Furchtlose Frauen und wie sie die Welt eroberten - Armin Strohmeyr - E-Book

Furchtlose Frauen und wie sie die Welt eroberten E-Book

Armin Strohmeyr

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Beschreibung

Wagemutige Abenteurerinnen überwinden Grenzen In seinem neuen Buch nimmt uns Armin Strohmeyr mit auf die tollkühnen Wagnisse von zwölf der mutigsten Abenteurerinnen des 16. bis 20. Jahrhunderts. Er führt uns hinaus aufs offene Meer, u. a. mit der Piratenkönigin Granuaile O'Malley, lässt uns mit Rosita Forbes die todbringende Libysche Wüste auf der Suche nach der verbotenen Oase Kufra durchreiten und entführt uns in die Weiten der Lüfte mit der Fliegerpionierin Amelia Earhart. Alle porträtierten furchtlosen Frauen einte der Drang, die Grenzen des Denkbaren zu weiten und sich die Welt gegen alle Widerstände zu eigen zu machen.

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Veröffentlichungsjahr: 2024

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© Piper Verlag GmbH, München 2024Covergestaltung: Büro Jorge Schmidt, MünchenCovermotiv: Bettmann / Getty Images (Amelia Earhart, 1931); gemeinfrei (Josephine Peary, 1891)Konvertierung auf Grundlage eines CSS-Layouts von digital publishing competence (München) mit abavo vlow (Buchloe)

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Inhalt

Inhaltsübersicht

Cover & Impressum

Widmung

Zu Wasser

Granuaile O’Malley (1530 – 1603)

»Terra marique potens«

Ehe und frühe Witwenschaft

Zweite Ehe, Revolten und Gefangenschaft

Richard Bingham, der blutige Gegenspieler

Gespräch mit der Königin

Mary Bryant (1765 – nach 1807)

Todesurteil und »Begnadigung«

Die erste Sträflingsflotte

Die Hölle von Sydney Cove

Die Flucht

Regen, Sturm und fremde Krieger

Die Meuterer von der Bounty und die Gefangenen von Kupang

Boswell und die Heldin der Freiheit

Mary Anne Talbot (1778 – 1808)

Kindheit in Shropshire

Schiffsjunge auf der Crown

Verwundung vor Valenciennes

Die Seeschlacht vom »Glorreichen 1. Juni«

Seekadett und Gefangene

Als Handelsassistent nach Amerika

Die »press gang«

Ruhm und Absturz

Mary Ann Brown Patten (1837 – 1861)

Eine Weltreise

Start zu einer neuen Wettfahrt

Durchs antarktische Eis

Endspurt nach San Francisco

Zweifelhafter Dank

Zu Lande

Alexine Tinne (1835 – 1869)

Die reichste Erbin der Niederlande und eine folgenreiche Affäre

Spazierfahrten auf dem Nil

Richard Burtons und John Spekes Entdeckungen

Durch die Wüste nach Khartum

Nach Gondokoro

Tod am Gazellenfluss

Unruhige Odyssee

Ein Meuchelmord

Florence Baker (um 1845 – 1916)

Richard Burton und John Speke

Samuel Bakers Plan

Eine Haremsauktion

Die Fahrt zum ersten Katarakt

Durch Nubien und Äthiopien

Khartum, der letzte Posten der Zivilisation

Unvermittelte Wendung der Dinge

Die Sklavin Bacheeta

Der Luta N’zigé

Zu den Murchison-Fällen

Der Hölle entronnen

Ruhm und kurze Rast

Wiedersehen mit Afrika

Ein lebender Mythos

Josephine Peary (1863 – 1955)

Der Nordpol: Land oder Meer?

»Ich bekomme nie genug vom Tooktoo Valley«

Die Entdeckung der »Himmelssteine«

»Ahnighito«

Die große Enttäuschung

»Was für eine großartige Frau du bist«

Rosita Forbes (1890 – 1967)

Die Senussi-Bruderschaft

»Ich sammelte schon immer Landkarten«

»Dinge erkennen«

Vorbereitungen zum großen Ritt

Der »letzte Fetzen der Zivilisation«

Sandstürme, Wegelagerer, brackige Brunnen

»Allahs Wille, dass wir sterben müssen«

Ein Palaver um Leben und Tod

Am Ziel!

Glanz und Glamour

In der Luft

Wilhelmine Reichard (1788 – 1848)

Die erste deutsche Ballonfahrerin

Ein junges Paar und die aeronautische Leidenschaft

Wilhelmine Reichards erste Ballonfahrten

Ein Sturz aus fast acht Kilometern Höhe

Ballonfahrten mit Madeira und Champagner

Vor Kaiser und König

Tatkräftige Fabrikbesitzerin

Blanche Stuart Scott (1886 – 1970)

Der Schrecken braver Bürger

Ein gelöster Holzkeil und die Folgen

Eheliches Intermezzo

Rekorde und Intrigen

Tödliche Stunts

»Frauen sollten aufwachen«

Amelia Earhart (1897 – 1937)

»Ich war nur Gepäck, wie ein Sack Kartoffeln«

Die »Marke« Amelia wird aufgebaut

Der geheime »D-Day«

Der Alleinflug über den Atlantik

»Ach ja, schon wieder eine Frau am Steuer«

Verschollen

Beryl Markham (1902 – 1986)

Eine Kindheit im kenianischen Hochland

Zweite Ehe und Aufregung am Königshof

»Die beste Fliegerin im ganzen britischen Empire«

»Jetzt geht’s auf Biegen und Brechen«

Totalcrash und Triumph

»Sie war die Verkörperung Afrikas«

Auswahlbibliografie

Buchnavigation

Inhaltsübersicht

Cover

Textanfang

Impressum

Literaturverzeichnis

Widmung

für Karl

Zu Wasser

Weshalb man auf See selbst im Wochenbett eine Muskete griffbereit haben und auch als Freibeuterin das Lateinische beherrschen sollte;

weshalb es bei einem Sturm auf See von Vorteil ist, einen Hut zu haben und wüste Fluchwörter zu kennen, und weshalb man in Hafenkneipen den Mund nicht zu voll nehmen sollte;

weshalb es für Matrosen sinnlos ist, das Schwimmen zu erlernen, und was es bedeutet, »ein wenig Seebrühe zu schlürfen«;

weshalb es wegen des Goldrauschs zu Wettrennen auf See kam, und weshalb eine Kommandantin dreißig Tage lang nicht die Kleider wechselte.

Granuaile O’Malley (1530 – 1603)

Freibeuterkönigin, Landesherrin und irische Nationalheldin

An der westirischen Küste im Jahre 1567: Algerische Korsaren sind auf ihren Raubzügen über Spanien und Portugal bis zum äußersten Rand Europas vorgedrungen. Sie bringen die Boote argloser Fischer und Händler auf, entern, plündern und morden. Doch vor der Küste der Region Mayo mit den vorgelagerten Inseln Achill und Clare geraten sie in das Revier einer lokalen Freibeuterin: Granuaile (oder englisch: Grace) aus dem alten irischen Clan der O’Malleys. Granuaile hat Teile der westirischen Küste mit etlichen Inseln, Burgen und Dörfern im Griff. Sie betreibt mit ihrer Flottille ein Handelsnetz, das ostwärts nach Schottland und südwärts bis zur Iberischen Halbinsel reicht. Aber sie ist auch als Freibeuterin unterwegs. Ihr Metier hat wenig mit romantischen Vorstellungen zu tun, wie wir sie aus Abenteuerromanen und Hollywoodfilmen kennen. Vielmehr rührt ihr Geschäftsmodell von althergebrachten Clanrechten, die sowohl den Strandraub als auch die Erpressung fremder Handelsschiffe und Fischerboote umfassen. Meist zahlen die »Kunden« freiwillig. Widersetzen sie sich jedoch den Forderungen der O’Malleys, wird mit Enterhaken, Pistolen und Messern nachgeholfen. Granuaile wird entlang der gesamten irischen Küste geachtet, als Tochter eines Clanchefs, Ehefrau in bereits zweiter Verbindung mit einem ebenso angesehenen Kämpfer einer anderen irischen Sippe und vor allem auch als eigenständige Persönlichkeit, mutige Seefahrerin, Grundherrin und Kämpferin für die irische Freiheit gegen die englischen Kolonisatoren.

Nun haben sich also algerische Korsaren in die Gewässer der O’Malleys gewagt, wohl ohne zu ahnen, auf welchen Gegner sie treffen werden. Wären sie besser informiert gewesen, hätten sie um die Inseln Clare und Achill, ererbtes Eigentum Granuailes, einen weiten Bogen gemacht. Die islamischen Eindringlinge glauben, leichtes Spiel zu haben, und greifen Granuailes Schiff an. Tatsächlich kommt der Angriff für Granuaile nicht eben zum günstigsten Zeitpunkt: Tags zuvor nämlich hat sie an Bord einem Sohn das Leben geschenkt und liegt – von der Niederkunft noch etwas geschwächt – in ihrer Kajüte. Den Sohn hat sie Theobald genannt, oder in ihrer irisch-gälischen Muttersprache Tibbot-ne-Long, was so viel wie »Theobald von den Schiffen« heißt, da er ja auf einer der Galeeren von Granuailes Freibeuterflotte das Licht der Welt erblickte.

