Fate of the Ninth - Myska Antari - E-Book

Fate of the Ninth E-Book

Myska Antari

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Beschreibung

Nie hätte Kuro erwartet, dass ihn die Vampire für seine Taten zum Tode verurteilen würden, und die Aussicht zu sterben gefällt weder ihm noch seinem Schutzengel, weshalb dieser einen letzten Versuch unternimmt, um Kuro zu retten. Allerdings ahnt er dabei nicht, welche Konsequenzen dies für ihn und vor allem für seinen Schützling haben wird.Gleichzeitig versucht Kuros Frau, mit ihren gemeinsamen Kindern ein einigermaßen normales Familienleben zu führen, auch wenn sie eine dunkle Vorahnung hat, dass ihr verhafteter Mann wohlmöglich nie zu ihr zurückkehren wird.

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Für meinen Kuro,

da du mich inspirierst,

auch wenn du nicht echt bist.

Dies ist ein Teil deiner Geschichte.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1: Der längste Tag

~Trigon 21.06.2047~

Kapitel 2: Ungute Gefühle

~Trigon 21. / 22.06.2047~

Kapitel 3: Abschied

~Trigon 22.06.2047~

Kapitel 4: Tiefe Trauer

~Trigon 22. / 23.06.2047~

Kapitel 5: Beschützer für immer

~Trigon 23.06.2047~

Kapitel 1

Der längste Tag

~Trigon 21.06.2047~

Sein Vampir hing immer noch dort, wo Erisudar ihn zurückgelassen hatte und ihm gefiel der Zustand des Mannes, dessen Schutzengel er war, überhaupt nicht.

Und was ihm auch nicht gefiel war, dass sie ihn hinrichten würden und er nichts tun konnte, um ihn davor zu retten.

Nicht mehr jedenfalls, obgleich er es gerne getan hätte.

Der Engel hatte schließlich sogar versucht, zu seinem eigenen Herrn zu gelangen, um diesen umzustimmen.

Leider war er aber nicht zu ihm durchgedrungen, was aber auch nicht sonderlich verwunderlich war. Er zeigte sich ihnen ohnehin nur selten und war stets ein beschäftigter Mann. Soweit Erisudar wusste, hatte selbst dessen Frau nur wenig Kontakt mit ihm. Aber immerhin war der Engel auf diese getroffen und sie war ihm auch wohl gesonnen gewesen, nachdem er ihr kurz in ihrem Himmelsgarten geholfen hatte.

Von seiner Herrin also hatte er den Rat bekommen, mit dem Wächter über Tod und Leben zu reden, welchen der Engel kurz darauf aufgesucht hatte. Dieser hatte seine Bitte, dem Vampir das Leben zu verlängern, damit er wenigstens noch seine Kinder aufwachsen sehen könnte, allerdings strikt abgelehnt. Außerdem hatte der Engel von diesem auch zu hören bekommen, dass er schon länger leben würde, als ursprünglich vorgesehen und das dank Erisudar.

'Ein weiteres Mal', so sagte er, 'Würde diese Seele dem Tod nicht entgehen.'

Verbittert lächelte der Engel. Ja, natürlich hatte er ihm oft genug geholfen, ohne dass der Vampir das jemals bemerkt hätte. Er glaubte ja nicht einmal mehr daran, dass es Wesen wie Erisudar gab. Sein Vampir glaubte nicht an ihn und das, obwohl er ihn doch hören konnte, wenn auch unfreiwillig. Etwas, was der Engel nach der Verwandlung seines Schützlings festgestellt hatte und was diesem an seinen Verstand hatte zweifeln lassen. Und weil Erisudar ein guter Ratgeber für andere Engel war, eben dadurch, dass er schon sehr lange existierte, war es nicht selten gewesen, dass die anderen ihn aufsuchten und ihn um Rat zu baten. Und jedes Mal hörte sie sein Vampir, obwohl dies einer normalen Seele wie ihm gar nicht möglich sein sollte.

Erisudar hatte nie verstanden, warum er sie hören konnte, aber er wusste, dass sein Vampir nach Möglichkeiten gesucht hatte, um das zu unterbinden und auch er selbst hatte versucht, die Gespräche mit den anderen außerhalb seiner Reichweite zu führen. Es war ihm leider nicht immer gelungen. Er konnte es seinen Kollegen ja auch nicht wirklich sagen, da dies sicherlich schon früher Konsequenzen gehabt hätte für diese Seele. So etwas sollte es schließlich nicht geben.

