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Was tust du, wenn dir ausgerechnet in deiner neuen Heimat an der Ostsee deine große Liebe wieder begegnet? Kann das Schicksal sein? Schon seit vielen Jahren schlägt Claras Herz für Kian. Nie hat sie ihn vergessen können, auch wenn sie niemals wirklich zueinander gefunden haben. Als sie nach der Trennung von ihrem Freund in einer beschaulichen Kleinstadt an der Ostsee einen Neuanfang wagt, läuft ihr ausgerechnet Kian über den Weg, der in einer kleinen Bar als Stammmusiker engagiert ist. Was für ein Wink des Schicksals! Ist das die Chance, auf die Clara immer gewartet hat? Doch das Wiedersehen mit Kian stellt sich schon bald als ziemlich rätselhaft heraus und wirft Fragen auf, die Claras Glück schnell schmälern. Ist das hier wirklich ihre Chance auf die große Liebe oder nur ein seltsames Spiel, bei dem nichts so ist, wie es scheint? Kann sie Kian trauen? Und was hat Claras Ex-Freund mit alldem zu tun? Dieser Roman ist in sich abgeschlossen, enthält prickelnde Szenen und natürlich ein wohlverdientes Happy End.
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Inhaltsverzeichnis
Widmung
Über das Buch
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Epilog
Auszug "Inselsterne verglühen nicht"
Danksagung und Nachwort
Impressum
Nancy Salchow
Frühlingsliebe an der Ostsee
Liebesroman
»Du kannst vor der Liebe nicht davonlaufen. Sie ist schneller als du, schneller als dein Verstand.«Ich widme dieses Buch allen, die an zweite Chancen im Leben glauben. Nicht immer sind wir bereit für die Liebe, egal wie sehr die Liebe bereit wäre für uns.
Aber manchmal gibt es im Leben zweite Chancen.
Ich wünsche euch entspannte Lesestunden in »eurem« Fleesenow, das euch wieder einlädt, eine kleine Auszeit an der Ostsee zu nehmen …
Eure Nancy Salchow
Was tust du, wenn dir ausgerechnet in deiner neuen Heimat an der Ostsee deine große Liebe wieder begegnet? Kann das Schicksal sein?
Schon seit vielen Jahren schlägt Claras Herz für Kian. Nie hat sie ihn vergessen können, auch wenn sie niemals wirklich zueinander gefunden haben.
Als sie nach der Trennung von ihrem Freund in einer beschaulichen Kleinstadt an der Ostsee einen Neuanfang wagt, läuft ihr ausgerechnet Kian über den Weg, der in einer kleinen Bar als Stammmusiker engagiert ist. Was für ein Wink des Schicksals! Ist das die Chance, auf die Clara immer gewartet hat?
Doch das Wiedersehen mit Kian stellt sich schon bald als ziemlich rätselhaft heraus und wirft Fragen auf, die Claras Glück schnell schmälern. Ist das hier wirklich ihre Chance auf die große Liebe oder nur ein seltsames Spiel, bei dem nichts so ist, wie es scheint? Kann sie Kian trauen? Und was hat Claras Ex-Freund mit alldem zu tun?
Dieser Roman ist in sich abgeschlossen, enthält prickelnde Szenen und natürlich ein wohlverdientes Happy End.
Anmerkung:Fleesenow ist eine von der Autorin erfundene Kleinstadt an der Ostsee, die immer mal wieder in ihren Büchern vorkommt. Angesiedelt wäre Fleesenow, gäbe es den Ort wirklich, vermutlich irgendwo in der Nähe der Insel Poel oder Wismar, der Heimat der Autorin.
Kian
________________
Von einem Moment auf den anderen ist alles still. Die Wellen, der Wind – und mein Herz. Als hätte es sich genau das geholt, was es braucht, um endlich zur Ruhe zu kommen: Ihre Lippen auf meinen.
