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In den Büchern, Artikeln und Internetbeiträgen von Dirk C. Fleck finden sich immer wieder belebende Gedankenspiele, großartige Betrachtungen sowie schlichte und erhebende Seins-Erkenntnisse. Fasziniert von einer Sprache, die all das auf wunderbare Weise transportiert, entstand die Idee, den Reichtum an »gefleckten Diamanten« in diesem Buch zusammenzufassen.Diese lupenreinen Splitter werfen ein helles Licht auf unsere gesellschaftlichen, politischen und ökologischen Zustände. Gnadenlos ehrlich, analytisch, humorvoll und manchmal auch zynisch.Die hier versammelten Texte waren weit verstreut. Wieder zusammengefügt ergeben sie eine einzigartige Komposition – ein literarisches Musikstück für die Sinne. Dirk C. Fleck schafft es, triviales Leben in Schönheit zu verwandeln. Er versteht es, die eigentliche Botschaft, die sich hinter den Worten versteckt, unseren Sinnen »unverletzt« zuzuführen.Titelbild von: Jingoba (Jiri Rotrekl, Pixabay)
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Seitenzahl: 247
Veröffentlichungsjahr: 2024
Außer der Reihe 94
Dirk C. Fleck
GEFLECKTE DIAMANTEN
herausgegeben von Marina Silalahi
Außer der Reihe 94
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.d-nb.de abrufbar.
© dieser Ausgabe: 15. April 2024
p.machinery Michael Haitel
Titelbild: Jingoba (Jiri Rotrekl) (Pixabay)
Layout & Umschlaggestaltung: global:epropaganda
Lektorat & Korrektorat: Michael Haitel
Herstellung: global:epropaganda
Verlag: p.machinery Michael Haitel
Norderweg 31, 25887 Winnert
www.pmachinery.de
ISBN der Softcoverausgabe: 978 3 95765 386 4
ISBN der Hardcoverausgabe: 978 3 95765 387 1
ISBN dieses E-Book: 978 3 95765 729 9
In den Büchern, Artikeln und Internetbeiträgen von Dirk C. Fleck fand ich immer wieder belebende Gedankenspiele, großartige Betrachtungen sowie schlichte und erhebende Seins-Erkenntnisse. Fasziniert von einer Sprache, die all das auf wunderbare Weise transportiert, kam mir die Idee, den Reichtum an »gefleckten Diamanten« in einem Buch zusammenzufassen.
Diese lupenreinen Splitter werfen ein helles Licht auf unsere gesellschaftlichen, politischen und ökologischen Zustände. Gnadenlos ehrlich, analytisch, humorvoll und manchmal auch zynisch. Kein Wunder angesichts der Walze an Dummheit, die alles niedermacht, was zu einer besseren Welt führen könnte. Sie dokumentieren aber ebenso die spirituelle Entwicklung, die Fleck im Laufe der Jahre genommen hat.
Die hier versammelten Texte waren weit ausgestreut. Wieder zusammengefügt ergeben sie eine einzigartige Komposition – ein literarisches Musikstück für die Sinne. Dirk C. Fleck schafft es, triviales Leben in Schönheit zu verwandeln, er versteht es, die eigentliche Botschaft, die sich hinter den Worten versteckt, unseren Sinnen »unverletzt« zuzuführen. Genau das hat mich während der Arbeit an dieser Textsammlung zu folgendem Gedicht inspiriert:
Bitte, Auge der Erde, du Sonne.
Durchforste jeden Winkel nach Wahrhaftigkeit.
Auf der Erde haben Lüge und Gier die Schönheit verdreckt.
Reiter preschen durch die Wüste,
geben Sporen und Peitsche
Ein Vorhang aus Sand verschleiert die Botschaft
aus Liebe und Frieden.
Mögen die gefleckten Diamanten Lichtlöcher in diesen Vorhang reißen.
Shine on You Crazy Diamonds!
Marina Silalahi
im Mai 2024
In unserer Kunst sind die geweihten Reste gottesfürchtiger Kulturen aufgehoben.