Die Angreifer bedrängen Granuailes Schiff hart. Granuailes Männer können sich nur mühsam halten. In seiner Not stürzt der irische Steuermann in die Kajüte seiner Herrin und fleht sie an, doch an Deck zu kommen. Granuaile ist über den mangelnden Kampfesmut ihrer Leute empört und schreit ihn an: »Mögest du zwölf Monate lang siebenmal schlimmer dran sein als heute, der du nicht einen Tag ohne mich zurande kommst.« Dann steht die Wöchnerin von ihrem Lager auf und steigt hinauf an Deck. Dort staucht sie laut fluchend ihre Männer zusammen, greift sich eine Muskete und feuert auf die Algerier mit den Worten: »Nehmt das aus ungeweihten Händen!« Ein Großteil der nordafrikanischen Korsaren wird niedergemetzelt, die restlichen ergreifen die Flucht und verlassen Hals über Kopf das Hoheitsgebiet der furchtlosen irischen Amazone.

»Terra marique potens«

Doch wer ist diese Granuaile O’Malley, deren Name bis heute in Liedern und Geschichten in der irischen Bevölkerung weiterlebt, deren Leben und deren Taten durch historische Dokumente, Briefe, Urkunden und Verträge bezeugt sind und die auf der Grünen Insel als Nationalheldin verehrt wird?

Granuaile O’Malley wird im Jahre 1530 auf einer Burg auf Clare Island in der Clew Bay geboren. Die Inseln am Rande Europas befinden sich in einem politischen und kulturellen Umbruch. In England herrscht Heinrich VIII. Er ist unter anderem als der Monarch in die Geschichtsbücher eingegangen, der sechs Mal heiratete und zwei seiner Ehefrauen hinrichten ließ. Um sich von seiner ersten Ehefrau Katharina von Aragon scheiden lassen zu können, brach er zudem mit Rom und führte durch die »Suprematsakte« im Jahre 1534 in England eine »Reformation von oben« ein: die Gründung der Anglikanischen Kirche, deren Oberhaupt der englische Monarch selbst ist. Doch Heinrich war mehr als nur ein »Blaubart« auf dem englischen Thron. Er erhöhte das Königtum in England durch seine kirchenrechtliche Suprematie, genoss im Volk als prunkvoller und freigiebiger Renaissanceherrscher hohes Ansehen und schützte England vor drohenden Invasionen. Zudem begann er, das bis dahin weitgehend unabhängige, aber unter keiner Zentralgewalt stehende Irland enger an das Vereinigte Königreich zu binden, indem er in Dublin einen Gouverneur installierte und den einen oder anderen irischen Clanhäuptling mit Titeln und Lehen versah und so der englischen Krone verpflichtete.

Doch die Clans, altehrwürdige Sippenverbände, die die Grüne Insel seit der keltischen, vorchristlichen Zeit unter sich aufgeteilt haben, leisten erbitterten Widerstand. Zu den Eigenheiten der irischen Gesellschaft jener Tage gehört nicht nur eine eigene Sprache (das Irische oder Gälische), die sich aus keltischer Zeit erhalten hat, sondern auch ein eigenes gälisches Recht, das nicht dem römischen Recht Englands folgt, sondern vielfach noch matriarchalische Grundzüge hat; darüber hinaus ein Glaube, der sich seit der Christianisierung durch die frühen irischen Missionare mit alten keltischen Vorstellungen und Riten verbindet; und schließlich auch gesellschaftliche Strukturen, die diametral den in England üblichen paternalistischen Gepflogenheiten und der Primogenitur (der Erbfolge vom Vater auf den ältesten Sohn) entgegenstehen. Ohne irisches Königtum existieren die Clans weitgehend autonom nebeneinander. Die Nachfolge für das Oberhaupt eines Clans wird nicht durch Erbfolge, sondern in einer meritokratischen Abstimmung, der »Thanwahl«, bestimmt: Der Than ist ein Vertreter des herrschenden Clanchefs, er wird von den Clanmitgliedern nach Prinzipien von Verdienst und Eignung und aufgrund der Claninteressen gewählt und tritt nach dem Tode des Häuptlings dessen Position an. So kann der Than zwar ein Sohn des alten Häuptlings sein, muss es aber nicht. Er kann zur engeren Familie zählen, aber auch ganz locker zum Sippenverband gehören. Zudem genießen die Frauen zwar nicht offiziell, doch unter der Hand eine gewisse Macht, was etwa ihre Stellung in der Ehe, die Möglichkeit einer Scheidung, das Erbrecht und allgemein das familiäre und gesellschaftliche Ansehen anbelangt.

Unter diesen soziokulturellen Bedingungen wächst Granuaile auf und wird dereinst zu einer mächtigen, unabhängigen und von den Großen Irlands geachteten Persönlichkeit werden. Doch Granuailes Leben und Wirken wird stets auch vom Versuch Englands bestimmt sein, den Einfluss auf die Insel im Westen auszuweiten; nicht nur im eigentlichen machtpolitischen Sinne, sondern auch im Bestreben, die irische Kultur und ihre gesellschaftlichen Vorstellungen, Werte und Voraussetzungen zurückzudrängen und durch eine englische Herrschaft über Land und Leute zu ersetzen. Insofern steht Granuailes anhaltender Kampf gegen England beispielhaft als ein Widerstreit zweier europäischer Nationen an einem Wendepunkt der irischen Geschichte.

Granuaile ist die Tochter eines Clanchefs namens Owen Dubhdara (zu Deutsch »Schwarzeiche«) O’Malley und dessen Frau Margaret, ebenfalls aus dem Clan der O’Malleys. Die O’Malleys sind eine alte Sippe, die an der Küste Mayos ansässig ist, jedoch zu den kleineren Familienverbänden der Region gehört und teilweise in Abhängigkeit von den benachbarten MacWilliams steht. Doch eben weil die O’Malleys gesellschaftlich und geografisch eher »am Rande« stehen, mit dem Atlantik im Rücken, haben sie sich dem Meer zugewandt. Von allen irischen Clans sind sie der einzige, der größere Schiffe baut, die vorgelagerten Inseln (darunter Achill und Clare) in seinen Besitz gebracht hat, Fischerei und Handel betreibt (bis hin zur Iberischen Halbinsel), rege waffenmäßige Beziehungen zu Schottland unterhält und vor allem auch selbst als Freibeuter tätig ist und verfeindete Clans, die in Küstennähe ansässig sind, mit seinen Schiffen plündernd heimsucht. Die Verbindungen der irischen Clans untereinander sind unentwirrbar: Die Bündnisse wechseln ständig, und auch verwandtschaftliche Bande hindern die Häuptlinge nicht daran, blutige Fehden untereinander auszutragen – zum Leidwesen der einfachen Bevölkerung und zugunsten der äußeren Feinde, allen voran der Engländer, die diese jahrhundertealten Streitigkeiten, die fehlende Einigkeit der Clans und den mangelnden gemeinsamen Kampfgeist nutzen, um selbst ins Land einzufallen und die Insel zu unterwerfen und zu anglisieren.

Der Wahlspruch des Clans der O’Malleys lautet: »Terra marique potens«, »Mächtig zu Lande und zu Wasser«. Das ist etwas hoch gegriffen, vor allem, was die Herrschaft zu Lande anbelangt. Aber immerhin nennen sie neben Achill Island und Clare Island einen Küstenstreifen samt Hinterland ihr Eigen, zudem einige Dörfer, Burgen und Bauernhöfe, die sie selbst betreiben oder verpachtet haben. Was ihre Aktivitäten zur See betrifft, so haben sie alte, ungeschriebene Rechte auf den Fischfang und den Handel – und eben auch auf die Freibeuterei, die zu jener Zeit keineswegs den Ruch des Kriminellen hat, sondern ein angesehenes Gewerbe ist, sofern man sich auf der »richtigen« Seite befindet. Ein halbes Jahrhundert später wird sich die große Elizabeth I. von England mehrerer angesehener Freibeuter bedienen (etwa Francis Drake und Walter Raleigh), um ihren Machtanspruch auf See durchzusetzen. Und auch die O’Malleys tun seit vielen Generationen im Grunde nichts anderes, als ihre Rechte in Küstengewässern und auf See mal mit mehr, mal mit weniger Gewalt zu verteidigen.

Um sich zu behaupten, bedienen sich die O’Malleys seit jeher schottischer Söldner: Der schottische Clan der Donnells stellt den fernen irischen Waffenbrüdern gegen Geld Fußsoldaten, die sogenannten »Gallowglasses«. Die Schotten gelten als furchtlos und streitbar. Die O’Malleys wiederum sind den anderen irischen Clans gegenüber durch ihre Flotte (man geht von bis zu zwanzig Schiffen aus) im Vorteil: Sie haben also die logistischen Möglichkeiten, sich die schottischen Söldner ins Land zu holen. Das nötige Geld rafft man auf den Raubzügen in benachbarten Regionen zusammen.