Sie liegt fest in meinem Arm und wehrt sich nicht gegen den Kuss. Ganz im Gegenteil, sie scheint dieselbe Sehnsucht zu teilen. Als wäre ihr ebenso klar wie mir, dass es früher oder später hierauf hinauslaufen musste. Sie schmeckt nach Erdbeeren und Freiheit. Eine Freiheit, die ich nicht näher definieren kann – aber das ist es, was dieser Kuss in mir weckt. Eine Ahnung davon, was es heißt, ohne Regeln, ohne Zwänge zu leben. Nur das tun, was das Herz sagt.
Es wirkt so, als hätte allein unser Kuss alles um uns herum in einen Stillstand versetzt. Kein Geräusch, nicht mal ein Windzug, stört diesen Moment. So, als gäbe es nur uns beide.
Ich ziehe sie fest an mich, als würde mich allein das in die Gegenwart zurückholen. Doch je intensiver ich sie spüre, desto weiter entferne ich mich aus dem Hier und Jetzt.
Das Meer küsst den feuchten Sand. Wieder und wieder, wie ein Spiegelbild von uns beiden. Wie ein nicht enden wollender Traum, der uns voll und ganz im Griff hat und nicht mehr freigeben will. Aber das Letzte, das ich möchte, ist, aus diesem Traum zu erwachen.
Möwen kreischen in der Ferne, Flügelschläge durchschlagen den milden Ostseewind. Alles scheint wie in Zeitlupe zu geschehen.
Doch wir beide stehen noch immer hier und geben uns unseren Gefühlen hin. Als wären wir eigentlich gar nicht hier. Wie eine Erinnerung an einen längst vergangenen Frühlingstag.
Ich spüre ihren heißen Atem an meinen Wangen, ihre Finger in meinen. Die Luft, die eben noch so frisch war, brennt jetzt auf meiner Haut.
Wie süß sie schmeckt. Wie warm sich ihre Lippen auf meinen anfühlen. Mir wird schwindelig mit jedem Atemzug, den ich mir abringe. Als würde das alles jemand anderem widerfahren, nur nicht mir. Nicht uns.
Was auch immer mich gerade noch beschäftigt hat, ist jetzt ganz weit weg.
Passiert das hier gerade wirklich?
Clara
________________
Die Landstraße schlängelt sich durch die Felder und Schafskoppeln, führt mich über eine kleine Brücke mit rot lackiertem Geländer und vorbei an Feldwegen, die geradewegs in Richtung Ostsee führen. Hier und da zeigt sich abseits der Straße ein glitzernder Streifen Wasser zwischen den Birken. Und über allem liegt eine salzige Meeresbrise, die sich durch das offene Autofenster schleicht.
Ich müsste traurig sein, weil ich männertechnisch wieder mal gescheitert bin. Ja, ich müsste bedauern, dass das mit Julian einfach nicht sein sollte und wir nach fast zwei Jahren einen Schlussstrich gezogen haben – oder besser gesagt ich den Schlussstrich gezogen habe. Doch ich empfinde weder Traurigkeit noch Bedauern, als ich das Ortseingangsschild von Fleesenow hinter mir lasse. Alles, was ich spüre, ist ein wohlig warmes Vertrauen darauf, dass alles gut gehen wird.
Dass ich das Häuschen in dieser kleinen Stadt an der Ostsee einfach so gemietet habe, ohne es vorher live und in Farbe gesehen zu haben, passt eigentlich so gar nicht zu mir. Aber die Sehnsucht, Lüneburg hinter mir zu lassen und damit alle Erinnerungen an die Fehler meines Lebens, war einfach zu groß. Und dass mir zwischen all den Immobilien-Links ausgerechnet dieses wunderschöne Reetdach-Schmuckstück auf die Füße gefallen ist, kann einfach kein Zufall sein. Alles hier schreit danach, mein künftiges Zuhause zu werden: Die rotweiß gestreiften Markisen an den niedlichen Geschäften, die die Hauptstraße säumen. Die kleine Fahne an der örtlichen Eisdiele mit den drei bunten Kugeln darauf. Der Souvenirshop, den ich etwas abseits an einem der Kieselwege sehen kann, die runter zum Strand führen. Blühende Apfel- und Magnolienbäume, die im Augenwinkel an mir vorbeiziehen.
