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Autoritäre Führung war gestern. Heute brauchen Organisationen "gestandene" Menschen in leitenden Positionen. Um Ihre Führungsrolle effizient gestalten zu können, müssen sie eine neue Form der Autorität finden. In Zeiten von schnell wechselnden Bedingungen, komplexen Zusammenhängen und unberechenbaren Entwicklungen gilt das umso mehr. Wilhelm Geisbauer ermutigt zu einem neuen Verständnis von Autorität, aus dem konstruktives Führungshandeln organisch entspringt. Auf der Basis des Konzepts von Haim Omer stellt er die tragenden Säulen der Neuen Autorität vor: Präsenz, Transparenz, Beharrlichkeit, Entschiedenheit, Selbstführung, Deeskalation, Vernetzung. Mit Hilfe eines persönlichen Leitfadens kann der Leser den eigenen Entwicklungsprozess hin zu Neuer Autorität strukturieren und vertiefen. Aus der so gewonnenen Klarheit und Stabilität ergeben sich für Führungskräfte alternative Handlungsweisen, die auch die Mitarbeiter überzeugen. Kurz: "Neue Autorität" ist das Führungskonzept der Zukunft in Unternehmen, Non-Profit-Organisationen und in Teams.
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Seitenzahl: 180
Die Reihe »Beratung, Coaching, Supervision«
Die Bücher der petrolfarbenen Reihe Beratung, Coaching, Supervision haben etwas gemeinsam: Sie beschreiben das weite Feld des »Counselling«. Sie fokussieren zwar unterschiedliche Kontexte – lebensweltliche wie arbeitsweltliche –, deren Trennung uns aber z. B. bei dem Begriff »Work-Life-Balance« schon irritieren muss. Es gibt gemeinsame Haltungen, Prinzipien und Grundlagen, Theorien und Modelle, ähnliche Interventionen und Methoden – und eben unterschiedliche Kontexte, Aufträge und Ziele. Der Sinn dieser Reihe besteht darin, innovative bis irritierende Schriften zu veröffentlichen: neue oder vertiefende Modelle von – teils internationalen – erfahrenen Autoren, aber auch von Erstautoren.
In den Kontexten von Beratung, Coaching und auch Supervision hat sich der systemische Ansatz inzwischen durchgesetzt. Drei Viertel der Weiterbildungen haben eine systemische Orientierung. Zum Dogma darf der Ansatz nicht werden. Die Reihe verfolgt deshalb eine systemisch-integrative Profilierung von Beratung, Coaching und Supervision: Humanistische Grundhaltungen (z. B. eine klare Werte-, Gefühls- und Beziehungsorientierung), analytisch-tiefenpsychologisches Verstehen (das z. B. der Bedeutung unserer Kindheit sowie der Bewusstheit von Übertragungen und Gegenübertragungen im Hier und Jetzt Rechnung trägt) wie auch die »dritte Welle« des verhaltenstherapeutischen Konzeptes (mit Stichworten wie Achtsamkeit, Akzeptanz, Metakognition und Schemata) sollen in den systemischen Ansatz integriert werden.
Wenn Counselling in der Gesellschaft etabliert werden soll, bedarf es dreierlei: der Emanzipierung von Therapie(-Schulen), der Beschreibung von konkreten Kompetenzen der Profession und der Erarbeitung von Qualitätsstandards. Psychosoziale Beratung muss in das Gesundheits- und Bildungssystem integriert werden. Vom Arbeitgeber finanziertes Coaching muss ebenso wie Team- und Fallsupervisionen zum Arbeitnehmerrecht werden (wie Urlaub und Krankengeld). Das ist die Vision – und die politische Seite dieser Reihe.
Wie Counselling die Zufriedenheit vergrößern kann, das steht in diesen Büchern; das heißt, die Bücher werden praxistauglich und praxisrelevant sein. Im Sinne der systemischen Grundhaltung des Nicht-Wissens bzw. des Nicht-Besserwissens sind sie nur zum Teil »Beratungsratgeber«. Sie sind hilfreich für die Selbstreflexion, und sie helfen Beratern, Coachs und Supervisoren dabei, hilfreich zu sein. Und nicht zuletzt laden sie alle Counsellors zum Dialog und zum Experimentieren ein.
