Gedichte für glückliche Stunden -  - E-Book

Gedichte für glückliche Stunden E-Book

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Beschreibung

Gedichte lesen macht glücklich »Weil das Gedicht kein Geld hat, hat es Zeit«, schrieb die Lyrikerin Monika Rinck einmal. Und was wäre kostbarer als das: einfach Zeit zu haben? Gedichte nehmen sich diese Zeit – Zeit zum Spielen mit der Sprache, Zeit für Schönheit und Genauigkeit, Zeit zum Erinnern und Träumen. »Gedichte für glückliche Stunden« verbindet klassische, kanonische Texte mit überraschenden der Gegenwart. Diese Gedichte zu lesen, Vers für Vers, dauert jeweils nur ein paar Sekunden oder Minuten. Auf Dauer aber sind sie eine unerschöpfliche Quelle des Glücks. Mit Texten von Rose Ausländer, Bertolt Brecht, Robert Gernhardt, Jan Wagner und vielen anderen.

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Seitenzahl: 130

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Norma Schneider (Hg.)

Gedichte für glückliche Stunden

Anthologie

 

 

Über dieses Buch

 

 

»Weil das Gedicht kein Geld hat, hat es Zeit«, schrieb die Lyrikerin Monika Rinck einmal. Und was wäre kostbarer als das: einfach Zeit zu haben? Gedichte nehmen sich diese Zeit – Zeit zum Spielen mit der Sprache, Zeit für Schönheit und Genauigkeit, Zeit zum Erinnern und Träumen. »Gedichte für glückliche Stunden« verbindet klassische, kanonische Texte mit überraschenden der Gegenwart. Diese Gedichte zu lesen, Vers für Vers, dauert jeweils nur ein paar Sekunden oder Minuten. Auf Dauer aber sind sie eine unerschöpfliche Quelle des Glücks.

 

 

Weitere Informationen finden Sie auf www.fischerverlage.de

Biografie

 

 

Weitere Informationen finden Sie auf www.fischerverlage.de

Inhalt

[Inhalt]

»Glück, o auf der Welt zu sein«

Du mußt das Leben nicht verstehen

Morgenwonne

Der schöne strahlende Mensch

[Ein Traum, ein Traum ist unser Leben]

Wie mein Kind sich freuen kann!

Abendlied

Aufmunterung zum Vergnügen

Es sitzt ein Vogel auf dem Leim …

Der Sommer

Freude

Was ist Kunst

Was ist die Welt?

Die schönste Art, halbtot zu sein(Gekitzelt werden)

Glück

Glück

die eskaladierwand

Biographie

»Ja, renn nur nach dem Glück«

Erinnerung

Fortuna

Was alles braucht’s zum Paradies

Das Geheimnis

Ziemlich viel Glück

Das Ich der Mittelpunkt der Welt

Mein Denken

Religionsphilosophie

Ich habe eine gute Tat getan

Schöner

Ehemals und jetzt

Das Glück ist eine leichte Dirne

Meine Rosen

Lob der Vergnügung

Ballade von der Unzulänglichkeit menschlichen Planens

Das Ideal

Glück

Rede vom Glück

Trost

Erdgeist

Es kribbelt und wibbelt weiter

Der Jüngling

Mit einem japanischen Gott

Man hat es oder hat es nicht

Der Forscher

Beispiel Bella zum Zweiten

Nicht Glückes bar sind deine Lenze

Wegwarte

Trost und Rat

»Faul zu sein, sei meine Pflicht«

Vergnügungen

Oktoberlied

Das Essen

Mein Trinklied

Der Sucher

Der schöne 27. September

Die Geschäftigen

Sommerfrische

Klinik-Lied

Parc Monceau

Die Faulheit

koalas

Das alte, gute Recht

Der Arbeitsmann

Selbstbesinnung

Der Vortrag

Das Sonett

Lied der Toscana-Deutschen

Glück

»Weil es nichts Schöneres gibt«

Freudvoll und leidvoll

Das Schönste

Kulinarisches Liebeslied

Ich und die Rose warten

Offener Antrag auf der Straße

Aus der erotischen Blumenlese aus Dichtern verschiedener Zeiten und Völker

Die Liebe

Glück

Liebesfrühling

Senna Hoy

Suleika

Glückes Genug

Das Maß der Dinge

Willkommen und Abschied

Sturmnacht

Heimlich zur Nacht

Ferngruß von Bett zu Bett

Sie saßen und tranken am Teetisch …

Neue Liebe

’Athánatoi

Liebes-Lied

Hochsommernacht

Einen Sommer lang

Hymne an die Liebe

in liebesdingen

Der Bräutigam

[Pablo]