Letztendlich hatte sein Vampir eine effektive Methode gefunden, um ihn nicht mehr zu hören. Jedenfalls eine, von der er dachte, dass sie ihm half. Dass sie ihm dann doch nur Ärger eingebracht hatte, hatte er ignoriert. Und auch eine Erklärung, warum er Probleme hatte, hatte sein Vampir gefunden, von welcher sich Erisudar fragte, ob es wirklich daran lag. Ein Genfehler im Blut des Vampirs, durch welches er verwandelt worden war, war es, das ihn gelegentlich unruhig werden ließ und dafür sorgte, dass den Engel und die anderen hörte. Jedenfalls wenn er lange kein Blut seiner eigenen Art hatte, denn dies war, was ihn anscheinend beruhigte, weil er so das bekam, was seinem Körper fehlte.

Sein Vampir war also nach seinem eigenen Wissensstand krank, aber das akzeptierte von denen, die ihn verurteilt hatten, keiner. Und auch Erisudar selbst hieß nicht alles gut, was sein Schützling getan hatte, hatte aber auch Verständnis für ihn. Immerhin war er ja für ihn verantwortlich seit seiner Geburt und kannte ihn dadurch doch recht gut.

Warum hatte dieser Idiot nicht einfach weiterhin seine Freunde gefragt, jedes Mal, wo er das Blut gebraucht hatte, statt sich fremde Vampire zu suchen und diese danach umzubringen, um seine Tat zu vertuschen? Hätte er das getan, dann wäre er sicherlich auch nicht noch einmal angeklagt worden deshalb. Und würde jetzt nicht hier hängen.

Erisudar seufzte.

Ein Rasseln erklang, als der Mann erwachte und versuchte sich noch einmal aus den Ketten, mit denen man seine Arme über seinen Kopf an der Wand befestigt hatte, freizukommen. Natürlich würde ihm das auch heute wieder nicht gelingen.

Sie hatten ihn zwar, seit er hier gefangen war, mehrfach von ihnen gelöst, um ihn zu verhören, doch danach jedes Mal wieder festgekettet. Und bisher war es ihm nicht gelungen, sich zu befreien.

Vielleicht hätte er es geschafft, hätte er sich in einen Wolf verwandeln können, denn so war er ihnen ja auf seiner Flucht bei der ersten Verhaftung entkommen. Aber das hatten sie durch ein Halsband unterbunden, welches sie ihm umgelegt hatten bei der Zweiten. Dieses unterdrückte seine Fähigkeit, die Gestalt eines Wolfes anzunehmen.

An den Tag der Verhaftung erinnerte sich der Engel noch gut, denn das war ja vor nicht einmal zwei Wochen erst gewesen. Nachdem sein Vampir monatelang in Wolfsgestalt vor seinen Verfolgern geflohen war, um seiner Verurteilung zu entgehen, war er ihnen letztendlich doch in die Fänge geraten. Und da ihm diese Flucht stark zugesetzt hatte, hatte er sich von ihnen nicht mehr befreien können.

Deshalb und weil Erisudar ihn plötzlich nicht mehr hatte helfen können. Man hatte dem Engel die Berechtigung entzogen, irgendetwas zu tun, was seinem Vampir hätte helfen können. Nicht einmal von diesen Ketten jetzt konnte er ihn befreien, obwohl dies eine leichte Aufgabe für ihn gewesen wäre. Er war also machtlos. Er konnte den Mann nicht retten, obwohl es eigentlich doch seine Aufgabe war.

„Lasst mich frei!“, brüllte der Angekettete plötzlich und der Engel fragte sich, ob ihn überhaupt jemand hörte, „Ich habe nichts Unrechtes getan! Euer Blut ist daran schuld!“

Damit hatte er auch nur bedingt recht. Ja, durch das Blut, mit dem sie ihn verwandelt hatten, hatte er diesen Fehler anscheinend erworben, denn erst seitdem hatte er sein Problem, aber er hätte sie aufgrund dessen nicht töten müssen. Jedenfalls, wenn es denn wirklich daran gelegen hatte. Tatsächlich brauchte sein Vampir ja nicht einmal so viel, dass es seinen Spender umbringen würde. Hätte er seine Opfer also am Leben gelassen, dann wäre er nicht hier.

