Future - Die Zukunft gehört dir - Dan Frey - E-Book

Future - Die Zukunft gehört dir E-Book

Dan Frey

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Beschreibung

Wenn Sie einen Blick in die Zukunft werfen könnten, würden Sie es tun? Für Ben Boyce und Adhi Chaudry lautet die Antwort auf diese Frage eindeutig Ja. Sie gründen ein Start-up, um ihren Quantencomputer zu vermarkten, der auf das Internet, wie es in einem Jahr sein wird, zugreifen kann. Das ist super, wenn man wissen will, wen man daten wird, und lukrativ, wenn man sein Geld in Aktien anlegen will. Schnell finden sie Kunden, die große Summen in diese digitale Kristallkugel investieren. Ben und Adhi glauben sich auf dem Gipfel des Erfolges, doch dann bemerken sie, dass die Zukunft nicht ganz so rosig ist, wie es scheint. Etwas wird passieren, das das Internet – und möglicherweise die Menschheit selbst – vernichtet. Und nur Ben und Adhi sind in der Lage, die Katastrophe zu verhindern …

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Seitenzahl: 358

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Das Buch

Wenn Sie einen Blick in die Zukunft werfen könnten, würden Sie es tun? Für Ben Boyce und Adhi Chaudry lautet die Antwort auf diese Frage eindeutig Ja. Und die beiden sind bereit, alles darauf zu verwetten, dass es anderen Menschen genauso geht. Als Adhi einen Quantencomputer entwickelt, der in der Lage ist, auf das Internet, wie es in einem Jahr sein wird, zuzugreifen, wittern die beiden ihre ganz große Chance. Sie gründen das Start-up The Future, um ihre Erfindung zu vermarkten. Ihre Kunden investieren Millionen in diese digitale Kristallkugel, die ihnen kommende Börsencrashs, den nächsten Superbowl-Gewinner oder politische Skandale mitteilen kann. Doch schon bald macht Adhi eine beunruhigende Entdeckung: Es scheint, dass das Internet und möglicherweise die Menschheit selbst in weniger als einem Jahr vernichtet sein wird – und dass The Future irgendetwas damit zu tun hat. Für Ben und Adhi beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit …

Der Autor

Dan Frey ist Drehbuchautor und Schriftsteller. Er lebt und arbeitet in Los Angeles.

Besuchen Sie Dan Frey auf Twitter: @wordsbyDanFrey

Mehr über Dan Frey und seine Werke erfahren Sie auf:

diezukunft.de

DAN FREY

Roman

Aus dem Amerikanischen vonBernhard Kempen

WILHELM HEYNE VERLAGMÜNCHEN

Titel der Originalausgabe:

THE FUTURE IS YOURS

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Deutsche Ausgabe 01/2022

Copyright © 2021 by Dan Frey

Copyright © 2022 dieser Ausgabe und der Übersetzungby Wilhelm Heyne Verlag, München,in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,Neumarkter Straße 28, 81673 München

Umschlaggestaltung: DAS ILLUSTRAT, München,unter Verwendung von Motiven von Shutterstock.com(Blackboard, arleksey)

Satz: Schaber Datentechnik, Austria

ISBN 978-3-641-27267-8V001

www.diezukunft.de

Für Casey

Meine Zukunft gehört dir

EINS

E-Mail

Von: Ben Boyce

An: Ben Boyce, Adhvan Chaudry

Leute,

ESFUNKTIONIERT! Ernsthaft. Ihr habt es geschafft.

Das ist total verrückt – ich schicke euch diese Mail am 28. Februar 2023 und weiß, dass ich sie am 28. Februar 2022 empfangen werde (bereits empfangen HABE). Ziemlich schräg, was?

Also hör zu, Früherer Ben … Erst mal High five! Es war ganz richtig, dass du die ganze Zeit daran geglaubt hast – an dich selbst, an Adhi, an alles. Dein Traum, zum ersten schwarzen Firmenchef zu werden, der ein Milliarden-Dollar-Unternehmen gründet, wird in Erfüllung gehen … und das kann ich mit Sicherheit sagen, denn mir ist es BEREITSPASSIERT.

Und Adhi, Bro. Du bist das Genie, das es möglich macht. Ich hab immer gesagt, dass du irgendwann die Welt verändern wirst, und ich hatte recht. Das ist doch Wahnsinn – du sitzt mir gegenüber, während ich das hier schreibe, aber ich erinnere mich noch genau an dein Gesicht an dem Tag damals, als du es gelesen hast. Mach den Mund wieder zu und lies weiter.

Ich weiß, dass ihr gleich ausflippen und den Prototyp einsetzen werdet, um alles Mögliche nachzuschauen, aber ich kann euch schon jetzt ein paar Tipps geben.

1. Für Stanford läuft es in dieser Saison gar nicht gut, also hört sofort mit diesem Quatsch auf und erspart euch den Ärger.

2. Was Börsentipps betrifft, ja, natürlich, ihr KÖNNTET heute in ein paar idiotensichere Investitionen einsteigen. Aber ich verspreche euch, dass ihr besser fahren werdet, wenn ihr eure Zeit nicht mit so einem Scheiß vertrödelt, denn hauptsächlich solltet ihr jetzt in EUCHSELBST investieren.

Ich möchte diesen Moment dazu nutzen, einfach nur zu sagen: Alles wird gut. Der Prototyp funktioniert (offensichtlich). Und was auch immer passieren mag, rastet nicht aus. Nicht wegen Geld oder Respekt oder Prestige oder sonst was. Lasst den Korken knallen, und gönnt euch den besten verdammten Champagner eures Lebens – eine schöne Erinnerung für mich. Und von nun an: Vertraut dem Lauf der Dinge, genießt die Fahrt und haltet unbedingt zusammen.

Mit zutiefst freundschaftlichen Grüßen

Ben aus der Zukunft

Auszug aus dem Protokoll der Kongressanhörung vom 1. Dezember 2022

SEN. GREG WALDEN (D-OR): Die Sitzung der Senatsausschüsse für Justiz, Wirtschaft, Wissenschaft und Technologie ist eröffnet. Wir begrüßen alle Anwesenden zur heutigen Anhörung über das neue Wirtschaftsunternehmen namens »The Future« und die eventuellen rechtlichen, ethischen und politischen Auswirkungen dieser Technologie.

Eine solche Anhörung mag zwar nicht beispiellos sein, ist aber dennoch eine außergewöhnliche Gelegenheit, die gravierenden gesellschaftlichen Konsequenzen einer neuen Konsumtechnologie vorherzusehen und anzusprechen. Dieses gesetzgebende Gremium ist dafür bekannt, Innovationen mit großem Abstand hinterherzulaufen, wie sich bei einer früheren Anhörung zu sozialen Medien und Problemen mit dem Datenschutz gezeigt hat. Diesmal besteht die Hoffnung, dass wir der Zeit voraus sein könnten – insbesondere im Hinblick auf den jüngsten Whistleblower-Fall, der darauf hinzudeuten scheint, dass diese Technologie eine existenzielle Gefahr für unser Land und unser Volk darstellt.

