4,99 €
Eliza ist fest entschlossen, ein ganz normales Leben zu führen und die Elfen zu vergessen. Aber dann kehrt ihr Vater unverhofft und mitten in der Nacht von einer Ausgrabung zurück. Eine geheimnisvolle Schatulle führt sie beide auf die Isle of Skye in das verborgene Dorf der dunklen Magier. Ehe sie sich versieht, wird sie in ein neues, gefährliches Abenteuer verwickelt. Plötzlich ist es Eliza, die des Beistandes der Elfen bedarf. Wird Cassian rechtzeitig zur Stelle sein und ihr helfen? Dritter Teil der erfolgreichen ElfenSaga um Eliza und Cassian. Tauche ein in neue faszinierende Abenteuer.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Über die Autorin
Vorwort
Prolog
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
Epilog
Nachwort
Die Figuren in Band 3
FederLeichtSaga
Wie der Klang der Stille
Drittes Buch
Deutsche Erstausgabe Mai 2016
Copyright © Marah Woolf, Magdeburg
Umschlaggestaltung: Carolin Liepins
Lektorat: Nikola Hotel
Korrektorat: Jil Aimeé Bayer
Alle Rechte, einschließlich die des vollständigen oder teilweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
Impressum:
IWD Körner, Hasselbachplatz 3, 39124 Magdeburg
Facebook: Marah Woolf
www.marahwoolf.com
Twitter: MondSilberLicht
Instagram: marah_woolf
Pinterest: Marah Woolf/FederLeicht
WhatsApp unter 01621011176 Vermerk News
Marah Woolf wurde 1971 in Sachsen-Anhalt geboren, wo sie auch heute noch mit ihrem Mann, ihren drei Kindern, einer Zwergbartagame, zwei Hasen und Kater Popcorn lebt. Sie studierte Geschichte und Politik und erfüllte sich mit der Veröffentlichung ihres ersten Romans 2011 einen großen Traum. Mittlerweile sind die MondLichtSaga, die BookLessSaga, die FederLeichtSaga sowie die GötterFunkeSaga vollständig erschienen. Im Herbst 2018 beginnt mit Rückkehr der Engel ein neues Fantasyabenteuer.
Schnee sinkt zur Erde federleicht,
ein Ort durch die Kugel dem anderen weicht.
Uhr, die Zeit verstummen lässt,
Vergangenes – es wird um Fest.
Flöte jeden Wunsch erfüllt,
Unglück sich in Schweigen hüllt.
Spiegel nichts vor dir verbirgt,
Lüge keinen Zauber wirkt.
Zauberkraft in der Feder sitzt,
nützt nur dem, der sie besitzt.
Ring dich jederzeit versteckt,
bestimme selbst, wer dich entdeckt.
Schlüssel immer dich beschützt, wenn vorsichtig du ihn benützt.
Eliza war erstaunlich tapfer für ein Menschenmädchen. Ich kannte einige weibliche Trolle, die schreiend davonlaufen würden, wenn sie einem Zentauren oder einem Mantikor begegneten. Allerdings wollten die auch keinen eingebildeten Elfen beeindrucken. Das mit der Liebe war schon seltsam. Und Eliza war bis über beide Ohren in Cassian verliebt, das musste selbst ein blinder Elf kapieren. Fast tat sie mir leid. Besonders, wenn sie rot anlief wie ein Radieschen, sobald er ihr seine Aufmerksamkeit schenkte. Sie kämpfte gegen Windmühlen, aber das konnte ich ihr nicht verraten. Sie war noch so jung und so voller Hoffnung, dass ihr Elf sich eines Tages als Traumprinz entpuppen würde. Ich bezweifelte, dass das je geschehen würde. Cassian setzte im Moment einfach andere Prioritäten. So leid es mir tat, aber Eliza stand nicht ganz oben auf seiner Liste. Und wer konnte es ihm unter den gegebenen Umständen verdenken.
Aber eigentlich hatte ich auch keine Ahnung von der Liebe. Ich war ja nur ein Troll.
Der Zauberstab schien mich durchbohren zu wollen. Er war direkt auf den Punkt zwischen meinen Augen gerichtet. Ich befürchtete, dass gleich Funken daraus hervorstieben würden und ich mich in eine Kröte oder einen Frosch verwandelte. Vielleicht allerdings auch in eine Elfe. Ein winziger Hoffnungsschimmer stieg in mir auf, der sofort wieder erlosch. Die finsteren Augen, die mich aus dem Schatten anglühten, gehörten sicher nicht einer gemütlichen Fee, die nur mein Glück im Sinn hatte und mich in ein wunderschönes, unwiderstehliches Wesen verwandeln wollte.
»Du darfst sie nicht öffnen«, befahl seine Stimme und bestätigte damit meine Vermutung. Der Typ war mir nicht wohlgesonnen. Die Worte ließen meine Beine zu Wackelpudding werden. Dabei musste ich endlich herausfinden, wovon er überhaupt sprach. Er drohte mir nicht zum ersten Mal, aber konnte er nicht mal damit herausrücken, was er meinte? Musste er so komisch um den heißen Brei herumreden? Jetzt mal ehrlich? Wie aussagekräftig war der ständig gleiche Satz: »Du darfst sie nicht öffnen?« Am liebsten würde ich ihn schütteln, was leider nicht ging, weil ich schlief. Dieser Traum war schlimmer als mein Tortraum vom Anfang des Schuljahres. Immerhin hatte dieser mir die Bekanntschaft mit Cassian beschert. Aber ich bezweifelte, dass der Zauberstabtyp nur halb so sexy war wie mein blinder Elf.
»Vielleicht verraten Sie mir mal, was ich nicht öffnen darf? Wenn ich das nämlich wüsste, könnten Sie sich die Mühe sparen, Nacht für Nacht aufzutauchen«, motzte ich und stellte damit zum ersten Mal, seit ich diesen Traum hatte, eine Frage. Ich war langsam echt sauer. Auf Cassian, den gruseligen Typen in meinem Traum, Quirin und überhaupt. Ich konnte gar nicht alle aufzählen, die Liste war derzeit viel zu lang. Außerdem brauchte ich mal wieder eine ruhige Nacht.
Die Augen begannen zu glühen, und kleine Flammen flackerten darin auf. Echt jetzt? Man konnte es auch übertreiben. Vor Feueraugen gruselte ich mich nicht mehr, seit ich neun war und mein Bruder Fynn mich überredet hatte Freitag der 13. mit ihm zu gucken. Da musste er schon andere Geschütze auffahren.
Bevor ich ihm einen Tipp geben konnte, leckte etwas Feuchtes über mein Gesicht. Der Typ hatte sich hoffentlich keine überdimensionale Zunge gezaubert. Das wäre zwar nicht gruselig, aber megaeklig. Ein vertrautes Maunzen erklang an meinem Ohr, und ich schlug die Augen auf. Mein Kater Socke lag neben mir auf dem Kopfkissen und guckte mich schief an.
Ich verbot mir, an Cassian zu denken. Zum einhundertmillionsten Mal. Ich war gespannt, wie lange ich dieses Mal durchhielt. Eine Sekunde, zwei, drei … Ich könnte wetten, dass er mir keine Träne nachweinte. Oder vielleicht doch? Meine Gedanken drehten sich wie ein Karussell. Es gab so vieles, was ich unbedingt wissen wollte. Wohin war Larimar, die Hohepriesterin der Elfen, verschwunden, nachdem herausgekommen war, dass sie die Königin im Ewigen Wald in einer Höhle eingesperrt hatte? Suchte Elisien nach ihr, um sie zu bestrafen, oder war sie nur froh, wieder in Leylin zu sein? Lockerte sie die strengen Regeln, die Larimar eingeführt hatte? Konnte es sein, dass Rubin vom Verrat seiner Mutter nichts gewusst hatte? Wie ging es Jade, Raven und Quirin? Aber die Frage, die mich am brennendsten interessierte, war: Starb Cassian gerade an unerfüllter Liebe zu mir?
Ich lachte leise auf, was mir einen strafenden Blick von Mr Roth, meinem Physiklehrer, einbrachte. Jetzt hatte auch er bemerkt, dass ich mit den Gedanken ganz woanders war. Ich seufzte. Nur noch ein paar Wochen bis zu den Sommerferien. Fynn, meine Mum und ich wollten Dad in Peru besuchen. Er leitete dort eine Ausgrabung. Noch vor einem Jahr hätte ich mich kaputtgefreut, doch jetzt hatte ich jedes Mal schon Panik, kaum, dass ich mich zu weit vom Haus entfernte. Was, wenn Cassian ausgerechnet dann nach mir suchte? Im Dschungel von Peru fand er mich niemals. Ich hatte meine Mum angefleht, zu Hause bleiben zu dürfen, aber sie war nicht umzustimmen. Ein bisschen konnte ich sie sogar verstehen, wahrscheinlich war das unser letzter gemeinsamer Urlaub. Leider konnte ich ihr schlecht sagen, dass ich unsterblich in einen Elfen verknallt war und darauf wartete, dass er zu mir zurückkam. Das hätte zu unschönen Diskussionen über meinen Geisteszustand geführt. Musste ja nicht unbedingt sein.
