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Humorvoller Cosy Crime mit einer resoluten Hobbydetektivin und Katzennärrin zwischen Wuppertal und Wattenmeer. Der erste schräge Fall für Rosa Fink!
»Sebi hatte nie einen Zweifel daran gelassen, dass auch nur ein einziges Katzenhaar in seinem oder ihrem Bett ihm zum Verhängnis werden konnte. Ob sie sich nicht statt einer haarenden Katze einen allergikerfreundlichen Hund anschaffen wollte? Einen Pudel zum Beispiel?«
Wo ist Britisch Kurzhaar-Zuchtkater Maurice d’Artagnan? Er verschwindet spurlos, ausgerechnet als die Katzennärrin Rosa Fink und ihr Ex-Mann, der Privatdetektiv Sebi Fink, im Nordseebad Dangast wattwandern. Ist der Rassekater entlaufen oder wurde er entführt? Gibt es einen Zusammenhang mit der Farbsprühaktion während einer Katzenausstellung in Wuppertal? Rosa und Sebi brechen ihren Urlaub ab und geraten in eine skurrile Ermittlung im Züchterumfeld. Alles andere als eine heile Welt ...
»Den Leser erwartet ein spannender, turbulenter Kriminalroman« ((Leserstimme auf Netgalley))
»Krimi- und Katzenliebhaber werden an diesem leichten Krimi ihre Freude haben.« ((Leserstimme auf Netgalley))
»Wer also auf unblutige, eher fröhliche Cosy-Krimis steht, der wird hier wunderbar bedient.« ((Leserstimme auf Netgalley))
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© Piper Verlag GmbH, München 2021
Redaktion: Christiane Geldmacher
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Covermotiv: depositphotos.com (FotoJagodka; robertsrob; lifeonwhite) und shutterstock.com (by-studio)
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Cover & Impressum
1 – Kofferpacken
2 – Blaublüter
3 – Farbrausch
4 – Jadebusen
5 – Liebesleben
6 – Katerjammer
7 – Talwärts
8 – Hiob
9 – Schabernack
10 – Leseladen
11 – Artgerecht
12 – Bravehearts
13 – Lichtblick
14 – Azzurro
15 – Rausschmiss
16 – Wahnsinn
17 – Glöckchen
18 – Polente
19 – Diagnosen
20 – Tigerchen
Warme Wattenmeer-Welle
Danksagung
Zum Schluss
Rosa Fink betrachtete sich von allen Seiten in den drei verspiegelten Türen ihres Kleiderschranks. Die Jeans schmiegte sich wie eine zweite Haut an Oberschenkel und Po, jede Rundung betonend. Höchst unvorteilhaft betonend. Sie bekam weder Reißverschluss noch Knopf zu. Bauch einziehen und Luftanhalten brachten nichts. Trotz des Stretchmaterials klaffte ein Spalt von mindestens einem Zentimeter. Seufzend schälte Rosa sich aus der Pelle. Sie tauschte die einstige Lieblingsjeans, die noch vor vier Jahren geschmeidig ihre Hüften umspielt hatte, gegen ihre atmungsaktive Freizeithose in abscheulichem Rentnerinnen-Beige. Es wurde Zeit, der Wahrheit ins pausbäckige Gesicht zu sehen. Das alte Beinkleid würde sie nicht in den Koffer packen, sondern im Altkleidercontainer entsorgen. Es war passé, ein für alle Mal.
Offenbar versuchte ihre Konfektionsgröße sich den vollendeten Lebensjahren anzunähern. Oder war es vielleicht umgekehrt? Mit 36 hatte sie noch in 36 gepasst, jetzt steuerte sie stramm auf die 46 zu, sowohl konfektionsgrößen- als auch altersmäßig. In dem Takt würde es nicht ewig weitergehen, irgendwo hatte auch XXL-Size mal ein Ende. Aber wo? Da Rosa den Dingen gern spontan auf den Grund ging, ergriff sie ihr Handy, das sie neben dem geöffneten Koffer auf dem Bett abgelegt hatte, und tippte in die Google-Suchleiste größte Hosengröße Damen ein. Ihre Recherche ergab, dass nach 62 nichts mehr kam. Das traf wahrscheinlich auch im übertragenen Sinne zu. Es wurde höchste Zeit, entschlossen gegenzusteuern.