Glosse

[Mir ist zu licht zum Schlafen]

Mein Liebeslied

Chagallisch

Spätes Ehestandsglück

Selbander

Mein Geschlecht zittert

Das fremde Lächeln

Ich sah mein Glück vorübergehn

»Mit Dir vereint, gewann ich frischen Mut«

An den Andern

An zwei Freunde

Gemeinsam I

Wert der Freundschaft

Die Bürgschaft

Freunde

Augenblickliches Glück

Meinlingchen

Im Süden

Welches von beiden

Delphine

Im Balladenton

Daheim

»Nun blühn die Bäume seidenfein«

Frühling

Maifest

Herbstbild

Die Bäume

Die Blumenbetrachtung

Wie nach dem Regen

Der Spaziergang

Das Tal

Mählich durchbrechende Sonne

Im Grase

Mein Fluß

Die Nacht

Sonett

Ich staune

Der Lindenbaum

Verklärter Herbst

Im Grase

blaues geflügel

Herbst

Der Frühling

Märztag

März. Brief nach Meran

Mondnacht

Vorfreude auf den Morgengang

Sommer

Mich meinem Dorf nähernd

Über mein Portrait

Herbstlicher Baum in der Neuhaußstraße

»Und es kommt ein andrer Tag«

Ich weiß, das Glück, das meiner harrt

Trost

Der Schwan

episode

Das Geburtshaus

Persisches Heliotrop

Verstreutes Kalenderblatt

Schöne Fremde

An die Parzen

Ein Traum

Nun weiß ich …

Am Thurme

Das Lied vom armen Kind oder Wer zuletzt lacht, lacht am besten

Noch ein Nachtigallenlied

Mein Eigentum

Wir sind aus solchem Zeug wie das zu Träumen

Ich träume so leise von dir ---

Das Rosen-Innere

Vertrauen

Resurrectio

[Mich führte in die Wolke mein Geschick]

Die Wolken

Südliche Mondnacht

Windgeschenke

»Leben sei Freude und Kummer«

Der Insistierende

es lacht in dem steigenden jahr dir

Lied

Der Postillon

An einem Wintermorgen.

Es mag sein

Einsamer nie –

Das Wunderlied

Liebespaar am Fenster

Du bist die Stimme

Tröstung

Rückblick

Die Spitze

Nachmittag am Guadalquivir

Erste Schatten

Gravitation

Verliebter Dichter

saint-just

Man hat es oder hat es nicht

Der Augenblick

Quellenverzeichnis

»Glück, o auf der Welt zu sein«

Vom schönen Leben

Rainer Maria Rilke

Du mußt das Leben nicht verstehen

Du mußt das Leben nicht verstehen,

dann wird es werden wie ein Fest.

Und laß dir jeden Tag geschehen

so wie ein Kind im Weitergehen

von jedem Wehen

sich viele Blüten schenken läßt.

Sie aufzusammeln und zu sparen,

das kommt dem Kind nicht in den Sinn.

Es löst sie leise aus den Haaren,

drin sie so gern gefangen waren,

und hält den lieben jungen Jahren

nach neuen seine Hände hin.

Joachim Ringelnatz

Morgenwonne

Ich bin so knallvergnügt erwacht.

Ich klatsche meine Hüften.

Das Wasser lockt. Die Seife lacht.

Es dürstet mich nach Lüften.

Ein schmuckes Laken macht einen Knicks

Und gratuliert mir zum Baden.

Zwei schwarze Schuhe in blankem Wichs

Betiteln mich »Euer Gnaden«.

Aus meiner tiefsten Seele zieht

Mit Nasenflügelbeben

Ein ungeheurer Appetit

Nach Frühstück und nach Leben.

Franz Werfel

Der schöne strahlende Mensch

Die Freunde, die mit mir sich unterhalten,

Sonst oft mißmutig, leuchten vor Vergnügen,

Lustwandeln sie in meinen schönen Zügen

Wohl Arm in Arm, veredelte Gestalten.

