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An einer Staumauer bei Kiel wird die Leiche eines jungen Mannes gefunden. Kommissarin Olga Island, soeben aus Berlin nach Schleswig-Holstein versetzt, übernimmt die Ermittlungen. Der Tote arbeitete auf einer Kieler Werft, war hoch verschuldet und betrieb einen regen Handel mit Schiffsschrott. Als in der Kieler Förde eine weitere Wasserleiche entdeckt wird, sprechen die Medien von einem Serienkiller. Die Jagd nach dem Täter führt Olga Island in entlegene Winkel der Landeshauptstadt und ihrer ländlichen Umgebung. Dabei hat sie nicht nur mit den Vorurteilen ihrer Kollegen zu kämpfen, sondern auch mit einem gefährlichen Mörder, der vor weiteren Taten nicht zurückschreckt …
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Veröffentlichungsjahr: 2012
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Für Tim, den alten Seebären
Vollständige E-Book-Ausgabe der im Piper Verlag erschienenen Buchausgabe
5. Auflage 2011
ISBN 978-3-492-95736-6
© Piper Verlag GmbH, München 2008 Umschlaggestaltung: semper smile, München Umschlagfoto: mauritius images / imagebroker.net Datenkonvertierung: CPI – Clausen & Bosse, Leck
Lieber kleiner Steuermann, nimm mich in dein Boot,
deine Lichter brennen schon, grün und weiß und rot,
fahr mit mir aufs Meer hinaus, lass mich nicht allein,
ich möcht mit dir vor Anker gehen und glücklich mit dir sein,
wenn wir die Kieler Förde sehn, bei Nacht im Mondenschein.
Kieler Förde, blaue Perle, du bist schön,
wo Möwen schreien und die alten Häuser stehn,
liegst romantisch an der Bucht in Luv und Lee,
was kann so schön sein wie das Land rund um Laboe?
1
Die Dämmerung rückte näher und roch nach Wasser. Nicht nach Regen. Nicht so, wie es riecht, kurz bevor Regen fällt. Es roch brackig, faulig, nach feuchten Entenfedern, die auf der Wasseroberfläche liegen und sich langsam, nach Tagen erst, mit Wasser vollsaugen, bevor sie untergehen. Es roch süßlich und schwer, nach vermodernden Blättern, Ästen und Baumstämmen, die auf dem Grund des Sees lagen und seit Jahrzehnten vor sich hin rotteten. Vor nicht allzu langer Zeit hatte man das Wasser abgelassen, um das Kraftwerk zu sanieren, ein kleines, altes Wasserkraftwerk zur Stromerzeugung. Dafür hatte man die Schwentine ablaufen lassen und den Rosensee vollständig entleert. Im Schlamm hatte man Reste der Vergangenheit gefunden, Fundamente von Fischerhütten, Kaninchenkäfige, Fahrradgerippe, Vogelleichen.
Warum dachte er daran, während er dalag und verzweifelt nach Luft rang? Den Schlamm und einen Teil des Unrats hatte man im See gelassen. Als der Fluss wieder aufgestaut wurde, hatte sich der Geruch des Wassers für kurze Zeit verändert, war noch modriger geworden, fischiger. Etwas Schmieriges, Glasiges war nach oben gekommen. Als es für die Schaulustigen aus dem Ort nichts mehr zu sehen gab, weil das Wasser wieder im alten Bett des Sees stand und alles wie vorher zu sein schien, hatte niemand mehr über den Geruch nachgedacht. Es roch wie immer, nach stehendem Gewässer und nach dem heraufziehenden Herbst.
Er verstand nicht, warum ihm jetzt, in seinen letzten Minuten, gerade das in den Sinn kam. Hatte es mit der Verhexung zu tun, die ihn hierher und in diese Lage gebracht hatte? Er versuchte, seinen Armmuskeln den Befehl zu erteilen, sich zu strecken. Er erwartete, dass sich die Schnur, mit der er gefesselt war, tiefer in die Haut seiner Handgelenke schnitt, aber es geschah nichts – außer dass er tiefer sackte, mit den Nasenlöchern dem brackigen Wasser noch näher kam. Am liebsten hätte er geschrien oder laut geflucht, aber er brachte kaum ein Stöhnen zustande. Vom schlammigen Grund stiegen kleine Luftblasen auf und gerieten in seinen schwachen Atemstrom. Panik durchflutete ihn in heißen Wellen.
Plötzlich war da ein Geräusch, das langsam näher kam, ein leises Schmatzen. Jemand ging mit weiten Schritten durch sumpfiges Gelände. Mit aller Kraft versuchte er, seine bleischweren Lider zu öffnen. Ein feiner, aromatischer Geruch raubte ihm fast den Verstand. Da war ein Lichtkegel, der langsam auf ihn zukam. Durch seine Wimpern erkannte er im schwachen Licht ein Paar olivgrüne Gummistiefel.
Er kannte diese Stiefel, schon viele Jahre standen sie in der Laube. Er hatte sie oft getragen, wenn er zum Angeln hierhergekommen war, sonntags vor Sonnenaufgang oder wenn es regnete, dann bissen die Bachforellen am besten. Viel zu oft war er allein gekommen, obwohl man ihm nachsagte, dass er ansonsten nichts anbrennen ließ. Aber in die Laube hatte er selten jemanden mitgenommen. Dabei war es ein guter Ort für Ausschweifungen jedweder Art, man war dort völlig ungestört, niemand konnte etwas hören. Und niemand hatte etwas gehört an diesem Abend im Spätsommer.
Der Lichtkegel wanderte über das Wasser und fand die Stelle, an der er lag. Noch einmal befahl er seinen Muskeln, sich zu rühren, mühte sich verzweifelt, durch die Kraft der Gedanken seine Nervenfasern dazu zu bringen, diesen panischen, mit dem Tod ringenden Körper zu retten. Er versuchte ein Wort zu formen, einen Schrei auszustoßen. Der Lichtstrahl der Lampe brannte in seinen Augen. Es war das Letzte, was er sah, dann entfernten sich langsam die Schritte.
2
Da ist ein Schatten, auf den sollte sie achten, aber sie steigt das enge, nach Kartoffelschalen riechende Treppenhaus nach oben und spürt keine Gefahr, nicht hier, nicht in diesem Treppenhaus, in dem schon seit Jahren keine Mieter mehr rauf- und runtergehen. Und doch hat sie das Gefühl, dass alles zu glatt läuft. Das Halfter mit der Pistole liegt schwer auf ihrer Hüfte, sie spürt den leichten Rückenschmerz, wie immer, wenn sie die Waffe trägt. Trotz der Schmerzen dort, wo sie ihre Bandscheibe vermutet, kommt sie bei ihrem Aufstieg in den vierten Stock schnell voran. Mischa ist direkt hinter ihr. Sie hört ihn atmen. Er ist erst seit Kurzem im Team, aber sie weiß, dass er schnell ist und gewandt. Nach Feierabend spielt er Fußball im Volkspark Friedrichshain, mit Kumpeln, die er noch aus seiner Schulzeit kennt. Er war Rapper, bevor er zur Polizei kam, das Polizeimusikkorps sei nichts für ihn, hatte er stolz erklärt, als er sich bei ihr vorstellte. Er arbeitet gern bei der Mordkommission. Ihm macht Schichtdienst nichts aus. Manchmal wirkt er geradezu aufgekratzt, je weiter eine Nacht, die sie sich im Dienst um die Ohren schlagen, voranschreitet.
