Faszientherapie beim Hund - Barbara Welter-Böller - E-Book

Faszientherapie beim Hund E-Book

Barbara Welter-Böller

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Beschreibung

Faszination Faszien – bringen Sie Bewegung in den Hund

Ausgezeichnet illustriert und klar verständlich vermittelt dieses Buch Grundlagen und Praxis der Faszientherapie beim Hund.

Das osteopathisch versierte Autorenteam um Barbara Welter-Böller erläutert die Biomechanik und Pathologie der Faszien und zeigt, wie sich Einschränkungen auf das parietale, viszerale und craniosacrale System auswirken. Die zahlreichen direkt umsetzbaren Befundungs- und Behandlungsmethoden werden detailliert beschrieben. Damit erhalten Sie konkrete therapeutische Einsatzmöglichkeiten bei der Behandlung von Schmerzen, Verspannungen, orthopädischen Problemen und Stress beim Hund.

Mit vielen Tipps und Hintergrundwissen aus dem Praxisalltag wendet sich dieses Buch sowohl an Kleintierpraktiker und ganzheitlich tätige Tierärzte als auch an Tierphysiotherapeuten und Tierheilpraktiker.

Jederzeit zugreifen: Der Inhalt des Buches steht Ihnen ohne weitere Kosten digital in der Wissensplattform VetCenter zur Verfügung (Zugangscode im Buch).

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Seitenzahl: 239

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Faszientherapie beim Hund

Barbara Welter-Böller, Maximilian Welter, Hedi John

2., aktualisierte Auflage

126 Abbildungen

Vorwort zur 2. Auflage

Den Erfolg einer Faszientherapie habe ich zum ersten Mal vor nunmehr 23 Jahren bei meinem eigenen Hund erlebt, einem alten, an degenerativer Myelopathie leidenden Briard. Mein Mann und ich waren in der Ausbildung zum Humanosteopathen, die ich – hochschwanger – unterbrechen musste. Unser Dozent war der geniale französische Osteopath Jean Pierre Barral, vom Time Magazin zu einem der 100 bedeutendsten Pioniere der Alternativmedizin des 20. und 21. Jahrhunderts gewählt, der die Faszientherapie bei Hunden mit großem Erfolg einsetzte. Mein Mann nahm den Hund mit, Jean Pierre Barral behandelte ihn und nach Hause kam ein in seiner vis vitalis völlig positiv veränderter Hund: fröhlich, voller Energie und im Bewegungsablauf deutlich verbessert.

Ich ließ mir die angewandte Technik zeigen – eine großflächig kreisende Mobilisation der Rumpffaszie – und wandte diese bei meinen Hundebehandlungen immer mit gutem Erfolg an. Die Hundebesitzer nannten es: das heilsame „Knuddeln“. Heute kann ich die Wirkungsweise des „Knuddelns“ erklären und die Faszientherapie ist für mich eine der wichtigsten Techniken in meinem Behandlungsspektrum geworden. Sie ist im wahrsten Sinne des Wortes ganzheitlich.

Von meiner „Faszienbegeisterung“ wurde auch mein Neffe, Maximilian Welter, praktizierender Tierarzt, angesteckt, der die anatomischen Zusammenhänge erforscht und untersucht. Hier liegt noch viel Pionierarbeit vor uns, Anatomiebücher werden sicher in Zukunft anders geschrieben werden müssen.

Ich freue mich, in dieser spannenden Zeit leben zu dürfen, in der empirische Behandlungstechniken erklärt werden können und ich bedanke mich von Herzen bei Jean Pierre Barral, der mir als Erster die enorme Wirksamkeit dieser Techniken vor Augen führte.

Barbara Welter-Böller

Eine therapeutische Behandlung und deren Wirkungsweise sind so unterschiedlich wie der Mensch, der sie als Therapeut durchführt. Aus der individuellen Aus- und Weiterbildung, meist geprägt durch herausragende Therapeuten, erwächst mit der Zeit eine eigene therapeutische Handschrift. Ich hatte das Glück, auf meinem therapeutischen Weg, Menschen zu treffen, die eine ansteckende Begeisterung für derzeit noch wenig erklärbare Techniken in sich trugen.

Mein persönlicher Dank gilt an dieser Stelle insbesondere dem Osteopathen Rolf-Peter Heikens und meiner Mitautorin Barbara Welter-Böller. Zudem möchte ich Henrike Könneker und Ute Reiter danken. Auch durch ihr Wissen, transportiert mit einer ganz besonderen Energie und Begeisterung, habe ich weiter dazulernen dürfen.

