Freundinnen für's Leben - Roman 5: Kurz vor zwölf im Paradies - Christian Pfannenschmidt - E-Book
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Freundinnen für's Leben - Roman 5: Kurz vor zwölf im Paradies E-Book

Christian Pfannenschmidt

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Beschreibung

Alte Liebe, neues Glück? „Kurz vor zwölf im Paradies“ von Christian Pfannenschmidt jetzt als eBook bei dotbooks. Nach turbulenten Jahren im Grand Hansson Hotel, beschließen Marie und Ronaldo, sich eine gemeinsame Auszeit zu gönnen und wollen ihre Liebe im Urlaub neu entfachen. Das führt zu Aufregungen in Hamburg: Christian und Iris übernehmen nun die Leitung des Hotels – doch die waren einmal ein Liebespaar. Was zuerst wie der Auftakt zu einem Drama erscheint, bringt die beiden wieder näher zusammen. Doch eigentlich ist Christian in festen Händen … Für wen wird er sich entscheiden? „Kurz vor zwölf im Paradies“ ist der fünfte Teil einer Serie voller Gefühle: Liebe, Pech, Verrat und Glück – die perfekte Mischung zum Mitfiebern! Jetzt als eBook kaufen und genießen: „Kurz vor zwölf im Paradies“ von Christian Pfannenschmidt. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 434

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Über dieses Buch:

Nach turbulenten Jahren im Grand Hansson Hotel, beschließen Marie und Ronaldo, sich eine gemeinsame Auszeit zu gönnen und wollen ihre Liebe im Urlaub neu entfachen. Das führt zu Aufregungen in Hamburg: Christian und Iris übernehmen nun die Leitung des Hotels – doch die waren einmal ein Liebespaar. Was zuerst wie der Auftakt zu einem Drama erscheint, bringt die beiden wieder näher zusammen. Doch eigentlich ist Christian in festen Händen … Für wen wird er sich entscheiden?

Kurz vor zwölf im Paradies ist der fünfte Teil einer Serie voller Gefühle: Liebe, Pech, Verrat und Glück – die perfekte Mischung zum Mitfiebern!

Über den Autor:

Christian Pfannenschmidt, geboren 1953, war Journalist und Reporter für die Abendzeitung, München, den Stern, Capital und das Zeit-Magazin. Heute lebt er als Autor in Köln und Berlin. Von ihm stammen unter anderem die Drehbücher der ZDF-Erfolgsserie Girlfriends. Der Seerosenteich wurde in mehrere Sprachen übersetzt und in der Verfilmung, als ARD-Zweiteiler, verfolgten über 6 Mio. Menschen die Karriere von Isabelle, dem Mädchen vom Lande, das zur Chefin eines Modeimperiums aufsteigt. 2003 gründete er eine eigene Fernsehproduktion und setzte seine persönliche Erfolgsgeschichte mit TV-Serien wie u.a. Die Albertis und Herzensbrecher – Vater von vier Söhnen fort.

Christian Pfannenschmidt veröffentlichte bei dotbooks bereits Die Albertis und Der Seerosenteich.

Die Website des Autors: www.christianpfannenschmidt.de

Die Charaktere der Girlfriends-Serie haben den Autor nicht mehr losgelassen. Und so hat er – basierend auf den Drehbüchern – sieben Romane über die Freundinnen Marie, Ilka und Elfie geschrieben:

Band 1: Fünf Sterne für Marie

Band 2: Freundschaft auf den dritten Blick

Band 3: Zehn Etagen bis zum Glück

Band 4: Demnächst auf Wolke sieben

Band 5: Kurz vor zwölf im Paradies

Band 6: Das 1x1 zum großen Glück

Band 7: Frühstück für zwei

***

Neuausgabe März 2015

Copyright © der Originalausgabe 2004 Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg

Copyright © der Neuausgabe 2015 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Maria Seidel, atelier-seidel.de

Titelabbildung: Thinkstockphoto/istock

ISBN 978-3-95824-101-5

***

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Christian Pfannenschmidt

Kurz vor zwölf im Paradies

Roman

dotbooks.

Kapitel 1

Mit quietschenden Reifen gingen beide Autos in die Kurve. Sie befanden sich nebeneinander auf gleicher Höhe der Elbchaussee. Normalerweise verhinderte der dichte Hamburger Straßenverkehr eine solche Wettfahrt, doch jetzt, eine Stunde vor der morgendlichen Rushhour war die Bahn frei. Barbara Malek warf einen kurzen Blick zu der Frau im Alfa Spider neben ihr. Auch Iris Sandberg hatte ihrer Konkurrentin kurz den Kopf zugewandt. Sie blies sich eine Strähne ihrer kupferroten Mähne aus dem Gesicht und forderte Barbara stumm heraus. Beide gaben lustvoll Gas. Wie in einer stillen Verabredung schienen sie unter Beweis stellen zu wollen, dass ein Michael Schumacher durchaus auch in Frauenherzen wohnen konnte.

»Wenn du mich liebst, fährst du langsamer«, keuchte Christian Dolbien, der neben seiner Freundin Barbara saß, Schweißperlen auf der Stirn. Er hatte sich bereits tief in den Beifahrersitz gepresst, was für einen Mann seiner Größe durchaus ein Problem darstellte. Barbara schaute erneut hinüber zu Iris, deren Gesicht sich verfinstert hatte. Sie schien das Spiel ernst zu nehmen. Heiho, meine Schöne, dachte Barbara, wenn es das ist, was du willst, das kannst du haben. Sie griff Christian kurz, aber heftig in sein dichtes, grau meliertes Haar, das in einem reizvollen Kontrast zu seinem jugendlichen Gesicht stand. »Sei ein Mann, Christian.« Dann trat sie das Gaspedal voll durch.