BOYCE: Senator Walden, ich erhebe Einspruch gegen die Charakterisierung als …

SEN. GREG WALDEN (D-OR): Sie wurden noch nicht aufgefordert, sich zu äußern, Mr. Boyce. Ungeachtet Ihrer Einwände liegen uns Daten aus Ihrem eigenen Unternehmen vor, die zahlreiche angesehene Wissenschaftler dahingehend interpretieren, dass wir uns auf einem Kurs befinden, der zur Auslöschung der Zivilisation, wie wir sie kennen, führen wird, und zwar innerhalb eines Zeitrahmens von weniger als zwei Jahren. Wenn das keine existenzielle Gefahr …

BOYCE: Ich halte es einfach nur für verantwortungslos, es so zu bezeichnen, ohne dass alle Faktoren angemessen berücksichtigt wurden.

SEN. GREG WALDEN (D-OR): Belehren Sie mich nicht über Verantwortungslosigkeit, Mr. Boyce. Und wenn Sie sich nicht an die parlamentarischen Anstandsregeln halten, wird man Sie wegen Missachtung belangen. Haben Sie verstanden?

BOYCE: … verstanden.

SEN. GREG WALDEN (D-OR): Gut. Also, die Mitglieder dieses Gremiums haben zwei Zeugen einberufen, die Gründer des Unternehmens namens The Future: Mr. Benjamin Boyce und Mr. Adhvan Chaudry. Doch ich gebe zu Protokoll, dass zu dem Termin der Anhörung nur Mr. Boyce vor dem Gremium erschienen ist. Mr. Boyce, können Sie die Abwesenheit Ihres Kollegen erklären?

BOYCE: Nein, das kann ich nicht. Und ich mache mir Sorgen. Wenn Adhi nicht hier ist, scheint offensichtlich etwas nicht zu stimmen, und es wäre das Beste, wenn wir die Angelegenheit vorläufig vertagen.

SEN. GREG WALDEN (D-OR): Diese Sitzung wird nicht nach Ihrem Gutdünken abgehalten. Sie folgen einer Zeugenvorladung vor vierundvierzig Mitgliedern des Kongresses. Da einer von Ihnen nicht erschienen ist, wird ein Haftbefehl gegen Mr. Chaudry ausgestellt, den man wegen der Missachtung des Kongresses anklagen wird. Sind Sie bereit, mit der Anhörung fortzufahren, um ähnliche Maßnahmen zu vermeiden?

BOYCE: Ja, Sir. Ich möchte nur, dass meine Bitte um Aufschiebung protokolliert wird.

SEN. GREG WALDEN (D-OR): Gebührend zur Kenntnis genommen, und wir alle hoffen, dass Ihr Mitgründer zu irgendeinem Zeitpunkt des heutigen Tages geruhen wird, doch noch hier zu erscheinen. Jedenfalls hat er sich seinen Ruf der intellektuellen Selbstüberschätzung erneut verdient.

BOYCE: Ich möchte nur darauf hinweisen, dass es eigentlich keine Selbstüberschätzung ist, wenn er sich diesen Ruf verdient hat, nicht wahr? Nichts für ungut, aber … Adhi ist klüger als alle hier in diesem Raum.

SEN. GREG WALDEN (D-OR): Das mag durchaus der Fall sein, Mr. Boyce. Aber dieses Gremium ist zusammengekommen, weil arglose Leute, die angeblich »klüger« sind, uns in der Vergangenheit einige Schwierigkeiten bereitet haben. Zweifellos sind die Datenwissenschaftler von Cambridge Analytica ausgesprochen stolz auf ihre Intelligenz gewesen, ebenso wie die Eugeniker vor einem Jahrhundert.

BOYCE: Ich bitte Sie, ist das wirklich ein fairer Vergleich?

SEN. GREG WALDEN (D-OR): Wir haben es hier mit einer Technologie zu tun, die anscheinend das Potenzial hat, die Welt, wie wir sie kennen, auszulöschen. Also verzeihen Sie mir, wenn mein Vergleich verletzend klingt, aber es ist dennoch angebracht, darüber zu diskutieren, auf welche Weise Mr. Chaudrys Intelligenz in der Vergangenheit mehrfach zu Problemen geführt hat.

Adhvan Chaudrys College-Zulassungsarbeit

Eingereicht am 12. Januar 2013, Stanford University

Bildung ist Blödsinn.

Ich weiß, dass es unklug sein dürfte, so etwas ausgerechnet in dieser Umgebung zu äußern, doch ich hoffe, dass Stanford Ehrlichkeit und Stringenz zu schätzen weiß. Gestatten Sie mir zu erklären, wie ich zu dieser speziellen Schlussfolgerung gelangt bin.

Meine Eltern kamen kurz nach meiner Geburt in dieses Land. Sie wollten dem indischen Kastensystem entfliehen. Im Jahr 1950 wurde es offiziell abgeschafft, doch vor zwanzig Jahren war es in praktischer Hinsicht immer noch fest etabliert. Da meine Eltern Shudras (arme Arbeiter) waren, hatten sie nie die Chance, Rajanyas (reiche Händler) zu werden. Aber sie glaubten, in Amerika kämen sie dazu in die Lage.

Als sie in San Francisco eintrafen, gaben sie sich alle Mühe. Doch zu ihrer Enttäuschung stellten sie fest, dass ein Aufstieg in dieser Welt genauso unmöglich ist. Nicht nur das, sie erkannten auch, dass das indische System doch einige Vorzüge hat – denn keinem Shudra wird jemals vermittelt, er sollte das Gefühl haben, an seiner Armut schuld zu sein. Es ist sein Lebensschicksal. Doch in Amerika wird Armut mit Versagen gleichgesetzt. Sie ist ein Grund für tiefe und beständige Scham.

Also setzten sie ihre Hoffnung in mich. Sie opferten sich auf und arbeiteten viele Stunden. Sie verinnerlichten den Wert harter Arbeit und bauten darauf, dass ich auf ein gutes College gehen und mir einen besseren Job verdienen würde, als es ihnen jemals möglich war. In der Bildung sahen sie einen Ausweg.

Doch nach meinen bisherigen Erfahrungen in der akademischen Welt habe ich gesehen, dass das alles nur Fassade ist. Ein abgekartetes Spiel. Ein System aus Schall und Rauch, um die Spreu vom Weizen zu trennen, um ein oligarchisches System aufrechtzuerhalten, das eine Generation nach der anderen mit Privilegien belohnt, genauso wie im Kastensystem. An der »renommierten« Privatschule, die ich besuche (mit einem akademischen Vollstipendium), stammt die überwiegende Mehrheit meiner Studienkollegen aus reichen Familien. Und unter meinen Kommilitonen grassiert Schummelei. Die meisten Eltern sind mitschuldig an einem System, das zwar perfekte Zensuren, Testnoten und ordentliche Tätigkeitsbescheinigungen honoriert … sich aber einen Dreck um Redlichkeit schert.

Wir werden ermahnt, »zu jeder Zeit« Gelehrte und Gentlemen zu sein, und Studenten wird wegen ihres Benehmens am Wochenende der Rauswurf angedroht. Doch als der Sohn unseres Schuldirektors (einer meiner Klassenkameraden) bei einem Basketballspiel an der Schule so betrunken war, dass er auf dem Platz stolperte und sich auf die Freiwurflinie erbrach, wurde er lediglich mit Nachsitzen bestraft, und den Vorfall hat man unter den Teppich gekehrt.

Nun fragen Sie sich vermutlich: Will dieser Kerl überhaupt in Stanford studieren? Die Antwort darauf ist für mich ein uneingeschränktes Ja.

