Führung und Stabsarbeit - Dominic Gißler - E-Book

Führung und Stabsarbeit E-Book

Dominic Gißler

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Beschreibung

In der Gefahrenabwehr und im Krisenmanagement ist die stabsmäßige Führung ein bewährtes Mittel, um außergewöhnliche Situationen zu bewältigen. Die Kritikalität und Komplexität von Einsätzen stellen höchste Ansprüche an das Führungssystem mit den darin handelnden Führungspersonen. Im Buch wird das stabsmäßige Führen anschaulich definiert. Es werden Werkzeuge vorgestellt und Verhaltensweisen aufgezeigt, mit denen Führungspersonen in und mit Stäben effizient, effektiv und damit (selbst-)wirksam arbeiten können. Für die Umsetzung werden passende Trainingsmethoden erläutert. Die praktische Anwendung der vorgestellten Werkzeuge wird in Tutorial-Videos illustriert. Mit dem Beurteilungsverfahren Erfolg der Stabsarbeit (BV-EdS) wird ein universales Evaluationsinstrument vorgestellt, um stabsmäßige Führung von Einsätzen erfassen und beurteilen zu können. Das Fach- und Lehrbuch richtet sich an praktizierende Führungspersonen, Multiplikatoren und Ausbildungsinstitute. Mit einem Vorwort des Leiters der Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.

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Prof. Dr. Dominic Gißler

[3]Führung und Stabsarbeit

Verstehen – trainieren – evaluieren

2., erweiterte und überarbeitete Auflage

Verlag W. Kohlhammer

[4]Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen und sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche gekennzeichnet sind.

Die Abbildungen stammen – soweit nicht anders angegeben – von dem Autor.

2. Auflage 2024

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Videodreh und Umschlagsbild: Tim Fülle Medienproduktion

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-042964-2

E-Book-Formate:

pdf: ISBN 978-3-17-042966-6

epub: ISBN 978-3-17-042967-3

Für den Inhalt abgedruckter oder verlinkter Websites ist ausschließlich der jeweilige Betreiber verantwortlich. Die W. Kohlhammer GmbH hat keinen Einfluss auf die verknüpften Seiten und übernimmt hierfür keinerlei Haftung.

[5]Inhaltsverzeichnis

Vorwort zur zweiten Auflage

Methodik von Führung und Stabsarbeit

Grundsätze der Stabsarbeit

Werkzeuge der Stabsarbeit

Einleitung

1

Einführung in Führung und Stabsarbeit

1.1

Führung

1.2

Stabsarbeit

1.3

Einsätze und Führungssysteme

1.4

Training zur Entwicklung und Unterhaltung

1.4.1

Entwicklungsstadien

1.4.2

Trainingsgebiete

1.5

Ganzheitlicher Blick

2

Stabsarbeit | Lernen von Teams mit höchstem Erfolgsanspruch

2.1

Schlüsselerkenntnisse aus der Studie

2.2

Schlussfolgerungen

3

Verhalten in Stäben trainieren

3.1

Wichtige nicht-technische Fähigkeiten

3.1.1

Lagebewusstsein

3.1.2

Entscheiden

3.1.3

Kommunikation

3.1.4

Teamarbeit, Führung und Umgang mit Fehlern

3.2

Bedeutungsorientierte Trainingsmethodik

3.2.1

Erfahrungsbasiertes Lernen

3.2.2

Strukturierte Nachbesprechung

3.2.3

Lernen nach dem Double-Loop-Prinzip

3.2.4

Übergeordneter Trainingsablauf

3.2.5

Integration von bedeutungsorientierten Lernmethoden in die Stabsarbeit

4

Werkzeuge der Stabsarbeit

4.1

Der Stabsablauf

4.2

Führungsrhythmus

4.3

Aufbau- und Ablauforganisation

4.3.1

Aufbauorganisation festlegen

4.3.2

Ablauforganisation festlegen

4.4

Ereignismodell, Einsatzmodell und Dashboard

4.4.1

Einsteigen

4.4.2

Einleitung in die Aufgabe

4.4.3

Themenspeicher eröffnen

4.4.4

Ereignisinformationen

4.4.5

Einsatzinformationen

4.4.6

Informationen verarbeiten und Wissen managen

4.4.7

Dashboard

4.5

Analyse und Beurteilung

4.6

Zeitstrahl und Vorhersage

4.7

Entscheiden

4.7.1

Entscheidungen formulieren

4.7.2

Strategieentwicklung

4.7.3

Ziel entwickeln

4.7.4

Optionen entwickeln und vergleichen

4.7.5

Strategien formulieren

4.8

Maßnahmen planen und nachverfolgen

4.9

Aufträge erteilen

4.10

Lagebesprechung und Arbeitsphasen

4.10.1

Generische Klarliste für Lagebesprechungen und Entscheidungen

4.10.2

Innehalten

4.10.3

Führen durch Fragen

5

Führungssystem auf fachliche Anforderungen ausrichten

5.1

Architektur des Führungssystems auf mögliche Ereignisse ausrichten

5.2

Szenarien definieren

5.3

Anforderungen erheben und fachliche Leistungsfähigkeit festlegen

5.4

Entwicklung und Weiterentwicklung

5.5

Mehrwert für Entscheiden und Vorbereitung

5.6

Strategischer Mehrwert

6

Stabsarbeit evaluieren

6.1

Ansatz und Anforderungen

6.2

Methodik

6.3

Beurteilungsverfahren Erfolg der Stabsarbeit (BV-EdS)

6.4

Beobachtungsleitfaden für das Funktionieren des Stabes und das Vorgehen von Führungspersonen

6.4.1

Evaluation: Vorhaltung der Führungsunit und systematische Einsatzvorbereitung

6.4.2

Evaluation Funktionieren des Stabes und Handlungsweise der Führungspersonen

6.4.3

Ergebnis der Arbeit des Stabes

6.4.4

Zusammenfassende Beurteilung

6.5

Beurteilungsleitfaden für Führungsleistungen und Einsätze

6.5.1

Vorgehen

6.5.2

Führungsleistungen

6.5.3

Einsatzresultate

6.5.4

Maßstab für Einsatzergebnisse

6.5.5

Gütegrade der Führungsleistung

7

Schlusswort und Ausblick

7.1

Implikationen für den Bevölkerungsschutz

7.2

Professionalisierung durch Spezialisierung

7.3

Epilog

Literaturverzeichnis

[7]In diesem Buch werden, sofern möglich, geschlechterneutrale Formulierungen gewählt. In manchen Fällen ist dies aufgrund der erforderlichen semantischen Präzision nur schwer möglich. So ist mit »Stabsleiter:in« exakt die Funktion einer durch eine Einzelperson ausgeübten Rolle gemeint, die durch eine bestimmte Person ausgeübt wird. Der Begriff der »Stabsleitung« kann dahingegen auch als mehrere zu einem Organ gebündelte Funktionen oder als eine Instanz verstanden werden, was ungenau wäre.

[9]Vorwort zur zweiten Auflage

Als begeisterter Pädagoge, ehemaliger Sportlehrer und heutiger Abteilungspräsident der Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung (BABZ) fällt mir beim Titel des Buches von Prof. Gißler der Begriff »trainieren« unmittelbar positiv ins Auge.

Was haben »Führung und Stabsarbeit« mit Training gemeinsam?

Training hat vor allem das Ziel, durch strukturierte Abläufe und durch wiederholte, kontinuierliche Impulse und Inputs individuelle Fähigkeiten und Fertigkeiten durch Verhaltensanpassungen kontinuierlich zu verbessern. Dabei ist Training ein ganzheitlicher Prozess, der sich quasi auf die Anpassung von Körper, Geist und Seele bezieht, um die eigenen Handlungskompetenzen für entsprechende Herausforderungen jederzeit optimal auf hohem Niveau verfügbar und abrufbar zu machen. Es bezieht sich demnach auf die Fortentwicklung des Verhaltens sowohl von Einzelpersonen als auch von Teams. Die Analogien des Begriffs aus dem Sport zum Thema des Buches »Führung und Stabsarbeit trainieren« liegen auf der Hand.

Das vorliegende Buch bietet den Leserinnen und Lesern somit einen hervorragenden »Trainingsplan«, um die eigenen Kompetenzen in den Handlungsfeldern der Stabsarbeit mit dem Ziel der effektiven Führung und Leitung in Krisen und Katastrophen durch Verhaltensanpassungen kontinuierlich zu verbessern. Die zweite Auflage macht das Buch durch die Erweiterung um die Aspekte des »Verstehens und Evaluierens« zudem zu einem Fachbuch, das systematische Hinweise zur kontinuierlichen Verbesserung der Fähigkeiten zur optimalen Führung und Leitung gibt.

Der von mir sehr geschätzte Kollege Prof. Hermann Schröder schrieb im Vorwort zur ersten Auflage des Buches zutreffend: »Führen ist eine Kunst, die viel Erfahrungen, Kreativität und Entscheidungsfreude bedarf«!

Effektive und effiziente Stabsarbeit ist bei komplexen Lagen dabei der Schlüssel zum Erfolg und ist ebenfalls eine hohe Kunst und Herausforderung für alle Beteiligten.

Neben Erfahrung, Kreativität, Talent und Entscheidungsfreude bedarf es vor allem einer umfangreichen, verbindlichen Qualifizierung von Entscheidern, Verantwortlichen und Führungskräften im Rahmen nachhaltiger sowie handlungs- und kompetenzorientierter Aus- und Fortbildung.