Christian krallte sich in den Sitz und stöhnte gepresst.

»Barbara! Ich sterbe!«

Barbara lachte laut auf, während ihr Kotflügel in einer Kurve fast den Alfa von Iris berührte.

»Irgendwann, ja, aber noch nicht heute.«

Kaugummi kauend schob der Hotelpage Peter die Gepäckwagen vor dem Grand Hansson zusammen, als Ronaldo Schäfers Porsche vor dem Eingang hielt. Marie sprang auf der Beifahrerseite raus und mühte sich hektisch damit ab, zahlreiche Aktenordner gleichzeitig auf einem Arm zu stapeln. Ihr Mann ging lächelnd auf sie zu.

»Soll ich dir tragen helfen, Schatz? Dass du dir aber auch so viel auflädst an unserem letzten Tag.«

Marie schaute leicht gequält zu ihm auf. Ihre Haare standen in alle Richtungen ab. Mit Schrecken bemerkte sie eine Laufmasche. Wie schaffte es Ronaldo nur immer, wie aus dem Ei gepellt auszusehen? Ob es seine Größe war, die ihm dabei half? Sie schnaufte.

»Du hast gut reden, wenn meine Eltern unsere Püppie schon nehmen, muss ich sie ja auch hinbringen. Und Barbara nehme ich auch gleich mit, das ist dann ein Abwasch.«

Ronaldo Schäfer sah seine Frau nachdenklich an. Er wusste, dass es bei weitem nicht so einfach war, wie Marie es darstellte. Vivien bei den Harsefelds abzuliefern, nein, das war kein Problem. Schwieriger war es mit Maries Halbschwester Barbara. Es würde nicht einfach werden, Maries Mutter dazu zu bringen, sie als Familienmitglied zu akzeptieren. Doch Marie hatte ihrem sterbenden Vater versprochen, dass sie sich um Barbara kümmern würde. Und sie würde ihr Wort halten, so genau kannte Ronaldo Schäfer seine Frau. Er lächelte ihr aufmunternd zu. Marie entspannte sich für einen Moment.

»Bleibt es bei unserem Gespräch nachher, Frau Schäfer?« Marie schreckte auf Uwe Holthusen, der Koch, war an sie herangetreten.

Verdammt, dachte sie, den habe ich völlig vergessen. Wann sollte sie denn am letzten Tag vor ihrem Abflug nach Kapstadt noch über Veränderungen in der Hotelküche sprechen? Für die außerdem sowieso kein Geld vorhanden war.

»Ach, das wollte ich Ihnen gestern schon sagen, leider geht’s jetzt überhaupt nicht.« Ohne sein enttäuschtes Gesicht wahrzunehmen, ging sie schnellen Schrittes mit ihren diversen Mappen auf den Hoteleingang zu.

Genau in dem Moment rasten zwei Autos auf sie zu. Die Reifen des vorderen Wagens quietschten bei dem Versuch, rechtzeitig zu bremsen. Maries Mappen flogen in hohem Bogen durch die Luft, als sie direkt vor Iris’ Motorhaube zu Boden stürzte.

Sofort war Ronaldo an ihrer Seite. »Ist alles okay mit dir, Liebling?«

Barbara schüttelte immer wieder den Kopf, so sehr stand sie unter Schock, und Christian betonte sofort, Gentleman, der er war, dass alle drei Schuld gehabt hätten. Auch der Personalchef Begemann und Alexa Hofer, die Chefsekretärin, hatten den Zwischenfall beobachtet. Sie blieben in wenigen Metern Entfernung stehen, peinlich darauf bedacht, durch körperliche Distanz den Eindruck eines unpersönlichen Verhältnisses zu vermitteln. Trotzdem ließen sie es sich nicht nehmen, die Szene mit viel sagenden Blicken zu kommentieren. Iris versuchte sich zu entschuldigen, doch Marie kochte vor Wut und hatte nicht die geringste Absicht, sich besänftigen zu lassen, vor allem nicht von Iris.

»Bist du wahnsinnig?«, fauchte sie Iris an. »Verdammt, wenn das einem unserer Gäste passiert wäre …«

Wütend drehte sie sich um und marschierte in das Hotel. Dort hatten sich am großen Innenfenster der Halle Phil und Katrin aus dem Schreibpool sowie Doris Barth, die Rezeptionistin, die Nasen platt gedrückt.

»Ich sag’s euch, die bringen sich hier noch gegenseitig um, unsere Damen, hü und hott!«

Katrin, auf erfolgloser Dauerdiät, biss in einen Schokoriegel, um kauend ihrer Kollegin zuzustimmen.

»Da hat Phil mal Recht. Jeden Tag eine neue Ansage.«

»Eine? Ich würde sagen: Jeden Tag zwei neue Ansagen«, lachte Phil. Katrin warf ihr einen spöttischen Blick zu.

»Na, du musst es ja wissen, Philine, wo du gerade mal drei Wochen im Businesscenter bist.«

Sie drehten sich um und gingen durch die Halle zum Lift. Doris folgte den beiden.