Ich weiß, dass meine schlechte Meinung über Bildung immer wie eine Ausrede klingen dürfte, solange ich sie nicht mit Erfahrungen begründe. Ich weiß, dass meine Verdienstmöglichkeiten durch die Diplome gesteigert werden, selbst wenn sie gar keine Bedeutung haben. Ich bin gewillt, die beste Schulbildung zu bekommen, die mir möglich ist, bis hin zum Doktortitel, damit ich schließlich mit absoluter Zuversicht behaupten kann, dass Bildung auf sämtlichen Ebenen totaler Blödsinn ist.

Auszug aus dem Protokoll der Kongressanhörung vom 1. Dezember 2022

REP. CORINNE SOTHEBY (R-NE): Mr. Boyce, ich möchte mit Ihnen über die Anfangszeit Ihrer Bekanntschaft mit Mr. Chaudry sprechen. Wie ich höre, sind Sie sich an der Universität begegnet.

BOYCE: Ja, richtig. Im ersten Semester. Also, Adhi war sogar schon ein Jahr älter als alle anderen, aber er musste trotzdem mit dem ersten Studienjahr beginnen. Bei seiner ersten Bewerbung war er, ob Sie es glauben oder nicht, von Stanford abgelehnt worden. Obwohl er Bestnoten hatte, bestandene Tests und alles, wurde er trotzdem nicht angenommen. Angeblich wegen seiner Zulassungsarbeit. Was eigentlich nur bedeutet, dass er die Spielregeln nicht kannte und nicht wusste, dass er den Leuten das sagen muss, was sie hören wollen.

Also ging er ein Jahr lang auf das Junior College, irgendwo in East Bay, und bewarb sich anschließend noch einmal. Und weil er da draußen als Studienanfänger am JC Artikel über Mathematik veröffentlichte, erkannten sie, dass sie etwas übersehen hatten, also bekam er im folgenden Herbst die Studienzulassung. Zwar war er nicht gerade begeistert, dass er alle Voraussetzungen noch einmal erfüllen musste oder dass er ein Jahr älter war als die anderen. Aber trotz seines Gemeckers konnte ich heraushören, dass er durchaus glücklich darüber war, in Stanford zu sein. Genauso wie ich.

Dort haben wir uns kennengelernt. Zufällig wurden wir demselben Studentenwohnheim zugeteilt. Und vom ersten Tag an haben wir uns gut verstanden.

REP. CORINNE SOTHEBY (R-NE): Waren Sie sofort an einer professionellen Zusammenarbeit mit Mr. Chaudry interessiert?

BOYCE: Mit achtzehn? Ich war an gar nichts interessiert, was irgendwie professionell war.

REP. CORINNE SOTHEBY (R-NE): Ich dachte nur, weil mir eine Freundschaft zwischen Ihnen beiden unwahrscheinlich vorkommt.

BOYCE: Hatten Sie nie Freunde, die anders als Sie selbst waren? Mir persönlich hat es gefallen, dass Adhi eher still war. Heutzutage würde man wahrscheinlich »auf dem Spektrum« sagen. Weshalb er sich auch nie zuvor richtig mit jemandem angefreundet hatte.

Aber ich mochte ihn gleich. Auch wenn es nicht jeder so gesehen haben mag, ich fand ihn richtig witzig. Da er nicht gerade ein gesprächiger Typ war, saßen wir gern an unseren Computern im gleichen Zimmer und chatteten stundenlang über IM, während wir eigentlich studieren sollten, bis ich mir vor Lachen fast in die Hose machte.

Was ich damit sagen will: Oberflächlich gesehen waren wir vielleicht sehr unterschiedlich, aber in Stanford saßen wir im selben Boot. Keiner von uns passte dahin. Ich war nicht so schlau wie all die anderen Hochleistungsstudenten um uns herum … und Adhi war viel schlauer, wenn ich ehrlich sein darf. Schlauer als die anderen Studenten, und auch schlauer als die Professoren. Manchmal schlauer, als es für ihn selbst gut war.

Es war wie … wir beide gegen den Rest der Welt. Ich habe ihm geholfen, mit Leuten klarzukommen, er hat mir bei meinen Hausaufgaben geholfen. Nach sechs Monaten waren wir die besten Freunde.

REP. CORINNE SOTHEBY (R-NE): Das ist sehr schön. Aber damit begannen auch die Schwierigkeiten, nicht wahr? Schon zu Anfang Ihrer College-Karriere scheinen Sie beide die Einstellung entwickelt zu haben, dass die Regeln nicht für Sie gelten. Könnten Sie das etwas genauer erläutern?

BOYCE: Meinen Sie jetzt etwa die Sache in der Bibliothek? Ich wüsste nicht, was das mit allem anderen zu tun hat.

Unterhaltung auf G-Chat

4. Mai 2015, 20.16 Uhr

Benjamin Boyce:

YO! Wo bist du, Bro?

Adhvan Chaudry:

Bibliothek

Morgen Abschlussprüfung Kunstgeschichte

Benjamin Boyce:

Laaaaahm. Komm zurück.

Hab Nattys besorgt.

Muss ich selber trinken und allein Halo zocken?

Adhvan Chaudry:

Im Ernst, ich werde durchfallen, wenn ich heute nicht alles lerne

Total nervig

Hatte letztes Jahr Kunstgeschichte

Trotzdem wollen diese Snobs meine Studienleistungen nicht anerkennen

Aber ganz klar nur, weil ich ihnen keine Stanford-Prämie bezahlt habe

Benjamin Boyce:

Alter, komm klar, eigentlich bezahlt hier keiner von uns irgendwelche Studiengebühren

Adhvan Chaudry:

Es geht ums Prinzip

Benjamin Boyce:

Komm jetzt rüber, Bro

Hab morgen Abschlussprüfung in Weltmythologie, mach mir auch keinen Stress

Adhvan Chaudry:

Nicht jeder von uns kommt mit Charme weiter

Benjamin Boyce:

Hey, ich wette, wir alle kommen um die Prüfungen rum, wenn die Bibliothek überflutet wird

Adhvan Chaudry:

Hab den Wetterbericht nicht gesehen, aber das halte ich für unwahrscheinlich

Benjamin Boyce:

Dr. Night könnte eine Flut heraufbeschwören

Ich wette, Dr. Night kontrolliert auch das Wetter

Adhvan Chaudry:

Hahaha klar.

Und sein Erzfeind Benny-Boy wäre außerstande ihn aufzuhalten

Benjamin Boyce:

In diesem Fall würde sich Benny-Boy mit ihm verbünden

Adhvan Chaudry:

Ich glaube … ich könnte eine Überflutung der Bibliothek hinkriegen.

Oder zumindest einen Sturm.

Falls ich dazu aufgefordert werde.

Benjamin Boyce:

Äh, dann betrachte dich als aufgefordert.

Dein Ernst? Das wäre total krank.

Adhvan Chaudry:

Wär einen Versuch wert.

Wir treffen uns oben im 2. Stock

Benjamin Boyce:

Bro, wenn das klappt, sag ich es weiter …

Aus dem Archiv der Studentenverwaltung der Stanford University

SCHADENSBERICHT DES DISZIPLINARAUSSCHUSSES

Student: Adhvan Chaudry

Hauptstudiengang: Computerwissenschaft

Status: 1. Semester (Transferstudent)

Zeit: 4. Mai 2015, 23.20 Uhr

Ort: Wilkes Library, 2. Stock, Bibliotheksregale

Art des Vorfalls: Student verschaffte sich unrechtmäßig Zugang zum Computersystem des Gebäudes und löste die Feuerlöschanlage der Bibliothek aus.