[10]Die aktuellen Katastrophen und Krisen der jüngsten Vergangenheit und Gegenwart haben oftmals deutlich gemacht, dass es gerade an der persönlichen Qualifizierung für die hochkomplexen Herausforderungen der Führung und Leitung im Rahmen von Stabsarbeit mangelt. Alle Akteure müssen sich ihrer Verantwortung sehr bewusst sein! Mangelnde Qualifikation in diesen Handlungsfeldern kann im schlimmsten Fall Menschenleben kosten. Insofern ist das vorliegende Buch geradezu eine Pflichtlektüre für diejenigen, die in Krisen und Katastrophen Verantwortung tragen oder in Stäben haupt- oder ehrenamtlich Aufgaben wahrzunehmen haben.

Das Werk zeichnet sich vor allem durch einen ganzheitlichen Blick auf alle Aspekte der »Kunst der Stabsarbeit« aus und beschränkt sich ausdrücklich nicht nur auf technische Fähigkeiten. Es schafft somit durch die Lektüre bei den Leserinnen und Lesern ein umfassendes Bewusstsein für die Komplexität der Führung und Stabsarbeit bei außergewöhnlichen Lagen.

Dem Autor ist es hervorragend gelungen, seine wissenschaftliche Kompetenz praxisgerecht und verständlich zur Wirkung zu bringen. Das Buch ist somit eines der längst überfälligen »Handbücher für die Stabsarbeit«. Es ist ein weiterer gelungener Beitrag, wesentliche Aspekte der Stabsarbeit bei komplexen Lagen wissenschaftlich fundiert sowie praxisgerecht darzustellen und somit zu standardisieren. Damit steht es u.a. durchaus in der Reihe des meinerseits 1997 herausgegebenen »Handbuches für Technische Einsatzleitungen«, des Werkes »Führen im Einsatz« (2004) von Hans-Peter Plattner sowie dem »Handbuch Stabsarbeit« (2016 und 2022) herausgegeben von Gesine Hofinger und Rudi Heimann.

Als Lernbuch ergänzt es die Aus- und Fortbildung hervorragend. Es gibt Lernenden und Lernbegleitern gleichermaßen wertvolle fachlich-inhaltliche sowie didaktisch-methodische Hinweise, um Führung und Stabsarbeit zu trainieren und um Trainingsprozesse zu arrangieren.

Thomas Mitschke, im August 2024ehemaliger Abteilungspräsident/Leiter der Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung (BABZ) im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK)

[11]Methodik von Führung und Stabsarbeit

Die Methodik von Führung und Stabsarbeit beschreibt das Führungshandwerk als Set aus Instrumenten und Vorgehensweisen von Führungspersonen bei der (stabsmäßigen) Führung von Einsätzen in der Gefahrenabwehr und im Krisenmanagement. Die Anwendung ist eine handwerkliche Tätigkeit, die allgemein aus Verhalten, Methoden und Mitteln bzw. genauer aus Grundsätzen, Werkzeugen, Detail- und organisationsspezifischen Spezialwerkzeugen sowie Hilfsmitteln zur Operationalisierung besteht. Mit dieser Methodik werden Vorgehensmodelle wie der allgemeine Führungsvorgang oder auch das spezifischere FOR-DEC-Modell mit konkreten Methoden hinterlegt. Die Methodik muss im konkreten Umfeld der eigenen Führungsunit als vorgehaltener Stab umgesetzt werden. Sie steht aus theoretischer Sicht stets in Wechselwirkung mit der Arbeitsumgebung, der Kultur und allen Elementen des vorgehaltenen Führungssystems, welches seinerseits auf vorgegebenen oder organisationstypischen Systematiken beruhen kann. Die Methodik beschreibt »wie« man führt. Sie gibt nicht an, »was« inhaltlich getan werden muss, also welche fachlichen Strategien angewandt werden. Um führen zu können sind beide Teile (universale Techniken und fachlich-inhaltliche Strategien) erforderlich.

Im vorbereitenden Trainingsbereich werden Führung und Stabsarbeit durch die in diesem Buch vorgestellte Methodik verstehbar und erlernbar. Im retrospektiven Bereich der Evaluation von Übungen und Einsätzen werden das Handeln der Führungsperson, die Sicht auf den Einsatz und damit letztlich die Vorgehensweise des Führungsorgans nachvollziehbar. Damit wird dem Erfordernis entsprochen, dass Führung erlernt werden können muss, damit Einsätze möglichst unabhängig von individuellen Stilen, Erfahrungen, Vorlieben oder Talenten von Führungspersonen sind. Durch den methodenbasierten Ansatz werden Schwächen eines rein personenzentrierten Ansatzes vermieden. Diese beiden Ansätze stehen dennoch gleichberechtigt nebeneinander. Die Personenzentrierung ist eher für die Personalauswahl relevant und die Methodenzentrierung hat bei der Ausübung der Führungsarbeit mehr Bedeutung. Die Methodik der Führung ist rückwärts vom Einsatzergebnis her und damit von der Wirkung her aufgebaut. Sie entspricht dem Anspruch an eine universale Theorie über die Einsatzführung, nämlich dass Führung durch verschiedene Personen unter angenommenen gleichen Bedingungen zu gleichen Einsatzergebnissen führt (ceteris paribus). Methodisches Vorgehen führt zu Souveränität, weil sich Führungspersonen um »die Führung« als Art und Weise des Verfahrens keine Gedanken machen müssen und sich auf »das Führen« als gegenwärtiges [12]Erfordernis konzentrieren können. Damit ist jedoch kein »Schema F« gemeint, das eher das inhaltliche Vorgehen bzw. stark problembezogene Lösungsmuster bezeichnet. Vielmehr schafft die Methodik einen schematischen, generischen Rahmen für den Inhalt. Durch ein methodisches Vorgehen kann eine Führungsperson zeigen, dass sie ihr »Handwerk beherrscht«. Zwar kann dabei nicht ausgeschlossen werden, dass trotzdem kleinere Fehler (in etwa Lapsus, Fauxpas, Schnitzer), gröbere Fehler (z.B. unpassende Situation Awareness, unpassende Entscheidungen) oder Ausführungsfehler geschehen. Wohl aber können systematische und ein stückweit prozedurale Fehler vermieden werden. Damit kann die Voraussetzung verbessert werden, um auch (und gerade mit) Ereignissen umzugehen, die einen vernünftigerweise nicht vorherzusehenden Verlauf nehmen, die für die Führungsperson subjektiv komplex sind oder in jeglichen Dimensionen maximal sind. Besonders anspruchsvoll sind die Erstphasen von Einsätzen, in denen Gefährdungen gerade entstehen, sich auszuwirken beginnen und die Mission zusätzlich zur Abwehr gegenwärtiger Gefahren schon auf längere Sicht ausgerichtet werden muss. Stark vereinfacht kann gesagt werden, dass ein methodisches Vorgehen bei Führung und Stabsarbeit die Wahrscheinlichkeit handwerklicher Fehler verringert. Damit können im konkreten Einsatz Fahrlässigkeit und in der Vorhaltung Organisationsverschulden vermieden werden.

Merke:

Die Methodik von Führung und Stabsarbeit beschreibt das Führungshandwerk. Die dazugehörigen persönlichen Verhaltensweisen und die Anwendung der Methoden kann einerseits erlernt werden. Andererseits macht das methodische Vorgehen den Führungsakt nachvollziehbar und fördert dadurch die Qualität.

Die Grundsätze der Stabsarbeit beschreiben förderliche Verhaltensweisen für das Arbeiten in einem konkreten Stab bzw. in einer allgemeinen Führungsunit. Sie richten sich an die Mitglieder des Stabes um ein individuelles förderliches Verhalten in Ausbildung, Training und Einsatz zu fördern. Die Werkzeuge der Stabsarbeit stehen für allgemeine Methoden der Führung. Sie dienen je nach Zielrichtung der jeweiligen Rolle von Stabsmitgliedern zur Erledigung typischer Führungstätigkeiten. Die Werkzeuge können sowohl bei aufgabenteiliger Führungsarbeit (wie in einem Stab) als auch bei integraler Führung (durch eine einzelne Führungsperson) angewendet werden. Die Werkzeuge im abgebildeten Werkzeugkasten stehen für Überkategorien und damit gewissermaßen als Hauptinstrumente. Damit kann ein Großteil der Führungsaufgaben erledigt werden. Sie werden ergänzt durch die Detailwerkzeuge in ►Tabelle 1. Manche dieser Detailinstrumente sind eher speziell zur Bearbeitung von sehr dezidierten Aufgaben. Andere sind eher universal und tragen zur Lösung [13]mehrerer Führungsaufgaben bei. Das Set wird komplettiert durch organisationsspezifische Spezialwerkzeuge aus den jeweiligen Anwendungsbereichen wie dem Betrieb von Wirtschaftsunternehmen, aus den Bereichen Feuerwehr, Katastrophenschutz, Polizei, Rettung, Verwaltung oder Zivilschutz.

Merke:

Stabsarbeit ist eine Art der Führungsarbeit. Die zur Führung notwendigen Methoden sind im Grunde universal. Die Instrumente, um in Stabsformation eine fachliche Aufgabe bearbeiten zu können, setzten sich aus technischen und nichttechnischen sowie aus fachlichen Fähigkeiten zusammen.