Aber hatte sein Vampir nicht sogar welche am Leben gelassen und waren es nicht jene gewesen, die ihm seine erste Ermahnung eingebracht hatten deshalb, weil diese Vampire sein Verhalten nicht duldeten?

Es machte ihn in der Sache nicht unschuldiger, aber die, die ihn verurteilt hatten, traf damit auch eine Mitschuld.

Hätten sie ihn besser behandelt, dann wäre er auch anders geworden. Vielleicht weniger rachsüchtig. Und wenn er mehr die Hilfe seiner Freunde angenommen hätte, dann vermutlich auch.

Hatten sie nicht sogar versucht, ihm auf einen besseren Weg zu führen? Hatte Erisudar das nicht sogar selbst versucht? Warum nur hatte er nicht gehört? Warum war er wieder in alte Muster zurückgefallen?

Jemand betrat den Kerker, in dem der Vampir gesperrt war und sowohl der Gefangene, als auch Erisudar sahen zu ihrem Besucher. Und der Engel war plötzlich guter Hoffnung, diesen Freund seines Schützlings zu sehen.

„Nathan“, sagte sein Vampir erfreut, „Bitte hilf mir! Die wollen mich umbringen. Dabei waren sie es doch, die mich zu dem gemacht haben, was ich geworden bin. Sag es ihnen. Es ist ihre Schuld, nicht meine.“

Der Freund seines Vampirs schritt langsam näher und der Engel las Trauer in dessen Blick. Anscheinend tat es ihm auch leid, ihn so hängen zu sehen.

„Das hast du selbst zu verantworten“, erwiderte ihm dieser, „Ich habe dir so oft gesagt, dass es falsch ist, was du tust. Dass du uns um Hilfe bitten sollst und nicht von fremden Vampiren trinken sollst, weil dies irgendwann herauskommen würde. Aber du hast nicht aufgehört.

Und anscheinend war nicht einmal dein vom König dir zu gewiesene Vormund in der Lage, dich aufzuhalten. Sag mir, wenn ich dich jetzt befreien würde und du wieder fliehen würdest, würdest du dein Verhalten ändern?

Würdest du aufhören, deine eigene Art für ihr Blut zu überfallen? Würdest du aufhören, Vampire zu jagen und dir von uns helfen lassen?“

„Ich kann mich ändern, ja“, versprach der Vampir ohne zu zögern, „Ich brauche nur eine Chance.“

Erisudar war sich nicht sicher, ob sein Schützling das wirklich ernst meinte oder nicht. Er hoffte es. Er hoffte, dass er sich dieses Mal wirklich ändern würde.

Sein Freund aber schüttelte den Kopf und der Engel merkte, dass dieser seinem Vampir das nicht abkaufte.

„Die hattest du. Mehrere sogar“, widersprach er ihm also, „Man hat mir sogar Vorwürfe gemacht, weil du dich nicht gebessert hast, da ich ja am Anfang dein Mentor war und dir eigentlich dies hätte austreiben müssen. Erinnerst du dich?

Nach deinem zweiten Rückfall hatte man dir einen anderen Vampir als Vormund zugewiesen, weil man dachte, dass dieser dein Verhalten besser unter Kontrolle halten könnte als ich. Was diesem aber auch nicht gelungen ist, weshalb er jetzt tot ist und du hier angekettet bist.

Du bist eine Gefahr für die Vampire in Trigon. Jedenfalls ist es das, was du ihnen mit deinen Aktionen bewiesen hast und was sie alle über dich denken.“

Der Vampir schüttelte vehement den Kopf und zog erneut an seinen Ketten, doch sein Freund hatte recht mit dem, was er ihm sagte.

„Terra“, entfuhr es dem Hängenden dann, „Wenn ich in Trigon eine Gefahr für euch bin, dann bring mich nach Terra. Ich verspreche dir, dass ich nie zurückkehren werde. Ich wäre ohnehin lieber dort als hier.“

Der Blick des anderen ging kurz traurig zur Seite.

„Das war mein Plan gewesen, aber sie haben dich vorher gefangen. Bevor ich dich unbemerkt fortschaffen konnte“,

erklärte ihm dieser und bekam Tränen in seine Augen, „Und jetzt kann ich dich nicht mehr dort hinbringen.