Genau das gedachte sie in den nächsten zwei Wochen zu tun, und zwar am Jadebusen. Im Nordseebad Dangast würde sich reichlich Gelegenheit zu ausgedehnten Wattwanderungen ergeben, nach denen sich dann jedoch leider die Einkehr ins Kurhaus zwecks Verköstigung des legendären Rhabarber-Baisers verbot. Die warm aus dem Ofen servierte Spezialität des Hauses galt als meistverspeister Kuchen Frieslands. Man konnte ihn sich auch zum Mitnehmen einpacken lassen, um ihn zum Beispiel allein in der Nähe am Strand zu genießen, im Schatten eines knapp vier Meter hohen steinernen Kunstwerks. Es besaß die Form eines Penis und wurde vom Meer im auf- und abebbenden Rhythmus der Gezeiten sanft umspült. Der Schöpfer hieß Eckart Grenzer, seine Skulptur hatte er Grenzstein genannt. Wie enttäuschend einfallslos, da hätte es doch weitaus kreativere Namen gegeben. Beim Gedanken an den stattlichen Granit-Phallus kam ihr Sebi in den Sinn. Sie schickte ihm eine Nachricht über WhatsApp.
Koffer ist gleich fertig gepackt, es kann also pünktlich losgehen. Wir sehen uns morgen im Kurhaus? Ich bin übrigens im Urlaub auf Diät. Versuch nicht, das zu sabotieren.
Ohne auf eine Antwort zu warten, beschäftigte sie sich weiter mit Packen. Seit neun Jahren machte sie nun schon in Dangast Urlaub, immer nach den Osterferien. Neben unzähligen Stücken Rhabarber-Baiser hatte auch das friesische Feingebäck aus der Patisserie ihrer Zimmerwirtin Wiebke Janssen in diesen neun Jahren den Weg in ihren Magen gefunden, um sich anschließend klammheimlich Schicht für Schicht auf Hüften und angrenzenden Regionen niederzulassen. Bald würden ihre Kurven die ausladenden Dimensionen des Bergischen Landes erreicht haben. Darum war es dringend erforderlich, sich diesmal am Wattenmeer in Verzicht zu üben, auch wenn Sebi an ihrer Üppigkeit nicht das Geringste auszusetzen hatte, wie er immer wieder gern betonte. Doch Sebi war nun mal anspruchslos. Wenn sie es recht bedachte, beschrieben ihn Wörter mit der Endung -los generell am besten. Und zwar quer durchs Alphabet: Bedenkenlos, charakterlos, ehrlos, formlos, gefühllos, herzlos, kampflos, lustlos, maßlos, nutzlos, pietätlos, rücksichtslos, schamlos, taktlos, verantwortungslos, willenlos, zügellos – alle diese -los-Wörter trafen ins Schwarze und hatten dazu geführt, dass Sebastian Fink seit nunmehr bald einem Jahrzehnt ihr Ex-Gatte war.
Unfreiwillig, wie er ebenfalls nicht müde wurde zu betonen. Er hatte mal vor elf Jahren freiwillig auf einer Weihnachtsfeier im Polizeipräsidium zu tief in die Punschtasse geschaut. Von dort war sein Blick ebenso freiwillig zu der neuen, jungen, sehr reizvollen Kollegin Astrid weitergewandert, um mit ihr in derselben Nacht nur allzu freiwillig einen Akt zu verrichten. Nachträglich sollte sich herausstellen, dass es sich um einen Zeugungsakt gehandelt hatte. Sebis Tochter Frieda wurde in diesem August genauso alt wie das rechtskräftige Scheidungsurteil, nämlich zehn Jahre. Von heftiger Reue geplagt hatte Sebi bereits am nächsten Tag alles gebeichtet, war damals aber noch ahnungslos – ein weiteres bezeichnendes los-Wort! –, welche Folgen sein Fehltritt langfristig haben würde. Rosa war nicht die Frau, die etwas Derartiges verzeihen konnte oder wollte. Wenn ihr eines wichtig war in der Ehe, dann Treue.
Vier Monate später hatte Astrid ihrem One-Night-Stand eröffnet, dass seine Spermien bei ihr auf eine befruchtungsfähige Eizelle gestoßen waren. Zu diesem Zeitpunkt lebten er und Rosa bereits getrennt. Rosa erfuhr die Neuigkeit bei einer Flasche Bordeaux, die sie gemeinsam mit Sebi leerte. Er hatte sich also noch nicht mal ein Kondom übergestülpt! Hochgradig sorg- und verantwortungslos. Sie war schockiert. Erst etliche Wochen später konnte sie dem Ganzen auch etwas Positives abgewinnen. Denn es vollzog sich eine wundersame Verwandlung ihres Gatten. In den letzten Jahren war er chronisch überarbeitet gewesen und hatte eheliche wie häusliche Pflichten vernachlässigt. Angestachelt durch Trennung und Scheidung umwarb er sie nun als bußfertiger Romeo. Er wollte sie zurück!
Selbstverständlich sorgte er für Frieda und ihre Mutter. Für Letztere jedoch lediglich in finanzieller Hinsicht und nur für kurze Zeit. Denn Astrid lernte schon bald Anton kennen und lieben, die Vermählung folgte wenig später und Frieda trug seither wie ihre Mutter und die jüngeren Halbschwestern Antons Nachnamen Pallaske. Sie war ein aufgewecktes Mädchen, das nach den Ferien zum Gymnasium wechseln würde und zu Sebi genauso Papa sagte wie zu ihrem Ziehvater. Und das mit Stolz, denn zwei Papas hatte keine ihrer Freundinnen vorzuweisen. Zu Rosa sagte sie Rosa, und das war Rosa auch ganz recht. Sie hatte längst ihren Frieden mit der Existenz von Frieda gemacht und zusätzlich zum Töchterchen ihres Ex-Mannes auch die achtjährige Lotte und Baby Leonie ins Herz geschlossen.