Ich fahre im Schritttempo durch das kleine Örtchen, um kein Detail zu verpassen, sage mir aber im selben Atemzug, dass ich sicher noch mehr als genug Zeit haben werde, mir alles ganz genau anzuschauen. Immerhin wird Fleesenow von jetzt an mein Zuhause sein.
Zuhause. Was für ein schönes Wort. Und doch kommt es mir irgendwie fremd vor. Seitdem sich meine Eltern vor drei Jahren haben scheiden lassen und ihr Haus verkauft haben, das Haus, in dem ich aufgewachsen bin, fühle ich mich ein wenig verloren. Als wäre mit ihrem Umzug auch ein Stück meiner Heimat abhandengekommen.
Ist das albern?
Vielleicht. Oder hat meine Heimat bereits ein kleines bisschen aufgehört, meine Heimat zu sein, als mein Bruder Yannik vor vier Jahren nach Hamburg gezogen ist?
Doch all diese Gedanken schiebe ich weg, je mehr ich mich dem Dünenweg nähere. Dünenweg Nummer 3, um ganz genau zu sein.
In dreihundert Metern rechts abbiegen«, erklärt mir mein Handy, das vor mir in der Halterung meines Autos hängt.
Dreihundert Meter, die mich von meiner Zukunft trennen. Dreihundert Meter, in denen sich ein gewisses Bauchkribbeln in mir ausbreitet. Wie wird es mir hier ergehen? Werde ich schnell Anschluss finden? Oder genieße ich einfach eine Weile das Alleinsein, indem ich mehr oder weniger mein eigenes Ding durchziehe? Immerhin habe ich als Autorin die Möglichkeit, von überall aus zu arbeiten – und endlich nutze ich diesen Umstand aus, um meine Bücher künftig an der schönen Ostsee zu schreiben.
Da ist es endlich, das kleine weiße Reetdachhäuschen mit dem blauen Gartenzaun davor, hinter dem die weißen Köpfe unzähliger Margeriten hervorragen. »Das Tor steht offen«, hatte mir die Vermieterin Frau Glaser am Telefon gesagt. Und sie hat recht: Das Tor zur Einfahrt steht offen und ist gerade breit genug für meinen Wagen, den ich schließlich auf dem Rasen neben dem Haus zum Stehen bringe.
Aus dem Instinkt heraus, so schnell wie möglich das neue Heim zu begutachten, steige ich sofort aus. Es wirkt so, als würde mich eine ganze Schar aufgeregt zwitschernder Vögel höchstpersönlich begrüßen. Vom prächtig blühenden Apfelbaum neben dem Haus, vom Vorgarten hinter dem Gartenzaun – sie scheinen von überall her nach mir zu rufen.
»Oh, Sie sind ja schon da!«, höre ich eine Frauenstimme rufen. Erst im zweiten Moment sehe ich, woher sie kommt. Eine ältere Dame mit modernem Kurzhaarschnitt und gelbem Kleid kommt aus der Hintertür zu meinem Wagen. Das muss Frau Glaser sein.
»Ja, ich bin gut durchgekommen«, rufe ich zurück und gehe lächelnd auf sie zu.
»Ach, kommen Sie, Kind.« Sie nimmt mich wie selbstverständlich in den Arm. »Hören wir am besten gleich mit dem blöden Gesieze auf. Hier in Fleesenow duzt man sich. Ich bin Gerda.«
»Ähm, ich bin Clara«, antworte ich, während ich versuche, mich so gelassen wie möglich zu geben.