Selbst wenn ich dich von diesen Ketten befreien würde und irgendwie an den Wachen hier vorbei bekäme, würde ich dich nicht durch eines der Tore nach Terra kriegen, da diese ebenfalls bewacht werden.

Und sie haben bei deiner Verurteilung ausgeschlossen, dich ins Exil zu schicken. Sie wollen an dir ein Exempel statuieren, um Nachahmer abzuschrecken, die du mittlerweile hast, wie sie dir ja verkündet haben.

Dein Tod soll zur Warnung werden und ich kann dich davor nicht retten. Nicht mehr jedenfalls und dies schmerzt mich.

Ich wollte dich noch einmal sehen, bevor sie dich holen, um mich bei dir dafür zu entschuldigen, dass ich es nicht mehr kann und um dir zu versprechen, dass ich deine Familie dennoch weiterhin beschützen werde. Und um mich von dir zu verabschieden.“

Erisudar zuckte zusammen, als sein Vampir laut zu schimpfen begann und auch der andere machte einen Schritt zurück. Mit so einer Reaktion hatte er wohl nicht gerechnet.

„Das kannst du dir sparen, Nathan! Ich pfeife auf deine Entschuldigung. Ich habe dir vertraut und jetzt lässt du mich hier wortwörtlich hängen. Vermutlich habe ich mich in dir getäuscht“, zeterte der Gefangene, „Du bist nur ebenso ein beschissener Vampir, wie alle anderen auch!“

Sein Freund erwiderte ihm nichts, sondern wandte sich nur ab und dem Engel tat die Reaktion seines Schützlings furchtbar leid. Warum beschimpfte er den, der ihm bisher doch immer geholfen hatte? Warum verletzte er ihn mit seinen Worten noch zusätzlich?

„Bist du sicher, dass dies das Letzte sein soll, was du mir sagst?“, fragte er ihn, nachdem er zu Tür gegangen war und der Gefangene atmete tief durch, um sich zu beruhigen, ehe ihm ein paar Tränen kamen.

„Es tut mir leid, aber ich will nicht sterben, Nathan“, flüsterte er besorgt und leise, „Ich habe Angst davor.“

Der Angesprochene nickte verständnisvoll.

„Wer hätte dies nicht in deiner Situation?“, er drehte seinen Kopf zu ihm und dem Vampir, „Ich wünsche dir, dass es schnell geht. Auch wenn ich denke, dass es nicht so wird.“

Damit hatte er sehr wahrscheinlich recht. Erisudar wusste, dass es einige Stunden Sonnenlicht brauchte, um einen Vampir letztendlich zu töten. Seiner hatte sich schließlich schon mehrfach Verbrennung durch diese zugezogen und es jedes Mal, wenn auch unter Schmerzen, überlebt.

Warum wollten sie ihn überhaupt so hinrichten? Warum schlugen sie ihm nicht den Kopf ab? Oder stießen ihn ein Schwert durch die Brust? Wenn er schon sterben musste, warum dann so? Musste es wirklich auf so eine grausame Art und Weise geschehen?

„Lebe wohl und es tut mir leid, dass es so gekommen ist“, hörte er den anderen sagen, bevor er ging und Erisudar sah ihm nachdenklich hinterher.

Vielleicht war es aber auch eine Chance, wenn sie seinen Vampir so hinrichteten. Es verschaffte dem Engel noch etwas mehr Zeit, bevor es für seinen Schützling endgültig aus war.

„Scheiße!“, fluchte der Vampir und ließ seinen Kopf hängen, „Ich will nicht sterben. Ich will nicht so sterben.“

Erisudar konnte sehen, dass der Mann erneut weinte und wieder ging er gedanklich durch, ob er ihm nicht doch noch irgendwie helfen konnte, kam aber zu keinem erfreulichen Ergebnis.

Er konnte nichts mehr für ihn tun. Er konnte ihn nicht von den Ketten befreien und selbst, wenn er dies gekonnt hätte, wie wollte er ihn aus dem Gebäude an den anderen Vampiren vorbei schaffen, die ihn gefangen hielten? Der Freund seines Vampirs hatte schließlich Wachen erwähnt.

Natürlich könnte er versuchen diese mit seinen Tricks abzulenken, aber damit würde er sich auch mit dem jeweiligen Schutzengel von denen dann anlegen. Und er wollte keinen Streit mit jemanden anfangen, der wie er war. Das würde ihm nur Riesenärger einhandeln.