Die Treppenstufen knarren. Dieser Einsatz ist nicht besonders spektakulär. Sie haben einen Hinweis erhalten und müssen eine Wohnung durchsuchen, die schon lange leersteht. Das ganze Hinterhaus ist seit Jahren unbewohnt. Bald wird es abgerissen, wie der ganze Wohnblock. Das Übliche, ein neues Einkaufszentrum ist geplant, ein Shoppingcenter für Pankow. Im vierten Stock blickt man aus dem verrotteten Holzfenster auf die S-Bahn-Gleise, zwei zerschrammte Wohnungstüren, eine schmale Treppe zum Boden.
Sie zögert. Mischa macht eine Kopfbewegung in Richtung der einen Tür, die einen Spalt offen steht, und nickt. Sie ziehen beide ihre Pistolen und betreten die Wohnung. Im schmalen, dunklen Flur stinkt es. Im ersten Raum sind die Wände bemalt, Sonnenuntergänge, Phantasietiere, nackte Frauenkörper. Auf einem fleckigen Teppichboden liegen aufgeschlitzte Matratzen. Der nächste Raum ist eine Küche, die Resopalschränke bis ins letzte Fach mit prall gefüllten Plastiksäckchen vollgestopft.
In diesem Moment hätte sie es wissen müssen. Aber sie spürt keine Angst. Ein weiterer Raum hinter der Küche, eine Pritsche, verschlungene Bettlaken, hellrote Spritzer, dunkelrotes Gelee in Quallenform, Handschellen, Klebeband, Elektrokabel. Das ist eindeutig die Handschrift von Piotr, dem Mann, dessen blutiger Spur sie folgen. Drei Tote in zwei Wochen. Aber diesmal hat er Fehler gemacht. Unbeirrt und routiniert kommen sie ihm näher. Die Ermittlungen laufen sauber, lückenlos. Sie haben genug Erfahrungen mit der Aufklärung von Bandenkriminalität in der Hauptstadt. Die Russen, die Vietnamesen – oft genug misslingt es, die Drahtzieher vor Gericht zu bringen. Bei Piotr, dem Balten, sind sie ganz nah dran.
Im dritten Zimmer ist ein Fenster mit Zeitungspapier zugeklebt. Darüber wacht ein kleines, rundes, unbarmherziges Auge. Eine Kamera. Hat Mischa sie auch bemerkt?
Im Zimmer befindet sich genau das, was sie suchen. Waffen. Halbautomatische Feuerwaffen russischer Bauart, Pistolen, Revolver, Handgranaten, Jagdgewehre. Sie brauchen Verstärkung, sofort. Diese Wohnung ist ein Rattenbau. Hier wird gedealt, Hehlerware gehandelt, gedroht und gefoltert.
Doch irgendetwas stimmt nicht, sie spürt es. Sie öffnet die Lippen, um Mischa etwas zuzurufen. Sie sind in diese Wohnung gekommen, als hätten sie eine Einladung. Aber sie haben nur eine Spur. Eine Spur der Verwüstung, die sich durch die Stadt zieht. Ein Brandanschlag auf ein Juweliergeschäft in Charlottenburg, eine Autobombe vor einer Villa im Grunewald, zwei Exekutionen in einer Galerie in Mitte, bei der das geschockte Publikum der Vernissage für Minuten an eine Kunstaktion glaubt, ein Erhängter unter einer Brücke am Kanal in Kreuzberg, an dem zahlreiche Ausflugsdampfer vorbeifahren, bevor jemand die Polizei ruft. Alles trägt die Handschrift von Piotr und seinen Leuten, der derzeit brutalsten Bande der Stadt.
Mischa steht vor einer tapezierten Wand, in der sich, fast unsichtbar vor lauter Blumenmuster, eine Tür befindet. Er tritt zurück, gibt ihr Deckung. Sie schiebt die Tür mit der Fußspitze einen Spalt weit auf. In der Kammer ist es dunkel. Da ist ein Lichtschalter zu ihrer Linken. Sie tastet danach, hält den Atem an. Sie traut Piotr alles zu, auch, dass im nächsten Augenblick das Hinterhaus explodiert, der ganze Häuserblock vorzeitig von der Berliner Landkarte verschwindet, mit ihr und Mischa darin und den Kollegen unten im Hof. Feuer, Detonationen, ein Krater, wo ein Hinterhaus gestanden hat, Schutt und Scherben auf den Dächern der Seitenflügel. Ein blasser, dunstiger Sonnenuntergang über Berlin-Mitte, Mischas Beerdigungsfeier, seine weinende Freundin, Zarah heißt sie, sie trägt ihr kurzes, blondes Haar unter einem schwarzen Schleier, der Polizeipräsident kommt auf sie zu, er kondoliert schweigend.
Sie steht in der dunklen Kammer und schnuppert. Kein Gasgeruch, nur der Gestank alter Kleidung. Sie dreht den Schalter herum. Eine Funzel hängt von der Decke. An einem Regal klebt ein Zettel. Es ist eine Todesanzeige: Olga Island, geboren in Kiel, gestorben in Berlin, heute.
Mischas Waffe klickt. Warum entsichert er sie erst jetzt? Sie fährt herum, sieht ihm ins Gesicht, zögert keine Sekunde, schießt sofort. Dann schreit sie, schreit und schreit und schreit.
3
When I’m Sixty-Four. Das Wecksignal ihres Handys riss sie hoch, aus einem endlosen Film immer wiederkehrender Bilder. Olga Island schlug die Augen auf, ihr T-Shirt klebte zwischen den Schulterblättern. Bunte Vorhänge bauschten sich vor einem Fenster, das gekippt war. Kühle Luft strömte herein, draußen war es schon hell. Eine Möwe kreischte schrill und anhaltend.
Sie lag in einem Bett, das mit einer gebügelten, weißen Bettwäsche bezogen war. Sie besaß keine weißen Bettbezüge, und sie bügelte Bettwäsche nie. Dazu hatte sie gar keine Zeit. Also musste es ein fremdes Bett sein, aber sie war allein. Kiel, schoss es in ihren Kopf, ich bin in Kiel. Sie drehte sich auf die Seite, schloss die Augen und stöhnte.
Als sie sie wieder öffnete, zeigte das Display ihres Handys sechs Uhr dreißig. Wenn sie tatsächlich in Kiel war, dann war es höchste Zeit aufzustehen. Sie streckte sich und atmete ein paarmal tief ein und aus. Sie befand sich in einer Frühstückspension in Schönkirchen, einem Vorort von Kiel. Seufzend rollte sie sich aus dem Bett, trat vor das kleine Waschbecken hinter der Tür, beugte sich darüber und ließ sich kaltes Wasser über den Kopf laufen.