Die folgenden Übersichten dienen als Quick-Reference. Darin sind die Kernaussagen des Buches zusammengefasst, die für Ausbildung, Training und Einsatz verwendet werden können. Ihre Anwendung bedingt mehr oder weniger viel Hintergrundwissen, das im Buch vermittelt wird.

[14]Grundsätze der Stabsarbeit

Bild 1: Nach der wissenschaftlichen Fallstudie »Stabsarbeit – Lernen von Teams mit höchstem Erfolgsanspruch«, Gißler u. Fiedrich, 2016

[15]Werkzeuge der Stabsarbeit

Bild 2: Die Werkzeuge der Stabsarbeit. Die Signets befinden sich zur Orientierung und Erinnerung an passender Stelle im Buch. [zurück]

[16]Tabelle 1: Aufgaben und zugehörige Detailwerkzeuge der Führung [zurück]

Zu bearbeitende Aufgabe/zu lösendes Problem

Detailwerkzeug, Methode

Einsatz aufbauen und weiterentwickeln

Strukturorganigramm

Räume, Aufgaben und Unterstellungen anhand Synergien und Koordinationsbedarfen sinnvoll zuschneiden

Abläufe entwickeln und vermitteln

Flow-Chart

Prozesslandkarte

Prozeduren, Ausführungsanweisungen

Aufgabenbeschreibungen oder Rollenkarten mit Quick-References in Sichthüllen, Tischunterlagen oder mittels Aufsteller am Arbeitsplatz

Abläufe verbessern, um die Effizienz und Zufriedenheit zu erhöhen

Den Ablauf einmal selbst aus Sicht der nachgeordneten Stelle erleben

Fehlerbaumanalyse

Reengineering (Neugestaltung), Reverse-Engineering (Einsatz dekomponieren und Teile neu kombinieren)

Schnelle Kommunikationsmittel nutzen wenn sie verfügbar sind; nur bei Nichtverfügbarkeit mit langsameren Mitteln arbeiten (Use-Cases definieren z.B. mit/ohne Elektrizität/Internet und das Führungssystem auch in der Vorhaltung auf diese separaten Fälle ausrichten)

Lean-Methode (Überlastung vermeiden, Kosten durch Prozessabweichung vermeiden, Unnötiges vermeiden)

Zuverlässigkeit erhöhen

Situationsberichte (Lagemeldungen) von Anforderungen (Bestellungen) in zwei Prozesse/Dokumente trennen und ohne Umweg/Zentralstelle direkt an Adressat übermitteln

Swiss-Cheese-Modell, Analyse des kritischen Pfades

Härtung von Systemen, Diversifizierung und Redundanz

Ausfälle einplanen, Reserven bilden

[17]Zusammenarbeit verbessern

Single-Point-of-Contact (SPOC) anstelle von Zentralstellen

Schriftliche und mündliche Kommunikation kombinieren

Zwischenmenschliche Beziehung aufbauen

»Stab und Einsatzabschnitt« besser als »Betreuer und Partner« verstehen

Anforderungen aus dem Einsatz als Kundenbetreuung verstehen (z.B. Historie und Protagonist:innen kennen, proaktiv Überblick über Bestellstatus geben)

Anforderungsmanagement optimieren

Status von Bestellungen nachvollziehbar machen und transparent halten

Reservenbildung zulassen, jedoch sind diese zu benennen und ggf. aus übergeordneter Sicht zu kappen, zu verschieben oder zu zentralisieren

Verlässlichkeit und Kontinuität erzeugen

Führungsrhythmus einführen und standardisierte Aufgaben darin eintakten

Regeln einführen und Verbindlichkeit schaffen, indem z.B. Top-down und Bottom-up SPOC zu fixen Zeiten kontaktiert werden

Qualität von Lageberichten verbessern und sicherstellen, dass (nur) die benötigen Informationen erhoben und übermittelt werden

Schema von Berichten als ausfüllbares und maschinenlesbares Dokument vorgeben z.B. als Tabellenkalkulation

Stichpunkt festlegen und Nullmeldungen einfordern

Informationen bevorzugt numerisch erheben

Angaben zu Prognosen mit einfachen Skalen versehen wie etwa Anstieg um [X] pro Zeiteinheit

Freitextanteile ermöglichen, aber gering halten

Verpflichtend eine mündliche Besprechung durchführen, um den Schriftteil des Berichts zu erläutern

[18]Informationsflut verringern

Nichts dem Zufall überlassen und das Informationsmanagement permanent weiterentwickeln

Organisatorische Regeln zu nachgeordneten und übergeordneten Stellen erlassen

Maschinenlesbare Texte

Situationsmeldungen und Bedarfsmeldungen nach vorgegebenen Schemata

Sammlung von Themen/Punkten für geplante, längere Gespräche zur Abstimmung

Hohem Informations- oder Anforderungsaufkommen aus bestimmten Einsatzteilen geschickt begegnen (nicht abwiegeln!)

(Temporäre) Anpassung der Verarbeitungskapazität im Stab z.B. durch 1:1-Spiegelung von räumlichen oder verrichtungsmäßigen Einsatzabschnitten durch feste Sachbearbeitungsstellen

Strategische Informationen generieren

Zu erhebende Variablen in Einsatzabschnitten vorgeben und (manuelles) Messsystem implementieren z.B. durch visuelle Beobachtung des Hochwasserverlaufs an kritischen Punkten mit direkter Verbindung zu den Beobachtenden

Aufwand für Berichte und Anforderungen verringern

Effizient arbeiten z.B. durch

Automatische Generierung von Meldungen durch Applikationen und Geräte

Nutzung von automatisierten Informationen aus dem Flottenmanagement, der Fernüberwachung von Fahrzeugen und Geräten

Brüche vermeiden (mündlich-schriftlich bzw. manuell-maschinenlesbar)

Aufhebung von Berichtspflichten wenn die Informationen auf der übergeordneten Ebene nicht tatsächlich benötigt werden

Perspektive vorgeben (Top-down) bzw. Perspektive gleich halten (Bottom-up) und Bezugspunkte zur Orientierung im Raum setzen z.B. bei der Luftbeobachtung

[19]Modelle vom Ereignis (Zielsystem) und vom Einsatz (Ausführungssystem) entwickeln

Unterscheiden in Modelle mit Raumbezug (Grundlage: GIS Modell) und mit Prozessbezug (Grundlage: Workflow) und diese nicht vermischen

Über räumliche/geografische Karten Layer legen und Informationen zu Bedeutungen aggregieren, indem die Auflösung verringert wird

Modelle stets als Abbild verstehen, die nur das Relevante zeigen und deswegen Unrelevantes für die jeweilige Führungsebene ausblenden

Handlungsbereiche und Überschneidungen sichtbar machen, um sie erkennen zu können

Probleme und Aufgaben einander als Strukturbild zuordnen

Gesamtproblem in Teilprobleme zerlegen, um Zusammenhänge und Folgen sichtbar machen

Struktur und Funktion des Problems als semantisches Netz darstellen

Netzplantechnik/MindMap anwenden

PUMA-Analyse durchführen

[20]Ereignis- und Einsatzverlauf antizipieren, um Zeitvorteile erarbeiten zu können (»Vor-die-Lage-kommen«)

In Situationsberichten für festgelegte Zeitabschnitte Vorhersagen für Ereignis und Einsatzmaßnahmen einfordern

Mittels Szenariotechnik systematische Zukunftsbilder entwickeln

Mittels Szenariotrichter den besten, wahrscheinlichsten und ungünstigen Verlauf vorhersagen

In die Zukunft gerichteter Zeitstrahl (kurz- oder langfristig) wobei die Fristigkeit sich an der Umwelt (z.B. Sonnenaufgang/-untergang) oder an Planungsabschnitten (z.B. Ende Gefahrenabwehr, Beginn Aufräumen) oder an der Durchhaltefähigkeit operativer Einheiten und an der Reaktionsfähigkeit/Trägheit des Führungssystems (Führung mit Auftrag) orientieren muss

Synchromatrix führen (Ereignis, Umwelt und eigene Maßnahmen in drei Zeitbändern)

Rückwärtsplanung

Kurzfristigen und langfristigen Bereich des Einsatzes an sinnvollem Punkt trennen (z.B. 12 h bzw. am nächsten Sonnenaufgang/Schichtwechsel)

Umgang mit unsicheren/fehlenden Informationen

Annahmen treffen und sukzessive härten/validieren

Mittels Szenariotechnik systematische Zukunftsbilder entwickeln

Mittels Szenariotrichter den besten, wahrscheinlichsten und ungünstigen Verlauf vorhersagen

[21]Unterschiedliche Zeithorizonte/Arbeitswelten der Führungsebenen transparent machen und Verantwortung aus Auftragstaktik verdeutlichen

Oberstes Führungsorgan muss zwangsläufig strategisch in die Zukunft denken; Mittlere Ebene denkt taktisch-operativ mit kurzfristig verfügbaren Mitteln; Operative, taktische Ebene wirkt in der Gegenwart

In Einsatzauftrag/Leitlinie zeitliche Zuständigkeiten mittels Auftragstaktik abgrenzen (z.B. Mittlere Ebene muss mit vorhandenen Ressourcen 4 h lang/bis zum Sonnenuntergang haushalten können; Oberste Ebene kann sekundär bei höchster Dringlichkeit Ressourcen herbeiführen die in 4 h bis 6 h benötigt werden; Oberste Ebene wirkt primär ab 6 h in der Zukunft/ab Einsatztag Nr. 2)