Aber vielleicht konnte Erisudar noch einmal mit dem Wächter über Leben und Tod reden und ihn doch überzeugen, dass er seinem Vampir eine weitere Chance gab. Er war sich zumindest sicher, dass er ihn dann retten könnte. Über das wie würde er nachdenken, wenn er wusste, dass sein Vampir überleben würde. Erst einmal musste er sich sicher sein, dass er ihm doch ein weiteres Mal das Leben verlängern könnte.

Erisudar schloss die Augen und konzentrierte sich, um die Welt des Übergangs, wo sie die Seelen von ihrem alten zu ihrem neuen Leben brachten, zu betreten. Er erinnerte sich daran, dass auch ein paar Jahre gemacht zu haben, bevor man ihm sein erstes Lebewesen zu gesprochen hatte, um dieses zu bewachen.

Das war damals vor sehr langer Zeit eine Art kleine Echse gewesen. Solche Lebewesen gab es mittlerweile nicht mehr, da sie ausgestorben waren, aber dafür hatten sich andere entwickelt.

Manchmal bewunderte Erisudar, was sich aus dem Funken des Lebens, den sein Herr und seine Herrin in die Welt geschickt hatten, alles entwickelt hatte. Er war ja selbst auch ein gutes Beispiel ihrer schöpferischen Kraft.

Er und die anderen Engel. Sie alle waren nahezu unsterblich.

„Du bist noch zu früh, um dir einen Neuen zuweisen zu lassen“, begrüßte ihn eine weibliche Stimme und er drehte sich zu ihr.

Sie war ein Engel wie er, dies wusste er direkt, doch er war sich im ersten Moment nicht über ihren Namen sicher. Er wollte sich aber auch nicht damit aufhalten, darüber nachzudenken. Irgendwann würde ihm dieser sicherlich wieder von alleine einfallen.

„Deshalb bin ich nicht hier“, widersprach er ihr und überlegte. Vielleicht konnte sie ihm ja helfen, den zu finden, nach dem er suchte. Jedenfalls vermutete er, dass sie es wüsste, wenn sie sich schon hier aufhielt.

„Weißt du, wo ich den Wächter von hier finde?“, fragte er und sie schien etwas verwundert über seine Frage. War es denn so ungewöhnlich, dass jemand wie er nach dem Wächter in dieser Welt suchte?

„Er ist nicht hier. Willst du etwa um eine erneute Lebensverlängerung für die Seele fragen, die du bewachen sollst?“, entgegnete sie ihm und er nickte, „Dir ist bewusst, dass es Gründe hat, weshalb man uns Limits gesetzt hat, wie oft wir ihnen durch unseren Schutz ihr Leben verlängern können? Und so weit ich im Bilde bin, hast du deines schon ausgereizt.

Hängst du etwa so sehr an ihm? Du weißt aber schon noch, dass wir uns nicht an sie binden dürfen? Warst du nicht sogar der, der den Jüngeren dies immer gepredigt hat?“

Natürlich wusste er, dass er die jeweilige Seele, die er bewachte, nicht an sich binden oder gar lieben durfte.

Es hatte Zeiten gegeben, in denen sie sich deshalb mit ihnen vermischt hatten. Daraus waren jede Menge seltsame Kreaturen hervorgegangen und sein Herr war auch nicht sonderlich erfreut gewesen. Er hatte jene Engel, die dies getan hatten, dafür verdammt und zu Gefallenen erklärt, was diese dann aber auch nicht gehindert hatte, sich dennoch weiterzuvermehren. Viele hatten ihre neue Freiheit sogar genossen, was nicht unbedingt gute Folgen für die Lebewesen auf den Welten gehabt hatte.

„Ich habe mich nicht an ihn gebunden. Ich habe einfach nur nicht das Gefühl, dass es gerecht wäre, ihn jetzt sterben zu lassen“, erwiderte Erisudar seiner Kollegin und sie neigte ihren Kopf, ehe sie an ihm vorbei, durch eine Art Fenster, in die Welt der Sterblichen blickte. Zu seinem Vampir, der mittlerweile wieder Besuch von denen bekommen hatte, die ihn festhielten. Er hörte seinen Protest, als sie ihn von den Ketten lösten und wusste, dass er eigentlich zu ihm zurückmusste, um ihm beizustehen.

Dies war schließlich seine Aufgabe und seine Pflicht.

