Führung stirbt nicht! - Peter Holzer - E-Book

Führung stirbt nicht! E-Book

Peter Holzer

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Beschreibung

Der Wandel tobt schnell und scharf. Manche Unternehmen ächzen unter Wachstumsdruck. Andere müssen schmerzhaft Krisen bewältigen. In jedem Fall braucht es mutige Entscheidungen und Entschlossenheit, die Zukunft erfolgreich zu meistern. Kurzum: Gute Führung ist gefragt. - Doch worauf kommt es bei guter Führung an? - Wie können Sie Mut und Zuversicht verbreiten? - Was können Sie tun, um die Lust auf Leistung zu fördern? Im Zeitalter von New Work sprießen Methoden und Meinungen dazu wie Pilze aus dem Boden – und schießen oft übers Ziel hinaus. Denn weder Über-Empathisierung noch die Abschaffung von Führung sind die Lösung. »Wir brauchen starke Anführer – heute mehr denn je«, sagt Peter Holzer und setzt einen starken Kontrapunkt in der aktuellen Debatte um das Ende der Führung. »Die Verantwortung von Führungskräften liegt darin, für Ergebnisse zu sorgen. Und nicht, politisch-korrekte Ponyhöfe zu bauen.« Damit Unternehmen zukunftsfähig bleiben, müssen sie nach Excellenz streben. Spitzenleistung statt Mittelmaß. Elite statt Durchschnitt. Verantwortung statt Gehorsam. Streitkultur statt Schweigen. Team-Work statt Einzelkämpfer. Wie Führungskräfte dafür das richtige Umfeld schaffen, beschreibt Holzer anhand zahlreicher Beispiele aus seiner Praxiserfahrung. Hart in der Sache, fair zum Menschen.

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Peter Holzer

Führung stirbt nicht!

PETER HOLZER

Führung stirbt nicht!

Was starke Führungskräfte auszeichnet

Externe Links wurden bis zum Zeitpunkt der Drucklegung des Buches geprüft.

Auf etwaige Änderungen zu einem späteren Zeitpunkt hat der Autor keinen Einfluss.

Eine Haftung des Autors ist daher ausgeschlossen.

© 2023 Peter Holzer

2. Auflage, Vorgängerausgabe 2020

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung und Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors.

Lektorat: Dr. Michael Madel

Satz & Layout: Das Herstellungsbüro (Hamburg)

Covergrafik: iStock.com/whyframestudio

Autorenphoto: Jochen Rolfes

ISBN Hardcover: 978-3-347-97948-2

ISBN E-Book: 978-3-347-97949-9

Druck und Distribution im Auftrag des Autors:

tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Germany

Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter

Peter Holzer, Augustinusstr. 11 D, 50226 Frechen-Königsdorf, Germany.

Für Alina und Eryk –

meine liebevollen Wegweiser im Leben.

Für Mozart –

meinen treuen Meister im Gegenwart machen.

Inhalt

Cover

Halbe Titelseite

Titelblatt

Urheberrechte

Widmung

Prolog: Gegenwart machen

Kapitel 1: Um Leben und Tod

Der Feind im eigenen Lager

Unternehmen – erhebt euch!

Die zwölf Todsünden

Hast du das Zeug zum Führen?

Nebel der Ungewissheit

Kapitel 2: Weicher Kram und harte Fakten

Most Fitting One

Erfolg ist eine Charakterfrage

Sicherheit in unsicheren Zeiten

Respekt braucht Grenzen

Vertrauen ist die beste Kontrolle

Kapitel 3: Drücken, bis es wehtut

Erfolg braucht Mut

Gewinner diskutieren nicht

Authentisch ist das falsche Echte

Klartext ist keine Härte

Jenseits von Ponyhof und Diktatur

Kapitel 4: Herzblut statt Hetzjagd

Religion der Ausbeutung

Perfektion entseelt

Magische Momente

Neugier sorgt für Sicherheit

Den Clan gewinnen

Kapitel 5: Verantwortung hat ein Gewicht

Du bist verantwortlich

Vergib uns unsere Schuld

Demütiges Selbstbewusstsein

Geh vorweg

Dreh dich nicht um

Kapitel 6: Beute erlegen

Falsches Spiel

Am Ende des Tages

Blut und Schweiß

Der Löwe

Illusion der Menschlichkeit

Kapitel 7: Verlockender Horizont

Kniet nieder – freiwillig!

Gelobtes Land

Das Beste oder nichts

Tal der Tränen

Deine Entscheidung

Epilog: Starke Anführer

Literatur

Stichwortverzeichnis

Der Autor

Führung stirbt nicht!

Cover

Titelblatt

Urheberrechte

Widmung

Prolog: Gegenwart machen

Der Autor

Führung stirbt nicht!

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Back Cover

Prolog: Gegenwart machen

Es bringt nichts, sich ständig neues Wissen anzueignen, wenn das Bewusstsein und die Persönlichkeit nicht gleichzeitig mitwachsen. Diese Erkenntnis gewann ich mit Mitte 20 durch einen Schicksalsschlag. Ich arbeitete damals in der Finanzindustrie. Mein Ziel: Karriere machen, Geld verdienen. Dazu arbeitete ich hart und viel, las Bücher, besuchte Seminare. Absurder Selbstoptimierungswahn. Immer auf der Suche nach der Abkürzung. Bis eines Tages alles in sich zusammenbrach.

Die Diagnose Krebs riss mich aus dem Leben. Ich stellte mich dem Kampf und lernte dabei eine wichtige Lektion: Ein Mensch ist nur dann wirkungsvoll, wenn er in der Lage ist, Gegenwart zu machen. Im Hier und Jetzt präsent zu sein – und zu handeln. Darauf kommt es an.

Ich habe den Kampf gegen den Krebs zum Glück gewonnen und bin dankbar, dass ich nun schon seit vielen Jahren wieder gesund bin. Doch der Krebs hat mein Leben verändert. So habe ich damals beruflich nochmals komplett neu begonnen. Denn mir ist bewusst geworden, dass ich meine Lebenszeit nicht mit für mich falschen Menschen und falschen Themen verschwenden will. Doch der Mensch neigt zum Vergessen.

Aufwachen!

Ich gehe mit meiner Frau und unserem Hund Mozart spazieren.Mein Redeanteil liegt bei annähernd 100 Prozent. Ich texte Alina mit aktuellen Themen und Ideen aus meinem Job voll. Und sie lässt mich auch für eine gute halbe Stunde gewähren, indem sie mir aufmerksam zuhört. Doch dann unterbricht sie mich jäh. »Schau mal hier, die Blumen«, sagt sie, während sie mit einer Hand die Rose festhältund an ihr riecht – und mich so liebevoll und doch abrupt wieder in die Gegenwart holt.

Ich bin Alina so dankbar, dass sie in meinem Leben ist und mich immer wieder an das erinnert, was mir das Schicksal damals mit schockierender Gewalt beigebracht hat. Das Einzige, was wir Menschen gestalten können, ist: Gegenwart machen.

Es ist so simpel. Und doch so leicht, es wieder zu vergessen. Erinnerungen an die Vergangenheit oder Vorstellungen von der Zukunft sind abstrakte Gedanken in unserem Kopf. Der einzige Moment, in dem wir handeln können, in dem wir stark sind, ist: die Gegenwart.

