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Hauptsache, die Laserpointer der Glühwürmchen leuchten dir heim. Es war die Zeit, als die Termine aus den Kalendern verschwanden, als wären sie mit Tinte geschrieben, die wie von Zauberhand auf einmal unsichtbar wird. Erzählerischer sind sie geworden, die neuen Gedichte, gegenwartsnäher, schärfer und pointierter. Aber gleichzeitig kombinieren sie das Hellwache mit traumwandlerischer Sprachmagie und der scheinbaren Mühelosigkeit schwereloser Bilder.
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Seitenzahl: 54
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Hellmuth Opitz
Gedichte
Durch diese Flauschnacht
Hohelieder aus den Zeiten des hohen C
Replay
Jedes Mädchen hat ein Gedicht verdient
Die Queen jenes Sommers
Vorschlag zur Güte
Hohelied in Zeiten des hohen C
Die Gastgeberin
Aufheller. Abglanz
Im Nachglühen
Federn lassen
Vier vorbei und das Licht kippt
Funkenflug
Ohren Zeugen
Der alte Gepard
Prélude für Ursina Lardi
Im Stillstand rast die Veränderung
März. Und alles, was danach kam
Allein: Ich
Neigungsfragen
Gegengift
Das Heft des Handelns
Hoffnung, eine Hüpfburg für die Müden
Jetzt mal im Ernst
Im Stillstand rast die Veränderung
Die inneren Rohstoffe
Im Tristen das Trösten
Stiff Upper Lip
Die Industrialisierung der Singvögel
Sich solange es noch geht einmal diese Überdosis geben
Wann kam die erste Nachtigall darauf
Wir hatten schon fast alles gesehen
Als wäre ich von einem Hauch von Wissen
Eines Tages sah der brasilianische Multimedia-Künstler
Unser Käfer hatte sein Weinrot in den Abendhimmel
Ich weiß nicht mehr genau – war’s der Hafen
April, das Morgenlicht serviert schon Kännchen
Stockrosenaufstand an der Hauswand
Zu wissen, fast alle Bäume
Great Whites
Nur mal kurz anstupsen
Aufgeblasener Gummihandschuh
Bad Ass Shark
Tintenblau das Wasser
Colossus springt
Zurück von der Zeit- und Raumpatrouille
Ellerbrocksfeld
Die Wela-Frau
Seewetterbericht
Funeral Train, 8. Juni 1968, 12.30 Uhr
Summen
Prachtbauten
Trailer für einen fast perfekten Tag
Brest meine Fresse
Langsames Löschen der Lichter
Letzte Gäste
Die Unbedachten
All die Zertanzten
Sprachnachrichten aus der Mittelklasse
Sätze ohne Ehrgeiz
Aus einem Handbuch für Industrie-Stahltüren
Rolls Rois
Wie Lana del Rey mich mal kurz von Zweifeln erlöste
Hüsteln
Das Hinauszögern beim Möblieren eines neuen Gedankens
Kannste knicken I-III
Erster Erster Zwanzig Zwanzig
Mayday im Januar
Troyer
Schneekönig hat abgedankt
Nach der Schmelze
Werkstatt-Protokoll
Kühle Frühe Ende März
Weniger wichtige Wahrnehmung
Durch diese Flauschnacht taumeln, diese Rauschnacht, flatterhaftes Nachtpfauenauge Du, trunken vom Nektar der Augustinerblumen, traumwandlerisch sicher, weichst Du den Trümmerteilen aus, den glühenden Blüten, die noch immer herabregnen, seit der Frühling mit aufgedrehten Triebwerken in den Parks, den Gärten zerschellte. Taumler, Du Träumer weißt: Heut ist es anders, heut kachelt St. Johannis den Himmel, heut Nacht hagelts Sterne und Du kaufst jede Schnuppe, während Du die Milchstraße entlang läufst, vorbei am Supermarkt, sieh doch: die Strahler, wie sie den Parkplatz erhellen, die Einkaufswagen in ihren Buchten, Gittertiere, die sich ducken in ihren Sammelställen. Du kaufst das alles, weil Du weißt: Morgen wird’s vergessen sein, all die Lichtjahre und nichts wird bleiben, nur das Hämmern auf dem Amboss im Innern deines Kopfes. Einstweilen aber ist es Dir gleich, Hauptsache, die Laserpointer der Glühwürmchen leuchten Dir heim.
Wer die Schönheit angeschaut mit Augenist dem Tode schon anheimgegeben.
August von Platen
Es hätte besser laufen können
beim allerersten Mal an jenem
Nachmittag in deinem Zimmer.
Wir steckten fest im Nesteln
unterm Pappschnee der Bettdecke.
