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Bandenkriege um Territorien und kriminelle Geschäftsfelder kannte man bisher fast nur aus amerikanischen Metropolen wie Los Angeles. Doch es gibt sie längst auch in Deutschland, die Gangs und Banden, die tödliche Revierkämpfe austragen, mit Drogen handeln, Schutzgeld erpressen und Zuhälterei betreiben: die Black Jackets, die United Tribuns, die Satudarah und die Red Legion zum Beispiel. Einen zusätzlichen Brennpunkt bilden Mitglieder türkisch-libanesisch-arabischer Großfamilien wie des sogenannten Miri-Clans, die sich einen blutigen Kampf mit der gewaltbereiten Rockerszene um die Vormachtstellung im Milieu liefern. Der ehemalige Polizist, angesehene Rockerexperte und Bestsellerautor Stefan Schubert stellt erstmals diese neu gebildeten kriminellen Gruppierungen in den Fokus der Öffentlichkeit und enthüllt brisante Insiderinformationen. Gangland Deutschland schildert die Entstehungsgeschichte der bedeutenden Gangs in Deutschland, beschreibt ihre Besonderheiten und rekonstruiert die begangenen Straftaten und Territorialkriege. Zudem wird aufgezeigt, wie Innenminister und Justiz angesichts dieser neuen Kriminalitätswelle versagt haben und welch verheerende Auswirkungen das auf den sozialen Frieden in unserer Gesellschaft hat.
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Seitenzahl: 303
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Hells Angels, Bandidos und andere Motorradgangs sind in den deutschen Medien allgegenwärtig. Sie sind das Thema ganzseitiger Reportagen in den meinungsbildenden Tageszeitungen, sie beherrschen die Fernsehberichterstattung und lösen eine nicht enden wollende Flut von Buchveröffentlichungen aus, die sich unermüdlich mit der Rockerkriminalität auseinandersetzt. Auch mein drittes Buch »Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten« (riva Verlag, 2012) handelt von den Ursprüngen und Strukturen dieser Clubs und analysiert das Vorgehen der Hells Angels im gewaltsamen Kampf um das deutsche Rotlichtmilieu.
Nach dem Erscheinen meines Buches wurde von Mitgliedern und Sympathisanten der Szene diese Fokussierung auf die Rockerkriminalität in Onlinekommentaren, in sozialen Netzwerken und auch beim persönlichen Gespräch kritisiert. Dabei stritten die meisten Gesprächsteilnehmer weder eine tiefe Verstrickung einzelner Charter und Chapter mit der organisierten Kriminalität ab noch versuchten sie schwere Gewaltverbrechen zu bagatellisierten. Sie ärgerten sich viel mehr über die Häufung der negativen Berichterstattung im Verhältnis zur tatsächlichen Beteiligung an der viel zitierten organisierten Kriminalität. Der größte Akteur dieses Verbrechenszweiges seien doch Familienclans und ethnisch gruppierte Gangs, kriminelle Ausländer eben, aber das dürfe man in Deutschland eben nicht sagen – so die Argumentationsführung dieser Kritiker. Doch wie sehen die Zustände auf Deutschlands Straßen nun tatsächlich aus? Wer sind diese Gangs und Clans, von denen die Rede ist?
Geprägt wurde das Gangphänomen vor allem in Amerika und durch die entsprechenden Hollywoodfilme. Nachdem US-Polizeiexperten zuvor die Rockergangs bereits als »einzigen 100-prozentig amerikanischen Import der organisierten Kriminalität« bezeichnet hatten, hat sich besonders in den letzten vier Jahren auch der nächste amerikanische Gewalt- und Kriminalitätsimport explosionsartig in Deutschland verbreitet: die Straßengangs.
Viele Erkennungsmerkmale einer solchen Gang wurden in der Bundesrepublik von den amerikanischen Gangs übernommen: die Strukturen, das Territorialverhalten, die Tätowierungen, Zahlencodes und Akronyme. Spricht man mit einem Angehörigen der Gangszene in Deutschland, so wird selbst bei konkurrierenden Streetgangs immer wieder ein Hollywoodfilm als die Inspiration genannt: Blood in, Blood out – Verschworen auf Leben und Tod. Viele Gangmitglieder in Deutschland greifen zur Beschreibung ihres Lebensgefühls auf Zitate und Bilder aus diesem Film zurück.