Ich kritzelte ein Elfentor in mein Heft und verzierte es mit winzigen Schmetterlingen und Herzen. Das waren Wächterschmetterlinge. Kam ein Unbefugter einem Tor zu nahe, verschlossen sie es mit ihren Flügeln. Leider wusste man nie im Voraus, wo sich so ein Tor materialisierte. Seit ich den Elfen ihre Schneekugel zurückgebracht hatte, konnten sie die Tore theoretisch überall auf der Welt öffnen. Theoretisch. Praktisch tauchten die Elfen nur auf, wenn sie meine Hilfe benötigten. Na ja, benötigt hatten. Jetzt, wo ihre Königin Elisien zurück war, regelte sie alles, und ich war überflüssig geworden. Schade eigentlich. Ich hätte mich nur zu gern in das nächste Abenteuer gestürzt und mich von Cassian retten lassen. Aber diese Zeiten lagen hinter mir. Ich sollte besser in die Zukunft blicken und mir überlegen, was ich nach der Schule anfangen wollte. Ich musste mich endlich entscheiden.
»Herzen? Echt?« Frazer, der neben mir saß, beugte sich über mein Blatt.
Ich lächelte ihn schief an und malte eine Zackenlinie durch eines der Herzen. Jetzt sah es aus wie meins. Gebrochen.
»Der eingebildete Elf hat dich gar nicht verdient, und außerdem bin ich sicher, dass er über kurz oder lang wieder auftaucht«, versuchte Frazer mich zu trösten und malte sein eigenes Herz daneben. Es war schwarz und in der Hälfte gesplittert. Seine Zeichenkünste überragten meine um Längen.
Er lächelte traurig. Wenn Sky ihn so sehen könnte, würde sie bestimmt in seine Arme sinken, aber vor ihr gab er sich immer nur cool, als machte ihm ihre Ablehnung nichts aus.
Frazer war in Sky mindestens ebenso heftig verliebt wie ich in Cassian. Aber sie hatte ihm noch nicht mal erlaubt, sie zu küssen. Sie wollte sich partout nicht in die Liste seiner Eroberungen einreihen, obwohl ich vermutete, dass er kein anderes Mädchen mehr anschauen würde, wenn sie ihn erst mal erhörte. Aber da konnte ich mir den Mund fusselig reden, sie blieb standhaft.
Noch am Anfang des Schuljahres war ich selbst in Frazer verliebt gewesen, doch jetzt war er mein bester Freund und tat mir wirklich leid. Vielleicht sollte ich noch mal mit Sky reden. Nach dem Motto: Steter Tropfen höhlt den Stein. Ich hatte sowieso den Verdacht, dass sie Frazer mehr mochte, als sie zugab. Er war nämlich nicht nur nett und lustig, er sah mit seinen grünen Augen und den dunklen Locken auch noch ausnehmend gut aus. Allerdings waren das keine Attribute, auf die Sky Wert legte. Für sie musste ein Typ schon mit dem Nobelpreis winken, hundert Kinder aus einem brennenden Haus gerettet haben und Klavier wie Mozart spielen. Und sie nannte mich unrealistisch, weil ich in einen Elfen verliebt war?
»Kommst du noch mit an den Strand?«, fragte Frazer, als uns Mr Roth aus der Stunde entließ.
Ich schüttelte den Kopf. »Ich habe Mum versprochen, ihr im Café zu helfen.«
»Findest du nicht, dass sie dir zu viel aufhalst?«
Noch vor ein paar Monaten hätte ich das auch so gesehen, jetzt bezahlte Mum mich wenigstens. Nicht großzügig, aber so, dass ich mir ein bisschen Geld sparen konnte. Ich überlegte nämlich, nach der Schule nicht gleich zu studieren, sondern erst mal zu faulenzen und ein bisschen zu reisen. Ich hatte die Nase voll davon, die Schulbank zu drücken. Allerdings wusste Mum noch nichts von meinen Plänen, und sie würde nicht begeistert sein, wenn sie davon erfuhr. Ich musste unbedingt versuchen, Dad und Granny auf meine Seite zu ziehen.
Die Schulklingel läutete, und ich steckte meine Unterlagen in die Tasche. Frazer gab mir einen Kuss auf die Wange und rannte aus dem Raum. Ganz sicher würde er Sky auf dem Schulhof auflauern, um sie zu überreden, mit ihm den Nachmittag zu verbringen. Er gab einfach nicht auf, und das imponierte mir.
Ich radelte nach Hause und stellte mein Fahrrad im Schuppen ab. Dann lief ich zum Café meiner Mutter. Es war drinnen und draußen bis auf den letzten Stuhl besetzt. Das Klappern von Geschirr und das Geplapper der Gäste erfüllten den Garten. Es roch nach Kaffee und Kuchen. Mein Magen knurrte, als der Duft frisch gebackener Scones an mir vorbeizog, denn ich hatte seit dem Frühstück nichts gegessen. Etwas, was in letzter Zeit immer häufiger vorkam. Mein Magen fühlte sich an, als hätte ihn jemand zugeknotet.
Ich fand Mum in der Küche zwischen Geschirrbergen und Kuchenresten. Gerade zog sie ein Backblech aus dem heißen Ofen. Sie strich sich das rote Haar aus dem Gesicht und atmete auf, als sie mich sah. »Gott sei Dank! Ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht.«
Ich ließ meine Tasche achtlos fallen und warf mein Jackett über einen Stuhl, dann griff ich nach dem Tablett, das sie bereits vorbereitet hatte. »Wo muss das hin?«
»Tisch fünf«, erklärte sie und machte sich an der hypermodernen Kaffeemaschine zu schaffen, die Dad ihr spendiert hatte. Eigentlich sollte sie unsere Arbeit erleichtern, aber davon wusste das komplizierte Ding nichts.
Ich brachte den Kuchen und den Tee zu Tisch fünf, kassierte andere Gäste ab und nahm neue Bestellungen auf. Dann ließ ich mich von ein paar Touristen fotografieren, die es toll fanden, dass ich eine echte Schuluniform trug. Einer alten Dame reichte ich ein Schälchen mit Schlagsahne für ihren Pudel, obwohl der schon so rund war, dass ich lieber einen Tierarzt gerufen hätte, weil der Hund sich kaum noch bewegen konnte.
Aus dem Augenwinkel sah ich Granny mit Professor Gallacher vor zwei riesigen Stücken Nusstorte sitzen. Sie winkte mir zu. Ich balancierte mein schwer beladenes Tablett in die Küche und betete, dass ich nicht stolperte und die Teller und Tassen auf dem Kiesboden landeten. Aufatmend stellte ich es ab und lief zu Granny.
»Professor Gallacher.« Ich wischte mir meine Hände am Rock ab und hinterließ prompt einen Sahneklecks darauf, bevor ich ihm die Hand gab. »Schön, Sie zu sehen. Wo waren Sie so lange? Wir haben Sie vermisst.« Normalerweise besuchte der Professor Granny jeden Montag, und zwar schon, solange ich denken konnte.
Der Professor nickte und lächelte, wobei die Falten sich in seinem Gesicht vertieften. Ich mochte ihn sehr. Mit seinen weißen Haaren und dem Bart erinnerte er mich immer ein bisschen an Richard Attenborough aus Jurassic Park. Genau wie dieser trug Professor Gallacher eine runde Brille, die ihm so tief auf der Nasenspitze saß, dass man Angst bekam, sie würde ihm gleich in die Teetasse fallen.
»Ich hatte zu tun. Die keltische Population Britanniens und deren sukzessive Migration hat mich eine ganze Weile beschäftigt«, erklärte er und strahlte mich dabei an, als hätte er Snapchat erfunden oder etwas anderes Cooles.
»Äh, ja«, antwortete ich und hoffte, er verwickelte mich zu diesem äußerst interessanten Thema nicht in eine Diskussion. Nach seinem letzten Besuch hatte sich mir schon der Kopf gedreht.
»Das entschuldigt natürlich nicht, dass ich deine Grandma so lange vernachlässigt habe«, setzte er hinzu.
Erstaunt sah ich, wie Grannys Wangen sich röteten, während sie über seine mit Altersflecken übersäte Hand strich. »Es waren nur zwei Wochen, alter Freund«, entschuldigte sie ihn.
»Kann ich noch etwas bringen?«
Professor Gallacher reichte mir seine leere Tasse. »Ich nehme einen von diesen neumodischen Cappuccinos. Ich muss sagen, bei euch schmecken sie am besten.«
»Ich richte es Mum aus.« Damit räumte ich die Teetassen auf mein Tablett und wischte die Krümel vom Tisch. »Und ich hole euch zwei Decken.« Trotz der Frühlingssonne war es im Garten noch frisch.
»Das ist lieb von dir.« Granny lächelte.
Ich lief in den Flur, um aus einem großen Weidenkorb dunkelblaue Decken zu holen, die mit dem Logo des Cafés bestickt waren: zwei Bücher, die von einer Blumenranke umkränzt wurden. Ein bisschen kitschig für meinen Geschmack, aber die Touris fuhren voll drauf ab. Wir mussten höllisch aufpassen, dass sie sie nicht klauten. Ich verteilte ein paar unter den Gästen, die an den schmiedeeisernen Tischen auf der Terrasse saßen. Granny und ihr Professor nahmen sie mir ab, ohne ihr Gespräch zu unterbrechen. Zwischen ihnen auf dem Tisch lagen ein brauner Umschlag und ein dickes Buch. Ich erhaschte einen Blick auf den Titel: Magische Rituale und okkulte Praktiken. Versuchte Granny, den rationalen Professor in ein esoterisches Gespräch zu verwickeln? Ich grinste in mich hinein.