Rosa musste zugeben, dass durch Sebis Fehltritt ein großes Eheproblem unkonventionell gelöst worden war. Denn obwohl sie Kinder ganz reizend fand, hatte sie zu Sebis Bedauern nie welche haben wollen. Mit etwas Abstand konnte sie das muntere Treiben von Kindern durchaus genießen, ohne jedoch den Wunsch auf biologische Mutterschaft zu verspüren. Nun bereicherten Frieda, Lotte und neuerdings auch Leonie in angenehm homöopathischen Dosen ihr Leben.
Eigentlich schade, dass die Scheidung erforderlich gewesen war – aber Rosa war eine Frau mit Prinzipien und eisernem Willen, solange es nicht ums Essen, um Sport oder um Gartenarbeit ging.
Ihr Koffer füllte sich zusehends mit Wohlfühl-Textilien: Hüfte und Knie umschmeichelnde Röcke, oberarmbedeckende Blusen und T-Shirts, mehrere Badeanzüge in dezentem Schwarz und mit streckenden Streifen, bequeme Büstenhalter und Baumwollschlüpfer und Dutzende Schals und Tücher, die sich kaschierend über ihre Problemzonen drapieren ließen. Zuoberst legte sie ihre neu erworbenen Dessous: ein Set in sündigem Rot, das andere in neckischem Rosé. Sebi würde Augen machen! Und mehr als das. Die Tinte auf den Scheidungspapieren war kaum getrocknet, da hatte sie zum ersten Mal nach einem Jahr wieder das Bett mit ihrem frisch Geschiedenen geteilt und sich über die Maßen gewundert, mit welch unbändiger Leidenschaft er sie beglückte. Eine Leidenschaft, die im Laufe der zuvor miteinander verbrachten neun Ehejahre auf immer kleinerer Flamme geköchelt und seinerseits dicht vor dem endgültigen Erlöschen gestanden hatte. Wobei gestanden hier vielleicht nicht der passende Ausdruck war, wie Rosa ihren Gedankengang selbstkritisch beurteilte. Als Buchhändlerin, Aushilfs-Bibliothekarin in der Schulbibliothek des Gymnasiums, das Sebis Tochter Frieda bald besuchen würde, und Hobby-Linguistin nahm Rosa es mit der Wortwahl stets sehr genau. Seither stand Sebi jedenfalls seinen Mann in vollem Umfang – und er war zudem ein Kerl von einem Mann. Sie fand, dass er dem italienischen Sänger Adriano Celentano in seinen mittleren Jahren ähnelte. Allerdings überragte der fast zwei Meter große Sebi Celentano um einen Kopf und hatte auch immer noch volles Haar.
Morgen früh würde sie das Fröschlein beladen, ihren hellgrünen Twingo, und in tiefenentspannter Fahrweise rund dreieinhalb Stunden später das Feriendomizil im Herzen von Dangast erreichen. Als Ehepaar waren sie und Sebi immer an die norditalienische Adria gefahren, um sonnige Urlaube mit dolce far niente im Badeort Bibione zu verbringen. Aber seit der Trennung begnügten sie sich mit der überschaubaren Tour nach Dangast. Vom Wuppertaler Stadtteil Cronenberg aus waren es nur etwas über dreihundert Kilometer. Das schaffte selbst Rosa, die das Autofahren hasste – ganz besonders, wenn sie hinter dem Lenkrad saß. Dennoch bestand sie auf einer separaten Anreise – und auf getrennte Zimmer im selben Reetdachhaus. In diesem Jahr würde es wohl zum letzten Mal nach diesem Ritual ablaufen, denn sie hatte beschlossen, Sebis Heiratsantrag, den er ihr in schöner Regelmäßigkeit während ihrer gemeinsamen Urlaube am Jadebusen machte, in diesem Jahr anzunehmen. Anfangs hatte sie aus Prinzip abgelehnt. Nach Sebis Erbschaft hatte sie abgelehnt, damit er ihr nicht einen Sinneswandel des Geldes wegen unterstellen konnte. Inzwischen hatte sie erkannt, dass sie und Sebi niemals voneinander würden lassen können. Es wäre also in Anbetracht der besten Jahre, auf die sie beide zusteuerten, nur logisch, diese offiziell gemeinsam zu verbringen. Genug der Buße für ihn, genug der Sturheit für sie: Sie würden doch aneinander kleben bleiben, und insofern war es konsequent, das Ganze staatlich zu besiegeln und den Zweikomponentenkleber durch einen erneuten Gang zum Standesamt aufzubringen.