»Dann herzlich willkommen in deinem neuen Zuhause, liebe Clara.« Gerda löst sich wieder von mir. »Ich bin so froh, dass ich mein Schmuckstück in liebevolle Hände abgeben kann. Zu wissen, dass du von nun an hier wohnen wirst, bedeutet mir viel. Eine junge Frau, die in der Blüte ihres Lebens steht. Das tröstet mich ein bisschen über den Abschied hinweg.«
»Abschied?«
»Na ja, für mich allein wurde das mit dem Haus auf Dauer einfach zu viel. Ich werde dieses Jahr 70 und möchte kürzertreten. Ich habe jetzt eine niedliche kleine Wohnung im Haus meines Sohnes, da kann ich auch viel besser für meine Enkelkinder da sein.«
»Verstehe. Bleiben Sie … ähm … ich meine, bleibst du denn hier im Ort?«
»Aber sicher«, winkt sie ab. »Keine zehn Pferde würden mich jemals aus Fleesenow wegbekommen.«
Ich lächele, weil mir keine passende Antwort einfällt.
»So.« Sie nimmt mich bei der Hand. »Und jetzt zeige ich dir erst mal alles.«
Die Vertrautheit, mit der sie mich begrüßt, ist verwirrend und angenehm zugleich, weil sie mir damit sofort alle Hemmungen nimmt. So, als wäre ich bereits nach wenigen Sekunden als neue Einwohnerin integriert, ohne irgendetwas dafür getan zu haben.
»Die vordere Haustür nutze ich eigentlich nur für den Postboten«, lacht sie, während wir das Haus durch den Hintereingang betreten. »Mein Besuch kommt generell durch die Hintertür. Wird bei dir sicher genauso sein, wenn du erst mal die ersten Freundschaften geschlossen hast. Und wer hier wohnt, schließt automatisch Freundschaften. Altes Fleesenower Gesetz.«
Ich folge ihr schweigend, während ich darüber nachdenke, ob ich wirklich so schnell Bekanntschaften, geschweige denn Freundschaften schließen werde. Eigentlich steht mir gerade viel mehr der Sinn nach Ruhe und Abgeschiedenheit, um die neuen Reize ganz ungefiltert auf mich einwirken zu lassen.
Wir sind sofort in der hübschen, lichtdurchfluteten Küche mit den schneeweißen Möbeln im Landhausstil. Von Fotos kenne ich diesen Raum bereits, doch jetzt, wo ich leibhaftig darin stehe, muss ich erst einmal schlucken.
Auf dem runden weißen Holztisch steht eine blaue Keramikvase mit Margeriten darin. Die vier umstehenden Stühle passen mit ihren blauen Sitzpolstern perfekt dazu. Ebenso wie die blauen Töpfe und Kellen an dem Hängeregal neben dem Herd.
»Oh mein Gott«, seufze ich lächelnd, »das alles ist so wunderschön. Aber … brauchst du die Töpfe und das alles nicht selbst?«
»Nein nein«, winkt sie ab. »Ich habe mehr als genug in der neuen Wohnung. Das, was du hier siehst, sind nur die Reste meiner Sachen. Aber dass ich das Haus möbliert vermiete, wusstest du doch.« Sie legt die Hand an meinen Unterarm. »Oder?«
»Ähm, ja, stimmt. Das wusste ich.« Ich räuspere mich. »Aber wenn ich das alles live und in Farbe sehe, ist es einfach noch überwältigender.«
»Doch wohl hoffentlich im positiven Sinne?« Gerda lacht.
»Natürlich.« Ich berühre eine der Margeriten mit der Fingerspitze. »Es rührt mich einfach, wie liebevoll alles hergerichtet ist. Die Blumen, die Einrichtung.«
»Und dabei hast du erst ein Zimmer gesehen«, winkt Gerda ab. »Komm, ich zeige dir das Wohnzimmer.«
An der Treppe vorbei gehen wir ins nächste Zimmer, wo ein cremefarbenes Leinensofa mit blauen Kissen sofort meinen Blick einnimmt. Auch dieses Schmuckstück kenne ich bereits von Bildern, und doch wirkt alles viel intensiver, jetzt, wo ich hier bin.
