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Der Klassiker der amerikanischen Advaita - Lehrerin Gangaji in einer edlen Neuauflage. Ein Muß für jeden, der die Freiheit sucht. " Wenn Du bereit bist, allen Versuchungen hundertprozentig ins Gesicht zu sehen, den schrecklichen und den schönen, wenn Du bereit bist, alle Phatasien der persönlichen Erfüllung sterben zu lassen, dann entdeckst du die wahre Erfüllung in dem,was du wirklich bist." Gangaji
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Seitenzahl: 86
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Freiheit und Entschlossenheit
Jemand fragte Papaji,ob er noch immer darauf achte,wachsam zu sein,und er antwortete:»Bis zu meinem letzten Atemzug.«
Titel der amerikanischen Originalausgabe:
Freedom and Resolve – the living edge of surrender
© Gangaji 1999
Deutsche Ausgabe:
Gangaji
Freiheit und Entschlossenheit – Der schmale Grat der Hingabe
Neuauflage 2015
© 2015 advaitMedia GmbH
advaitaMedia – Weisheit aus der Stille
Am Gutsspark 1
23996 Saunstorf
www.advaitaMedia.com
Deutsche Erstausgabe 2000 bei Alf Lüchow Verlag, Freiburg i. Br.
Übersetzung: Surya Hoppenkamp, Hamburg
Cover & Satz: Katja Dorow-Schwart
Druck und Bindung: CPI Moravia, Tschechien
Die Neuherausgabe wurde durch die Unterstützung von Markus Seyrling ermöglicht.
„In Erinnerung und Dankbarkeit an meine Eltern Paula & Hans Seyrling.“ Markus
Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek Die deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte biografische Daten sind im Internet unter http//dnb.dd-nb.de abrufbar.
ISBN 978-3-936718-39-3
Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Funk, Fernsehen und sonstige, auch elektronische Kommunikationsmittel, fotomechanische oder vertonte Wiedergabe sowie des auszugsweisen Nachdrucks vorbehalten.
Du hast die Wahl
Wachsamkeit: Ein Aufruf zu tieferer Hingabe
Ich und »meine« Geschichte
Vier Ebenen des denkenden Geistes
Überleben, Sex und persönliche Macht
Der radikalste Einschnitt deines Lebens
Die Natur der Erscheinungen
Was ist es, was du verteidigst?
Die Wetter-Theorie der Gefühle
Der sinnvolle Umgang mit Emotionen
Du bist schon vollkommen
Wie aus nichts ein »Etwas« wird
Die Suche nach der Stille
Mühelose Erkenntnis
Es ist Zeit, die Wahrheit zu sagen
Der schmale Grat der Hingabe
Wie wirst du dein Leben nutzen?
Die Autorin
Seit ewigen Zeiten hast du dich dafür entschieden, die Geschichte der Trennung von Gott zu verkünden, und jetzt scheint diese Geschichte eine beschlossene Sache zu sein. Es erscheint so, doch das täuscht. Du hast einfach zugestimmt, die Geschichte von deinen Vorfahren zu übernehmen, sie ist ein Produkt deiner früheren Leben, deiner alten Fehler und Wünsche. Aber wer du in Wahrheit bist, in dieser Angelegenheit hast du keine Wahl.
Dein Denken kann diese Wahrheit entweder leugnen oder annehmen. In dieser Wahlmöglichkeit liegt dein freier Wille – die Freiheit deiner Entscheidung. Hinsichtlich deiner wahren Natur aber hast du keinen freien Willen. Du bist DAS, vollständig, ganz und gar. Doch du hast einen freien Willen, wenn es um dein Denken und um deine Vorstellungen geht. Du kannst vorgeben, nicht DAS zu sein, was du in Wirklichkeit bist. Du kannst so tun, als ob dir noch etwas fehlt, um vollständig zu sein. In beliebig vielen Variationen und Abwandlungen kannst du deine wahre Natur leugnen und dein eigenes Selbstbild wählen.
Dieses Spiel hast du seit Äonen gespielt, doch irgendwann bist du das Spiel leid, denn es stellt sich mit der Zeit heraus, dass es sehr beschränkt ist. Trotz seiner Vielfältigkeit, seiner Schönheit und seiner Schmerzen bleibt es beschränkt, weil es auf der Vorstellung beruht, dass du irgendwie von der Wahrheit, von der Erkenntnis, von der Liebe oder von Gott getrennt bist. Das ganze Spiel basiert auf der Vorstellung, von der Wahrheit getrennt zu sein, und diese Annahme wird selten untersucht. Du hältst sie für Realität und dieser Glaube macht das Spiel sehr kompliziert.