Ihr Handy vibrierte. Sebis Antwort.
Hast du gute Laune, mein Schatz? Das hoffe ich, denn andernfalls traue ich mich nicht, dir eine schlechte Nachricht zu übermitteln.
Rosa spürte, wie eine unnatürliche Tranquillität von ihr Besitz ergriff. Das verhieß nichts Gutes. Sie würde sich gleich wahrscheinlich gewaltig aufregen und nutzte die buchstäbliche Ruhe vor dem Sturm zum Tippen.
Meine Laune ist fantastisch. Rück nur raus mit der Sprache, du musst keine Angst haben. Es sei denn, du willst mir mitteilen, dass du einen Auftrag hereinbekommen hast, den du nicht ablehnen kannst!?
Sebi hatte vor drei Jahren den stressigen Dienst bei der Polizei quittiert, direkt nach dem Ableben seiner wohlhabenden Großtante, die ihm als Lieblings-Großneffen einen beträchtlichen Teil ihres Vermögens vermacht hatte. Seitdem betätigte er sich als Privatermittler, wobei er sich weiß Gott nicht überarbeitete. Überwiegend verbrachte er seine Bürozeit mit der Lektüre von Kochbüchern. Doch wenn einmal etwas zu tun war, dann immer zum ungünstigsten Zeitpunkt. Gerne kurz vor Weihnachten, vor Feiertagen – und rund um die Osterferien. Mehr als einmal hatte die gemeinschaftliche Erholung am Jadebusen deshalb schon am seidenen Faden gehangen. Und letztes Jahr hatte eine vermögende Fabrikantin mit Sebis Unterstützung kurz vor Ferienende Beweise für das ehewidrige Verhalten ihres Mannes gesammelt, was zu Sebis um eine Woche verspäteter Anreise geführt hatte. Als er dann in der zweiten Urlaubswoche endlich in Dangast eingetroffen war, hatte Rosa es sich nicht verkneifen können, scharfzüngig in der alten Wunde herumzustochern: Nun ja, das ist schließlich dein Spezialgebiet. Wer, wenn nicht du, kennt sich mit ehewidrigem Verhalten aus?
Kurz entschlossen startete Rosa einen Video-Anruf. Sie musste ihm in die Augen sehen, wenn er ihr die schlechte Nachricht eröffnete. Als Sebi im Display erschien, lag das personifizierte schlechte Gewissen in seinem auf die Handykamera gerichteten Blick und das Elend der Welt auf seinen breiten Schultern.
»Könntest du dir vorstellen, unsere Abfahrt um einen Tag zu verschieben …?«, eröffnete er und strich mit der Hand sein dichtes, dunkles Haar aus der Stirn, das an den Schläfen ein paar silbergraue Reflexe, aber keine einzige schüttere Stelle hatte. Nervös war er, das stand für Rosa zweifelsfrei fest, als er zu einer kryptischen Ergänzung seiner Frage ansetzte.
»Wegen der Internationalen Katzenausstellung.«
Sebi hatte sich noch nie etwas aus Katzen gemacht. Mit der Behauptung, eine extrem ausgeprägte Katzenhaarallergie zu haben, war jede Diskussion um die Anschaffung einer Katze zu Rosas Leidwesen im Keim erstickt worden. Sie liebte Katzen über alles und hätte von Herzen gern mindestens für eine das Dosenöffnen übernommen. Nach der Trennung hätte sie sich den Herzenswunsch erfüllen können, aber anfangs war sie zu sehr mit der Entrüstung über Sebis Treulosigkeit und dem Durchfechten der Scheidung beschäftigt.
Und direkt nach der Scheidung hatten sie die Beziehung ja wieder reaktiviert, wenn auch getrennt lebend. Doch Sebi hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass auch nur ein einziges Katzenhaar in seinem oder ihrem Bett ihm zum Verhängnis werden konnte. Von Augenrötungen über eitrige Pusteln im Gesicht bis hin zu akuter Atemnot wäre alles möglich. Ob sie sich nicht statt einer haarenden Katze einen allergikerfreundlichen Hund anschaffen wollte? Einen Pudel zum Beispiel?
Rosa konnte sich daher keinen Reim auf Sebis Eröffnung machen.
»Du sprichst wirr. In welcher Verbindung stehen die Katzenausstellung und die verspätete Abreise? Komm endlich zur Sache.«
Sebi zog den Kopf ein wenig ein, es sah aus, als wollte er sich ducken.
»Ich bin Bernd einen Gefallen schuldig.«
Polizeirat Bernd Ammermann war ein paar Jahre, nachdem Sebi den Polizeidienst quittiert hatte, in den Ruhestand gegangen. Sie kannte ihn flüchtig von früher und wusste, dass er und Sebi eine lockere Freundschaft pflegten. In letzter Zeit schien der Kontakt jedoch etwas eingeschlafen zu sein, jedenfalls hatten Sebi und Bernd sich länger nicht mehr getroffen.