Synchronität von Planung und Ausführung steuern

Geschickte Schnittstellen wählen (Zeitlichkeit, Aufgabenmäßig)

Aktives Koordinieren

Zeitplanungsinstrumente anwenden

Daten und Informationen aggregieren, um Bedeutungen abzuleiten

Kernpunkte aus Besprechungen herausarbeiten mittels einfacher Mindmap

Problem- und Aufgabenfelder sichtbar machen mittels Baumdiagrammen

Überkategorien herausfinden durch tabellarische Ordnung

Auflösung verringern und damit auf Kernaussagen fokussieren

Aus Sicht der berichtsempfangenden Stelle/der Führungsperson/der Stakeholder denken

Kritische Prozesse mit Größen hinterlegen, um ihren Zustand verstehen zu können und einen Kontext herstellen zu können

Bezugsgröße/Kontext festlegen (z.B. simulierte Wasserstände aus Gefahrenkarten)

Performanz oder Verfügbarkeit von Schlüsselprozessen, Fähigkeiten, Ressourcen oder Produktgruppen messen und in Anteilen z.B. als Verhältnis oder Prozent darstellen

[22]Auswirkungen und Wirkungen größenmäßig erfassen, um Bedeutungen begreifen zu können

Zustände des Zielsystems mit Indikatoren versehen und als maschinenlesbare Daten erfassen

Bedeutungen erfassen, um Diagnosen stellen zu können

GAP-Analyse durchführen

Qualitativer oder quantitativer IST-Stand in Bezug zu einem SOLL-Stand setzen und dadurch zu Kennwerten machen z.B. durch Vergleich mit Zielgrößen, Schwellenwerten, Kipppunkten, Break-Evens

Zustand von Einsatz und Zielsystem auf einen Blick erfassbar machen

Kennwerte in einem Dashboard als grafische Oberfläche darstellen

Trends und Vorhersagen als Verläufe visualisieren

Zustände in Ampelkonten zeigen

Bedeutungen in räumlichen, zeitlichen oder ressourcenmäßigen Modellen darstellen um die Bedeutung erfassen zu können (z.B. prognostizierter Hochwasserstand in Bezug zu Siedlungsgebiet in geografischer 3D-Karte, Zeitbedarf von Maßnahmen in Bezug auf Kalendertag in Zeitstrahl, Verbrauch in Bezug auf Vorrat)

Zustände über die Zeit nachvollziehen können

Dashboards zu festgelegten Stichzeiten in geeignetem Dateiformat speichern und archivieren

Vorgeordnete Stellen zielgerichtet unterrichten

Regelmäßig einen Managementreport als »Onepager« vorlegen/vortragen

Entscheidungen vorbereiten, um urteilen zu können

Entscheidungsmodell wie FOR-DEC, Führungsvorgang etc. in Tabellenform überführen

Störgeräusche vermeiden und Qualität verbessern durch Einzelvorbereitung mit anschließender Gruppenberatung

Optionen untereinander relativ bewerten (keine absolute Skala anlegen, s. u.)

Chancen und Risiken sichtbar machen

SWOT-Analyse durchführen

FOR-DEC anwenden

[23]Abwiegen, um priorisieren zu können

Wichtigkeit und Dringlichkeit ins Verhältnis setzen z.B. mittels Eisenhower-Matrix

Auswirkungen von sehr seltenen, aber sehr weitreichenden Ereignissen einbeziehen mittels Folgenabschätzung

Abwiegen, um Chancen und Risiken objektiviert einordnen zu können

Relativ: Vor- und Nachteile von Optionen untereinander vergleichen und auf relativer Skala von + + über 0 bis – – bewerten

Absolut: Vergleich mit einer allgemeingültigen Skala (wenn es diese gibt)

Mit Unwägbarkeiten planerisch umgehen

Einsatz nicht als klassisch durchplanbares, sondern als bewegliches Projekt verstehen

Teilaufgaben möglichst entkoppeln

Dokumentieren um Nachvollziehbarkeit herzustellen

Stets den Einsatzzweck/den Wirkpfad im Auge behalten (Wirkung erzeugen) und den Einsatz nicht verwalten (durch überbordende Dokumentation). Mehrfachdokumentation vermeiden.

Eigene Arbeit z.B. in persönlichen/funktionsbezogenem Notizbuch als Verlauf und Merkhilfe dokumentieren

Flipcharts z.B. mit Entscheidungsvorbereitungen nach dem Einsatz (als PDF) archivieren

Whiteboards z.B. mit Kräftemanagement zu festgelegten Stichpunkten fotografieren

Telefonate als Vorabklärung verstehen und in schriftlicher Kommunikation Bezug darauf nehmen (»Wie vorab besprochen…/Wie am Telefon geprüft…«)

E-Mails z.B. mit Bezug auf Vorabklärungen oder Bestellungen in Kopie an ein Dokumentationspostfach senden

Als Entscheider: Weitreichende Entscheidungen besser selbst begründen z.B. als Sprachmemo oder Gedankenprotokoll und damit auf z.B. schriftliche Entscheidungsvorbereitung Bezug nehmen um die korrekte Bedeutung zu transportieren

[24]Zeit organisieren, um Maßnahmen zeitlich zu planen

Prospektiven Zeitstrahl entwickeln

Vor- und nachgeordnete Maßnahmen planen z.B. mittels Gantt-Diagramm

Inhaltliche Maßnahmenplanung

Aufgaben beschreiben, abgrenzen und verschneiden z.B. durch Arbeitspaketbeschreibung

Überblick über Bestellungen, Ressourcen oder Aufgaben halten

Nachverfolgung z.B. mittels

Ticketsystem im Workflow-Management

Statusverwaltung in Tabellenkalkulation

Symbolen in persönlichem Papiernotizbuch

Selbstmanagement

Vergessen durch Überlastung vermeiden durch z.B. Nutzung eines Papiernotizbuches oder einer Notiz-App auf dem Tablet/Smartphone

Überblick behalten z.B. indem der eigene Arbeitsverlauf als zeitgestempelter Blog mit gekennzeichneten Nachtragsmeldungen formuliert wird

Qualität der Lagebesprechung fördern

Realistische Dauer festlegen

Ablauf mit flexiblen Anteilen standardisieren

Ziel der Lagebesprechung vorher festlegen und Agenda verteilen; Themenspeicher für kommende Sitzungen führen

Schwerpunkte setzen

Vorbereitung mittels Sprechzettel einfordern

Als Entscheider/Moderator die Besprechungsteilnehmer vorher aktiv miteinander vernetzen und Kernaussagen abholen

[25]Mit unkooperativem Verhalten umgehen

Professionell verhalten, Perspektive des Gegenübers einnehmen (Schnittstelle, Organisation, Akteur:in, Rolleninhaber:in)

Konfrontation vermeiden, eigenes Auftreten reflektieren, eigene Emotionen kontrollieren

Sachlich argumentieren

Wenn möglich mit Vorgesetzten gemeinsames Vorgehen abstimmen

In riskanten oder konkret bedrohlichen Situationen zwischen »nur vermerken/melden« und »Eigeninitiative/selbst Handeln« bewusst abwägen

[26]Einleitung

Was ist eigentlich »Führung«? Was ist »Stabsarbeit«? Wie macht der Kontext von »Einsätzen« »das Führen in oder mit Stäben« so besonders? Zu Führung gibt es schier endlos Literatur und unterschiedliche Anschauungen, sodass der Versuch einer Definition oft im Ungefähren oder im Detail endet. Von Stabsarbeit haben viele eine Vorstellung, die nicht selten auf Übungen basiert, aber stichhaltige und empirisch validierte Definitionen gibt es nur sehr wenige. Der Stabsarbeit haftet zudem etwas Exklusives, weil Außergewöhnliches und nahezu Verborgenes an. Führung und Stabsarbeit können beobachtet werden, sie lassen sich anhand allgemeiner Schemata erklären und können somit wiederholt und erlernt werden. In diesem Buch werden nicht nochmals die Aufgaben von Sachgebieten vorgestellt (es geht um mehr), keine Geheimnisse gelüftet oder die sieben Siegel des Buches gebrochen (es gibt keine) und auch keine Versprechen gemacht (denn die Umsetzung obliegt jedem selbst). Ziel ist es, dass die Leserschaft die Grundlagen des stabsmäßigen Führens verstehen und erlernen kann um anschließend führen zu können oder sich selbst oder Dritte darin trainieren zu können. Die Methoden des Führens als Werkzeugkasten und das Verhalten der Personen als Akteure stehen im Mittelpunkt des Buches. Sie werden flankiert von Inhalten zum Trainieren und Evaluieren. Fragen zum Informationsmanagement stehen nicht im Fokus.

