Fabeln und Erzählungen - Gottlieb Konrad Pfeffel - E-Book

Fabeln und Erzählungen E-Book

Gottlieb Konrad Pfeffel

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Beschreibung

Gottlieb Konrad Pfeffel war ein deutscher Schriftsteller, Militärwissenschaftler und Pädagoge aus dem Elsass. Er schrieb, von Christian Fürchtegott Gellert angeregt, vor allem Fabeln mit sozialkritischem und politischem Lehrgehalt sowie erzählende Gedichte (Die Tabakspfeife). Dieser Band beinhaltet seine bekanntesten Werke.

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Fabeln und Erzählungen

Gottlieb Konrad Pfeffel

Inhalt:

Gottlieb Konrad Pfeffel – Biografie und Bibliografie

Erster Teil

Vorrede

Erstes Buch

Zweytes Buch

Drittes Buch

Viertes Buch

Zweyter Theil

Erstes Buch

Zweytes Buch

Drittes Buch

Viertes Buch

Dritter Theil

Erstes Buch

Zweytes Buch

Drittes Buch

Viertes Buch

Fabeln und Erzählungen , G. K. Pfeffel

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

ISBN: 9783849633257

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Dieses Werk bzw. Inhalt und Zusammenstellung steht unter einer Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz. Die Details der Lizenz und zu der Weiterverwertung dieses Werks finden Sie unter http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/de/. Der Inhalt und die Zusammenstellung oder Teile davon wurden der TextGrid-Datenbank entnommen, wo der Inhalt und die Zusammenstellung oder Teile davon ebenfalls unter voriger Lizenz verfügbar sind. Eine bereits bestehende Allgemeinfreiheit der Texte bleibt von der Lizensierung unberührt.

Gottlieb Konrad Pfeffel – Biografie und Bibliografie

Einer der vorzüglichsten deutschen Fabeldichter, geb. 1736 zu Colmar im Elsaß, war der Sohn eines aus Deutschland dahin eingewanderten Rechtsgelehrten, verlor aber seinen Vater frühzeitig, wurde von seiner Mutter erzogen und auf dem protestantischen Gymnasium seiner Vaterstadt und durch die Fürsorge Verwandter zum Besuche der Universität vorbereitet. Fünfzehn Jahre alt, ging er nach Halle, um sich der Rechtswissenschaft zu widmen, wo aber die Sehkraft seiner von Natur schwachen Augen so bedenklich litt, dass er sich 1753 zum Gebrauch ärztlicher Hilfe nach Dresden wendete, wo sein älterer Bruder, Christian Friedr. P. von Kriegelstein, geb. 1726, lebte, der königl. poln. und kurfürstlich sächs. Legationssecretair war, später in pfalz-zweibrückischen und in franz. Staatsdiensten stand und im Genuss einer franz. Pension 1807 in Paris starb. P.'s Übel verschlimmerte sich aber so, dass er bald nach der Rückkehr in die Heimat 1757 ganz erblindete. Die angeborene Heiterkeit seines Gemüts, eine 1759 geschlossene, glückliche Ehe und die Regsamkeit seines Geistes halfen ihm jedoch sein herbes Geschick bis ins hohe Alter geduldig tragen und machten ihn fähig, sowohl als Dichter und Schriftsteller, wie als Leiter einer 1773 mit königl. Genehmigung zu Colmar unter dem Namen einer Kriegsschule errichteten höheren protestantischen Erziehungsanstalt, welche bis zur Revolution bestand, einen großen Ruf und ebenso ausgebreiteten wie nützlichen Wirkungskreis zu erwerben. Nach Auflösung derselben widmete sich P. ganz literarischen Geschäften, bearbeitete und übersetzte Mehreres aus dem Französischen auch für die Bühne ins Deutsche, blieb aber allen politischen Bestrebungen ganz fremd. Im J. 1803 wurde P. Präsident des zu Colmar neuerrichteten protestantischen Konsistoriums und starb am 1. Mai 1809. Viel Gemüt, wahre Lebensweisheit und eine reiche Einbildungskraft, vereinigt mit treffendem Witz und einer großen Gewandtheit des sprachlichen Ausdrucks, charakterisieren im Allgemeinen die Dichtungen P.'s, dessen Verdienst auch das Ausland durch mancherlei Ehrenbezeigungen anerkannte und dem seine Vaterstadt jetzt ein Denkmal errichten wird. Seine Werke sind als »Poetische Versuche« (10 Bde.; 5. Aufl., Tüb. 1802–10) und »Prosaische Versuche« (8 Bde., Tüb. 1803–13), zu denen seine Lebensbeschreibung von Rieder (Tüb. 1820) einen Ergänzungsband bildet, herausgegeben worden.

Erster Teil

An den Leser

Ein Gärtnermädchen von Athen

Saß auf dem Markt mit ihrem bunten Krame;

Ein Körbchen wars voll Rosen, Tausendschön,

Jesmin und Nelken. Eine hagre Dame,

Sie war histerisch, trat zu ihr:

Pfui, sprach sie, mit dem Tand, ich gebe nichts dafür,

Kaum bricht der Abend ein, so werden deine Nelken,

Jesmin und Tausendschön verwelken.

Gestrenge Frau, versetzt das arme Kind,

Der Käufer wird ja nicht von mir betrogen;

Ich sage nicht, daß sie unsterblich sind.

So, Leser, denk ich auch von diesen Apologen.

Proverai tua Ventura

  Fra magnanimi pochi.

Petrarca.

Vorrede

Als mich im Jahr 1783. ein unbefugter Sammler zur Herausgabe meiner zerstreuten Fabeln veranlaßte, war ich weit entfernt, den Beyfall zu ahnen, womit diese Proben aufgenommen wurden. Ich muß glauben daß er nicht sowohl durch das kritische Gefühl, als durch ein sanftes Wohlwollen gegen den Verfasser, erzeugt ward. Aber eben dieses liebreiche Zunicken der Seele ist für sein Herz mehr als die Krone des Genie's, auf die er ohnehin nie Anspruch machte.

