurzer Zeit zehntausende Gewehre zu fertigen. Üblich war, dass neue Gewehre vom Hersteller an die Arsenale gingen, wo sie so lange aufbewahrt wurden, bis genügend Gewehre für die Bewaffnung zumindest eines Teils der Armee vorhanden waren. Deshalb können zwischen dem Modelljahr und dem Jahr der allgemeinen Einführung durchaus mehrere Jahre liegen. Ein Indiz für die tatsächliche Einführungszeit ist das Erscheinungsjahr der zugehörigen Vorschrift.

2 Allgemeine Militärzeitung 1856 Nr. 25-26 „Das gezogene Gewehr als Hauptwaffe der Infanterie“

3 Sauer: Grundriss der Waffenlehre, Atlas

4 Wirtgen, A.: Die preußischen Handfeuerwaffen

5 Die Rillen am Geschoss dienten nur der Verringerung der Reibung des Geschosses im Lauf.

6 Auch Österreich gehörte bis 1866 zum Deutschen Bund.

7 Ein Beispiel: Die Maße für das Zündnadelgewehr M/41 wurden 1841 festgelegt. Die Fertigung begann 1842; erst 1849 waren genug Gewehre vorhanden, um damit die ersten Regimenter zu bewaffnen.

Sonderfall Preußen

Als einziger Staat Europas führte man in Preußen keine Minie-Gewehre ein, denn man hatte sich schon 1841 für die Bewaffnung der Armee mit Hinterladern (Zündnadelgewehren) entschieden. Minie-Gewehre waren in Preußen nur eine Notlösung. Das Festhalten Preußens an den Zündnadelgewehren wurde in den Armeen Europas belächelt, denn die Minie-Gewehre schossen weiter und trafen besser als Zündnadelgewehre. Man hielt Zündnadelgewehre für zu kompliziert, zu störanfällig und deshalb für nicht kriegsbrauchbar. Hinzu kam die Meinung, die Möglichkeit des schnellen Nachladens würde dazu führen, dass die Soldaten ihren Munitionsvorrat schnell verschießen würden und deshalb im Gefecht nach kurzer Zeit wehrlos wären. Außerdem würde das schnelle Schießen den Nachschub überfordern.

In Preußen kannte man diese (durchaus nicht unbegründete) Befürchtung, sorgte aber durch eine gute Ausbildung für eine vorbildliche Feuerdisziplin. Den Soldaten wurde vermittelt, dass jeder Schuss, der keinen Treffer ergab, ein verlorener Schuss war.

Wie kam es nun trotz des preußischen Festhaltens am Zündnadelgewehr zur Einführung von Minie-Gewehren in Preußen?

Preußen war im 1853 ausgebrochenen Krim-Krieg neutral, befürchtete aber, in den Krieg hineingezogen zu werden. Das zum Deutschen Bund gehörende Österreich hatte 1854 „in bewaffneter Neutralität“ Teile des Balkans besetzt und damit alle kriegführenden Parteien verärgert und die Kriegsgefahr in Europa deutlich vergrößert.

Der Krim-Krieg hatte gezeigt, dass eine mit glattläufigen Gewehren bewaffnete Infanterie gegen eine mit gezogenen Gewehren ausgestattete Infanterie chancenlos war. Die preußische Armee war aber 1854 noch nicht vollständig mit Zündnadelgewehren bewaffnet, Teile der Armee führten noch das glattläufige Gewehr M/39. Insgesamt fehlten mindestens 267.300 Zündnadelgewehre8.