Über die Kindheit und Jugend Granuailes ist wenig bekannt. Sie hat einen Bruder oder Halbbruder namens Dónal, wird aber später in Urkunden als »einzige Erbin der besagten Margaret« (Granuailes Mutter) bezeichnet. Auch wird sie die Ländereien, die Margaret in ihre Ehe einbrachte, nach altem keltischen Recht vermacht bekommen. Was Granuailes Bildungsstand anbelangt, so ist man ebenfalls auf Vermutungen angewiesen: Vielleicht wurde sie von ihrer Mutter Margaret oder von einer nahen Verwandten im Lesen und Schreiben unterrichtet. Aus späteren Dokumenten geht hervor, dass sie des Schreibens kundig war und sich rhetorisch geschickt auszudrücken vermochte. Zudem hatte sie neben ihrer Muttersprache, dem Gälischen, Kenntnisse in Französisch, Spanisch, Latein und Griechisch (was auf den Besuch einer Klosterschule hindeutet). Vermutlich hat sie ihren Vater auch auf dessen Handelsreisen nach Frankreich und Spanien begleitet und vielleicht im Austausch mit dortigen Handels- und Seeleuten deren Idiom erlernt. Erstaunlich ist jedoch, dass sie sich nie das Englische, die Sprache des nächsten Nachbarn, zu eigen machte. Auch wissen wir nicht, ob Granuaile als Mädchen in den »typisch weiblichen« Aufgaben unterrichtet wurde, einen Haushalt zu führen und dereinst Kinder großzuziehen. Sehr wahrscheinlich ist jedoch, dass Vater Dubhdara ihr das Handwerk der Nautik beibrachte.

Ehe und frühe Witwenschaft

Granuaile ist fünfzehn oder sechzehn, als sie Dónal heiratet, den Sohn von Gilledubh, Häuptling des südlich der O’Malleys in Connemara benachbarten Clans der O’Flahertys. Es ist eine taktische Entscheidung, keine Liebesheirat, denn auf diese Weise versucht Dubhdara O’Malley, sich den Rücken frei zu halten, um weiterhin ungestört seine Seefahrten unternehmen zu können und darüber hinaus angesichts des zunehmenden Drucks der englischen Invasoren einen Verbündeten an seiner Seite zu wissen.

Granuaile zieht zur Familie ihres Mannes auf die Burg Bunowen in Connemara. Sie kommt nicht mit leeren Händen, sondern führt eine wertvolle Mitgift mit sich: neben allerlei Hausgerät auch etliche Kühe, Pferde und Schafe, die zusätzlich zum Fischfang und der Freibeuterei als Lebensgrundlage für die Großfamilie dienen. Granuailes Ehemann Dónal, genannt »Dónal von den Schlachten«, ist als mutiger Kämpfer und Haudegen bekannt und berüchtigt. Vermutlich hält er von weiblicher Eigenständigkeit wenig, und so dürfen wir annehmen, dass sich Granuaile in den ersten Jahren ihrer Ehe von der Seefahrt verabschiedet und sich ganz dem Haushalt und der Familie auf einer abgelegenen Trutzburg widmet. Sie bringt in den folgenden Jahren zwei Söhne zur Welt: Owen und Murrough, zudem eine Tochter namens Margaret.

Das beschauliche, aber für Granuaile wohl wenig erfüllende Leben wird unterbrochen, als Dónal O’Flaherty im Jahre 1549 in einen Mord verwickelt wird: Walter Fada Bourke, der Sohn David Bourkes, der als Than des Clans der MacWilliams in Mayo fungiert, wird von Granuailes Ehemann kaltblütig umgebracht, um eine Erbfolge in seinem Sinne zu beeinflussen. Daraufhin kommt es zum offenen Kampf der beiden Clans, und Dónal hat anderes tun, als sich um seine junge Frau zu kümmern. Die – und das ist erstaunlich mutig – nimmt sich in jenen Jahren so manche Freiheit und kehrt zur Seefahrt zurück. Offensichtlich hat sie noch immer Zutritt zu den Schiffen ihres Vaters, und auf einem segelt sie nun als Kapitänin wieder hinaus aufs Meer; nicht, um Fischfang zu betreiben, sondern um fremde Boote aufzubringen, Maut zu erzwingen oder die Schiffe bei Weigerung einfach zu entern und zu plündern. Granuaile wird von den Seeleuten akzeptiert und geachtet. Tatsächlich hat sie mit ihren Raub- und Fehdezügen Erfolg. Für ihre Männer zahlt es sich in barer Münze aus, werden sie doch an der Beute großzügig beteiligt. Sie wagen es sogar, die Hafenstadt Galway, deren Bevölkerung mit den O’Flahertys verfeindet ist, mit mehreren Schiffen anzugreifen und zu beschießen. Die Stadt kann der Belagerung wenig entgegensetzen und geht rasch auf Granuailes Bedingungen ein. In einem Bericht an die englischen Machthaber in Dublin schreibt der Rat von Galway: »Die O’Malleys und O’Flahertys fuhren fort, mit ihren Galeeren die Routen entlang unserer Küsten zu benutzen. Dort brachten sie verschiedene Schiffe und Barken auf, die dieser armen Stadt verpflichtet sind. Sie plünderten diese und drohten, sie wollten die Eigentümer und Händler über Bord werfen, ja, diese Verruchten töteten sogar mehrere junge Männer und verbreiteten so großen Schrecken für den freien Handelsverkehr.«

Granuaile wagt es, auch andere Städte und Burgen zu belagern, zu beschießen und zu plündern und ihren Manövrierraum auf See – in den Fußstapfen ihres Vaters – auszuweiten. Ihr Mut, ihre Dreistigkeit, ihr Charisma und ihr Erfolg verschaffen ihr Ruhm und den Respekt der freiheits- und kampfliebenden Iren. Die Männer an Bord von Granuailes Schiffen achten ihre Autorität, und in Connemara, Mayo und darüber hinaus wird die Häuptlingstochter und Freibeuterin bald als Heldin anerkannt.

Als Granuailes Stern am Himmel der Abenteurer und Heroen aufgeht, kommt es im fernen London zu einem Thronwechsel: Heinrich VIII. starb bereits 1547, sein Sohn Edward (er regierte von 1547 bis 1553) und die älteste Tochter Maria (sie regierte von 1553 bis 1558) folgten auf den Thron. Im Jahre 1558 wird Elizabeth, Heinrichs Tochter aus der Ehe mit Anna Boleyn, Königin. Ihre Regierungszeit wird bis zu ihrem Tode 1603 währen und als das »Goldene Elisabethanische Zeitalter« in die Annalen eingehen. Elizabeth ist willensstark, machtbewusst, klug, gerissen – ähnlich Granuaile. Die weiß um den Machtwechsel, auch wenn Elizabeth nicht »ihre« Königin ist (wenngleich sich Elizabeth offiziell auch »Königin von Irland« nennt). Doch leidet Irland zu sehr unter den englischen Usurpationsversuchen, als dass man nicht argwöhnisch auf die Politik der neuen Monarchin blickte. Und umgekehrt gelangen über Spione und englische Kommissare bald beunruhigende Nachrichten über die mutige Freibeuterkönigin Granuaile an den englischen Hof. Mag auch die westirische Küste weit entfernt sein, so kann doch Elizabeth diese Berichte nicht ignorieren. Ihr liegt ebenso wie ihrem verstorbenen Vater zu sehr daran, die Grüne Insel endlich zu befrieden – sprich: zu unterwerfen –, als dass sie über solch eine Unruhestifterin einfach hinwegsehen könnte.

Die Queen nutzt alle Mittel, um Englands Position in Irland auszubauen: In Dublin wird ein Parlament konstituiert, ein Gouverneur eingesetzt, in den wenigen Regionen des Ostens, die bereits unter Kontrolle der Krone sind, werden Lehen und Titel verliehen und opportunistische und willige Clanhäuptlinge mit erblichen Grafentiteln geködert. Auch Granuaile, ihr Mann und deren Clans bekommen den Druck aus London zu spüren: Murrough, ein Mann aus der Sippe der O’Flahertys, geht einen Pakt mit Queen Elizabeth ein und wird dafür zum Lord erhoben und mit Geld und Waffen beliefert, damit er die widerspenstigen Gebiete in Mayo und Connemara für die englische Krone unterwerfen kann. Doch Murrough steht innerhalb des Clans nur an untergeordneter Stelle. Der Häuptling ist ein anderer, und sein Stellvertreter und Than ist Dónal, Granuailes Ehemann.

Als wäre diese Entwicklung nicht schon schlimm genug, stirbt Dónal O’Flaherty kurze Zeit später, in den frühen 1560er-Jahren. Das sehen verfeindete Clans als Chance, gegen die O’Flahertys vorzugehen. Die Sippe der Joyces glaubt, Granuailes Besitz liege nun schutzlos da und könne wie eine reife Frucht gepflückt werden. Mithilfe englischer Soldaten berennen sie Hen’s Castle, wo Granuaile sich verschanzt hat. Doch die ist nur scheinbar eine wehrlose Witwe. Die Männer aus den Familien der O’Malleys und O’Flahertys, die die Frau des Thans als eine draufgängerische und erfolgreiche Freibeuterin erlebt haben, scharen sich um sie und verteidigen verbissen die Burg. Granuaile gibt den Befehl, das Bleidach des Burgfrieds zu öffnen, die Ziegel zu schmelzen und das kochende Metall über die Brustwehr auf die Belagerer zu kippen. Die fliehen in Panik. Granuaile behauptet sich. Aber wird sie ihre Position halten können? Ihre Söhne Owen und Murrough werden in wenigen Jahren ihr Erbe und eine eigene Position innerhalb des Clans einfordern. Doch Granuaile hat Blut geleckt: Sie will nicht so ohne Weiteres etwas von ihrer Macht, die sie teils erheiratet, teils ererbt, großteils aber erkämpft hat, abgeben. Und die Männer ihrer Umgebung stehen allen Unkenrufen Missgünstiger zum Trotz loyal und eisern hinter ihr. Granuaile verlässt mit ihren Leuten Hen’s Castle und wechselt auf ihren ureigenen Besitz, die besser zu verteidigende Insel Clare. Sie nimmt ihr Leben als Freibeuterin wieder auf und segelt die westirische Küste entlang, immer auf der Suche nach fremden Handels- und Kriegsschiffen, die sie aufbringen, entern und plündern kann. Bald wird sie es mit einem weit größeren Feind zu tun bekommen …