Ach, mein Gesicht kann niemals Würde halten,

Und Ernst und Gleichmut will ihm nicht genügen,

Weil tausend Lächeln in erneuten Flügen

Sich ewig seinem Himmelsbild entfalten.

Ich bin ein Korso auf besonnten Plätzen,

Ein Sommerfest mit Frauen und Bazaren,

Mein Auge bricht von allzuviel Erhelltsein.

Ich will mich auf den Rasen niedersetzen,

Und mit der Erde in den Abend fahren.

O Erde, Abend, Glück, o auf der Welt zu sein!!

Johann Gottfried Herder

[Ein Traum, ein Traum ist unser Leben]

Ein Traum, ein Traum ist unser Leben

Auf Erden hier.

Wie Schatten auf den Wogen schweben

Und schwinden wir.

Und messen unsere trägen Schritte

Nach Raum und Zeit;

Und sind (und wissens nicht) in Mitte

Der Ewigkeit.

August Heinrich Hoffmann von Fallersleben

Wie mein Kind sich freuen kann!

Wie mein Kind sich freuen kann!

Sieht es nur ein Licht,

Sieht es nur ein Blümchen an,

Lächelt sein Gesicht.

Welche Freude wird es sein,

Wenn’s im Frühlingsfeld

Laufen kann im Sonnenschein

Durch die Blumenwelt!

Wie’s die Händchen dann erhebt

Nach dem Schmetterling!

Wie’s nach allem hascht und strebt!

Nichts ist ihm gering.

Und das Hälmchen in dem Ried

Und das Blatt am Strauch,

Alles, alles, was es sieht,

Alles freut es auch.

Und wie wird die Freude sein

In der Sommernacht,

Wenn der Mond mit güldnem Schein

Ihm entgegenlacht!

Freue dich, mein liebes Kind!

Wer sich freuen kann,

Ist, sobald er nur beginnt,

Schon ein beßrer Mann!

Matthias Claudius

Abendlied

Der Mond ist aufgegangen

Die goldnen Sternlein prangen

Am Himmel hell und klar;

Der Wald steht schwarz und schweiget,

Und aus den Wiesen steiget

Der weisse Nebel wunderbar.

Wie ist die Welt so stille,

Und in der Dämmrung Hülle

So traulich und so hold!

Als eine stille Kammer,

Wo ihr des Tages Jammer

Verschlafen und vergessen sollt.

Seht ihr den Mond dort stehen? –

Er ist nur halb zu sehen,

Und ist doch rund und schön!

So sind wohl manche Sachen,

Die wir getrost belachen,

Weil unsre Augen sie nicht sehn.

Wir stolze Menschenkinder

Sind eitel arme Sünder,

Und wissen gar nicht viel;

Wir spinnen Luftgespinste,

Und suchen viele Künste,

Und kommen weiter von dem Ziel.

Gott, laß uns dein Heil schauen,

Auf nichts Vergänglichs trauen,

Nicht Eitelkeit uns freun!

Laß uns einfältig werden,

Und vor dir hier auf Erden

Wie Kinder fromm und frölich sein!

Wollst endlich sonder Grämen

Aus dieser Welt uns nehmen

Durch einen sanften Tod!

Und wenn du uns genommen,

Laß uns in Himmel kommen,

Du unser Herr und unser Gott!

So legt euch denn, Ihr Brüder,

In Gottes Namen nieder;

Kalt ist der Abendhauch.

Verschon’ uns, Gott! mit Strafen,

Und laß uns ruhig schlafen!

Und unsern kranken Nachbar auch!

Friedrich von Hagedorn

Aufmunterung zum Vergnügen

Erlernt von muntern Herzen

Die Kunst beglückt zu scherzen,

Die Kunst vergnügt zu seyn.

Versucht es. Laßt uns singen,

Das Alter zu verjüngen,

Die Jugend zu erfreun.

Macht neue Freundschaftsschlüsse!

Ihr Kinder, gebt euch Küsse!

Ihr Väter, gebt euch Wein!

Wilhelm Busch

Es sitzt ein Vogel auf dem Leim …

Es sitzt ein Vogel auf dem Leim,

Er flattert sehr und kann nicht heim.

Ein schwarzer Kater schleicht herzu,

Die Krallen scharf, die Augen gluh.