Ich selbst konnte so mit der Zeit, in zahlreichen Hundebehandlungen lernen, dass gerade die von außen so sanft und unspektakulär wirkenden Faszientechniken so tiefgreifende Veränderungen bewirken können. Daraus erwuchs eine immer stabiler werdende Überzeugung und ich bin sehr dankbar dafür, dass das Wissen rund um das Thema Faszien in der Behandlung von Hunden stetig weiterwächst.

Hedi John

Mit diesem Buch möchten wir unseren derzeitigen Wissensstand und die Begeisterung für diese wunderbaren therapeutischen Techniken mit allen Interessierten teilen.

Barbara Welter-BöllerMaximilian WelterHedi John

Barbara Welter-Böller, Hedi John und Maximilian Welter (von rechts nach links).

Inhaltsverzeichnis

Titelei

Vorwort zur 2. Auflage

Teil I Faszientherapie beim Hund

1 Einleitung

Teil II Anatomie, Physiologie, Funktion und Pathologie der Faszien

2 Anatomie und Physiologie der Faszien

2.1 Definition Faszie

2.1.1 Welche Gewebe sind nach dieser Definition Faszien?

2.1.2 Oberflächenfaszien

2.1.3 Muskulatur

2.1.4 Körperhöhlen

2.1.5 Nerven und Gefäße

2.1.6 Gehirn und Rückenmark

2.1.7 Dysfunktionen von Faszien beim Hund

2.2 Funktion der Faszien – der Körper im Spannungsfeld zwischen Stabilität und Mobilität

2.2.1 Katapulteffekt

2.3 Morphologie der Faszien

2.3.1 Zellen

2.3.2 Interzellularsubstanz (extrazelluläre Matrix)

2.3.3 Grundsubstanz

2.4 Faszientypen

2.4.1 Embryonales Bindegewebe

2.4.2 Gallertartiges Bindegewebe

2.4.3 Retikuläres Bindegewebe

2.4.4 Lockeres, faserarmes Bindegewebe

2.4.5 Straffes, faserreiches Bindegewebe

2.5 Unterteilung des Körpers durch Faszien

2.6 Diaphragmen

3 Faszien als „Sinnesorgane“

3.1 Embodiment (Körperwahrnehmung)

3.2 Rezeptoren der Faszien

3.2.1 Golgi-Rezeptoren

3.2.2 Vater-Pacini-Körperchen

3.2.3 Ruffini-Körperchen

3.2.4 Interstitielle Rezeptoren

3.2.5 „WDR-Programm“

3.2.6 Wie reagieren Faszien auf Schmerz?

4 Pathologie der Faszien

4.1 Faszienrestriktion

4.2 Faszien und Stress

4.3 Narbengewebe

4.4 Faszien und Alter

Teil III Befundungs- und Behandlungsmöglichkeiten

5 Faszienbefundung

5.1 Exterieurbeurteilung und Adspektion

5.1.1 Exterieur

5.1.2 Adspektion

5.2 Gang- und Bewegungsanalyse bei Faszienproblemen

5.2.1 Gang- und Haltungsanalyse

5.2.2 Bewegungsanalyse

5.3 Faszienpalpation

5.3.1 Palpation der einzelnen Faszien

6 Behandlungsmöglichkeiten bei Faszienproblemen

6.1 Faszienreifung und aktive Faszienbehandlung

6.1.1 Aktive Faszienstärkung und -regulation

6.1.2 Training der Ergorezeptoren

6.1.3 Faszientherapie

6.2 Manuelle Faszientherapie

6.2.1 Ausstreichungen

6.2.2 Einfache passive Dehnung

6.2.3 Myofasziales Release

6.2.4 Massage

6.2.5 Körperbandagen, Thundershirt und Tapes

6.2.6 Mobilisation der Gelenkkapsel

6.2.7 Narbenbehandlung

6.3 Spezielle Techniken für besondere Faszien

6.3.1 Clear the Confusion: Normalisierung der Falx cerebri

6.3.2 Detonisierung der kurzen Nackenstrecker: Harmonisierung der Meningen

6.3.3 Detonisierung von Strukturen, die die Stellung des Iliums und Sacrums beeinflussen

6.3.4 Dehnung der spinalen Ligamente und der Dura über Traktionen

6.3.5 Shiften der Wirbelkörper und Lösen der Rückenbänder

6.4 Faszienregulation an den Extremitäten

6.4.1 Dreidimensionale Mobilisation der Schulter