Die Stabsarbeit ist ein »Querschnittsgebiet.« Solange sich eine Disziplin der »Einsatzführungswissenschaften« (vorsichtig gesagt) noch entwickelt, ist sie am ehesten als Teil der Sicherheitswissenschaften zu verstehen, sie kann aber auch in den Organisationswissenschaften und Militärwissenschaften verortet werden. Stabsarbeit ist (immer noch) wenig empirisch erforscht. Es gibt zwar mittlerweile einen Studiengang zu »Führung in der Gefahrenabwehr und im Krisenmanagement« und in Calls der Sicherheitsforschung wird zwischenzeitlich auch über Technologien hinaus das Organisatorische zum Krisenmanagement betrachtet. Dennoch ist die Literatur überschaubar. Es gibt nur wenige Expert:innen, die sich im deutschsprachigen Raum auch wissenschaftlich mit den theoretischen Hintergründen von Stabsarbeit und Führung beschäftigten. Es überwiegt (noch) »Erfahrungs- und Anwendungswissen«, welches selbstverständlich auch seine Berechtigung hat. Manche Anschauungen haben bestenfalls anekdotische Evidenz. Wenige Ansichten halten sich trotz fehlender Belege oder gar starker Hinweise auf Kontraproduktivität hartnäckig und sind daher durchaus als kritisch zu bezeichnen. Zusammengefasst ist die Domäne der Stabsarbeit als Wissensbereich eher klein.

[27]Tipp:

Die »Arbeitsgruppe Stabsarbeit« hat sich zum Ziel gesetzt, die Weiterentwicklung der Stabsarbeit zu fördern und will dazu Akteure aus Praxis und Wissenschaft miteinander vernetzen. Die Arbeit ist unabhängig von Behörden oder Disziplinen in der »Plattform Menschen in komplexen Arbeitswelten e.V.« vereinsmäßig organisiert.

Mit diesem Buch wurde 2019 erstmals eine Lücke zwischen der Praxis der Stabsarbeit, den Trainingswissenschaften, der Psychologie und den Sicherheitswissenschaften geschlossen. 2021 erschien das Buch »Einsätze wirksam führen« in dem eine universale Theorie vorgestellt wird, wie Einsätze in unterschiedlichen Organisationen selbstwirksam geführt werden können (kurz: Einsatzführungstheorie). Die vorliegende zweite Auflage von »Führung und Stabsarbeit« konkretisiert die Einsatzführungstheorie in vielen praktischen Aspekten. Die Publikationen können zu einer sich langsam entwickelnden Disziplin der »Einsatzführungswissenschaften« gezählt werden. Das heute verfügbare Wissen und die künftig abzusehende Wichtigkeit rechtfertigen es durchaus, die Einsatzführung als eigene Querschnittsdisziplin mit Relevanz für alle Organisationen mit reaktiven Sicherheitsaufgaben zu sehen. Dabei bedarf es der Differenzierung zwischen dem Einsatz und der Führung: »Der Einsatz« ist organisationsabhängig. Er stellt den fachlichen Inhalt dar, der geführt wird. Um den Einsatz verstehen zu können, bedarf es der Fachausbildung z.B. im Feuerwehrwesen, im Katastrophenschutz, in der Schutzpolizei, im Gesundheitsdienst oder im Betrieb eines Unternehmens. Dahingegen ist »die Führung« universal. Diese Disziplin als Wissensbereich kann allgemeine Verfahren bereitstellen, mittels derer der fachliche Inhalt geführt werden kann. Mit dieser differenzierten Anschauung wird klar, dass die »stabsmäßige Organisation« somit eine Form der Führung darstellt, die ebenso allgemeiner Art ist. Stabsarbeit ist daher ein universaler Modus, dessen Wissen künftig verstärkt aus der Querschnittsdisziplin der Einsatzführung kommen kann. Das Wissen zu Einsätzen kann jedoch auch zukünftig nur aus den jeweiligen Mutterorganisationen und deren Fachdisziplinen kommen. Es gilt klar anzuerkennen, dass ohne »Systemkenntnis des Zielsystems«, ohne Kenntnis der »eigenen Mutterorganisation« und ohne Verständnis des »fachlichen Einsatzteils« keine Führung stattfinden kann.

Aus der differenzierten Anschauung von Führung und Einsatz ergeben sich zwei wesentliche (Lern-)Felder: »Führungskunde« will die Kompetenz vermitteln, Führung als Handwerk ausführen zu können. Dazu zählt erstens das Gebiet der persönlichen Kompetenzen der Führungsperson in den Bereichen Verhalten und Methoden. Zweitens gehört dazu das Gebiet der Systematik der Führung welches das Wissen [28]zu den typischen Normen und Vorgaben speziell zur Führung als Disziplin im eigenen Anwendungsbereich bezeichnet. Als Drittes kommt die Fähigkeit dazu, die eigene Führungsunit verstehen, unterhalten, betreiben und weiterentwickeln zu können. Dazu wird auch die Bedienkompetenz von Anwendungen und Ausstattung der eigenen Führungsbasis gezählt. Die Kenntnis eigener Einsatzführungskonzepte mit Bezug auf das Führungssystem wird als viertes Gebiet gesehen. Zusammengefasst kann »Führungskunde« ungefähr auch als »Führungssystemkenntnis« beschrieben werden. Dieses Feld ist relativ unabhängig von der betrachteten Organisation – ausgenommen die spezifischen Aufgaben von Rollen und Funktionen in vorgegebenen Aufbauorganisationen wie die Stabsbereiche in einem polizeilichen Führungsstab.

Bild 3: Wissensbereiche von Führung und Einsatz [zurück]

Das Feld der »Einsatzkunde« will Wissen über den Ablauf von Ereignissen vermitteln. Dazu gehört einerseits ein Verständnis »über die Zusammenhänge in der Stadt, zum Funktionieren des Industrieparks, zum Flughafen, über das betreute IT-Ökosystem« als Zielsysteme. Im Konkreten kann dieses Wissen nur in der eigenen Mutterorganisation erworben werden. Im Allgemeinen sind diese Hintergründe letztlich soziologisch, betriebswirtschaftlich oder ingenieursmäßig zu erklären. Andererseits zählt zum Feld der Einsatzkunde das gesamte Gebiet von Taktik und Strategie um Ereignisse bewältigen zu können. Hierzu gehören etwa das Vorgehen bei Elementarereignissen wie Stürmen oder Fluten, bei Ausfall kritischer Funktionssysteme (Ka[29]tastrophenschutz), bei Geisellagen oder Versammlungen (Polizei), bei Informationsverlust durch Innentäter:innen oder dem Ausfall kritischer Prozesse (Kontinuitätsmanagement in Verwaltungen und Betrieben), bei Evakuierungen, zur Planung und Durchführung von Großveranstaltungen, zur Koordination von Spontanhelfenden oder zu Ereigniskommunikation, Warnung und Bevölkerungssteuerung zur Anleitung von Personen zu sicherheitsgerechtem Verhalten (alle Bereiche). Diese Vorgehensweisen sind sowohl als Standards längerer Halbwertszeit (z.B. Dienstvorschriften) wie auch als Good-Practice (z.B. bewährter Usus) zu erklären. Sie hängen weniger von den Mutterorganisationen ab, sondern haben sich in den jeweiligen Anwendungsbereichen der Gefahrenabwehr und des Krisenmanagements etabliert. Als drittes Gebiet wird die Kenntnis eigener Einsatzführungskonzepte mit Bezug auf das Zielsystem gesehen. Zusammengefasst kann »Einsatzkunde« ungefähr auch als »Zielsystemsteuerungskenntnis« beschrieben werden.

Zusammengenommen ergeben die Lernfelder Führungskunde und Einsatzkunde die Handlungskompetenz der Einsatzführung. Forschung, Lehre, Ausbildung und Praxis sollten diese Felder vertieft und stets im Gesamtkontext betrachten. Das Themenspektrum deutet den (zeitlichen) Umfang an, der schon allein für die grundlegende Ausbildung benötigt wird. Die skizzierten Kompetenzen weisen darauf hin, dass »Rollenklarheit« über die eigene Aufgabe im Stab (vielleicht schon immer) zu kurz gegriffen ist. Dieser Begriff wird eher auf die eigene, persönliche Rolle einer Funktion/eines Geschäftsbereichs verstanden. Die Klarheit über die »Rolle« des Führungsorgans im konkreten Einsatz wird im Folgenden als »Stellung« im Einsatz verstanden, worunter der rechtliche Modus, die immateriellen Produkte und letztlich die zu erbringenden Leistungen subsummiert werden. Souveräne Führungspersonen an exponierten Stellen müssen (heute und künftig) »die Führung« und »den Einsatz« mit allen Wechselwirkungen analysieren können und das eigene und organisationale Handeln darauf ausrichten können.