Ich lade dich ein, herauszufinden, wer dieses Spiel eigentlich spielt.
Du bist von Natur aus Bewusstsein. Das höchste Bewusstsein ist das, was wir »Gott« nennen. Du bist von Natur aus eins mit Gott. Du bist von Natur aus Wahrheit. Alles andere ist unnatürlich. Es mag »normal« sein, aber es ist nicht natürlich. Das Spiel hat jedoch seinen Sinn, denn solange du daran glaubst und seine Unnatürlichkeit für normal hältst, gibt dir das eine Gelegenheit, dich für verloren zu halten und den Schmerz, das Leiden zu erfahren, das darin liegt, ausgestoßen und von Gott getrennt zu sein. Und dann kann diese Vorstellung, dieses ganze schmerzhafte Spiel deine Sehnsucht nach Wiedervereinigung mit der Wahrheit wecken, mit der letzten und höchsten Wahrheit.
Wenn du aber diese Wahrheit, Bewusstsein zu sein, eins mit Gott zu sein, die Wahrheit selbst zu sein, als etwas Selbstverständliches betrachtest, dann bist du einer Art Trance oder Schlaf verfallen und wirst eines Tages wieder der Vorstellung unterliegen, getrennt oder verloren zu sein und deine Suche beginnt von neuem.
Die Einladung Ramanas zur unmittelbaren Selbsterforschung gibt dir Gelegenheit, deine Aufmerksamkeit darauf zu richten, wer verloren ist, wer getrennt ist. Du wirst niemanden finden.
Es gibt niemanden, der verloren sein könnte. Derjenige, der verloren zu sein schien, war eine Erfindung des Denkens, damit das Spiel überhaupt beginnen konnte. Wenn du entschlossen bist, dich dieser Untersuchung konsequent, vollständig und immer wieder von neuem zu widmen, wenn du fest entschlossen bist, nicht wieder einzuschlafen und nicht länger an dein Getrenntsein zu glauben, dann wirst du dir als DAS begegnen, was du wirklich bist – jenes Bewusstsein, in dem der Spielende, der Suchende, die Trennung und die Vereinigung erscheinen und wieder vergehen.
Vielen Menschen hat entweder Glück oder Gnade einen Einblick in die Unsterblichkeit, in das ewige Selbst geschenkt, und dann fragen sie sich: »Was nun?« oder »Was soll ich jetzt tun? Was mache ich mit dieser Erfahrung?« Solche Fragen beweisen, dass noch tiefere Hingabe erforderlich ist. Es gibt immer eine Möglichkeit zu noch tieferer Hingabe. Ein anderes Wort für diese Hingabe ist Wachsamkeit.
Der Begriff Wachsamkeit wird oft missverstanden. Meistens wird unter Wachsamkeit eher eine strenge Kontrolle durch das Über-Ich verstanden. Ich bin mir sicher, diese Art von Kontrolle ist dir sehr vertraut: »Ich hätte das nicht sagen sollen. Ich hätte das nicht so machen sollen. Ich hätte das nicht denken dürfen. Ich hätte Hingabe beweisen müssen.« Diese Kontrolle ist keine Wachsamkeit. Es ist nur eine schlechte Imitation von Wachsamkeit. Das englische Wort »vigilance« (Wachsamkeit) kommt von »vigil« (Nacht-)Wache/Vigilie, also »Wache halten«. Wachsam zu sein ist eine Form von Gottesdienst – die heilige, stille, friedliche Wache an der Flamme der Wahrheit.
Solange auch nur die geringste Versuchung besteht, dich von der Wahrheit getrennt zu fühlen, solange sich noch Wünsche aus der Vergangenheit abspulen, solange dein Körper noch atmet, so lange musst du deine Wachsamkeit aufrecht erhalten.
Dir bewusst zu sein, dass du dich jederzeit wieder von der Wahrheit getrennt fühlen kannst, gibt dir die nötige Entschlossenheit, die Flamme der Wahrheit noch aufmerksamer zu bewachen. Wenn du wirklich wachsam bist, dann entdeckst du, dass du von der Wahrheit nicht getrennt bist. Und wie geht es dann weiter? Mit noch mehr Wachsamkeit, mit tieferer Erkenntnis, denn wahre Selbsterforschung hat kein Ende. Was ein Ende finden kann, ist deine vorrangige Beschäftigung mit demjenigen, der du zu sein glaubst – mit deinem Körper, deinen Gedanken und deinen Gefühlen. Diese Inanspruchnahme dauert tatsächlich nur deshalb an, weil du sie immer wieder nährst.