Zweite Ehe, Revolten und Gefangenschaft

In jenen späten 1560er-Jahren gelangt die Kunde von Granuailes Raubzügen und ihrem Widerstand gegen die englische Okkupation bis in den Londoner St.-James-Palast. Queen Elizabeth, die sowohl gegen die widerständigen Schotten unter deren Königin, ihrer katholischen Großnichte Maria Stuart, als auch gegen die verfeindete katholische Liga unter Spaniens König Philipp II. zu kämpfen hat, sieht sich mit einem Mal mit einem Sicherheitsrisiko in Englands Rücken konfrontiert. Der Konflikt schwelt in den nächsten dreißig Jahren, flammt immer wieder auf, wird immer wieder von englischen Soldaten und Söldnern vermeintlich gelöscht, um dann doch wieder durch Granuailes Raubzüge zu Wasser und zu Lande entfacht zu werden. Ein sichtlich enervierter englischer Militärgouverneur in Irland bezeichnet Granuaile noch im Jahre 1593 als »Nährerin aller Rebellionen dieser Provinz [Irland] seit vierzig Jahren«. Dabei ist die Truppe, die Granuaile hinter sich versammelt hat, alles andere als groß: Gerade einmal zweihundert bewaffnete Soldaten unterstehen ihrem Befehl an Land, hinzu kommen die kampfbereiten Matrosen auf ihren eigenen Schiffen sowie schottische Söldner, die »Gallowglasses«, die sie mithilfe ihrer Galeeren Sommer für Sommer holt (im Winter ruhen die Kampfhandlungen traditionell, und die Söldner werden in die Heimat entlassen). Doch so klein Granuailes Truppen auch sein mögen, den Engländern an Zahl weit unterlegen, so schlagkräftig und motiviert sind sie. Zudem ist Granuaile bestens mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut, kennt jedes Versteck, jeden Wald, jedes Moor in Mayo, und die wegen ihrer Riffe und Untiefen berüchtigten heimischen Gewässer der Clew Bay sind ohnehin fest in ihrer Hand, für fremde Schiffe auch ohne die Freibeutergaleeren häufig eine tödliche Falle. Granuailes Position festigt sich abermals, als um 1575 ihr Vater, der Clanchef Dubhdara, stirbt. Von da an gilt seine Tochter, die inzwischen zur Legende gewordene Freibeuterkönigin, stillschweigend als die Anführerin der Sippe der O’Malleys, eine Position, die ihr keiner mehr nehmen kann. Sie baut ihre Einflusssphäre aus, unternimmt Raub- und Rachezüge gegen andere widerspenstige Clans an der Westküste Irlands, vermehrt die Anzahl ihrer Schiffe, ihrer Matrosen und Soldaten, ihrer Burgen, ihres Viehs.

Inzwischen ist sie eine reife, aber noch immer schöne und begehrenswerte Frau, und der Umstand, dass sie als kämpferische »Amazone« gilt, bewahrt sie nicht vor Amors Pfeilen. Als sie mit ihren Vertrauten einmal auf Clare Island, ihrem Stammsitz, weilt, erhält sie Kunde, ein fremdes Schiff sei vor Achill Island auf Grund gelaufen. Sie wittert einen versuchten Angriff, lässt die Anker lichten und macht sich mit ihrer Mannschaft sofort auf den Weg dorthin, ungeachtet eines rauen Sturmes, der über die Bay hinwegfegt. Sie erreichen das Wrack, das auf einem Riff zerschmettert daliegt. Ein junger Mann, einziger Überlebender, hat sich auf die Felsen gerettet. Sie lesen ihn auf und bringen ihn nach Clare Island. Er nennt sich Hugh de Lacy. Bald werden er und die Freibeuterin ein Liebespaar. Doch das grausame Schicksal will es, dass Hugh, der auf Achill Island zur Jagd geht, von missgünstigen Mitgliedern des Clans der MacMahons getötet wird. Granuaile, im Innersten getroffen, sinnt auf Rache. Als die Mörder wenig später zur nahe gelegenen Insel Caher gelangen, lässt Granuaile mit ihren Booten übersetzen, die MacMahons überwältigen und die Verantwortlichen töten. Dann segelt sie nach Achill Island, vertreibt die Besatzung aus der Burg der MacMahons und nimmt das Gemäuer für sich in Besitz. Ihre Rache ist damit gestillt – der Geliebte wird gleichwohl dadurch nicht wieder lebendig.

Widerstand und mangelnden Respekt verfolgt sie gnadenlos. Eine andere Geschichte jener Jahre handelt vom Earl of Howth, St. Lawrence. Als Granuaile einmal den Landsmann besuchen kommt, wird sie vom Grafen, der freundschaftliche Beziehungen zur englischen Verwaltung in Dublin pflegt, wider Erwarten nicht empfangen. Wutentbrannt kehrt Granuaile nach Mayo zurück, trifft aber unterwegs auf den Enkel des Grafen und nimmt ihn als Geisel. Sie erpresst ein hohes Lösegeld von dessen respektlosem Großvater und nimmt ihm zugleich das Versprechen ab, sein Burgtor in Zukunft für sie immer offen zu halten. Wieder einmal hat sie gezeigt, dass sie skrupellos und unnachgiebig ist, wenn es um ihre Macht und Ehre geht.

In der irischen Provinz Connaught wird im Jahre 1569 Sir Edward Fitton als Militärgouverneur eingesetzt. Mayo, Granuailes Heimat, gehört offiziell dazu, doch die O’Malleys denken nicht im Traum daran, sich zu unterwerfen und einen englischen Earl zu akzeptieren. Und in der südlich angrenzenden Provinz Munster wird ein anderer Engländer, Sir John Perrot, als Gouverneur berufen. Auch dort stellen sich die Iren stur, wenngleich sie sich angesichts starker englischer Militärverbände mit einer Rebellion zunächst noch zurückhalten. Schon bald aber wird ein Funke das Pulverfass zum Explodieren bringen …

Der Clanchef der MacWilliams in Mayo akzeptiert schließlich die englische Übermacht, lässt sich von Queen Elizabeth als Landesherr belehnen, schwört im Gegenzug Treue und verspricht jährliche Abgaben. Wenig später, im Jahre 1570, stirbt der verräterische Häuptling – Anlass für die Bevölkerung von Mayo, sich gegen die englischen Usurpatoren aufzulehnen. Ihr Anführer ist eine Frau: Granuaile.

Die ist inzwischen nicht mehr Witwe, sondern hat drei Jahre zuvor, 1567, ein zweites Mal geheiratet. Ob aus Liebe oder aus politischem Kalkül, bleibt unklar. Sicher ist, dass ihr Gemahl Richard Bourke, Clanhäuptling der Dynastie von Ulick of Burrishoole und Carra in der Region Mayo, ein mächtiger Mann ist, der große Ländereien, zahlreiche Rinder und Schafe und etliche Burgen besitzt. Die Eheleute sind damit, weit über die einstigen Grenzen des Clans der O’Malleys hinaus, das mächtigste Paar im ganzen Westen Irlands und ernst zu nehmende Widersacher der englischen Krone. Und auch wenn Richard Bourke weder lesen noch schreiben kann – seinem Kampfgeist und seiner Tapferkeit tut dies keinen Abbruch, und überdies besitzt seine noch immer junge und schöne Frau genug Bildung. Bezeichnend ist, dass in zeitgenössischen Quellen weiterhin meist Granuaile namentlich genannt und ihr zweiter Ehemann nur nebenbei erwähnt wird. Auch das beweist die Bedeutung, die man der Freibeuterin und Herrin über Mayo und die angrenzenden Regionen beimisst.

1567 kommt Granuailes und Richards Sohn Tibbot zur Welt – auf einem Schiff –, und bereits tags darauf muss sich die Wöchnerin im Gefecht erfolgreich gegen algerische Piraten durchsetzen. Tibbot wird mit fünf Jahren zu einem Pflegevater gegeben, einem angesehenen Unterhäuptling einer benachbarten Burg. Dies ist zur damaligen Zeit in den irischen Clans durchaus üblich und zeugt keineswegs von mangelnder Liebe. Vielmehr sollen die heranwachsenden Sprösslinge innerhalb des großen Sippenverbandes eingeführt werden – eine Art Netzwerkpflege also, alles im Hinblick auf eine später erhoffte Wahl zum Häuptling oder zumindest Than.