Es waren immer dieselben Bilder, die sie seit Wochen quälten, die immer gleichen Gedanken, die sie beschäftigten, egal ob sie träumte oder wach war. Ihr letzter Einsatz in Pankow. Es war alles in Ordnung gewesen, bis zu dem Moment, als Mischa seine Waffe auf sie gerichtet hatte. Da war plötzlich alles aus dem Ruder gelaufen, es war der Augenblick gewesen, den jeder Polizist insgeheim fürchtet, aber so gut es geht verdrängt. Es war der Moment, in dem alles schiefläuft, in dem man die Kontrolle über das Geschehen vollkommen verliert. Dabei war sie so kurz davor gewesen, in diesem brutalen Fall einen entscheidenden Schritt voranzukommen. Verdammte Mafia. Sie hatte sie dazu gebracht, einen Menschen zu erschießen. Wie sollte sie damit zurechtkommen?
Immer wieder sah sie Mischas Augen vor sich: kalt, konzentriert und absolut entschlossen. Dann, als der Schuss gefallen war mit einem Knall, den sie auch jetzt noch zu spüren glaubte, und die Kugel in seinen Bauch gedrungen war, hatte er sie ungläubig angesehen, als habe eine Geliebte völlig unvermittelt zu ihm gesagt: »Übrigens, ich liebe einen anderen.« Diesen Blick konnte sie nicht vergessen.
»Sie müssen eine Zeit lang aus Berlin verschwinden«, hatte der leitende Oberstaatsanwalt ihr mitgeteilt. »Wir können Sie nicht beschützen. Sie wissen zuviel. Sie sind auf der Abschussliste ganz oben. Bis das Ergebnis der Untersuchung zum Tod ihres Kollegen vorliegt, sind Sie vom Dienst suspendiert, aber ich rate Ihnen unabhängig davon, Berlin so schnell wie möglich zu verlassen. Sie bekommen eine neue Identität, wenn Sie wollen. In Ihre Dienststelle können Sie aber auf keinen Fall zurück. Nicht, bis wir die Strukturen der Mafia durchschaut haben. Nicht, bevor Piotr sitzt. Sie wissen selbst am besten, dass es lange dauern kann, bis wir ihn haben, bis wir ihm das alles nachweisen können. Vielleicht gelingt es uns nie. Und selbst wenn er weggebunkert ist, müssen wir damit rechnen, dass er weiter aus dem Knast heraus regiert.«
Das kalte Wasser brannte auf ihrer Kopfhaut. Sie fuhr sich mit dem Handtuch durch das halblange, dunkelblonde Haar und rubbelte es trocken. Sie hatte sich nicht vorstellen können, dass sie sich einmal so niedergeschlagen fühlen würde wie in den Tagen nach dem Einsatz in Pankow. Sie hatte einen Menschen erschossen. Sie hatte auf einen Kollegen gezielt, auch wenn dieser Kollege die Seite gewechselt hatte. Sie hatte geschossen, um ihr eigenes Leben zu retten, doch genau dieses Leben schien ihr plötzlich völlig wertlos. Sie starrte in den Spiegel. Ein müdes Gesicht blickte ihr entgegen, dunkle Halbmonde unter den Augen, unübersehbare Spuren der letzten Wochen. Sie sah genauso alt aus, wie sie war: neununddreißig! Sie ging für keinen Tag jünger mehr durch.
Nach der Freistellung von ihrem Dienst hatte sie drei Tage und drei Nächte allein in ihrer Wohnung in Friedenau gesessen. Sie hatte Bier getrunken und versucht, eine Entscheidung zu treffen. Lorenz, der Mann, mit dem sie ihre wenigen freien Wochenenden verbrachte, war bis zum Ende des Sommers in Italien unterwegs, wo er ältere Damen und Herren der Volkshochschule Berlin-Mitte im Aquarellmalen unterrichtete. Sie musste die Entscheidung allein treffen. Ich lasse mich nicht einschüchtern, hatte sie immer wieder gedacht. Es muss doch andere Kommissariate geben, in denen ich arbeiten kann, auch wenn mir die Kollegen nun mit Misstrauen begegnen. Ich bleibe in Berlin.
Am Morgen des zweiten Tages hatte ein Projektil unbekannter Herkunft das obere Flügelfenster in ihrer Küche durchschlagen, am Abend des dritten Tages ein verdächtiges Päckchen in ihrem Briefkasten gelegen. Die Kollegen vom Sprengstoffdienst waren gekommen und hatten die Briefbombe entschärft. Island hatte mehr Bier gekauft und noch eine Nacht lang getrunken. Dann hatte sie sich entschieden. Sie war in der Stadt nicht mehr sicher. Sie würde ihre Wohnung untervermieten und für eine Weile woandershin gehen. Den Vorschlag mit der neuen Identität hatte sie sofort verworfen. Wenn Piotr sie eliminieren wollte, würde er es tun. Aber sie war sich sicher, dass er sich damit zufriedengeben würde, sie eingeschüchtert und vertrieben zu haben. Er hatte gesiegt. Er hatte mit seinem fetten, blutbesudelten Grinsen die Hauptstadt für sich allein.
Piotr hatte Kontakte bei der Polizei. Das war der wirkliche Grund, warum man Island angeblich nicht beschützen konnte. Mit Recht und Ordnung hatte das alles nichts mehr zu tun.
Olga Island zog die Vorhänge zur Seite und sah hinaus. Auf dem kurz gemähten Rasen stand ein aufblasbarer Swimmingpool für Kinder, in dem Plastikspielzeug vor sich hin dümpelte. Über den Dächern der niedrigen, geklinkerten Nachbarhäuser türmten sich graue Wolken, hinter einer akkurat gestutzten Hecke flatterte ein blau-weiß-roter Wimpel an einem Fahnenmast. Ein feiner Kopfschmerz pochte in ihren Schläfen. Sie öffnete den Schrank, nahm Jeans, Unterwäsche und eine weiße Bluse heraus und zog sich an. Kiel, dachte sie, ausgerechnet Kiel. Hier ist es kalt, obwohl eigentlich noch Sommer ist. Hier ist der Hund begraben. Hierher wollte ich niemals zurück.
»Hiermit versetze ich die Kriminalhauptkommissarin Olga Island in den Dienstbereich der Schleswig-Holsteinischen Landespolizei. Sie wird dort der Bezirkskriminalinspektion der Polizeidirektion Kiel zugeordnet werden. Gezeichnet: Der Innensenator.«
Das war der Dank für lange Jahre erfolgreicher Arbeit bei der Berliner Mordkommission.
Man hatte ihr die Versetzungsurkunde zugestellt, zusammen mit den abschließenden Ermittlungsergebnissen über den letalen Schusswaffengebrauch. Das Ergebnis hätte ihr etwas von ihren Schuldgefühlen nehmen können, aber es verstärkte sie im Gegenteil noch. Die Obduktion von Mischas Leiche hatte ergeben, dass er regelmäßig Heroin konsumiert hatte. Für Piotr war er ein leichter Fang gewesen. Ein drogensüchtiger Bulle, es hätte nicht besser sein können. Piotr hatte Stoff in der Wohnung zurückgelassen. Mischa hätte alles getan, um daranzukommen, auch gemordet. Warum habe ich das nicht bemerkt, dachte sie immer und immer wieder. Warum habe ich nicht bemerkt, dass ein so naher Mitarbeiter drogenkrank ist? Ich hätte es sehen müssen. Ich war blind.