Der stetige Ausbau von Technologien liegt im Allgemeinen, wie auch in der Sicherheitsforschung im Besonderen, im Trend. Für die Einsatzführung bieten sich hierdurch gerade im Bereich des Informationsmanagements Entwicklungspotentiale. Allerdings hat eine »künstliche Intelligenz« nach Kenntnis des Autors bislang noch keinen Einsatz geführt. Zumindest mittelfristig erscheint dies trotz aller Fortschritte in diesem Bereich (noch) als unwahrscheinlich. Dies liegt einerseits an den (heutigen) »intelligenten« Anwendungen selbst. Diese beruhen letztlich auf Statistik. Der »Sinn« der verarbeiteten Informationen kann von solchen Anwendungen mangels Bewusstsein (noch) nicht erfasst werden. Die für das Training der Anwendung benötigten Daten über Einsätze liegen (noch) nicht in ausreichender Form und wenn überhaupt nur [30]unstrukturiert vor. Allerdings sind im Bereich der Lagebilder durchaus Bemühungen erkennbar, deren Erstellung zu automatisieren, was bereits ein Fortschritt wäre wenn dies zu Teilen gelänge. Andererseits versteht unser Rechtssystem den Menschen als handelndes Subjekt und damit als Verantwortungsträger. Vor diesem Hintergrund wird die Frage nach der Grenze zwischen »nur Informationsaufbereitung als Führungsunterstützung« und »Erteilung automatisierter Handlungsvorschläge« diskursbedürftig werden. An dieser Stelle dürfte an heutige Stabsmitglieder und an künftige Automationen die gleiche Anforderung bestehen: Ratschläge in Form von Beratung müssen einschließlich ihres Zustandekommens nachvollziehbar sein. Wo die Begründungen von »KI« nicht z.B. im Voraus durch rechtssichere Abnahme der Algorithmen nachvollzogen werden können, dürften sich Entscheider:innen mit der Annahme von Vorschlägen schwertun. Ferner gerät durch »mehr Technologie« genauso wie durch »mehr Personen« die Balance der Elemente eines Führungssystem ins Ungleichgewicht, wenn die anderen Elemente nicht ganzheitlich mit entwickelt werden. Schon allein deswegen kann Technologie nicht die alleinige Lösung sein, um die Leistungsfähigkeit von Führungssystemen zu verbessern. Die einzelnen Elemente von Führungssystemen beeinflussen sich in ihrer Weiterentwicklung gegenseitig und müssen daher miteinander entwickelt werden. Im Gesamten dürfte der Mensch mit seinen Fähigkeiten bis auf Weiteres das erfolgsentscheidende Element in der Stabsarbeit bleiben. Derzeit kann nur er den Sinn des Tuns erfassen, andere Systemelemente beeinflussen und dadurch eine Art »inneres Potential« verkörpern. Es obliegt der Disziplin der Einsatzführung, die »KI« passend zum »Mensch« mit ganzheitlichem Blick auf das Führungssystem zu entwickeln.

Wer stabsmäßige Führung beherrscht weiß, dass Stabsarbeit und Führung Leidenschaft, Lernbereitschaft und insbesondere aber einer gewissen Profession bedürfen. Der in diesem Zusammenhang bemühte Begriff der »Führungskunst« (vgl. Strohschneider, 2022) ist nach Ansicht des Autors dann zutreffend, wenn davon ausgegangen wird, dass Künste mit ausreichend Fleiß erlernbar sind und Talente die Kunst befördern. Aus wissenschaftlicher Sicht darf eine derart wichtige Tätigkeit wie die Einsatzführung allerdings keine Kunst sein, deren Zustandekommen verborgen bleibt oder die sich nur mit dem Talent einer Einzelperson erklären lässt. Führung ist nur wiederholbar, wenn sie transparent ist – und die Kunst als Schöpfungsprozess im engeren Sinne ist nur bedingt transparent. Vielmehr muss Stabsarbeit und Führung nachvollziehbar, erklärbar und reproduzierbar sein – und soll aber gleichzeitig Raum für Individualität lassen, um den Mensch als Subjekt zu berücksichtigen. Dieses Buch ist deswegen auch ein Plädoyer dafür, die Führungsprofession als solche anzuerkennen und sie nicht in formalisierte Korsette zu zwängen. Sie sollte als erlernbare Fähigkeit begriffen und der dafür notwendige Aufwand akzeptiert werden. Führung sollte als [31]anspruchsvolles Handwerk verstanden werden, das gelehrt, erlernt und fachgerecht ausgeführt sein will und sich auch begutachten lassen sollte. Führung von Einsätzen ist kein Nebengeschäft, sondern Kernaufgabe der Mutterorganisationen, die ihre Führungsunits schließlich vorhalten, um zu reagieren. Am Beispiel von Verwaltungen geht es daher nicht nur »um die Vorhaltung von Krisen- oder Verwaltungsstäben« sondern vielmehr um »die Reaktionsfähigkeit der Behörde«.

Es zeigt sich nicht erst seit der Flutkatastrophe 2021, dass das reaktive Funktionieren von Führungsorganen wie Stäben und die vorgelagerte Unterhaltung von Führungssystemen so anspruchsvoll geworden sind, dass dafür Spezialwissen erforderlich ist. Die Gebiete in der Führungs- und Einsatzkunde sind für sich schon umfassend gewesen bzw. haben an Bedeutung gewonnen, weswegen sie generalistisch kaum mehr abzudecken sind. So erfordern schon heute die eingesetzten Führungsmittel spezialisierte Systemoperatoren wie etwa zur Steuerung von Videowalls, zur Kopplung mit Drohneneinheiten oder First-Level-Supports für Kommunikationstechnologie direkt im Stabsraum. Diesen Entwicklungen gilt es gemeinsam durch Anwender, Bildungseinrichtungen und Forschenden Rechnung zu tragen. Dieses Buch will den Stellenwert der Einsatzführung stärken, indem die speziellen und hohen Anforderungen verdeutlicht werden: Es wird für eine »Professionalisierung im Sinne von Spezialiaisierung« der Führungspersonen plädiert.

In diesem Buch werden Stäbe und die Stabsarbeit in den beiden Anwendungsbereichen der Gefahrenabwehr und des Krisenmanagements in den drei unterschiedlichen Organisationstypen Einsatzorganisationen, Behörden und Unternehmen mit ihren jeweiligen »Mutterorganisationen« betrachtet. Damit werden nahezu alle zivilen Anwendungsfälle abgedeckt, in denen reaktiv stabsmäßig geführt wird. Stäbe der Träger des Katastrophenschutzes können sich genauso wiederfinden wie öffentliche Verwaltungs- und Krisenstäbe oder Stäbe für außergewöhnliche Ereignisse (SAE) von kleineren Kommunen. Es werden immer wieder Bezüge zur Feuerwehr-Dienstvorschrift 100 hergestellt, aber auch Beispiele aus dem Business Continuity Management aufgegriffen. Fachliche Aufgaben wie beispielsweise das Einrichten von Bereitstellungsräumen (Feuerwehr), das Durchführen von Krisenkommunikation (Wirtschaftsorganisation) oder besondere Fälle wie notwendige Spezialwerkzeuge für das Betreiben eines radiologischen Lagezentrums werden nicht betrachtet. Gerade im Bereich der Überprüfung der Leistungsfähigkeit können auch Auditor:innen, Revisor:innen oder Beratungsunternehmen Impulse gewinnen. Das Fach- und Lehrbuch richtet sich hauptsächlich an Praktiker und Praktikerinnen wie Stabsmitglieder, Ausbilder:innen oder Trainer:innen, aber auch an Theorieinteressierte mit Bezug zur Forschung. Speziell für Trainer:innen wird deutlich, wie »das Führen« als Methodik von »dem Einsatz« als zu bearbeitender Inhalt [32]abgegrenzt werden kann um zu vermeiden, dass beispielsweise eine Kontroverse über das strategische Vorgehen den Blick auf das unzureichende Funktionieren des Stabes als solcher verstellt.

Die vorgestellten Inhalte basieren auf gesicherten Erkenntnissen. Wo es sich um Erfahrungswissen handelt, ist dies entsprechend angemerkt. Die Dialektik kontroverser Themen ist für ein umfassendes Bild an den entsprechenden Stellen jeweils dargestellt, was sich im Wesentlichen an Expert:innen, Theorieinteressierte und Forschende richtet. Da die Anwendung im Vordergrund steht, wurde der Lesbarkeit halber auf umfangreiche Quellenarbeit verzichtet. Es wurden nur an Schlüsselstellen Verweise gesetzt und es erfolgen keine definitorischen Auseinandersetzungen. Manchmal wird an Schriften anderer Autor:innen angeknüpft, wobei an diesen Stellen darauf verwiesen wird. Dieses Buch wurde ohne Einsatz künstlicher Intelligenz verfasst.

Wo es die Bedeutung gestattet wird der Lesbarkeit halber zumeist von »Stab« gesprochen. In Fällen der Theorie, Vorhaltung und Reaktion in einem bestimmten Einsatz wird manchmal präziser von »Führungssystem, Führungsunit bzw. Führungsorgan« gesprochen.

Im ersten Kapitel wird einleitend erklärt, wie Führung und Stabsarbeit im Kontext von Einsätzen in der Gefahrenabwehr und im Krisenmanagement verstanden werden können. Danach wird der Beitrag von Training erläutert und ein ganzheitlicher Blick auf das Führungssystem eingenommen. Im zweiten Kapitel wird die Ausgangsstudie der ersten Auflage des Buches vorgestellt. Damit soll einerseits die Verbindung in andere Disziplinen geknüpft und andererseits interessierten Lesenden Inspiration für einen »Blick über den Tellerrand« geboten werden. Im dritten Kapitel werden nicht-technische Fähigkeiten und im vierten Kapitel technische Fähigkeiten und deren Zweck und Training erläutert. Im fünften Kapitel wird vorgestellt, wie ein vorzuhaltendes Führungssystem auf fachliche Anforderungen ausgerichtet werden kann. In Kapitel sechs wird erläutert, wie stabsmäßige Führung evaluiert werden kann. Dafür gab es in der Fachliteratur bislang keinen »roten Faden« von zu erwartenden Ereignissen über die für die Bewältigung notwendige fachliche und stabstypische Leistungsfähigkeit mit dafür notwendigen Werkzeugen und Verhaltensweisen bis hin zur Überprüfung, ob der Stab tatsächlich den Erwartungen entspricht. Hierzu wird die Gesamtheit der Abläufe im Stab während der Arbeit in Stabsformation im Gesamtkontext betrachtet und ein Instrument zur Evaluation vorgestellt.