Der Vorfall war offenkundig vorsätzlich geplant und wurde öffentlich mitgeteilt, da sich Studenten in Badeanzügen und mit Wasserpistolen in der Bibliothek einfanden.

Der Schaden im Gebäude wird auf über 50000 $ geschätzt, bedingt durch Wasserschäden an Einrichtung und Büchern.

Der Vorfall erforderte außerdem die Versorgung von zwei Studenten im Gesundheitszentrum infolge von Stürzen aufgrund nasser Bodenfliesen.

Der Universität wurden zudem die Kosten des Feuerwehreinsatzes in Rechnung gestellt. Der Schaden an den Systemen, die notwendigen Untersuchungen und die Reparatur der beeinträchtigten Onlinesysteme belaufen sich auf etwa 12000 $.

Auch wirkte sich der Vorfall nachteilig auf andere Studenten aus, die während der Woche der Abschlussprüfungen in der Bibliothek arbeiteten.

Schaden erlitt ebenfalls der Ruf und das gute öffentliche Ansehen der Universität aufgrund der Nachrichtenberichterstattung und der Zirkulation von Videos über eine »Wasserparty in der Bibliothek« im Internet.

Frühere Verfehlungen des Studenten: Dies ist das zweite Mal, dass der Student einer illegalen Verletzung des Computerprotokolls der Universität überführt wurde. Während des ersten Vorfalls kam es zur Projektion unanständiger Textnachrichten auf der Anzeigetafel im Stadion während des Footballspiels Stanford – UCLA im Herbst 2014.

Empfohlene Maßnahmen: Aufgrund der Schwere des Schadens, der wiederholten Regelverletzung und der eklatanten Illegalität des Vergehens empfiehlt der Disziplinarausschuss einstimmig den Ausschluss von der Universität, wirksam zum Ende des Semesters.

Brief, verschickt am 13. Mai 2015

Sehr geehrte Mitglieder des Disziplinarausschusses,

das Anliegen meines Schreibens ist Adhvan Chaudry, der mir besser unter dem Namen Adhi bekannt ist. Adhi wurde wegen seiner Rolle während des Vorfalls, der sich vergangene Woche in der Bibliothek ereignete, vor den Disziplinarausschuss zitiert, weshalb ihn der mögliche Ausschluss von der Universität erwartet.

Zunächst würde ich gern auf Adhis Charakter eingehen. Ich kenne ihn aus eigener Erfahrung, da ich ein Zimmer im Studentenwohnheim mit ihm teile – und wie Sie sich hoffentlich noch erinnern, gibt es nur wenige Geheimnisse zwischen zwei Jungen, die in einem drei mal sechs Meter großen Zimmer zusammenwohnen.

Adhi ist ein Mann mit erstaunlichen moralischen Prinzipien. Er lebt völlig kompromisslos nach den Werten, von denen er überzeugt ist. Alle auf unserem Stockwerk im Wohnheim erkennen an, dass er vielleicht nicht die kontaktfreudigste Person, aber fast allen von uns gegenüber ausgesprochen hilfreich ist. Die Leute nennen ihn sogar »IT«, weil er sich bei der Behebung technischer Probleme als äußerst großzügig erwiesen hat.

Vor allem aber ist Adhi ein wunderbarer Freund. Der Wechsel zum College war äußerst aufregend für mich, denn ich habe mir nie etwas mehr gewünscht, als in Stanford zu studieren. Adhi hat mir geholfen, auf Kurs zu bleiben. In diesem Semester haben wir gemeinsam Philosophie als Pflichtfach belegt, und er hat mir beim Studium geholfen. Ich leide unter ADHD und Dyslexie, also ist es für mich in der akademischen Welt nicht so einfach. Adhi war ein geduldiger Tutor, aber er hat mir nie auf irgendeine Weise geholfen, die möglicherweise an Betrug grenzen könne, denn er ist ein redlicher Mensch. Ich muss mir diesmal jemand anderen suchen, der mir diesen Brief korrigiert, weil es bislang immer Adhi für mich getan hat, ohne dafür irgendeine Gegenleistung zu verlangen.

Nun zu dem Streich, für den Adhi mit einer Disziplinarstrafe belangt werden soll. Ich weiß, dass es ein Fehler war. Er hat das Ausmaß des Schadens auf gar keinen Fall vorhergesehen. Und das kann ich mit absoluter Gewissheit behaupten, weil auch ich daran beteiligt war. Um ehrlich zu sein, das Ganze war sogar meine Idee. Ich habe Adhi mehr oder weniger dazu überredet.

Mir ist bewusst, dass ich mich durch dieses Eingeständnis selbst belaste und genauso wie Adhi bestraft werden könnte. Ja, möglicherweise droht mir ebenfalls der Ausschluss von dieser Schule, die ich so sehr liebe. Als erstes Mitglied meiner Familie, das überhaupt eine Universität besucht, nehme ich das nicht auf die leichte Schulter, und ich weiß, dass meine Mutter (die im vergangenen Jahr verstarb) äußerst betrübt wäre, wenn sie wüsste, dass ich gehen muss.

Aber sie wäre auch stolz auf mich, weil ich in dieser Situation das Richtige tue. Und es wäre nur fair, wenn ich auf dieselbe Weise wie Adhi belangt würde. Darum möchte ich mit diesem Zitat von Aristoteles aus der Nikomachischen Ethik schließen:

Wo das Gefühl des Wohlwollens herrscht, da braucht man nicht die Gerechtigkeit anzurufen; dagegen wo der Sinn für das Recht vorhanden ist, da bedarf es immer noch der wohlwollenden Gesinnung, und die Gerechtigkeit im höchsten Sinne erscheint geradezu als Frucht wohlwollender Triebe.

Ich hoffe, Sie werden in Ihren Herzen eine Lösung finden, die gerecht ist, und erlauben Adhi und mir, an dieser wunderbaren Universität zu bleiben.

Mit freundlichen Grüßen

Benjamin Boyce

E-Mail vom 22. Mai 2015

Von: Disziplinarausschuss Stanford

An: Adhvan Chaudry

Sehr geehrter Mr. Chaudry,

im Namen des Disziplinarausschusses der Studentenverwaltung der Stanford University schreibe ich Ihnen, um Sie über das Ergebnis der Anhörung zu Ihrem Verhalten am 4. 5. 15 und die an der Wilkes Library entstandenen Schäden zu informieren.

Der Disziplinarausschuss hat entschieden, dass Ihre Disziplinarstrafe für einen Zeitraum von mindestens einem Jahr zur Bewährung ausgesetzt wird. Das bedeutet, falls Ihnen ein weiteres Vergehen zur Last gelegt wird, wird der Ausschluss von der Universität vollzogen.

Darüber hinaus wird Ihnen ein pädagogischer Berater zugewiesen, mit dem Sie mindestens sechzehn Termine pro Semester wahrnehmen werden. Ihre künftige Immatrikulation wird von der Beurteilung durch Ihren Berater abhängig sein.

Vielen Dank,

Mary Kleeman

Vizepräsidentin der Studentenverwaltung

E-Mail (Entwurf)

Von: Adhvan Chaudry

An: Ben Boyce

B.,

eben Nachricht von den hohen Tieren …

Kein Ausschluss. Hammer!

Also sehen wir uns im Herbst wieder.

Ich habe gar keine Worte, um

Wie du für mich den Kopf hingehalten hast

Mann, das war megakrass von dir, ich

(Dieser Entwurf wurde am 22. Mai 2015 verfasst, aber nicht gesendet.)