Than wird unterdessen – wir schreiben das Jahr 1571 – Granuailes Ehemann Richard Bourke, und zwar des Clans der MacWilliams. Damit steht das Ehepaar plötzlich mitten im Konflikt mit den Invasoren (die MacWilliams haben ja bis vor Kurzem noch gemeinsame Sache mit den Engländern gemacht). Die englische Politik des »divide et impera«, »teile und herrsche«, wird unterdessen weiterverfolgt: 1574 wird die Region Mayo in zehn Baronien aufgeteilt. Lehen und Freiherrentitel werden an Iren vergeben, die sich der Krone gegenüber loyal verhalten, weil sie einen persönlichen Vorteil daraus ziehen wollen. Es ist nicht abzustreiten: Das irische Volk ist im Innersten gespalten – und genau diese Uneinigkeit will die gewiefte Königin Elizabeth nutzen. Elizabeths Lord Deputy für Irland, Sir Henry Sidney, besucht die westirischen Provinzen wiederholt und lässt sich von den neu gewonnenen Baronen ihrer Loyalität versichern. Der Clanchef der MacWilliams fällt Sidneys Werben und seinen Drohungen ebenfalls zum Opfer und huldigt in der Stadt Galway der englischen Krone. Richard Bourke und Granuaile begleiten ihn nicht auf der Reise, denn sie empfinden MacWilliams’ Tun als Landesverrat. Nach dem nun in der Provinz offiziell eingeführten englischen (römischen) Recht gilt der älteste Sohn des Clans der MacWilliams als Than – dies aber widerspricht den gälischen Gepflogenheiten, denn gewählter Than ist ja Richard Bourke! Granuaile und Richard sind empört und sinnen auf Rache …

Im März 1577 besucht Henry Sidney erneut Galway, um nach dem Rechten zu sehen. In seiner Begleitung ist sein Sohn Philip Sidney, der später ein bedeutender Dichter werden wird. Unerwartet meldet man ihm eine Bittstellerin namens Granuaile. Henry Sidney erinnert sich: »Zu mir kam also eine äußerst berühmte Seekapitänin namens Grany Imallye [Anglifizierung von ›Granuaile O’Malley‹] und bot mir ihre Dienste an, wo auch immer ich sie hinschicken würde, mit drei Galeeren und zweihundert Kämpfern, entweder in Irland oder Schottland. Sie brachte auch ihren Mann mit, denn sowohl zu Wasser als auch zu Lande war sie weit mehr als nur seine Ehegefährtin. […] Sie war an allen Küsten Irlands eine berühmt-berüchtigte Frau.«

Henry Sidney fällt auf die List herein: Er ist froh, Granuaile als Verbündete zu wissen. Auch Philip Sidney, ein zweiundzwanzigjähriger, gebildeter junger Mann, zeigt sich im Gespräch von Granuailes Benehmen und ihrem Wissen beeindruckt. Doch Granuailes Angebot – das begreifen die Engländer nicht – ist ein taktischer Schachzug: Sie will damit die Anwartschaft ihres Mannes auf die Führung der MacWilliams sichern, und sie will die Engländer hinsichtlich ihrer Macht und der ihr zur Verfügung stehenden Soldaten und Schiffe beeindrucken. Denn wenige Wochen später startet sie zu einem erneuten Beutezug, diesmal in den Küstenregionen von Munster, der südwestlichen Provinz Irlands. Deren Chef ist ein opportunistischer Kollaborateur, der sich von Queen Elizabeths Gnaden »Earl of Desmond« nennt. Granuaile will dem Landesverräter einen Denkzettel verpassen – aber diesmal hat sie Pech. Bei Gefechten wird sie gefangen genommen und in Schloss Askeaton in ein Verlies geworfen, wenig später in die Stadt Limerick gebracht und dort eingesperrt. Der englische Gouverneur von Munster, Lord Drury, lässt sich die Gefangene vorführen. An Lord Sidney in Dublin vermeldet er die Neuigkeit: »Grany [Granuaile] O’Malley ist eine Frau, die schamlos die Rolle der Weiblichkeit fallen gelassen hat und eine Plündererin, Kommandeurin und Anführerin von Dieben und Mördern zur See ist und diese Provinz verwüstet hat.«

Granuaile bleibt lange in Haft. Drury ordnet nach fast eineinhalb Jahren an, sie in Ketten nach Dublin zu überführen. Dort wird sie im Schlosskerker eingesperrt. Drei Mithäftlinge und Kompagnons Granuailes, die man ebenfalls bei der Revolte festgesetzt hat, werden in Dublin enthauptet. Sie selbst wartet vergeblich auf einen Prozess, ohne die Möglichkeit, zu ihrem Mann, ihren Kindern, ihren Leuten Kontakt aufzunehmen, und muss damit rechnen, ebenso exekutiert zu werden.

Doch überraschend wird sie zu Beginn des Jahres 1579 freigelassen – weshalb, ist nicht bekannt. Sie kehrt nach Mayo zurück und nimmt ihre freibeuterischen Aktivitäten sofort wieder auf. Inzwischen ist ein neuer englischer Gouverneur in die Region entsandt worden: Sir Nicholas Malby, ein Hardliner, der gewillt ist, die aufmüpfigen Iren statt mit Verhandlungen und Lehen mit roher Gewalt zur Räson zu bringen. Er sendet im März 1579 Soldaten aus, die eine Burg, in der Granuaile sich aufhält, belagern sollen. Doch Granuaile und ihre Männer können den Ring durchbrechen, etliche gegnerische Soldaten gefangen nehmen und die restlichen in die Flucht schlagen. Granuailes Position in den westlichen Regionen Irlands scheint gefestigter denn je – und doch sind sie und ihr Mann Richard Bourke nicht vollkommen zufrieden, denn noch immer wartet Bourke darauf, zum Clanhäuptling der MacWilliams zu avancieren.

Tatsächlich verbünden sich einige irische Clanchefs unter Führung des Earl of Desmond. Der neue englische Gouverneur Malby geht mit harter Hand gegen die Rebellen vor, brennt Burgen und Verstecke der Iren nieder, lässt Gefangene hinrichten und Aufständische hinterrücks ermorden. Einige Clanhäuptlinge geben klein bei, doch Richard Bourke und seine Frau Granuaile sind mehr denn je gewillt, England die Stirn zu bieten. Mit angeheuerten schottischen Gallowglasses marschieren sie nach Galway und plündern die Gebiete verräterischer Häuptlinge.

Der Widerstand der Engländer ist heftiger als erwartet. Malby gelingt es, Granuailes und Richards Söldner zurückzutreiben und eine strategisch wichtige Burg einzunehmen, deren Bewohner – Männer, Frauen und Kinder – er kurzerhand exekutieren lässt. Richard Bourke zieht sich mit wenigen Getreuen in ein schwer zugängliches Versteck zurück. Die Engländer rücken näher, brennen alles nieder, foltern und morden. Granuaile sieht sich von ihrem Ehemann und dessen Getreuen verraten und verlassen. Und sie sieht ihr ererbtes Land der O’Malleys in höchster Gefahr. Also zieht sie schweren Herzens zu Malbys Hauptquartier und bittet um Waffenstillstand. Malby besetzt Mayo, lässt Granuailes Burgen mit Garnisonen umstellen. Richard Bourke ist inzwischen auf eine Insel in der Clew Bay geflohen und lässt dem englischen Gouverneur ebenfalls seine Unterwerfung übermitteln. Malby lässt Gnade walten: Granuaile und Richard Bourke bleiben in Freiheit und dürfen weiterhin in Mayo ihre angestammten Rechte ausüben.

Doch schon bald gibt es wieder interne Streitigkeiten der Clans um die Vorherrschaft: Ende 1580 stirbt das Oberhaupt der MacWilliams. Die Engländer setzen alles daran, dessen ältesten Sohn als Lehnsherrn der englischen Krone in Amt und Würden zu setzen. Dies verstößt jedoch gegen gälisches Recht, dem zufolge der gewählte Than – das ist Richard Bourke – Clanchef wird. Wieder entscheiden sich Granuaile und Richard zum Aufstand. Diesmal scharen sie rund zwölfhundert Mann um sich, hauptsächlich Söldner, die sie auf ihren Schiffen aus Schottland geholt haben. Malby marschiert mit seinen Truppen in Mayo ein. Es kommt zu erbitterten Kämpfen der verfeindeten Verbände, die in Erschöpfung enden. Ein englischer Vermittler, Sir Grey de Wilton, handelt schließlich auf Geheiß der Krone in London einen Kompromiss aus: Richard Bourke wird Clanchef der MacWilliams mit allen Rechten und Pflichten gegenüber der englischen Krone: nämlich englisches Recht zu achten, der Queen Abgaben zu zahlen und deren Vertreter in Irland Gehorsam zu leisten. Zudem dürfen sie keine Gallowglasses aus Schottland mehr in ihre Dienste nehmen. Für Richard und Granuaile bittere Bedingungen, auf die sie nur deshalb eingehen, weil sie militärisch und finanziell erschöpft sind. Es ist ein fauler Friede. Noch wollen sich die irischen Clans nicht mit einer Untertanenrolle im Vereinigten Königreich abgeben. Vor allem Granuaile, in ihrem Stolz getroffen, sinnt auf Rache. Bald wird sich dazu Gelegenheit bieten.

Richard Bingham, der blutige Gegenspieler

Richard und Granuaile, die sich nun Sir und Lady Bourke nennen dürfen, beziehen eine Burg im Landesinneren. Einstweilen geben sie sich als treue Untertanen und Lehnsnehmer der englischen Queen Elizabeth. Doch schon bald ereilt Granuaile ein weiterer Schicksalsschlag: Am 30. April 1583 stirbt Richard Bourke. Granuaile ist zum zweiten Mal in ihrem Leben verwitwet. Richard Bourke war der letzte Chef der MacWilliams, der über eine Thanwahl Anführer wurde. Nach seinem Tod setzen die Engländer einen Kandidaten nach eigenem Kalkül ein: Richard Mac Oliverus, der ein treuer Untertan ist und keine Schwierigkeiten machen wird. Granuaile, inzwischen dreiundfünfzig Jahre alt, scheint politisch aus dem Felde geschlagen. Sie verlässt den Hof der MacWilliams und zieht sich mit ihren Viehherden, ihrem beweglichen Hab und Gut sowie mehreren Hundert Getreuen wieder in ihr Stammland zurück, die Bucht von Clew mit den Inseln Achill und Clare.