Anfangs haben wir sehr auf Worte gebaut, bis uns aus ihrer Ohnmacht eine Art Körper zu entstehen schien. Diesen haben wir ans Licht gebracht.
Wir sind die Spiegel, die ein wechselndes Panorama von Gedanken, Empfindungen, Gesichtern und Örtlichkeiten zeigen. Wir sind in Allem.
Nichts ist vom Anderen so weit entfernt, das es nicht Verbindung mit ihm hätte.
Dies ist der Kernsatz unserer Satzung, die überall zur Einsicht ausliegt – wo ihr steht und geht und weit darüber hinaus.
»Alles, was ich finde, habe ich selbst einst verloren.« –
Peter Handke
Wir reißen das Theater ab! Wir denken nicht mehr, wir wollen Hände und Umarmungen. Wir wollen uns auf den Boden schmeißen und uns lieben, die Häftlinge aus den Anstalten stürmen lassen. Lasst uns atmen, geben wir uns hin. Wir bitten um den Wahnsinn des Wahnsinns wegen.
Das Sprechen ist schon Luxus, Exzess, Überbau. Nimm den einen Pulsschlag mit, verbirg dich darin.
Warum mache ich mich plötzlich zum Anwalt der Banalität, der Dummheit, des unnützen Zeitvertreibs, des kleinen Alltags? Ganz einfach: weil es ihn noch gibt, den kleinen Alltag. Er ist meine Heimat, mein Leben. Zwar ist bereits die Lunte an ihn gelegt und nichts von ihm wird übrig bleiben, aber er atmet noch. Noch sind in ihm alle Missverständnisse geborgen, noch wird in ihm gelogen und betrogen, gehasst und manchmal sogar geliebt. An Tagen wie diesen reicht das aus, um mit ihm Frieden zu schließen. Um die Wunden zu kühlen, die ich mir im Umgang mit ihm zugezogen habe. An Tagen wie diesen liebe ich unser aller Entsetzen in meiner kleinen Straße, in der sich jeden Abend zur Tagesschau der Widerschein aus den Fernsehapparaten in den Zweigen der kranken Kastanien bricht. An einem Tag wie diesem kann ich halt lieben nur, und sonst gar nichts …
Wenn du nicht genügend Energie für die Faulheit aufbringen kannst, die dich das Leben entspannt betrachten lässt, dann setze deine Neugier und Wachheit ruhig weiter dafür ein, der vorbeiziehenden Zeit Gedanken und Bilder zu entreißen, die du dir als Erkenntnistapete ins Wohnzimmer deiner Seele kleben kannst.
Die simple Tatsache, dass wir endlich sind, wird nicht etwa als Chance begriffen, den uns geschenkten Augenblick zu lieben und zu leben, sondern dient dazu, uns ausschließlich mit »Erdarbeiten« zu beschäftigen. Wir errichten einen Wall aus Illusionen um die Wahrheit der eigenen Endlichkeit, hinter dem wir dann in Angst verharren. Als amorphe ängstliche Verfügungsmasse, die keinen Sinn mehr für die Schweinereien entwickelt, die ihr unverblümt zugefügt werden. Die eine Lüge nach der anderen wie Glückspillen schluckt, die nie erprobt wurden.
Der beste Weg zur Heilung der Gesellschaft ist, wenn wir auf die Schönheit unseres eigenen Ichs zugehen. Schließlich haben wir nur uns, aber das ist ja mehr als genug.
Es ist gut, dass nicht jedem unserer Wünsche entsprochen wird. Sie stellen uns nur ins Abseits, so lange sie nicht eine tief empfundene Sehnsucht zum Ausdruck bringen.
Eure Feuer sind ohne Glut. Verstehste?