»Sebi, ich habe nicht den Hauch einer Idee, was Bernd, die Katzenausstellung, der Gefallen und unsere Reise miteinander zu tun haben.«
»Er hat damals seiner Frau zuliebe den Vorsitz des Katzenzuchtvereins Bergischland übernommen. In diesem Jahr ist er auch Organisator der ersten internationalen Katzenausstellung des Vereins in Wuppertal. Und es gibt da ein Problem.«
»Was heißt hier Problem? Welches Problem im Zusammenhang mit einer Katzenausstellung könnte unsere Urlaubspläne tangieren?«
Als wäre ihm der Hals abhandengekommen, sackte Sebis Kopf noch tiefer zwischen die Schultern. »Es sind Drohbriefe eingegangen. Wahrscheinlich nur ein harmloser Verrückter. Bernd hält es für überzogen, deswegen die Kollegen zu alarmieren.«
Noch immer weigerte sich Rosas Verstand, das Problem zu erkennen.
Sebi straffte sich, um die Sachlage zu präzisieren: »Aber er hat mich gebeten, einfach anwesend zu sein und ein wachsames Auge auf die Veranstaltung zu haben.«
Rosa bedachte ihn mit einem Lächeln und flötete: »Aber das ist doch fantastisch. Ich besuche dich dort gern und leiste Erste Hilfe, wenn du erstickst. Wo findet das Spektakel denn statt? Unihalle oder Historische Stadthalle?«
»Weder noch.« Sebi nannte ihr die Adresse im Wuppertaler Stadtteil Barmen. Sein gequälter Blick sprach Bände. Rosa kannte ihren Pappenheimer seit fast zwei Jahrzehnten. So viel war gewiss, er wusste genau, dass seine Katzenhaarallergie-Schummelei soeben aufgeflogen war. Bernd Ammermann würde niemals die Größe des kleinen Gefallens ermessen können, zu dem er Sebi genötigt hatte.
Im Gegensatz zur prächtigen Historischen Stadthalle und zur modernen Unihalle in Wuppertal-Elberfeld war die Multifunktionshalle in Wuppertal-Barmen wenig glanzvoll und zudem altbacken. Für gewöhnlich fanden in ihrem schlichten Ambiente Veranstaltungen mit regionalem Fokus statt, die vergleichsweise bedeutungslos waren. Doch an diesem Samstag würde es darin sowohl international als auch aristokratisch zugehen, wenn adelige Katzen nebst Personal die reservierten Ausstellungsplätze bezogen. Schon um sieben Uhr, eine Stunde vor dem offiziellen Einlass für Aussteller und drei Stunden vor der Öffnung für Gäste, war Sebi vor Ort. Er wollte sich in Ruhe umsehen und die Sachlage besprechen. Aber mit der Ruhe war es nicht weit her. Es herrschte schon emsige Betriebsamkeit, da die Showkäfige auf den Tischen platziert wurden. Diese mit viel Klappern und Scheppern verbundene Aufgabe übernahmen Leute vom Verein. Bernd überwachte das Ganze mit Argusaugen und erging sich währenddessen in Erläuterungen, die Sebis Geduld arg strapazierten.
»Alle gemeldeten Katzen verfügen über einen erstklassigen Stammbaum! Wir haben die Crème de la Crème zu Gast! Darunter einen World Champion, mehrere International Champions und ein Dutzend European Champions!«
Bernd schrie, als wäre Sebi schwerhörig, außerdem schnaufte er vor Aufregung und wischte sich zum wiederholten Male mit einem Stück Küchenpapier den Schweiß von der Stirn. Das Tuch war bereits völlig durchweicht, da der Pensionär übermäßig stark transpirierte. Zum Glück stand die Rolle griffbereit und Sebi reichte dem ehemaligen Vorgesetzten ein neues Tuch, das dieser dankbar entgegennahm.
»So eine Ausstellung gab es noch nie in Wuppertal und schon gar nicht in Barmen, das kannst du mir glauben! Wir haben eine wirklich hochkarätige Veranstaltung auf die Beine gestellt! Für die Bewertungen und Prämierungen konnten wir drei Richter von internationalem Renommee gewinnen! An diesen Tischen werden sie sich die Katzen haargenau anschauen und beurteilen!«
Auch die Schweißdrüsen unter Bernds Armen arbeiteten sichtbar im Akkord, obwohl die Raumluft noch angenehm frisch war. Sebi hatte einmal gelesen, dass es spezielle saugfähige Pads gab, die man sich unter die Arme schnallen konnte, wovon Bernd offensichtlich noch nichts wusste. Sein Achselschweiß rann nahtlos in den Stoff des Polo-Shirts und breitete sich unter den Achselhöhlen kreisförmig aus, als er die Richtertische zurechtrückte. Nachdem er sie abschließend mit einem Desinfektionsmittel abgewischt hatte, das für Tiere ungefährlich war, wie er nebenbei kundtat, deutete er auf die Bühne.