„Warum hast du ihn nicht auf einen besseren Weg geleitet? Dann wäre er jetzt sicher nicht in dieser Situation“, meinte sie zu ihm, nachdem sie mit seinem Vampir verschwunden waren.

Erisudar hatte es versucht, aber gänzlich hatte er den freien Willen dieser Seele nicht beeinflussen können.

Sein Schützling war eben nicht den besseren Weg gegangen, zu dem ihm der Engel hatte lenken wollen.

„Ich habe es versucht“, sagte er ihr daher und ging noch einmal gedanklich durch, was und ob er etwas tun konnte. Vielleicht sollte er doch das Risiko eingehen und sich mit einem anderen Engel anlegen, damit sein Vampir überlebte? Wollte er für ihn das wirklich tun? War er schon so weit, alles zu riskieren?

„Vielleicht gelingt es dir bei der nächsten Seele besser“,

kommentierte sie ungerührt, doch Erisudar wunderte sich nicht über ihre kalte Art. Für sie war die Sache so gut wie abgeschlossen.

Er dagegen war noch nicht bereit für die nächste Seele.

Sein Vampir hatte es einfach noch nicht verdient zu sterben und er würde sein Leben verlängern. Ein letztes Mal zumindest. Er war noch nicht bereit diese Seele weiterziehen zu lassen, damit sie ein neues Leben bekam und einen anderen Aufpasser als ihn. Immerhin war er etwas Besonderes. Er musste ihn einfach beschützen.

„Er kann uns hören“, erklärte Erisudar ihr und sie sah ihn verwundert an. Damit weihte er sie nun in das Geheimnis seines Vampirs ein und er hoffte, dass sie ihm helfen würde, wenn sie davon wusste.

„Das sollte nicht möglich sein oder gehörst du neuerdings zu den Gefallenen?“, widersprach sie ihm direkt und er schüttelte den Kopf, „Dann stimmt mit dieser Seele etwas nicht. Sie werden sie damit nicht ins nächste Leben schicken. Diesen Defekt werden sie vernichten wollen.

Keiner Seele sollte es möglich sein, uns zu hören, sofern wir das nicht wollen. Und wir dürfen für gewöhnlich nicht mit ihnen sprechen.“

Der Gedanke daran, dass sein Vampir vernichtet werden würde, war Erisudar bisher nicht gekommen, erklärte jedoch sein Gefühl, dass er ihn nicht sterben lassen durfte. Wenn er das zuließe, gäbe es diese Seele nie wieder in irgendeinen Körper. Er würde ihn nie wiedersehen.

„Erst einmal gehört er noch mir!“, gab Erisudar ihr energisch zurück und verließ sie, um in die Welt der Sterblichen und zu seinem Vampir zurückzukehren. Er würde zumindest versuchen, ihn noch irgendwie vor seinem Schicksal zu bewahren. Irgendwie musste das doch gehen.

Sie führten ihn auf einen Raum zu, den Erisudar in diesem Gebäude schon bei ihrem ersten Aufenthalt entdeckt hatte und dessen Sinn sich ihm erst viel später erschlossen hatte. Der Raum mit den vielen großen Fenstern und dem seltsamen Bogen in der Mitte.

Der Gedanke daran ließ den Engel erschaudern und er sah, wie sich sein Vampir gegen die Wächter wehrte.

An der Seite entdeckte er einen weiteren Vampir, der ihm gerade recht kam. Wenn schon sein Freund ihm nicht geholfen hatte, dieser dort würde sicherlich etwas tun.

Vielleicht sogar Partei ergreifen für ihn. Immerhin war dieser Mann dort mit seinem Vampir verwandt.

„Vater, hilf mir!“, rief sein Vampir diesem verzweifelt zu und Erisudar zwickte einen von denen, die ihn festhielten, in den Arm, damit sich ihr Gefangener losreißen konnte. Dass dies funktionierte, überraschte den Engel und schürte Hoffnung in ihm.

Direkt rannte der nun Freie zu dem anderen und griff flehend nach dessen Hand. Er musste ihm einfach helfen.

Erisudar hoffte, dass dieser ihn verteidigen würde. Dass er ihn beschützen würde oder zumindest zur Flucht verhelfen würde. So wie ein Vater dies für sein Kind tun sollte. Jedenfalls, wenn es nach dem Engel ging.

„Bitte, Vater, hilf mir! Ich habe nichts Unrechtes getan.