Man hatte ihr Notwehr in unübersichtlicher Situation zugestanden und von Disziplinarmaßnahmen abgesehen. Sie war eine fähige und ausdauernde Hauptkommissarin, und wenn der Berliner Stellenschlüssel es hergegeben hätte, dann hätte man sie längst befördert. Sie war eine Frau in den besten Jahren, kinderlos, mit mittelmäßigem Abitur, aber brillanten Noten an der Polizeihochschule. Sie konnte sich keinen anderen Beruf als ihren jetzigen vorstellen. Polizeiverwaltung? Innendienst? Nein. Sie konnte tagelang über Akten brüten, wenn es darum ging, einen Fall zu lösen, aber sie konnte sich nicht vorstellen, es immer und ausschließlich zu tun. Es würde die Welt nicht besser machen. Innendienst war keine Lösung.
Sie ging nach unten in den Frühstücksraum. Am Nachbartisch saßen zwei Männer, die sich über einen Strauß Plastikblumen hinweg auf Englisch unterhielten. Es ging um irgendwelche Motoren, die nach Estland verschifft werden sollten. Island trank drei Becher starken Kaffee mit viel Kaffeesahne, weil es keine Milch gab. Lustlos aß sie ein Brötchen mit Marmelade und blätterte in der Tageszeitung, die auf dem Tisch lag. Im Radio lief ein Musiksender, Welle Nord, und spielte Schlager und seichte Popmusik. Nach jedem zweiten Lied schaltete sich ein Moderator mit Altmännerstimme ein und machte einen Witz, den nur verstand, wer auf dem Land wohnte und sich niederdeutschen Humor bewahrt hatte. Manche Anekdoten erzählte er gleich ganz auf Platt.
Die Titelseite der Zeitung zierte das Bild vom Ausschwimmen einer Luxusjacht aus einem Dock. Sie hatte die Größe eines Passagierschiffes. Ein Ölmilliardär, der in der Zeitung nicht genannt werden wollte, hatte sie von der größten der Kieler Werften, den Howaldtswerken, bauen lassen.
Island blätterte weiter. Auf Seite zwei gab es einen Bericht über die schwierige wirtschaftliche Lage im Land, den das Bild einiger Werftkräne zierte, während auf Seite drei ein üppig bebilderter Artikel über die Kreuzfahrtschiffe abgedruckt war, die voraussichtlich im nächsten Jahr den Kieler Hafen anlaufen würden. Die Sportseiten berichteten über eine Regatta in der Flensburger Förde, die deutschen Surfmeisterschaften vor St.Peter-Ording und ein Beachvolleyballturnier am Schilkseer Strand. Sie dachte an die Schlagzeilen in den Berliner Zeitungen: Polizist von Kollegin erschossen. Kiloweise Heroin sichergestellt. Trotzdem kein Durchbruch bei den Ermittlungen.
Ob in den Kieler Nachrichten auch davon berichtet worden war? Solche Dinge passierten in den Großstädten überall auf der Welt. Es war sicher kaum eine Meldung wert. Hier interessierte man sich für andere Dinge. Seehunde zum Beispiel. In der Seehundaufzuchtstation in Friedrichskoog hatte man den Sommer über fünfunddreißig Heuler großgezogen, die nun unter den Augen vieler Kameras in die Nordsee entlassen wurden. Man hatte ihnen Peilsender aufgeklebt und konnte so ihre Bewegungen im Meer überwachen. Die Fotos füllten eine ganze Seite. Wenn ich heute nicht meinen ersten Arbeitstag in Kiel hätte, würde ich glauben, ich bin im Urlaub, dachte Olga Island und faltete die Zeitung zusammen.
Weil ihr kalt war, ging sie nach dem Frühstück noch einmal in ihr Zimmer, zog ihre gefütterte schwarze Lederjacke über und machte sich auf den Weg zu ihrer neuen Dienststelle.
4
Die Fahrt durch die verstopfte Kieler Innenstadt dauerte länger als erwartet. Es war kurz nach acht Uhr am Montag, dem 5.September, als sie in einer der Seitenstraßen in der Nähe der Bezirkskriminalinspektion einen Parkplatz fand. Sicher gab es irgendwo eine Parkmöglichkeit für Polizeiangehörige. Sie würde sich so bald wie möglich danach erkundigen. Als sie aus dem Auto stieg, hatten dichte Wolken den Himmel verdunkelt, und es sah aus, als würde es bald regnen. Die Bezirkskriminalinspektion Kiel war in einem gedrungenen, burgartigen Gebäude untergebracht, dessen breiter Feldsteinsockel dem ganzen Komplex einen wehrhaften und abweisenden Eindruck verlieh. Ein steinerner Schwertritter an der Westfassade, ein sogenannter Roland, bewachte es seit seiner Errichtung mit finsterem Blick. Die hohe Eingangshalle mit den steilen Treppen erinnerte Island an die Schulgebäude ihrer Kindheit, sogar der Geruch war derselbe, es roch nach Schweiß, Pappe und angespitzten Bleistiften.
Thoralf Bruns, Erster Kriminalhauptkommissar und Leiter des Kommissariats 1, begrüßte sie in seinem Büro.
»Sind Sie fürs Erste untergekommen?«
»Danke, ja. Die Wohnungssuche startet am Wochenende.«
»Wenn ich Ihnen behilflich sein kann, sagen Sie Bescheid.«
Island hatte im Internet schon nach Wohnungen Ausschau gehalten. Es gab Dienstwohnungen für Polizeimitarbeiter, aber die Aussicht darauf, in einem Sechzigerjahreblock am Stadtrand mit anderen Landesbediensteten und ihren Familien zusammengepfercht zu hausen, war nicht gerade verlockend. Wenn sie an ihre verwaiste Wohnung in Friedenau dachte, mit den erst im letzten Urlaub mühsam abgeschliffenen und frisch lackierten Dielen, an die große Kastanie im Hinterhof und an die beiden Schauspieler Mathilda und Hans aus der Mansarde über ihr, traten ihr die Tränen in die Augen. Hans goss die Blumen, und Mathilda schickte ihr die Zeitung nach, bis der Nachsendeantrag funktionierte. Wie gerne würde sie nach Feierabend nach oben gehen, um ein Glas Rotwein mit ihnen zu leeren. Vielleicht war diese Zeit freundschaftlicher Nachbarschaft für immer vorbei.
»Sie wissen, dass Sie nach Ihrer Einarbeitungsphase meine Stellvertreterin im K1 werden sollen. Die Stelle ist vor vier Monaten freigeworden, als Hauptkommissar Schneider in den Ruhestand ging.« Thoralf Bruns, ein Mann von fünfzig Jahren, groß gewachsen und schlank, sprach langsam und in unverkennbarem Hamburger Tonfall.
»Auf diese Weise wurden für die Monate der Vakanz enorme Summen Geld eingespart, das wir jetzt für den Ausbau unserer Computervernetzung zur Verfügung haben.«
Bruns lächelte nicht, aber seine grauen, buschigen Augenbrauen zuckten.
Island nickte.
»Verstehe«, sagte sie, »da ist sicher einiges liegengeblieben.« Ihre Stimme klang ironischer, als sie beabsichtigt hatte.