Und wenn Sie als Anführer Gegenwart machen wollen, brauchen Sie nur zwei Prinzipien zu kennen – und die stärkste Frage, die sich ein Mensch stellen kann. Und genau diese Prinzipien und diese Frage werden wir gemeinsam auf der Reise durch dieses Buch entdecken.

Kapitel 1: Um Leben und Tod

Der Feind im eigenen Lager

Gefahren für Sie und Ihr Unternehmen lauern draußen an jeder Ecke: Kunden ändern ihre Ansprüche, alte und neue Wettbewerber greifen an, Innovationen lassen Sie immer schneller alt aussehen. Doch der wahre Feind für Ihren Erfolg, der befindet sich nicht da draußen, sondern in Ihren eigenen Reihen. Und wer weiß: Vielleicht sind sogar Sie selbst dieser tödliche Feind.

Sie halten jetzt dieses Buch in Ihren Händen. Die wichtigste Entscheidung, die Sie als Leser während der Lektüre treffen können, betrifft die Frage: Haben Sie den Mut, in den Spiegel zu schauen und das zu sehen, was Ihnen da entgegenblickt?

Hannibal Lecter

Montagmorgen. Ich beschäftige mich mit der Situation des Mittelständlers bereits seit einigen Wochen. Der Inhaber macht sich Sorgen um die Zukunft. Es läuft alles zu langsam und zu träge. Durch eine umfangreiche Reorganisation sollte das Unternehmen neue Dynamik gewinnen. Doch das Projekt verlief unglücklich, im Unternehmen knirschte und rumorte es gewaltig. Ich wurde beauftragt, Hebel zu finden, wie das Schiff wieder auf Kurs kommt. Heute steht die Ergebnispräsentation an und ich treffe die Geschäftsführer vor dem Konferenzraum in bester Laune. Beim Kaffee diskutieren sie die Fußballergebnisse vom Wochenende.

Die gute Laune hält nicht lange an. Gleich zu Beginn des Meetings werfe ich die beiden Ergebnisse an die Wand, die ich aus meinen Gesprächen mit den Team- und Gruppenleitern zusammengefasst habe:

1. Die Geschäftsführung hat die Strategie nicht für die Unternehmensbereiche übersetzt, und es fehlt neben dem Umsatzziel eine emotionale Story, für die sich die Mitarbeiter begeistern. Im Unternehmen herrschen deswegen Chaos, Orientierungslosigkeit und blinder Aktionismus.

2. Der Inhaber verbreitet durch seine Art Angst und Schrecken, sodass sich keiner im Unternehmen traut, den Mund aufzumachen und sachlich zu diskutieren.

Es herrscht betretenes Schweigen, alle schauen auf den Inhaber.

Keiner will ihm jetzt ans Bein pinkeln. In der Vergangenheit hat es einzelne Kollegen mit unerwünschten Meinungen bereits den Kopf gekostet.

Stattdessen spricht der Patriarch ganz ruhig: »Was sagt dieses Feedback unserer Team- und Gruppenleiter eigentlich über diese Personen selbst aus?« Kunstpause. »Keine Verantwortung. Überforderung«, legt er vor. Es dauert einen Augenblick, bis die anderen Führungskräfte verstehen, wie sie sich jetzt zu verhalten haben, und selbst ergänzen: »Passivität, Schwäche, fehlende Führungsstärke, falsche Besetzung der Position …«

Ich fasse es nicht. Aus der Chance, das eigene Führungsverhalten zu verbessern, macht der König des Hauses eine tödliche Waffe und richtet sie auf seine Untergebenen. »Andere Unternehmen aus unserer Branche haben die Transformation gemeistert, indem die ganze Führungsmannschaft einen Schritt nach rechts – aus dem Unternehmen raus – gemacht hat«, droht er eloquent mit einem selbstzufriedenen Lächeln.

Eine Führungskraft wie der beschriebene Unternehmer ist der Hannibal Lecter im Konferenzraum. Die Forschung von Robert D. Hare offenbart uns dazu erschreckende Ergebnisse. In den Führungspositionen von Unternehmen befinden sich demnach mit 3 bis 4 Prozent deutlich mehr Psychopathen als im Durchschnitt unserer Gesellschaft. Hier ist es nur 1 Prozent, in Gefängnissen sollen es sogar rund 25 Prozent sein. Es liegt auf der Hand, dass das »Schweigen der Lämmer« in Unternehmen einem anderen Handlungsstrang folgt als bei Hannibal Lecter in seinen Filmen. Aber ihre Wesenszüge sind ebenfalls tödlich – tödlich für den nachhaltigen Erfolg des Unternehmens. Und tödlich für das persönliche Wohlergehen und die Begeisterung der Menschen, die sie eigentlich anführen sollen.

Denken Sie einmal an einen Hannibal Lecter in Ihrem Unternehmen. Das muss keineswegs ein Mann sein. Die Praxis zeigt immer wieder, dass sich auch Frauen, wenn sie einmal an die Macht gekommen sind, genauso verhalten wie Männer. Wenn Sie mutig sind, wagen Sie jetzt bereits den Blick in den Spiegel und denken bei der Gelegenheit auch über sich selbst nach.

Was sehen Sie bei einem Psychopathen? Die Person verhält sich egozentrisch, zeigt wenig (echte) Empathie und hat vor allem kein schlechtes Gewissen. Die eigene Agenda ist das, was zählt. Mal sind die Ziele darauf öffentlich, mal sind sie gut versteckt. Das Verhalten entspricht dem eines Teenagers. Der läuft mit der Frage im Kopf herum: »Was kann die Welt für mich tun?« Doch in der Führung geht es nicht um denjenigen, der führt. Sondern um diejenigen, die geführt werden. Und genau diese Haltung fehlt einem Hannibal Lecter. Damit er zum wirkungsvollen Anführer wird, müsste er sich die Frage eines reifen Erwachsenen stellen: »Was kann ich für die Welt tun?«

Da ihm aber diese Haltung fehlt, sorgt er immer wieder dafür, dass er sein Team oder gar ein ganzes Unternehmen ins Desaster führt.

Überlebensstrategien

Sie fragen sich sicherlich: Wie kann sich ein Hannibal Lecter an der Spitze halten, wenn er so gefährlich für sein Umfeld ist? Das liegt daran, dass diese Typen nicht nur zielstrebig und dominant, sondern meist auch sehr schlau sind. Sie haben verstanden, dass sie ihren wahren Kern verstecken müssen. Es ist, als hätten sie bei der Geschichte vom Rotkäppchen gut aufgepasst. Denn die Tarnung des Hannibal hat verblüffende Ähnlichkeit mit dem Wolf im Kostüm der lieben Großmutter.

Die Psychopathen wirken charmant und eloquent. Sie verstehen es perfekt, ihr Gegenüber zu lesen und durch überzeugungsstarke Kommunikationstechniken zu manipulieren. So kommt es immer wieder vor, dass sich ein Mitarbeiter für seinen Termin mit dem Hannibal-Lecter-Chef vorgenommen hat, jetzt endlich Klartext zu reden. Nach einer halben Stunde kommt er gehirngewaschen, weichgespült und handzahm aus dessen Büro. In seinem Kopf eine neue Meinung: und zwar die des Chefs. Denn dessen kommunikative Manipulationswaffen haben Wirkung gezeigt. Und der Mitarbeiter hat es durch die charismatischen Blendgranaten des Hannibal Lecter im Idealfall nicht einmal bemerkt. Und so verausgabt sich der Mitarbeiter, um dafür zu sorgen, dass das Unternehmen erfolgreich ist – trotz eines Hannibal Lecter als Vorgesetzten.