Deinem Körper Nahrung zu geben, erzeugt keine Probleme. Aber deinen Gedanken Nahrung zu geben, das erzeugt viele Probleme. Deinen Gefühlen Nahrung zu geben, erzeugt große Probleme. Hör auf, deinen Gedanken und deinen Gefühlen Nahrung zu geben und erkenne, was keine Nahrung braucht, um zu sein. Schenke DEM deine Wachsamkeit. Ergib dich DEM.
Wenn dich der Pfeil der Wahrheit getroffen hat und du dir dessen bewusst bist, dann kennst du wahrscheinlich auch diese arroganten Gedanken: »Ich weiß, dass ich eins mit der Wahrheit bin. Wer ist dann noch da, der wachsam sein könnte?« Das hast du bestimmt gedacht, nicht wahr? Und plötzlich, aus heiterem Himmel, leidest du wieder und jammerst: »Ich habe es verloren! Wie ist das möglich?« Der Eindruck oder die Erfahrung, etwas verloren zu haben, was nicht verloren werden kann, wird durch Wachsamkeit korrigiert.
Ich meine damit nicht, dass du dich anstrengen sollst, dass Wachsamkeit etwas mit »machen« zu tun hat. Ich meine damit, wachsam zu sein und zu erkennen, dass Wachsamkeit dein natürlicher Zustand ist. Du bist reines Bewusstsein. Es liegt in der Natur des Bewusstseins, wachsam zu sein. Bewusstsein ist sich selbst gegenüber wachsam, ist sich seiner selbst in Wirklichkeit immer bewusst.
Wenn dein Körper im Tiefschlaf liegt, ohne Bezugspunkte, ohne Sinneseindrücke, ohne Wahrnehmung des Körpers oder anderer Objekte mentaler, emotionaler oder physischer Art, existiert dennoch Bewusstsein, das sich seiner selbst bewusst ist. Das ist die Glückseligkeit des Tiefschlafs. Wacht der Körper auf und die Objekte erscheinen wieder, erinnerst du dich trotzdem an die tiefe, objektlose Erfahrung des Schlafes. Sie hat keine Sinneseindrücke hinterlassen, dennoch bist du dir ihrer bewusst, weil das Gewahrsein dieses Zustandes noch vorhanden ist. Wir sind daran gewöhnt, unsere Aufmerksamkeit auf Objekte zu richten, sobald sie erscheinen, und übersehen dabei die allgegenwärtige Tiefe, die uns nährt. Wachsamkeit bedeutet, sich dessen bewusst zu sein, was nicht verschwindet, selbst wenn Objekte erscheinen. Gleichgültig ob diese Objekte wunderschön, hässlich oder ganz gewöhnlich sind, stets ist Bewusstsein da, das sich seiner selbst bewusst ist. Ob es sich um mentale, emotionale oder physische Objekte handelt, immer ist Bewusstsein da und sich seiner selbst bewusst.
Echte Wachsamkeit muss eine Leichtigkeit des Gewahrseins sein, sonst ist sie eine erzwungene Wachsamkeit und zeigt, dass du nicht wirklich wachsam bist. Wenn dir der Gedanke kommt: »Jetzt werde ich versuchen wachsam zu sein,« dann frage dich, wer versucht wachsam zu sein. Das ist unmittelbare Selbsterforschung. Du wirst feststellen, dass niemand da ist, der wachsam sein könnte, dass nur die Wachsamkeit selbst da ist. Dann wirst du merken, dass es ganz natürlich ist, sich vorübergehend erscheinender Objekte bewusst zu sein und sich gleichzeitig dessen bewusst zu sein, was sowohl dieser Objekte als auch seiner selbst gewahr ist.
Ruhe in der Wachsamkeit und beobachte. Warte einfach und schau zu. Beobachte, wie sich die Bestimmung deines Körpers erfüllt, was der treibende Impuls in diesem Leben ist. Viele Objekte werden am Altar deiner Wachsamkeit vorüberziehen. Lass sie vorüberziehen wie die Wolken. Die Wolken sind nicht das Problem, jedenfalls nicht vom Standpunkt des Himmels aus betrachtet. Du bist der Himmel. Du bist nicht das Wesen, das zum Himmel aufschaut. Du bist der Himmel, der das Erscheinen dieses Wesens beobachtet.