Die nächsten zwei Stunden vergingen wie im Fluge. Ich sah Fynn und Grace heimkommen, die sich allerdings sofort in sein Zimmer verzogen. Als es kühler wurde, begannen die meisten Gäste aufzubrechen, und ich stellte mich in der Küche dem Abwasch.
Es dämmerte bereits, als der Professor und Granny aufstanden. Ich wischte gerade die Tische im Garten sauber. Socke strich maunzend um meine Füße und verlangte nach seinem Futter. »Du bist gleich dran. Ich habe auch Hunger.« Ich richtete mich auf und rieb mir meinen schmerzenden Rücken.
»Versetzen Sie mich nächste Woche nicht wieder«, ermahnte Granny den Professor, als sie sich verabschiedeten.
»Ich lasse Sie nicht noch einmal umsonst auf mich warten, meine Liebe.« Er zwinkerte ihr zu. »Das gehört sich nicht, bei einer so bezaubernden Dame.«
Selbst in dem schummerigen Licht konnte ich sehen, wie Grannys Haut sich färbte, dann kicherte sie und schlug ihm auf den Arm. Flirtete man in dem Alter noch?
Grandpa war seit ein paar Jahren tot, und ich hatte mir nie überlegt, ob Granny vielleicht noch mal jemand anderes suchte. Die Vorstellung war irgendwie absurd. Sie war alt, und sie hatte uns, reichte das nicht?
»Aber ich bitte Sie inständig, gut auf die Unterlagen aufzupassen. Es ist von immenser Wichtigkeit, dass Stephen sie bekommt. Ich setze mein ganzes Vertrauen in Sie.« Er nahm Grannys Hände in seine, und ich spitzte die Ohren. Bestimmt meinte er den braunen Umschlag, der auf dem Tisch lag. Warum schickte er sie Dad nicht einfach?
»Natürlich. Verlassen Sie sich auf mich. Ich werde dafür sorgen, dass er alles liest. Dieser dumme Junge. Es war nicht recht von ihm, sich so lange nicht zu melden.«
Als der Professor Granny in einer zärtlichen Geste über die Wange strich, plumpste mir der Lappen aus der Hand und fiel direkt auf Sockes Kopf. Der Kater miaute protestierend.
»Das hoffe ich sehr. Leider kann man in unserem Alter nie sicher sein, ob es ein nächstes Mal gibt«, hörte ich die Stimme des Professors, während ich mich bückte.
»Jetzt malen Sie nicht den Teufel an die Wand.« Grannys Stimme zitterte, obwohl sie versuchte, resolut zu klingen.
Der Professor setzte die alberne Mütze auf, die er immer trug, und lächelte nur.
Ein kühler Wind strich um meine Beine und rauschte durch die Rosenbüsche. Erschrocken richtete ich mich auf und versuchte, die Dunkelheit des Gartens zu durchdringen, aber es war nichts zu sehen. Ein komisches Gefühl beschlich mich, als ob mich jemand beobachtete. Socke maunzte ängstlich und flitzte nach drinnen. Am liebsten wäre ich ihm hinterhergerannt.
Als ich mich umwandte, waren Granny und der Professor verschwunden. Ich hörte nur das Knirschen des Kieses unter ihren Füßen. Vermutlich brachte Granny ihn zum Tor.
Warum war mir bisher nie aufgefallen, wie vertraut die beiden miteinander umgingen? Konnte man sich in ihrem Alter noch mal verlieben? Ich schüttelte den Kopf über diese absurde Vorstellung. Die beiden waren Freunde. Nur Freunde. Obwohl – sie würden gut zusammenpassen, und so alt war Granny nun auch wieder nicht. Ich sollte Mum bei Gelegenheit fragen, was sie davon hielt. Aber nicht mehr heute. Ich war hundemüde und wollte nur noch in mein Bett. Das war die schönste Zeit des Tages. Kurz vor dem Einschlafen konnte ich davon träumen, dass er mich mindestens genauso sehr vermisste wie ich ihn. Es war kindisch, aber ich konnte nicht anders.
In meinem Kopf donnerte es, als würde ich direkt unter einer dieser riesigen Kirchenglocken sitzen. Jedem Hall folgte ein neuer Schlag. Ich war Blitz und Donner gewöhnt, aber normalerweise lagen zwischen den einzelnen Geräuschen immer ein paar Sekunden. Ich zog mir die Decke über den Kopf, doch das Poltern hörte nicht auf. Socke maunzte und kratzte am Holzrahmen meines Bettes. Ich hob die Bettdecke ein Stück an, und er schlüpfte darunter. Mum würde zwar schimpfen, wenn sie Katzenhaare in meinem Bett fand, aber ich konnte den kleinen Angsthasen nicht seinem Schicksal überlassen. Beruhigend streichelte ich das weiche Fell. »Es ist alles gut. Das ist nur ein Gewitter«, murmelte ich schlaftrunken, während sich sein kleiner Körper an mich schmiegte.
Dann erst bemerkte ich das Licht unter dem Spalt meiner Zimmertür. Offenbar hatte das Unwetter noch jemanden im Haus geweckt. Ich lauschte, aber der Donner war verstummt, und mir fiel auf, dass kein Regen gegen die Fensterscheibe prasselte.
Dafür drang eine Männerstimme an mein Ohr, und ich wusste mit Bestimmtheit, dass es nicht die Stimme meines Zwillingsbruders Fynn war. Sofort war ich hellwach und tastete nach dem Lichtschalter. Wieder lauschte ich.
Dad? Das war unmöglich. Er kroch irgendwo im Dschungel von Peru herum und grub Tonscherben aus. Allerdings war es völlig abwegig, dass nachts ein fremder Mann durch unser Haus schlich. Ich schwang die Beine über den Bettrand und sprang aus dem Bett. Sockes aufgebrachtes Maunzen, als ich mich auf seinen Schwanz stützte, ignorierte ich. Ich riss die Zimmertür auf und polterte, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinunter. So unwahrscheinlich es auch war, als ich im Flur ankam, stand dort tatsächlich mein Dad, der Mum im Arm hielt, die ihren Kopf an seiner Brust vergraben hatte. Er war so lange nicht zu Hause gewesen, dass er wie ein Fremdkörper in unseren vier Wänden wirkte.
Müde sah er auf, die Augen rot geädert. Er lächelte und breitete die Arme aus, um auch mich an sich zu ziehen.
Sein vertrauter Duft umfing mich, als ich meine Nase in sein kariertes, zerknittertes Sakko steckte. Er war eindeutig zu selten zu Hause. Ich vermisste ihn zwar nicht ständig, aber wenn er da war, fiel mir auf, wie unvollständig wir ohne ihn waren.
»Was tust du hier?«, fragte ich.
Dad grinste schief. »Ich dachte, das ist mein Zuhause.«
»Natürlich ist es das.« Liebevoll schlug Mum ihm gegen die Brust und sah mich vorwurfsvoll an, dabei fand ich meine Frage durchaus berechtigt. »Aber normalerweise wissen wir, wann du kommst, und du machst nicht so einen Lärm.«
»Ich habe meinen Schlüssel nicht gefunden und wollte nicht draußen übernachten.«
»Warum hast du nicht angerufen?« Mum schüttelte den Kopf. »Ich hätte dich aus Edinburgh abgeholt.«
»Ich glaube, ich war etwas durcheinander. Ich bin Hals über Kopf aufgebrochen, da habe ich vergessen, euch zu benachrichtigen.«
Das war die Untertreibung des Jahres. Er musste völlig aufgelöst sein. Sein normalerweise glatt frisiertes Haar stand zerzaust in alle Richtungen ab, und das Hemd war falsch geknöpft. Die schmale Brille saß etwas schief, und er wirkte geradezu ausgemergelt. So als hätte er tagelang nichts gegessen.
»Wie lange warst du unterwegs?«, fragte sie ihn besorgt.
»Eine ganze Weile. Was für einen Tag haben wir heute?«
»Donnerstag.« Erwartungsvoll sahen wir ihn an.
Er kratzte sich am Kopf. »Ich bin Montagnacht losgeflogen, aber so kurzfristig waren die Verbindungen äußerst schlecht.« Er schwankte.
»Du musst dich setzen«, bestimmte Mum, und wir bugsierten ihn in die Küche. Sie knipste die Lampe auf dem Fensterbrett an und füllte den Teekessel mit Wasser.
Ich plumpste noch ganz verschlafen und total verdattert neben ihm auf einen Stuhl. Mein Vater war für gewöhnlich verlässlich wie ein Uhrwerk. Wir wussten immer, wo er gerade war, wann er plante, nach Hause zu kommen, oder wann wir ihn besuchen durften. In der Küche hing ein Kalender, in den Mum nur seine Termine eintrug. Wir hatten ihn monatelang nicht gesehen, und jetzt fiel er mitten in der Nacht vom Himmel? Da stimmte etwas ganz und gar nicht.
Ich nahm seine Hand. Sie war eiskalt.
»Was ist los? Ist in Peru ein Krieg ausgebrochen, oder haben die Einheimischen euch vertrieben?«, fragte ich leise, sodass Mum meine Frage nicht hörte. So etwas war in der Vergangenheit schon öfter passiert. Als Archäologe lebte man gefährlich. Mich beschlich ein mulmiges Gefühl. Etwas hatte meinen Vater, den Meister der Selbstbeherrschung, völlig durcheinandergebracht.