Sie begreift die erneute Witwenschaft als Freiheit und Chance. Nach altem gälischen Recht fordert sie einen Teil des Besitzes ihres verstorbenen Mannes ein, was ihr umstandslos zugebilligt wird. Erneut ist sie Herrscherin über Mayo und die Clew Bay, und vor allem Kapitänin einer Freibeuterflottille. Tibbot, inzwischen beinahe sechzehn Jahre alt, hat seine Pflegeeltern verlassen und ist zu seinen Halbbrüdern gezogen. Granuailes erbitterter Gegner Sir Nicholas Malby stirbt 1584. Sein Nachfolger im Amt des Gouverneurs von Connaught wird Sir Richard Bingham, neuer Lord Deputy in Dublin Sir John Perrot. Beide Männer sind sich feind. Während Perrot eher auf Gespräche und Zugeständnisse baut, ist Bingham ein Hardliner, der den Widerstandswillen der Iren mit Feuer und Schwert endgültig zu brechen trachtet und sich auf Granuaile, die er nur vom Hörensagen kennt und als brandgefährlich erachtet, besonders »einschießt«. Binghams Leitspruch lautet: »Man zähmte die Iren nie mit Worten, sondern mit Schwertern.« Bingham will Granuaile brechen: Instrument hierzu soll das jüngste und schwächste Glied der Familie sein, der sechzehnjährige Tibbot. Bingham lässt ihn kidnappen und zur Burg seines Bruders George Bingham, des Sheriffs von Sligo, bringen, wo Tibbot über ein Jahr lang in Arrest bleibt. Man lehrt ihn die englische Sprache und versucht, einen Engländer aus ihm zu machen. Tibbot heiratet sogar eine Tochter des Hauses. Die Anglifizierung scheint gelungen. Im Jahr darauf, 1585, hält John Perrot einen Landtag in Connaught ab, zu dem er die ansässigen Clanvertreter einlädt. Dieses Treffen, als Huldigung gegenüber der englischen Queen und ihrer Repräsentanten gedacht, ist in Wahrheit eine Provokation. Die Bourkes erscheinen nicht und erheben sich vielmehr in einer zweiten Rebellion gegen den englischen Gouverneur, unterstützt von den O’Malleys, Gibbons und Joyces. Die Familienbande zwischen den O’Malleys und den Bourkes werden neu geknüpft: Der junge Richard Bourke heiratet Granuailes Tochter Margaret, und Owen, Sohn aus Granuailes erster Ehe, gibt sein Jawort der Tochter eines anderen Bourke, Edmund. Owen versteckt sich mit seiner Familie und seinem Vieh auf Omey Island. Doch Richard Bingham lässt die Insel erobern, Owen festnehmen und in der Nacht darauf mit zwölf Messerstichen töten.

Das ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt: Granuaile findet sich mit ihren verbliebenen Kindern und den Getreuen zusammen. Sie beschließen den bewaffneten Aufstand. Mit ihren Schiffen segelt Granuaile nach Ulster im Norden, heuert schottische Söldner an, die dort noch immer ausharren, und schließt einen Beistandspakt mit dem Chef der O’Donnells. Doch Richard Bingham kommt dem Aufstand zuvor: Er sendet seinen zweiten Bruder John und etliche Soldaten nach Ulster. Es gelingt ihnen (die Umstände sind nicht überliefert, war es Verrat?), Granuaile und ihre engsten Getreuen zu verhaften und in Ketten vor Richard Bingham zu führen. Der ist fest entschlossen, das Kapitel Granuaile endgültig zu beschließen und ihrem Leben ein Ende zu setzen. Zuvor aber will er noch die Familien O’Malley und Bourke, dauernde Herde der Unruhestiftung, ausrotten. Die Engländer können einige Clanmitglieder festsetzen, die kurzerhand exekutiert werden. Die schottischen Söldner werden ebenfalls besiegt und in einem furchtbaren Gemetzel aufgerieben. Bingham geht auch propagandistisch gegen Granuaile vor, indem er sie offen als die »Nährerin aller Aufstände in der Region seit vierzig Jahren« bezeichnet. Doch sein Plan, auch Granuaile dem Tod zu überantworten, wird von einem weltpolitischen Ereignis vereitelt: Die Nachricht von einer riesigen spanischen Seeflotte, die sich im Mai 1588 auf den Weg nach Norden gemacht hat, um Englands Stellung zur See zu brechen und den Erzfeind in die Knie zu zwingen, verbreitet sich wie ein Lauffeuer. Diese Armada, bestehend aus hundertvierunddreißig Schiffen, mit einer Truppenstärke von dreißigtausend Mann, ist das Instrument nicht nur des Krieges einer Nation gegen die andere, sondern eines neuzeitlichen Kreuzzugs. Denn Spaniens König Philipp II. sieht sich, versehen mit dem Segen des Papstes und vielerlei Ablassversprechen, auserwählt, gegen die »häretische« Königin auf Englands Thron vorzugehen, sie zu stürzen, das Land wieder zum römischen Glauben zurückzuführen und die unglückliche Maria Stuart, Schottlands katholische Königin, die im Februar 1587 auf Geheiß Elizabeths I. enthauptet wurde, zu rächen.

Elizabeth beordert in dieser angespannten Situation ihren getreuen Richard Bingham von Irland nach Flandern. Granuaile wird nach Dublin gebracht. John Perrot setzt sich bei der Queen für Granuaile ein – vielleicht aus Mitleid, wahrscheinlich aber, um seinem politischen Gegner Bingham in den Rücken zu fallen. Das Unglaubliche geschieht: Queen Elizabeth unterzeichnet einen Gnadenerlass für Granuaile und ihre Söhne und engsten Verwandten! Granuaile kehrt in ihre Heimat zurück und verbirgt sich auf der Insel Clare. Dort jedoch sinnt sie erneut auf Vergeltung – und lässt weitere Schiffe bauen und erneut Söldner anheuern.

Es ist Sommer 1588. Die Armada hat sich England genähert und den Ärmelkanal passiert. Doch die vermeintlich unbesiegbare Übermacht der Spanier wird durch die schnellen und wendigen Schiffe der Engländer und vor allem durch deren Kampfesmut, Listenreichtum und innovative militärische Taktik aufgebrochen und zerrieben: Die Engländer zünden eigene Schiffe an und lassen diese schwimmenden Fackeln vom Wind mitten in die Armada hineintreiben. In raschen, unvorhergesehenen Manövern attackieren sie die schwerfälligen Galeonen, fügen ihnen schwere Verluste zu und versenken einige, noch bevor deren Kanonen zum Einsatz kommen. Die Engländer wenden Mittel und Taktiken an, die sie den in ihren Diensten stehenden Freibeutern Walter Raleigh und Francis Drake abgeschaut haben – und auch der Freibeuterkönigin Granuaile, möchte man meinen. Die Armada jedenfalls wird weitgehend aufgerieben. Deren Kommandeure, in Panik gesetzt, lassen den Plan einer Invasion englischer Küstenstädte fallen. Stattdessen segeln die Reste der Armada in die Nordsee, von englischen Schiffen verfolgt und beschossen. Die Flucht der Spanier führt immer weiter nordwärts: Sie umrunden die schottischen Orkneyinseln und die Hebriden und sehen sich nun einem weit größeren Feind gegenüber: Starke Stürme zerzausen die Reste der spanischen Flotte, einige Schiffe laufen auf Felsen und Untiefen auf und werden zerschmettert, Matrosen und Seesoldaten ertrinken jämmerlich oder werden von schottischen Strandräubern erschlagen und ausgeplündert. Das letzte Häuflein der einst so großspurig als unbesiegbar titulierten Armada gelangt schließlich vor die Westküste Irlands und damit in Granuailes ureigenes Hoheitsgebiet: Auch sie sieht eine Möglichkeit, sich schadlos zu halten, und eröffnet die Hatz. Gnadenlos werden fünf spanische Galeonen, die auf Grund gelaufen sind, aufgebracht, geplündert, die spanischen Matrosen und Soldaten erschlagen. Granuailes Freibeuterflotte verfolgt eines der noch intakten Hauptschiffe der Spanier, die El Gran Grin. Am 22. September 1588 bringen sie die 1160-Tonnen-Galeone auf, die infolge eines Sturms in der Clew Bay vor Clare Island krängt. Sie entern das Schiff und metzeln den Großteil von deren Besatzung trotz der Gnadengesuche des Kapitäns Don Pedro de Mendoza nieder, die Verbliebenen werden im Meer ersäuft. Über dreihundert Todesopfer hat die El Gran Grin zu beklagen. Es ist das Werk einer rachsüchtigen Königin der Freibeuter, die in den Spaniern nicht nur eine willige Beute sieht, sondern letztlich auch Repräsentanten einer Macht, die mit dem Erzfeind England in Beziehung steht.