KOEXISTENZ. – Wer errät die Albträume der Kinder, die sich an Erwachsenen entzünden? Da wir nur selten zu ihnen sprechen, wenn wir ihnen etwas sagen, schlüpfen sie aus der Rolle des Zuhörers und beginnen uns zu umkreisen. Sie sehen uns reden, sie registrieren unsere überzogene Mimik, sie glauben uns nicht, sie erraten unsere Absichten, noch ehe wir sie verbergen können. Wie schmutzig seine Schuhe sind und wie gelb seine Finger! Warum glänzt seine Stirn so speckig? Das blöde Haar am Ohrläppchen, wie sieht denn das aus? Er lügt (Lüge, Lüge, Lüge …!), er hat gestern Nacht gefickt (bäh …), er ist genau wie alle anderen, er hat keine Ahnung (er merkt nicht einmal, dass ich Idiot denke … Idi, Idi, Idi …!). Die Stimme des Vaters wabert durch den Raum, sie ist etwas, das sich das Kind von den Ohren reißen möchte. Wie er die Lippen bewegt! Alles, was er sagt ist wawa … Wawa-Brei …
»HÖRST DU MIR ÜBERHAUPT ZU?!«
Erwachsene sind Höllenhunde.
DANKE! Kein anderes Wort hat eine solche Bürde auferlegt bekommen. Es ist klein, bescheiden, alles andere als pompös und muss doch als Instrument herhalten, wenn wir den überwältigenden Aufruhr unseres Herzens, das auf unerwartete Weise berührt wurde, denjenigen beschreiben wollen, die dafür verantwortlich waren.
Ich streichel die Palme, die ich vor acht Jahren als »Wohnungswächter« geschenkt bekam. Damals war die Yucca fünfzig Zentimeter hoch, inzwischen greift sie nach der Decke meiner Altbauwohnung. Ihr stetiges Wachstum war mir zu keiner Zeit bewusst. Die Palme war immer nur so groß, wie ich sie gerade vorfand. Angenommen, wir hätten sie über acht Jahre mit statischer Kamera gefilmt, dann stünden jetzt 70.000 Stunden Film zur Verfügung. Aufschluss über ihr Wachstum gäbe das Material nicht. Eine Menge anderer Dinge würden wir in der Wiederholung sehen, mich zum Beispiel. Ich würde ständig durchs Bild laufen, ich wohne ja hier. Wir würden mich essen, arbeiten, trinken und lieben sehen, eins zu eins, aber das Wachstum der Palme bekämen wir nicht zu Gesicht. Dazu müssten wir die acht Jahre durch den Zeitraffer jagen. Erst wenn wir sie zu einer Stunde verdichteten, könnten wir den Wohnungswächter sich entwickeln sehen. Das wäre dann immer noch ein bedächtiges »aufbäumen«. Zentimeter für Zentimeter würde die Pflanze ihre Kraft entfalten, während die reale Zeit zu einem nervösen Lichtgeflacker verkäme. Von mir, der ich mit der Palme gelebt habe, fehlte gar jede Spur. Meine Bewegungen wären nicht registriert. Sie wären allenfalls als dubioser Nebel erkennbar. Ich wäre ausgelöscht. Obwohl wir beide, die Pflanze und ich, zwei körperliche Wesen waren, obwohl wir beide zur selben Zeit am selben Ort existierten, wäre ich im Zeitraffer unsichtbar. Für die Palme war ich eine Ahnung, ein Hauch, mehr nicht. Es gibt auch Menschen, die wir aufgrund ihrer andersgearteten Geschwindigkeit nicht zu erkennen vermögen, während sie ihrerseits ganz praktisch mit uns umgehen. Wir nennen sie Geister.
Ein erstes Zeichen beginnender Erkenntnis ist der Wunsch zu sterben. Dieses Leben scheint unerträglich, ein anderes unerreichbar. Man schämt sich nicht mehr, sterben zu wollen; man bittet, aus der alten Zelle, die man hasst, in eine neue gebracht zu werden. »Ein Rest von Glauben wirkt dabei mit, während des Transportes werde zufällig der Herr durch den Gang kommen, den Gefangenen ansehen und sagen: Diesen sollt ihr nicht wieder einsperren. Er kommt zu mir.« – Franz Kafka (1883–1924)
Der tief vergrabene kleinbürgerliche Hass auf alles Reine und Schöne.