Am Baum hinauf und immer höher

Kommt er dem armen Vogel näher.

Der Vogel denkt: Weil das so ist

Und weil mich doch der Kater frißt,

So will ich keine Zeit verlieren,

Will noch ein wenig quinquilieren

Und lustig pfeifen wie zuvor.

Der Vogel, scheint mir, hat Humor.

August Heinrich Hoffmann von Fallersleben

Der Sommer

Der Sommer, der Sommer,

Das ist die schönste Zeit:

Wir ziehen in die Wälder

Und durch die Au’n und Felder

Voll Lust und Fröhlichkeit.

Der Sommer, der Sommer,

Der schenkt uns Freuden viel:

Wir jagen dann und springen

Nach bunten Schmetterlingen

Und spielen manches Spiel.

Der Sommer, der Sommer,

Der schenkt uns manchen Fund:

Erdbeeren wir uns suchen

Im Schatten hoher Buchen

Und laben Herz und Mund.

Der Sommer, der Sommer,

Der heißt uns lustig sein:

Wir winden Blumenkränze

Und halten Reigentänze

Beim Abendsonnenschein.

Joachim Ringelnatz

Freude

Freude soll nimmer schweigen.

Freude soll offen sich zeigen.

Freude soll lachen, glänzen und singen.

Freude soll danken ein Leben lang.

Freude soll dir die Seele durchschauern.

Freude soll weiterschwingen.

Freude soll dauern

Ein Leben lang.

Robert Gernhardt

Was ist Kunst

Hab’n Sie was mit Kunst am Hut?

Gut.

Denn ich möchte Ihnen allen

etwas auf den Wecker fallen.

Kunst ist was?

Das:

Kunst, das meint vor allen Dingen

andren Menschen Freude bringen

und aus vollen Schöpferhänden

Spaß bereiten, Frohsinn spenden,

denn die Kunst ist eins und zwar

heiter. Und sonst gar nichts. Klar?

Ob das klar ist? Sie ist heiter!

Heiter und sonst gar nichts weiter!

Heiter ist sie! Wird es bald?

Heiter! Hab’n Sie das geschnallt?

Ja? Dann folgt das Resümee;

bitte sehr:

Obenstehendes ist zwar

alles Lüge, gar nicht wahr,

und ich meinte es auch bloß

irgendwie als Denkanstoß –

aber wenn es jemand glaubt:

ist erlaubt.

Mag ja sein, daß wer das mag.

Guten Tag.

Hugo von Hofmannsthal

Was ist die Welt?

Was ist die Welt? Ein ewiges Gedicht,

Daraus der Geist der Gottheit strahlt und glüht,

Daraus der Wein der Weisheit schäumt und sprüht,

Daraus der Laut der Liebe zu uns spricht,

Und jedes Menschen wechselndes Gemüth,

Ein Strahl ist’s, der aus dieser Sonne bricht,

Ein Vers, der sich an tausend andre flicht,

Der unbemerkt verhallt, verlischt, verblüht.

Und doch auch eine Welt für sich allein,

Voll süß-geheimer, nie vernommner Töne,

Begabt mit eigner, unentweihter Schöne,

Und keines Andern Nachhall, Widerschein.

Und wenn du gar zu lesen drin verstündest,

Ein Buch, das du im Leben nicht ergründest.

Max Goldt

Die schönste Art, halbtot zu sein(Gekitzelt werden)

Man ruft »Nicht« und »Nein« und »Laß das sein«

und schreit mehr als beim Verkehren

Gestattet ist es Arm und Bein

sich fast brutal zu wehren

Unerträgliches Nebengebiet

Unerträgliches Nebengebiet des Glücks!

»Oh Gott, ich sterb gleich« denkt man heiter

so stark krampft es in Rumpf und Bauch

und ging’s noch eine Stunde weiter

dann stürbe man vermutlich auch

Doch so lang hält man es nicht aus

und der, der kitzelt, sieht das ein

und man genießt als Kindheitsgruß

die schönste Art, halbtot zu sein

Unerträgliches Nebengebiet

Unerträgliches Nebengebiet des Glücks

Ein Sex, den man auch Kindern gönnt

Die Kirche nimmt es hin und schweigt

Doch wenn man alt ist, wie ist’s dann?