In der Medizin gilt der Leitspruch: Ob es heilt oder tötet, ist eine Frage der Dosierung. Und so ist es auch mit den psychopathischen Zügen einer Führungskraft. Wenn Sie keine Hannibal-Lecter-Wesenszüge haben, sind Sie ein Weichei und als Führungskraft zu soft. Haben Sie zu viel Hannibal Lecter in sich, sind Sie zu dominant und selbstsüchtig. Zu wenig oder zu viel, beides ist nicht gut für Ihr Unternehmen.

Sie können mit den Eigenschaften eines Psychopathen töten – aber auch dafür sorgen, dass Sie und Ihr Team gewinnen. Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich mit Ihrem Unternehmen in einer schwierigen Situation. Die Zahlen sind blutrot. Der Wettbewerb greift hart an. Die Qualität Ihrer Produkte ist miserabel. Wichtige Schlüsselpersonen haben das sinkende Schiff bereits verlassen. In Momenten wie diesen ist wahre Führungsstärke gefragt. Jetzt wünsche ich Ihnen, dass in Ihnen eine angemessene Dosis Hannibal Lecter vorhanden ist. Denn das wird Ihnen helfen, einen ruhigen Kopf zu bewahren und schwierige Entscheidungen zu treffen. Vor allem dann, wenn diese unpopulär sind. Die Entscheidungen in lebensbedrohlichen Notsituationen sind meist schmerzhaft und werden nicht dazu beitragen, dass Sie neue Freunde gewinnen: Werkschließungen, Mitarbeiter entlassen – oder manchmal auch »nur« eine Abmahnung. Als Psychopath wird es Ihnen leichterfallen, schwierige Entscheidungen zu treffen, ohne die Reue als lebenslanges Gewicht mit sich schleppen zu müssen.

Doch selbst wenn alles gut und entspannt läuft, werden Ihnen die Wesenszüge eines Psychopathen helfen, die Karriereleiter nach oben zu klettern. Fähigkeiten wie charmantes Auftreten und überzeugungskräftige Kommunikation. Ein starkes, noch besser: überhöhtes Selbstbewusstsein. Ständige Suche nach dem nächsten Kick, um Langeweile zu vermeiden. Impulsives Verhalten, um reaktionsschnell in spontanen Situationen vorwärtszukommen. Und wenn Sie über die Stränge geschlagen haben, werden Sie nicht durch Reue gelähmt. Einfach wieder aufstehen, schütteln und weitergehen. Ein bisschen Hannibal Lecter kann das eigene (Gefühls-)Leben deutlich vereinfachen.

Siekönnen mit den Eigenschaften eines Psychopathen töten – aber auch dafür sorgen, dass Sie und Ihr Team gewinnen.

Wieviel Psychopath hast du in dir?

Die Vor- und Nachteile des Psychopathen müssen Sie für sich selbst abwägen. Ihre Wirkung als Führungskraft steht und fällt mit Ihrer Fähigkeit, sich trotz Ihres starken Egos immer wieder zu hinterfragen: Bin ich noch ein wirkungsvoller Anführer – oder schon ein verblendeter Hannibal Lecter? Habe ich nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig von diesem Psychopathen in mir? Prüfen Sie sich: Stellen Sie sich vor, Sie seien der Inhaber, den Sie zu Beginn des Kapitels kennengelernt haben. Wie hätten Sie sich in dem Konferenzraum verhalten, nachdem Sie erfahren haben, dass Ihr eigenes Führungsverhalten die wahre Ursache der Probleme ist?

Gegenwart machen: Den Blick in den Spiegel wagen

Erfolg hängt immer von Menschen und ihrem Engagement ab. Bevor Sie von Ihrer Mannschaft eine Verhaltensverbesserung fordern, wagen Sie zuerst den ehrlichen Blick in den eigenen Spiegel. Prüfen Sie, ob Sie der wahre Feind im eigenen Lager sind. Denn das könnte für Ihr Unternehmen lebensbedrohlich sein.

Und wenn Sie den Feind in einem Kollegen erkennen – dann schenken Sie ihm doch dieses Buch.

Unternehmen – erhebt euch!

In unserer modernen Business-Welt haben wir vergessen, dass die Probleme und Herausforderungen, die uns jeden Tag beschäftigen, nur Symptome an der Oberfläche sind. Denn eigentlich geht es um etwas ganz anderes: nämlich um Leben und Tod. Es geht um die Frage, ob es Ihr Unternehmen morgen noch geben wird. Und in zehn Jahren? In 20 Jahren? Bei einer Lebenserwartung des Menschen von rund 80 Jahren erscheinen 20 Jahre als ein Klacks. Doch wissen Sie, wie alt deutsche Unternehmen durchschnittlich werden? Sie landen bereits nach rund zehn Jahren in der Insolvenz. Und das liegt daran, dass die Menschen, die in ihnen arbeiten, sich mit den falschen Themen beschäftigen.

Lauf!

Während meines Studiums. Praktikum bei einem Start-up in New York. Das Büro liegt etwas außerhalb im Norden von Manhattan.Es ist ein heißer Sommertag. Der Tag war anstrengend. Ich will mir trotz der Hitze nach der Arbeit die Beine vertreten. Deswegen steige ich auf dem Rückweg ein paar Stationen früher aus der U-Bahn, um die Gegend zu erkunden. Als ich die Treppen nach oben komme, merke ich gleich: Irgendetwas stimmt nicht.

Doch ich höre nicht auf meine innere Stimme. Schlendere weiter.Ein fataler Fehler, denn plötzlich fliegt etwas an mir vorbei. Verfehlt nur knapp meinen Kopf. Eine Glasflasche. Sie schlägt kurz vor mir auf dem Boden auf. Ich drehe mich um. Sehe eine Gang. Und mir wird schlagartig bewusst, wie unmenschlich es ist, wenn man aufgrund seines Aussehens diskriminiert wird: Ich bin der Einzige mit heller Hautfarbe hier. Mein Puls beschleunigt sich. Instinktiv wechsle ich die Straßenseite und trete den Rückzug an. Drehe mich nicht mehr um. Fixiere den Eingang zur U-Bahn. Und bete zu Gott, dass ich dort heil ankomme.

Ob mein Erlebnis in New York wirklich lebensbedrohlich war oder ob die Jungs sich nur einen Spaß gemacht hatten, indem sie mir Angst einjagten: keine Ahnung! Entscheidend ist: Die Situation fühlte sich für mich lebensbedrohlich an. Und ich habe in diesem Moment nicht gezögert. Nicht innegehalten. Nicht großartige Analysen gemacht, Pläne geschmiedet oder Meilensteine definiert oder durch anderen Kram wertvolle Zeit vertrödelt. Im Gegenteil: Ich habe einfach gehandelt. Das gemacht, was wirklich notwendig war. Heute nenne ich das: Gegenwart machen!