»Nichts dergleichen.« Ein feuchter Schimmer legte sich über seine Augen. Ich hatte meinen Vater noch nie weinen sehen, aber jetzt stand er definitiv kurz davor. Er holte tief Luft und verkündete so laut, dass es auch Mum hören konnte: »Professor Gallacher ist gestorben.« Seine Stimme zitterte.
Die Teetasse, die meine Mum aus dem Schrank genommen hatte, fiel zu Boden und zersprang in tausend Einzelteile. Ich musste mich verhört haben. Bestimmt schlief ich noch, und das war nur ein Traum.
»Gestorben?« Mum sah ihn mit aufgerissenen Augen an. »Das ist unmöglich. Er war vor ein paar Tagen hier und hat mit Granny Tee getrunken.«
»Am Montag«, erklärte ich. Dad musste sich täuschen. Jemand hatte sich einen Scherz mit ihm erlaubt. Einen schlechten Scherz. »Er kam immer montags«, plapperte ich drauflos. Meine Müdigkeit war wie weggeblasen. »Bis auf die letzten beiden Wochen, das war komisch. Weil er doch weiß, wie Granny sich auf seinen Besuch freut. Und diesen Montag war es so warm, dass die Gäste draußen sitzen konnten. Er hat mit Granny Nusstorte gegessen und den Cappuccino gelobt. Mum macht den besten, hat er gesagt.« Ich wandte mich an Dad. »Er kann nicht tot sein. Er war topfit.«
Dad fuhr sich mit den Händen über das Gesicht und durchs Haar. Danach sah er noch zerzauster aus. Er war immer der Fels in der Brandung gewesen, dass ihn etwas so erschütterte, machte mir Angst.
»Ich befürchte, es ist wahr«, sagte er nach einer Weile, in der das Schweigen schon erdrückend geworden war. »Cassandra hat mich Montagnacht angerufen. Sie war völlig hysterisch, ich konnte sie kaum beruhigen. Ich habe ihr gesagt, sie soll sich bei euch melden, und bin sofort aufgebrochen.«
Mum und ich schüttelten synchron unsere Köpfe. Wir hatten nichts von Cassandra gehört. Wir hatten gar nichts gehört, und das war das eigentlich Merkwürdige, denn in St Andrews sprach sich jedes Gerücht herum wie ein Lauffeuer.
Mum tastete wie eine Schlafwandlerin nach einem Stuhl und setzte sich. »Ich kann es nicht glauben. Woran soll er denn gestorben sein?«, flüsterte sie und zerknautschte ihr Nachthemd mit blutleeren Fingern. »Du hättest uns anrufen müssen. Du weißt doch, wie Cassandra ist.«
Dad musterte sie verlegen. »Ich war so durcheinander. Ich habe nicht daran gedacht, und ich nahm an, ihr wüsstet es längst, wenn ich ankomme.« Er sah uns ungläubig an. »Mit so etwas treibt man doch keine Scherze, und es war definitiv Cassies Stimme.«
Mein Blick huschte zwischen meinen Eltern hin und her. Cassandra, Professor Gallachers Tochter, wohnte mit ihrem Vater in einer uralten Villa am Rande des Campus. Warum hatte sie ausgerechnet Dad in Peru angerufen? Ich wusste zwar, dass die beiden keine Verwandten hatten, aber am anderen Ende der Welt anzurufen, war schon komisch. Allerdings musste man berücksichtigen, dass Cassandra selbst auch komisch war. Gänsehaut prickelte in meinem Nacken, als ich mich an die letzten Worte des Professors erinnerte. Er hatte davon gesprochen, dass man in seinem Alter nicht mehr sicher sein konnte, sich noch einmal wiederzusehen. Rückblickend klang es wie eine Prophezeiung.
»Er ist tot?« Grandmas Gesicht war schneeweiß. Sie stand im Türrahmen, und ihre Hand hielt ihren geblümten Bademantel zusammen.
»Es tut mir so leid, Mummy.« Mum sprang auf, eilte zu ihr und nahm sie in den Arm. Grannys Schultern bebten. Sie tat mir unendlich leid. Im letzten Jahr war eine ihrer Schulfreundinnen gestorben und nun das. Ein dicker Kloß bildete sich in meiner Kehle.
»Soll ich den Tee einschenken?«, fragte ich, aber niemand antwortete mir. Unsicher stand ich auf, schüttete den Kräutertee in die Kanne und goss das kochende Wasser auf. Der vertraute Duft von Minze durchzog den Raum.
Meine Eltern und Granny flüsterten am Tisch, als hätten sie etwas vor mir zu verbergen. Egal, wie sehr ich mich anstrengte, sie zu verstehen und nicht zu laut mit der Zuckerdose und dem Milchkännchen zu klappern, es gelang mir nur wenige Worte aufzuschnappen.
»… das Herz … ganz plötzlich … zu spät gefunden …«
»Was genau ist passiert?« Ich stellte Mums grüne handgetöpferte Tassen auf den Tisch, nicht bereit, mich wie ein Kleinkind abspeisen zu lassen.
»Cassandra war am Telefon kaum zu verstehen.« Dad griff nach der Zuckerdose und kippte viel zu viel Zucker in seine Tasse. »Erst schrie sie, und dann brach sie in Tränen aus. Völlig wirres Zeug hat sie geredet. Sie hat immer wieder gestammelt, dass sie schuld wäre. Wenn sie ihn bloß früher gefunden hätte. Ich habe versucht, ihr zu erklären, dass ihr Vater ein schwaches Herz hatte. Aber sie war viel zu aufgebracht, um mir wirklich zuhören zu können. Sie hat sich gar nicht beruhigt und dann ganz plötzlich aufgelegt.«
»Du glaubst, es war sein Herz?«, fragte Granny. »Mir hat er gesagt, es ginge ihm gut. Er war gerade erst beim Arzt.«
»Wer kann das schon so genau wissen?«, fragte Dad. »Aber in seinem Alter wäre das nicht ungewöhnlich. Ich musste schließlich irgendwas sagen. Genaueres werde ich erst erfahren, wenn ich bei ihr war.«
»Ich verstehe nicht, warum sie uns nicht angerufen hat?«, mischte Mum sich ein. »Die Ärmste ist jetzt seit Tagen allein in dem Haus. Wir müssen morgen sofort zu ihr und nach dem Rechten sehen.«
»Sie hat noch etwas gesagt.« Dad räusperte sich und warf Granny einen entschuldigenden Blick zu. »Sie wirkte zum Ende unseres Gespräches ganz klar und war überzeugt, der Professor hätte dir etwas für mich gegeben. Sie hat von mir verlangt, umgehend zurückzukommen. Es ginge … um Leben und Tod.«
Mum und ich sahen ihn an, als hätte er den Verstand verloren. Keiner von uns sagte etwas, aber die Vorstellung, Dad könnte nur wegen dieser Worte sofort aufgebrochen sein, war beängstigend. Cassandra war nämlich, um es vorsichtig zu formulieren, nicht ganz richtig im Kopf. Was sie sagte, ergab meistens nicht viel Sinn.
Granny fing sich als Erste wieder und nickte. »Er hat am Montag einen Umschlag hiergelassen. Er hat sehr eindringlich darauf bestanden, dass du die Unterlagen bekommst.« Eine Träne rollte über ihre Wange, die sie fortwischte, als sie aufstand. »Ich hole ihn.«
Nachdem Granny die Küche verlassen hatte, sagte Mum: »Cassandra war schon immer etwas melodramatisch. Vielleicht braucht sie bloß Unterstützung bei der Beerdigung.«
Melodramatisch? Cassandra war ziemlich neben der Spur, wenn auch auf eine harmlose Weise. Sie erzählte ständig merkwürdige Sachen über Geister und andere übersinnliche Phänomene.
Dad schüttelte nachdenklich den Kopf. »Sie hatte Angst. Ich konnte es deutlich hören.« Er wollte noch etwas sagen, schwieg aber, als sein Blick auf mich fiel.
Granny kam mit dem Umschlag zurück und reichte ihn Dad. Er drehte ihn erst einen Moment in den Händen, bevor er ihn mit seinem Löffelstiel aufschlitzte. Dann zog er einen Stapel Blätter hervor und blätterte sie durch. In seinen Zügen lag ein angespannter Ausdruck, als er sie hastig zurück in den Umschlag schob.
»Eliza, du gehst besser ins Bett«, sagte er und ignorierte unsere neugierigen Blicke.
»Gerade, wo es spannend wird«, murrte ich. »Was steht denn drin?« Musste er mich so abspeisen? Nie und nimmer konnte ich jetzt einschlafen. Das war gemein. Ich war schließlich kein Kleinkind mehr, aber das vergaß mein Dad ab und zu ganz gern.
»Lass uns morgen weiterreden, wenn wir mehr wissen. Es ist spät. Du brauchst deinen Schlaf, denk daran, dass deine Prüfungen bald anstehen.«
Ich stellte meine Tasse seufzend ins Spülbecken – die Prüfungen waren neuerdings das Totschlagargument. Bevor ich ging, gab ich Dad einen Kuss auf die kratzige Wange und sog den würzigen Geruch ein, der ihm anhaftete und von dem ich nie wusste, ob es sein Aftershave war oder der Duft der großen weiten Welt. »Ich bin froh, dass du da bist«, sagte ich, und er drückte mich fest an sich.
Langsam trottete ich die Treppe hinauf, mit einem Ohr immer noch in der Küche.
»Du weißt, woran er gearbeitet hat?«, hörte ich Grandmas Stimme.