E-Mail vom 23. Mai 2015

Von: Tumblr Admin

An: Adhvan Chaudry

Willkommen in der Community von Tumblr! Danke für die Registrierung Ihrer neuen Seite: Das Schwarze Loch: Gedanken eines anonymen Sci-Fi-Superfans.

Als Mitglied wird von Ihnen erwartet, dass Sie alle Bestimmungen und Bedingungen der Nutzervereinbarung befolgen. Sämtliches Material, das Sie auf Ihrem neuen Blog posten, wird als Ihr geistiges Eigentum betrachtet und kann wieder entfernt werden, falls es irgendwelche unserer Community-Standards oder urheberrechtliche Bestimmungen verletzt.

Viel Vergnügen beim Bloggen!

Blog-Post auf Tumblr, 23. Mai 2015

Das Schwarze Loch:

Gedanken eines anonymen Sci-Fi-Superfans

»Der Kopf und das Herz«

Die größte Liebesgeschichte unserer Zeit ereignete sich nicht zwischen einem Mann und einer Frau und nicht einmal zwischen zwei Menschen.

Sondern zwischen einem Menschen und einem Vulkanier.

Der ungestüme, emotionale Kirk und der stoische, logische Spock.

Natürlich wurde regelmäßig Kirk als die Hauptfigur betrachtet.

Der draufgängerische Captain, der furchtlose Anführer.

Aber Spock ist eine wesentlich spannendere Figur.

Für Spock ist es anfangs schmerzhaft an Bord der Enterprise.

Er passt nicht hinein.

Durch seine Logik und Intelligenz wirkt er unnormal. Oder sogar bedrohlich.

Kirk erkennt seinen Wert an, obwohl er ihn nicht versteht.

Doch mit der Zeit sieht Kirk ein, dass Spocks Natur keinen Mangel an Gefühlen darstellt.

Sie ist lediglich eine notwendige Unterteilung.

Der Vulkanier hat tiefe Empfindungen …

doch seinen Gefühlen ist nicht erlaubt, Entscheidungen zu treffen.

Sie gleichen sich gegenseitig aus.

Sie unterstützen sich gegenseitig und retten das Leben des anderen, immer wieder.

Gene Roddenberry hatte eine Serie über Ideen im Sinn,

doch es ist die emotionale Bindung zwischen den beiden, die sie zu einem Klassiker gemacht hat.

Was die Filme betrifft, so ist Der Zorn des Khan unbestreitbar der beste.

Es ist berührend, wenn Spock als Märtyrer für Kirk und seine Besatzung stirbt.

Doch Auf der Suche nach Mr. Spock ist der Film, der am tiefsten geht.

Wenn Kirk seinen Rang als Captain aufs Spiel setzt, um seinen Ersten Offizier zu retten …

wenn wir erleben, dass die Liebe zwischen den beiden über Rang und Pflicht hinausgeht …

wenn nicht einmal der Tod ihre Verbindung trennen kann,

wenn dann der wiedergeborene Spock ohne Erinnerungen an sein früheres Leben

dennoch seinen alten Freund wiedererkennt und sagt: »Jim … Ihr Name ist Jim«,

und selbst dem abgehärtetsten Vulkanier vor Freude das Herz übergeht.

Auszug aus dem Protokoll der Kongressanhörung vom 1. Dezember 2022

SEN. BOB HOLDER (R-AZ): Es wird sich zweifellos sehr erhaben angefühlt haben, sich auf diese Weise für ihn einzusetzen. Aber der Vorfall mit der »Bibliotheksparty« wurde zur Sprache gebracht, um dem Gremium eine Vorstellung von der Art Ihres Verhältnisses zu vermitteln.

BOYCE: Wir waren Freunde. Adhi hätte dasselbe für mich getan.

SEN. BOB HOLDER (R-AZ): Das ist sicherlich eine Möglichkeit, es zu betrachten. Die andere sieht so aus, dass Mr. Chaudry technische Systeme nutzte, um öffentlichen Schaden anzurichten, während Sie ihn vor den Konsequenzen schützten. Dieses Verhaltensmuster scheint ziemlich genau dem zu entsprechen, was mit Ihrem Unternehmen geschehen ist.

BOYCE: Ist darin eine Frage enthalten, die mir entgangen ist?

SEN. BOB HOLDER (R-AZ): Ich versuche, die Art Ihrer Partnerschaft zu ergründen – insbesondere angesichts der Tatsache, dass gemäß den gesetzlichen Vorgaben Sie beide vor dieses Gremium geladen wurden, Sie jedoch als Einziger erschienen sind.

BOYCE: Ich wünschte, Adhi wäre auch hier. Aber er ist es nun einmal nicht. Und ich weiß wirklich nicht, warum. Ich habe schon seit einigen Tagen nichts mehr von ihm gehört.

SEN. BOB HOLDER (R-AZ): Wollen Sie damit sagen, Mr. Chaudry ist … verschwunden? Sollten wir uns Sorgen machen?

BOYCE: Hören Sie, manchmal tut er solche Sachen. Er setzt sich etwas in den Kopf und … Adhi ist eigentlich nicht für die reale Welt geschaffen, wissen Sie? Menschen wie er kommen in einer kontrollierten Umgebung gut zurecht, so wie an der Schule. Nachdem wir unseren Abschluss bekommen hatten, wollte ich ganz schnell raus, aber Adhi stieg sofort ins Graduiertenprogramm ein. Und da hat er begonnen, die Ideen auszuhecken, die uns bis an diesen Punkt geführt haben.

SEN. BOB HOLDER (R-AZ): Also scheint es, dass ein unsozialer Introvertierter, der sich alle Mühe gibt, sich von der Welt abzuschotten … möglicherweise eine Technologie entwickelt hat, die die Welt am Ende zerstören wird? Interessant. Ich habe keine weiteren Fragen.

ZWEI

Postgraduale Dissertation

Am 7. September 2021 bei der Universitätsfakultät eingereicht

Die Realisierbarkeit eines Transfers von Quanteninformationen über zeitliche Distanzen

Adhvan Chaudry

Institut für Computerwissenschaft, Stanford University

Stanford, CA 94305

Zusammenfassung

In dieser Arbeit erkunde ich die Realisierbarkeit eines Datenverarbeitungssystems, das Quanteninformationsverarbeitung mit einem Übertragungsmechanismus kombiniert, der die vierdimensionale Übermittlung von Daten ermöglicht, das heißt: von einem festen »gegenwärtigen« Zeitpunkt zu einem früheren »vergangenen« Zeitpunkt.

Die Quanteninformatik ist ein Fachgebiet, das letztlich noch in den Kinderschuhen steckt, doch die fundamentalen zugrunde liegenden Prinzipien sind inzwischen bekannt. Quantenprozessoren nutzen Quantenzustände als Medium der Datenspeicherung und verwenden einen Interferenzmechanismus, durch den die Zustände auf eine Weise geändert werden, dass sie als Datenmedium genutzt werden können. Nicht die Werte »1« und »0« eines elektrischen Transistors, sondern Quantenspinzustände sind nun das Medium für Daten, und durch die Änderung dieser Zustände ist es möglich, Berechnungen und Informationsübertragungen durchzuführen.