Durch so viele Stimmen bekannter und unbekannter Freunde aufgemuntert, vermehrte ich die zweyte Auflage dieser Sammlung mit einem neuen Bande, theils ungedruckter, theils verbesserter alter Stücke, worauf im Jahr 1790. ein dritter Theil vermischter Gedichte folgte, mit welchem ich, nach meiner damaligen Aeusserung, meine poetische Laufbahn beschlossen haben würde, wenn nicht der Revolutionskrieg mich genöthigt hätte, wichtigern Arbeiten zu entsagen, die in einem Zeitraum von 20 Jahren beynahe alle meine Stunden ausgefüllt hatten.

Diese eben so unerwartete als ungewünschte Muße führte mich zur Poesie zurück, und die schrecklichen Auftritte, die in den folgenden Jahren mein Vaterland zerrütteten, veranlaßten mich, in dem Umgange mit Thieren eine Zerstreuung gegen die Greuel zu suchen, welche damals die Menschheit entehrten.

Die Fabeln des liebenswürdigen Florian waren eben erschienen, ich versuchte es, die vornehmsten derselben auf deutschen Boden zu verpflanzen, und in der Folge dehnte ich diese Arbeit auch auf andere französische Fabeldichter aus, darunter ich nur La Motte, Desbillons, Aubert, Imbert, Dorat, Vitalis und Nivernois nenne, weil die Uebrigen, wie Cazotte dü Belloy u.s.w. mir nur wenig Materialien geliefert haben.

Diese Nachahmungen und meine eigenen Versuche setzten mich schon vor vier Jahren in den Stand, eine neue um das gedoppelte vermehrte Auflage meiner Gedichte anzukündigen, deren Erscheinung aber, durch den fortdaurenden Krieg und durch andere unüberwindliche Hinderniße, bis jetzt verzögert wurde. Ich habe Ursache zu glauben, daß die Leser durch diesen Aufschub nichts verloren haben. Ich gewann dadurch Zeit, dieser Ausgabe alle Vollendung zu geben, die meine Kräfte mir erlaubten, und das Zutrauen so vieler Freunde meiner Muse mir zur Pflicht machte.

Da die drey ersten Theile in verschiedenen Epochen ans Licht traten, und jeder eine Nachlese älterer Stücke enthielt, so habe ich diese nun alle in den ersten Theil vereinigt, und ihre Zahl mit einigen, noch nicht gesammelten, Stücken vermehrt. Ungeachtet ich sie zuvor unter die Feile nahm, so fürchte ich doch, daß einige darunter die strengere Prüfung der Kritik nicht aushalten mögen. Diese Jugendproben werden aber allemal dazu dienen, die verschiedenen Stufenjahre meiner Laufbahn zu bezeichnen, und in dieser Rücksicht darf ich ihnen vielleicht die Nachsicht der Leser versprechen.

Auch in den übrigen Theilen habe ich die chronologische Ordnung, mit der Abwechslung des Sylbenmaaßes und der Materien, so viel möglich zu vereinigen gesucht, um der Ermüdung vorzubeugen, welche eine ununterbrochene Reihe ähnlicher Dichtarten, in einer Folge von mehreren Bänden, hätte erzeugen müssen.

Unter den Uebersetzungen und Nachahmungen befinden sich einige wenige, die schon vor mir, und gröstentheils ohne mein Wissen, von andern Dichtern bearbeitet wurden. Ich habe sie beybehalten, weil sie entweder in den vorigen Ausgaben standen, oder in einem andern Gewande erscheinen als ihre Vorgänger, ohne die Anmaßung zu haben, ihnen in den Weg zu treten.

Ich hätte diese Sammlung mit verschiedenen, durch die Zeitläufte veranlaßten, Gedichten vermehren können, da sie aber größtentheils nicht mehr an der Tagesordnung sind, so glaubte ich nur diejenigen aufnehmen zu dürfen, die noch jetzt, entweder in Rücksicht auf ihre Veranlassung oder auf ihren Verfasser, einiges Interesse haben.

Wenn übrigens zu der gegenwärtigen Ausgabe ein größeres Format und eine grössere Schrift gewählt wurden, als die Ankündigung versprach, so geschah es, um dem ziemlich allgemeinen Wunsche der Subscribenten zu entsprechen, die Dankbarkeit mir zum Gesetze machte.

Da der sechste Theil dieser Sammlung meinen Vorrath nicht ganz erschöpfen dürfte, so ist es wahrscheinlich, daß ich sie fortsetzen, gewiß ist es aber, daß ich von der Autorscene abtreten werde, sobald die Kritik mir ihr ehrfurchtgebietendes ohe, jam satis est! zurufen wird.

Colmar im April 1802.

Der Verfasser.

Erstes Buch

Phöbus und der Hirtenknabe

 An Gellert.

Als in Thessaliens Gefilden

Apoll, der Exulant, voll Menschenfreundlichkeit

Noch Gott im hänfnen Schäferkleid,

Bemühet war die Hirten umzubilden;

Da sein harmonischer Gesang

Und seiner Flöte Zauberklang

Durch die entzückten Fluren hallte,

Und, angespornt von einem neuen Trieb,

Der Jüngling auch sich eine Flöte hieb;

Das Mädchen Phöbus Hymnen lallte:

In jener ersten goldnen Zeit

Saß einst Apoll im Schooße junger Myrthen

Und blies und sang, behorcht von einem kleinen Hirten,

Ein hohes Lied von der Zufriedenheit.

Der Knabe fühlt. Wer müßte da nicht fühlen?

Berauscht von dem, was er empfand,

Ergriff er schnell den Phöbus bey der Hand,

Und bat: o laß mich auch ein Liedchen spielen!