All das kommt den englischen Gouverneuren und Deputierten John Perrot und Richard Bingham zu Ohren. Bingham ist aus Flandern nach Dublin zurückgekehrt und hat fassungslos erfahren, dass sein Antagonist Perrot für Granuaile einen Gnadenerlass der Queen erwirkt hat. Perrot wird als Lord Deputy entlassen, Sir William FitzWilliam wird dessen Nachfolger. Bingham lässt nicht locker, will die wiedererstarkte Granuaile und ihre Getreuen endgültig ausmerzen, schickt Sheriff John Browne und Soldaten nach Mayo. Doch die Clans erheben sich im Februar 1589 erneut gegen die englischen Besatzer. Browne erreicht am 7. Februar mit zweihundertfünfzig Mann Granuailes Burg Carraigahowley. Er trifft auf Granuailes Enkel Richard Bourke, der dem Engländer den Durchzug durch Bourke’sches Territorium verweigern will. Browne nimmt Richard Bourkes Warnungen nicht ernst, zieht an der Burg vorbei in das Clangebiet. Die Bourkes haben auf diese Gelegenheit nur gewartet: Aus dem Hinterhalt überfallen die Iren die englischen Soldaten und töten rund zwei Dutzend Mann. Die anderen können entkommen.

Es ist das Signal zu einem erneuten irischen Aufstand: Überall im Land werden englische Niederlassungen und ihre Vertreter überfallen, getötet, vertrieben. Aber auch die mit den Engländern kollaborierenden Iren müssen nun die Rechnung für ihren Opportunismus bezahlen: Granuaile segelt mit ihrer Flotte zu den westlich vorgelagerten Araninseln, die ein Engländer namens Sir Thomas LeStrange von der Queen zum Lehen erhalten hat, erobert den Archipel, plündert und brennt alles nieder. Ganz Mayo steht in Aufruhr. Die Bourkes und O’Malleys verwüsten mehrere Städte, die von den Engländern gehalten wurden, darunter Kilmaine, Clanmorris und sogar die befestigte Stadt Galway. Der Lord Deputy FitzWilliam ist in heller Aufregung. Er fordert Bingham auf, von weiteren Aktionen gegen die Bourkes Abstand zu nehmen. Man trifft sich in Newcastle bei Galway zu Verhandlungen. Die Iren fordern eine Wiedereinführung des Thansystems und eine Entlassung des verhassten Richard Bingham aus dem Amt des Gouverneurs. Nun schaltet sich im fernen London die zutiefst besorgte Queen Elizabeth ein und verlangt über einen Mittelsmann, FitzWilliam möge gegenüber den Bourkes eine konziliante Haltung einnehmen. Es sei ihr Wunsch, durch Verhandlungen einen Frieden herbeizuführen. Bingham ist empört: Eine solche Appeasement-Politik geht über seinen Verstand. Doch FitzWilliam zeigt sich gegenüber den Iren als vertrauensvoller Partner. Die Abgesandten der Clans überreichen ihm am 12. Juni 1589 einen Beschwerdekatalog gegen Bingham. Ihm werden Folter, Mord und unzulässige Grausamkeit vorgeworfen, einschließlich des Mordes an Granuailes Sohn Owen und ihren Neffen. Granuaile ist bei den Unterredungen anwesend. Doch sie fühlt sich mit dieser bloßen Anhörung nicht genügend gewürdigt. Noch immer lodert die Flamme der Rache in ihr. Wenig später bricht sie mit ihren Schiffen erneut nach Schottland auf und heuert dort zahlreiche Gallowglasses an. Mit sieben Galeeren voller Söldner kehrt sie nach Mayo zurück. Es ist für Bingham, der in seiner Position bedroht ist, erneut der Beweis, dass man die Iren nur mit dem Schwert und nicht mit schönen Worten bezwingen kann.

Im Herbst 1589 bricht der irische Aufstand in einigen Regionen wieder los. Queen Elizabeths Geduld ist nun am Ende. Sie erteilt an FitzWilliam den Befehl, die Revolte ein für alle Mal niederzuschlagen, ohne Rücksicht auf Verluste. Bingham wird in seine alten Rechte und Pflichten eingesetzt und im Frühling 1590 zurück an die Westküste, nach Connaught, beordert. Rücksichtslos und voller Hass brandschatzt und mordet er, verwüstet Dörfer und Städte, beschlagnahmt die Herden, zerstört die Felder, metzelt die Bewohner nieder. Die, die ihre bloße Haut retten können, flüchten sich in die Berge von Connemara oder setzen in kleinen Booten nach Clare oder Achill über, die Inseln ihrer »Königin« Granuaile. Nach und nach ergeben sich die Anführer der Clans. Nur die Familien von Granuailes Sohn Tibbot und ihrem Stiefsohn Edmund bleiben standhaft. Ihnen gelingt es sogar, Richard Binghams Bruder John in den Hinterhalt zu locken und zu töten.

Granuaile hält sich auf Clare Island verschanzt. Ihre Flotte ist zu mächtig, als dass die Engländer einen Angriff wagten. Doch muss sie ohnmächtig zusehen, wie die Dörfer an der Küste von Mayo in Flammen aufgehen. In ihrem heiligen Zorn bricht sie erneut mit ihren Galeeren auf, startet eine Strafexpedition gegen die südlich gelegenen Araninseln und plündert sie.

Richard Bingham wütet weiter, in seinem blinden Eifer durch den schmachvollen Tod seines Bruders noch befeuert. Granuailes Sohn Murrough läuft zu den Engländern über. Granuaile ihrerseits schwört nun dem verräterischen Sohn blutige Rache. Sie landet mit ihren Schiffen nahe Ballinehencie, wo Murrough sein Quartier hat, brennt dessen Stadt nieder, plündert die umliegenden Dörfer, beschlagnahmt das Vieh und die Besitztümer und lässt mehrere von Murroughs Vertrauten töten.

Noch immer harren in Ulster mehrere Hundert schottische Söldner aus und hoffen auf einen neuen Dienst. Im Juni 1591 gelangen siebenhundert dieser Gallowglasses nach Erris auf der nördlich von Achill Island gelegenen Halbinsel Mullet, in der Hoffnung, von den Bourkes wieder unter Vertrag genommen zu werden. Den inzwischen ausgehungerten und finanziell abgebrannten Söldnern mangelt es an Anführern und Disziplin. So kommt es zu Exzessen: Sie plündern, was von den Engländern noch übrig gelassen wurde, und brennen die Gehöfte nieder. Die Bourkes und O’Malleys ziehen mit ihren Kämpfern gegen die Gallowglasses, es kommt zu blutigen Gefechten. Einige aus Granuailes engerer Familie fallen. Granuaile selbst eilt mit ihren Schiffen zu Hilfe, als sie aber in Erris ankommt, haben sich die Gallowglasses bereits aus dem Staub gemacht und sind mit ihren Booten nach Schottland zurückgesegelt. Granuaile verfolgt sie mit ihren Schiffen, kann aber nichts mehr ausrichten.

Inzwischen sind Granuailes Stiefsohn Edmund und ihr Sohn aus zweiter Ehe, Tibbot, an die Spitze der Hierarchie des Bourke-Clans gerückt. Sie sind ebenso patriotisch, wenn nicht gar fanatisch wie ihre Mutter und wollen sich den Engländern nicht ergeben. Richard Bingham ist ohnmächtig vor Hass: Solange diese Aufwiegler leben, wird er Irland nicht befrieden und seiner Königin in London nicht die Nachricht übermitteln können, seinen Auftrag zur vollen Zufriedenheit erfüllt zu haben.

Es ist Frühling 1592, und die Bourkes und O’Malleys rüsten zum Schlag gegen die Engländer. Sie haben ein vages Versprechen aus Spanien, von dort militärisch unterstützt zu werden. Und auch Hugh, der Anführer der O’Donnells im Norden der irischen Insel, sagt sein Bündnis zu. Doch die schlecht vorbereitete Revolte wird von Richard Bingham rasch niedergeschlagen. Hugh O’Donnell ergibt sich. Tibbot zieht sich ohnmächtig zurück. Binghams Soldaten betreten nun Granuailes Territorium und verwüsten es erneut. Jetzt glaubt sich Bingham stark genug, um mit englischen Kriegsschiffen nach Achill und Clare, Granuailes ureigensten Inseln, überzusetzen. Die Festungen der Freibeuterkönigin werden beschossen, die Inseln besetzt, einige der in den Häfen liegenden Schiffe konfisziert. Doch Granuaile hat sich mit ein paar Galeeren und dem Kern ihrer Getreuen auf die offene See hinaus gerettet. Und nochmals kehrt sie zurück, überfällt wenig später die vor ihren Inseln liegenden englischen Schiffe und zerstört einige.

Dennoch: Der Aufstand bricht zusammen. Granuailes Sohn Tibbot, der wohl tapferste ihrer Sprösslinge, muss sich im September 1592 Richard Bingham ergeben und die englischen Konditionen zähneknirschend annehmen. Man auferlegt ihm hohe Reparationszahlungen. Mayo ist befriedet, aber der Friede gleicht dem auf einem Gottesacker. Das Land ist übersät mit Toten, die Dörfer und Felder sind verwüstet, die Städte niedergebrannt, das Vieh ist von den Weiden verschwunden, die Bewohner sind in die Berge geflohen. Granuaile ist nun bereits zweiundsechzig Jahre alt, für damalige Verhältnisse eine alte Frau. Sie hat ein Leben lang um ihre Rechte gekämpft, um ihre Freiheit, ihr Erbe, ihre Familie, ihren Clan, ihre Macht, um ihr Land und ihr Volk. Und nun blickt sie auf einen Scherbenhaufen. Bingham, ihr Erzfeind, hat in voller Breite gesiegt, so scheint es. Aber in ihrem Innersten regt sich noch immer Widerstand. Sie sitzt auf ihrer Burg Carraigahowley und sinnt auf Vergeltung. Sie ist nicht gebrochen, und sie will es noch einmal mit den Engländern aufnehmen. Und hierfür gibt es nur eine Möglichkeit: Sie muss sich mit ihrer großen Widersacherin treffen: Königin Elizabeth.