Diese gut verstandenen Grundlagen können mit zwei fundamentalen Prinzipien der Quantenmechanik kombiniert werden, nämlich:

i. Quantenverschränkung: Zwei Quantenteilchen können so gekoppelt werden, dass der »Spinzustand« jedes Teilchens (positiv oder negativ) jeweils den entgegengesetzten »Spinzustand« des anderen annimmt.

ii. Bells Theorem: Es postuliert, dass bei zwei verschränkten Teilchen die Änderung des Spins eines Teilchens augenblicklich den Spin des zweiten ändert, ungeachtet der räumlichen Entfernung zwischen beiden.

Die Tatsache der augenblicklichen Änderung der Spinzustände hat zur Folge, dass es zu einem Informationsaustausch zwischen diesen Teilchen kommt, und zwar über beliebige Entfernungen während eines Zeitintervalls von 0. Das konstituiert eine Verletzung der Einstein’schen Allgemeinen Relativitätstheorie, die unserer Annahme widerspricht, dass die Lichtgeschwindigkeit einen absoluten Grenzwert darstellt.

Infolgedessen könnten Informationen von einem bestimmten Zeitpunkt zu einem früheren relativen Zeitpunkt übertragen werden, der vor jenem liegt, an dem die Übertragung eingeleitet wurde.

Durch die Ausweitung dieses Übertragungsprozesses, d. h. indem Daten innerhalb eines Quantencomputersystems vor und zurück »gepingt« werden, sollte es theoretisch möglich sein, eine stabile Struktur aufzubauen, die Daten von einem späteren an einen früheren Zeitpunkt übermittelt.

In allgemein verständlichen Begriffen heißt dies, dass man in der jeweiligen Gegenwart Daten direkt aus der Zukunft empfangen könnte.

(Anmerkung: Der Hauptteil der Dissertation, der die theoretische Funktionsweise der vorgeschlagenen Konstruktion erläutert, wurde aus dieser Fassung ENTFERNT.)

Schlussfolgerungen

Nach diesen Untersuchungen lässt sich das fragliche System theoretisch realisieren. Doch es steht vor existenziellen Hürden, die sich hauptsächlich in folgenden drei Bereichen abzeichnen:

1) Skalierbarkeit

Um ein stabiles Übertragungsprotokoll zu schaffen, das Daten über eine hinreichend sinnvolle Zeitspanne senden könnte, müsste der Prozessor auf einer großmaßstäblichen Matrix basieren, deren Lese-Schreib-Kapazität schnell genug ist, um eine gewaltige Anzahl von Quantenzuständen verfolgen zu können (ca. 3,8 x 10²²).

Gegenwärtige Quantencomputersysteme liegen mehrere Größenordnungen unter dieser Schwelle, was bedeutet, dass diese Technologie so lange außer Reichweite ist, bis ein signifikanter Durchbruch die QC-Landschaft verändert.

2) Kommerzielle Verwertbarkeit

Die Entwicklung des Produkts müsste höchstwahrscheinlich in einem kommerziellen Unternehmen stattfinden, das über die Mittel verfügt, die erforderliche Technik sowohl zu erbauen als auch zu testen. Doch es ist unwahrscheinlich, dass irgendein kommerziell orientiertes Unternehmen in ein solches Projekt investieren würde, dessen Kosten die Größenordnung des Raumfahrtprogramms erreichen könnten.

3) Ethische Risiken

Die Konstruktion einer solchen Technologie wirft signifikante Probleme auf, was die Regulierung der Nutzung betrifft. Dies wird eine seriöse Untersuchung der technischen Realisierbarkeit vermutlich verhindern.

Auszug aus dem Protokoll der Kongressanhörung vom 1. Dezember 2022

REP. WANDA MOONEY (D-AR): Mr. Boyce, ich denke, dass Sie mit dem Inhalt von Mr. Chaudrys postgradualer Abschlussarbeit vertraut sind, die die Grundlage Ihrer Technologie bildet. Aber um ehrlich zu sein, ich verstehe nur Bahnhof.

BOYCE: Kein Anlass, sich dafür zu schämen, Ma’am. Das alles ist ziemlich kompliziert.

REP. WANDA MOONEY (D-AR): Ich vermute, ebenso verwirrend wird es auch für die übrigen Mitglieder dieses Gremiums sein, selbst wenn sie vielleicht nicht bereit sind, dies zuzugeben. Doch das vorgelegte Beweismaterial enthält auch eine Präsentation, mit der Sie bei mehreren Gelegenheiten Ihre Technologie vorgestellt haben.

BOYCE: Richtig. Das stammt aus einer Präsentation für unsere Investoren.

REP. WANDA MOONEY (D-AR): Senator Walden, im Interesse dieses Gremiums würde ich meine restliche Zeit gern dazu nutzen, Mr. Boyce aufzufordern, die Technologie in seinen eigenen Worten zu erklären.

SEN. GREG WALDEN (D-OR): Sind Sie für eine solche Präsentation bereit, Mr. Boyce?

BOYCE: Äh, ja, Sir. Normalerweise halte ich den Vortrag zusammen mit meinem Geschäftspartner, aber … ich werde mein Bestes geben, klar. Ist jemand …? Gut. Also, wenn Sie jetzt die erste Folie aufrufen könnten … ja, es kann losgehen.

BOYCE: So, dieses erste Bild soll nur klarstellen, was wir alle gewohnt sind. Der Computer, den wir alle kennen, die Maschine, die unsere Welt verändert hat. Dieser kleine Kasten mit Transistoren, der die Berechnungen anstellen konnte, die nötig waren, um zum Mond zu fliegen. Er war in der Lage, mehr Informationen zu speichern, als man im ganzen Leben lesen könnte, und mit ihm ließen sich recht lustige Spiele machen. Doch das Potenzial der Nutzbarkeit von Computern erreichte irgendwann Anfang der 90er ein ganz neues Level. Nächste Folie, bitte.

BOYCE: Als das Internet kam, entstand eine ganz neue Situation. Die zugrunde liegende Technologie des Modems reicht genau genommen bis in die 70er zurück, aber erst 1990 war die Nutzungsmöglichkeit so weit, dass der PC kein Gerät der Isolation mehr war, sondern stattdessen zu einem Mittel der Verbindung wurde.

Plötzlich kann sich Ihre Maschine verlinken und mit einer anderen Maschine Daten austauschen. So bekommen Sie Zugang zu Ihren E-Mails, Ihren Nachrichtenartikeln, Ihrem Instagram-Account sowie zu zahlreichen Unterhaltungsprogrammen. Eine Maschine spricht mit einer anderen, wie es die kleinen Linien in diesem Diagramm zeigen. Und dieses Paradigma ist zweifellos ausgesprochen mächtig. Es wird jedes Jahr mächtiger.

Aber seien wir ehrlich – uns gehen die Möglichkeiten hinsichtlich dessen aus, was das Internet tun könnte. Denn eigentlich hat sich das Paradigma nicht mehr geändert. Das Web 2.0 oder 3.0 oder wie auch immer man es nennen will – was ist daran neu? Vom AOL-Einwählton, mit dem Sie aufgewachsen sind, bis zum Breitband, das sie heute in der Hosentasche haben, hat das Internet unsere Welt transformiert … aber seitdem hat sich nichts mehr geändert. Nicht auf grundlegende Weise jedenfalls. Nächste Folie, bitte.