Der holde Gott reicht ihm das Rohr,

Der Knabe hüpft und lacht, und fährt damit zum Munde;

Schon bläst und fingert er bald eine halbe Stunde;

Allein es kommt kein Lied hervor.

Wie schauerte bey diesem Meisterstücke

Des guten Phöbus zartes Ohr!

Zuletzt nahm er mit väterlichem Blicke

Das allzulang entweihte Rohr

Aus der verwegnen Hand zurücke.

Beym Pan; das Ding ist schwer, so schwur der kleine Mann.

Ey nun, er brauchte nicht zu schwören;

Doch, fuhr er kindisch fort, was ich nicht kann,

O Phöbus, das mußt du mich lehren.

Die Mutter der Gracchen

 An Doris.

Heil, Heil'dem Weib, das seine Zierde

Nicht fremden Zonen stiehlt,

Und, wie Cornelia, die Würde

Des Muttertitels fühlt!

Einst gab ein fremdes Frauenzimmer

Ihr einen Staatsbesuch;

Ihr ganzer Leib war lauter Schimmer

Und lauter Wohlgeruch.

Die Nymphe schwatzt von Putz und Kleide,

So pflegt es noch zu gehn;

Und endlich wünscht sie das Geschmeide

Der Römerin zu sehn.

Cornelia winkt ihren Söhnen,

Und als sie sich genaht,

So sprach sie zu der eiteln Schönen:

Hier diese sind mein Staat.

Wie manche Dame wird hier lachen,

Auch du, Geliebte? – Nein,

Nein! die Gebährerin der Gracchen

Wird stets dein Vorbild seyn.

Der Lohn der Tugend

 An Selma.

Mit stillen brünstigen Gebeten,

Kam täglich vor Jehovens Thron,

Arist, ein frommer Greis, getreten,

Und bat für seinen frommen Sohn.

Er ist, o Gott, mein Trost auf Erden,

Laß ihn dafür so glücklich werden,

Als dein Geschöpf es werden kann.

So betete der heilge Mann.

Einst sank er zu des Altars Fuße

In himmlische Begeistrung hin,

Da trat mit einem holden Gruße

Ein lichter Seraph neben ihn.

Der Herr, so sprach er, der dich höret,

Freund, hat dir deinen Wunsch gewähret,

Und morgen krönet hier der Lohn

Der Tugend dich und deinen Sohn.

Der Alte wacht in seiner Zelle

Und betet, bis es morgen war:

Itzt trat sein Fuß in die Kapelle.

Ein Leichnam lag vor dem Altar.

Es war sein Liebling. Keine Zähre

Entweiht sein Auge; Gott sey Ehre!

So ruft er, küßt mit Himmelslust

Den Sohn und – stirbt auf seiner Brust.

O Selma, der ich in der Jugend

Dieß Lied zum Pfand der Freundschaft gab,

Nun leg ichs deiner Engeltugend

Zum Denkmal auf dein frisches Grab.

Ihr, die es leset, fromme Schönen,

Benetzet es mit euren Thränen

Für Selma. Mehr als Elegie

Und Marmor ehren Thränen sie.

Trost im Unglück

Wo bin ich? ist die Welt vor mir verschwunden?

Wie? oder hält der Abgrund mich gebunden?

O Sonne! Warum ziehst du deine Blicke

Von mir zurücke?

Wo bist du, Hofnung, letztes Gut des Lebens?

Doch auch nach dir tappt meine Hand vergebens;

Auch du verbirgst nun deine holden Strahlen

Vor meinen Quaalen.

Die blasse Schwermuth, die mein Fleisch gefressen,

Umwindet meine Schläfe mit Cypressen.

Sie sind verwelkt, die Rosen und die Myrten,

Die sonst sie zierten.

Wie? soll die Nacht des Grabes meinen Tagen

Auf ewig alle Heiterkeit versagen?

Und dennoch reißt kein Tod die ekle Seele

Aus ihrer Höle.

Verhängniß, laß nun ab, mich zu versuchen,

Sonst muß ich – nein, ich kann dich nicht verfluchen.

So bald mein Geist die heil'ge Wahrheit denket:

Daß Gott dich lenket.

Bey wem willst du den Herrn der Welt verklagen?

Bethörte Seele, schäme dich zu zagen.

Sey weise, so entspringt dir aus dem Leiden

Ein Quell der Freuden.

O Weisheit! komm, erscheine meinem Herzen,

Geuß deinen Balsam über meine Schmerzen:

Nur du allein kannst mit dem Schicksal ringen,

Und es bezwingen!

Du bist die Weisheit, dich muß ich erwählen,

O Tugend! dich, du Gottheit in den Seelen.

Komm, Schöpferin der wahren ew'gen Wonne,

Sey meine Sonne.

O, selig! wer an deinem Busen lebet,

Der zittert nicht, wenn gleich der Weltkreis bebet;

Wenn Plagen Gottes sein Gebein zermalmen,

So singt er Psalmen.

Verzagte Seele! dämpfe deinen Kummer.

Das Leben ist ja nur ein kurzer Schlummer.

Bald wird der Tod die kalte Rechte strecken,

Dich aufzuwecken.

Die Zufriedenheit

Göttliche Zufriedenheit,

Braut des Weisen,

Nur ein Sohn der goldnen Zeit

Darf dich preisen.

Aber flehn darf ich zu dir:

Hilf das Thal der Leiden mir

Still durchreisen.

Nur nach dir, du höchstes Gut,

Geht mein Streben;

Schenke du dem Dulder Muth

Auszuleben.

Selbst dem Kelch des Marterthums

Kannst du des Elysiums

Vorschmack geben.

Was nur Kinder vom Geschick

Heiß begehren;

Was Geburt und Gunst und Glück

Uns gewähren;

Was ihm nicht zur Weisheit nützt,

Lernt ein Herz, das dich besitzt,

Leicht entbehren.

Gern läßt es die Schichten Geld

Harpagonen;

Gern läßt es dem stolzen Held

Seine Kronen.