»Wir hatten seit einer Weile keinen Kontakt mehr. Die Satellitenverbindung in Peru ist nicht gerade optimal, um mit seinem alten Prof zu plaudern.«
Selbst auf der Treppe hörte ich deutlich das schlechte Gewissen aus seinen Worten. Dad hatte dem Professor viel zu verdanken, und er hatte ihn, genau wie uns in den letzten Jahren, ziemlich vernachlässigt.
»Zwei Jahre«, erklärte Granny. »Du hast dich seit zwei Jahren nicht mehr bei ihm gemeldet. Er war sehr enttäuscht darüber. Und traurig. Er hatte gehofft, du würdest wenigstens auf seine Briefe antworten.«
»Wir waren nicht der gleichen Meinung, was sein neues Forschungsgebiet betraf«, verteidigte sich Dad.
»Wovon redet ihr?«, mischte Mum sich ein.
»Professor Gallacher hat sich mit Okkultismus beschäftigt«, erklärte Grandma. »Dabei hätte er Stephens Hilfe gebraucht. Konntest du nicht ein Mal über deinen Schatten springen?«
»Ich konnte seinen Ansatz nicht gutheißen. Das hatte nichts mit objektiver Wissenschaft zu tun. Mein Ruf wäre ruiniert gewesen, wenn ich ihn unterstützt hätte. Er wusste das. Seine Laufbahn war bereits beendet. Ich stecke noch mittendrin.« Dads Tasse knallte geräuschvoll auf ihren Untersetzer, was mich auf dem Treppenabsatz zusammenzucken ließ.
»Er hat sich mit etwas beschäftigt, das ihm wichtig war.« Der Tonfall meiner Grandma nahm fast aggressive Züge an. Ich hörte, wie sie sich räusperte, und schlich zurück in den Flur. »In fast jeder Kultur existieren Vorstellungen zu übersinnlichen Phänomenen. Er hat diese wissenschaftlich erforscht. Nur weil du nicht nach links und rechts guckst, heißt es nicht, dass es kein links und rechts gibt.«
»Er hat für diesen Unfug seinen Ruf aufs Spiel gesetzt.« Dads Stimme klang mürrisch. »Wir hatten eine heftige Auseinandersetzung darüber, und danach war klar, dass wir getrennte Wege gehen mussten.« Ein Stuhl quietschte über die Dielen, als einer von den dreien aufstand. »Und das hier«, ich lugte um die Küchentür und sah Dad den Umschlag in der Hand schwenken. »Das sollte ich verbrennen.«
Granny baute sich ihm gegenüber auf. Ihre Augen blitzten wütend. »Wage es nicht. Du nennst es Unfug, dabei hast du nur nie richtig zugehört.« Ihr Zeigefinger pendelte aufgebracht hin und her. »Du hast immer nur deine eigenen Forschungen im Kopf.«
»Beruhigt euch und setzt euch wieder. Vorwürfe bringen doch jetzt nichts mehr«, versuchte Mum, die aufgeheizte Stimmung abzumildern.
Dad drehte sich zur Spüle und füllte ein Glas mit Wasser. Hektisch trank er, bevor er sich wieder zu Granny umdrehte.
»Vielleicht hast du recht«, sagte er seufzend. »Ich war wütend auf ihn. Aber das ist alles nicht mehr wichtig. Jetzt, wo er tot ist.«
»Es hat ihn traurig gemacht, aber er konnte dich auch verstehen, doch ich bin wütend auf dich.«
Man konnte meinen Vater durchaus dafür kritisieren, dass er sich mehr um seine Arbeit kümmerte als um uns. Trotzdem tat es mir leid, dass Granny ihm das gerade jetzt vorwarf. Wir hatten uns schließlich alle damit arrangiert. Umso absonderlicher war es, dass er alles stehen und liegen ließ, weil sein alter Professor gestorben war. Ich beugte mich noch ein Stückchen vor, um besser sehen zu können.
»Du solltest ins Bett gehen, Eliza«, rief Dad plötzlich, ohne aufzusehen.
Ich murmelte einen Fluch und rannte hastig zur Treppe.
»Wir reden morgen, Schatz.«
Oben angekommen, kuschelte ich mich in mein Bett, konnte aber lange nicht einschlafen. Die Atmosphäre in der Küche war regelrecht aufgeheizt gewesen. Womit hatte der Professor sich beschäftigt? Mit Okkultismus? Kein Wunder, dass er so häufig mit Granny im Café gesessen hatte. Bestimmt hatten sie über ihre Tarotkarten, das Pendeln und solche Sachen gefachsimpelt. Ob Granny ihm von den Elfen erzählt hatte? Ich seufzte und presste Socke so fest an mich, dass er aufgebracht maunzte.
»Sorry«, murmelte ich. »Ich hätte auch gern jemand anderen in meinem B…, äh, an meiner Seite.« Ich durfte nicht an ihn denken. Besser, ich zählte Schäfchen. Das war zwar auch keine besonders wirksame Methode, um einzuschlafen, aber mir fiel im Moment nichts Schlaueres ein.
»Und er ist einfach mitten in der Nacht aufgetaucht?«, fragte Sky verwundert. Wir liefen über den Schulhof. Besonders eilig hatten wir es nicht, schließlich wollten wir die Sonne genießen, die von einem strahlend blauen Himmel auf uns schien. Das alte Gemäuer unserer Schule ragte drohend vor uns auf. Den Eindruck konnten nicht mal die Sonnenstrahlen mildern, die an den Zinnen des Daches kitzelten.
»Hat er das schon mal gemacht?«
»Ich kann mich nicht erinnern. Du weißt doch, wie er ist. Seine Arbeit geht ihm über alles.«
Sky nickte. Mit ihrem Vater ging es ihr nicht anders. Sie kümmerte sich mehr um ihn als er sich um sie. Skys Mum war gestorben, als sie noch ganz klein war. Diese Tatsache und ihr lebensuntüchtiger Vater waren verantwortlich dafür, dass sie sich öfter wie meine Mutter und nicht wie eine gleichaltrige Freundin aufführte.
»Hast du gewusst, dass Professor Gallacher gestorben ist?«
»Kann sein, dass mein Vater es erwähnt hat«, antwortete Sky und starrte ins Nirgendwo. Diesen Blick kannte ich. Immer, wenn sie so guckte, verschwieg sie mir etwas, und ich hatte meine liebe Mühe, es ihr aus der Nase zu ziehen. Ich zog das Jackett meiner Schuluniform aus und lockerte die Krawatte. Mir war eindeutig zu warm, um mich in ein Wortgefecht zu stürzen.
»Du wusstest doch, dass Granny mit ihm befreundet ist. Warum hast du nichts gesagt?«
Sky wurde die Unterhaltung zu ungemütlich. Sie zupfte an ihren Haaren herum und räusperte sich.
Ich ließ nicht locker. »Was ist?«
»Mir hat er auch nichts gesagt«, rechtfertigte sich Sky. »Ich habe ein Telefonat belauscht, und als ich ihn darauf angesprochen habe, war er plötzlich ganz komisch. Auf jeden Fall sollte ich dir nichts davon erzählen, solange der Todesfall noch untersucht wird.«
Ich blieb stehen und hielt sie am Arm fest. »Das kapiere ich nicht. Der Professor war alt. Er ist gestorben, warum wird so ein Geheimnis daraus gemacht, und was heißt: wird untersucht?«
»Die Uni will ihren Ruf nicht aufs Spiel setzen.«
»Hä?« Ich hatte das Gefühl, auf einer unterarmdicken Leitung zu stehen. »Könntest du bitte deutlicher werden.«
»Er ist auf dem Unigelände gestorben. In seinem Haus«, fügte sie noch hinzu.
»Der Glückliche. Ich will auch mal einfach tot umfallen und nicht dahinsiechen.«
Sky blieb stehen und sah mich verwundert an. »Darüber machst du dir Gedanken? Die Lebenserwartung von Frauen unserer Generation liegt bei 87 Jahren.«
»Gut zu wissen. Aber ich bin tiefgründiger, als alle denken.« Sie musste ja nicht unbedingt wissen, dass ich am liebsten in Cassians Armen sterben würde. So wie Julia in Romeos oder umgekehrt – ich wusste nicht so genau, wer da eigentlich in wessen Armen gestorben war.
Sky schüttelte den Kopf. »Der Tod des Professors kam trotzdem ziemlich plötzlich. Anscheinend ist es normal, dass er erst untersucht wird«, kam sie zum Thema zurück.
Misstrauisch sah ich sie an, während ihr Blick hinter mir hängen blieb. »Du verschweigst mir doch etwas.«
Sie schüttelte den Kopf.
»Sag schon. Was hast du noch gehört?«
Sky zog sich den Riemen ihrer Tasche über den Kopf. »Ich hab jetzt Latein, frag deinen Vater. Wenn er es für richtig hält, soll er es dir erzählen. Ich bin nicht sicher, ob ich alles verstanden habe.«
»Du und etwas nicht verstanden?« Ich betrachtete meine Freundin aus zusammengekniffenen Augen. »Willst du mich auf den Arm nehmen? Es gibt nichts, was du nicht verstehst.«
Sky wurde einer Antwort enthoben, weil Frazer hinter ihr auftauchte und ihr den Arm um die Schultern legte. »Alles klar, ihr beiden?«, fragte er. »Wollt ihr die Schule schwänzen? Es hat geklingelt. Wir könnten ein Eis essen gehen.«
Sky schüttelte ihn ab. »Vergiss es. Ich muss los.« Damit rannte sie davon.