Dr. Dirk RohrHerausgeber der Reihe »Beratung, Coaching, Supervision«
Wilhelm Geisbauer
Stärke entwickelnfür sich und das Team
Zweite Auflage, 2021
Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats des Carl-Auer Verlags:
Prof. Dr. Rolf Arnold (Kaiserslautern)
Prof. Dr. Dirk Baecker (Witten/Herdecke)
Prof. Dr. Ulrich Clement (Heidelberg)
Prof. Dr. Jörg Fengler (Köln)
Dr. Barbara Heitger (Wien)
Prof. Dr. Johannes Herwig-Lempp (Merseburg)
Prof. Dr. Bruno Hildenbrand (Jena)
Prof. Dr. Karl L. Holtz (Heidelberg)
Prof. Dr. Heiko Kleve (Witten/Herdecke)
Dr. Roswita Königswieser (Wien)
Prof. Dr. Jürgen Kriz (Osnabrück)
Prof. Dr. Friedebert Kröger (Heidelberg)
Tom Levold (Köln)
Dr. Kurt Ludewig (Münster)
Dr. Burkhard Peter (München)
Prof. Dr. Bernhard Pörksen (Tübingen)
Prof. Dr. Kersten Reich (Köln)
Dr. Rüdiger Retzlaff (Heidelberg)
Prof. Dr. Wolf Ritscher (Esslingen)
Dr. Wilhelm Rotthaus (Bergheim bei Köln)
Prof. Dr. Arist von Schlippe (Witten/Herdecke)
Dr. Gunther Schmidt (Heidelberg)
Prof. Dr. Siegfried J. Schmidt (Münster)
Jakob R. Schneider (München)
Prof. Dr. Jochen Schweitzer (Heidelberg)
Prof. Dr. Fritz B. Simon (Berlin)
Dr. Therese Steiner (Embrach)
Prof. Dr. Dr. Helm Stierlin (Heidelberg)
Karsten Trebesch (Berlin)
Bernhard Trenkle (Rottweil)
Prof. Dr. Sigrid Tschöpe-Scheffler (Köln)
Prof. Dr. Reinhard Voß (Koblenz)
Dr. Gunthard Weber (Wiesloch)
Prof. Dr. Rudolf Wimmer (Wien)
Prof. Dr. Michael Wirsching (Freiburg)
Prof. Dr. Jan V. Wirth (Meerbusch)
Themenreihe: »Beratung, Coaching, Supervision«
hrsg. von Dirk Rohr
Reihengestaltung: Uwe Göbel
Satz: Drißner-Design u. DTP, Meßstetten
Printed in Germany
Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck
Zweite Auflage, 2021
ISBN 978-3-8497-0219-9 (Printausgabe)
ISBN 978-3-8497-8116-3 (ePUB)
© 2018, 2021 Carl-Auer-Systeme Verlag
und Verlagsbuchhandlung GmbH, Heidelberg
Alle Rechte vorbehalten
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Geleitwort
Vorwort
1Einleitung
Überblick
2Neue Autorität: Stärke statt Macht
2.1Führungsstile – ideologischer Dampf?
2.2Funktionen von Führung
2.3Harte Faktoren – weiche Faktoren
3Konzept der Neuen Autorität
3.1Grundlagen der Neuen Autorität
3.2Elemente der Neuen Autorität
Präsenz vs. Distanz (Beziehung)
Transparenz vs. Abschottung (Information)
Beharrlichkeit vs. Dringlichkeit (Zeitverständnis)
Entschiedenheit vs. Dominanz (Grenzen)
Selbstführung vs. Kontrolle (Reflexion)
Deeskalation vs. Eskalation (Wiedergutmachung)
Vernetzung vs. Hierarchie (Koalition)
Exkurs: Platonische Grundtugenden
4Entwicklungsfelder für Neue Autorität
4.1Lösungsorientierte Führungskommunikation
Über Probleme reden – ein Modell
Ziele vor Maßnahmen
Brücke in die Zukunft
Zuträgliche Information
Zwölf Spielregeln für den Alltag
Führen durch Fragen
Gewaltfreie Kommunikation
Konfliktklärung
Exkurs: Vergeben
4.2Systemdenken
Menschen lassen sich nicht steuern
Ein System organisiert sich selbst
Ordnung
Prinzipien in sozialen Systemen
Ökologie und Beziehungsdynamik
Zusammenfassung
Exkurs: Rangdynamisches Positionsmodell
4.3Reflexion
Führung als »Hexenkunst«
Coaching oder Supervision?