Unter einem Hirtenkleid

Wohnet mehr Zufriedenheit

Als auf Thronen.

Wank ich gleich an meines Kahns

Morschem Steuer;

Eingehüllt in Oßians

Augenschleyer;

Dennoch bleibt mein Frohsinn mir;

Den, o Göttin, dank ich dir

Und der Leyer.

Wenn ich, trautes Himmelskind,

Dich nur habe;

Dienest du durchs Labyrinth

Mir zum Stabe;

So beklag ich nie mein Loos,

Und ich finde deinen Schoos

Auch im Grabe.

Die Harmonie der Sphären

Ein Jüngling las von ungefehr

Von einer Harmonie der Sphären

Im Plato. Ha! die muß ich hören,

Rief er, und bat den Jupiter,

Ihm sein Verlangen zu gewähren.

Umsonst sprach dieser: junger Thor!

Das göttliche Concert der Sphären

Ist nicht für eines Menschen Ohr!

Er ließ nicht ab, ihn zu beschwören,

Bis Zevs einst die Geduld verlor,

Und sich entschloß, ihn zu erhören.

Er rühret seinen Scheitel an;

Der Jüngling hört durch alle Himmel,

Und was? ... Ein gräßliches Getümmel.

Ein tausendstimmiger Orkan,

Bewehrt mit Graus und Untergange,

Und alle Donner durch die Hand

Des Rächers auf die Welt gesandt,

Sind gegen diesem Rundgesange,

Dem Summen einer Biene gleich.

O Zevs! was lässest du mich hören?

So rief der Jüngling starr und bleich:

Ist das die Harmonie der Sphären?

So brüllt die Hölle nach dem Raub:

Ha, mache mich viel lieber taub,

Du fürchterlicher Gott der Götter!

Itzt rufet Zevs aus einem Wetter:

Erkenne, blödes Erdenkind,

Daß Menschen keine Götter sind.

Du hörst ein schreckendes Getümmel,

Und ich – die Harmonie der Himmel.

Der Tempel zu Memphis

Ein Wandersmann, der nicht ein Wort

Vom Apis der Aegypter wußte,

Und einst nach Memphis reisen mußte,

Betrat den weltberühmten Ort

Mit forschbegierigem Vergnügen.

Er folgt der ersten besten Bahn

Und sieht auf einem weiten Plan

Itzt einen Tempel vor sich liegen,

Der dem geblendeten Gesicht

Ein achtes Wunderwerk verspricht.

Er gaft und staunt, und um noch mehr zu sehen,

Beschließt er ganz hinein zu gehen.

Doch kaum setzt er den Fuß hinein,

So bleibt er angeheftet stehen.

Sein Auge will, wie kann es anders seyn?

Zu gleicher Zeit an jedem Vorwurf kleben,

Den hohe Kunst und unschäzbare Pracht

Der ersten Gottheit würdig macht.

Erz, Marmor, Elfenbein, und Bilder voller Leben

Sind überall mit Weisheit angebracht.

Den starren Wandersmann ergreift ein heilig Beben.

Er nähert sich, den Herrn so vieler Herrlichkeit,

Den Weihrauchwolken dicht umgeben,

Mit tiefer Unterwürfigkeit

In stummen Hymnen zu verehren.

Allein wie stutzt er nicht, als er den Gott erblickt!

Ein goldner Ochse wars, mit Perlen ausgeschmückt.

Kaum kann er sich des Lachens noch erwehren.

Ein großes Glück für ihn! Wird diesen fremden Gast

Ein guter Wind einst nach Europa wehen,

So kann er, ohne weit zu gehen,

In manchem glänzenden Pallast

Dergleichen Götter täglich sehen.

Das Mögliche und Unmögliche

Der Busenfreund des Gotts der Reben,

Thrax hat das Zechen aufgegeben.

Das kann nicht seyn!

O ja! denn in dem Augenblicke

Kömmt man von seinem Grab zurücke.

So räum ichs ein.

Dulcindor hat sich hoch vermessen,

Alisen ewig zu vergessen.

Das kann nicht seyn!

Der kühne Geck ward von Alisen

Mit Schimpf und Schande fortgewiesen.

So räum ichs ein.

Griselde will in ihrem Leben

Dem Spiegel keinen Blick mehr geben.

Das kann nicht seyn!

Sie glaubet beym Vorübergehen

Stets ein Gespenst darinn zu sehen.

So räum ichs ein.

Dem glücklichen Strophil verfliessen

Die Stunden unter Wein und Küssen.

Das kann nicht seyn!

Er selbst sagt es auf zwanzig Bogen

Von Oden, Liedern und Eklogen.

So räum ichs ein.

Der stolze Ritter Curt vom Lande

Freyt Lieschen aus dem Bürgerstande:

Das kann nicht seyn!

Die Braut hat sechzigtausend Gulden;

Damit bezahlt er seine Schulden.

So räum ichs ein.

Ismenens Mann starb wohl betaget.

Das junge Weibchen weint und klaget.

Das kann nicht seyn!

Das Wittwenjahr! das ist der Knoten,

Nur das beweint sie, nicht den Todten.

So räum ichs ein.

Chrysant, der nur auf Wucher denket,

Hat heut ein armes Weib beschenket.

Das kann nicht seyn!

Er thats, damit sie beten solle,

Daß Gott sein Geld vermehren wolle.

So räum ichs ein.

Pachom speißt öfters bey Philisten;

Der Ketzerfeind beym Calvinisten.

Das kann nicht seyn!

Der Ketzer, unter uns gesprochen,

Läßt desto orthodoxer kochen.

So räum ichs ein.

Balbs Meisterwerk von dreyzehn Bänden

Ist nun in aller Menschen Händen.

Das kann nicht seyn!

Man kriegt es von den Trödeljuden

Und in den Käs- und Häringsbuden,

So räum ichs ein.