»Vor wem ist sie auf der Flucht? Normalerweise habe ich eine gegenteilige Wirkung auf Frauen.« Frazer starrte ihr perplex hinterher.
»Hat dein Dad über den Tod von Professor Gallacher gesprochen?« Frazers Vater war vor Kurzem zum Chef der Polizei von St Andrews befördert worden. Wenn jemand etwas wusste, dann er.
»Nö. Weshalb sollte der Tod eines uralten Professors ein Fall für die Polizei sein?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Weiß ich auch nicht, aber Sky behauptet, der Tod wird untersucht, was immer das bedeutet.«
Frazer schaute Sky hinterher wie ein verliebter Tropf. »Bestimmt ist die Untersuchung nur Routine. Passiert ja sonst kaum etwas. Mit irgendwas muss die Polizei sich ja beschäftigen.«
Wahrscheinlich hatte er damit sogar recht. »Mein Dad kam gestern Nacht plötzlich zurück. Er war ziemlich aufgelöst. So habe ich ihn noch nie erlebt.«
»Nur deswegen?« Jetzt hatte ich Frazers volle Aufmerksamkeit. »Ich dachte, ihr wolltet zu ihm nach Peru fliegen. Da wird jetzt wohl nichts mehr draus?«
Frazer hatte mich glühend beneidet. Er hatte die Insel noch nie verlassen, weil sein Vater unter Flugangst litt.
»Hörst du mir überhaupt zu? Unser Urlaub ist total egal. Der Professor ist tot. Er war für meinen Dad so etwas wie ein Vater. Es macht ihn fertig.«
»Was willst du mir eigentlich genau sagen? Ich kapier’s nicht. Der Professor ist gestorben, und dein Dad ist zurückgekommen? Wo liegt das Problem? Er ist doch keinem Serienkiller zum Opfer gefallen, oder?«
»Keine Ahnung. Ich hoffe nicht.« In meinem Kopf fingen die Alarmglocken an zu schrillen. »Wäre das denn möglich?«
Frazer sah mich gereizt an. »Nicht in diesem öden Nest.«
Ich sah das leider in seinem Gesicht. Er guckte definitiv zu viele Thriller.
»Es ist nur so ein Gefühl, weil alle so ein Geheimnis daraus machen«, versuchte ich zu erklären. Aber vielleicht war auch nur mir langweilig. Es war eindeutig zu lange her, seit ich mein letztes Abenteuer erlebt hatte.
Frazer griff nach seiner Tasche. »Lass uns reingehen, bevor wir Ärger kriegen. Ich habe keine Lust, dass Mr Carslaw meinen Dad anruft. Er schleicht schon wieder über den Hof.« Frazer nickte in Richtung der Schulmauer, wo der alte Direktor die Mülleimer inspizierte. Mit angeekeltem Gesicht zog er eine Zeitung aus der grauen Tonne, an der etwas klebte, das tatsächlich aussah, als wäre es einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen.
Mr Carslaw war unser Schuldirektor, und er hatte Frazer und mich sowieso schon auf dem Kieker. So schnell wir konnten, rannten wir zu unserem Computerkurs.
Gerade noch rechtzeitig riss Frazer die Tür auf. »Nach dir.«
Ich kaute auf meinem Stift herum und sah aus dem Fenster. Den Ausführungen von Mr Beckett konnte ich nicht folgen. Erstens, weil ich ohnehin kaum begriff, was er da vorn von HTML-Codes erzählte, und zweitens, weil ich mich so anstrengen musste, nicht an Cassian zu denken. Ich führte mittlerweile Buch über die Tage, an denen mir erst abends einfiel, dass es diese andere Welt gab. Viele Kreuze standen zugegebenermaßen noch nicht in meinem Kalender, aber ich hatte ja noch ein ganzes Leben vor mir. Ich seufzte laut und versuchte, mich zu konzentrieren. Vergeblich.
Mit dem Bleistift schrieb ich Professor Gallacher auf mein Blatt und malte einen Kreis um den Namen. Dann pinselte ich Cassandra daneben, Dad und Skys Vater, Mr Clancy. Das waren die drei Leute, die etwas über den Tod des Professors wussten. Ich verband die Namen mit Pfeilen. Die Stimme von Mr Beckett glitt an mir vorüber, während ich auf die Zeichnung starrte. Weshalb beschäftigte mich der Tod des Professors eigentlich so? Weil ich meinen Vater noch nie so aufgelöst gesehen hatte, beantwortete ich mir die Frage gleich selbst. Nicht mal Grandpas Tod hatte ihn so durcheinandergebracht. Heute früh waren Mum und er nicht zum Frühstück in die Küche gekommen, aber ich hatte aufgeregtes Murmeln aus ihrem Schlafzimmer gehört. Leider hatte ich durch das dicke Holz kein Wort verstanden, und ich konnte ja schlecht mein Ohr an die Zimmertür pressen und lauschen. Trotzdem war ich mir sicher, dass sie über den Professor geredet hatten, denn die Stimme meiner Mutter hatte ziemlich hektisch geklungen.
»Was machst du da?« Frazer stupste mich an und schielte auf die Namen.
»Ich denke nach.«
»Offensichtlich nicht übers Programmieren«, stellte er fest und wies mit seinem Stift zur Tafel.
»Ich will herausfinden, was faul an der Sache ist«, flüsterte ich. »Überleg doch mal! Der Professor ist jetzt vier Tage tot, und kaum jemand weiß davon. Er war mal eine wichtige Nummer an der Uni und hat dort über vierzig Jahre gelehrt. Normalerweise müsste es eine riesige Veranstaltung zu seinem Gedenken geben oder so was.«
Frazer sah mich zweifelnd an. »Vielleicht hatte nur noch niemand Zeit, etwas zu planen. Oder der Professor wollte kein großes Brimborium.«
»Da wird etwas vertuscht, und mich interessiert, was es ist«, beharrte ich.
»Wir könnten nach der Schule zu seiner Villa gehen«, schlug Frazer vor. »Ich will mir sowieso noch ein bisschen Infomaterial von der Uni holen.«
»Ich mir auch.« Ich ließ Frazer nicht aus den Augen, bis sein Mund sich zu einem verschwörerischen Lächeln verzog. »Fragen wir Sky, ob sie mitkommt?«
»Sie wird versuchen, es uns auszureden«, bestätigte Frazer meine Befürchtung. »Sie wird verlangen, dass wir uns um unsere eigenen Angelegenheiten kümmern.«
Das würde sie in jedem Fall. »Eigentlich wollen wir ja nur mal gucken, und wir haben Cassandra schon früher besucht«, versuchte ich mich an einer Erklärung.
»Haben wir?« Frazer runzelte die Stirn. »Ich jedenfalls nicht. Im Gegenteil. Ich bin ihr aus dem Weg gegangen. Mir hat sie schon immer Angst gemacht. Einmal ist sie über den Campus getanzt. Ich schwöre dir, ihre Füße haben den Boden nicht berührt. Ich hatte Angst, sie hebt ab. Da war ich acht, und ich habe es nie vergessen. In ihrem komischen bunten Kleid sah sie aus wie ein riesiger Kakadu.«
»Ein Kakadu ist weiß und nicht bunt«, belehrte ich ihn. Er übertrieb mal wieder maßlos.
»Echt jetzt? Ich dachte immer, er wäre bunt.«
Ich winkte ab. »Ist ja auch egal. Sie ist harmlos. Wenn Dad beim Professor zum Schachspielen war, hat sie manchmal mit mir Kuchen gebacken oder mit mir gespielt.«
»Dann kennst du sie gut?« Er sah mich fast bewundernd an, bis ich ihm auf seinen Arm schlug. Auf den Arm nehmen konnte ich mich selbst.
Ich schüttelte den Kopf. »Ich habe sie ewig nicht mehr gesehen. Nur, wenn wir uns zufällig in der Stadt begegnet sind. Dad ist ständig unterwegs, und außerdem haben der Prof und er sich gestritten.«
»Worüber? Weißt du das?«, fragte Frazer und zog den Kopf ein, weil Mr Beckett uns einen finsteren Blick zuwarf. »Ob die Pikten wirklich Menschenköpfe in Bäume gehängt haben oder nicht?« Er kicherte leise. Ich vergaß immer wieder, dass Frazer ziemlich morbide Interessen hatte. Seit ich ihm die piktischen Symbole auf meiner Lieblingslichtung gezeigt hatte, versuchte er herauszufinden, ob in den Opfermulden, die in den Stein geschlagen waren, tatsächlich Kinder geopfert worden waren.
»Du bist wirklich blöd.« Ich strafte ihn mit einem wütenden Blick, aber er stupste mich sofort entschuldigend an.
»Es ging um seine Forschungen«, erklärte ich ihm. »Dad passte das Thema nicht. Er war sogar gestern noch sauer und hat sich mit Granny gezofft. Der Professor hat ihm Briefe geschrieben. Aber Dad hat sie nie beantwortet«, erklärte ich ihm.
»Der Professor kam öfter ins Café, stimmt’s? Ich habe ihn dort gesehen.« Frazer malte eine kleine Kaffeetasse neben den Namen des Professors.