Unserer pornografischen Epoche liegt eine Entwicklung zugrunde, die sich in der Menschheitsgeschichte von Anfang an aufgebaut hat und die wie ein reißender Strom über alle humanistischen Ideale hinweggefegt ist. An seinen Ufern liegen die Leichen unzähliger Mahnwesen, die der Schlammlawine unserer Zivilisation zum Opfer gefallen sind.
Ich hatte einen Traum. Er war komplett menschenfrei, was ich merkwürdig fand, denn für gewöhnlich begegnen einem Legionen menschlicher Gestalten, wenn man träumt. Man findet sich beispielsweise in einer Stadt wieder, in Fußgängerzonen, an Kreuzungen, in Restaurants. Die Menschen haben klar erkennbare Gesichter, wie im richtigen Leben. Sie benehmen sich wie im richtigen Leben, jeder auf seine Art. Wo kommen sie her? Es sind doch keine Erinnerungen, die uns dort präsentiert werden. Wir sind diesen Wesen noch nie zuvor begegnet. Oder doch? Nein, sind wir nicht. Nicht in diesem Leben. Also: Wo kommen sie her, die Traumfiguren in ihren Autos, im Kaufhaus, am Würstchenstand, die Paare und Passanten, die Gehetzten und Lachenden, die Bettler und die feinen Leute mit den Sektgläsern in der Hand, die einem sogar manchmal zuprosten? Keine Ahnung, aber jedes ihrer Gesichter ist bis ins Detail ausgeprägt. Die Traumwelt präsentiert sich so vielschichtig und real, wie wir es auch im Wachzustand erleben. Aber die Frage bleibt: Wo kommen all die Menschen her, die als Statisten durch unsere Träume geistern? Handelt es sich um Wesen, die vor uns hier zu Gast waren und nun anstehen, um wiedergeboren zu werden, damit sie ihre Lektion zu Ende lernen? Eine Lektion, die unterbrochen wurde durch Kriege und Krankheiten, durch Mord und Selbstmord oder weil einfach nur die Herzen im Überlebenskampf stumpf und empathielos geworden waren. Herzen, die den eigentlichen Sinn des Lebens nicht mehr begreifen und greifen konnten. Und dieser Sinn besteht darin, eins zu werden mit der Schöpfung und zu verstehen, was Liebe meint. LIEBE – der Feinstoff, der die Welt im Innersten zusammenhält. Nur wer das verstanden hat, wird davon befreit, sich erneut in diesen gigantischen Wartesaal zu begeben, aus dem sich meine Traumfiguren rekrutieren.
Ich glaube, dass wir alle »entrümpelt« werden mit der Zeit, bis wir uns nicht mehr als die Person wahrnehmen, für die wir uns so lange gehalten haben.
Er war einen Kopf kleiner als ich, und dennoch gelang es ihm, auf mich herabzublicken.
Was nützt es, zu fliehen, wenn das Unglück in einem steckt?
Schau auf die Blätter, schau auf die Gräser. Sie bewegen sich im Wind, sie tanzen nach seiner Pfeife. Und jetzt schau dir den Wind an. Kannst du ihn sehen? Du musst dich von den Pflanzen leiten lassen, sie tun nur, was der Wind ihnen einhaucht. Man kann ihn sehen. Er ist es doch, der die Bewegungen formt. Man kann ihn sogar streicheln. Wenn er mit unserem Haar spielt, uns ins Gesicht peitscht oder zärtlich über die Arme fährt, dann können wir ihn sehen, am besten bei geschlossenen Augen.
Wir schlagen Pflöcke in den Fluss des Lebens, um Orientierung zu haben und urteilen zu können. Jemand hat seine Großmutter umgebracht, also ist er ein Mörder. Die Vorgeschichte dieses Ereignisses spricht frei, in jedem Fall spricht sie frei. Sie wird aber nicht erzählt und will auch nicht gewusst werden. Weil die Verstrickungen weit zurückreichen in die Zeit und eventuell auch uns tangieren?