»Also als der Schäfer noch unser Direktor gewesen ist, da war alles so gut organisiert, jeder wusste, was er zu machen hatte.« Verschwörerisch drehte sie sich um und senkte ihre Stimme. »Ich habe ja gehört: Die Marie will einen klaren Schnitt. Sie will die Sandberg auf jeden Fall weg haben!«

Im Chefzimmer stand Marie vor ihrer Hälfte des Doppelschreibtischs und klopfte den Schmutz aus ihrem Kostüm. Es war ihre Idee gewesen, einen gemeinsamen Schreibtisch in das Büro zu stellen. Damit man harmonisch arbeiten konnte. Alles sollte transparent sein. Und jetzt? Ihre Seite des Tisches war blitzblank aufgeräumt, während sich in Iris’ Bereich die Unterlagen türmten. Wie hatte sie sich gefreut, als Gudrun Hansson sie und Iris zu Direktorinnen ernannt hatte, nachdem Ronaldo und Christian Dolbien die Leitung der Hansson-Stiftung übernommen hatten. Doch zunehmend kam es ihr vor, als würde sie die Lasten der Arbeit alleine tragen, und immer öfter fühlte sie sich von Iris im Stich gelassen.

Als sie im Chefzimmer angekommen war, versuchte Iris sich erneut zu entschuldigen, aber Marie war immer noch auf hundertachtzig. »Du musst schon anders Gas geben, wenn du mich loswerden willst, Iris!«

Alexa, die mit der Post das Zimmer betreten hatte, genoss den Streit im Stillen. Alles, was Iris Sandberg schadete, brachte Alexa ihrem Ziel näher. Die Sandberg musste weg und würde durch Begemann ersetzt werden, dafür würde sie schon sorgen. Und Begemann fraß ihr aus der Hand. Betont freundlich legte sie Marie die Unterlagen auf den Tisch und erinnerte sie an den Termin mit Uwe Holthusen. Als Marie ihr sagte, dass sie ihn bereits abgesagt hatte, bot sich Iris an, den Termin zu erledigen. Doch damit war Marie nicht einverstanden. Iris würde Uwe Holthusen nur wieder das Blaue vom Himmel versprechen. Und das, wo sie eh kein Geld mehr hatten. Aber Iris’ Pläne gingen noch weiter. Sie wollte zukünftig einen »Mitarbeiter des Monats« küren und durch eine kleine Gratifikation belohnen. Marie schnitt ihr entnervt das Wort ab.

»Iris, herrje! Es ist eine Geldfrage, schließlich kommt eines zum anderen … Wir stecken in einer Rezession. Ich will und kann unnötige Investitionen, oder nennen wir es einfach nur: Kosten, im Moment nicht gebrauchen. Die Banken machen Druck, wir müssen Rücklagen bilden. Unsere Kosten, vor allem die Personalkosten, sind zu hoch. Die Restaurants laufen nicht so, wie sie sollten, wir haben dringende Renovierungen zu machen, wir …«

Iris unterbrach sie und warf ihr vor, wie immer zu dramatisieren, was Marie dazu brachte, Iris Selbstherrlichkeit zu unterstellen. »Von mir aus mach es. Aber ich will so was mitentscheiden! Es ist mein Laden.«

Daraufhin sah Iris sie lange und ruhig an. »Und ich bin Direktorin.«

Doch Marie gab sich unversöhnlich: »Wir sind beide Direktorinnen. Und wenn du das ignorierst, musst du gehen.«

Auch in der Küche des Grand Hansson wollte jemand reinen Tisch machen. Während um ihn herum Hochbetrieb herrschte, übte sich Uwe Holthusen vor einer Reiseschreibmaschine im Zwei-Finger-Suchsystem. Katrin, die immer mal gerne in der Küche vorbeischaute, lachte. »Schulst du um auf Datentypistin?« Dann las sie, was er gerade schrieb. »Du kündigst? Das kann nicht sein!« Uwe stand auf und ging zu den Herden. Es kochte nicht nur in den Töpfen. »Ich rackere mich hier unten ab … bekomme kein einziges Lob … Niemand hat Zeit für mich! Frau Schäfer cancelt jeden Termin mit mir!«

Er ließ Katrin probieren.

»Hm, köstlichst, Kartoffelsuppe mit Liebstöckel … das ist so was von fein … Schüsschen Sahne vielleicht, Uwe.« Sie legte ihre Hand auf seinen Arm. »Komm, Uwe, du bist frustriert. Das kennt doch jeder von uns. Überlege dir lieber, was du anders machen kannst. Und dann: ran an den Speck!«

Barbaras Auto parkte vor dem Haus der Harsefelds. Während sie und Vivien ein halbes Kinderzimmer voll an Spielzeug aus dem Kofferraum räumten, schaute Marie liebevoll auf das gemütliche Haus am See.

»Da heißt es immer, die Ollen sind nicht mehr flexibel … wenn ich meine Eltern angucke, wie oft die in den letzten Jahren umgezogen sind … ihre schöne Reetdachkate, die hättest du mal sehen sollen! Dann sind sie dichter ran an die Stadt … Und nun wieder ans Wasser, weil mein Vater so gerne angelt …«

Barbara hatte einen riesigen Blumenstrauß aus dem Kofferraum geholt und grinste. »Irgendwann ziehen die zu euch nach Hamburg, pass bloß auf«

Marie warf den Kopf zurück und lachte schallend: »Dann erschieße ich mich!« Sie wies auf den Blumenstrauß in Barbaras Hand. »Und der ist völlig übertrieben.«

Die Haustür wurde geöffnet, und Elisabeth Harsefeld kam heraus. Vivien stürzte sich mit einem lauten Juchzen in ihre ausgebreiteten Arme, und sofort kam Butschi, der neue Hund der Harsefelds, aus dem Haus gedüst, freudig mit dem Schwanz wedelnd und aufgeregt die Neuankömmlinge begrüßend. Barbara und Marie schnappten sich das Gepäck und gingen auf das Haus zu. Als könnte Marie Barbaras Unsicherheit spüren, warf sie ihr einen aufmunternden Blick zu. Es würde nicht einfach werden, denn Marie wusste, was für ein Dickkopf ihre Mutter sein konnte, sie hatte ihn schließlich von ihr geerbt.