»Ach, wie schön.« Ich lege die Hand auf meine Brust. »Ich glaube, hier werde ich mich ganz besonders wohlfühlen.«
»Den Fernseher musst du dir erst besorgen«, seufzt Gerda. »Aber das hatte ich dir ja schon am Telefon gesagt.«
»Natürlich muss ich das. Dass du mir sogar den zur Verfügung stellst, wäre wohl ein bisschen viel verlangt.« Ich lache. »Außerdem komme ich wohl sowieso so schnell nicht dazu, irgendwelche Serien zu schauen. Ich habe viel zu tun, muss dringend an meinem aktuellen Manuskript weiterarbeiten. Die Umzugsvorbereitungen haben dann doch mehr Zeit geschluckt, als ich dachte.«
»Ach ja, das Manuskript.« Gerda wirkt beeindruckt. »Wir haben ja jetzt eine echte Schriftstellerin im Ort. Das ist so zauberhaft. Sicherlich wird sich auch mal so etwas wie eine Lesung ergeben, oder? Vielleicht direkt an der Strandpromenade oder so.«
»Ähm«, ich ringe mir ein Lächeln ab, »darüber habe ich ehrlich gesagt noch gar nicht nachgedacht. Meinen Sie … ich meine … meinst du, dass da überhaupt Interesse bestünde? Also, in der Bevölkerung?«
»Aber sicher doch.« Sie tätschelt meine Hand. »Wir bekommen es hier nicht so oft mit Autoren zu tun. So etwas ist einfach sehr aufregend für alle.« Sie verlässt das Wohnzimmer wieder und geht zur Treppe. »Außerdem schreibst du wirklich ganz ausgezeichnet, Liebes. Geradezu malerisch.«
Während ich ihr nach oben folge, hallen ihre Worte noch eine Weile nach.
»Du hast etwas von mir gelesen?«, frage ich verwirrt.
»Oh, na, sicher habe ich das.« Oben angekommen dreht sie sich zu mir um und greift nach meinen Händen. »Und wenn ich ehrlich sein soll, hat das auch den entscheidenden Ausschlag gegeben, das Haus an dich zu vermieten und nicht an diesen hochnäsigen Geschäftsmann, der es ursprünglich haben wollte. Als ich ‚Inselsterne verglühen nicht‘ gelesen habe, wusste ich einfach, dass du die Richtige für mein Haus bist.«
Insgeheim muss ich grinsen, weil mir tatsächlich eines meiner Bücher dabei geholfen hat, den Mietvertrag zu bekommen. Aber es erfüllt mich gewissermaßen auch mit Stolz.
»So, dann komm mal mit.« Gerda macht eine flüchtige Handbewegung. »Das Wichtigste kommt nämlich erst hier oben.« Sie geht einen Schritt bis zur offenen Tür des ersten Zimmers und nickt ins Rauminnere. »Darf ich vorstellen?
Zögerlich setze ich einen Fuß in das Zimmer. Als erstes fällt mir das breite Holzbett auf, das sogar frisch bezogen ist.
»Du hast sogar das Bett bezogen?«, frage ich erstaunt. »Aber das hier ist kein Hotel. Das wäre doch nun wirklich nicht nötig gewesen.«
»Ja, ich weiß. Die Bezüge sind nicht gerade die modernsten, aber ich wollte eben, dass du dich an deinem ersten Tag nicht mit solchen Dingen herumplagen musst.«
»Die Bezüge sind toll. Ich liebe die kleinen Gänseblümchen darauf.« Ich lächele gerührt. »Und all die Mühe, obwohl du mich gar nicht kennst.«
»Ich wollte es eben so.« Wieder tätschelt sie meine Schulter auf diese ganz spezielle mütterliche Weise. »Außerdem hat es mir auch viel Freude gemacht, alles für dich vorzubereiten.«
»Ich weiß noch immer nicht so recht, was ich sagen soll.« Ich gehe am breiten Kleiderschrank vorbei zum Fenster. Von hier aus kann man direkt zum Meer schauen. Ein unverstellter Blick über Apfel- und Kirschbäume hinweg, bei dem mir ganz warm ums Herz wird.