Wie kann man sich inmitten dieses Weltfestes des Todes, das heute besonders lärmend begangen wird, behaupten, ohne dauerhaften Schaden zu nehmen?
Verkehrt an dieser Welt sind nicht die realen Einblicke eines Hieronymus Bosch, es sind wir, die das Leben ins fratzenhafte verwandeln. Solange wir unsere wahre Natur verleugnen, solange wir nicht mehr die Sprache des Herzens sprechen und uns stattdessen in mörderischer Konkurrenz gegenseitig die Zeit stehlen, um schließlich als willfährige Erfüllungsgehilfen einer gut organisierten, über die nötigen Narkotika verfügenden Eliten zu enden, werden wir miteinander nie frei sein. Wird sich an dem Höllenritt, der uns vom wahren Leben entfernt, nichts ändern.
Keine Vorstellung mehr von sich zu haben, nicht mehr verhaftet zu sein durch Verstand und Intellekt, zu leben, was man im Kern ist, nämlich ein mit allem verbundenes Wesen, welches sich zu Hause FÜHLT – das ist die wahre Befreiung. All die Zeit hinter uns, als wir Schatten eines Schattens waren, versunken im Schlamm von Ehrgeiz, Meinung, Eitelkeit, Angst und Vorurteil, gleitet dahin, wie eine verlorene Badeente auf dem Meer.
Man möchte sich ins Moos schmeißen und ein paar Jahrhunderte schweigen …
Um auf den Grund aller Dinge zu kommen, müssen wir ihre Finsternis akzeptieren.
Ja, es ist mir schwer ums Gemüt. Ein Senkblei in der Schwerelosigkeit, das sich auf den Grund aller Dinge setzen möchte und sich doch nur in endloser Finsternis verliert. Ich kann mich nicht einmal mehr an der Zeit festhalten …
Ich blättere in alten Adressbüchern und fühle einen zarten Fliederschmerz beim Andenken an diese Menschen, um die ich mich nie gekümmert habe.
Kennen Sie das, wenn Sie im Traum denken, shit, das habe ich doch alles schon einmal geträumt!? Ich besteige eine mir bekannte Wendeltreppe, sogar die eingeritzten Namen und Herzen in der Kalkwand sind mir vertraut, auch das Knarren der Holzstiegen. Irgendetwas treibt mich immer wieder auf den geheimnisvollen Dachboden, von dem kolportiert wird, dass sich dort nur unnützes Gerümpel befindet. Außerdem bestünde Einsturzgefahr, weshalb von einem Besuch dringend abzuraten sei. Dieser Dachboden, verrät mir eine innere Stimme, ist ein Fundus für die gesamte Menschheit, vollgepackt mit Artefakten aller Art, mit zeitlosen Möbeln, Gemälden, Musikinstrumenten, Truhen, Partituren, Totems, einer Sammlung kostbarer Bücher in verschiedenen Sprachen, Skulpturen, Schreibwerkzeugen etc., etc. Allerdings mag sich dort schon lange niemand mehr bedienen, weshalb man die Kostbarkeiten unter einem weißen Laken bedeckt hält, um sie vor totaler Verstaubung zu schützen. Meine Neugier führt nun dazu, dass ich an der einen oder anderen Stelle vorsichtig am Linnen zupfe. Dabei habe ich das untrügliche Gefühl, als würde wieder Leben in den Raum gespült, der durch Desinteresse in Vergessenheit geraten war. Mit jedem Zentimeter, den ich das schützende Leinentuch in meine Hände nehme, wird es heller und klarer um mich herum, wobei die ans Licht tretenden Gegenstände energetisch im Verbund zu wirken scheinen. Bald weiß ich nicht mehr, was ein Klavier ist, eine Vase, ein Ring, eine Münze oder ein Renoir, weil all dies vor meinen Augen in einen Strudel gerät und abgesaugt wird, um schließlich in einem Schmelztiegel zu verschwinden, in dem die Zeugnisse sämtlicher Kulturen – der vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen – EINS werden: atemberaubend und jeden Gedanken im Keim erstickend.