Und tatsächlich, als Elisabeth Marie zur Begrüßung umarmte, fiel für Barbara nur ein strenger Blick ab. Marie löste sich aus Elisabeths Armen. »Mamilein, darf ich dir Barbara Malek vorstellen?«

Während sich Barbara ehrlich freute, endlich die erste Frau ihres Vaters kennen zu lernen, ließ sich Elisabeth gerade mal zu einem kühlen Gruß hinreißen.

»Vielen Dank für die Einladung, Frau Harsefeld.«

Barbara gab nicht auf, doch Elisabeth beschied ihr nur kurz angebunden, dass sei ja mehr Maries Idee gewesen. Die verdrehte kurz die Augen, genau so hatte sie sich das vorgestellt, Elisabeth Harsefeld war nun einmal ein harter Brocken. Und als Barbara freundlich das schöne Haus lobte, platzte es säuerlich aus Elisabeth heraus. »Im Gegensatz zu Ihrem Vater Martin Malek haben mein Mann und ich es immer vorgezogen, hart zu arbeiten … von nichts kommt nichts, nicht wahr?«

Meine Güte, dachte Marie, muss sich Barbara jetzt stellvertretend für Elisabeths ersten Mann sämtliche Vorwürfe anhören? Gott sei Dank war da noch die kleine Vivien, die auch etwas mitzuteilen hatte. »Oma Lischi, Babs hat gesagt, irgendwann zieht ihr zu Mima und Ronaldo …«

»Ach ja? Na, was die junge Dame alles weiß.«

Elisabeth wandte sich zu Marie. »Warum ist Ronaldo denn nicht mit?«

Marie war froh, dass Vivien unterbrochen worden war. Inzwischen waren sie alle vier an der Haustür angelangt. »Ach, der hat so viel zu tun.«

Doch Vivien war noch nicht fertig. »Und dann will sich Mima erschießen, hat sie gesagt!« Elisabeth Harsefeld schloss die Tür mit einem lauten Knall.

Ronaldo, der angeblich so viel zu tun hatte, saß mit Christian in dessen Büro auf dem Sofa und spielte Schach. Die Szene hätte ein vortreffliches Werbefoto für einen exklusiven Club abgegeben: zwei attraktive Männer im besten Alter, elegant gekleidet in stilvoller Atmosphäre, sich entspannt ihrem Hobby widmend.

Ein Plakat an der Wand warb für die Bill-Hansson-Stiftung mit dem Satz: »Wir sind stark darin, den Schwachen zu helfen!« Daneben hingen gerahmte Fotos, die Ronaldo und Christian zeigten, wie sie Schecks überreichten.

Ronaldo schaute vom Spielbrett auf »Ich fühle mich wie Tom Cruise als Rentner.«

Christian lehnte sich zurück und lachte herzhaft.

»Wirklich!«, fuhr Ronaldo fort, »unser Job als Stiftungsrat ist ehrenvoll, er entspricht, sagen wir: meinem moralischen Anspruch. Aber ich bin unterfordert, Christian, meine Laune wird jeden Tag schlechter. Wir sitzen hier, du und ich, Tag für Tag, lesen Bettelbriefe, halten Vorträge, reisen … aber das Leben, das aktive Leben da draußen, das rauscht doch an uns vorbei.«

Christian schaute ihn nachdenklich an. »Du klingst im Moment sehr verwöhnt.«

Ronaldo bemühte sich, diesen Eindruck schnell zu verwischen. »Nein, nein, alles bestens, klar. Bloß: Marie und ich, es ist alles völlig verdreht. Sie hetzt, ich bummle. Sie entscheidet, ich bin wie gelähmt. Sie ist reich, na ja.«

Christian zwinkerte Ronaldo zu. »Und du bist arm, gleich weine ich.«

Ronaldo schüttelte den Kopf »Christian, vor allem macht sie das, was ich früher so geliebt habe, meine Arbeit als Hoteldirektor. Das war mein Leben!«

Christian wagte einen Schuss ins Blaue. »Du kommst nicht damit klar, dass sie das Ruder übernommen hat? Du findest, sie trifft falsche Entscheidungen? Und das sagst du ihr oder lässt es sie zumindest spüren.«

Ronaldo blickte wieder aufs Brett, nahm einen Bauern in die Hand. Er setzte die Figur auf verschiedene Felder, ohne sich jedoch zu entscheiden. Christian fing noch einmal an. »Ihr habt eine Krise?«

Ronaldo guckte weiter starr auf das Brett. »Wir wollen unsere Reise nutzen, um abzuschalten und über alles nachzudenken.«

Im Businesscenter herrschte Hochbetrieb, und Katrin erzählte gerade Phil, was sie von Uwe Holthusen erfahren hatte, als Iris Sandberg hereinkam. Sie grüßte die Mädels freundlich, was von Phil mit einem Strahlen erwidert wurde.