Der »passende« Coach
5Rückenstärkung für die Neue Autorität
5.1Gewaltfrei: Gewaltfreier Widerstand statt destruktive Auseinandersetzung/Intervention (destructive struggle)
Destruktive und konstruktive Intervention
Schlussfolgerungen für Führungskräfte
5.2Dialogbereit: Der offene Dialog (open dialogue)
5.3Lösungsfokussiert: Führen mit dem Lösungsfokus
Problemgespräche vs. Lösungsgespräche
Wünsche-Meetings
5.4Planvoll: Von der strategischen Planung zur evolutionären Planung
5.5Empathisch: Empathie und Achtsamkeit für einen fruchtbringenden Austausch
6Neue Autorität und Gesundheit
Krank vs. gesund
Salutogenese-Modell
Systemstörung und Burn-out-Syndrom
Exkurs: Mobbing
7Vorsicht – Falle!
Falle: Ohr an die Basis legen
Falle: Unordnung im System erzeugen
Falle: Intransparenz begünstigen
Falle: Ausschließlich Vieraugengespräche praktizieren
Falle: Change-Prozess per Dekret verordnen
Anleitung: Wie man sein Team »ruiniert« – eine paradoxe Anleitung
8Beratung, die stärkt
State of the Art
Wirkung
Exkurs: Die Beraterperspektive – Contracting kompakt
9Führungskraft als Coach – geht das?
10Leitfaden zur Neuen Autorität
Systembeschreibung
Selbsteinschätzung
Zukunftsentwurf
Leitfaden
Schritt 1: Zeitreise
Schritt 2: Das Ziel
Schritt 3: Suchen Sie sich Helfer!
Schritt 4: Der Nutzen aus dem Erreichen des Ziels
Schritt 5: Bisherige Fortschritte
Schritt 6: Der Plan
Schritt 7: Schwierigkeiten
Schritt 8: Zuversicht
Schritt 9: Versprechen
Schritt 10: Rückschläge
Schritt 11: Fortschrittstagebuch
Schritt 12: Erfolg feiern
Weitere Schritte: Reflexion
11Ausblick
Digitalisierung
Von drohender Entfremdung zu Resonanz
Schlussbemerkungen
12Anhang
12.1 Burnout-Inventory (MBI; C. Maslach)
Wahrnehmung der Organisation und ihrer Auswirkung
Die persönliche Lage
12.2 System-Beschreibung (MSB; H. Merl)
Systemische Verhältnisse
Persönliche und systemische Ökologie
12.3 Zukunftsentwurf (BZE, I. K. Berg)
12.4 Reteaming
Fähigkeiten, Stärken, Fundamente
Probleme in Ziele verwandeln
Ziel auswählen
Welchen Gewinn man erwarten kann
Das Traum-Team
Erste Überlegungen, welche Schritte man setzen kann
Schritte der Veränderung
Die Möglichkeitswaage
Die Team-Ressourcen überblicken
Äußere Ressourcen
Vorrat an früheren Erfolgen
Neueste positive Entwicklungen
Die Beitragsphase vorbereiten
Feedbackrunde
Persönliche Aufzeichnungen
Erfolg feiern
Abschluss
Nachwort von Harry Merl
Danksagung
Feedback
Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen
Literatur
Über den Autor
Der Ansatz der Neuen Autorität nach Haim Omer und die damit verbundenen Haltungen und Gedanken beschäftigen uns seit vielen Jahren in den Weiterbildungsinhalten unseres Instituts, in der beraterischen Arbeit, ganz persönlich als Eltern und nicht zuletzt als Menschen überhaupt. Sie haben unser Denken und Handeln nachhaltig beeinflusst und regen uns immer wieder neu an in unseren Haltungen und Entscheidungen.