In rund 300 000 Jahren Menschheitsgeschichte war die Angst ein wahrer Segen. Denn Angst treibt uns Menschen in die überlebenssichernde Flucht. Nur so konnten wir überleben. Heute laufen wir nicht mehr im wahrsten Sinne des Wortes durch die Gegend, um vor den tödlichen Bedrohungen zu fliehen. Unsere heutige Form von Flucht heißt: blinde Beschäftigungswut.

Anstatt das zu tun, was wirklich sinn- und wirkungsvoll ist, beschäftigen wir uns damit, an Symptomen rumzudoktern. Anstatt für Lösungen zu sorgen, verschwenden wir Zeit und Energie, um endlich den wahren Schuldigen an den Pranger zu stellen. Wir verheddern uns in Diskussionen, Analysen, Strategien oder einfach nur in unendlich vielen Meetings – anstatt zu handeln. Wir flüchten heutzutage nicht mehr vor tödlichen Bedrohungen, sondern vor Wahrheit, Veränderung oder einfach nur der Anstrengung, das Richtige zu tun. Wir haben Schiss. Und das führt regelmäßig zu Situationen, in denen alle verzweifelt die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Hinter vorgehaltener Hand wird gern über diese Missstände gelästert. Verständlich. Wir spüren die nervende Sinnlosigkeit – dass wir aber in Wahrheit Richtung tödlicher Abgrund taumeln, das merken wir meist erst, wenn es zu spät ist.

Das Unternehmen im Überlebenskampf

Stellen Sie sich vor, Ihr Unternehmen sei ein eigenständiger Organismus. Sein Sinn ist: das Überleben. Und zwar länger als diese mickrigen acht bis zehn Jahre, nach denen andere schon das Zeitliche segnen. Allein schafft das der Organismus nicht. Also heuert er Sie und Ihre Kollegen an. Ihr Auftrag lautet: das Überleben des Unternehmens sichern! Sie sollen also die Rolle von Gehirn und Immunsystem zugleich übernehmen. Wenn Sie dieser Verantwortung gerecht werden wollen, dürfen Sie nicht blind Ihrer Angst folgen. Wegrennen, nur weil es gerade mal brenzlig wird. Ausweichen, nur weil Wahrheit oder Veränderung bedrohlich am Horizont auftauchen. In blinden Aktionismus verfallen, nur weil mit Ihnen die Gefühle durchgehen. Sie müssen sich zusammenreißen und darauf konzentrieren, was wirklich notwendig ist, um das Überleben Ihres Unternehmens zu sichern.

Und das ist alles andere als leicht. Denn Ihre Herausforderung als Führungskraft ist, dass dieser Überlebenskampf an zwei Fronten geführt werden muss: kurz- und langfristig. Heute und morgen. Und zwar gleichzeitig.

Der Kampf um das kurzfristige Überleben findet heute statt. Er nennt sich: Tagesgeschäft. Und das gleicht einem Tornado, der jeden Tag durch Ihren Kalender wütet und Ihre Zeit in Anspruch nimmt. Denn hier müssen drängende und dringende Themen geklärt werden, um sicherzustellen, dass Ihre Kunden einen Nutzen haben. Heißt: gute Produkte, überzeugende Dienstleistungen, hohen Qualitätsansprüchen gerecht werden … Und wenn etwas schiefgeht, dafür sorgen, dass der Kunde wieder zufrieden ist. Wenn Sie das sicherstellen, macht Ihr Unternehmen mit Sicherheit guten Umsatz.

Doch Umsatz ist noch lange kein Gewinn. Deswegen ist die zweite Herausforderung im kurzfristigen Überlebenskampf, den Organismus auch effizient zu halten. Dazu schaffen Sie Systeme: definieren und optimieren Prozesse, verbessern die Lieferquoten, erhöhen die Geschwindigkeit, suchen nach Kostensenkungspotenzialen und sehen zu, dass der Laden profitabel läuft.

Allein schon diesen Tagesgeschäft-Tornado mit seinen beiden Herausforderungen zu managen ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Denn gleichzeitig Nutzen stiften (= Umsatz machen) und Systeme bauen (= Gewinn machen) sorgt für Konflikte und Widersprüche. Wenn Sie die Prozesse schlank halten, standardisieren und Kosten sparen, ist das im Interesse des Unternehmens. Doch diese Optimierungen führen häufig dazu, dass der Nutzen für den Kunden sinkt, weil es zum Beispiel aus Kostengründen nicht mehr so viele individuelle Konfigurationsmöglichkeiten für ein Produkt gibt.

Die internen Diskussionen der beteiligten Teams verlaufen dann intensiv und zeitaufwendig. Schnell kommt es zum Silo-Denken, jede Abteilung vertritt ihre Interessen. Vor lauter Diskussionen wird vergessen, dass es eigentlich um den Kunden geht. Stattdessen kämpft jeder um sein eigenes Ego-Thema. Und es mangelt an Führungskräften, die dafür sorgen, dass alle Beteiligten das große Ganze im Blick behalten. In vielen Fällen können Führungskräfte das gar nicht mehr leisten. Denn den Tornado zu bewältigen ist ein Fulltime-Job, den sie jedoch »nebenbei« erledigen müssen, da ihr eigentlicher Hauptjob zum Großteil immer noch in der operativen Arbeit besteht. Und wohlgemerkt: Bis jetzt haben wir uns nur darum gekümmert, dass das Unternehmen kurzfristig überlebt.

Damit das Unternehmen auch langfristig überlebt, müssen wir an die zweite Front wechseln. Hier tobt ein anderer Krieg, ebenfalls mit zwei Flanken. An der einen Flanke geht es um Innovationen. Neue Produkte, neue Dienstleistungen, Lösungen, die jenseits des Tagesgeschäfts liegen, mit denen wir neue Märkte erschließen. Oder umweltfreundliche Alternativen entwickeln. Menschen mögen keine Veränderungen, aber diese sind lebensnotwendig. Eigentlich nichts Besonderes – und vor allen Dingen auch nichts Neues. Aber in der heutigen Zeit müssen wir dafür einen neuen Begriff prägen: die Disruption. Ernsthaft? Die Tatsache, dass sich Unternehmen wandeln müssen, ist uralt. Schumpeter hat dies bereits 1942 populär gemacht, als er von der schöpferischen Zerstörung als wesentlichem Bestandteil des Kapitalismus schrieb. Und die Natur macht es uns seit Jahrmillionen immer wieder vor: Wer den Wandel formt, übernimmt die Führung. Alle anderen werden geformt – oder sterben aus.

Veränderungen zu meistern stellt also schon an sich für die meisten Unternehmen eine große Herausforderung dar. Und wenn sie das dann geschafft haben, landen sie gleich bei der nächsten Herausforderung. Denn auf einmal haben Sie Multikulti in Ihrem Unternehmen: das etablierte Kerngeschäft mit zuverlässigen Prozessen hier, verrückte Start-ups mit innovativen Ideen und kreativem Chaos dort. Jung und Alt wuseln über alle möglichen Landesgrenzen hinweg. Das Unternehmen ist jetzt bunt und vielfältig geworden. Damit alles erfolgreich funktioniert, müssen die Einzelteile orchestriert werden. Das ist die zweite Flanke: Integrieren Sie die Vielfalt, damit Ihr Unternehmen auch morgen noch existiert. Und diese Orchestrierung ist nur ein anderes Wort für: Führung!