»Ich hätte sehr gerne, dass eine von Ihnen beiden das eben noch abtippt, ich brauche es morgen früh für eine Besprechung, es sind die Unterlagen für die Mitarbeiterdes-Monats-Sache.«

Katrin konnte nur noch staunend gucken, so schnell stand Phil vor Iris Sandberg, um ihr die Unterlagen abzunehmen. Dabei berührte sie Iris’ Hand. »Finde ich klasse von Ihnen, Frau Sandberg!«

Als Iris gegangen war, mokierte sich Katrin. »Wie du dich immer an die ranschleimst … heute hü und morgen hott.«

Aber Phil ließ sich davon nicht beeindrucken. »Wieso? Stimmt doch. Ich sagte hot. H…O…T. Ich finde die Frau scharf.«

Iris hatte sich im Businesscenter Unterlagen für Christian Dolbien mitgeben lassen. Als sie sein Büro betrat, hörte sie, dass er mit Gudrun Hansson telefonierte. Sie setzte sich in einen Sessel, warf mit einer eleganten Bewegung die Unterlagen auf den Schreibtisch und wartete, bis er sich verabschiedet und das Gespräch beendet hatte. Versonnen blickte er noch einen Moment lang auf den Hörer. »Die wird immer seltsamer.« Dann legte er auf, drehte sich zu Iris und schaute ihr dabei zu, wie sie an ihrem Hermèstuch nestelte. Wieder einmal wurde ihm bewusst, wie gut sie aussah. Sie trug einen Armanihosenanzug, dazu das bewusste Tuch und Perlenklips, die weiße Glanzlichter auf ihre tiefbraunen Augen setzten. Sie hat Augen zum Darinversinken, dachte er.

»Und wo ist sie gerade auf ihrer Weltreise?«

Christian zuckte mit den Schultern. »Daraus macht sie doch seit einem Jahr ein Geheimnis … klang nach weit weg …«

Iris hatte das Tuch endlich gelöst und legte es auf dem Schreibtisch ab. »Und wie geht es ihr?«

»Sie ist die fröhlichste Krebskranke der Welt, das steht fest.«

Iris stand auf und näherte sich Christian. »Zu Marie hat sie am Telefon gesagt, sie sei geheilt.«

Auch Christian hatte sich erhoben. Sie standen jetzt dicht voreinander, er schnupperte an ihrem Hals. »Wonach riechst du?«

»Geheimnis.«

»Steht dir gut: Geheimnis.«

Iris hielt dem Blick seiner Augen stand. »Was machst du heute Abend? Ich dachte, wir beide könnten etwas essen gehen, ich gehe so ungern alleine aus.«

Christian zögerte. Hier baute sich etwas auf, das er nicht zulassen sollte. Iris schaute ihn fragend an. »Ich denke, deine kleine Freundin ist mit Marie in Hitzacker?«

Christian trat unwillig einen Schritt zurück. »Sag bitte nicht immer kleine Freundin.« Der Moment war vorüber. Das Telefon klingelte. Iris wandte sich schulterzuckend um und verließ sein Büro. Christian hatte bereits den Hörer abgenommen, als er sah, dass sie das Hermèstuch vergessen hatte. Auch wenn es ein kleiner Betrug an Barbara war: Er musste sehnsüchtig an dem Tuch schnuppern, Iris noch einmal riechen.

Elisabeth Harsefeld hatte einen gemütlichen Kaffeetisch auf der Terrasse gedeckt. Während die vier Erwachsenen sich in der Sonne am Kuchen gütlich taten, spielte Vivien auf dem Steg am Rande des Gartens mit einem kaputten Fischernetz. Butschi hatte sich zu ihr gesellt und döste entspannt vor sich hin, selbst die Fliege, die sich auf Butschis Nase niedergelassen hatte, wurde nur gutmütig beäugt.

So gelöst das Bild auch wirkte, täuschte es doch in Wirklichkeit über die Stimmung am Kaffeetisch hinweg. Elisabeth weigerte sich hartnäckig,. ihr Kriegsbeil zu begraben, auch wenn Barbara sich gleich bleibend freundlich weiter um ihre Gunst bemühte. Marie bewunderte die Geduld ihrer Halbschwester.

»Der Kuchen war sehr lecker, Frau Harsefeld, wirklich!«

Elisabeth überging dieses Kompliment ebenso wie die anderen zuvor. Stattdessen erkundigte sie sich spitz nach Barbaras Mutter.

Barbara zuckte ein wenig traurig mit den Schultern, sie hätte liebend gern etwas anderes mitgeteilt. »Ich habe keinen Kontakt zu ihr.«

Als hätte sich ein Schwall Wasser auf Elisabeths Mühlen der Selbstgerechtigkeit ergossen, nutzte sie die Gelegenheit, das vorbildhafte Familienleben der Harsefelds hervorzuheben. »So, na ja, so was hört man mal, aber das glaubt man dann immer nicht, dass es so was gibt. Bei uns wäre das undenkbar.«

Sie beugte sich vor und ergriff Maries Hand. »Nicht wahr, Mariechen, undenkbar, dass du dich nicht mehr meldest, oder?«

Mariechen wird gleich ganz schlecht, dachte Marie. Wie konnte ihre Mutter sich nur so unhöflich und beleidigend verhalten? Martin Malek war ein Spieler und Betrüger gewesen, unter dem Elisabeth in jungen Jahren sehr gelitten hatte. Aber wie konnte sie Barbara dafür verantwortlich machen? Auch sie und selbst Marie waren von ihm betrogen worden, bevor man ihn im Gefängnis erhängt auffand.

Erich schien derselben Meinung zu sein wie Marie. Er fand, dass seine Frau zu weit ging, und versuchte das Thema zu wechseln.