»Dort stehen schon die Pokale bereit!«
»So viele?«, staunte Sebi beim Anblick des beachtlichen Haufens an kitschigen bronzenen, silbernen und goldenen Siegestrophäen.
Bernd erklärte ihm, das sei bei einer Katzenausstellung dieser Größenordnung ganz normal.
»Wir prämieren Best in Show, Best in Varietät, Bestes Nest, Bestes Baby, Bestes Jungtier, dazu gibt es etliche Sonderpreise, zum Beispiel auch für die schönste Hauskatze. Dann die anderen männlichen und weiblichen Sieger in den verschiedenen Rassen und Altersklassen, in der Offenen Klasse und bei den Kastraten – immer auch unterschieden nach Kurzhaar, Semihaar und Langhaar – und schließlich Best of Best, die allerbeste …«
Es mochte am vollmundigen Rotwein liegen, den Sebi gestern nach dem Videotelefonat mit Rosa geöffnet hatte, dass sein Kopf dröhnte, vielleicht waren aber auch die detaillierten Ausführungen nicht ganz unschuldig daran. So genau hatte Sebi es nicht wissen wollen.
»Verstehe«, unterbrach er Bernd deshalb und lenkte das Gespräch auf die drei Drohbriefe, deretwegen er hierher gebeten worden war. Den Wortlaut kannte er, aber er wusste noch nicht, was die kriminaltechnische Untersuchung ergeben hatte. Da bei der Spurensicherung noch ein alter Bekannter arbeitete, den Bernd bequatscht hatte, waren die Schreiben auf Haare, Fingerabdrücke und DNA-Spuren untersucht worden. Leider ohne verwertbare Ergebnisse, wie Bernd nun berichtete. Wer auch immer das DIN-A4-Papier bedruckt, zusammengefaltet und in den Briefkasten des Vereinsheims eingeworfen hatte, war mit größter Sorgfalt vorgegangen. Die Schreiben boten keinerlei Anhaltspunkte. Es handelte sich um weißes Allround-Druckerpapier in der Stärke 80 g/qm, bedruckt mit einem handelsüblichen Laserdrucker. Bernd hatte die anonymen Schreiben im Laufe der letzten zwei Wochen vorgefunden und sie, nachdem sie von der SpuSi zurückgekommen waren, einzeln nach Eingangsdatum sortiert, in transparenten Prospekthüllen abgeheftet. Den Ordner hatte er mitgebracht. Sebi schaute sich noch einmal genau an, was auf den Blättern stand.
Nr. 1 |19|03|18
SCHLUSS MIT DEM DEKADENTEN RASSENWAHN!
KATZEN SIND KEINE AUSSTELLUNGSOBJEKTE!
NEIN ZU KATZENAUSSTELLUNGEN!
Nr. 2 |20|03|18
WÜRDELOSE RASSEN-SCHAU!
NEIN ZU QUALZUCHTEN!
KEINE KATZENAUSSTELLUNGEN!
Nr. 3 |22|03|18
SIND SIE BEREIT, DIE KONSEQUENZEN ZU TRAGEN?!
WER NICHT HÖREN WILL, MUSS FÜHLEN!
AUF IHRER AUSSTELLUNG WERDEN KEINE TROPHÄEN VERGEBEN!
Alles in Großbuchstaben und Fettdruck, gespickt mit Ausrufezeichen. Grammatik, Rechtschreibung und Zeichensetzung korrekt, soweit Sebi das beurteilen konnte. Wer die Dreizeiler geschrieben hatte, musste einigermaßen gebildet sein und beherrschte die deutsche Sprache. Katzenhasser steckten wohl kaum dahinter, das stünde im Widerspruch zur Aussage der Formulierungen im knappen Telegrammstil. Das Geschreibsel wirkte eher wie ein schlechter Scherz mit leeren Drohungen. Wobei die ersten beiden Schreiben noch nicht mal eine konkrete Drohung enthielten, sondern man konnte ihnen nur eine allgemeine Ablehnung von Katzenausstellungen, Katzenzucht und Rassekatzen entnehmen. Erst im dritten Brief wurde mit Konsequenzen gedroht. Aber mit welchen? Da bot der letzte Satz durchaus Interpretationsspielraum.
Auf Ihrer Ausstellung werden keine Trophäen vergeben! – was sollte das bedeuten? Auch Bernd wurde nicht schlau daraus. Schließlich sollten eine Menge Trophäen vergeben werden, alle die Pokale, die am Rande der Bühne auf ihre Vergabe an die Sieger warteten. Wollte jemand das verhindern, müsste er die Pokale vorher entwenden. Oder – auch das war denkbar – die Katzenrichter an ihrer Richtertätigkeit hindern, sodass diese die Katzen nicht beurteilen konnten.