Wilhelm Geisbauer begleitet uns ebenfalls bereits viele Jahre und freundschaftlich verbunden als Dozent an unserem Institut in Zürich, wo er unseren Teilnehmenden seine Erfahrungen und sein Wissen zur lösungsorientierten Reteaming-Methode zur Verfügung stellt. Es freut uns deshalb außerordentlich, dass sich nun daraus eine Verbindung in Form dieses Buches ergeben hat – und wir fühlten uns geehrt, als Wilhelm Geisbauer uns bat, ein Geleitwort dafür zu schreiben.
Das Feedback zu seinen Seminaren bei uns sind seit Jahren auf fast schon unheimliche Weise positiv: Neben viel Lob für den konzeptionellen und didaktischen Aufbau sowie die hohe Anwendbarkeit seiner Konzepte gibt es kaum eine Rückmeldung, in der nicht spezifisch Geisbauers Art als außergewöhnlich wertschätzend, authentisch, interessiert, warmherzig, zentriert, die Haltung lebend, freundlich, klar, empathisch und feinfühlig beschrieben wird. Auch wir freuen uns jedes Mal auf seine Besuche, seine fachliche Kompetenz und Erfahrung, seine Offenheit und Neugier sowie seine Herzlichkeit und Wärme. Ohne Zweifel – Willi lebte wichtige Eckpfeiler der Neuen Autorität schon lange, bevor er die Konzepte kannte: Beziehungsgestaltung, Verbindlichkeit, Respekt, Unterstützung, eine starke persönliche Präsenz und eine zutiefst humanistische Grundhaltung.
Mit dem Begriff der Neuen Autorität tun sich viele Menschen erst einmal schwer. In unseren Breitengraden ist »Autorität« vielfach negativ konnotiert – und das mit Blick auf unsere Geschichte aus gutem Grund. Gleichzeitig lässt sich in vielen Lebensbereichen, von Erziehung bis zu politischen Prozessen, beobachten, dass Orientierung, Halt und Sicherheit gesucht werden. Wir beginnen Weiterbildungen zur Neuen Autorität häufig mit der Aufgabe an die Teilnehmenden, nach haltgebenden, bedeutungsvollen Erfahrungen aus ihrer Kindheit und Adoleszenz zu suchen. Fast immer tauchen Beschreibungen auf, die der Haltung der Neuen Autorität sehr gut entsprechen. Wir alle haben also eine ziemlich klare Vorstellung von der Art und Weise, was uns auf positive Art Orientierung gibt und wie wir führen und geführt werden wollen, auch wenn wir das in der beruflichen Praxis oft nicht so erfahren oder uns selbst entsprechend verhalten. Die »Neue Autorität« möchte uns also in gewisser Weise an dieses »alte«, intuitive Wissen erinnern und die positiven Aspekte von Autorität neu beleben.
In Führungs- wie Beraterkreisen sind momentan die Schlagwörter Agilität, Digitalisierung, VUCA, New Work, Holacracy usw. aktuell. Es ist unsere Aufgabe als Beraterinnen und Berater, uns mit den immer komplexeren und sich schnell verändernden Bedingungen in einer vernetzten und globalisierten Welt zu beschäftigen und gemeinsam mit unseren Kunden nach adäquaten Verhaltensweisen zu suchen. Auch für diese Auseinandersetzung helfen Haim Omers Ideen: Entschleunigung (»Das Eisen schmieden, wenn es kalt ist«), Innehalten, die Orientierung an Werten, Selbststeuerung, Unterstützung und nicht zuletzt tragfähige Beziehungen.
Unser Kollege Markus Väth schreibt in einem seiner Newsletter: »Eine Investition in gelungene Beziehungen zahlt sich für jedes Unternehmen aus – intern wie extern. Beziehungen sind nach der Ära der Prozessoptimierung und der Mitarbeiterfähigkeiten die nächste Dimension der Entwicklung von Unternehmen.«
Uns erscheint der Ansatz der Neuen Autorität als wertvolle Ergänzung und Referenz, um eine Weiterentwicklung in diese Richtung zu erleichtern.
