Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Freiburg ist die Stadt mit dem Krokodil im Kanal, dem Münster am Markt und dem Bertold am Brunnen. Doch wussten Sie, dass in Freiburg eine Pferdeskulptur regelmäßig neu bemalt wird? Dass eine Brücke den magisch realistischen Namen »Wiwilí« trägt? Folgen Sie Thomas Erle an seine Lieblingsplätze in Freiburg und der Umgebung - etwa ins Jesuitenschloss Merzhausen oder in das deutschlandweit einmalige Tagebucharchiv Emmendingen. Und weil Ausflüge in den Schwarzwald locken, zeigt dieser Band außerdem 11 Schwarzwaldhöhepunkte.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 135
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
66 Lieblingsplätze
und 11 Schwarzwaldhöhepunkte
Thomas Erle
Freiburgund die Regiofür Kenner
Bächle, Bertold, Buntsandstein
Alle Bilder im Band stammen vom Autor Thomas Erle.
Autoren und Verlag haben alle Informationen geprüft. Gleichwohl wissen wir, dass sich Gegebenheiten im Verlauf der Zeit ändern, daher erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Sollten Sie Feedback haben, bitte schreiben Sie uns! Über Ihre Rückmeldung zum Buch freuen sich Autor und Verlag: [email protected]
Besuchen Sie uns im Internet:
www.gmeiner-verlag.de
© 2015 – Gmeiner-Verlag GmbH
Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch
Telefon 0 75 75/20 95-0
Alle Rechte vorbehalten
Lektorat/Korrektorat: Claudia Reinert
Satz: Julia Franze
Bildbearbeitung/Umschlaggestaltung: Alexander Somogyi
unter Verwendung eines Fotos von Thomas Erle
E-Book/Kartendesign: Mirjam Hecht
ISBN 978-3-8392-4684-9
Freiburg – die einladende Stadt. Dies war mein erster Eindruck. Am Anfang stand der Besuch bei einem Freund, der ein Zimmer in einer damals typischen Altbauwohnung hatte. Er nahm sich viel Zeit, um mich voller Stolz durch seine Stadt zu führen. Wir schlenderten über den Marktplatz, stiegen den schwindelerregenden Treppenaufgang zum Glockengestühl des Münsters empor, stärkten uns mit einer »Langen Roten« und ließen die Füße vom Fischerbrunnen baumeln. Abends trafen wir uns mit Freunden am Dreisamufer, genossen das milde Wetter und den guten Wein. Ich fühlte mich zu Hause. Als ich nach ein paar Tagen abreisen musste, wusste ich, dass ich wiederkommen würde.
Damals wie heute verkörpert die Stadt an der Dreisam wie kaum ein anderer Ort ein besonderes Savoir-vivre. Auf den Straßen und Plätzen pulsiert das Leben. Es gibt Musik- und Literaturfestivals, studentisches Leben und eine reiche Theater- und Clubszene. Der Münstermarkt unter dem »schönsten Turm der Christenheit« lädt täglich aufs Neue zu einem Fest für alle Sinne. Und wer Glück hat, wird den Bundestrainer in seinem Lieblingscafé treffen.
Das Selbstbewusstsein der Freiburger schlägt sich nicht nur im Namen der Stadt nieder: 1386 kauften sich die Bürger für 15.000 Silbermark von ihren ungeliebten Herrschern los und unterstellten sich den Habsburgern – freiwillig! Heute ist es der souveräne Umgang mit scheinbaren Gegensätzen. Fortschritt und gesunder Konservatismus müssen sich nicht ausschließen, im Gegenteil. Unter Deutschlands erstem grünen Oberbürgermeister einer Großstadt wurden bei der Erforschung und Nutzbarmachung der Solarenergie Ideale konkret und führten zur innovativen Gestaltung ganzer Stadtteile.
Die Nähe zu den Nachbarländern ist spürbar und bereichernd. Wer möchte, ist in einer halben Stunde in Basel oder im Elsass, mit dem TGV gelangt man in gut drei Stunden nach Paris. Kulturellen und kulinarischen Einflüssen begegnet man auf Schritt und Tritt, nicht zuletzt durch das Erbe der Habsburger. Schließlich gehörte Freiburg bis Anfang des 19. Jahrhunderts zu Vorderösterreich.