Laidion will sich bequemen

Den häßlichen Marull zu nehmen.

Das kann nicht seyn!

Mich reizt, so sprach die kluge Dirne,

An ihm die schöne breite Stirne.

So räum ichs ein.

Der Koch

In eines Königs Küchenrathe

War Veit bestallter Großvezier,

Und nach dem Großalmosenier

John Fallstafs treustes Bild im Staate;

Doch gieng er in des Fürsten Gunst

Ihm vor; denn in der seltnen Kunst,

Die wälschen Hähne fett zu mästen,

Glich kein Genie dem dicken Veit

Im ganzen Reich der Wirklichkeit;

Und bey dem Herrn und seinen Gästen

Galt ein gebratner welscher Hahn

Mehr als sein bester Unterthan.

Er füllte stets, dies war die Regel

Des Hofs, wie der Monarch der Kegel,

Das Centrum auf der Tafel aus.

Bey einem frohen Gallaschmaus,

Da Veits Talente Wunder schufen,

Ließ bey dem siebenten Pokal

Der frohe Fürst ihn vor sich rufen.

Erst drängt ein Bauch sich in den Saal,

Und nach und nach die mindre Hälfte

Des Thaumaturgs; ein Pudelkopf,

So führt ihn weiland Carl der Zwölfte

Im Holzstich, formt des Thurmes Knopf.

Begehre von mir eine Gnade,

Sprach der Monarch, getreuer Veit;

Die ganze Welt erfahre heut,

Wie ich der Pflicht der Dankbarkeit

Mich gegen das Verdienst entlade.

Begehre, was du willst. Der Koch

Bückt sich und schweigt. So rede doch,

Rief der Trajan. Kein Glück auf Erden,

Herr König, zeigt mir größern Lohn,

Als Esel oder Narr zu werden

Bey eurer heiligen Person.

Der König lacht; die Schranzen sperren

Den Mund auf. Lacht, so viel ihr wollt,

Schrie Veit; der Hofnarr sitzt im Gold,

Die Esel werden große Herren.

Das ertrunkene Weib

Ein böses Weib, das keinem Drachen wich,

Die schrecklichste von allen Ruthen

Des strafenden Geschicks, ersäufte sich

Und ward ein Spiel der Fluthen.

Ihr Mann sucht den entseelten Leib,

Den er mit Sang und Klang begraben wollte,

Damit als Poltergeist auch nach dem Tod sein Weib

Ihn ja nicht plagen sollte.

Er fuhr in einem Kahn mit bangem Fleiß

Den Fluß hinab: er wühlt in Moor und Schlünden,

Fand ihren Modehut und ihren Modesteiß;

Sie selbst war nicht zu finden.

Laßt uns die Gondel drehn, rief endlich Nachbar Veit,

Sein Bootsmann, aus: ist sie sich gleich geblieben,

So hat sie wohl der Geist der Widerspenstigkeit

Den Strom hinaufgetrieben.

Auf Eudoxiens Grab

Eudoxia verließ die Welt

Aus Gram nach ihres Mannes Tode:

Dieß ist die erste neue Mode,

Die jungen Weibern nicht gefällt.

Der feine Unterschied

Der alte finstre Lisimon

Sprach jüngst zu seinem lockern Sohn:

Mein Kind, soll dir das Glück einst blühen,

So mußt du stets die Weiber fliehen.

Der weise Sirach hat wohl recht,

Es ist ein teuflisches Geschlecht:

Weh dir, wenn sie ins Garn dich ziehen!

Der Sohn verspricht es dem Papa,

Und küßt, daß es der Alte sah,

Gleich drauf des Gärtners braunes Hedchen.

Wie, flucht der Vater, Bösewicht!

Erwägst du meine Lehre nicht?

O, rief der Sohn, das ist ein Mädchen.

Aglae

Was Chloe doch wohl brauchen mag,

Um immer so zu blühn,

Wie kaum am schönsten Frühlingstag

Aurorens Wangen glühn?

Ich bin so weiß, und weißer noch

Als sie, doch nicht so roth;

Und ohne Rosen sind ja doch

Die Lilien zu todt.

Heut schien mirs, daß ihr Tityrus

Sie röther noch geküßt;

Da fiel mir ein, ob nicht ein Kuß

Das Zaubermittel ist.

Flugs ließ ich meinen Bruder mich

Derb küssen, lief zum Teich

Und sah hinein; doch bleich war ich,

Und blieb auch leider bleich.

Muß nicht vielleicht ein fremder Mund ...

Ja, ja, das wird es seyn!

Still! dort kömmt Hylas aus dem Grund;

Soll ich? – Wohlan! – Doch nein! –

Ey was! ich weiß, er wird es thun;

Er ist der beste Hirt:

Jüngst bracht er mir mein falbes Huhn,

Das sich im Wald verirrt.

Hm! hm! er hört und sieht mich nicht;

Jetzt greift er nach dem Hut.

O Wunder! ist nicht mein Gesicht

Schon wirklich lauter Glut?

Beweis von hintenher

Jüngst rühmte sich der Arzt Rhabarbarin,

Ich sey durch ihn von Gicht und Pest genesen.

Die Probe, daß er nie mein Arzt gewesen,

Ist, weil ich noch am Leben bin.

Die Schnecke

Zum erstenmal kroch eine Schnecke,

Das schönste Kunststück der Natur,

Aus der verborgnen Fliederhecke,

Die sie gebahr auf Tempes Flur.

Hier saß auf weichen Lotusblättern

Der Phönix ihrer jungen Vettern.

Sie stutzt, sie gafft ihn staunend an

Und nickt ihm Dank, als er sie grüßet,

Doch der versuchtere Galan

Rückt näher, kömmt und sieht und küsset.

Das Bäschen schaudert und verschließet

Sich schnell in ihr verschanztes Haus.

Allein itzt schien es ihr zu enge,

Es war als zögen hundert Stränge

Sie aus der finstern Gruft heraus.