Der Mensch besitzt nichts, weder seinen Körper, der ihm jederzeit genommen werden kann, noch irgendeine Wahrheit, die ihm beim nächsten genauen Hinsehen ohnehin wieder abhandenkommt. Alles, was auf uns Eindruck macht, gehört uns nicht, es sind flüchtige Leihgaben. Wir sind Gespenster, die sich über ihre Einbildungen definieren …
Die Wissenschaft begreift das Leben als Versuchskaninchen, dem man seine Geheimnisse auf dem Seziertisch entreißt. Das ist dumm und anmaßend. Sie können noch so tief in den Mikro- oder Makrokosmos steigen, sie können die Dinge in Zahlen fassen oder ihnen Namen geben, dem göttlichen Mysterium kommen sie damit nicht auf die Spur. Es sind nur Zahlen und Namen, es sind nur Etiketten. Etiketten sind keine Weisheiten, Etiketten haben keine Seele. Und sie berauben uns der Ehrfurcht. Ein ehrfürchtiger Mensch weiß, dass sich das Mysterium Leben niemals zu Wissen reduzieren lässt. Bewusstsein ist keine Frage des Lernens, es ist eine Frage des Verlernens geworden.
Ich blicke mich in der Geschichte um und sehe Milliarden von Toten. Von Urbeginn an starben Menschen, Tiere und Pflanzen dahin wie Schaumkronen auf dem Meer. Jede Person, auf die ich mich berufen kann, ist tot. Ich lebe aus dem Nachlass Verstorbener und erlebe mich inmitten von Todeskandidaten. Was mache ich also für ein Aufheben um mich?
Was unterscheidet den Gebildeten vom Genie? Seine mangelnde Identität, sein fehlender Mut zu leben und zu sterben. Während der Gebildete in feiner Distanz zum Leben bleibt, gibt sich das Genie dem Leben hin. Es kann seine Kunst, diese Arbeit am Rande des Unaussprechlichen, wie Musil sagt, nicht abtrennen. Für Genies sind die Märkte verschlossen, auf denen sich die Gebildeten tummeln, ein Genie lebt volles Risiko, ohne jegliche Spekulation auf einen zu erzielenden Vorteil. Das ist hart, denn kein Gebildeter wird aus seinen gesicherten Verhältnissen heraus gerade jenen unterstützen, der diese Verhältnisse radikal infrage stellt. Man ist ja froh, wenn man die Quälgeister des eigenen Gewissens loswird.›Das Leben ist hart, mein Herr‹, heißt es, ›und Sie sind den Anforderungen offenbar nicht gewachsen.‹
Ich hole meinen Atem wie ein Fischernetz ein, mit langsamen, gleichmäßigen Zügen.
Das Thema Mensch ist durch. Ich habe mich seiner entledigt. Die daraus resultierende Leere ist zu meiner Geliebten geworden, wir beide tun uns nichts. Alles außerhalb dieser Leere ist gefährlich.
Im Fieberwahn tobte ich in den verlorenen Tagen herum wie eine Made im Zeitkadaver. Jeder Blick in den Spiegel bedeutete eine Vergiftung der Seele. Mein Leben kam mir vor wie eine letzte Sünde, die ich mir gestattete.
Was bildet der Mensch sich auf sein eintöniges Gemurmel eigentlich ein? Mit welchem Recht behaupten wir, dass unser vergleichsweise monotones Geschwätz ausdrucksfähiger und intelligenter sei als die Sprache der Tiere, ja sogar der Pflanzen, die ganz ohne produzierten Lärm auskommen.
Manchmal ist alles Wissenswerte bereits in den ersten Minuten da, wie zur Ansicht ausgelegt.
Man bekommt Wesen zu Gesicht, die zur Hälfte wund sind, denen die Fetzen ihrer Schutzschicht wie die Reste eines geplatzten Luftballons von der Schulter hängen.