Nicht mal der Tonarm hob ab
von der Platte, die Nadel hakte
störrisch in der Auslaufrille des
Joni-Mitchell-Albums, obwohl
es in deinem Lieblingssong
doch ums Abheben ging.
Da standst du auf, liefst nackt
zum Plattenspieler, drehtest dich
um mit diesem unverschämten
Grinsen, das sagte: Ich drück mal
auf Repeat, kamst dann zurück:
mit dem wunderbar wippenden
Gang, der mir heute noch nachgeht,
wenn ich diesen Nachmittag
auflege und der Tonarm knisternd
das Erinnern berührt: Es hätte
besser nicht laufen können.
eins, das nur ihm gehört, zugesteckt wie ein Kassiber,
ein klein gefalteter Zettel mit Kästchen, darauf
ein Gedicht, das ihm auf Anhieb peinlich war,
die ungelenke Schrift, die unbeholfenen Komplimente,
der ungeheure Mut, es ihm zu geben auf dem Hof,
wo es stand, inmitten eines Pulks von Freundinnen,
kichernd in der großen Pause, einen Herzaussetzer
lang Stille und natürlich wollten es dann alle lesen.
Das Mädchen aber zeigte es den anderen nicht,
weil es an etwas rührte und noch heute treibt es ihm
die Röte ins Gesicht, oben auf dem Dachboden,
fünfzig Jahre später, wo es in einer Kiste wühlt,
auf diesen Zettel stößt und wo zur gleichen Zeit
in einem anderen Leben der Schreiber sich durch
einen Ordner seiner frühen Werke blättert und
vor Scham versinken möchte in der Erkenntnis:
Nicht jedes Gedicht hat ein Mädchen verdient.
Ihre Schulterblätter sind das, was mir noch vor Augen steht
aus diesen hechelnden Hundstagen im unteren Jura der Jugend,
ihre blassen Schulterblätter, auf denen ein später Juli
viele Sommersprossen ausgesät hatte.
Ich sah den Wassertropfen zu, die sich dazwischen
entlang schlängelten, gespeist aus einem wilden Rotschopf,
wie sie Tempo aufnahmen, wenn sie die Schultern bewegte,
und ihren Rücken weiter hinunter liefen.
Mein Blick lief ihnen nach bis zum Rand der Bikinizone,
während wir hier lagen zum Trocknen auf den
sonnenwarmen Planken dieses Stegs am See, ihr riesiges
Handtuch mit dem Union Jack, fast hätte ich salutiert
vor dieser Queen aus Swindon.
Wie überlegen sie mir war, einen halben Kopf größer,
vom Größenunterschied im Kopf gar nicht zu reden.
Sie war gut in Physik, ich nur in Physis, ihr Thema:
Energie und wie sie verschwendet wird.
Könnte man mit der Kraft, die notwendig ist, um eine
Brandschutztür aus Stahl zu öffnen, nicht gleichzeitig
ein paar Orangen auspressen, fragte sie. Was da
verloren geht! Ich hatte keinen blassen Schimmer,
ganz im Gegensatz zum See.
Ich hatte nur Augen für ihren Mund, aus dem
diese Versuchsanordnungen nur so sprudelten,
ihre rauen, rissigen Lippen, die nach Zimt schmeckten
oder Holunder, da verschwimmt die Erinnerung.
Später, als wir aufstanden, blieb ihr Blick an meiner
Badehose hängen. Abklingbecken, sagte sie, grinste
und ich weiß bis heute nicht, woher sie die Vokabel hatte.
Nur den Klang habe ich noch im Ohr, den weichen
Wiltshire-Akzent einer Austauschschülerin.
Damals aber verstand ich nicht mal, was sie meinte.
Wochen später, als sie längst weg war, ging es mir auf,
in einer Physikstunde, als es um Kraftwerke ging:
Sie war die Energie, ich die Verschwendung.
Nur eine kleine Windanwandlung,
die dir übers Gesicht geht wie eine
nachlässige, zärtlich gemeinte Geste
und schon dein erstes Wort macht
der Wirklichkeit einen Vorschlag zur Güte.
Die hört sich das an, neigt den Kopf leicht,
lächelt abwesend, lässt den Nachmittag
einfach gewähren, seine Sonne, die mit
dem Textmarker ein paar Häuserzeilen
anstreicht in leuchtendem Gelb.
Die Welt ist heute großzügig zu dir, lässt
einen kirschroten Lippenstift springen,
vielleicht, weil das Glück in deinen Sätzen
oft im Plusquamperfekt steht, weil sie um
die Dunkelheit weiß zwischen deinen Zeilen.
Als das Draußen sich nach innen stülpte
wie der Ärmel einer Jacke, als es uns alle