Kaum schlüpft sie aus der bunten Schale,

So küßt er sie zum andernmale.

Sie sträubt sich und mit scheuem Blick

Glitscht sie in ihr Castell zurück;

Doch dasmal nur mit dem Gesichte.

Ihr Busen winkt dem losen Wichte

Noch kühner als zuvor zu seyn.

Er wars. – Sie biß ihn doch? – Ach nein!

Sie bebte nur durch alle Glieder,

Und schäumte Zorn, doch blos zum Schein.

Nach zwo Minuten kam sie wieder.

Zwar grollt noch ihr Gesicht; allein

Der Lecker küßte seine Falten,

Und sie zog blos die Augen ein,

Die wir getäuscht für Hörner halten.

Bald aber zuckt sie gar nicht mehr,

Und küsset lieber noch als er.

Wär ich ein Schalk, ich würde schwören

Daß junge Mädchen Schnecken wären.

Die Klugheit

Durch eines Fischers List berückt,

Ward in sein Garn ein junger Hecht verstrickt.

Das Sprüchwort sagt: Die Noth bricht Eisen.

Der Kriegsgefangne nagt so lang,

Bis daß es ihm zuletzt gelang

Sich aus den Banden loszureißen.

Itzt, sprach er bey sich selbst: Ey, ey,

Ich dacht es nicht, bey meiner Ehre,

Daß hier ein Netz verborgen wäre.

Je nun, ich bin ja wieder frey,

Kein Henker soll zum zweytenmal mich kriegen.

Doch still! was seh ich dort vor jenem Boot

Im Wasser hin und wieder fliegen?

Beym Element, ein fetter Bissen Brodt!

Er schnappt ihn auf und läßt, dem Netze kaum entgangen,

Sich nun durch einen Hamen fangen.

Die zween Füchse

Zween Füchse brachen einem Pächter

Zur Nachtzeit in sein Hühnerhaus,

Und übten Mord und Todtschlag aus.

Ein stolzer Hahn, des Hofes Wächter,

Der Hennen Abgott, fiel im Straus

Als Held für seine Sultaninnen,

Und kurz, es konnte nichts entrinnen,

Was Federn auf dem Leibe trug.

Den Dieben frommt kein langes Weilen,

Sie sagten: laßt den Raub uns theilen,

Raps war schon alt und folglich klug.

Er sprach zum jüngern Spießgesellen:

Mein Sohn, ich weiß aus tausend Fällen,

Wie nöthig man zu sparen hat;

Ist heut mein Magen noch so satt,

So will er morgen doch was haben.

Auch ist der Winter vor der Thür,

Darum, Herr Neffe, glaube mir,

Laß uns den reichen Schatz vergraben,

Um lang uns noch damit zu laben.

Der junge Rips, ein lockrer Wicht,

Versetzte mit ersticktem Lachen:

Ich danke für den Unterricht

Und will ihn mir zu Nutze machen.

Hier fiel er auf den Proviant

Und schob ein Hühnchen in den Rachen.

Ein zweytes ward ihm nachgesandt

Und mit dem Spiele fortgefahren,

Bis alle, trotz der Homilie

Des Oheims, rein verzehret waren.

Nun suchte Rips mit saurer Müh

Sich von der Tafel zu erheben.

Allein auf einmal wird ihm schwach;

Sein Athem stockt, die Kniee beben:

Er wälzt sich, seufzet Weh und Ach,

Und sucht den Fraß zurück zu geben.

Der Oheim fuhr dem armen Gauch

Mit einer Feder in die Kehle.

Allein umsonst, der volle Bauch

Zerbarst. Zevs helfe seiner Seele;

Sprach Raps und schickte sich nun auch

Zum Siegesmahl. Er nagt die Flügel

Des Hahns in kleinen Bissen ab,

Hölt für den Rest des Raubs ein Grab

Und überdeckt mit Moos den Hügel.

Nun schlendert er in kurzem Trab

Nach Haus, und überschlägt im Gehen,

Wie weit der Vorrath reichen mag.

Er rastet nicht, kaum graut der Tag,

So eilt er nach dem Schatz zu sehen.

Allein der Pächter, ein Pandur,

Der nur zu früh den Raub erfuhr,

Ließ heimlich auf den Gaudieb lauren;

Auch war er kaum dem Hügel nah,

So stand ein Regiment von Bauren

Mit ungeheuren Prügeln da,

Und um den Ausgang kurz zu sagen,

Raps ward auf seinem Schatz erschlagen.

Kein Alter ist von Lastern frey.

Der Jüngling fröhnt der Schwelgerey,

Der Greis ist seiner Thaler Sklave,

Und beyde sind sich selbst zur Strafe.

Die Verläumdung

Bav, sagt die böse Welt, Bav ist ein rechter Heyde.

Wie? Bav, der ohne Scheu sich an den Göttern reibt,

Und, zu Minervens Gram und dem Apoll zu Leide,

In Versen und in Prose schreibt?

Die Jungemagd

Ey seht, wie dick die Amme thut,

Das Mensch trägt Puder auf dem Kopfe;

Die gnäd'ge Frau hats kaum so gut,

Es ißt mit ihr aus einem Topfe,

Trinkt Firnewein und schlürft Kaffe,

Ich muß mit Kovent mich begnügen.

Wenn ich vor Tag am Waschtrog steh,

So bleibt die Drolle ruhig liegen.

Mich sprengt man immer hin und her,

Sie darf nur tanzen, singen, lachen;

Nein, Jungemagd bleib ich nicht mehr,

Ich lasse mich zur Amme machen.

Elmire

Elmire, die sonst nichts von Mutterpflicht gewußt,

Zu vornehm, etwas mehr als ihren Mops zu lieben,

Stillt ihren Benjamin an ihrer eignen Brust.

Vielleicht hat ihm der Arzt die Eselsmilch verschrieben.