6.4.2 Release der Fascia antebrachii über das Os pisiforme

6.4.3 Faszienlift

6.5 Besondere Techniken am Rumpf

6.5.1 Faszienlift

6.5.2 Kiblersche Hautfalte

6.5.3 Subcutane Reflextherapie (Bindegewebsmassage)

6.6 Masterclass Faszienbefundung und -behandlung: global – lokal – global

6.6.1 Listening

6.6.2 Motilität der Faszien, der „Faszientanz“

6.6.3 Unwinding (Entwirren)

6.7 Diaphragmen als zentrale Strukturen

6.7.1 Bedeutung und Funktion der Diaphragmen

6.7.2 Tentorium cerebelli

6.7.3 Craniocervicales Diaphragma

6.7.4 Vordere Thoraxappertur

6.7.5 Diaphragma abdominalis (Zwerchfell)

6.7.6 Diaphragma pelvis (Beckendiaphragma)

Teil IV Das parietale System

7 Anatomie der Faszien, typische Restriktionen und deren Behandlungsmöglichkeiten

7.1 Kopf-, Hals- und Rumpffaszien

7.1.1 Fascia capitis superficialis

7.1.2 Fascia capitis profunda

7.1.3 Fascia cervicalis superficialis

7.1.4 Fascia cervicalis profunda

7.1.5 Fascia trunci superficialis

7.1.6 Fascia trunci profunda

7.1.7 Fascia thoracolumbalis

7.1.8 Fascia spinocostotransversalis

7.2 Faszien der Vordergliedmaßen

7.2.1 Fascia axillaris

7.2.2 Fascia brachii

7.2.3 Fascia antebrachii

7.2.4 Fasziale Sonderstruktur: Membrana interossea antebrachii

7.2.5 Fascia dorsalis manus

7.2.6 Fascia palmaris

7.3 Faszien der Beckengliedmaßen

7.3.1 Fascia glutea

7.3.2 Fasziale Sonderstruktur: Lig. sacrotuberale

7.3.3 Fascia lata

7.3.4 Fascia femoralis medialis

7.3.5 Fascia genus

7.3.6 Fascia cruris

7.3.7 Fascia plantaris und Fascia dorsalis pedis

Teil V Das viszerale System

8 Anatomie der Faszien im Bereich der Viszera

8.1 Einleitung

8.2 Anatomischer Überblick über Brust-, Bauch- und Beckenhöhle

8.2.1 Brusthöhle

8.2.2 Bauchhöhle

8.2.3 Beckenhöhle

8.3 Fasziale Auskleidung von Brust-, Bauch- und Beckenhöhle

8.3.1 Fasziale Auskleidung der Brusthöhle

8.3.2 Fasziale Auskleidung der Bauchhöhle

8.3.3 Fasziale Auskleidung der Beckenhöhle

9 Die Organe im Gesamtsystem der Faszien

9.1 Das „viszerale Gelenk“

9.1.1 Bestandteile des viszeralen Gelenkes

9.1.2 Motor der Bewegung

9.2 Viszerale Restriktionen: Ursachen und Auswirkungen

9.2.1 Klinische Befunde, die auf eine viszerale Restriktion hinweisen können

9.3 Fasziale Ketten im Gesamtsystem

9.4 Spannungsausbreitung über die Fascia cervicalis profunda

10 Typische Restriktionen im Bereich der Viszera und deren Behandlungsmöglichkeiten

10.1 Viszerale Behandlungstechniken

10.2 Faszien der Lunge

10.2.1 Topografie

10.2.2 Besonderheit

10.2.3 Symptome

10.2.4 Behandlungsvorschläge

10.3 Faszien des Magens

10.3.1 Topografie

10.3.2 Symptome

10.3.3 Behandlungsvorschläge

10.4 Faszien der Leber

10.4.1 Topografie

10.4.2 Symptome

10.4.3 Behandlungsvorschläge

10.5 Faszien des Dünndarms

10.5.1 Topografie

10.5.2 Symptome

10.5.3 Behandlungsvorschläge

10.6 Faszien des Dickdarms

10.6.1 Topografie

10.6.2 Symptome

10.6.3 Behandlungsvorschläge

10.7 Faszien der Harnblase

10.7.1 Topografie

10.7.2 Symptome

10.7.3 Behandlungsvorschläge

10.8 Faszien der Niere

10.8.1 Topografie

10.8.2 Symptome

10.8.3 Behandlungsvorschläge

10.9 Faszien der weiblichen Geschlechtsorgane

10.9.1 Topografie

10.9.2 Symptome

10.9.3 Behandlungsvorschläge

Teil VI Das craniosacrale System – fasziale Strukturen und Möglichkeiten der Beeinflussung