»Mal was anderes: Gefällt es Ihnen denn im Grand Hansson?«

Aber die einmal in Fahrt gekommene Lokomotive Elisabeth war so nicht aufzuhalten. Sie überfuhr jedes noch so gut gemeinte Haltezeichen.

»Das fehlte noch, dass es ihr da nicht gefällt, so ein schönes Haus, das unsere Marie da hat. Ich muss sagen, ich kann es immer noch nicht fassen, dass die Frau Hansson ihr das geschenkt hat. Sie hat natürlich auch immer viel für die Frau Hansson getan, und ich habe Mariechen das schon immer zugetraut, dass sie eines Tages …« Irritiert blickte sie zu ihrer Tochter auf, die aufgestanden war und damit begonnen hatte, den Tisch abzuräumen. Wenn ich noch einmal »unser Mariechen« höre, kotze ich, dachte Marie. Auch Barbara erhob sich. »Ich helfe dir!«

Da hielt es Elisabeth natürlich auch nicht mehr am Tisch.

»Das brauchen Sie nicht. Sie sind Gast!«

Und zwar ein unerwünschter, dachte Marie und drückte ihre Mutter auf den Stuhl zurück. »Übt euch schon mal in euren Großelternpflichten, die nächsten vierzehn Tage werden anstrengend genug.«

So daran erinnert, drehte sich Elisabeth suchend nach Vivien um und entdeckte, dass sie bedrohlich nah am Wasser spielte. »Püppie«, rief sie dem Kind zu, »fall nicht ins Wasser, hörst du?«

Als sich Barbara und Marie mit dem leeren Kuchengeschirr außer Hörweite befanden, sah Erich seine Frau kopfschüttelnd an. »Du bist ganz schön gnaddelig, Deern.« Elisabeth war natürlich ganz anderer Meinung. »Ich bin nicht gnaddelig, Erich, ich kann sie nicht leiden.« Damit war Erich nun gar nicht einverstanden. Auch er hatte einen prüfenden Blick auf Barbara geworfen, und sie war ihm sofort sympathisch gewesen. Im Gegensatz zu seiner Frau empfand er Mitgefühl für diese junge Frau, die so allein im Leben stand.

»Die ist eine ganz freundliche Deern, hör opp …«

Aber Elisabeth grummelte nur. »Sie hat denselben Zug um den Mund wie er …«

In der Küche knallte Marie das Tablett auf die Anrichte und machte ihrer Wut Luft. »Ich bewundere dich, noch zwei Minuten länger, und ich wäre ihr an die Gurgel gegangen.«

Barbara hatte einen nachdenklichen Gesichtsausdruck, als sie Marie half, das Geschirr in die Maschine einzuräumen. »Ja, ich hätte auch nicht gedacht, dass deine Mutter so giftig ist.«

Marie sah sie an. »Ich bin mir auch überhaupt nicht mehr sicher, ob das tatsächlich so eine klasse Idee war, Vivien hier bei ihnen zu lassen, sie werden einfach alt. Alles verstärkt sich da: der Starrsinn, die Unbeweglichkeit, das Negative …«

Mutlos ließ sie die Arme hängen und senkte den Kopf Hatten sich denn alle gegen sie verschworen? Barbara erkannte, wie nah Marie den Tränen war. Es tat ihr weh, sie so mutlos und traurig zu sehen. Sie kannte ihre Halbschwester noch nicht lange, aber sie hatte sie vom ersten Augenblick an gemocht. Und Marie hatte ihr so viel geholfen. Als Barbara ihren Job verloren hatte, war Marie für sie da gewesen. Die Arbeit im Hotel verdankte sie Marie, und dort war sie auch Christian, dem Mann ihrer Träume, begegnet. Vielleicht war sie nun an der Reihe, etwas für Marie zu tun. Barbara legte ihre Hände fest auf Maries Schultern.

»Marie, du bist platt. Völlig überarbeitet, gestresst, genervt. Du musst abschalten. Du musst was für dich tun. Für euch. Lass es einfach laufen. Ich gucke ab und zu nach Vivien, wie wäre das?«

Marie stieß ein empörtes Schnauben aus. »Und dann faltet dich meine Mutter jedes Mal zusammen? Nein, nein, das kann ich nicht von dir verlangen.«

Barbara lachte und drückte ihrer Schwester einen herzhaften Schmatzer auf den Mund. »Abgemacht?«

Marie war gerührt. Sie brauchte tatsächlich Hilfe, und Barbara konnte sie vertrauen. Wesentlich fröhlicher als zuvor räumten sie jetzt die Küche auf, als aus dem Garten ein Schrei ertönte. Es war Elisabeths Stimme. »Mariechen! Hilfe! Mariechen!« Die beiden Frauen rannten sofort los.

Im Garten bot sich ihnen eine dramatische Szene. Vivien war ins Wasser gestürzt und hatte sich im Fischernetz verfangen. Sie ruderte verzweifelt mit ihren kleinen Ärmchen, wodurch sie sich aber nur noch stärker in den Maschen verstrickte. Aus eigener Kraft konnte sie sich nicht befreien. Auf dem Steg kniete aufgeregt Erich Harsefeld und versuchte vergeblich, das Kind zu erreichen. Elisabeth lief kopflos hin und her und schrie entweder Erich an, das Kind doch endlich rauszuholen, oder schickte inbrünstige Bitten Richtung Himmel.