Die Talismane

Alinens Mann, der alte Jahn,

Trug immer einen Talisman

Am Hals. Warum? Das fiel Alinen –

Er konnte zwier ihr Vater seyn –

Beym Schlafengehn zu fragen ein.

Es ist, sprach er mit schlauen Mienen,

Ein Talisman der Fruchtbarkeit,

Und machte schmunzelnd sich bereit

Ihr einen derben Kuß zu geben.

Doch nun sieht er beym Kerzenlicht

Auf ihrer Brust ein Bildchen schweben;

Er hatte gleich die Brille nicht,

Sie hätt ihm sonst in allen Zügen

Des jungen Neffen Angesicht

Entdeckt. Was hast du, Kind, hier liegen?

Sprach Jahn. Sie schwieg voll Schüchternheit.

Ists etwann auch, mein trautes Weibchen,

Ein Talisman der Fruchtbarkeit?

Getroffen! rief das fromme Täubchen.

Das große Herz

Vor einem Kirchthor sprach ein armer Pilgersmann

Mit einem silbergrauen Scheitel

Den Harpax um ein Zehrgeld an.

Mein Herz, versetzt der Filz, ist größer als mein Beutel,

Und gab ihm einen Deut. – Mag seyn, erwiedert Er;

Nur ist der Beutel voll, und euer Herz ist leer.

Der Schmetterling und der Rabe

Kaum hatte Florens Zauberring

Der Tellus kalten Schooß berühret

Und ihn mit Blumen ausgezieret;

So schwung ein junger Schmetterling

Die blaugezackten Silberflügel

Und flog, von süßer Lust berauscht,

Sogleich auf Paphos Myrthenhügel,

Wo Amor unter Rosen lauscht.

Hier sah ihn ein gelehrter Rabe,

Der in betrachtungsvoller Ruh

Zehn Jahre schon in einem Grabe

Sein Wesen trieb, und rief ihm zu:

Der Rabe.

Um ein paar Wochen nur zu leben,

Sprich! ist es wohl der Mühe werth,

Auf buntem Tand umher zu schweben,

Den, so wie dich, ein Tag zerstört?

Ja, hätte Cloto zehn Dekaden

Und mehr an deinen Lebensfaden,

Wie an den meinen, angereiht;

So wären deine Gaukeleyen,

So wäre deine Sicherheit

Dir eher zu verzeihen.

Der Schmetterling.

Ich thue, was mein Trieb mich lehrt,

Und wette diese Purpurnelke,

Mein Glück ist wohl das deine werth.

Wahr ist, daß ich mit ihr verwelke;

Allein so lange weit und breit

Bekannt ist, daß die Herren Raben

Mit Leichen ihren Gaumen laben,

Reizt keiner meinen Neid.

Der Rabe.

Wohlan, so lauf in dein Verderben,

Betrogner Sklav der Eitelkeit!

Da deine ganze Lebenszeit

Nichts ist, als kurze Frist zum Sterben;

So folgt, daß du ein Narr seyn mußt,

Im Taumel schnöder Sinnenlust

Auf Amaranthen und Narzissen

Sie sorglos zu verküssen.

Der Schmetterling.

Nun, nun Herr Doctor, schönen Dank

Für deine süßen Sittenlehren!

Fahr wohl! ich liebe keinen Zank,

Und traun! du wirst mich nicht bekehren.

Du lebest lang, ich lebe schön;

Allein auch du wirst einst vergehn.

Dann ist es gleich, ob mir nur Stunden,

Ob Menschenalter dir verschwunden.

Wer ohne Vorwurf und Verzug

Die Freuden dieses Lebens brauchet,

Und wenn ers morgen von sich hauchet,

So stirbt er alt genug.

Galathea

Am Fuß des Latmos wölbt sich eine tiefe Grotte,

Vom Finger der Natur, der Kunst Vitruvs zum Spotte,

In adrigten Granit mit Allkraft eingedrückt

Und durch ein Säulenpaar von Tropfstein ausgeschmückt.

In ihrem Schooß umschlang die göttliche Selene

Einst den Endymion. Zur Feyer dieser Szene

Hat Amor das Portal mit Myrthen rund umschanzt

Und einen Rosenhain ins nahe Thal gepflanzt,

Das ein gekrümmter Bach mit seiner Fluth bespület,

Hell wie der Morgenthau, der Florens Busen kühlet,

Und majestätisch still, wie die Zufriedenheit.

Sein flacher Boden ist mit Goldkies überstreut,

Den das beglückte Volk, das diese Flur besitzet,

Für gelben Sand nur hält und blos zum Scheuern nützet.

Oft wann der Flor der Nacht die bunten Auen schwärzt,

Kömmt Thetis Nymphenchor den Bach heraufgescherzt,

Denn früh verliert er sich und deckt mit seinem Schaume

Des Meeres grüne Fluth gleich einem Silberpflaume.

Schon nahte sich Apoll der Grenze seiner Bahn;

Schon blies ein kühler West die welken Blumen an,

Als Galathea, schön wie keine der Najaden,

Die schwüle Trift verließ, um einsam sich zu baden.

Sie warf sich in den Bach, der gierig sie verschlang

Und wollustmurmelnd sich um ihren Busen drang.

Die Schöne plätschert schon im flüßigen Kristalle;

Bald trägt sein Rücken sie gleich einem Federballe,

Bald tauchet sie das Haupt bis auf den Grund hinab

Und hebt es triefend auf aus dem zerwühlten Grab.

Hier sah sie Tityrus, der lieblichste der Hirten

Des karischen Gefilds, durch die verwachsnen Myrthen,

Zwo Stunden gieng er schon dem schönsten Schaafe nach,

Das von der Trift entlief, und naht sich nun dem Bach,

Wo er das Götterbild kaum in der Fluth erblicket,

Als er voll Ehrfurcht sich dreymal zur Erde bücket;

Er glaubt Dianen selbst (daß es hier oft geschehn,

Erzählt die ganze Flur) in vollem Reiz zu sehn.