Die Krux dabei – wie Wilhelm Geisbauer so schön schreibt: »Es geht ans Eingemachte.« Wir kommen nicht darum herum, uns mit uns selbst und unserer Einbettung in Beziehungssysteme zu beschäftigen. Reflexion ist gefordert, und das erfordert mehr Größe und vielleicht Anstrengung als die Auseinandersetzung mit den »hard facts«.
Wir betrachten die Neue Autorität als offenen, mit anderen Konzepten kompatiblen Ansatz, der nicht nur im pädagogischen Bereich relevant und hilfreich ist, sondern auch in Führung und gesellschaftlichen Themen. Umso mehr schätzen wir Wilhelm Geisbauers Versuch, die Neue Autorität in Verbindung mit dem lösungsorientiertsystemischen Ansatz, Rosenbergs Kommunikationsmodell, dem Salutogenese-Modell nach Antonovsky und weiteren bewährten Konzepten zu bringen. Dieser Versuch erscheint uns außerordentlich gut geglückt: Es gelingt Wilhelm Geisbauer fast mühelos, Parallelen aufzuzeigen, wichtige Aspekte kreativ zu vernetzen, Ergänzungen aus anderen Richtungen wunderbar passend hinzuzufügen, das Ganze sehr nachvollziehbar und leicht verständlich darzustellen und vor allem immer wieder mit prägnanten Praxisbeispielen zu illustrieren. Dabei wird seine langjährige Expertise und Erfahrung in verschiedenen Rollen deutlich spürbar, aber auch seine Grundhaltung als großer Menschenfreund. Auch wenn wir uns schon lange mit Führung und Neuer Autorität befassen, haben wir doch viele neue Facetten und Interpretationen entdeckt, die wir als sehr hilfreich erachten.
Die Werkzeuge, die in der Neuen Autorität ursprünglich vor allem zur Stärkung von Erziehenden angewandt werden, weisen in ihrer Wirkung Ähnlichkeiten mit den Prozessschritten des Reteaming-Modells auf. Präsenzformen, wie sie in der Neuen Autorität vermittelt werden, tauchen als wichtige Führungskompetenz auf: die persönliche Präsenz, d. h. die Verbindung mit den eigenen Werten; die Handlungspräsenz, d. h die Erfahrung, im eigenen Handeln wirksam zu sein, sowie die systemische Präsenz, d. h die Erfahrung zu machen, nicht allein zu sein, und nicht zuletzt die physische Präsenz: »Ich bin da und ich bleibe da, auch wenn es schwierig wird.« Auch der Gedanke der »wachsamen Sorge«, wie Haim Omer ihn in Zusammenhang mit der aktiven Begleitung der Kinder durch Erziehende vertritt, eignet sich gut für ein bezogenes Führungsverständnis. Wilhelm Geisbauer beschreibt dies in seinem Buch anschaulich in Bezug auf den Umgang und die Prävention von Burn-out.
Er spricht auch das Spannungsfeld von Beziehung und Leistung, dem Menschen in Führungspositionen ausgesetzt sind, an und zeigt, welch wertvolle Dienste die Haltung der Neuen Autorität auf diesem Gebiet leisten kann.
Der sehr praxisbezogene Leitfaden gegen Ende des Buches dient als Anleitung für Führende aus allen möglichen Bereichen, um die Wirkfaktoren der Neuen Autorität in die eigene Führungstätigkeit zu integrieren.
Wir sind überzeugt, dass dieses Werk dazu beitragen wird, Führungskräfte zu stärken, Organisationen voranzubringen und eine humanistische und der Gesellschaft zuträgliche Haltung zu verbreiten.
Claudia Seefeldt und Hansjürg Lusti, Zürich
An einem Frühlingstag, 16:30, Seminarhotel in einer Parklandschaft, kleiner See, Abschluss-Runde: Die Teilnehmer blicken auf ihre Teamentwicklung zurück, die am Morgen begonnen hat. Sie sind entspannt und zufrieden. Sie sagen: »Ich mach meine Arbeit hier wieder gerne!« »Seit Langem freue ich mich auf mein Büro am Montag.« »Ich bin stolz, in diesem Team mitarbeiten zu dürfen.« »Ich spüre Vorwärtsbewegung in mir und in unserem Team.« »Wir werden die Herausforderung annehmen und ich bin zuversichtlich, dass wir es schaffen.« usw. Was ist mit den Teilnehmern geschehen? Gehirnwäsche?