Aus einem Instinkt heraus, den ich selbst nicht so ganz durchschaue, schiebe ich die himmelblauen Vorhänge zur Seite und öffne das Fenster. Meine Augen fallen wie von selbst zu, während ich einen tiefen Atemzug nehme. Die intensive Meeresbrise wird zum Teil von mir und hüllt mich regelrecht mit Leben aus. In diesen wenigen Sekunden fühle ich mich zum ersten Mal seit Langem wieder so richtig lebendig.
»Tolle Aussicht, oder?«, höre ich Gerda hinter mir sagen.
»Ein Traum.« Ich öffne die Augen wieder und stütze mich mit den Händen auf den Fensterrahmen. »Ich hatte ja schon vorher ein bisschen über Fleesenow recherchiert, aber wenn man dann persönlich vor Ort ist, ist es doch noch mal etwas anderes. Ich kann es kaum erwarten, hier an meinem Buch zu arbeiten. Dieses Haus, der ganze Ort, sind voller Inspirationen.«
In diesem Augenblick perfekter Idylle vibriert es plötzlich in meiner Hosentasche.
»Oh, das ist meins.« Lachend nehme ich das Handy heraus und sehe Kristens Namen auf dem Display. »Hey Kristy, ist es dringend?«
»Was ist denn das für eine Frage?«, lacht sie am anderen Ende. »Klingt ja so, als wärst du gerade in einem Business-Meeting.«
»Na ja, so ähnlich«, antworte ich. »Ich bin gerade mit der Vermieterin im Haus und schaue mir alles an. Kann ich dich später zurückrufen?«
»Oh, dann ist meine Frage ja schon beantwortet«, jubelt sie. »Du bist heil angekommen. Ach, wie schön. Es ist alles so aufregend. Und Julian ärgert sich gerade den Arsch ab, weil er nicht weiß, wo du bist und …«
»Moment mal … Julian? Du hast mit ihm gesprochen?«
»Ach, er schickt mir ständig Nachrichten und fragt, ob ich weiß, wo du jetzt wohnst. Ich glaube, er denkt, dass ich dich unter meinem Bett verstecke.« Sie kichert mädchenhaft. »Wenn der wüsste, wie weit er von der Wahrheit entfernt ist.«
»Ähm, wie auch immer. Wir reden später weiter, ja?«
Ohne eine Antwort abzuwarten, lege ich auf, weil ich genau weiß, dass man Kristy anders nicht zum Schweigen bringt. Und in Gerdas Gegenwart ewig am Telefon zu hängen, wäre einfach unhöflich.
»Tut mir leid.« Mit entschuldigendem Lächeln schiebe ich das Handy zurück in die Hosentasche. »Ich glaube, meine Freundin ist aufgeregter wegen meines Umzugs als ich. Sie kann es kaum erwarten, mich hier zu besuchen.«
»Das kann ich gut verstehen.« Gerda bewegt sich in Richtung Tür. »Leider habe ich jetzt keine Zeit mehr, dir alles zu zeigen. Ich muss gleich zu meinem Töpferkurs. Aber wenn du magst, komme ich später noch mal vorbei.«
»Ach, das ist wirklich nicht nötig«, winke ich ab. »Ich finde mich schon zurecht. Vielen Dank.«
Gerda nickt mir freundlich zu, doch ich kann förmlich sehen, wie die Gedanken hinter ihrer Stirn rotieren. Ob sie auch eine von denen ist, die sich ganz bestimmte Fragen stellen? Fragen wie: Was macht eine 31jährige Frau denn ganz allein hier? Hat sie keinen Mann? Möchte sie denn keine Kinder? Ist ihr der Beruf, die eigene Karriere, etwa wichtiger als die Familie?