Seit der ersten Auflage dieses Buches im Jahr 2019 wurden im Wissensbereich der Stabsarbeit neue Werke publik und es wurden Erkenntnisse aus Einsätzen gewonnen. Parallel dazu hat der Autor weiter zur Leistungsfähigkeit von Führungssystemen geforscht. Hierdurch hat sich auch die Theorie hinter diesem Werk weiterentwickelt. [33]Die zweite, überarbeitete Auflage dieses Buches hat diese fortwährenden Entwicklungen daher aufgenommen. Teile des Buches wurden gestrafft oder ausgebaut. Insgesamt hat die zweite Auflage nun den Charakter eines Fachbuches, aber auch eines Lernbuches. Wo in der ersten Ausgabe zwischen Stabsleiter:in und Assistenz bzw. Moderator:in unterschieden wurde, wird zum besseren Verständnis und in Anschluss an die Einsatzführungstheorie nun die Rolle von Einsatzleiter:in und Stabsleiter:in unterschieden (Doppelspitze). Beide Rollen können Assistenzfunktionen haben (Doppelspitze mit Assistenz, Arbeitskraft von vier Personen).

Schlüsselstellen des Buches werden durch eigens für die erste Auflage produzierte Tutorial-Videos illustriert. Die Videos haben auch für die zweite Auflage Bestand, wenn auch sich der weiterentwickelte Werkzeugkasten noch nicht darin wiederfindet und sich die Möglichkeiten der szenischen Darstellung weiterentwickelt haben. In den Videos wird die Anwendung der vorgestellten Werkzeuge praxisnah erläutert. Dabei handelt es sich um Lehrvideos, die relevante Aspekte an einem fiktiven Ereignis plausibel aufzeigen und ausdrücklich nicht um die Verfilmung eines Einsatzes mit Realitätsanspruch. Autodidaktisch Veranlagte, Ausbilder:innen, Trainer:innen und Stabsmitglieder können hierdurch Impulse gewinnen.

[34]Tutorial-Videos auf Youtube: Führung und Stabsarbeit trainieren

Organisation des Stabeshttps://www.youtube.com/watch?v=kBDxX8DSPbw

Ereignis als Modell darstellenhttps://www.youtube.com/watch?v=1 q2d0riBim0

Analyse und Beurteilunghttps://www.youtube.com/watch?v=tOJOyseM_Rs

Zeitstrahl und Vorhersagehttps://www.youtube.com/watch?v=OasfZ30 aLi4

Strategieentwicklunghttps://www.youtube.com/watch?v=s5zj7cbaaHE

Maßnahmen planen und nachverfolgenhttps://www.youtube.com/watch?v=gZgU9 i-e0Jo

Lagebesprechunghttps://www.youtube.com/watch?v=f8ybOaszAhQ

Lernen durch Planspiele und strukturierte Nachbesprechungenhttps://www.youtube.com/watch?v=UIvxKbX0KVQ

[35]1Einführung in Führung und Stabsarbeit

In diesem Kapitel wird ein Zugang zu Führung und Stabsarbeit geschaffen, um sich mit dem Training desselben beschäftigen zu können. Dazu werden aufeinander aufbauend zentrale Begriffe geklärt. Dadurch soll ein differenziertes Verständnis von Stabsarbeit, nämlich Stabsarbeit als »stabsmäßige Führung von Einsätzen«, geschaffen und dieses als Konzept gleichermaßen definiert werden. Die vorgestellten Ansätze erleichtern es, Themen anhand allgemeiner Systematiken individuell zu vertiefen. Das Kapitel wird mit einem ganzheitlichen Blick zusammengefasst.

1.1Führung

In diesem Abschnitt werden allgemeine Perspektiven auf Führung aufgezeigt und wichtige Merkmale auf die Führung von Einsätzen in Gefahrenabwehr und Krisenmanagement übertragen. Damit wird einerseits klar, wie vielfältig das Verständnis von Führung sein kann und wie vielschichtig Theorien sein können. Andererseits bieten die Blickwinkel jeweils eigene Erklärungsansätze und ermöglichen damit einen breiten Zugang zum »Wissensgebiet« der Führung sowie der gleichnamigen »Institution« und deren »Tätigkeit.« Daher hat jede Sicht ihre Berechtigung. Insgesamt wird mit diesem Überblicksverständnis die Grundlage gelegt bzw. der Ausgangspunkt geschaffen, um ein fortschrittsadäquates Verständnis der stabsmäßigen Einsatzführung zu entwickeln.

Literaturtipps: In folgenden Werken wird Führung in besonderen Situationen bzw. im Kontext der Stabsarbeit vertiefend betrachtet.

Rudi Heimann; Chris Hörnberger (Hrsg.): Führung in kritischen Situationen, Plattform Menschen in komplexen Arbeitswelten e.V., 2023.

Eva-Maria Kern; Gregor Richter; Johannes C. Müller; Fritz-Helge Voß (Hrsg.): Einsatzorganisationen. Erfolgreiches Handeln in Hochrisikoorganisationen, Springer, 2020.

Buerschaper, Cornelius; Starke, Susanne (Hrsg.): Führung und Teamarbeit in kritischen Situationen, Verlag für Polizeiwissenschaft, 2008.

Ohne Geführtes als Gegenüber ist Führung »Nichts«. Führung hat also mindestens zwei Teile, die unterschiedlicher Natur sein können. Zum Einstieg werden drei Perspektiven dargelegt, aus denen auf Führung geblickt werden. Das »Persönliche« [36]umfasst die Person mit beispielsweise Charakter, Fähigkeiten, Wahrnehmung und Denken. Das »Interpersonale« beschreibt die Beziehungen zwischen Personen die führen oder geführt werden. Hierzu gehören etwa Kommunikation, Gruppendynamik oder Vertrauen. Diese Punkte sind eher informell. Als »nicht-personale Aspekte« (nicht-personenbezogene Gesichtspunkte) der Führung können strukturelle, prozessuale und technologische Faktoren verstanden werden, die in Organisationen wirken. Diese Punkte sind klar formaler Art und realisieren sich etwa in Institutionen, Funktionen oder in der Gestaltung der Arbeitsumgebung. Zur Arbeitsumgebung können auch die Kultur und das Werteschema gezählt werden, die jedoch klar informeller Art sind. Führung ist nicht nur auf die Beziehung zwischen Personen beschränkt. So »führen« Menschen regelmäßig auch Maschinen oder »bedienen« Anwendungen. Um Führung möglichst umfassend erklären zu können, muss sie daher in einer nicht-personalen Umgebung betrachtet werden, innerhalb derer dann interpersonale und persönliche Faktoren zum Tragen kommen. Bei der Führung von Einsätzen fallen alle drei Bereiche zusammen, weswegen in diesem Fall alle Aspekte von Führung gleichzeitig relevant sind. Diese Gleichzeitigkeit wird am ehesten vom ganzheitlichen und als bekannt vorausgesetzten Modell der »soziotechnischen Systeme« abgebildet, das Mensch, Maschine, Umwelt und Organisation als gemeinsame Einheit betrachtet. Weil dieses Modell universal ist und fein aufgelöst werden kann, ist es für eine interdisziplinäre Betrachtung von Führung gut geeignet. Mit Blick auf die Zukunft reicht Fokussierung des menschlichen Führer:in-Geführte:r-Verhältnis nicht mehr aus. Es werden auch Maschinen, Technologien. (bzw. weiter gedacht, auch Systeme) geführt. Daher muss Führung heute und zukünftig umso mehr in soziotechnischen Systemen gedacht werden.