Was passiert in Blood in, Blood out? Erzählt werden die Lebensgeschichten dreier junger Chicanos in East L.A. vor dem Hintergrund der realen Gangkriege von L.A. Ihre eigene Gang, die Vatos Locos, befindet sich zuerst in einem Territorialkonflikt mit einer anderen Chicano-Gang, den Tres Putos. Nach einer tödlichen Schießerei landet eine der Hauptfiguren in der berüchtigten kalifornischen Strafanstalt San Quentin, die durch die vielen inhaftierten Bandenmitglieder zu einem brutalen und gnadenlosen Kampfplatz der Gangs verkommen ist. Die Hautfarbe und die ethnische Herkunft entscheiden automatisch über die Zugehörigkeit zu einer Gang oder den Herrschaftsanspruch der Gang über den Gefangenen. Die Weißen sind in der Aryan Brotherhood organisiert (im Film »Aryan Vanguards«), die Schwarzen in der Black Guerrilla Family (»Black Guerrilla Army«) und die Chicanos in der Mexican Mafia (»La Onda«). Der Filmtitel bezieht sich auf den Umstand, dass man nur durch einen Mord in der Gang aufgenommen wird und nur mit dem eigenen Tod die Mitgliedschaft wieder beenden kann: »Blut rein, Blut raus.«
Der Kultfilm besticht durch seine Authentizität, seine starke Atmosphäre sowie durch den Verzicht auf vorschnelle Lösungsangebote oder ein Happy End. Blood in, Blood out ist ein einzigartiges Epos, weshalb nicht verwundert, dass viele Gangmitglieder in Deutschland Parallelen zu ihrem eigenem Leben zu entdecken glauben.
Die Taten, die diese jungen Männer begehen, sind jedoch real – kein Hollywoodregisseur wird sie je rückgängig machen. Die Opfer sind wirkliche Opfer und nicht der Fantasie eines Drehbuchautors entsprungen. Und Deutschlands Straßen sind nicht der Gefängnishof von San Quentin, auch wenn einige der Protagonisten auf den nächsten 230 Seiten dies wohl verwechselt haben.
Die Black Jackets sind nach eigenen Angaben nicht nur die »am schnellsten wachsende Gang in Deutschland«, sondern mit über 3000 Mitgliedern gleichzeitig die zahlenmäßig größte der Republik. Gerade in jüngster Zeit reiht sich ein Gewaltexzess an den nächsten, es sind Tote zu beklagen und die schweren Straftaten im Bereich des Rotlichtmilieus, der Türsteherszene und des Drogen- und Waffenhandels häufen sich. Die Gruppierung ist in vielerlei Hinsicht interessant, da diese Straßengang ihre Metamorphose von einem unbedeutenden Zusammenschluss junger Migranten zu einer bundesweit agierenden kriminellen Gang bereits abgeschlossen hat und für viele nachfolgende Gangs als Vorbild dient. Zudem haben die Black Jackets ihre Aktivitäten auf ein Dutzend weiterer Länder ausgeweitet – wobei die Mitglieder und Aktionen weiterhin aus Deutschland gesteuert und unterstützt werden.
Gerade auf die Einwandererkinder der zweiten und dritten Generation hat diese spezielle Gang einen erheblichen Einfluss. In den sozialen Brennpunkten der Städte wird nicht mehr eine Karriere à la Boris Becker oder Michael Schumacher angestrebt. Stattdessen hört man immer wieder die Aussage: »Ich will ein Black Jacket werden.« Versucht man also die Strukturen der Gangs in Deutschland zu verstehen, muss man sich zunächst die Black Jackets genauer ansehen.
Die fast 50 000 Einwohner zählende Kreisstadt Heidenheim liegt im Osten Baden-Württembergs an der Grenze zu Bayern, 33 Kilometer nördlich von Ulm. Heidenheim an der Brenz ist von einem in der industriellen Produktion tätigen Mittelstand geprägt und vermittelt den Anschein eines perfekten Vorzeigestädtchens im Schwabenländle. 2013 lag der Anteil der Bürger mit Migrationshintergrund bei annähernd 40 Prozent, wobei in den Kindergärten der Anteil bereits über 60 Prozent betrug.
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