Kitzelt einen dann noch einer?

Älterer Mensch berichte!

Berichte aber nicht wie’s war

als Kunst die Welt schockierte

als Sex noch ungefährlich war

und Drogen noch nicht süchtig machten

und Politik wen interessierte

Berichte nur von heute:

Kitzeln dich noch Leute?

Unerträgliches Nebengebiet

Unerträgliches Nebengebiet des Glücks…

Theodor Fontane

Glück

Sonntagsruhe, Dorfesstille,

Kind und Knecht und Magd sind aus,

Unterm Herde nur die Grille

Musizieret durch das Haus.

Tür und Fenster blieben offen,

Denn es schweigen Luft und Wind,

In uns schweigen Wunsch und Hoffen,

Weil wir ganz im Glücke sind.

Felder rings, – ein Gottessegen

Hügel auf- und niederwärts,

Und auf stillen Gnadenwegen

Stieg auch uns er in das Herz.

Uwe Kolbe

Glück

Glück nicht, den Zaunkönig nicht,

den Kleiber am Stamm, das Amselflöten nicht,

den ganzen idyllischen Morgen nicht,

barfuß auf den Rasen treten, das nicht,

die linde Luft, das Wolkige, den Zufall

des Wetters, blassblättrige Rose, nein danke!

Ich lebte als Zufall im Lande des Zufalls

und schwelgte besoffen in Namen,

einer war Liebe und einer war Glück,

und einer war der andere.

Glück aus! Glück nicht, den Liebestrank nicht,

was Dichter zum Verhängnis stilisieren,

Gott aus dem Schnürboden runter,

den kenne ich mein Lebtag.

Tristan, wach auf, Endhaltestelle,

der Ausstieg ist hinten!

Glück nicht, aber Zündung, Drehmoment, Aufprall.

Glück nicht, wie war doch der Name der Gottheit,

die über die Berge hin schritt?

Ihr Schatten streifte mich, ich träumte

den feuchten Traum der Verachtung.

Glück? Glück ist aus, der Schacht aufgelassen,

der Ausschank vernagelt.

Ich bin auf dem Weg zu dir,

ich bringe das Werkzeug mit.

Wulf Kirsten

die eskaladierwand

welch ein glück, sagt man sich

am ende eines langen lebens,

nicht mehr strammstehn müssen,

hände hart an der hosennaht,

nicht mehr marschiern in kolonne

und gleichschritt halten,

mit schrittwechsel getriezt,

nie mehr auf knien rutschen,

durch kuhfladen robben,

bei widersatz verdroschen

wegen feigheit vorm feind,

nie mehr affenartig hochhangeln

die eskaladierwand hinauf,

schon der anblick ein graus,

einmal lebensgefährlich

danebengeschossen wegen astigmatismus,

wie vorgeschoben, nie mehr

diese kapriolen, welch ein glück,

von dem ich zu sagen weiß.

Robert Gernhardt

Biographie

Ich war zum Unglück vorbestimmt

Ich war als Dulder strukturiert

Ich war auf Leiden angelegt

Ich war fürs Scheitern programmiert:

Ich war der geborene Künstler.

Ich bin ein Hans, das meint: im Glück

Ich bin es voller Ungeduld

Ich bin so sehr auf Freuden aus

Ich bin zum Sieger umgepolt:

Ich bin ein geschworener Lebenskünstler.

»Ja, renn nur nach dem Glück«

Von der Kunst, glücklich zu sein

Johann Wolfgang Goethe

Erinnerung

Willst du immer weiter schweifen?

Sieh, das Gute liegt so nah.

Lerne nur das Glück ergreifen,

Denn das Glück ist immer da.

Wilhelm Busch

Fortuna

Fortuna lächelt,

doch sie mag nur ungern

voll beglücken;

schenkt sie uns

einen Sommertag,

so schenkt sie uns

auch Mücken.

Elisabeth Borchers

Was alles braucht’s zum Paradies

Ein Warten ein Garten

eine Mauer darum

ein Tor mit viel Schloß und Riegel

ein Schwert eine Schneide aus Morgenlicht

ein Rauschen aus Blättern und Bächen

ein Flöten ein Harfen ein Zirpen

ein Schnauben (von lieblicher Art)

Arzneien aus Balsam und Düften

viel Immergrün und Nimmerschwarz