»Normalerweise würde diese Position aus unseren Reihen besetzt, weil, wie Sie sich denken können, Erfahrung und Ortskenntnis hier unbedingt erforderlich sind. Aber wie ich Ihrer Personalakte entnehmen konnte, sind Sie mit Kiel und seiner Umgebung einigermaßen vertraut.«
»Ja«, sagte Island und merkte, wie ihre Kopfschmerzen schlimmer wurden.
»Ich weiß, warum Sie hier sind, halte das aber, was Ihre Arbeit in unserer Gruppe angeht, für irrelevant. Wir belassen es dabei, dass Sie aus persönlichen Gründen nach Kiel zurück wollten?«
Sie legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen.
»Ja.«
Ein schwarzer Tag in meinem Leben, ungefähr so schlimm, wie ich es erwartet habe, dachte sie. Ich werde den anderen vor die Nase gesetzt, und sie haben keine Ahnung, warum. Aber es würde nichts besser machen, wenn sie es wüssten.
Thoralf Bruns beugte sich nach vorn und sah sie aus dunkelbraunen Augen fest an.
»Frau Kollegin, ich kann mir vorstellen, wie Ihnen zumute ist. Versuchen Sie, das Beste daraus zu machen. Alles andere wird sich finden.«
Er führte sie zu ihrem Dienstzimmer, in dem eine junge Frau mit strubbeligen, dunkelrot gefärbten Haaren gerade einen Computer auf dem Schreibtisch platzierte und anschloss. »Henna Franzen, Kriminalkommissarin«, stellte Bruns vor.
»Zur Anstellung«, sagte Franzen und lächelte. Sie trug weite Jeans und unter einer kurzen Jacke ein knappes T-Shirt. Island fragte sich, wie sie so herumlaufen konnte, ohne sich sofort zu erkälten.
»Sie kommen aus Berlin?«, fragte Franzen und bekam einen schwärmerischen Blick. »Meine Schwester lebt dort. Supercoole Stadt!«
Island nickte. Sie wusste keine passende Antwort auf so viel Begeisterung für eine Metropole der Kriminalität.
Bruns räusperte sich. »Heute findet unsere Dienstbesprechung ausnahmsweise erst um neun statt. Bis dahin könnten Sie ihr Zimmer in Beschlag nehmen und sich mit den wichtigsten Dingen vertraut machen.« Er wies auf einige Aktenordner, die in einem schlichten Holzregal standen. »Ich habe zu tun. Wir sehen uns.« Dann fuhr er sich mit der Hand durchs graumelierte Haar und verschwand. Franzen folgte ihm schweigend.
Island zog ihre Jacke aus und suchte nach einer Möglichkeit, sie aufzuhängen. Sie öffnete einen schmalen Holzschrank, der hinter der Tür stand. An der Stange hing ein Kleiderbügel. Auf einem Brett lag ein alter Einwegrasierer. Sie nahm den Rasierer und beförderte ihn in den Papierkorb. Vom Fenster aus sah sie durch ein paar schlanke Pappeln hindurch auf einen provisorischen Parkplatz, der von Backsteingebäuden umstanden war. Ein feiner Nieselregen fiel vom grauen Himmel und färbte die Fassaden der Häuser dunkel. Kieler Farbe, dachte sie, Backsteine, feucht vom Regen.
Sie wandte sich den Akten im Regal zu. »Verordnungen Innenministerium«, »Organisationsplan Landeskriminalamt«, »Reisekostenrecht«. Sie griff nach dem Ordner mit dem Titel »Laufende Ermittlungen« und blätterte darin herum. Es war eine Sammlung von Fotokopien aus augenscheinlich noch nicht abgeschlossenen Fällen. Vermisstenanzeigen, Fotos von verlorenen oder gestohlenen Schmuckstücken, Fahndungsaufrufe und Kurzzusammenfassungen von Arbeitsergebnissen.
Island runzelte die Stirn. Das Ganze war ein ziemliches Durcheinander. Wahlloses Kopieren von einzelnen Informationen aus Kriminalakten war sicher nett gemeint, aber sie selbst hatte neue Mitarbeiter anders eingearbeitet. Sie zog ein kurzes Gespräch einem langen Aktenstudium vor, denn schnellstmöglicher Informationsfluss war eine Notwendigkeit, wenn man so von Verbrechen überrannt wurde wie in Berlin. Sie seufzte. Plötzlich hatte sie das untrügliche Gefühl, sich auf einer Zeitreise zu befinden, um Jahre zurückgeworfen zu sein in eine Vergangenheit, mit der sie längst abgeschlossen hatte. Seit sie Kiel vor zwanzig Jahren verlassen hatte, um fortzugehen und Polizistin zu werden, hatte sich viel verändert, aber die Zeit war hier an der Ostsee und dort, wo sie gelebt hatte, nicht synchron verstrichen. Es kam ihr vor, als hätte sie ein paar Zeitzonen durchflogen, und sie spürte eine Art Jetlag, der sie mattsetzte.
Beim Versuch, allzu trübe Gedanken beiseitezuschieben, hatte sie bald die wichtigsten Dinge in den Akten durchgesehen. Gerade griff sie nach einem Ordner mit der Aufschrift »Dienstrecht Landesverwaltung Allgemeines«, als das Telefon auf ihrem Schreibtisch klingelte.
»Bruns hier. Sind Sie warmgelaufen?«
»Sicher.«
»Wir haben einen Fall. Die Dienstbesprechung ist bis auf Weiteres verschoben. Ich fahr raus zum Fundort.«
»Bin dabei.«
»Das wollte ich hören.«
Als sie in den Waldweg einbogen, der auf ein eisernes Tor zuführte, kam der Regen schräg von vorne. Ein Streifenpolizist wartete auf sie, öffnete das Tor und ließ sie passieren. Bruns und Island stiegen aus und gingen über einen Plattenweg auf ein langes Gebäude aus schmutzig gelben Ziegeln zu, das sich an eine Betonmauer schmiegte. Über eine Eisenleiter kletterten sie auf die Mauer, die den See dahinter staute. Unter ihnen schoss das Wasser durch Fallrohre metertief hinab und trieb die Turbinen an.
Zwei Streifenpolizisten bemühten sich, den zum See abfallenden, grasbewachsenen Hang auf der anderen Seite der Staumauer mit rot-weißem Plastikband abzusperren. Auf dem schmalen Steg, der über den Damm führte, drängte sich ein halbes Dutzend Mitarbeiter der Spurensicherung. Im Licht aufgestellter Scheinwerfer glitzerte die Feuchtigkeit auf ihren weißen Overalls.
Sie sehen wie Maden aus, dachte Island, und im Grunde sind sie das ja auch.
Bruns schob sich wortlos an ihnen vorbei, Island folgte ihm.
Am Gitter des Kraftwerks, dort wo ein kleiner Teil des Wassers in eine Fischtreppe hineinlief, lag zwischen treibenden Blättern und Fetzen von Plastikfolie ein längliches Bündel. Island erkannte einen Kopf mit dunklen Haaren, der in der Strömung hin und her schlug. Der Körper war nackt und trieb mit dem Gesäß nach oben, die Arme waren hinter den Rücken gezogen und in den Armbeugen zusammengeschnürt. Wie ein Paar kleiner, federloser Flügel ragten die Hände aus dem Wasser, denn auch die Handgelenke waren fest aneinandergebunden. Obwohl sich der größere Teil des Körpers unter Wasser befand, wehte beißender Leichengeruch herauf. Der Fotograf des Kommissariats6 für Beweissicherung und Kriminaltechnik machte Aufnahmen mit verschiedenen Kameras.