Sebi versprach Bernd, besonders auf die Bühne und den direkt davor platzierten Richtertisch aufzupassen. Falls er etwas Verdächtiges bemerkte, würde er einen der beiden Wachleute kontaktieren, die Bernd für die Ausstellung angeheuert hatte.
»Sind hier denn irgendwelche Qualzuchten dabei?«, wollte Sebi wissen. »Mit Katzen kenne ich mich überhaupt nicht aus. Bei Hunden gibt es so was. Nackthunde oder besonders kurzköpfige Rassen mit entzündeten Glupschaugen und Atemnot.«
»Findest du alles auch bei Katzen«, erläuterte Bernd, augenscheinlich selbst mit Atemnot kämpfend und sich erneut die nasse Stirn abtupfend. »Aber Qualzuchten sind die Ausnahme. Die wenigsten Züchter nehmen bewusst Schmerzen, Leiden oder andere Schäden bei der Rasse in Kauf. In unserer Ausstellungsordnung ist das eindeutig geregelt, solche Katzen dürfen nicht gezeigt werden, mal abgesehen von den Scottish Fold mit einer genetischen Ohrenanomalie, deren Zucht aber offiziell erlaubt ist. Wir haben eine Sondershow für Britisch Kurzhaar, die sind in dieser Hinsicht ganz unproblematisch.«
Mitten in ihre Lagebesprechung platzte ein untersetzter Mann mittleren Alters, im Gefolge eine wesentlich jüngere und hübschere Begleiterin. Nachdem er seinem Unmut über den Dauerregen Ausdruck verliehen hatte, stellte der Untersetzte sich als Ronald Sommer vor. Seine Begleitung hieß Jasmin Bethge und würde ihm als Stewardess bei der Richtertätigkeit assistieren. Einige Minuten nach der Ankunft des ersten Richters und seiner reizenden Assistentin erschien die Tierärztin Frau Dr. Schulten, um alle angemeldeten Katzen kurz zu checken, bevor diese ihre Ausstellungskäfige bezogen. Wenn sie einen gesunden Eindruck machten und frei von Parasiten waren, durften sie an der Ausstellung teilnehmen – andernfalls mussten sie leider draußen bleiben.
Kurz darauf füllte sich die Halle Schlag auf Schlag. Die beiden anderen Richter und Stewards trafen ein, dann rückten acht Katzenfreundinnen des gastgebenden Vereins Bergischland an und bauten im Nebenraum ein Buffet für das Ausstellerfrühstück auf. Mit belegten Brötchen, Kuchen, Filterkaffee, Tee und kalten Getränken war für das leibliche Wohl umfassend gesorgt. Eine muntere Dame schenkte Sebi Kaffee ein. Er nahm die mit einem Katzenkonterfei verzierte Tasse dankend entgegen, probierte einen Schluck und zog angewidert eine Grimasse. Sebi war Kaffee-Gourmet, in seiner Küche standen eine Siebträgermaschine und eine Espressomühle, beides vom Feinsten, genauso wie die Bohnenqualität, die er bevorzugte. Egal, er brauchte jetzt Koffein. Er leerte die Katzentasse komplett, wenn auch mit Todesverachtung.
Inzwischen hielten die Aussteller Einzug – oder vielmehr die Ausstellerinnen. Katzen wurden anscheinend mehrheitlich von Frauen gezüchtet. Im Gegensatz dazu schien das Bewerten der Tiere eine Männerdomäne zu sein, stellte Sebi fest. Da der offizielle Einlass erst um zehn begann, schlenderte er im Saal umher und las einige der Schilder, die an den Gitterstäben der Einzel-, Zweier- und Dreierkäfige befestigt waren: Caruso vom Silberstreif, Maine Coon. Seinen Käfig hatte man höchst komfortabel ausgestattet: Silberne Samtvorhänge an drei Seiten, ein weicher weinroter Teppich auf dem Boden, eine aus einem Holzstamm geschnitzte Kuschelhöhle und eine silberne Katzentoilette, die er soeben benutzt hatte. Nun begann er, die feste Hinterlassenschaft derart energisch zu verscharren, dass die Streu nur so flog. Sebi zog schnell einen Gang weiter und blieb bei Lucille of Dreamaway stehen, laut Infoschild eine Ragdoll. Das hieß wörtlich übersetzt Lumpenpuppe. Sebi hatte keine Idee, wie man auf so einen absurden Namen für eine Katzenrasse kam. Am Tisch daneben thronte Whistleblower of Bravehearts, Scottish Fold. Die Anomalie, die Bernd eben angesprochen hatte, war unübersehbar: Der blaugraue Kater hatte keine Ohren! Oder jedenfalls keine katzentypischen, sondern recht kümmerlich wirkende Knicköhrchen. Armes Tier, murmelte Sebi in Richtung der Katze. Obwohl leise gesprochen, hatte es die Züchterin doch mitbekommen. Sie erhob sich vom Hocker, auf dem sie gesessen hatte, strich ihr voluminös wallendes ockergelbes Gewand glatt und baute sich vor ihm auf. Es gab nicht viele Frauen, die stehend auf Augenhöhe mit Sebi waren – diese war es.
