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Wie weiblich ist die Reformation? Wer sind die Frauen hinter den Reformatoren? In mitreißend erzählten Porträts ehrt die Autorin zwölf Frauen, die vor Jahrhunderten großen Mut bewiesen. Dazu gehören neben Katharina von Bora auch viele andere: Sie haben die neue Lehre in die Welt getragen, sich engagiert und eingemischt – und auf diese Weise nicht nur die Kirche, sondern auch das Frauenbild nachfolgender Generationen reformiert. Ein Büchlein aus unserer Minibibliothek, die im kleinen Westentaschenformat auf 128 Seiten kurzweilig über verschiedenste Themen informiert.
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Seitenzahl: 45
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Das Wort Gottes muss unsereWaffe sein – nicht mit Waffendreinzuschlagen, sondern denNächsten zu lieben und Friedenuntereinander zu haben.
Argula von GrumbachSchriftstellerin der Reformation(ca. 1492 – 1563/68)
Fenster im Straßburger Münster
vonCaroline Vongries
ISBN 978-3-89798-515-5
eISBN 978-3-89798-613-8
2. Auflage 2017
© BuchVerlag für die Frau GmbH, Leipzig 2017
Bildnachweis: S. 126
Einband, Satz, Typografie:
Uta Wolf, Quedlinburg
www.buchverlag-fuer-die-frau.de
Wie weiblich ist die Reformation?
Vorkämpferin in Böhmen:
Anna von Frimburg
Luthers erste Liebe:
Ave von Schönfeld
Die Frau, die Luthers Frauenbild reformiert:
Katharina von Bora, verh. Luther
Die Visionärin und Liedermacherin der Reformation:
Elisabeth Cruciger
Identifikationsfigur der Reformation:
Elisabeth von Dänemark, Kurfürstin von Brandenburg
Die Reformationsfürstin:
Elisabeth von Braunschweig-Lüneburg
Die erste gedruckte protestantische Autorin:
Argula von Grumbach
Wortgewaltige »Kirchenmutter« und Flüchtlingshelferin:
Katharina Zell
Liebende und Geliebte:
Anna Zwingli
Theologin der französischsprachigen Reformation:
Marie Dentière
Gelehrte und Dichterin:
Olympia Fulvia Morata
Die »Bischöfin« von Köln:
Agnes von Mansfeld
Lange ist Katharina von Bora der einzige Frauenname, der mit der Reformation assoziiert wird. Im Umfeld des großen Jubiläums 500 Jahre Reformation werden aber mehr und mehr Frauen sichtbar, die Jahrhunderte zuvor maßgeblich dazu beitragen, dass die ersehnte Erneuerung Gestalt annimmt. Entlaufene Nonnen schaffen Realitäten und erfüllen das neue Leitbild der evangelischen Pfarrfrau mit Leben. Frauen an der Seite der Reformatoren holen die neue Lehre in die Kinder-, Näh-, Küchen-, Wohn- und Studierstuben. Sie verändern das Frauenbild ihrer Männer und haben bereits so erheblichen Anteil am Reformationsprozess.
Wie weiblich ist die Freiheit eines Christenmenschen? Wie auch sonst in der Geschichte spiegeln sich Frauen vor allem in den Schriften von Männern. Einige von diesen sind besonders selbstbewussten Frauen nicht gerade wohlgesonnen. Auch dafür ist Katharina von Bora ein prominentes Beispiel. Doch gerade in der Anfangszeit zeigen Frauen, dass »der Christenmensch« nicht nur »ein Herr aller Dinge [ist]«, wie Luther es 1521 formuliert, sondern auch eine Herrin. Es ist bewegend zu lesen, wie Frauen auf eigenes Risiko ernst machen mit einem auf Wahrhaftigkeit gegründeten Christentum: Sie verfassen Flugschriften, Briefe, Traktate, Bücher. Unerschrocken beziehen sie Mächtigen gegenüber Position, wo Männer schweigen. Sie schreiben Kirchenlieder, geben Lieder- und Gebetsammlungen heraus. Sie predigen, halten Begräbnisse ab, sind seelsorgerisch tätig. Sie machen Kinder- und Jugendarbeit, andere kümmern sich um Flüchtlinge und Randgruppen, setzen sich für ein menschengerechtes Sozialwesen ein. Für ihre Überzeugungen zahlen viele einen hohen persönlichen Preis, gehen ins Exil und ins Gefängnis, sind häuslicher und kriegerischer Gewalt, großer Not und öffentlicher Verachtung ausgesetzt. Manche führen als Regentinnen selbst die Reformation mit großer Entschlossenheit ein. Gibt es eine weibliche Handschrift der Reformation? Auffällig ist, dass an der Reformationsdebatte beteiligte Frauen wie Katharina Zell, Argula Grumbach, Olympia Fulvia Morata sich vehement für Toleranz und Frieden einsetzen – für das Verbindende auch innerhalb des evangelischen Lagers, sei es im Abendmahlsstreit oder gegenüber der Täuferbewegung. Einige werden dabei von ihren Männern unterstützt, andere verfolgt. Untereinander sind sie vernetzt.