»Wie kriegen wir den Körper da heraus?«, fragte Island.
»Sie werden Stangen haben, wenn nicht, brauchen wir schnellstmöglich ein Boot …«
Im selben Moment brachte der Wasserwart lange Metallstangen mit Haken daran.
»Letztes Jahr haben wir damit zwei Kinder vom Eis gerettet«, sagte er. »So was wie das da haben wir noch nicht gehabt.«
»Wer hat die Leiche entdeckt?«, wollte Island wissen.
»Die dort drüben.«
Ein Paar stand auf der anderen Seite des Wehres und hielt sich an den Händen.
»Übernehmen Sie das?«, fragte Bruns.
Island kletterte über die Betonmauer und stieg die Böschung hinauf. Auf dem Spazierweg, der am Seeufer entlangführte, lagen Skistöcke mit gummierten Spitzen.
»Sie haben die Polizei informiert, oder? Erzählen Sie bitte.«
»Jeden Morgen drehen wir zwei, drei Runden um den Rosensee«, sagte die Frau, die gleich das Wort ergriff. »Wegen der Fitness, Nordic Walking. Trainiert ja alle Muskeln, und auch sonst …«
»Gut, weiter.«
Die Frau hatte rote Flecken im Gesicht. Sie sprach, als wäre sie immer noch außer Atem.
»Als wir heute am Wehr vorbeikamen, meinte mein Mann, das stinkt hier ja wie damals, als der See abgelassen wurde, nach toten Fischen und Verwesung. Mein Mann ist im Angelverein, und die Fischtreppe ist neu, und wenn da was nicht in Ordnung ist, dann muss das dem Obmann des Vereins gemeldet werden, weil der das alles überwacht, mit der Fischtreppe und so.« Sie ließ die Hand ihres Mannes los und fuchtelte mit den Armen in der Luft herum. »Und dann trieb da soviel Schietkram vor dem Sieb heute morgen. Und wir wollten wissen, ob die Fischtreppe noch funktioniert. Da sind wir über den Zaun gestiegen. Und dann lag der da im Wasser, genau vor dem Einlauf, und verstopfte alles.«
»Woher wissen Sie, dass es ein Mann ist?«
»So was sieht man«, sagte die Frau, während ihr Gatte säuerlich den Mund verzog.
Als Island zum Wehr zurückkehrte, hatten sie den Toten auf die Staumauer gezogen. Taucher waren eingetroffen und suchten den Seegrund ab. Ein Staatsanwalt war nirgendwo zu sehen. Island erkundigte sich bei Bruns danach. Der sprach gerade die wichtigsten Dinge über das Aussehen der Leiche und die Umstände des Auffindens in ein Diktiergerät und machte eine konzentrierte, mürrische Miene.
»Kommt heute nicht«, sagte er nur und sprach dann weiter in sein Aufnahmegerät.
Der Körper auf dem grauen Beton war groß und kräftig. Er lag auf der Seite, die Hände hinter dem Rücken verborgen. Die Leiche musste bereits einige Tage im Wasser gelegen haben, denn an Händen und Füßen schälte sich die weiße, schrumplige Haut großflächig ab. Der Bauch war aufgebläht, das Gesicht aufgedunsen und wegen einer bis auf den Schädelknochen reichenden Verletzung der Stirn kaum noch zu erkennen. Die Beine waren mit einer dünnen Nylonschnur umwickelt und von großen, dunklen Flecken übersät.
»Umdrehen«, sagte Bruns, und zwei Mitarbeiter der Spurensicherung drehten den schweren Leib auf die andere Seite. Es roch nach Fäulnis und ranziger Butter.
Die Hände des Mannes waren so aufgequollen, dass sie aussahen wie aufgeblasene Haushaltshandschuhe. Die Handgelenke waren mit derselben sehnenartigen Schnur gefesselt, die auch um die Beine geschlungen war.
»Tja«, sagte Bruns. »Keine Hinweise auf seine Identität. Ich fahre zurück und schiebe die Fahndung an. Haben Sie genug gesehen?«
»Moment.« Island hockte sich neben den toten Körper nieder und betrachtete ihn. Er bot einen grausigen Anblick, den zu ertragen sie sich zwingen musste. Langsam ließ sie ihren Blick über den Rosensee schweifen, auf dem Millionen Regentropfen winzige Kreise formten. Die Haare klebten an ihrem Hals, Wasser rann in den Kragen hinein und unter das Hemd. Es regnete ohne Unterlass. Trotzdem musste sie noch einen Augenblick verharren.
Dieser erste Eindruck war immer wichtig. Zu dem, was sie jetzt sah oder nicht sah, würde sie in Gedanken immer wieder zurückkehren, würde bewusst und unbewusst versuchen, mit allem, was sie ermitteln konnte, das Bild, das hier am Fundort entstand, zu bestätigen oder anzuzweifeln. Es gehörte zu ihrer Arbeit, immer wieder an einem entsetzlichen Anfang zu stehen. Doch der Beginn der Ermittlungsarbeit war immer das Ende einer Kette von Ereignissen, die zu ebendieser Tat geführt hatten. Wer? Warum? Wie? Und immer wieder die Frage: Warum hier? Was sagte das, was sie hier fanden, über das Vergangene aus? Welche Geschichte erzählte dieser Ort über das Lebensende des Menschen, der so grausam zugerichtet vor ihr lag?
Bis auf die Haut durchnässt, ging sie langsam zu Bruns’ Auto zurück. Sie nahm sich vor, das nächste Mal an Gummistiefel und Regenschirm zu denken. Auf solch einen Einsatz war sie an diesem Tag nicht vorbereitet gewesen. Sie fühlte sich überrumpelt. Dabei war ein rasanter Einstieg vielleicht gerade das, was ihr den Anfang erleichtern und weitere Grübeleien über ihr Leben verhindern würde.
Bruns telefonierte mit dem Rechtsmediziner, der sich anscheinend verfahren hatte und noch nicht bei der Leiche eingetroffen war.
»Der findet das Sperrwerk nicht. Ist nicht von hier«, meinte Bruns.
Das kann ja heiter werden, dachte Island und zog den Reißverschluss ihrer Jacke auf. Ich bin auch nicht mehr von hier, sonst würde ich nicht von meinem ersten Einsatz so völlig gebadet zurückkommen. Warum erinnert mich alles so verteufelt an die Zeit, als ich als Kommissaranwärterin durch die Gegend schlurfte, dachte sie. Diese bleierne Müdigkeit und die Lust auf Kaffee und Zigaretten.
5
Die Zusammenkunft aller Mitarbeiter des Kommissariats1 der Bezirkskriminalinspektion fand um Viertel nach zwölf statt.
Als Island das geräumige Zimmer am Ende des Flurs betrat, war ein halbes Dutzend Menschen um einen großen, ovalen Tisch versammelt.