Wer Führung abschafft, ist naiv

Doch statt nach starker und guter Führung zu rufen, verbreiten sich die Unkenrufe, Hierarchien und Führung müssten abgeschafft werden. Das halte ich für eine gefährliche und auch weltfremde Forderung. Um die zuvor beschriebenen Herausforderungen zu meistern, braucht es genau eines: Führung! Denn viele Menschen leiden unter einem Zukunftsschock. Sie sind völlig überwältigt von den Neuerungen und der Geschwindigkeit, denen sie gefühlt schutzlos ausgeliefert sind. In vielen Fällen brauchen die Mitarbeiter nicht wirklich starke Führung. Es würde vielleicht reichen, wenn sie die fünf Fehler eines verantwortungslosen Mitarbeiters (siehe »Die zwölf Todsünden« ab S. 22) bei sich eliminieren. Aber Mitarbeiter wollen häufig starke Führung! Jemanden, der eine Richtung vorgibt und vorweggeht. Doch hier kommt es dann meist zum Bruch. Denn genau wie Mitarbeiter schrecken auch viele Führungskräfte vor der Verantwortung zurück. Es scheint fast, als würden einige zwar liebend gern den höheren Gehaltsscheck der Führungsposition einstecken – die Verantwortung gerade für schwierige Entscheidungen dann aber doch lieber nicht tragen wollen.

Gerade dann, wenn es um Veränderungen, um Auf- und Umbruch geht, braucht es Menschen mit Rückgrat. Denn es reicht nicht, hier ein Start-up zu kaufen und dort ein paar agile Methoden einzuführen. Tischkicker aufstellen, das gegenseitige Duzen, die Verbannung der Krawatte, die Forderung, Arbeit müsse Spaß machen und der Selbsterfüllung dienen, die feingliedrige Diskussion, dass die Sprache zu »martialisch« oder zu männlich sei – und die Auffassung, dass wir die Arbeit mehr als ein Spiel sehen müssen … Das mag alles seine Berechtigung haben. Doch es sind nur Nebenkriegsschauplätze. Denn bei aller Scheinsicherheit des modernen Lebens dürfen wir eines nicht vergessen: Es geht um Leben und Tod. Wäre uns das bewusst, würden wir uns auf das fokussieren, was wirklich notwendig ist. Und zwar nur auf das. Denn Zeit für Nebenkriegsschauplätze haben wir nicht.

Gute Führung wird immer gebraucht. Was nicht gebraucht wird und aussterben muss, sind schwache Führungskräfte.

Es reicht!

Wie sieht es mit Ihrer Fokussierung aus? Der kurz- und langfristige Überlebenskampf ist manchmal brutal wie ein SchwergewichtsBoxkampf. Und Führung ist definitiv kein Zuckerschlecken.

Testen Sie es doch gleich mal. Wenn Sie Führungskraft sind, beantworten Sie die folgende Frage aus Ihrer persönlichen Sicht. Wenn Sie Angestellter sind, versetzen Sie sich in die Lage Ihres Chefs. Schauen Sie noch einmal auf die Abbildung auf Seite 18 – und denken Sie an die letzten vier bis sechs Wochen zurück:

 Wie viel Prozent Ihrer Arbeitszeit haben Sie im linken Kasten »Tagesgeschäft-Tornado« verbracht – und wie viel Prozent im rechten »Langfristiges Überleben«?

Diese Frage stelle ich bei vielen meiner Veränderungsprojekte gleich am Anfang. Die Führungskräfte antworten dann: 80:20 … 90: 10 … 70: 30 – bis dann der Erste sagt: »Also, wenn ich ehrlich bin und aufrunde, sind es 100 Prozent Tornado und 0 Prozent langfristiges Überleben!« Deswegen wäre es eigentlich an der Zeit, dass sich auch Ihr Unternehmen erhebt und gegen Missmanagement und schwache Führung protestiert. Leider kann ein Unternehmen das aber nicht. Oder sollten wir besser sagen: Zum Glück kann es das nicht – zum Glück … für Sie?

Gegenwart machen: Den richtigen Fokus haben

Ob Unternehmen überleben oder sterben, hängt davon ab, wie gut Ihre Mitarbeiter und Sie sich auf die wesentlichen Herausforderungen fokussieren. Die große Gefahr ist, sich im Tagesgeschäft oder in lieb gewonnenen Gewohnheiten zu verheddern. Prüfen Sie, ob Sie den richtigen Fokus haben – oder ob Sie auf Nebenkriegsschauplätzen wertvolle Zeit verplempern. Denn solange Menschen Zusammenarbeiten, brauchen sie Führung. Führung wird nicht aussterben. Schwache Führungskräfte schon.

Die zwölf Todsünden

Schwache Chefs und verantwortungslose Mitarbeiter sind spezielle Menschen. Sie verhalten sich wie Vampire. Sie saugen das aus ihren Mitmenschen, was wir so dringend brauchen, um die anspruchsvollen Herausforderungen des Alltags zu bewältigen: gute Laune, Energie, Motivation, Aufbruchsstimmung, Leistungs- und Fortschrittsfreude. Solche Vampire finden Sie quer durch alle Hierarchieebenen. Wenn Sie solche Menschen in Ihrem Umfeld entdecken, lautet der Rat: loswerden. Falls das nicht geht: Abstand halten. Und am besten ist natürlich: gar nicht erst einstellen!

Im Folgenden stelle ich Ihnen mit den sieben Fehlern schwacher Chefs und den fünf Fehlern eines verantwortungslosen Mitarbeiters zwölf Todsünden vor, die das Überleben Ihres Unternehmens gefährden könnten.

Die sieben Fehler schwacher Chefs

Woran erkennen Sie schwache Chefs? An ihren Fehlern! In der Praxis beobachte ich immer wieder folgende Muster.

Fehler 1: Sie sorgen für Unsicherheit

Schwache Chefs töten jede Eigeninitiative, indem sie für ein Klima der Unsicherheit sorgen. Sie verhalten sich willkürlich. In ihrem Umfeld herrschen Angst und Schrecken. Wenn die Zahlen hinter Plan liegen, erhöhen sie den Druck. Sprechen Drohungen aus – mehr oder weniger direkt. Wichtiger als Lösungen ist das Finden des Schuldigen. Hannibal-Lecter-Typen eben … Dabei ist es gerade in Zeiten, in denen draußen am Markt Ungewissheit herrscht, so wichtig, durch gute Führung wenigstens für Sicherheit in der eigenen Firma zu sorgen.

Fehler 2: Sie verhalten sich respektlos

Schwache Chefs sind sehr überzeugt – und zwar von sich selbst. Ich erlebte einmal einen Vorstand, der sich bei mir über seine Mitarbeiter beklagte: »Wir denken und reden mit dem Kopf. Doch die Mannschaft antwortet mit dem Bauch. Die müssen endlich lernen, dass sie auch mit dem Kopf reden müssen.«

Diese schwachen Chefs haben ein klares Bild, wie es laufen soll: nämlich nach ihren eigenen Maßstäben. Andere Meinungen respektieren sie nicht. Im Gegenteil: Andersartigkeit wird verurteilt. Mal fahren sie dem Gegenüber über den Mund, mal greifen sie unter der Gürtellinie an, um für Gehorsam zu sorgen.