Nein. Die Teilnehmer haben miteinander über ihre Probleme geredet und gute Lösungen gefunden. Ist das nicht oft schwierig? Nicht, wenn man die angesprochenen Probleme in Ziele verwandelt. Sie haben ein gemeinsames Bild von ihrer guten Zukunft kreiert und einen Weg vereinbart, wie sie diese auch wirklich erreichen können. Und so etwas hilft allen Teams? Ja. Das erlebe ich seit 20 Jahren als Teamcoach, und diese Arbeit macht mich mehr als zufrieden.
Wie aber kann die positive Stimmung aus dem Seminar im Alltag, in dem oft Druck und Stress herrschen, erhalten bleiben? Die Antwort fand ich, als ich in Zürich Haim Omer kennenlernte.
Der Kongress trug den Titel: »Neue Autorität: Stärke statt Macht«. Was ich hörte, beglückte mich: Ich hatte den »Missing Link« gefunden. Nach Haim Omers Vortrag bat ich ihn um ein Gespräch »backstage«. Meinem Ansinnen, sein schon sehr praxisbewährtes Konzept der Neuen Autorität für Führungskräfte nutzbar machen zu dürfen, stimmte er spontan und erfreut zu. Er hatte es für die Schule entwickelt, wo es bereits seit einem Jahrzehnt besonders gute Dienste leistet. Daraus entstand das vorliegende Buch.
Ich bin mir sicher, dass die Neue Autorität einen Schlüssel zur Lösung vieler Probleme in Organisationen und Unternehmen darstellt. Seit 20 Jahren erlebe ich als Organisationsberater hautnah, was die Menschen bewegt oder eben nicht bewegt. Führungskräfte mit Neuer Autorität passen genau zu dem von mir praktizierten Ansatz des Reteamings, bei dem es um Teamlösungen für den beruflichen Alltag geht.
Ich habe viele Führungskräfte kennengelernt, die Neue Autorität bereits leben oder auf dem Weg dorthin sind, ohne dieses Konzept explizit zu kennen. Für mich ist es ein gutes Zeichen von Praxistauglichkeit, wenn viele Menschen das schon intuitiv anstreben.
Deshalb fängt niemand bei null an: Alle guten Führungskräfte sind bereits gestartet. Das ist unvermeidlich. Sie sind unterschiedlich weit in ihrer Entwicklung. Manche sind in Bewegung, manchen droht allerdings die Stagnation. Ich zeige hier, wie es gelingen kann, einen individuellen Weg zu Neuer Autorität zu finden. Sie muss nämlich zur jeweiligen Person passen und sie durchdringen. Das führt dann zu dieser besonderen Ausstrahlung und einzigartigen Wirkung. Neue Autorität ist nicht etwas, das man mit einem Zertifikat erwerben kann. Neue Autorität verstehe ich als Lebensaufgabe, als kontinuierlichen Lernprozess: Sich den Herausforderungen, den Schwierigkeiten, den Problemen, den Widerständen, dem Unberechenbaren zu stellen – und die sich daraus ergebenden Lernchancen zu erkennen und zu nutzen. Über Neue Autorität kann man nicht verfügen wie über einen Besitz. Sie muss gepflegt und genährt werden, sonst kann sie verschwinden, sich verstecken, unsichtbar werden – besonders in Zeiten von Krisen, Druck und Stress. Sie geht jedoch niemals ganz verloren. Man wird sie wiederfinden, auch wenn das oft Anstrengung kostet, aber die Mühe lohnt sich. Neue Autorität schafft die Basis für eine anhaltend konstruktive Beziehung zu den Mitarbeitern. Heute wollen Menschen mitreden, mitdenken, mitbestimmen – sie fordern den Dialog. Besonders die Generation Y, die nach 1980 Geborenen, sind von ihren Eltern partnerschaftliche Behandlung von klein auf gewohnt. Werden sie bevormundet, kündigen sie und suchen sich etwas Neues. Aus Umfragen geht hervor, dass den meisten Mitarbeitern das Verhältnis zum Chef wichtiger ist als alles andere. Je kenntnisreicher und selbstbewusster die Mitarbeiter sind, desto eher sind sie unzufrieden mit ihren Vorgesetzten. Besonders kritisieren die Befragten, dass ihre Vorgesetzten die Arbeit ihrer Leute nicht anerkennen würden und sie nicht richtig förderten. Neue Autorität kann hier Abhilfe schaffen.