»Das ist Kriminalhauptkommissarin Olga Island. Sie ist unsere Verstärkung aus der Hauptstadt. Wie Sie alle wissen, ist sie die Nachfolgerin von Hauptkommissar Schneider, den wir im Mai in den Ruhestand verabschiedet haben.«
Ein leises Raunen ging durch den Raum. Einige der Anwesenden grinsten. Die Verabschiedung von Schneider schien ein bemerkenswertes Fest gewesen zu sein, wahrscheinlich war es feucht und fröhlich gewesen. Und sicher hatten sich einige der Kollegen Hoffnungen gemacht, befördert zu werden, wo nun endlich eine Planstelle frei geworden war. Doch jetzt war ihnen eine Auswärtige in die Quere gekommen, und noch dazu eine Frau.
»Hallo«, sagte Olga Island und lächelte in die Runde. Es war ein echtes Lächeln, denn niemand außer Bruns schien zu wissen, warum sie da war. Keiner der Anwesenden brauchte sich hier vor ihr zu fürchten, weil sie so bald wie möglich nach Berlin zurückkehren würde.
Die neuen Kollegen nannten reihum ihre Namen. Neben Henna Franzen, die sie schon kannte, waren es vier Männer und eine weitere Frau, die sich mit den Worten »Karen Nissen, Kriminalkommissarin, zwei Kinder, halbe Stelle« vorstellte.
Bruns begann, die Fakten des Falles zusammenzufassen.
»Heute Morgen gegen acht Uhr wurde an der Staumauer des Rosensees bei Raisdorf von Wanderern eine männliche Leiche entdeckt. Der Tote war unbekleidet und an Händen und Füßen gefesselt. Der Todeszeitpunkt ist noch nicht ermittelt, allem Anschein nach hat der Mann über eine Woche im Wasser gelegen. Der Fundort ist nicht der Tatort, denn die Gittersiebe am Wehr werden mehrmals täglich kontrolliert. Zuletzt heute Morgen gegen sechs Uhr. Da war das Sieb noch frei. Der Aufgefundene ist zwanzig bis dreißig Jahre alt, einen Meter achtzig groß und hatte wahrscheinlich eine sportliche Figur. Wir wissen noch nicht, wer es ist, sodass die normalen Maßnahmen zur Feststellung der Identität angelaufen sind. Obduziert wird sofort, weil der Zustand der Leiche es absolut erfordert. Wir werden wohl keine brauchbaren Fotos vom Gesicht des Toten bekommen. Ob noch Fingerabdrücke genommen werden können, müssen wir abwarten. Wenn wir bis heute Abend keinen Hinweis auf die Identität haben, geht unabhängig von den Informationen über den Leichenfund zusätzlich eine Personenbeschreibung an die Presse raus.«
Bruns warf Olga Island einen Blick zu.
»Frau Island war mit am Fundort. Haben Sie dazu noch etwas zu sagen?«
Olga Island stand auf und blickte in neugierige, skeptische Gesichter.
»Mir ist am Fundort Verschiedenes aufgefallen, was ich hier wiedergeben möchte.«
Im Raum war es jetzt so still, dass man das Zuschlagen einer Autotür draußen auf dem Parkplatz hören konnte.
»Es handelt sich bei dem Toten um einen großen, kräftigen Mann, möglicherweise sportlich und noch recht jung. Da drängt sich bei mir die Frage auf, wie es zu der Fesselung gekommen sein mag.«
Ein weiterer Kollege war ins Zimmer getreten und lehnte sich lässig in den Türrahmen. Island bemerkte, wie er das Gesicht zu einem Grinsen verzog, dessen Ursache sie nicht ausmachen konnte.
Unbeirrt sprach sie weiter.
»Ich lasse diese Frage erst mal so stehen, denn wir warten auf die Rechtsmedizin, die uns sagen wird, ob und welche Spuren von vitaler Gewaltanwendung der Körper aufweist. Unübersehbar waren die Totenflecken, die sich an den Beinen der Leiche befanden. Das könnte darauf hindeuten, dass sich der Mann bei oder kurz nach seinem Tod in einer aufrechten Lage befunden hat. Es käme also möglicherweise auch etwas zunächst Abwegiges wie Erhängen infrage, bevor der Körper ins Wasser gelangte. Geschah also möglicherweise eine Selbstfesselung in suizidaler Absicht? Die Rechtsmediziner werden das feststellen können. In jedem Fall sollten wir nicht nur den See und seine Uferränder nach einem möglichen Tatort absuchen, sondern auch den umgebenden Wald. Die Verletzungen an Stirn, Knien und Füßen deuten meiner Meinung nach darauf hin, dass der Körper postmortal eine Strecke im Wasser trieb. Der Tatort oder der Ort, an dem der Körper ins Wasser gelangte, könnte also etliche Kilometer vom Fundort entfernt liegen.«
»Das würde ja heißen, dass wir den ganzen Wald zwischen Raisdorf und Preetz durchkämmen müssen«, sagte einer, der sich als Falk Taulow vorgestellt hatte.
»Natürlich«, sagte Island.
»Dafür kriegen wir aber gar keine Leute.«
Alle in der Gruppe redeten plötzlich durcheinander.
»Dann werden wir dafür sorgen, dass wir sie doch bekommen«, sagte Island ruhig und sah Bruns an, der langsam nickte.
Bruns verteilte die Aufgaben für die kommenden Stunden, und die Gruppe ging auseinander. Auf dem Weg in ihr Büro traf Island auf den Mann, der bei ihren Ausführungen anfänglich so unverschämt gelächelt hatte. Sie nickte ihm zu und wollte sich vorstellen. Doch er kam ihr zuvor.
»Duzen.«
Hatte sie richtig verstanden? Hatte er sie soeben gefragt, ob sie sich duzen wollten? Verwirrt sah sie ihn an. Sie hatte die Norddeutschen immer für langsam und kühl gehalten. Sie gingen nicht einfach so auf Fremde zu, erst recht nicht beim ersten Aufeinandertreffen. Und jetzt bot ihr jemand, den sie überhaupt nicht kannte, plötzlich das Du an. Hatten sie in dieser Dienststelle doch einen lockereren Umgang miteinander, und sie hatte es in der ganzen Hektik, die am Tag bisher geherrscht hatte, nur einfach nicht bemerkt?
Ihr Gegenüber hatte ihr Mienenspiel beobachtet.
»Duzen mit tz«, fügte er hinzu.
»Island«, war ihre knappe Antwort, und auch Jan Dutzen lächelte nicht mehr.
Zehn Minuten nach zwei saß sie wieder in ihrem Dienstzimmer. Der starke Regen vor den Fenstern war in ein alles einhüllendes Nieseln übergegangen. Bruns hatte ihr auf der Rückfahrt im Auto einige wesentliche Fragen zur Bezirkskriminalinspektion beantwortet, zum Beispiel ob es eine Kantine gab. Die gab es nicht. Aber in der Umgebung gab es offenbar einige Lokale, die einen preiswerten Mittagstisch anboten. Manche der Mitarbeiter gingen in das Kasino der Stadtwerke, die Kantine des Opernhauses oder, wenn sehr viel Zeit zur Verfügung stand, auch mal in den Ratskeller unten am Kleinen Kiel. Island beschloss, den Pizzaservice anzurufen, dessen Nummer Franzen ihr auf einen Zettel geschrieben hatte. Auf ihrer To-do-Liste notierte Island neben Gummistiefeln, Regenschirm und Kopfschmerztabletten auch »Plastikdose für belegte Brote«. Dann wählte sie die Nummer des Rechtsmedizinischen Instituts.