11 Faszienbehandlung im craniosacralen System

11.1 Intracraniales Fasziensystem

11.1.1 Behandlung des intracranialen Membransystems

11.2 Extracraniales Fasziensystem

11.2.1 Behandlung des extracranialen Membransystems

Teil VII Anhang

12 Faszientraining beim Hund

12.1 Trainingsprinzipien für Faszien und Muskulatur

12.2 Beispiel eines ausdauerorientierten Trainings über 6 Wochen mit den 4 Phasen der Anpassung

12.3 Welches Training ist effektiv?

12.4 Entwicklung von Faszienspannung

13 Literatur

Autorenvorstellung

Anschriften

Sachverzeichnis

Impressum/Access Code

Teil I Faszientherapie beim Hund

1 Einleitung

1 Einleitung

„Die Rolle, welche die Faszien in Tod und Leben spielen, konfrontiert uns mit einem der größten Probleme, die es zu lösen gilt.“ (Still u. Hartmann, 1902)

Willkommen im extrazellulären Raum!

Im Zentrum der wissenschaftlichen biologischen Forschung stand im 20. Jahrhundert die Zelle mit ihrem Aufbau und ihren Funktionen – mit dem Ergebnis, dass der Intrazellularraum weitgehend erforscht und verstanden ist. Inzwischen ist der extrazelluläre Raum in den Mittelpunkt der Forschung gerückt, der mit seinen Eigenschaften für die Gewebskontinuität und die anatomische Form des Körpers und seiner Organe verantwortlich ist. Der Extrazellularraum besteht aus einem kontinuierlichen fibrillären Netzwerk, den Faszien. Dieses Bindegewebe umhüllt Organe, Muskeln, Sehnen und sogar Gefäße und Nerven. Faszien sind aber nicht nur „Verpackungsmaterial“, sondern auch für Eigenwahrnehmung, Tiefensensibilität und Schmerzempfindung verantwortlich, da sie viele verschiedene Rezeptoren besitzen. Faszien zählen zu den am reichsten sensibel innervierten Strukturen des Körpers. Über sog. Gap junctions, direkte Zell-Zell-Verbindungen (Kanäle, die die Plasmamembran durchdringen und so den Intrazellularraum von Zellen miteinander verbinden), können Fibroblasten, die Bestandteil der Faszien sind, körperweit miteinander kommunizieren.

Interessanterweise entsprechen die faszialen Durchtrittsstellen der Trias Nerv, Arterie und Vene der oberflächlichen Faszie des Menschen zu 80 % den Akupunkturpunkten und der Verlauf der Meridiane stimmt zu 80 % mit den myofaszialen Leitbahnen überein.

In der extrazellulären Matrix, dem Grundgerüst der Faszien, das diese zusammenhält und die Form und Eigenschaften von Gewebe bestimmt, befinden sich verschiedene immunrelevante Zellen wie Makrophagen, Phagozyten und Mastzellen. Somit spielt das Bindegewebe auch eine große Rolle in der Immunabwehr. Die Faszien mit ihrem Verbund aus funktionsgleichen Zellen schützen den Körper vor Infektionen. Sie sind mit dem autonomen Nervensystem verbunden und können so auch ein Spiegel der psychoemotionalen Verfassung sein. Durch ihr Kontinuum stellen sie eine Einheit zwischen dem parietalen, dem viszeralem und dem cranialen System her. Somit ist ihre Funktion ganzheitlich und damit auch die Faszientherapie im Falle einer Störung.

Andrew Taylor Still, der Begründer der Osteopathie, erkannte schon 1878 die entscheidende Rolle der Faszien für die Gesundheit von Mensch und Tier. Sein tiefes Wissen über die Faszien ist heute aktueller denn je. Wir haben einige seiner Zitate zusammengetragen, um ihm auf diese Weise unsere Ehre zu erweisen.