Nach der Einnahme unterschiedlicher Perspektiven wird Führung hinsichtlich ihrer Rolle charakterisiert. Als »Funktion« findet Führung im Rahmen von Organisationen statt und ist in solchen »institutionalisiert«. »Formelle Führung« ist durch Über- und Unterordnung gekennzeichnet, woraus sich sachliche und personenbezogene Verantwortung ergeben, die häufig als »Linie« bezeichnet werden. Führung kommt nicht ohne »Ausführung« aus. Dieser ausübende Teil ist quasi der realisierende Akt. Bei der Realisierung wird faktisch immer interagiert. So »arbeiten« Personen innerhalb eines Führungsorgans »zusammen«, Menschen »bedienen« eine Softwareanwendung, eine vorgesetzte Stelle »leitet« eine nachgeordnete Stelle »an«. Die Verwirklichung der Führung kann daher als »Interaktion« sichtbar gemacht werden, woraus sich Ansätze zur Erhebung und Messung ableiten lassen. »Informelle Führung« kann auch als Leadership bezeichnet werden und wird oft zusammen mit Human Factors und Menschenführung gesehen. »Das Informelle« bezeichnet gleichzeitig auch den gesamten Bereich des Nicht-Formalisierten. Führung ist im [37]gegenwärtigen Verständnis ein neutral bis positiv besetzter Begriff und sollte abgegrenzt werden von negativ behafteten Konzepten wie Machtausübung oder manipulativen Vorgehensweisen. Bei Führung geht es im positiven, weil förderlichen Sinn, um »Beeinflussung« für eine gemeinsame Sache in Form des kollektiv zu erreichenden Ziels. Aus rein logischer Sicht ist dieses Ziel für die Führung stets »das Positive« – auch wenn es (in anderen Kontexten als Gefahrenabwehr und Krisenmanagement) moralisch verwerflich sein kann. Diese Gemeinsamkeit fußt auf einem Kommittent, das die Grundlage für das legitimierte Führungsverhältnis ist. Als »Verhältnis« wohnt der Führung das Merkmal der Freiwilligkeit inne, weil sich Führende und Geführte beispielsweise durch die Berufs- oder Tätigkeitswahl aktiv für Führung oder Führen-lassen entscheiden. Zwar ist das Verhältnis der geführten Person zur führenden Person von einer gewissen Bereitwilligkeit gezeichnet, Weisungen im Sinne der gemeinsamen Sache anzunehmen. Dennoch bedarf das Führungsverhältnis zumindest das Potenzial der Direktive bzw. ein zwischen den beiden Parteien anerkanntes Direktionsrecht, um trotz der Bereitwilligkeit Richtungen einschlagen zu können, die zwar der gemeinsamen Sache dienen, aber trotzdem dem Interesse der geführten Person zuwider laufen können. Aus der Legitimation entspringt das Vertrauen, welches Führende und Geführte miteinander verbindet. Vertrauen schafft Freiräume, indem Geführten Handlungsspielraum eingeräumt wird und Führende dadurch entlastet werden. In diesem Punkt verbinden sich Beziehung und Sache miteinander – denn das Vertrauen als Beziehungsfrage wirkt sich auf die Kontrolldichte und Enge der Beziehung aus. Führung als »Beziehung« beschreibt die Interaktion zwischen führenden und geführten Personen, woraus sich die Menschenführung als spezielle Anschauung der Beziehung zwischen den Akteuren ergibt. Die Beziehungsebene grenzt sich allgemein von der Sachebene ab. Bei ersterem kommen Faktoren wie Charakter, Auftreten, Direktion und Partizipation zum Tragen, die sich grob mit »Stil« beschreiben lassen. Zugehörige Auslegungen werden auch »Stilkonzepte« genannt. Die Führungsperson erzeugt dabei mit ihrem Verhalten bei der geführten Person eine Resonanz. Die Wahrnehmung von Führungssituationen ist subjektiv. Die Führungsbeziehung braucht gegenseitige Akzeptanz, die sich letztlich auf die Legitimation zurückführen lässt. Die aufgezeigten Punkte zu Institution und Tätigkeit können in der Theorie relativ gut, in der Praxis aber quasi nicht auseinander gehalten werden. Vielmehr bedingen sich das Repertoire der theoretischen Herangehensweisen, der erbrachte Erfolg und erfahrene Restriktionen gegenseitig vorwärts und rückwärts. Das bedeutet, dass etwa die Bedingungen die zukünftigen Möglichkeiten beschränken können. Ferner bedeutet es, dass sich erbrachte Teil-(Miss-)Erfolge auf die Methodik auswirken können und dadurch das Führungssystem von innen heraus beeinflussen können. Bei der Führung von Einsätzen als anwen[38]dungsorientierte Disziplin sollten daher formale und informelle Teile von Führung unbedingt gemeinsam betrachtet werden.

Merke:

Führung kann unter anderem von der Person her, als Institution, von der Tätigkeit oder vom Ergebnis (teleologisch) aus betrachtet werden.

Aus der Stellung der Rolle in ihrer Organisation ergeben sich die »Zielbereiche« von Führung. Sie kann sich auf normative, strategische und operative Belange richten, was in der Managementtheorie eine übliche Taxonomie ist. Anhand dieser Unterscheidung lassen sich drei gleichnamige »Führungsebenen« abgrenzen. Im Bereich von Einsatzorganisationen wird ergänzend oft noch von »taktisch« gesprochen, was semantisch als am nächsten an der Ausführung/Realisierung liegend verstanden wird. Die normative Ebene entspricht der Organisationsleitung und zielt auf Werte, Kultur und die Philosophie der Organisation. Die strategische Ebene übersetzt die vorgegebenen Leitsätze in Ziele und stellt Verfahren und Ressourcen bereit. Hier entsteht die Primärorganisation als Aufbauorganisation. Damit schafft sie den Rahmen für die Umsetzung. Auf der operative Ebene findet die Planung und Steuerung der eigentlichen Prozesse statt. Hier entsteht die Sekundärorganisation als Ablauforganisation. Je operativer die Ausrichtung, desto kurzfristiger sind meist die Geschäfte und umso höher kann die Volatilität sein. Umgekehrt haben strategische Geschäfte deutlich längere Zyklen und die normative Ausrichtung ist sogar von sehr langem Bestand. In der Betriebswirtschaftslehre werden diese Führungsebenen auch als Topmanagement sowie mittleres und unteres Management bezeichnet. Einsätze der Gefahrenabwehr sind auf strategische und operative (mit taktischen) Aufgaben begrenzt, weswegen es hier keine normative Ebene im engeren Sinn gibt. Wo es beim Krisenmanagement im engen Verständnis um die Weiterentwicklung der Organisation zur Sicherung deren Überlebens geht, wäre dies eher Sache des Top- und mittleren Managements, wobei dann auch normative Fragestellungen relevant sein können. Bei der Einsatzführung sind vor allem die strategischen und operativen Zielbereiche relevant. Aus dem normativen Bereich der Mutterorganisation können allerdings kulturelle Aspekte aus der Alltagsorganisation in den Einsatz hineinwirken, jedoch geht es dabei nicht um die Veränderung von Werten und Normen. Der Managementbegriff ist für die Funktion der Einsatzführung daher nicht voll zutreffend, weil unter anderem die Steuerung über eine Metaebene fehlt und sich die Werte und Normen in den temporär bestehenden Einsätzen eben aus der Mutterorganisation ergeben.

[39]Aufbauorganisationen von Einsätzen können nicht nur in der Breite (Aufgabenfülle, horizontal), sondern auch nach oben (Reichweite der Fragestellungen, vertikal) anwachsen bzw. kleiner werden. Die normative Ebene in Form der Organisationsleitung (z.B. Leitung der Branddirektion, Präsidentin des Polizeipräsidiums, Chief Operating Officer des Freizeitparks) wirkt bei einer elaborierten Aufbauorganisation bei Einsätzen nicht direkt mit. Sie setzt als Leitungsstelle für Ereignisse, die die Mutterorganisation nicht existenziell berühren und bei denen es hauptsächlich um operative und strategische Belange geht (anschaulich »Störungen, Notfälle«) üblicherweise eine Einsatzleiterin/einen Einsatzleiter (Führungsstelle) ein, die damit das Ereignis in der Linienzuständigkeit oder bereits in einer besonderen Aufbauorganisation bearbeitet. Die Leitungsstelle bleibt trotz der Delegation der Durchführung an die Führungsstelle die berichtsempfangende Stelle und ist damit indirekt eingebunden. Bei weitergehenden Ereignissen, die die Mutterorganisation existenziell berühren können (anschaulich »Krisen«), können auch geschäftsstrategische, wert-normative oder allgemein politische Fragestellungen auftauchen, deren Bearbeitung der normativen Ebene obliegt. Bei solchen Belangen wirkt die Organisationsleitung bei Einsätzen direkt mit. Je nach Anschauung werden diese Einsatzteile in Kommissionen/Runden/Terminen der Alltagsorganisation bearbeitet (z.B. Managementboard) oder der Einsatz wird (im hierarchischen Modell gesehen) um die strategisch-normative Ebene nach oben erweitert. Es sei angemerkt, dass Taxonomien von Schweregraden (»Störungen, Notfälle, Krisen« oder »Stufen 1 bis 5«) deskriptiv verstanden werden sollten und die zugehörigen Kriterien oder Indikatoren das Ereignis nicht normieren dürfen. Die Ausdifferenzierung anhand von Belangen führt im einen Fall zu einem eher informellen bzw. im anderen Fall zu einem formalisierten zusätzlichen Organ im Führungssystem. Das vertikale Anwachsen und Verkleinern der Aufbauorganisation von Einsätzen erzeugt durch die Ausdifferenzierung von zusätzlichen Organen hohe Koordinationsbedarfe. Wo »der Stab« bislang das oberste Führungsorgan war und lediglich »nach unten« kommunizieren musste, muss er nun auch »nach oben« Schnittstellen bedienen. Hierfür bedarf es zusätzlicher Verarbeitungskapazität, die idealerweise vor dem vertikalen Anwachsen der Aufbauorganisation bereitgestellt wird.

Dieser kurze Abriss hat gezeigt, wie sich Leitungsstellen und Führungsstellen des Einsatzes entlang ungefährer Grenzen dreier Managementebenen der Alltagsorganisation ausdifferenzieren können. Aus organisationstheoretischer Sicht ist das Anwachsen der Aufbauorganisation eine normale, ja sogar verpflichtende Reaktion der Leitungsebene auf strategische und operative Belange. In der Praxis ist ein solches Anwachsen höchst anspruchsvoll und bedarf unbedingt der aktiven Steuerung/[40]Gestaltung. Dies gilt ebenso für das Verkleinern der Aufbauorganisation bei der Deeskalation und dem Übergang in die Alltagsorganisation.

Merke:

Führung beruht als Funktion auf der Stellung einer Instanz in einer Organisation und realisiert sich in Interaktion. Formale und informelle Teile von Führung können zwar analytisch unterschieden werden, aber bedürfen der gemeinsamen Betrachtung. Die unterschiedlichen Perspektiven und Theorien der Führung können am ehesten im Modell des soziotechnisches Systems aus Mensch, Maschine, Umwelt und Organisation dargestellt werden. Führung bedarf eines ganzheitlichen Blicks.