Fehler 3: Sie töten jedes Vertrauen

Schwache Chefs sitzen wie heilige Könige auf ihrem Thron. Ihr Zepter der Macht hat drei Zacken. Damit haben Sie die Hoheit über: 1.) das Gehalt, 2.) mögliche Beförderung oder Bonuszahlungen und 3.) die Entlassung. Als würde dieses Zepter nicht schon für genug Obrigkeitsscheu bei den Mitarbeitern sorgen, wird es durch den Hannibal-Lecter-Führungsstil noch viel schlimmer. Versteckte Agenda, plötzliche Richtungsänderungen oder fehlendes Rückgrat lassen die Mitarbeiter immer wieder ins Messer laufen. So sorgen schwache Chefs für ein toxisches Arbeitsumfeld, in dem niemand mehr offen spricht und Fehler oder eigene Unzulänglichkeiten eingesteht – aus Sorge, dass es gegen ihn verwendet wird.

Fehler 4: Sie leben Streitkultur nur die Karriereleiter herunter

Schwache Chefs wollen keine Widerworte. Die kommen auch selten. Entweder ist es der Hannibal-Lecter-Stil des Chefs, der für Ruhe sorgt. Oder es ist schlichtweg die Position als Vorgesetzter, vor der sich die Mitarbeiter devot verbeugen. Wenn der Chef im Meeting fragt: »Gibt es dazu andere Meinungen?«, antworten die Mitarbeiter mit Schweigen. Die Chefs verstehen darunter: »Wer schweigt, stimmt zu.« Doch die Mitarbeiter meinen eigentlich: »Klar habe ich eine andere Meinung. Aber ich halte lieber die Klappe, um meine Karriere nicht zu gefährden.«

Solche diskussionstoten Kulturen sind gefährlich für das Unternehmen. Es werden nicht mehr die besten Ideen geboren, sondern die Meinung des Chefs setzt sich durch. Wer von den Mitarbeitern schlau und gut ist, verlässt das Schiff und heuert beim Wettbewerb an. Damit Unternehmen überleben, müssen wir uns in den Unternehmen besser streiten. Und zwar in alle Richtungen.

Fehler 5: Sie lassen ihre Unternehmen ausbluten

Schwache Chefs beschweren sich gern über das fehlende Engagement der Mitarbeiter. Dabei sind diese Chefs völlig blind dafür, dass sie selbst die Ursache dafür sind, dass ihr Unternehmen entseelt vor sich hinvegetiert. Denn wer seine Mitarbeiter respektlos behandelt, ihnen nicht vertraut, dadurch kein sicheres Führungsklima bietet und dann auch noch keine Widerworte akzeptiert, lässt jedes Team ausbluten. In solch einem Umfeld gilt die Devise: Dienst nach Vorschrift machen. Doch wer die Konkurrenz besiegen will, muss mit vollem Herzblut arbeiten. Denn nur dieses Engagement sorgt für die überzeugende Qualität und das unvergessliche Kundenerlebnis, das die Unternehmen brauchen, um im harten Wettbewerbskampf zu überleben.

Fehler 6: Sie sorgen für ein verantwortungsloses Unternehmen

Wenn der schwache Chef die beschriebenen fünf Fehler mit Bravour lebt, nähern wir uns dem desaströsen Finale. Mir fällt bei solchen Chefs immer auf, dass die Mitarbeiter keine Lust mehr haben, Verantwortung zu übernehmen. Stattdessen herrscht passiver Widerstand. Antriebslosigkeit. Kopf einziehen und lieber einen Schritt zurückgehen als nach vorn. Also alles andere als die geforderte Agilität. Es ist wie früher beim Sportunterricht in der Schule: Beim Volleyball hat jeder seinen Verantwortungsbereich auf dem Feld. Eigentlich. Doch dann kommt der Ball … und fällt auf den Boden. Sofort geht die Suche nach dem Schuldigen los. Doch das hilft leider nicht, um das Spiel zu gewinnen.

Fehler 7: Sie sind nicht erfolgreich

Das ist das wirklich Gefährliche an schwachen Chefs. Sie gewinnen nicht. Meine Wette ist: Wenn ein schwacher Chef am Steuer sitzt, wird das Unternehmen oder sein Team »sterben«. Vielleicht kann er seine Führungsschwäche durch eine steigende Konjunktur verdecken. Aber in solchen Zeiten wird jeder Heiopei (rheinländisch: Blödmann) auf den Olymp des Erfolgs gespült. Entscheidend ist, wie es wird, wenn sich die Schlinge am Hals zuzieht. Die beschriebenen Führungsfehler sind nur »weicher Kram«. Aber dieser weiche Kram sorgt dafür, dass am Ende die harten Fakten darunter leiden. Auf einmal sind die Zahlen hinter Plan, der Umsatz geht zurück, die guten Mitarbeiter verlassen das Unternehmen, die Qualität sinkt, die Kunden werden unzufrieden, die Zahlen liegen noch mehr hinter Plan … Und die Schlinge zieht sich langsam immer weiter zu.

Oft habe ich mich gefragt, warum ich diese und ähnliche Verhaltensweisen in der Praxis immer wieder beobachten muss. Eines fiel mir bei genauerem Hinsehen besonders auf: Alle schwachen Chefs zeigen keine konkrete Richtung für das Unternehmen und die Menschen auf. Sie streben auf keinen attraktiven Horizont zu, haben keine motivierenden Geschichten zu erzählen, sondern fordern bestenfalls noch Umsatz – oder EBIT-Wachstum. Doch dafür reißt sich heute kein Mitarbeiter mehr ein Bein aus.

Die fünf Merkmale verantwortungsloser Mitarbeiter

Aber es gibt nicht nur schwache Chefs, die ein Unternehmen gefährden. Es gibt auch schwache Mitarbeiter. Wenn es um Leben und Tod geht, will niemand solche Leute an seiner Seite wissen. Denn sie übernehmen gleich auf fünffache Weise keine Verantwortung und sind damit genauso gefährlich wie schwache Chefs.

Merkmal 1: Sie übernehmen keine Selbstverantwortung

Solche Mitarbeiter verhalten sich wie Opfer. Quietschen rum. Haben eine negative Haltung. Fordern ständig, dass irgendwer irgendwas für sie tun muss. Solchen Opfern kann man nur eines sagen: »Niemand muss etwas für dich tun!« Im Gegenteil: Ein starker Mitarbeiter übernimmt selbst Verantwortung für sich und sein Leben. Heißt: Er weiß sich zu helfen. Und wenn er nicht weiterkommt, weiß er, wen er fragen kann. Jedoch aus einer Position der selbstbewussten Stärke heraus – und nicht als Opfer mit der Sehnsucht nach einer »Bitte kümmert euch um mich«-Haltung.

Merkmal 2: Sie schalten den Kopf aus und sind anspruchslos

Es ist manchmal erschreckend, wie viele Menschen ihr Gehirn am Eingang zur Firma abzugeben scheinen. Ein Unternehmer ließ einen Baumstamm quer in den Firmenhof legen. Morgens stand er in seinem Büro am Fenster und sah zu, was passiert: Nichts! Die Mitarbeiter gingen um den Baumstamm herum. Manche stiegen drüber. Keiner räumte ihn weg. Es kam nicht einmal die Frage: »Was soll das?« Man kann von jedem Mitarbeiter erwarten, dass er wenigstens für einen Euro mitdenkt. Die Messlatte höher hängt und nach Verbesserungen strebt. Denn wer nicht anspruchsvoll ist, landet im Mittelmaß. Und Mittelmaß ist über kurz oder lang vom Aussterben bedroht.