BOYCE: Also ist es allmählich an der Zeit, das Internet neu zu denken. Obwohl es jedes Jahr wächst, muss man sich fragen, ob es sich wirklich weiterentwickelt. Die obere Reihe stellt dar, wo wir heute stehen. Sie haben Ihre Maschine, die mit all den anderen verbunden ist. Und in der Zukunft, in der unteren Reihe, haben Sie dieselbe Maschine mit denselben Verbindungen. Wie bringen wir dieses Paradigma jetzt auf ein ganz neues Level? Nächste Folie …

BOYCE: So! Unsere Technologie verbindet eine Maschine in der Zukunft mit sich selbst. Durch heutige Internetverbindungen erhält man ausschließlich Zugang zu Daten von anderen Maschinen im selben Zeitfenster – das deuten die waagerechten Linien an. Doch hier repräsentiert die senkrechte Linie unsere Technologie, die die Gegenwart mit der Zukunft verbindet, zum ersten Mal in der menschlichen Geschichte. Sie stellt eine Möglichkeit dar, auf Daten aus der Zukunft zuzugreifen.

Und wie stellen wir das an? Darauf geht Adhis Arbeit genauer ein, aber die kurze Antwort lautet: mittels der Magie der Quanteninformationsverarbeitung. Die technischen Einzelheiten sind natürlich Geschäftsgeheimnis. Doch das Grundprinzip beruht auf der bizarren Schrulle der Quantenverschränkung, mit der Daten schneller als das Licht transferiert werden können. Das bedeutet, dass sich Daten tatsächlich rückwärts durch die Zeit schicken lassen. Oder, aus unserer Perspektive gesehen: Man kann heute auf Daten aus der Zukunft zugreifen.

Stellen Sie sich das vor! Ihr Laptop oder irgendwann auch Ihr Telefon verbindet sich mit seiner eigenen künftigen Version. Sie könnten all die Fotos sehen, die Sie erst während des nächsten Jahres aufnehmen werden. Sie könnten alle Dateien auf Ihrer künftigen Festplatte lesen. Aber das ist nur die Spitze des Eisbergs. Die eigentliche Revolution gipfelt in dem Punkt, dass die künftige Version Ihres Computers mit dem Internet verbunden ist. Also … nächste Folie.

BOYCE: Das bedeutet, dass unser Prototyp mit dem Internet der Zukunft verbunden ist. Sie können sich heute einloggen und alle E-Mails lesen, die Sie in einem Jahr empfangen werden. Sie können sich die Nachrichten anschauen, ein Jahr, bevor diese Sachen überhaupt erst passieren. Sie können Ihre Facebook-Seite vom nächsten Jahr durchgehen und jeden Status und jedes Foto sehen, das Sie posten werden. Sie könnten checken, wie viel Geld Sie auf Ihrem Bankkonto haben oder Börsenkurse in Echtzeit verfolgen. Ein Jahr im Voraus. Das wäre doch die Basis für eine solide Finanzplanung, nicht wahr?

Offensichtlich wird dieses Paradigma alles ändern. Deshalb streben wir an, diese Technologie an die breite Masse zu verkaufen. Also – nächste Folie, bitte – könnten wir irgendwann in einer solchen Welt leben …

BOYCE: Eine Welt, in der alle Zugang zu dieser Technologie haben. Wo jeder Computer mit seiner künftigen Version verbunden ist. Wo Ihre E-Mails direkt miteinander verknüpft sind – in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Wo Sie heute einen Nachrichtenartikel lesen werden, der von einem Journalisten geschrieben wird, der Informationen aus der Zukunft zusammengetragen hat. Wo die Leute in Ihrem Instagram-Feed nicht nur die Reise posten, die sie gerade machen, sondern auch die, die sie demnächst unternehmen werden. Eine Welt, in der Unternehmen nicht nur in der Lage, sondern gezwungen sind, ihre künftigen Umsätze akkurat vorherzusagen. Und der Konsument hat jederzeit Zugriff auf die besten Informationen.

Das ist unsere Vision. Das ist die Welt, an die wir glauben. Und wir werden sie erleben. Wir haben Sie bereits gesehen. Jetzt haben Sie die Chance, mit an Bord zu kommen …

An diesem Punkt, wenn wir das alles den Investoren präsentieren, gehen wir üblicherweise zum Geschäftsplan und der Finanzsituation unserer Firma über. Die selbstverständlich grundsolide ist, da wir einen direkten Draht zu dem haben, was als Nächstes kommt. Und wir haben entschieden, unsere Finanzierung auf eine private und breite Basis zu stellen, damit die Leute, wenn sie davon hören, auch jetzt noch die Gelegenheit haben, in eine sichere Sache einzusteigen.

REP. WANDA MOONEY (D-AR): Vielen Dank, Mr. Boyce, doch bei dieser Kongressanhörung geht es nicht darum, mögliche Investoren zu überzeugen.

BOYCE: Natürlich nicht, Ma’am. Ich bemühe mich lediglich, nach besten Kräften zu kooperieren. Falls meine Kooperation die unbeabsichtigte Folge hat, das Interesse an einer Investition in unser Unternehmen zu wecken, liegt das außerhalb meiner Kontrolle.

REP. WANDA MOONEY (D-AR): Hier wird niemand investieren, das kann ich Ihnen versichern. Und auf mich wirkt Ihre Präsentation genauso wie Ihre ganze Persönlichkeit einigermaßen hochtrabend und substanzlos.

BOYCE: Hey, manchmal muss man eben hochtrabend auftreten. Es ist auf jeden Fall genau das, was Adhi gebraucht hat. Ich meine, mit der Dissertation, über die wir vorhin gesprochen haben, hatte er es schwer, selbst von den Leuten an der Universität ernst genommen zu werden.

E-Mail vom 28. September 2021

Von: Dr. Jenelle Emory

An: Adhvan Chaudry

Lieber Adhvan,

der offizielle Brief wird noch formuliert und Ihnen demnächst zugestellt, doch auf Ihre Bitte hin schreibe ich Ihnen, um Ihnen das Ergebnis der Komiteesitzung mitzuteilen, in der Ihre Arbeit und Verteidigung diskutiert wurden.

Das Komitee hat letztlich entschieden, dass Ihre Arbeit zum jetzigen Zeitpunkt nicht zur Verteidigung zugelassen werden soll. Die anderen Dozenten stellen derzeit ihre Bewertungen zusammen, die Ihnen im Lauf der nächsten Woche zugeschickt werden. Die Einschätzung geht dahin, dass ein großer Teil dieser Arbeit in der gegenwärtigen Form außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Computerwissenschaft liegt und dass die Arbeit insgesamt vom Fachbereich nicht als akademisch stringent beurteilt werden kann.

Ich hoffe, dieses Ergebnis überrascht Sie nicht. Ich möchte Sie wissen lassen, dass ich Ihre Arbeit ohne persönliche Vorbehalte vorgestellt habe und dass die Reaktionen meiner Kollegen unabhängig und unparteiisch waren, aber dennoch in Übereinstimmung mit meiner Intuition.

Ihre Intelligenz wird von unserem Fachbereich allgemein anerkannt, und ich hoffe, dass Sie in Erwägung ziehen, den Schwerpunkt Ihrer Thesen einzugrenzen, so wie wir es besprochen haben, und Ihre Arbeit nach diesen Änderungen im nächsten Semester erneut einreichen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Emory

Antwort

Liebe Dr. Emory!

Als Erstes, vielen Dank für den Schulterklopfer.

Als Zweites, nein, ich mache Ihnen keinen Vorwurf. Aber ich bitte Sie!

Die Arbeit ist gut!