»Die Professoren Schröder und Engel sind im Sektionssaal und haben vor einer Stunde mit der gerichtlichen Leichenschau begonnen«, teilte ihr die Sekretärin mit.
Island zog ihre feuchtkalte Jacke über und klopfte an Bruns’ Bürotür.
»Ich fahr zur Obduktion«, sagte sie.
»Gut«, sagte Bruns, »Dutzen ist auch dort. Und der Staatsanwalt. Soll ich Ihnen den Weg beschreiben?«
Als sie nach einer Viertelstunde, sechs roten Ampeln, unzähligen Einbahnstraßen und drei völlig überfüllten Parkplätzen des Universitätsklinikums Kiel das flache Gebäude des Rechtsmedizinischen Instituts erreichte, wusste sie, dass sie sich in nicht allzu ferner Zukunft ein Fahrrad zulegen würde.
»Rechtsmedizin« stand in weißer Schrift auf einem blauen Schild vor dem Eingang des zweigeschossigen Neubaus mit der verklinkerten Backsteinfassade, in dem sich ebenfalls die Sexualmedizinische Forschungs- und Beratungsstelle der Universität Kiel befand. Schon während sie an dem Gebäude entlangging, hatte sie die Kühlaggregate draußen auf dem Rasen gesehen. »Direktor 6-mal, Labore 4-mal klingeln« stand auf einem kleinen, runden Messingschild neben der Tür. Sechsmal drückte sie den Klingelknopf. Wenn sie sich schon mit den Dingen vertraut machen musste, konnte sie auch gleich beim Direktor anfangen.
»Der Chef ist im Sektionssaal.« Die Sekretärin wies ins Treppenhaus. Mit freundlichen Worten, als wolle sie Island über das, was ihr bevorstand, hinwegtrösten, beschrieb sie ihr den Weg in den Keller, wo sich die Sektionsabteilung befand.
An den süßlich-bitteren Leichengeruch, den sie im unteren Bereich des Treppenhauses wahrnahm, würde sie sich nie gewöhnen können. Als Island unten vor den schweren Milchglastüren erneut auf eine Klingel drückte und ihr eine sehr junge Frau öffnete, offenbar eine studentische Hilfskraft, drang der beißende Geruch des Formalins in ihre Nase und verursachte ihr Übelkeit. Ich hätte vorher etwas essen sollen, dachte sie, oder wenigstens noch einen Kaffee trinken. Und Zigaretten kaufen für hinterher. Da war sie wieder, diese leise, beharrliche Stimme in ihrem Ohr. Die Stimme des Nikotins. Seit Jahren hatte sie keine Zigarette mehr angerührt, und jetzt, kaum dass sie in Kiel war, verfolgte sie der Gedanke an Tabakwaren wie eine Melodie, die ihr nicht aus dem Kopf ging.
»Frau Island?« Professorin Dr.Charlotte Schröder nickte ihr zu, während der Institutsleiter Professor Dr.Dr.Wiglaff Engel über den Toten gebeugt dastand und offensichtlich damit beschäftigt war, die Leber und weitere innere Organe zu entnehmen. Dutzen stand am Fußende des Stahltisches, blickte über die verschmierten, grünen OP-Tücher, mit denen ein Teil des Körpers aus Gründen der Pietät verdeckt war, in den geöffneten Bauchraum hinein und verzog keine Miene. Daneben saß auf einem hochbeinigen Hocker ein kleiner, drahtiger Mann, offenbar Harald Lund, der Staatsanwalt.
Der Direktor griff zur Säge, teilte damit das Brustbein und hebelte die Rippen auseinander. Die zweite große Körperhöhle war damit eröffnet, und alle warteten auf die Erkenntnisse, die Engel und Schröder über Lunge und Herz gewinnen würden. Der Gestank war bestialisch.
Okay, ich habe mich nun mit den rechtsmedizinischen Gegebenheiten in Kiel vertraut gemacht, dachte Island, dann könnte ich ja jetzt zurückfahren und den Bericht in aller Ruhe abwarten. Aber das sähe sicherlich so aus, als würde ich eine Obduktion nicht durchstehen können. Dabei hätte ich nur einfach die Öffnung des Kopfes, die mit dem Auftrennen des Rachenraumes einhergeht, gern verpasst.
Die Ärzte arbeiteten zügig und routiniert. Nach einer weiteren Stunde waren die Inspektionen der Leiche fürs Erste abgeschlossen, die Gewebeproben für die histologischen Untersuchungen entnommen, war das vorläufige Gutachten diktiert.
»Frau Island, unsere neue Kraft aus Berlin, hallo!«, begrüßte sie Professor Engel. »Ich gebe Ihnen mal nicht die Hand«, fügte er hinzu und tupfte Flüssigkeit von den hochgeschlossenen Handschuhen. »So wie es aussieht, ist der Mann kurz vor seinem Tod gefesselt worden und erstickt. Es ist auszuschließen, dass er sich die Fesseln selbst angelegt hat. Die Leiche weist aber trotzdem keinerlei Anzeichen äußerer Gewalt auf.«
»Und die Spuren im Gesicht? Wenn man von einem Gesicht überhaupt noch sprechen kann …«
»Der See, in dem er gelegen hat, ist voller geheimnisvoller und banaler Lebewesen«, antwortete Engel. »In diesem Fall haben die Wasserratten ganze Arbeit geleistet.«
»Ist er ertrunken?«
»Nein.«
»Ganz sicher?«
»Ja.«
Harald Lund, der Staatsanwalt, der sich zu ihnen gestellt hatte, fragte: »Können Sie das näher erläutern?«
Engel nickte.
»Wir haben kein Wasser in der Lunge gefunden, und entsprechend werden wir wohl auch keine Diatomeen, sprich Kieselalgen, im Blut, im tieferen Lungengewebe oder in der Leber nachweisen können, warten aber die Ergebnisse der Laboruntersuchungen erst einmal ab. Schließlich könnte auch eine Vergiftung zur Ausschaltung der Widerstandskraft des Mannes infrage kommen. Ergebnisse dürfen Sie in drei bis fünf Tagen erwarten.«
»Könnte es sein, dass er an einem Knebel erstickt ist, der danach entfernt wurde?« Island merkte, wie ihr Magen leise knurrte, hoffte aber, dass es für die Umstehenden nicht zu hören war. »Oder waren Mund und Nase vielleicht mit einer Folie verschlossen, die der Täter ablöste, als das Opfer tot war?«
»Zumindest lässt es sich nicht mehr feststellen«, antwortete Engel. »Aber im Rachenraum und speziell am Kehlkopf habe ich keine Verletzungen gefunden, die auf einen Knebel hindeuten würden.«
»Die letzte Mahlzeit?«, wollte Dutzen wissen.
Ende der Leseprobe