Wie oft musste ich mir ähnliche Kommentare schon von Verwandten oder Bekannten anhören, als sie erfahren haben, dass ich ganz allein ans Meer ziehe? Und wie oft musste ich mich zusammenreißen, um nicht ausfallend zu werden? Aber warum genau habe ich es mir eigentlich nicht erlaubt, ausfallend zu werden?
»Ich bringe dich noch runter«, schlage ich vor. Ein beiläufiger Kommentar, bei dem mich sofort ein warmes Gefühl durchströmt.
Ich bringe dich noch runter. Das klingt so, als wäre ich schon wirklich zu Hause hier und Gerda ein ganz normaler Gast, den ich zur Tür begleite.
»Dieser Julian«, sagt sie, als wir das Erdgeschoss erreichen, »ist er der Grund, warum du einen Neuanfang wagst?«
Im ersten Moment irritiert mich ihre Frage. Wie kommt sie darauf? Immerhin habe ich eben am Telefon lediglich einmal seinen Namen erwähnt. Oder hat sie auch gehört, was Kristy gesagt hat?
Während ich noch darüber nachdenke, was ich ihr antworte, fährt sie sich selbst mit der Hand über den Mund.
»Oh je«, seufzt sie. »Tut mir leid, dass ich schon wieder so neugierig bin. Eine meiner größten Schwächen. Aber wenn so eine hübsche junge Frau allein hier einzieht, fragt man sich natürlich …«
»… ob sie keinen Mann abbekommen hat«, fahre ich mit hochgezogenen Augenbrauen fort, grinse aber dennoch. Gerda ist jemand, dem man nicht wirklich böse sein kann.
»Um Himmelswillen, nein. Du wärst nun wirklich die Letzte, bei der ich glauben würde, dass sie keinen Mann abkriegt.« Ihre Wangen bekommen einen rosigen Hauch. »Man macht sich halt so seine Gedanken. Aber das steht mir natürlich nicht zu.« Sie geht durch die Seitentür in der Küche, um zur vorderen Haustür zu gelangen. Ich folge ihr in die kleine Veranda, deren einzige Möbel ein kleiner Schuhschrank mit Spiegel und eine Rattanbank unter dem Fenster sind.
»Schon okay«, sage ich schließlich, als Gerda sich selbst die Tür öffnet. »Es ist ja kein Geheimnis: Julian und ich haben uns vor kurzem getrennt. Und ja, er ist einer der Gründe für meinen Neuanfang, aber nicht der einzige. Die Zeit war einfach reif dafür, sich endlich einmal langgehegte Träume zu erfüllen. Ich wollte eben schon immer am Meer leben. Und irgendwann kam dann der Tag, an dem ich mich gefragt habe: Wann, wenn nicht jetzt?« Ich halte einen Moment inne, die Hand noch auf der Türklinke liegend. »Ich habe diese Pläne vom eigenen Haus am Meer immer davon abhängig gemacht, den richtigen Mann zu finden, eine Familie zu gründen – das ganze Paket eben. Aber dann wurde mir klar: Ich muss nicht warten. Ich kann mir zumindest einen Teil des Traums jetzt schon erfüllen. Auch wenn es nicht mein eigenes Haus ist, fühlt es sich trotzdem so an, als hätte ich endlich Nägel mit Köpfen gemacht.«
»Ach, Liebes«, Gerda legt die Hand auf den Brustkorb, »das hast du wirklich wundervoll gesagt. Ich habe eine Gänsehaut. Und du hast völlig recht«, sie nimmt schon wieder meine Hände, »wir brauchen keine Männer, um uns unsere Träume zu erfüllen. Meinen Mann, die treuloseste Gestalt, die auf Mutter Erde umherwandelt, habe ich schon vor vielen Jahren vor die Tür gesetzt. Und habe ich seitdem etwas vermisst? Nicht eine Sekunde.«
In ihren Augen kann ich sehen, dass sie die Wahrheit sagt. Ja, sie scheint es tatsächlich so zu empfinden. Aber deswegen gleich der ganzen Männerwelt abschwören? Nein, so weit bin ich nicht. Und wenn, dann nur für ein Weilchen. Ja – »ein Weilchen« klingt gut. Hier und jetzt sollte es nur um mich gehen. Um mich, meine Arbeit und meine neue Heimat.