Luthers Formulierungen zu Frauen sind höchst widersprüchlich. Das hat vielerlei Ursachen – seine persönliche Situation, sein Familienstand, der Kontext, in dem er lebt. Einerseits verhält er sich Frauen gegenüber oft anders als damals gemeinhin üblich. Zum Beispiel setzt er entgegen geltenden Rechts seine Frau als Alleinerbin ein. Andererseits ist die Derbheit mancher seiner Sprüche bekannt. Insgesamt können Frauen und Männer der Reformationszeit nur innerhalb der Rahmenbedingungen ihrer Zeit begriffen werden. Im 15. und 16. Jahrhundert wird die rechtliche Stellung der Frau in Abhängigkeit zum Mann definiert: Eine Frau braucht einen »munt«. Ob dieser Vormund eher Beistand oder Drangsalierung bedeutet, hängt auch von den beteiligten Persönlichkeiten ab.
Miniatur, 15. Jh., Hospital in Paris
Theologisch gründet sich das Frauenbild weiterhin auf Eva als Verursacherin des Sündenfalls und bleibt trotz positiver Frauengestalten in der Bibel zumindest widersprüchlich. Immerhin hebelt Luther die zwanghafte Überhöhung der Jungfräulichkeit aus und setzt dagegen, dass Mann und Frau von Gott und daher füreinander geschaffen sind. Damit wird die Ehe gewürdigt, die Existenz der Frau aber für die kommenden Jahrhunderte an den Mann gebunden. Vormalige unabhängige Lebensentwürfe, wie das Klosterdasein, verschwinden allmählich. Im Bildungsbereich agiert Luther fortschrittlich und fördert Mädchenschulen. Doch das Pauluswort – das Weib schweige in der Gemeinde – bleibt die Grundlage, Frauen bis ins 20. Jahrhundert hinein Predigt und Priesteramt zu versagen. Wie einfallsreich schon damals Frauen mit der Bibel in der Hand argumentieren, kann heute noch ermutigen. Manche ihrer Träume und Visionen sind Wirklichkeit geworden, andere noch einzulösen: ein gewaltfreies und gleichwertiges Miteinander von Frauen und Männern, sowie der Auftrag, gemeinsam Frieden zu stiften.
Gerade der Blick auf die Frauen zeigt die Reformation als eine europäische Bewegung. Der Bogen spannt sich von Böhmen über Straßburg, Genf, Zürich bis nach Mitteldeutschland. Italien, Belgien, Frankreich können hier nur kurz gestreift werden. In England geht Elisabeth I. einen Sonderweg. Ihr und anderen Frauen, die es ebenso verdient haben, kann hier leider kein eigenes Porträt gewidmet werden. Ein paar Namen seien genannt: Katharina Melanchthon, Katharina Jonas, Wibrandis Rosenblatt, Walburga Bugenhagen, Idelette Calvin, Ursula Weyda, Felicitas von Selmnitz, Margarethe Blarer, Hille Feicken, Renée de France, Margarethe von Navarra, Sibylle von Cleve, Elisabeth von Hessen, Katharina von Mecklenburg, Marie von Brandenburg-Kulmbach, Ottilie Müntzer sowie Mütter, Töchter und viele Frauen, die namenlos geblieben sind. Ferner Frauen, die wie Caritas Pirckheimer nicht minder beherzt das Klosterleben verteidigt haben. Sie alle sind jedoch mitgemeint und sollen wie die hier vorgestellten zwölf Frauen der Reformation Frauen und Männern Mut machen, Gegenwart und Zukunft zu gestalten.