Merkmal 3: Sie warten passiv ab, bis Papa sagt, wo’s langgeht

Die New-Work-Bewegung schreit derzeit laut nach mehr Verantwortung für die Mitarbeiter. Doch wie soll das funktionieren, wenn viele Menschen gar keine Verantwortung übernehmen wollen? Viele zeigen noch nicht einmal Eigeninitiative. Sie warten viel lieber, bis der Chef sagt, wo’s langgeht. Wohin soll diese Haltung führen? Wir brauchen Mitarbeiter im Team, die Eigeninitiative zeigen. Heißt in banalen Worten: Wenn ein Stück Papier auf dem Boden liegt, aufheben und wegschmeißen! Um Themen kümmern, auch wenn diese nicht in der eigenen Stellenbeschreibung stehen. Das gilt übrigens auch, wenn ein Baumstamm quer auf dem Firmenhof liegen sollte.

Merkmal 4: Sie zählen Arbeitszeit statt Ergebnisse

In den Arbeitsverträgen steht, wie viele Stunden ein Mitarbeiter zu arbeiten hat. Die schwachen Kollegen halten sich daran auch. Und zwar nur daran. Doch es reicht nicht, wenn sie physisch ihre Zeit absitzen. Dann bleiben sie lieber gleich zu Hause. Stattdessen brauchen wir Menschen, die Lust auf Leistung haben. Die Ergebnisse liefern. Die sich zuverlässig anstrengen, damit wir das Spiel um Leben und Tod gewinnen.

Merkmal 5: Sie sind selbstzufrieden

Das Alter erhöht zwar die Chance, dass die Weisheit mitwächst. Jedoch scheint es bei vielen auch dafür zu sorgen, dass sie träge werden und stur an alten Gewohnheiten festhalten. Man hat sich in seiner Komfortzone eingerichtet. Das wäre auch in Ordnung, wenn die Welt sich nicht verändern würde. Doch wir leben in einer dynamischen Welt der scharfen Veränderungen. Starke Mitarbeiter sind deswegen auch heiß darauf, sich ständig weiterzubilden. Neues zu lernen. Bestehendes zu verbessern. Sie streben danach, für ihre Leistung befördert zu werden. Können sich neuen Situationen anpassen. Das sind die Leute, die wir brauchen. Denn nur so haben wir eine Chance, trotz der ganzen Veränderungen zu überleben.

Wenn Sie mit Ihrem Unternehmen erfolgreich sein wollen, sind es eben nicht nur die Zahlen, Daten, Fakten, die eine Rolle spielen. Sie müssen zusätzlich den »weichen Kram« beherrschen. Heißt zweierlei: Erstens gute Führungsarbeit leisten, die mehr auf Einfluss (»Power of Influence«) und weniger auf Druck und Macht (»Influence of Power«) basiert. Und zweitens eine Arbeits- und Führungskultur entwickeln, mit der Sie nachhaltig für Ergebnisse sorgen.

Gegenwart machen: Die zwölf Todsünden ausmerzen

Manchmal sind die beschriebenen Todsünden bei schwachen Chefs oder Mitarbeitern offensichtlich. Ein anderes Mal zeigen sie sich erst auf den zweiten Blick. Oder es treffen vielleicht nur vereinzelte Punkte zu. Deswegen schauen Sie sich aufmerksam um: Wie sieht es in Ihrem Unternehmen aus? Finden Sie Beispiele für schwache Chefs oder verantwortungslose Mitarbeiter? Und vor allem: Sind Sie selbst einer davon?

Hast du das Zeug zum Führen?

Wenn Sie Brötchen backen, sind Sie ein Bäcker. Wenn Sie Produkte verkaufen, sind Sie ein Verkäufer. Und wenn Sie Menschen führen, sind Sie … ein Führer?

Vielleicht zucken Sie beim Lesen dieser Frage ein bisschen zusammen. Das tue ich auch. Darf man so etwas in Deutschland fragen? Mein erster Impuls: Ja. Unbedingt sogar! Denn wir haben in Deutschland eine echte Führungskrise. Die Herausforderungen unserer Zeit sind umfassend: Digitalisierung, internationaler Wettbewerb, Fachkräftemangel, ausreichend Arbeit für die Bevölkerung, Vergewaltigung unseres Planeten. All dies gefährdet die Zukunftsfähigkeit unserer Unternehmen und das Überleben von uns Menschen. Wenn wir in einer lebenswerten Zukunft ankommen wollen, brauchen wir dringend wirkungsvolle Führung.

Aber dürfen wir dann die Person, die führt, einen Führer nennen?

Es gibt mehrere Gründe dafür und dagegen. So ist das Wort heute in Wortzusammensetzungen durchaus üblich: Spielführer, Reiseführer und selbst Unternehmensführer. Nur wenn es für sich steht, tun wir uns schwer. Obwohl das Wort »Führer« die klarste, direkteste und stärkste Formulierung ist, die uns die deutsche Sprache bietet, wenn es um die Bezeichnung eines Menschen geht, der führt. Wenn wir uns gegen diese Wortwahl entscheiden und stattdessen eine Umschreibung wählen – zum Beispiel Leader, Vorgesetzter oder Führungskraft –, dann ist der erste Schritt in die Welt der Führung bereits mit verbalem Weichspüler verseucht.

Am liebsten würde ich das Wort »Führer« dekontaminieren. Einen Weg finden, mit dem wir vergessen – ohne dass wir vergessen. Sodass wir dem Wort im Unternehmenskontext wieder eine positive Bedeutung schenken können. Ich will mich stark machen für eine menschenfreundliche, respektvolle Welt, in der wir jemanden, der führt, auch selbstbewusst einen Führer nennen dürfen.

Mir den Mund verbieten und meine Meinungsfreiheit nehmen lassen will ich nicht. Denn wir alle haben die Freiheit, zu sagen, was wir wollen, solange wir gegen kein Gesetz verstoßen. Doch mit jedem Wort, das wir verwenden, ist auch die Verantwortung verbunden, was dieses Wort vielleicht an Empfindungen beim Gesprächspartner auslöst. Die Nazis sind kein Fliegenschiss der deutschen Geschichte. Sondern menschenverachtende Mörder, die einen der grausamsten Völkermorde begangen und darüber hinaus unfassbar viel Leid verursacht haben. Dieser Schmerz sitzt bei vielen Betroffenen und ihren Nachfahren tief, und ich möchte niemandem durch die Verwendung des Wortes »Führer« in meinem Buch wehtun.

Doch auch die Art und Weise, wie wir als Gesellschaft öffentliche Debatten führen, beeinflusst meine Entscheidungsfindung. Denn gerne werden einzelne Wortfetzen aus dem Kontext gerissen und in der Öffentlichkeit (fehl-)interpretiert. Die damit verbundene Meinungsäußerung hat dabei entweder den Tiefgang einer Twitter-Nachricht oder findet unterhalb aller Gürtellinien statt. Beides hat zur Folge, dass es an inhaltlicher Tiefe mangelt, die Diskussion schnell unsachlich wird und man auch mal aufs Übelste beschimpft wird. Bezogen auf mein Buch stürzen sich die geistigen Blindgänger auf das Wort »Führer« und unterstellen mir gar noch eine falsche Gesinnung – während sie die Botschaft meines Buches und den Kontext völlig ignorieren.