Wilhelm GeisbauerScharnstein, November 2017
Nein – in diesem Buch geht es nicht schon wieder um eine neue Leadership-Methode oder gar -Mode. Es geht hier ums Eingemachte, nämlich um die konkrete Frage:
Was macht Führungskräfte stark,
•sodass sie bei Unberechenbarkeit und Orientierungsmangel ihren Kurs finden können?
•sodass sie Klarheit und Stabilität erzeugen können – sogar bei unsicheren Strukturen bis hin zum Verlust von Planbarkeit?
•sodass sie imstande sind, Sicherheit zu geben – sogar in turbulenten Zeiten und bei revolutionären Veränderungen?
•sodass sie Handlungsalternativen zu direktiven Vorgaben, einschüchternden Drohungen und penibler Kontrolle finden und anwenden können?
•sodass sie bei ihren Mitarbeitern angemessenes Engagement bewirken?
Es geht mir vor allem um die Ermutigung zu einem neuen Autoritätsverständnis, aus dem konstruktives Führungshandeln organisch entspringen kann. Ich werde in diesem Buch klären, welche Ebenen dabei angesprochen werden, welche Kompetenzen Sie entwickeln können und welche Ressourcen dabei zur Verfügung stehen.
In den aktuellen Ergebnissen der namhaften Meinungsforschungsinstitute zum Thema Mitarbeiterzufriedenheit und -engagement findet man seit Beginn der Wirtschaftskrise 2008/2009 alarmierende Zahlen – Tendenz fallend, z. B. im Gallup Engagement Index 2016. Demnach sind die meisten deutschen Arbeitnehmer mit sich und ihrem Leben zufrieden und bewerten die ökonomische Lage positiv. 70 % der Beschäftigten in Deutschland fühlen sich jedoch emotional gering an ihr Unternehmen gebunden. Sie machen lediglich Dienst nach Vorschrift. Die Untersuchungen zeigen auch: Wie lange Mitarbeiter im Unternehmen bleiben und wie produktiv sie in dieser Zeit sind, das hängt in erster Linie vom Führungsverhalten des direkten Vorgesetzten ab. Aber in Bezug auf Führungsqualität klaffen die Wünsche der Mitarbeiter und die Erwartungen der Führungskräfte weit auseinander. Fast alle Führungskräfte (97 %) halten sich für gute Führungskräfte. In den Augen ihrer Mitarbeiter sind sie sich aber ihrer Defizite nicht bewusst. Viele Studien belegen, dass Mitarbeiter zur emotionalen Bindung ans Unternehmen vor allem einen kontinuierlichen Austausch mit ihrer Führungskraft brauchen. Nur wenige, aktuell sind es nur bescheidene 14 %, berichten von einem kontinuierlichen Dialog bezüglich Arbeitsleistung, Potenzialentfaltung und Weiterentwicklung (Gallup 2017).