Gespräch mit der Königin

Es gibt noch einen anderen Grund, sich an die Queen in London zu wenden, und vielleicht wiegt dieser schwerer als persönliche Schmach und Enttäuschung: Granuailes Sohn Tibbot wagt im Mai 1593 nochmals eine Revolte und wird gemeinsam mit anderen Verschwörern von Bingham besiegt und in den Kerker geworfen. Er muss mit der Exekution rechnen, zumal Bingham ihn als ein Faustpfand gegen seine Erzfeindin Granuaile betrachtet – es wäre für die Freibeuterin der zweite Verlust eines Sohnes.

Also schreibt Granuaile schweren Herzens einen Brief an Königin Elizabeth und bittet darin um eine Audienz. Wie und über wen das Schreiben nach England expediert wird, bleibt unklar. Sicher ist, dass sich Granuaile, noch bevor sie Antwort erhalten hat, auf einem eigenen Schiff gen London aufmacht – ein waghalsiges Unternehmen, werden die Seegebiete um England doch von Kriegsschiffen kontrolliert, die normalerweise wenig Rücksicht auf irische Galeeren nehmen.

Im Juni 1593 bricht Granuaile mit einigen Getreuen auf. Die Fahrt geht südwärts, entlang der von ihr kontrollierten Küste von Mayo und Connemara, um die Südspitze von Irland, Mozen Head, durch den Sankt-Georgs-Kanal nach Land’s End, an den Scilly Islands vorbei in den Ärmelkanal und durch die Straße von Dover und die breite Themsemündung flussaufwärts nach London. Unterhalb der Tower Bridge geht Granuailes Schiff vor Anker.

Wochenlang wartet sie auf Antwort von der Queen. Aber sie ist nicht untätig, nimmt sie doch Kontakt zu wichtigen Personen des Hofes und der Regierung auf. Die wissen sehr wohl, wen sie vor sich haben: die gefürchtete Freibeuterkönigin Irlands, die seit vierzig Jahren den englischen Truppen und den Vertretern englischer Macht mit Courage und Dreistigkeit die Stirn bietet. Vor allem der Lord Treasurer William Cecil Lord Burghley, einer der einflussreichsten Männer des Königreichs, setzt sich für Granuaile ein. Der dreiundsiebzigjährige Mann verfügt über große politische Erfahrung und ist der tiefen Überzeugung, dass es besser ist, ein unvoreingenommenes Gespräch zu führen, denn den Konflikt weiter auszutragen. Ihm liegt an einer Verständigung mit den Iren, zumal England bereits wieder durch Gerüchte verunsichert ist, Spanien plane einen weiteren Invasionsversuch. Die katholische Liga formiert sich. Und in Frankreich ist Heinrich von Navarra vom Protestantismus zum Katholizismus konvertiert (in die Geschichte ist sein Bekenntnis eingegangen: »Paris ist eine Messe wert«), was wiederum Englands Stand unter seiner anglikanischen Königin schwächt.

Burghley ist aber auch vom Wortlaut von Granuailes Petition angetan: Denn darin verspricht die Witwe, die um das Leben ihres Sohnes Tibbot bangt, der englischen Königin, sich für den Rest ihres Lebens zu verpflichten, die Feinde der Queen, wo auch immer sie sind, zu bekämpfen. Granuaile stellt aber auch Bedingungen: Sie verlangt die Freilassung Tibbots und seiner Getreuen, eine Anerkennung von Granuailes Besitztiteln über ihr angestammtes Herrschaftsgebiet in Mayo und auf den vorgelagerten Inseln, die Freiheit, weiterhin mit ihren Schiffen vor der Westküste zu navigieren und Handel zu treiben, und schließlich auch einen gnadenvollen und respektvollen Umgang mit »Irlands Jugend«, die seit Jahrzehnten nichts anderes als Krieg, Not und Verfolgung erleide.

Granuaile wartet Woche um Woche, ohne dass sie erfährt, ob und wie die Queen auf ihre Petition reagiert. Doch hinter den Kulissen ist Lord Burghley sehr wohl tätig: Er arbeitet mit Wissen und Einvernehmen der Queen eine Liste von achtzehn Fragen (»Artikeln«) aus, die Granuaile vor einer Audienz bei Elizabeth schriftlich zu beantworten habe. Die Liste hat sich erhalten: Es sind recht trockene und nüchterne Erkundigungen nach Granuailes Herkunft, Familienstand, Lebens- und Besitzverhältnissen. Granuaile beantwortet alle ebenso nüchtern, knapp und gefasst, als beantragte sie lediglich ein Stipendium, aber nicht eine Audienz, bei der es letztlich um Leben und Tod geht. Dieser Ton gefällt der Queen offensichtlich, denn sie erklärt sich kurz darauf bereit, die irische Freibeuterin und Widersacherin zu empfangen (was angesichts einer ganzen Reihe von Bittstellern, die regelmäßig um Audienz bei der Queen eingeben, nicht selbstverständlich ist).

Unterdessen hat Richard Bingham Wind von Granuailes Fahrt nach London und ihrer Bitte um Audienz erhalten, und er versucht, dies mit einem Eilbrief zu vereiteln, indem er die Queen auffordert, der »bekannten Verräterin« Granuaile keineswegs Glauben zu schenken, sondern sie und ihre Begleiter sogleich der Justiz zu übergeben und aufhängen zu lassen. Vor allem aber solle die Königin keineswegs den Anschuldigungen glauben, die Granuaile gegen ihn, Bingham, vortragen werde.

Die Queen lässt dieser wirre Versuch, die Audienz zu hintertreiben, kalt. Sie ist neugierig auf Granuaile, kennt deren Namen seit vielen Jahren sehr wohl, weiß um deren Courage. Und tatsächlich verbindet beide Frauen einiges: ihr Wille zur Macht, ihr Selbstbehauptungstrieb in einer von Männern dominierten Gesellschaft, ihr Kampf um den Erhalt ihrer Position gegen allerlei Intriganten und Gegner im Innern und Feinde im Äußeren, ihre Liebe zu ihrem Land und ihrem Volk.

Ende Juli 1593 ist es endlich so weit: Granuaile, die Freibeuterkönigin, Aufrührerin und Anführerin eines Clans, wird von der mächtigen Königin von England, die es mit der Weltmacht Spanien erfolgreich aufgenommen hat, zur Audienz in ihrer Sommerresidenz in Greenwich empfangen. Die ausführliche Unterredung selbst ist nicht protokolliert, wohl aber sind die Ergebnisse aus späteren Briefen Granuailes, Lord Burghleys und Elizabeths rekonstruierbar. Demnach unterhalten sich die beiden Frauen auf Latein (Granuaile beherrscht das Englische entweder gar nicht oder nur sehr rudimentär, und auch ihre Petition und die Antworten auf den Fragebogen wird sie mithilfe eines englischen Übersetzers formuliert haben). Granuaile liefert einen Bericht über ihre persönlichen Verhältnisse und Lebensumstände und wiederholt ihre Bitte, ihren Sohn Tibbot und dessen Getreue aus der Haft zu entlassen und sie selbst, Granuaile, in ihrer Herrschaft zu Wasser und zu Lande zu bestätigen und ihr weiterhin das Recht zur freien Seefahrt und zum Handel zu gewähren. Sie wolle auch für den Rest ihrer Tage die Sache der englischen Majestät »mit Feuer und Schwert« gegen alle Feinde verteidigen.

Die Queen hört sich die Ausführungen geduldig und interessiert an, ohne sich jedoch auf eine Entscheidung festlegen zu wollen. Sie entlässt Granuaile schließlich gnädig aus der Audienz und verspricht einen baldigen Entschluss. Nach einigen Tagen wird Granuaile ein Brief überreicht mit der Aufforderung, sich wieder zurück nach Irland zu begeben. Der Brief ist an Richard Bingham deklariert, und er beinhaltet die Weisung der Queen, Tibbot und seine Männer freizulassen und Granuaile in ihren ererbten Landen nicht weiter zu belangen und auch deren Einflusssphäre zu Wasser nicht zu beschneiden.

Granuaile segelt also zurück nach Mayo und lässt über Mittelsmänner das Schreiben der Queen ihrem Erzfeind Bingham zukommen. Der kocht vor Wut und schreibt Lord Burghley einen erbitterten Brief, worin er nochmals betont, stets seine christliche Pflicht getan zu haben. Granuaile sei immer eine Feindin der englischen Sache gewesen, und es sei schändlich, dass ausgerechnet diese Frau nun von der Königin begnadigt und sogar favorisiert werde. Die Regierung in London brauche ihm, Bingham, nur ein Schiff von dreißig Tonnen zu geben, und dann werde er mit Gottes Hilfe diese Aufrührerin und ihre ganze Flotte hinaus aufs Meer treiben!