Aus diesen Gründen habe ich mich gegen die Verwendung des Begriffs »Führer« entschieden.

Das Gewicht deiner Position tragen

Doch wie nennen wir nun einen Menschen, der führt? In der Diskussion mit einem Unternehmer kam die Idee auf: Führerin. Das hätte einen gewissen Charme. Und würde auch gut in den Wahnsinn der geschlechtsoptimierten Sprache passen. Ich habe mich jedoch für etwas anderes entschieden. Denn das, was uns Menschen in den rund 300 000 Jahren unserer Geschichte bis heute erfolgreich gemacht hat, ist, dass wir in Clans unterwegs waren. Und ein Clan braucht einen Anführer.

Heute sind wir ebenfalls in Clans unterwegs. Ob als Unternehmen, Team, Familie oder im Freundeskreis – der Mensch tut sich gern in Gruppen zusammen. Der Haken in den Unternehmen ist, dass mittlerweile Menschen auf Führungspositionen angekommen sind, die nicht das Zeug zum Anführer haben. Auf diesen Positionen hätten sie eigentlich gar nichts zu suchen. Doch das fällt nicht auf, solange es gut läuft. Denn dann ist es keine Kunst, zu führen. Wie Sie aus den »zwölf Todsünden« wissen, trägt eine brummende Konjunktur jeden Heiopei auf den Gipfel. Dafür braucht man kein Talent. Das passiert nämlich von allein. Entscheidend ist die Frage, wie gut Sie sind, wenn die Umstände widrig werden. Wenn Sie gegen die Strömung schwimmen müssen. Wenn die Konjunktur schwächelt. Der Umsatz einbricht. Innovationen nicht funktionieren. Schlüsselpersonen oder gar ganze Teams zum Wettbewerb wechseln. Starke Anführer zeigen sich dann, wenn es um Leben und Tod geht.

Doch einige Unternehmen haben mit ihren Karrierepfaden und Führungsentwicklungsprogrammen einen Weg eingeschlagen, der in die falsche Richtung läuft. Statt starke Anführer auszubilden und die Ansprüche an sie zu heben, werden die Hürden für Anführer gesenkt. Es sollte sich herumgesprochen haben: Fachliche Qualifikation oder operative Erfolge machen noch keinen starken Anführer aus. Es ist schön, 360-Grad-Feedback einzuführen oder »Healthy Leadership« zu trainieren, aber das reicht für einen starken Anführer nicht aus. Starke Anführer übernehmen Verantwortung. Besitzen Entscheidungsstärke. Beherrschen Umsetzungskonsequenz. Sie halten den Kopf hin, vor allem dann, wenn es schiefgeht.

Den bisher gröbsten Fehlgriff habe ich bei einem großen Konzern erlebt. Ein Mitarbeiter der Personalabteilung erzählte mir stolz davon, das Unternehmen habe »Shared Leadership« eingeführt. Begründung: Etablierte Führungskräfte fühlten sich überlastet – und potenzielle Nachwuchsführungskräfte halten sich zurück, weil sie den Zeiteinsatz der Führungsposition scheuen. Gemeinsam fordern sie mehr Work-Life-Balance. Shared Leadership bedeutet nun, dass sich zwei Menschen eine Führungsposition teilen, indem beide nur noch in Teilzeit arbeiten. Das erfordert natürlich einen enormen Abstimmungsaufwand. Solange alles glatt läuft, funktioniert der Ansatz vielleicht. Doch das Chaos beginnt, wenn Mitarbeiter versuchen, die beiden Führungskräfte gegeneinander auszuspielen. Das ist wie zu Hause: Wenn das Kind bei Mama keine Zustimmung bekommt, versucht es sein Glück eben bei Papa. Wenn dann auch noch die Erfolge ausbleiben und der Druck im Team steigt, stellt sich schnell die Frage: »Wer trägt jetzt die Verantwortung?« Wenn Sie in Ihrem Unternehmen starke Anführer entwickeln wollen, senken Sie nicht den Anspruch an Führungspositionen. Erhöhen Sie ihn! Machen Sie nur die Menschen zum Anführer, die auch das Zeug dazu haben. Messlatte hoch, nicht runter! Das muss der Maßstab sein. Und wer führen will, sollte auch die Fähigkeiten – oder zumindest das Potenzial – mitbringen, um den Anforderungen eines Anführers gerecht zu werden.

Die Führungsstärken eines Anführers beweisen sich vor allem in stürmischen Krisenzeiten.

Wer führt, muss in der Lage sein, das Gewicht der Position zu tragen. Diskussionen über das Geschlecht, Reduktion der Anforderungen, um sich der nicht vorhandenen Stärke einer potenziellen Führungskraft anzupassen, der Ruf nach Work-Life-Balance für Manager – all das können Sie sich gern erlauben, wenn die Konjunktur Sie sowieso zum Erfolg spült. Doch damit gehört Ihr Unternehmen zu den todgeweihten, sobald es auf Ihrer Reise plötzlich um Leben und Tod geht. Denn all diese Wohlfühlkriterien stellen nicht sicher, dass die Person in der Führungsposition auch wirklich das Zeug zum Anführer hat.

Böse Überraschung

Der Anfang meiner Karriere: Mit Partnern baue ich in der Finanzindustrie einen Mittelstandsfonds auf. Es geht steil bergauf. Der Kalender ist voll. Es gibt viel zu tun. Entsprechend unruhig kann ich es beim Sportarzt kaum erwarten, dranzukommen. Routine-Check.

»Die Ergebnisse sind alle wunderbar.« »Na also«, denke ich und bin schon wieder in Aufbruchstimmung. Doch so schnell komme ich nicht davon. »Ich würde gerne noch Ihre Schilddrüse untersuchen«, sagt der Arzt. Und so liege ich auf der Pritsche und starre an die Decke, während er das kalte Gel mit dem Ultraschallkopf auf meinem Hals verteilt. Und dann der Schock: »Schauen Sie mal hier, Herr Holzer. Das sieht nach einem Tumor aus.« »Ach du Scheiße!«, platzt es aus mir heraus.

Ein paar Wochen später bin ich um eine Schilddrüse ärmer und eine OP reicher. Ich liege in einer renommierten Klinik. Und mir laufen die Tränen. Einfach so. Angst, Freude, Hoffnung, Wut und Dankbarkeit mischen sich zu einem überwältigenden EmotionsCocktail. Es ist das erste Mal, dass ich weine, seit ich die böse Überraschung mitgeteilt bekommen habe. Mir wird klar, dass ich es bis hier nur geschafft habe, weil ich meine Gefühle während des Kampfes unterdrückt habe. Das »Projekt Krebs« bin ich rational und ergebnisfokussiert angegangen. Der erfolgreiche Kampf hat mich zum Glück nicht gebrochen. Er hat mich stärker gemacht. Aber nicht, ohne seine Spuren zu hinterlassen. Und dass ich jetzt hier liege und heule, ist keine Schwäche: Ich lasse meine Gefühle zu, nachdem der Krieg vorbei ist. Und das tut meiner Seele verdammt gut!