„Die Faszien umgeben jeden Muskel, jede Vene, jeden Nerv und alle Organe des Körpers. Ein Netzwerk aus Nerven, Zellen und Röhren führt von den Faszien weg und zu ihnen hin. Es ist vernetzt und ohne Zweifel angefüllt mit Millionen von Nervenzentren und Fasern, die fortwährend vitale und zersetzende Flüssigkeiten nach innen und außen absondern. Durch die Aktion der Faszien leben wir, durch ihr Versagen sterben wir.“ (A. T. Still 1902, in: ▶ [10], S. III-37)

In der Manualtherapie, ob durch Physiotherapeuten, Osteopathen, Craniosacraltherapeuten oder Rolfer angewandt, ist die Faszientherapie außerordentlich erfolgreich, mit z. T. tiefgreifenden positiven Veränderungen, nicht nur auf physischer, sondern auch auf psychischer Ebene.

„Die Seele des Menschen mit allen Strömen reinen lebendigen Wassers scheint in den Faszien seines Körpers zu wohnen.“ (A. T. Still 1912, in: ▶ [39], S. 255)

Aufgrund der Erkenntnisse der Faszienphysiologie und -pathologie kann die Wirkungsweise verschiedener heilsamer und schmerzbefreiender Techniken, wie z. B. Akupunktur, verstanden und erklärt werden.

Das Fasziengewebe findet heutzutage auch in der Veterinärmedizin immer mehr Beachtung. Leider ist es noch schwer, anders als mittlerweile in der Humanmedizin, genaue Lagen und Bezeichnungen der Faszien beim Hund zu finden. Dies ist sicher ein lohnendes anatomisches Projekt für die Zukunft.

„Das Muskel-Knochen-Konzept, wie es in den üblichen anatomischen Beschreibungen präsentiert wird, zeichnet ein rein mechanistisches Modell der Bewegung. Es unterteilt Bewegung in nicht zusammenhängende Funktionen und kann somit kein Bild von einer nahtlos integrierten Bewegung, wie sie in einem lebenden Körper zu sehen ist, vermitteln. Wenn sich ein Teil bewegt, antwortet der ganze Körper. Auf der funktionellen Ebene kann das Bindegewebe als einziges Gewebe diese Mittlerfunktion übernehmen.“ ( ▶ [37], S. vii)

Faszientechniken können sehr gut auf den Hund übertragen werden. Sie sind hier wirkungsvoll bei vielen parietalen Problemen, wie z. B. bei Spondylose, Bandscheibenproblemen, OP-Nachbehandlungen oder Cauda-equina-Kompressions-Syndrom. So können Haltungs- und Bewegungsstörungen sowie Steifigkeiten durch Faszienbehandlung therapiert werden. Die Faszientherapie ist auch hilfreich bei Funktionsstörungen im Viszerum, wie z. B. bei Blaseninkontinenz oder Verdauungsstörungen. Die Techniken der Craniosacraltherapie bewirken unter anderem eine Normalisierung der Meningen. Die Hunde genießen das sanfte Entwirren der Restriktionen und Fehlmuster in ihrem Fasziengewebe.

„Diese dem Menschen und allen Lebewesen vererbte Lebenskraft wirkt durch die Faszien von Mensch und Tier.“ (A. T. Still, in: ▶ [39], S. 250)

Wir haben in diesem Buch den Fokus auf das Fasziengewebe gelegt, auch wenn man in der Praxis die Befundung und Therapie auch mit weiteren osteopathischen Techniken durchführen und ergänzen kann. Der Therapeut spürt mit seinem tastenden „Zuhören“ wie sich die Bewegungsmuster der Faszien entzerren und befreien. Die Hunde zeigen erstaunliche Reaktionen und Verbesserungen durch diese tiefgreifende Therapie, z. T. mit positiven Wesensveränderungen.

Wir hoffen, Sie mit diesem Buch auf Ihrem therapeutischen Weg ein Stück weiterbringen zu können, damit unsere Hunde von einer immer besser werdenden Therapie profitieren können.

Wir möchten Sie mit diesem Buch für die Behandlung dieses wichtigen Gewebes begeistern und wünschen Ihnen viel Freude und Erfolg bei der Anwendung der hier vorgestellten Techniken, wohl wissend, dass dies nur ein Anfang sein kann – ein Anfang des Verstehens und der Behandlungsmöglichkeiten.

Teil II Anatomie, Physiologie, Funktion und Pathologie der Faszien

2 Anatomie und Physiologie der Faszien

3 Faszien als „Sinnesorgane“

4 Pathologie der Faszien