Ihr Anblick schmelzt sein Herz, das laute Schläge hoben,

Schon will er ihr ein Lamm zum Opfer angeloben,

Als ihn von ungefehr des Mädchens Aug entdeckt.

Dem bangen Täubchen gleich, wenn es der Habicht schreckt,

Entschlüpft sie längs dem Schilf und fliehet in die Höhle,

Die ihr Gewand verwahrt, und ruft aus voller Kehle

Die Hülfe des Neptuns und aller Nymphen an.

Ihr Ruf erfüllt das Thal. Der edle Hirt Sylvan,

Ein Liebling des Apolls, der bey der Abendröthe

Am nah gelegnen Hain zu einer neuen Flöte

Sich einen Buxbaum hieb, vernahm ihr Angstgeschrey.

Von Mitleid angespornt eilt er im Flug herbey

Und sieht den Tityrus, der vor der Höhle wachte,

Bald einzudringen droht und bald des Mädchens lachte,

Das jezt ihm stolz befahl, jezt ihn beym großen Pan

Voll Huld zu weichen bat. Der Anblick des Sylvan

Beschämt den Tityrus, der hastig ihm erzählet,

Wie diesen Abend ihm sein schönstes Schaaf gefehlet,

Wie er es lang gesucht und hier von Amors Hand

Dem Bache zugeführt das schönste Mädchen fand,

Das er für Phöben hielt; wie es sein Wahn erschreckte

Und wie es mit Geschrey sich in die Kluft versteckte.

Hier, fuhr der Schäfer fort, hält mich die Sehnsucht fest,

Bis es den dunkeln Schoos des Heiligthums verläßt;

Dann soll es nur ein Kuß aus meinem Arme retten.

Nun drang die Schäferin, umschwebt von Amoretten,

Mit holder Majestät sich durch das Myrthenthor.

So hob Aurora sich, um einst dem Götterchor

Den Tag der Wiederkehr des Phöbus anzusagen,

Aus Thetis Schilfpallast auf ihren Rosenwagen.

Noch hängt ein lichter Thau der himmlischen Gestalt

Am goldgelockten Haar, das ihr vom Nacken wallt;

Ein weißer Leibrock deckt, von ihren eignen Händen

Aus zartem Flachs gewebt, den schlanken Wuchs der Lenden,

Die nach Cytherens Art ein breiter Gürtel schmückt,

Von weiß und grünem Bast mit seltner Kunst gestrickt.

Verstummt erkennen nun die Hirten an der Schönen

Die junge Galathe, die Schwester der Kamönen,

Die bey dem Hochzeitfest Damöts im Wettgesang

Den bunten Gürtel sich als einen Preis errang.

Sie naht sich dem Sylvan: Heil dir, o du mein Retter!

Sprach sie, dich sandten mir die mitleidvollen Götter

Als dieser böse Hirt ... Ich bin nicht böse, nein,

Beym Pan, das bin ich nicht, fiel Tityrus ihr ein.

Was that ich? als die Furcht dich in die Höhle jagte,

Hab' ich dich zwar verfolgt; doch ob ich es gleich sagte,

So drang ich nicht hinein. Was hemmte meinen Fuß

Als Ehrfurcht? Freylich bat ich dich um einen Kuß

Zum Lösegeld; allein den konnt' ich mir ja rauben.

Ja, Kind! so sprach Sylvan, du kannst dem Hirten glauben,

Ich bin dein Retter nicht, denn bieder ist sein Herz.

Gieb ihm den Kuß zum Lohn, was er gethan, war Scherz.

Doch als dein Angstgeschrey den Vater der Tritonen

Um seinen Beystand bat, dacht ich an Amymonen,

Von der mein Ahne mich ein hohes Lied gelehrt,

Das er als Jüngling einst auf ferner Trift gehört.

Noch muß ich es ihm oft mit meiner Chloe singen;

Dann drückt er mir die Hand; erstickte Seufzer dringen

Aus seiner frommen Brust. Des Mädchens Wange glüht

Und weinend dankt es ihm von neuem für das Lied.

Wirst du, so fuhr er fort, des Hirten Wunsch gewähren,

Dann, holde Sängerin, will ich auch dich es lehren.

Halb lächelnd, halb erzürnt bot Galathe den Kuß.

So küssen Grazien. Entzückt gab Tityrus

Das süße Lösegeld der Schönen zweymal wieder,

Dann setzten alle sich im bunten Grase nieder;

Der Schäfer blies das Lied auf seinem Haberrohr

Und sang dem stummen Paar die ernsten Worte vor:

Sängerin des Jammers, Philomele,

Hebe dich aus deiner Trauerhöhle,

Komm, begleite meiner Flöte Klang;

Fromme, gattenlose Turteltaube,

Komm zu mir in die Cypressenlaube,

Girre mit in meinen Nachtgesang.

Feyrt mit mir, entfernt von Phöbus Blicke,

Feyrt mit mir das traurige Geschicke

Einer Fürstin aus der alten Zeit!

Holder Geist der edlen Amymone,

Kröne mich mit deiner Todtenkrone

Für die Klagen, die mein Lied dir weiht.

Amymone, grauenvoller Name!

Echo, blasses Bild von meinem Grame,

Treues Echo, sing ihn mir nicht nach!

Oder tragen ihn die stillen Lüfte

Bis zu dir in deine schwarzen Klüfte,

Göttin, o so nimm auch dieses Ach!

Reines Opfer deiner frühen Tugend,

O wie schön floß deine Götterjugend!

Edles Kind des großen Danaus!

Neben ungestümmen Wasserfällen

Fließen so die stillen Ambraquellen

An des Hybla honigreichem Fuß.

Oftmals, wenn dein Tritt auf steilen Höhen

Um den stolzen Damhirsch auszuspähen,

Durch den Cedernhayn gewandelt ist,