»Das ist kein armes Tier!«, belehrte sie Sebi barsch. Ihrem schwach ausgeprägten, aber dennoch unverkennbaren Akzent nach zu urteilen, stammte sie aus Osteuropa. »Schottische Faltohrkatzen verfügen nachweislich über eine exzellente Gesundheit. Das belegt eine internationale Studie. Fünfzig Scottish Fold unterschiedlichen Alters aus verschiedenen Zuchten wurden untersucht, auch röntgenologisch, und es gab keinen einzigen negativen Befund. Arttypischer Körperbau, volle Beweglichkeit von Gliedmaßen und Schwanz – und hören können sie auch! Whissie, du hörst hervorragend, stimmt’s? Möchte mein Whissie ein feines Leckerchen von seiner Mamutschka?«
Whissie ließ einen erfreuten Laut der Zustimmung ertönen, woraufhin die Züchterin ihn triumphierend ansah. »Er hört wie ein Luchs!«
Sebi lächelte kleinlaut und sah zu, dass er fortkam. Nach dieser Erfahrung wollte er eigentlich keine weiteren Katzen anschauen, aber dann erregte ein Schild seine Aufmerksamkeit und er blieb doch noch mal stehen. AdèleLa Belle vom Blauen Berg, Britisch Kurzhaar, stand auf dem Schild. Aha, diese stämmige Katzenlady war also eine Vertreterin der Sondershow. Sebi trat einen Schritt näher an den Käfig, um das Tier genauer zu betrachten. Das war ein Fehler, denn sofort kam eine zierliche Brünette herbeigeeilt, die eine gigantische Transportbox vor der Brust trug.
»Würden Sie bitte etwas Abstand halten?«, fauchte sie und wuchtete die Box auf den Tisch. »La Belle ist noch leicht gestresst, sie braucht eine Weile, um sich zu akklimatisieren.«
Die blaublütige La Belle wirkte nicht im Geringsten gestresst. Sie putzte sich in aller Seelenruhe ihr blaues Fellkleid. Abgesehen von den Ohren sah sie genauso aus wie der Scottish Fold Kater. Als sie den Kopf hob, ruhten ihre bernsteinfarbenen Augen nur für den Bruchteil einer Sekunde herablassend auf Sebi, bevor sie sich wieder konzentriert an die Fellpflege begab. Ihre Besitzerin wirkte entschieden unentspannter. Aus der großen Katzenbox drang ein vielstimmiges klägliches Miauen.
»Oh, tut mir leid«, entschuldigte sich Sebi. »Bitte sehen Sie es mir nach, ich habe keine Ahnung von Katzen. Aber selbst ich erkenne, dass Ihre Samtpfote ein richtiges Prachtexemplar ist.«
Die Schmeichelei wirkte wie gewünscht. Die Mundwinkel der Frau, die er auf Mitte dreißig schätzte, hoben sich, und das Lächeln stand ihr gut. Sie stellte sich als Monika Müller von der Cattery vom Blauen Berg vor. Als er ihr erzählte, dass er mit Bernd Ammermann befreundet und deshalb auf der Ausstellung sei, legte sie ihre Kratzbürstigkeit komplett ab und ging nahtlos zum Du über. Sebi erfuhr, dass Adèle, Rufname La Belle, der ganze Stolz ihrer noch jungen Cattery war, ein Eigengewächs aus dem ersten Wurf, das bald die Dynastie vom Blauen Berg erweitern sollte. Monika hoffte, heute mit ihr mindestens einen Pokal abzuräumen. Und vielleicht noch weitere mit ihrer Mutter Luna und deren neuen Kitten, La Belles Halbgeschwisterchen, die noch in der Transportbox ausharrten.
»Es ist ein wunderbarer B-Wurf, und ich rechne mir gute Chancen für das Beste Nest oder das Beste Baby aus!«
Sebi überlegte, ob er nachfragen sollte, was ein B-Wurf war. Doch die Entscheidung wurde ihm abgenommen, als er plötzlich eine vertraute Stimme in seinem Rücken hörte.
»Sie haben Katzenbabys? Oh, wie süß!«
Er drehte sich ruckartig zu Rosa um, woraufhin sie ihm ein flüchtiges Küsschen auf den überrascht geöffneten Mund hauchte.
»Es ist doch noch gar kein Einlass für Besucher«, stellte er fest. »Wie bist du hereingekommen?«
»Dein Name war meine Eintrittskarte. Ich habe dem Türsteher gesagt, dass du mich erwartest.«