Marie fühlte ihr Herz im Hals schlagen und rannte mit aller Kraft zum Steg, sie schubste Erich beiseite, um Vivien ihre Arme entgegenzustrecken. Aber auch ihr gelang es nicht, das Kind aus dem Wasser zu ziehen. Nein, schoss es ihr durch den Kopf, du darfst nicht sterben, Vivien, mein Liebling, wenn es einen Gott gibt, wird er dich retten. Während Elisabeth immer wieder panisch schrie: »Sie ertrinkt, sie ertrinkt!«, hatte Barbara schnell, aber ohne jede Hektik den Steg betreten. Ohne auch nur einen Moment zu zögern, machte sie in voller Bekleidung einen Kopfsprung ins Wasser, tauchte unter, um genau neben Vivien unter dem Netz wieder aufzutauchen. Während sie mit einer Hand den Kopf des Kindes über Wasser hielt, befreite sie es mit der anderen von dem Netz. Dann hob sie Vivien so hoch, dass eine überglückliche Marie sie entgegennehmen konnte. Sofort kniete sie vor der Kleinen, um sie zu drücken und warm zu rubbeln. Als Barbara sich mit einem kräftigen Schwung auf den Steg zog, erntete sie einen seligen Blick von Marie. Erich kam auf sie zu und legte väterlich einen Arm um ihre Schulter. »Sie müssen auch zum Trocknen rein, Barbara. Ich darf doch Barbara sagen?«

»Klar. Ganz schön kalt das Wasser!« Als die beiden auf das Haus zugingen, folgte ihnen Elisabeth. Sie hatte den Blick gesenkt.

Vivien war gebadet und in einen warmen Pyjama gesteckt worden. Gott sei Dank schien sie den Unfall als Abenteuer erlebt zu haben, von zurückgebliebener Angst war nichts zu entdecken. Sie wollte noch nicht einmal schlafen, sondern erst ein Gutenachtlied von ihrem Urgroßvater hören. Barbara ließ Erich und Marie in Viviens kleiner Dachkammer zurück und begab sich zu Elisabeth in die Küche. Sie war nicht nachtragend und konnte sich gut vorstellen, welche Gefühle jetzt in der guten Frau Harsefeld miteinander rangen.

Elisabeth war dabei, Geschirr abzuwaschen, als Barbara hereinkam. Sie griff sich ein Handtuch und begann wie selbstverständlich, die Teller abzutrocknen. Elisabeth rang eine Weile mit sich und den richtigen Worten, doch dann hatte sie sie offensichtlich gefunden.

»Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen, ich habe mich scheußlich benommen. Und widersprechen Sie jetzt nicht. Scheußlich, ganz scheußlich, ich schäme mich.«

Barbara unterdrückte ein Lächeln. Sie hatte gar nicht die Absicht zu widersprechen. Sie ließ Elisabeth erzählen, von Martin Malek, von ihrer Enttäuschung, ihren Ängsten und ihrer Wut. Und davon, dass sie ihm bis heute nicht verzeihen konnte, was er ihr alles angetan hatte. Dass sie darum Barbara nur als Maleks Tochter sehen konnte, nicht als der Mensch, der sie war. Dann bot sie Barbara das Du an. Erst als sich die beiden umarmten, merkten sie, dass sie nicht mehr alleine in der Küche waren. Erich und Marie hatten sich zu ihnen gesellt. Er ließ es sich nicht nehmen, das Verhalten seiner Frau zu kommentieren: »Na, was is’ denn hier los, hast du deinen Sentimentalen, Lischi?«

Elisabeth versetzte ihm mit dem nassen Geschirrhandtuch einen nicht ganz ernst gemeinten Hieb. »Erich, du Jeck.«

Nach Elisabeth offerierte dann auch Erich Barbara das Du, was sie gern annahm.

Dafür bestand er aber auch auf einem »Tüscher«. Marie lachte, als Barbara sie ratlos anschaute.

»Tüscher, Barbara, Kuss … nun gib meinem Vater einen, sonst ist er für den Rest des Abends beleidigt.«

Und als alle um den Küchentisch herumsaßen, fügte sie hinzu, wohl wissend, dass die feine Ironie den Eltern entgehen würde: »Familienleben ist doch das Schönste, oder?«

Der Abschied von ihren Eltern fiel Marie schwer. Auf der Rückfahrt von Hitzacker hatte sie ein komisches Gefühl im Magen. Viviens Unfall und der Zwischenfall vom Morgen gingen ihr durch den Kopf »Iris hätte mich zu Schaden fahren können, es ist so … als wenn … ich weiß nicht, wie ein Zeichen, dass etwas passieren wird.«

Dafür war Barbara viel zu praktisch. »Unsinn, wir haben ein sportliches Wettrennen gemacht, Marie, es war ein Spaß, ein blöder, das geb ich zu. Ihr macht jetzt einen Bombenurlaub, du kommst supererholt zurück, und danach sieht die Welt ganz anders aus.« Marie blieb stur. »Iris und ich, das geht einfach nicht mehr in der Zusammenarbeit. Und dieser ganze Stress, diese Verantwortung, ich bin das nicht.« Dann holte sie tief Luft. »Am liebsten würde ich den Kasten verkaufen.«

Nachdem Ronaldo den gemeinsamen Squashtermin abgesagt hatte, war Christian noch ins Fitnesscenter des Hotels gegangen.