»Ich dachte, er kam wegen Granny. Granny nannte ihn im Spaß manchmal Indiana Jones. Am Montag hat er ihr Unterlagen für Dad mitgebracht. Ich wüsste zu gern, was da drinsteht«, überlegte ich halblaut. »Dad hat gedroht, sie zu verbrennen, von daher denke ich mal, es ist spektakulär.«
Frazer unterdrückte nur mit Mühe ein Lachen. »Du bist unverbesserlich. Man sollte meinen, für ein Leben hattest du genug Abenteuer.«
Ich seufzte schwer. »Ein ungeklärter Todesfall war noch nicht dabei.« Was konnte ich dafür, dass ich solche Vorfälle magisch anzog. Ups, da war es wieder, das M-Wort.
Ein Stück Kreide landete auf unserem Tisch. Erschrocken sahen wir auf.
»Ich wäre euch sehr verbunden, wenn ihr meinen Ausführungen lauschen könntet.« Mr Beckett sah sauer aus.
Seufzend schrieb ich sein Kauderwelsch von der Tafel ab. Was hatte mich nur geritten, diesen Kurs zu belegen?
Für den Rest der Stunde versuchte ich, mich zu konzentrieren, aber meine Gedanken glitten ständig zurück zu der gestrigen Nacht in unserer Küche. Hatte der Professor ein Buch über Okkultismus geschrieben? Was fand Dad so verwerflich daran? Ich musste herausfinden, was das genau war. Mir fielen dazu maximal die Begriffe Satan und Pentagramm ein, und das war es auch schon. Es sah dem gutmütigen Mann nicht ähnlich, sich mit solch finsteren Dingen zu beschäftigen, aber offensichtlich hatte er es getan.
Du kennst sie am besten, also musst du klopfen«, erklärte Frazer.
Wir standen vor dem Haus des Professors beziehungsweise geschätzte fünf Meter davon entfernt.
»Du bist ein Angsthase. Dich nehme ich in keine Schlacht mit.« Nicht, dass ich vorhatte, je in eine zu ziehen, aber man wusste ja nie, was noch so auf einen zukam. Bei meinem Pech würde es auf jeden Fall eine Schlacht epischen Ausmaßes sein.
Frazer zuckte mit den Achseln. »Das ist auch gut so, du bist nämlich viel zu klein. Hinter dir kann man sich nicht mal vernünftig verstecken.«
Ich boxte ihm in die Seite. »Ich werde Sky vor dir warnen. Als Beschützer bist du ungeeignet.«
»Bloß nicht.« Seine Augen verdunkelten sich. »Sie hat jetzt schon keine besonders gute Meinung von mir, die muss sich nicht noch verschlimmern. Lass sie noch eine Weile in dem Glauben, ich wäre mutig und heldenhaft.«
»Ich bin nicht sicher, ob sie das je gedacht hat«, raubte ich ihm seine Illusion. »Wir haben dich letzte Woche mit Helen im Eiscafé gesehen. Helden haben nicht jede Woche ein anderes Mädel im Schlepptau. Sie sind viel zu beschäftigt damit, die Welt zu retten.« Helen war eines seiner Groupies, und die konnten Sky und ich schon aus Prinzip nicht leiden. Diese Mädchen hingen an seinen Lippen, als würde Honig runtertropfen, und warteten nur darauf, dass er ihnen erlaubte, ihn abzuschlecken. Ich verdrängte den Gedanken daran, dass ich Cassian womöglich auch so anstarrte. Obwohl er blind war, spürte er das hundertprozentig. Sollte er mir wider Erwarten noch mal über den Weg laufen, musste ich das unbedingt abstellen. Ich musste meine Taktik ändern und einen auf unnahbar machen. Ich würde eine Eiskönigin sein, und dann konnte er mal sehen, wie es war, wenn man am langen Arm verhungerte. Ich übte sogar schon heimlich vor dem Spiegel den Eisköniginnenblick. Meist verwandelte er sich ganz schnell in etwas, was einem Labrador ähnlich sah, der auf Leckerlis oder Streicheleinheiten wartete. Aber ich würde das schon noch hinkriegen. Übung machte schließlich den Meister.
»Und? Wir haben nur geredet«, erklärte Frazer, und ich musste kurz überlegen, bis mir einfiel, dass wir über Helen und ihn gesprochen hatten.
»Du hast ihre Hand gehalten«, erwiderte ich vorwurfsvoll. »Das war mehr als reden.«
»Sie hat meine gehalten«, berichtigte er. »Ich hatte einen Splitter im Finger, und sie hat ihn mit ihren spitzen Fingernägeln rausgezogen.« Er verzog sein Gesicht bei der Erinnerung. »Wenn ihr reingekommen wäret, um Hallo zu sagen, hättet ihr das auch gesehen. Sky wäre bestimmt sanfter zu Werke gegangen.«
Ich rümpfte die Nase. Frazer war nie um eine Ausrede verlegen. »Sky hätte dir den Finger abgehackt.«
»Sie hätte mich gerettet«, setzte er hinzu, als wäre ihm sogar das egal, und guckte wie ein Dackel, auf den man aus Versehen draufgetreten war.
»Vor Helen?«
Er nickte fast schon eifrig. »Ich bin sie kaum losgeworden. Sie klebt an mir wie eine Klette.«
»Sag Nein, wenn sie dich das nächste Mal anbaggert. Du musst nicht mit ihr ausgehen. Nein ist ein ganz leichtes Wort. Es hat nur vier Buchstaben. Nein, nein, nein«, trällerte ich ihm vor.
»Das ist nicht so einfach, wie du dir das vorstellst. Schließlich muss ich höflich bleiben und meinen Ruf wahren.«
Ich lachte auf. »Deine Probleme möchte ich haben.«
Frazer zog mich näher zu sich heran. »Das glaube ich kaum«, flüsterte er mir ins Ohr. »Für dich gibt es doch eh nur den einen, und zu dem würdest du nie Nein sagen.«
Eigentlich gab es ein stilles Abkommen zwischen uns, nicht über Cassian und die Elfen zu reden. Ich vermutete, meine Freunde wollten mich nicht verletzen, und ich wollte niemandem damit auf den Keks gehen. Es reichte schon, wenn ich ständig an ihn dachte.
»Also, wer klopft jetzt an?«, kam ich zu unserem eigentlichen Problem zurück.
»Schere, Stein, Papier?«, schlug Frazer vor, und ich zuckte mit den Achseln. Warum nicht. In dem Spiel war ich nicht mal schlecht. Dummerweise verlor ich dieses Mal.
Wir stiegen zu der dunkelblau gestrichenen Holztür hinauf, von der die Farbe bereits abblätterte, und starrten auf den schwarz angelaufenen Türklopfer. Früher war der Löwenkopf blank poliert gewesen. Doch heute machte die gesamte Villa einen ziemlich heruntergekommenen Eindruck. Die Fenster hätten gut und gern einen Putztag vertragen. Die Stufen der Treppe waren so angeschlagen, dass es mich nicht gewundert hätte, wenn der Professor hier heruntergestürzt wäre und sich den Hals gebrochen hätte. Die früher helle Fassade schrie nach einem Anstrich, vom Zaun, der das Grundstück umschloss, ganz zu schweigen. Die Buchsbäume und Eiben waren seit Jahren nicht geschnitten worden.
Ich hob die Hand, um anzuklopfen, als die Tür von innen aufgerissen wurde. Frazer und ich taumelten zurück, und wenn er mich nicht festgehalten hätte, wären wir vermutlich die lädierte Treppe hinuntergefallen. Erschrocken starrte ich meinen Vater an.
»Was suchst du hier?« Er runzelte die Stirn. »Habt ihr nicht noch Schule?«
»Ähm.« Vielleicht war es doch keine besonders gute Idee gewesen, ausgerechnet mit Frazer herzukommen. Sky hätte sofort eine logische Erklärung parat gehabt. Mein Kopf war wie leer gefegt.
»Wir wollten Cassandra fragen, ob sie Hilfe braucht.« Frazer blickte meinen Vater treuherzig an. Bei Mum und Granny wäre er damit garantiert durchgekommen.
»Helfen?« Die Blicke meines Vaters durchbohrten ihn förmlich und glitten dann zu seinem Arm, der mich umschlungen hielt. Tatsächlich gaben wir zwei ein merkwürdiges Bild ab.
»Na ja, jetzt, wo sie allein ist.«
Ich kam nicht umhin, Frazer für seinen Mut zu bewundern. Vielleicht sollte ich das mit der Schlacht noch mal überdenken. Das Gesicht meines Vaters verdunkelte sich. Okay, ich würde Frazer nie wieder einen Angsthasen nennen.
Erst jetzt entdeckte ich Cassandra, die hinter meinem Dad auftauchte. Sie hatte Tränenspuren im Gesicht. Sie hatte sich sehr verändert, seit ich sie zum letzten Mal gesehen hatte. Sie war dünner, und schmale Falten zogen sich von ihrer Nase zu ihren Mundwinkeln. Obwohl sie ungefähr zehn Jahre jünger war als meine Mum, sah sie heute mindestens zehn Jahre älter aus. Daran änderte auch der kunterbunte Kaftan nichts, den sie immer trug. Die dunkle Schminke, die ihre Augen umrahmte, war verwischt und ihre Lippen zerbissen. Trotzdem sah man noch Reste des dunkelroten Lippenstiftes.
»Kannst du kochen?«, fragte Dad.
Frazer schüttelte den Kopf, und ich verdrehte die Augen. Das wäre unsere Eintrittskarte gewesen.