Freiburg steht in enger Beziehung zu seinem Umland, von den Einheimischen gerne Regio genannt (ohne -n!). Der Kaiserstuhl, ein ehemaliger Vulkan, gilt nicht nur als wärmste Gegend sondern auch als größter Weinberg Deutschlands. Der nördliche Breisgau wird geprägt durch die alte Markgrafenstadt Emmendingen, das Elztal und den Kandel, den mystischen Hexenberg. Der Süden lässt über das Markgräflerland bereits zeitig im Frühjahr den Hauch Italiens heranwehen. Und natürlich der Osten mit dem Schwarzwald, bis heute ein Ort geheimnisvoller Geschichten und markanter Menschen. Für Urlaub und Erholung bestens geeignet.
Das Schicksal hat es gut mit mir gemeint. Seit etlichen Jahren habe ich das Glück, in dieser Gegend wohnen und leben zu dürfen. Vieles hat sich seit meiner ersten Begegnung verändert. Das Lebendige, Geheimnisvolle und Sympathische ist bis heute geblieben.
Ich freue mich, dass ich mit diesem Buch die Gelegenheit habe, Sie einzuladen, mit mir zusammen die Stadt und das Umland kennen zu lernen. Lassen Sie sich verzaubern von den offenen und verborgenen Schönheiten, erleben Sie Überraschungen und entdecken sie Altbekanntes auf neue Art. Und hören Sie dazu eine Menge Geschichten und Anekdoten aus alter und neuer Zeit. Ein besonderer Service: Fast alle genannten Lieblingsplätze sind außer mit dem Auto mit der Regiokarte erreichbar, einem Tagesticket des Regio-Verkehrsverbunds Freiburg.
Die Fülle der Höhepunkte scheint unerschöpflich. Der Umfang dieses Buches ist es nicht. Über das Martinstor, die historischen Gebäude der Altstadt und natürlich das Münster wurden schon ganze Bücher geschrieben. Hier richtet sich mein Blick auf Details, die weniger bekannt sind. Bis auf wenige Ausnahmen habe ich auch bewusst darauf verzichtet, im kulinarischen Bereich einzelne Orte hervorzuheben. Lassen Sie es auf einen Versuch ankommen! Die Hotel- und Cafébetreiber, Köche und Winzer der Regio werden Sie nicht enttäuschen.
Freiburg und die Regio – willkommen daheim!
Die Mitte der Stadt – wo ist die eigentlich? Das Münster natürlich, sagen die einen. Die Altstadt, das Stadttheater, an der Dreisam sagen die anderen. Die Freiburger sind sich einig: Es ist der Bertoldsbrunnen.
Der markante Punkt wurde nach dem Gründer Freiburgs vor 900 Jahren benannt. Herzog Bertold stammte aus dem Geschlecht der Zähringer. Deren Stadtgründungen hatten einen typischen Grundriss, der wie in Villingen oder Bern noch heute deutlich zu erkennen ist: Zwei rechtwinklige Straßenzüge teilen das Stadtgebiet in vier Quartiere. Seit dem 15. Jahrhundert stand an dieser Stelle der Fischbrunnen, den während der Marktzeiten die Fischhändler als Becken nutzten. 1806 ging die ehemals vorderösterreichische Stadt an das neu gegründete Großherzogtum Baden über. Zur Erinnerung an die Herzöge von Zähringen wurde Bertold als geharnischter Ritter mit Schild und Speer dargestellt. 1944 fiel der Brunnen dem großen nächtlichen Bombenangriff zum Opfer. Nach dem Krieg finanzierten Spenden den Wiederaufbau des Brunnens. 1965 fand am Jahrestag der Zerstörung die feierliche Einweihung statt. Der Entwurf zu dem abstrakt gehaltenen, in Bronze gegossenen Reiterstandbild auf einem vier Meter hohen Kalksteinsockel lehnte sich an ein mittelalterliches Wappensiegel an.
Auf den historischen Wegen von Nord nach Süd und von Ost nach West kreuzen sich heute die Haupteinkaufsstraßen: Bertold- und Salzstraße sowie die Kaiser-Joseph-Straße (Kajo). Alle Straßenbahnlinien treffen hier aufeinander, jeder Punkt der Stadt ist von hier aus erreichbar. Hier verabredet man sich zum gemeinsamen Bummel und trennt sich wieder spät in der Nacht. Nach allen Seiten breitet sich die Fußgängerzone aus, die Altstadt, das Münster, Theater und Kinos sind nur ein paar Schritte entfernt.
Am Bertoldsbrunnen – wir treffen uns!