»Ich weiß gar nicht, wie ich dir für alles danken soll«, verabschiede ich mich lächelnd.
»Du dankst mir doch monatlich mit deiner Überweisung für die Miete«, winkt sie lachend ab.
»Ja, das schon, aber …«
»Nichts aber«, sie zwinkert mir zu, »das größte Geschenk für mich ist die Gewissheit, dass mein Haus in guten Händen ist. Und wenn ich dich vielleicht ab und zu besuchen darf, dann …«
»Aber sicher.«
»Keine Sorge, ich werde dir nicht täglich auf die Nerven gehen.«
Bevor ich darauf etwas sagen kann, entfernt sie sich in Richtung Gartentor. Als sie es durchquert und wieder hinter sich schließt, winkt sie mir noch einmal zu und wirkt dabei fast ein wenig wehmütig. Kann man es ihr verdenken? Mir wäre sicher auch schwer ums Herz, wenn ich dieses wunderschöne Haus verlassen müsste.
»Bis bald«, rufe ich ihr hinterher.
Als ich zurück ins Haus gehe, wird mir bewusst, dass sie mir gar keinen Schlüssel gegeben hat. Doch als ich in die Küche komme, sehe ich mehrere Schlüssel nebeneinander platziert auf der Anrichte – darüber jeweils ein Zettel mit Wörtern wie »Haustür« oder »Hintertür« liegend.
Instinktiv greife ich nach einem der Schlüssel und betrachte ihn wie ein Symbol für mein neues Leben. Und ja, vermutlich ist er das sogar. Ein Symbol für meinen Neuanfang in diesem kleinen Städtchen am Meer.
Rückblende
Acht Jahre zuvor
Clara
________________
17. August 2016
Ich war heute in Hamburg, um Kian und seine Band zu sehen. Eigentlich hatte ich mir geschworen, zu keinem Konzert mehr zu fahren. Seine Nähe tut mir einfach nicht gut – oder besser gesagt: Die Auswirkungen seiner Nähe tun mir nicht gut, sobald ich wieder zu Hause bin und allein mit meiner Sehnsucht und meinen Gefühlen im Bett liege.
So kann es nicht weitergehen. Ich darf mich nicht länger an ihn verschwenden, wenn ich doch weiß, dass ich ebenso gut unsichtbar sein könnte.
Er sieht mich einfach nicht – zumindest nicht auf die Weise, wie ich ihn sehe. Das zeigt sich bei so vielen Gelegenheiten. Ich wollte es nicht wahrhaben, habe dagegen angekämpft, aber jetzt … jetzt ist etwas passiert, das mir endlich die Augen geöffnet hat.
Früher haben wir uns nach seinen Shows fast immer unterhalten. Er kam noch an die Bar oder so … einige seiner Leute kenne ich ja inzwischen und es war schon selbstverständlich geworden, dass er immer auch zu mir kommt, wenn er mich sieht. Die ganze Zeit über habe ich mir eingeredet, dass er mich anders ansieht als die anderen Leute – vor allem auch als die anderen Frauen. Ja, ich war mir sicher, da ist etwas zwischen uns. Ich konnte es förmlich knistern hören, das Feuer zwischen ihm und mir. Aber er hat nie den Versuch unternommen, mir näherzukommen. Kein einziges Mal.
Ich habe mir eingeredet, dass er – auf seine Weise – zu schüchtern war.