Entspannt, aber auch ein wenig hungrig befand er sich auf dem Heimweg, als er am »Fritz« vorbeikam. Wer weiß, wann Barbara nach Hause kommt, dachte er, zum Kochen war es dann sicherlich zu spät. Kurz entschlossen betrat er das Lokal, das sich im Laufe der Zeit für die gesamte Hotelbelegschaft zu einer Art Stammkneipe entwickelt hatte. Er war immer gerne hier. Aus den Lautsprechern klang unaufdringlich ein Burt-Bacharach-Song, und das Kerzenlicht zauberte einen weichen Schimmer auf die Gesichter der Gäste an den Tischen. Christian steuerte die Bar an, an der sich nur eine Frau befand, die etwas lustlos in ihrem Salat stocherte. Carl, der Barkeeper, kam zu ihm rüber.

»Abend, was darf ich Ihnen geben?«

»Ich nehme ein Wasser und äh …«, Christian zögerte, er sah sich suchend um, als könne ihm von einem der anderen Tische eine Anregung zufliegen. Die Frau an der Bar hatte sich umgedreht, als sie seine Stimme gehört hatte. Es war Iris. Ihre Augen leuchteten auf, als sie ihn sah. Christian setzte sich auf den Barhocker neben ihr und griff sich ein Blatt aus ihrem Salat. »Lecker, so was will ich auch.«

Iris winkte dem Barkeeper. »Carl, bringen Sie meinem älteren grauhaarigen Kollegen auch so einen Salat?«

»Und der jungen Frau neben mir ein Glas Wein, Rotwein vielleicht, eine Flasche Chateau Laroque, den habt ihr doch, oder?«, nahm Christian den Faden auf

Iris hob abwehrend die Hand. »Ich will abnehmen, hast du heute meinen Hosenanzug gesehen, wenn es so weitergeht …«

Christian ergriff ihre Hand und legte sie sanft auf die Bar zurück.

Er lächelte. »Du siehst gut aus, Darling, und du weißt das.«

Christian pickte sich einige Blätter von Iris’ Teller, während er auf seinen Salat wartete. Iris sah ihm zu.

»So wäre es gekommen, wenn wir damals zusammengeblieben wären. Wir hätten nach der Arbeit hier im ›Fritz‹ gesessen, Salat gegessen, Wein getrunken und …« Christian legte die Gabel ab. »Was wäre denn so schlimm daran?«

»Nichts.«

»Eben.«

Carl brachte den Salat. Als er sah, dass Christian den von Iris fast aufgegessen hatte, stellte er ihn kurzerhand vor Iris ab. Schien egal zu sein bei dem Paar.

»Bringst du Marie und Ronaldo morgen zum Flughafen?«

Christian schüttelte den Kopf »Irgendwie ist Ronaldo ein bisschen aus der Spur. Ich bin ganz froh, ehrlich gesagt, ihn vierzehn Tage los zu sein.«

Iris stöhnte auf »Frag mich mal. Ich verstehe ja, dass Marie überfordert ist. Dass die ganze Verantwortung und dieser Druck über ihre Kraft gehen. Aber mich nervt sie. Und sie ist unverschämt mir gegenüber. Tut so, als hätte ich sie heute Morgen absichtlich umgefahren … vielleicht suche ich mir was Neues.«

Da sie direkt nebeneinander wohnten, schlugen sie gemeinsam den Weg nach Hause ein. Es war so natürlich, neben Iris zu gehen, dass Christian sich wieder einmal fragte, warum sich Iris damals von ihm getrennt hatte. Er hatte immer gefunden, dass sie prima zusammengepasst hätten.

Als wäre sie seinen Gedanken gefolgt, fragte Iris ihn nach Barbara.

»Ich habe absolut keine Lust, mit dir über Barbara zu reden, Iris.«

Wortlos gingen sie ein paar Schritte nebeneinander, bis Christian es albern fand.

»Sie ist süß. Wir haben viel Spaß zusammen. Wir können gut miteinander lachen. Sie liebt mich.«

Aha, dachte Iris, aber liebst du sie auch? Plötzlich blieb Christian stehen und lächelte sie an. »Wer der Schnellste ist?«

»O nein«, Iris schüttelte gespielt empört ihr Haar, »nicht schon wieder, mir hat das heute Morgen schon gereicht.«

Aber Christian war schon losgerannt. Lauf du nur, dachte sie und lächelte in sich hinein, du wirst verlieren, Christian Dolbien.

Christian warf die Sporttasche in eine Flurecke und lehnte sich mit geschlossenen Augen gegen die Wohnungstür. Er hing dem Moment nach, als er vor der Haustür auf Iris gewartet hatte. Sie hatte sich in seine weit ausgebreiteten Arme geworfen, er hatte sie herumgewirbelt und sich fast vergessen, als er ihre vollen Lippen so dicht vor seinem Mund sah. Barbara, schon abgeschminkt und im Morgenmantel, erschien im Flur. Sie kam fröhlich auf ihn zu.

»Wo warst du? Aus mit anderen Frauen?«

»Ich wollte mit Ronaldo Squash spielen …«

Barbara wuschelte mit ihrer Hand liebevoll durch seine Haare. »Ach, hatte ich voll vergessen …«

»Er wohl auch. Ich war dann mit Iris was essen, im ›Fritz‹.«

Sie sahen sich an. Barbara zögerte kurz. Aber nein, dachte sie, ich liebe ihn, und zu Liebe gehört Vertrauen. Sie gab sich einen Ruck und fragte in ganz entspanntem Tonfall. »Ah, schön, was gab’s?«

Christian, dem ihr Zögern nicht entgangen war, drückte sie fest an sich. »Ich liebe dich, Babs, du bist mein Leben.«

Kapitel 2

Am nächsten Morgen in der Abflughalle des Flughafens verbrachten Marie und Ronaldo die letzten Minuten mit Entschuldigungen.

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