Tipp: Die Cafés und Kneipen im »Bermudadreieck« vor dem Martinstor sind tagsüber beliebte Treffs, nachts berühmt-berüchtigtes Zentrum des Freiburger Nachtlebens.
Salz- und Bertoldstraße treffen am Bertoldsbrunnen auf die Kaiser-Joseph-Straße.
Gerhard Schröder passierte es 1991 beim Gipfeltreffen mit Chirac. 20 Jahre später landeten anlässlich des Papstbesuchs die Räder von Helmut Kohls Wagen in einem der Freiburger Bächle. Von den beiden Prominenten ist nicht bekannt, dass ihr Missgeschick persönliche Folgen hatte. Bisher. Vielleicht sind sie abgehärtet durch das viele Treten in Fettnäpfchen. Trotzdem. Wer unbeabsichtigt in eines der Bächle tritt, wird eine Freiburgerin heiraten, heißt es. Bis heute weiß man nicht genau, ob dieser Spruch aus dem Volksmund als Wunsch oder Drohung gemeint ist. Vielleicht ist es ein Trick der Stadtverwaltung, die sich in Zeiten des Regulierungswahns Schilder oder Absperrungen spart.
Vor Einführung der Fußgängerzone forderten übereifrige Ortsfremde gar, die Verkehrshindernisse abzudecken. Natürlich ging das gar nicht. Was der Alemanne von Herzen liebt, versieht er gerne mit -le, einer angehängten Verkleinerungsform. Die kleinen Wasserläufe in den Straßen heißen seit jeher Bächle und gehören zur Stadt wie das Münster, die Lange Rote und der Sportclub. Die Idee dazu entstand schon im Mittelalter und war hochmodern: die Lage der Stadt erforderte ein duales Wassersystem. Trinkwasser wurde in eigenen Rohren zu den öffentlichen Brunnen geleitet, für das Brauchwasser entstand ein Netz von künstlichen Rinnsalen, das heute auf 16 Kilometern verteilt ober- und unterirdisch die ganze Stadt durchzieht. Damals Viehtränke, Regenüberlauf, Entsorgung und vor allem Löschwasser. Heute Spielplatz für Kinder mit Schiffchen und Hunde mit heißen Pfoten. Drei hauptamtliche Bächleputzer sorgen für Sauberkeit der lebendigen Adern der Stadt. Pittoresk. Typisch.
Trotzdem gebe ich zu, dass ich in der Nähe eines Bächle immer etwas vorsichtig bin. Vielleicht ist ja doch etwas daran. Schließlich: Was würde meine Frau dazu sagen …?
Tipp: Das Freiburger Bächleboot – ideales Souvenir in verschiedenen Editionen. Nicht nur für Kinder!
Bächle in der Kaiser-Joseph-Straße (KaJo) und überall
in der Altstadt
»Eine Lange Rote mit, am Stück.« Wer an einer der Bratwurstbuden auf dem Münsterplatz seine Bestellung mit diesen Worten aufgibt, weist sich als Kenner aus. Sie muss mit ihren stolzen 35 Zentimetern links und rechts aus dem Weckle herausragen, nicht etwa halbiert eingequetscht. Das »mit« kennzeichnet die gebratenen Zwiebeln, die es auf Wunsch als Zugabe gibt, und die schon beim Anbraten mit der Wurst für den unvergleichlichen Duft und Geschmack sorgen. Trotz harter Konkurrenz mit Kurzen, Weißen, Thüringern oder neuerdings Tofu bleibt die Lange Rote eine Institution. Meine Erinnerung an die erste Begegnung mit Freiburg zu Studentenzeiten? Auf dem Rand des Fischbrunnens sitzen, die Beine baumeln lassen und genüsslich eine Lange Rote verzehren.
Der Münsterplatz ist heute noch unangefochtener Mittelpunkt im Herzen der Stadt. Die Reihe der historischen Gebäude ringsum ist beeindruckend: vom Historischen Kaufhaus mit seinen Arkaden und reich geschmückten Erkern über die Alte Wache bis zum Kornhaus mit den markanten Giebelstufen. Das Freiburger Stadtmuseum ist hier ebenso zu Hause wie die moderne Bibliothek, dazu Cafés und Restaurants zum gemütlichen Draußensitzen.