Frage ich Führungskräfte, auf welche Weise sie denn eigentlich führen, dann löse ich oft Erstaunen aus und bekomme selten authentische Antworten. Wie kommt das? Am häufigsten vernehme ich Begriffe wie partnerschaftlich, teamorientiert, demokratisch – aber all das wirkt ein wenig plakativ. Auch »partizipativ« höre ich oft, aber häufig schwingt bei solchen Schlagworten eine spürbare Ambivalenz mit. Es liegt der Verdacht nahe, dass die Werte des Führens, die hinter diesen Attributen stecken, keine klare Kontur aufweisen oder sogar tabuisiert werden mussten, weil sie nicht mehr salonfähig sind. Heißt der höchste Wert etwa weiterhin Gehorsam der Mitarbeiter? Ist alles andere nur Dekoration, die diesen überholten Wert übertünchen soll? Entspricht aktuelles Führen letztlich noch immer der Grundhaltung der alten Autorität? Vielleicht ist es den Führungskräften am liebsten, wenn die »Untergebenen« so fühlen, denken und handeln müssen, wie es die »Vorgesetzten« wünschen. Führung wäre damit autoritär geprägt wie eh und je? Sicher: wohlverpackt in Kooperation und Partnerschaft, aber überlagert von vordergründigen Methoden, modischen Führungsstilen und mehr oder weniger gut gemeinten Absichten der Führenden.
Dieses Buch gibt klare Anregungen, wie Führungskräfte zu Neuer Autorität finden können. Dabei entwickeln sie äußere und auch innere Stärke, um nicht nur in ihrer Rolle Bestand zu haben, sondern überdies auch als Mensch Freude und Zuversicht vermitteln zu können bei der ungemein anspruchsvollen Aufgabe des Führens. Es geht um den Aufbau einer Unternehmenskultur, die den Anforderungen auch in Zukunft gewachsen ist. Weiche Faktoren spielen dabei eine übergeordnete Rolle. Aber wie kann man sie managen? Den Schlüssel dazu sehe ich in der individuellen Entwicklung einer Neuen Autorität für Führungskräfte.
Das Konzept der Neuen Autorität Stärke statt Macht geht zurück auf Haim Omer, Arist von Schlippe, Eia Asen und andere. Es wurde für das pädagogische Feld entwickelt und leistet dort bereits seit einem Jahrzehnt bei der Lösung von Problemstellungen in Führungs- und Leitungsaufgaben beste Dienste. Dieses Modell habe ich für Führungskräfte sowohl von Profitunternehmen als auch von Non-Profit-Organisationen, Krankenhäusern und anderen Institutionen adaptiert und zugänglich gemacht. Erste fundamentale Ansätze zu dieser Anpassung lieferte bereits Frank Baumann-Habersack in seinem sehr lesenswerten Buch Mit Neuer Autorität in Führung (Baumann-Habersack 2015).
In Kapitel 2 erörtere ich Ambivalenzen und die Bedeutung von Führung sowie die Wirkung von harten und weichen Faktoren. Es folgt in Kapitel 3 eine konkrete Beschreibung des Konzepts der Neuen Autorität mit ihren einzelnen Elementen. In Kapitel 4 stelle ich die wichtigsten Entwicklungsfelder für die Neue Autorität dar: lösungsorientierte Führungskommunikation, Systemdenken und Reflexion. In Kapitel 5 zeige ich konkrete Möglichkeiten der Rückenstärkung für die Neue Autorität auf. Im Kapitel 6 geht es um den Umgang mit Burn-out und um Möglichkeiten der Gesundheitsförderung, ein Exkurs über Mobbing rundet diesen Themenkreis ab. Unter »Vorsicht – Falle!« beschreibe ich in Kapitel 7 anhand von Beispielen immer wiederkehrende Fälle aus der Praxis, deren negative Auswirkungen leicht zu vermeiden gewesen wären. Im darauffolgenden Kapitel 8 beschäftige ich mich mit den Fragen, woran man wirkungsvolle, stärkende Beratung erkennt, in Kapitel 9 mit dem Thema Führungskraft als Coach. Kapitel 10 bietet einen Leitfaden für die Entwicklung der Neuen Autorität an. Dabei geht es um eine Struktur, innerhalb derer Führungskräfte ihren jeweils individuellen Prozess in Gang setzen, voranbringen und dabei Nachhaltigkeit erzielen können. Die Bearbeitung der vorgeschlagenen Aufgaben soll schriftlich erfolgen, dafür ist im Buch entsprechender Raum vorgesehen. Das Kapitel 11 gibt meine Einschätzung wieder, welche Bedeutung Neue Autorität gerade bei zukünftigen Entwicklungen spielen kann, und behandelt in einem Ausblick Themen wie Digitalisierung und Resonanz.
Im Anhang, Kapitel 12