Dad drehte sich zu Cassandra um. »Brauchst du etwas? Du warst seit Tagen nicht draußen.«
»Futter für die Katzen«, flüsterte sie. »Und Butter und Eier.«
Dad nestelte sein Portemonnaie heraus und reichte mir einen Fünfzigpfundschein. »Holt das Nötigste und bringt es her. Ich frage Granny, ob sie für Cassandra eine Suppe kocht.«
»Okay. Wir sind so schnell wie möglich zurück«, erklärte Frazer.
Ich war nicht sicher, ob mein Vater ihn noch gehört hatte, denn die Tür fiel bereits hinter ihm ins Schloss.
Synchron atmeten wir beide auf, und Frazer ließ mich los.
»Das war unangenehm. Ich dachte, dein Dad zieht mich ins Haus und sperrt mich in ein Gruselkabinett.«
»Das macht er auch, wenn wir uns nicht beeilen.« Ich rannte los und blieb erst stehen, als wir die Mauer erreichten, die den Campus umgab. »Hätte ich mir eigentlich denken können, dass Dad bei ihr ist. Schließlich hat sie ihn extra angerufen. Manchmal bin ich echt zu blöd.«
Frazer fuhr sich durch die Haare, die ihm danach in alle Richtungen zu Berge standen. »Sie sah unheimlich aus, findest du nicht?«
»Nö. Für mich sah sie traurig aus. Was kein Wunder ist. Ihr Vater ist gestorben, und nun ist sie allein.«
»Sie hat niemanden mehr? Keine anderen Verwandten?« Für Frazer musste das unvorstellbar sein. In St Andrews wohnte an jeder Ecke irgendein Onkel oder eine Tante von ihm. Die Familie Wildgoose lebte seit Ewigkeiten in dieser Stadt und vermehrte sich ständig.
Ich schüttelte den Kopf. »Der Professor hatte keine Familie.« Meine eigene ging mir zwar manchmal auf die Nerven, aber trotzdem war ich froh, dass ich sie hatte. »Ich schätze, Dad und Granny werden sich um sie kümmern.«
»Aber er geht nach der Beerdigung doch sicher nach Peru zurück.«
»Wahrscheinlich. Ob Cassandra in der Villa wohnen bleiben kann?«
»Gehörte die nicht ihrem Dad? Dann erbt sie sie sicher«, überlegte Frazer, als wir über den Parkplatz zu Scotmid liefen.
»Keine Ahnung.« Ich griff nach einem kleinen blauen Korb, und gemeinsam packten wir Eier, Brot, Katzenfutter und Obst hinein.
»Chips?«, fragte Frazer.
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich glaube, sie ist Vegetarierin.«
»Essen die keine Chips?«
»Woher soll ich das wissen?« Ich nahm ihm die Tüte aus der Hand und stellte sie zurück. »Lass uns lieber noch etwas Käse mitnehmen.«
»Wie du meinst.« Frazer verzog angeekelt das Gesicht. »Ich stopfe immer Unmengen von Chips in mich hinein, wenn ich traurig bin.«
»Du und traurig ist ungefähr dasselbe wie Wasser in der Wüste.«
»Du weißt gar nichts über mich.« Seine Mundwinkel zuckten. »Das ist doch alles nur Fassade, weil ihr Frauen nicht auf Jungs steht, die auch mal weinen.«
»Wenn wir das täten, dann würdest du Schauspieler nur heulend durch die Gegend laufen.«
Frazer boxte mir gegen den Arm. »Du siehst nur das, was du sehen willst. Tief in meinem Inneren bin ich sensibel.«
»Hm. Wenn es um dich geht«, stellte ich fest und griff nach einem Stück Appenzeller. »Wie eigentlich bei jedem Jungen, den ich kenne.«
»Und jedem Elfen«, flüsterte er mir ins Ohr.
Da musste ich ihm recht geben.
»Hey«, erklang hinter uns Skys Stimme.
Synchron drehten wir uns um, und ich sah sie schuldbewusst an. Warum, wusste ich allerdings nicht. War ja nicht verboten, mit einem Freund Lebensmittel einzukaufen. Ich hob den Korb. »Wir kaufen ein. Für Cassandra«, setzte ich etwas verspätet hinzu.
»Für Cassandra Gallacher?«
»Hm.« Mein Blick glitt zu Frazer. »Wir waren bei ihr, um zu fragen, wie es ihr geht, und da hat mein Vater uns gebeten, ein paar Dinge zu besorgen.«
»Wir wollten dich auch mitnehmen, aber du hattest noch Mathe«, kam Frazer mir endlich zu Hilfe.
»Und ihr hattet Geschichte«, erklärte Sky und musterte ihn aus schmalen Augen. »Ms Clark hat euch vermisst.«
Frazer kratzte sich verlegen am Kopf.
»Zu mir hast du gesagt, es fällt aus.« Strafend sah ich ihn an.
»Ich wollte nicht, dass du später allein zu der Hexe gehst.«
»Sie ist keine Hexe. Nur etwas seltsam.«
»Gib zu, dass du froh warst, dass ich mitgekommen bin. Zu zweit ist man weniger allein.« Er zwinkerte Sky zu, die genervt mit den Augen rollte.
»Ja schon, aber deshalb wollte ich nicht schwänzen.«
»Ich rede morgen mit Ms Clark. Sie mag mich, und sie wird es verstehen.«
»Warum kann ich meine Lehrer nicht so um den Finger wickeln?«, stellte ich eine rhetorische Frage an niemand Bestimmten.
»Weil du nicht so eine Unschuldsmiene aufsetzen kannst wie er.« Sky drehte sich auf dem Absatz um und stakste zur Kasse. Ups. Da war aber jemand sauer.
»Ich kläre das.« Frazer rannte ihr hinterher, und ich stand allein da mit meinem Korb. Jetzt würde ich das ganze Zeug zu Cassandra schleppen müssen.
»Wo ist dein Freund?« Mein Vater schaute sich um, als ich mit hochrotem Kopf vor der Tür stand.
»Er ist nicht mein Freund, er ist ein Freund«, erklärte ich. Frazer und Sky waren wie vom Erdboden verschluckt gewesen, als ich endlich bezahlt hatte. So viel zu sensibel.
»Das meinte ich. Du bist viel zu jung für einen richtigen Freund.«
»In meinem Alter wäre es normal, einen richtigen Freund zu haben.« Ich schob mich an ihm vorbei und ging in den schummerigen Flur.
»Finde ich nicht«, murmelte mein Vater hinter mir, aber auf so ein Gespräch hatte ich keine Lust.
Ein ranziger Geruch stieg mir in die Nase, und ich schnüffelte. »Was stinkt hier so?« Suchend sah ich mich um, konnte aber bei dem wenigen Licht kaum etwas erkennen.
Dad zuckte mit den Achseln. »Keine Ahnung, es würde mich nicht wundern, wenn irgendwo eine tote Katze rumliegt.«
Schockiert starrte ich ihn an.
»Das war ein Witz«, beschwichtigte er mich.
»Deine Witze waren auch schon mal besser.« Ich stolzierte in die Küche und schüttelte den Kopf, als ich das Chaos sah. Ich war nicht die Ordentlichste, aber hier sah es aus, als ob eine Bombe eingeschlagen hätte. Das Geschirr stapelte sich in der Spüle, und auf dem Tisch lagen jede Menge aufgeschlagene Bücher. Schubladen waren herausgerissen, und Schranktüren standen offen. Ein Haufen Krimskrams lag auf dem Boden verstreut. Stifte, Batterien, Kassenzettel und Büroklammern tummelten sich zwischen Brotkrümeln und anderen Essensresten, die ich nicht identifizieren konnte. Die paar Blumen, die das Fensterbrett verzierten, waren vertrocknet, und die karierten Vorhänge hingen schief herunter. In meiner Erinnerung war das Haus zwar nicht penibel sauber gewesen, aber immerhin aufgeräumt. Eher anheimelnd kramig, wenn es diesen Stil gab.
Ich stellte den Beutel ab und ging ins Wohnzimmer. Hier sah es noch wüster aus. Mindestens fünf Katzen bevölkerten den Raum und miauten, als sie mich sahen. Cassandra thronte in ihrer Mitte und hielt einen rostroten Kater auf dem Schoß. Die Unordnung schien sie nicht im Geringsten zu stören und der Gestank auch nicht. Ich ging zur Terrassentür, zog die schweren Vorhänge auf und öffnete sie. Frische, kühle Luft wehte in den Raum, und das Licht vertrieb die dunklen Schatten aus den Ecken. Ich konnte gar nicht so schnell gucken, wie die Katzen nach draußen verschwanden. Nur der rostrote Kater blieb schnurrend auf Cassandras Schoß sitzen und ließ sich weiter von ihr streicheln.
Schockiert wandte ich mich meinem Dad zu. »Was ist passiert? Es sieht aus wie auf einem Schlachtfeld. Wie kann man nur so leben?«
Ich flüsterte zwar, aber selbst wenn ich laut gesprochen hätte, war ich nicht sicher, ob Cassandra mich überhaupt gehört hätte. Sie wiegte sich summend auf dem Sofa vor und zurück. Bisher hatte ich so ein Verhalten maximal in Filmen gesehen, und da hatte ich es schon gruselig gefunden.
»Sie ist viel kränker, als ich dachte. Ich frage mich, weshalb der Professor nicht mit ihr bei einem Arzt war. Sie braucht professionelle Hilfe, das sieht man doch.«