Die meisten Besucher verbinden den Münsterplatz mit dem Wochenmarkt. Von Montag bis Samstag kommen Einheimische wie Touristen zum Schauen, Staunen, Fühlen, Schnuppern und Kaufen. Hier ist der Ort und die Zeit für frische Blumen ebenso wie für ein kleines Schwätzchen. Traditionell teilt sich der Markt in zwei Hälften: Die Nordseite ist den Bauern von Kaiserstuhl und Tuniberg, vom Dreisamtal und aus dem Markgräflerland mit Obst und Gemüse vorbehalten. Die Südseite gehört den Händlern mit ihrem Angebot an Kunsthandwerk, Spielzeug und Souvenirs. Dazwischen Blumen, Gewürze und – natürlich – die Imbissstände mit der Langen Roten, die nur in Freiburg so schmeckt, wie sie schmeckt!
Tipp: Vom einst strengen Marktgesetz zeugen noch heute die am Eingangsportal des Münsters in Stein gehauenen Brotmaße.
Münsterplatz /// 79098 Freiburg im Breisgau ///
www.muenstermarkt.freiburg.de ///
Innerhalb weniger Sekunden verstummt das Lachen der Besucher. Die letzten Gespräche ebben ab. Gespanntes Schweigen erfüllt den stickigen Raum hoch über der Stadt. In raschem Wechsel fliegt der Blick von der Armbanduhr zu den riesigen Glocken und wieder zurück. Fotoapparate und Handys werden gezückt. Empfindliche Gemüter halten sich die Ohren zu. Da – ein metallisches Geräusch, die Mechanik setzt sich in Bewegung …
Über 200 ausgetretene Steinstufen im Innern des engen Münsterturmes müssen die Besucher bewältigen, um in die Türmerstube zu gelangen. Dort haben die geschäftstüchtigen Freiburger die Kasse untergebracht – denn wer würde jetzt wieder umkehren wollen! Weitere 33 Stufen führen hinauf in die doppelstöckige Glockenstube. Insgesamt 19 Glocken hängen hier unter dicken Tannenholzbalken. Die berühmteste unter ihnen ist die Hosanna. Sie wurde bereits 1258 gegossen und gehört zu den ältesten erhaltenen Glocken dieser Größe. Es ist noch nicht lange her, dass sie von Hand geläutet wurde – bis zu neun Mann mussten an einem Strang ziehen, um das über drei Tonnen schwere Bronzeungetüm in Bewegung zu setzen. In der Stadtgeschichte war das Läuten der Hosanna stets etwas Besonderes. Sie diente als Brand- und Sturmglocke sowie zur Einberufung einer Gerichtsversammlung. Heute wird die Glocke traditionell jeden Donnerstag und Samstag am Abend, freitags am Vormittag geläutet. Ihr Klang pünktlich um 11 Uhr brachte ihr im Volksmund den Namen Knöpfle- oder Spätzlesglocke ein – es war die Zeit, das Wasser für das Mittagessen aufzusetzen.
Wie sehr die Bürger mit ihrer Glocke verbunden sind, zeigten sie 1632 nach der Eroberung der Stadt durch die Schweden, als sie für die Auslösung die Summe von 500 Reichstalern aufbrachten – der Gegenwert von zwei Häusern oder 75 Kühen.
Tipp:Wer das Geläut der Münsterglocken in bester Qualität gemütlich im Wohnzimmer hören will, kann sich eine überall erhältliche CD mit verschiedenen Originalmotiven mit nach Hause nehmen.
Münster Unserer Lieben Frau ///
Münsterplatz /// 79098 Freiburg im Breisgau ///
www.freiburgermuenster.info ///
Beim Papstbesuch 2011 hätten Sie Pech gehabt. Damals gehörte das Präsenzgässle zu den Zugangswegen rund um das Münster, die von den Ordnungshütern vorsichtshalber gesperrt wurden. Zu früheren Zeiten war die Verbindung zwischen Erzbischöflichem Ordinariat und dem Münsterplatz eine gute Möglichkeit, rasch zur Messe zu gelangen, um dort »Präsenz« zu zeigen. Vor allem, wenn einer der Würdenträger einmal verschlafen hatte.
Nirgendwo anders hat das alemannische Diminutiv seine Berechtigung mehr als bei der Bezeichnung der schmalen Verbindungswege in der Altstadt. Sie als Gassen zu bezeichnen, wäre bei einigen von ihnen bereits eine gehörige Übertreibung. Das Kaufhausgässle ist so schmal, dass man sich in einen Hauseingang zwängen muss, um Entgegenkommende vorbeizulassen.