Ich sage nicht, dass sie unbezweifelbar ist oder für sich selbst spricht.

Mir ist klar, dass die Leute einige Fragen haben dürften.

Aber dafür ist die Verteidigung doch da!

Soll ich wirklich ein ganzes Jahr zurückgeworfen werden, um an irgendeinem Computermatrix-Problem zu arbeiten, das niemanden interessiert, nur weil Ihre Leute nicht nachvollziehen können, was ich hier versucht habe?

Nikolai hat letztes Jahr mit einer ähnlich experimentellen Arbeit seinen Abschluss gemacht.

Ich erwarte ja nicht von Ihnen, dass Sie meine Arbeit ungeprüft absegnen.

Ich erwarte lediglich, dass Sie mir die Gelegenheit zur Verteidigung geben, damit ich sie verteidigen kann.

A.

Antwort

Lieber Adhvan,

um das klarzustellen: Die von meinen Kollegen vorgebrachten Kritikpunkte waren sowohl technischer als auch fundamentaler/theoretischer Natur. Die häufigste Reaktion war ganz einfach: »Spricht er wirklich darüber, wie man eine Zeitmaschine bauen könnte?« Und während mir bewusst ist, dass eine solche grobe Simplifizierung unangebracht ist, bin ich mir doch sicher, dass Ihnen klar ist, worauf sie zurückzuführen ist, angesichts des Themas, das Sie gewählt haben.

Was die Verteidigung betrifft, so kann ich nur sagen, dass es so nicht funktioniert. Während meiner gesamten Lehrtätigkeit habe ich nie ein Projekt betreut, das nach der Verteidigung abgelehnt wurde. Eine Arbeit geht nur dann in die Verteidigung, wenn sie die Unterstützung des gesamten Komitees hat. Diese Unterstützung haben Sie aber nicht.

Das ist keineswegs nur eine Formalität. Es ist als kollegiale Herausforderung gedacht, die die Gedanken und die Arbeit des präsentierenden Akademikers vertiefen und alle Anwesenden bereichern soll. Nikolai Gurievs Arbeit über Quantentransistoren ist zwar auch experimentell, aber auf wesentlich konkretere Weise, und inzwischen baut er tatsächlich die ersten Prototypen.

Ich glaube nicht, dass es unter Ihrer Würde ist, an einem Projekt zu arbeiten, das einen tatsächlichen konkreten Nutzen für Menschen haben könnte, die in unserem Fachgebiet tätig sind, im Gegensatz zu einem theoretischen »Schuss ins Blaue«, der sich, offen gesagt, eher wie ein Gedankenexperiment anfühlt und nicht wie ein sinnvoller Versuch, etwas zu konstruieren. Die Computerwissenschaft ist nicht der Fachbereich Philosophie.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Emory

Weiterleitung

Von: Adhvan Chaudry

An: Nikolai Guriev

N.,

Bin ich hier uneinsichtig?

Oder sie?

A.

Antwort

Von: Nikolai Guriev

An: Adhvan Chaudry

Hahahaha, hei-li-ger Strohsack, du hast echt huevos, wenn du so zurückschießt!

Die Sache ist die: Wenn du irgendwas Akademisches machen willst, musst du lernen, nach ihren Regeln zu spielen. Ich finde deine Arbeit stark, aber darum geht es nicht. Sie haben meinen Quantentransistor durch das System geschleust, weil sie das Potenzial für einen großen Artikel darin gesehen haben, und das bedeutet Kohle. Deine Zeitmaschine? Eher nicht. Die Gefahr, dass ihr Ruf geschädigt wird, ist zu groß. Es geht nur um die Optik. Das sind die Spielregeln, an die du dich in der akademischen Welt halten musst.

Nikolai Guriev

Fachbereich Computerwissenschaft

Stanford University

Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Labor für Quantenanalytik

Austausch von Textnachrichten

4. Oktober 2021, 17.16 Uhr

Ben Boyce

Hey A.!

Was läuft?

Adhvan Chaudry

Hey Mann!

Immer derselbe Scheiß.

Deine Mom hat mich angerufen, sie macht sich Sorgen um dich.

Uuh, tut mir leid.

Letzte Woche war ich einfach nicht gut genug drauf, mit ihr zu sprechen.

Ich werde sie bald zurückrufen.

Ja, sie dachte, vielleicht hat ein Mädchen mit dir Schluss gemacht.

LOL! Du musst mich auf dem Laufenden halten!

Ich wusste nicht mal, dass es überhaupt ein Mädchen gibt.

Ich auch nicht.

Ich hatte ihr mal erzählt, dass ich ein Date habe, großer Fehler.

Jetzt fragt sie sich, wann das Baby kommt.

Oh Mann, deine Mutter will doch nur, dass du glücklich bist.

Und ein Date wäre ein Schritt in die richtige Richtung!

In ihrem Profil stand, dass sie sich für Physik interessiert.

Aber eigentlich meinte sie Metaphysik.

Was mit Chakren und Kristallen.

Danach habe ich die App gelöscht.

Hahaha! Also, wenn du es noch mal probieren willst, sag mir Bescheid.

Leila hat ein paar ganz schön nerdige Freundinnen.

D&D-Spielerinnen.

Danke, aber Dating hat momentan keine Priorität für mich.

Nach diesem letzten Jahr sollte ich mich lieber auf mich selbst konzentrieren.

KLAR!

Sonst alles gut?

Hast deine Mom einfach so ignoriert?

Meine Arbeit wurde abgelehnt.

Wenn ich weitermachen will, habe ich noch mindestens ein Jahr vor mir.

Och Mensch, das tut mir leid.

Ich bin mir sicher, dass dein Zeug einfach nur zu hoch für sie ist.

Ja. So ist es.

Ich war nicht viel draußen.

Alter, du weißt, dass du dich nicht so einigeln darfst.

Ich komm schon klar.

Wie geht’s dir? Wie läuft es bei Freewerx?

Biste schon Millionär?

Nein, Freewerx ist erledigt.

Ich war mit der vollen A-Serie durch, dann haben die Gründer das Ding durchgezogen, ohne einen funktionierenden Prototyp zu entwickeln.

Zwei Monate auf der Piste, und wir sind im Arsch.

Okay, da wir beide Versager sind …

Wollen wir uns treffen, besaufen und Halo spielen?

Immer.

Aber gib die Schule nicht so schnell auf.

Auch wenn es noch ein Jahr ist.

Ich meine, wie willst du dir deinen Traum erfüllen, ein Superschurke zu werden, wenn du diesen Doktorgrad nicht kriegst?

Haha, daran habe ich seit Jahren nicht gedacht.

Benny-Boy vs. Doctor Night.

Das erste Heft ist immer noch nicht fertig.

Zu schade, dass wir beide zu schlecht für Kunst sind.

Und fürs Schreiben wahrscheinlich auch.

Umso mehr ein Grund, diesen Abschluss zu machen.

Ich habe diese akademische Tretmühle so satt.

Alles ist hochtrabend und von der Realität losgelöst.

Vielleicht springe ich vorzeitig ab.

Du wärst nicht der Erste.

Zuck hat es nicht mal bis zum ersten Abschluss geschafft.

Hast du dich schon beworben?

Kaum.

Richtigstellung: noch gar nicht.

Ich hab ein paar Personalvermittler getroffen. Soll ich ein Wort für dich einlegen?

Danke, aber du musst dich nicht für mich umschauen.

Ich komm schon klar.

Okay, Kumpel.