Ich glaube, dass das Leben so strukturiert ist, dass es zu allen Zeiten und in jedem Moment in seiner ureigenen Balance ruht. Der Lebensfluss, also die Umverteilung von Materie und Energie, trägt permanent zu diesem Gleichgewicht bei, auch wenn dies außerhalb unseres Vorstellungsvermögens liegt. Für uns Menschen scheint die Welt bei jeder Gelegenheit aus den Fugen zu geraten: durch Seuchen, Kriege, Naturkatastrophen, durch hausgemachte Gefahren wie den atomaren Kollaps, die Klimaerwärmung, die Gentechnologie etc. Bei aller Betroffenheit bleibt festzuhalten: mehr als sterben können wir nicht. Und wir werden sterben. Wir werden umverteilt, wie alles andere auch. Wie zum Beispiel die Ameisen, die unter unseren Schritten explodieren, während wir genussvoll die frische Waldluft inhalieren und uns ausnahmsweise im Einklang mit der Natur wähnen. Es kommt also auf den Standpunkt an, wann eine Welt aus den Fugen gerät und wann nicht.
Vielleicht sollten wir häufiger in den Himmel schauen, um eine Vorstellung von unserer Bedeutung zu bekommen. Es reicht, sich die Sonne als Sandkorn am Strand vorzustellen. Ein absolut zulässiger Vergleich und erst der Anfang einer simplen Reise in den Raum, die wir an diesem Punkt aber bereits der Mathematik überlassen müssen, da unsere Fantasie sie schon hier nicht mehr zu fassen vermag. So begrenzt unsere Vorstellungskraft vom Großen ist, so beschränkt ist sie auch dem Kleinen gegenüber. Der Mikrokosmos ist so unendlich wie der Makrokosmos. Jedes Lebewesen hat daher das Gefühl, im Mittelpunkt der Welt zu stehen, also auch der Mensch. Balance.
Es besteht kein Zweifel daran, dass wir trotz aller geistigen Beschränktheit, trotz aller Ängste und Unsicherheiten immer zu Hause sind, wo denn auch sonst. Wir müssen nur ein Gefühl dafür entwickeln.
Ist noch Kampf oder herrscht schon Ewigkeit?
Ich traue ihnen nicht, den geistigen Kleingärtnern, die uns über den Gartenzaun hinweg ansprechen, die charmant plaudernd, lustvoll verführend und virtuos argumentierend ihr gescheitertes Leben als Offenbarung verhökern. Sie wollen einem den Tand ihres Wissens andrehen, wo man doch unbeschwert weitergehen möchte. Am liebsten hetzten sie die Hunde auf einen, wenn es nur nicht dem guten Ruf schaden würde.
»Die einzige Möglichkeit, die Unvernunft zu überwinden, ist, alt zu werden«,hat Orson Welles gesagt. Ich bin alt geworden. Wenn ich mich, was allerdings immer seltener geschieht, auf eine Diskussion einlasse, oder auch nur auf ein Gespräch unter Bekannten, rede ich unvernünftig und wirr, wie meine Gesprächspartner nicht müde werden zu betonen. Dass erschreckt mich, denn immer wenn dieser Vorwurf erhoben wird, bin ich der Meinung, besonders überzeugend gewesen zu sein. Wirr. Oder auch verworren, chaotisch, konfus, unübersichtlich, verwickelt, durcheinander. Das Substantiv von wirr ist übrigens Wirrnis, es ist feminin, was mich ein wenig beruhigt. Es wird mit Verworrenheit im Denken in Bezug gebracht, die wiederum nur dem Wirrkopf zu eigen ist, der seiner Wirrsal erliegt, also dem Wahnsinn schlechthin, welcher für alle Tragödien und Mythen der Weltliteratur unabdingbar war. Im Gegensatz zu meinen Mitmenschen muss ich aus diesem Napf einige Löffelchen zu viel genommen haben, anders ist das Unverständnis nicht zu erklären, auf das die meisten meiner Worte inzwischen treffen.
Man selbst bleibt unangetastet und wird doch Zeuge all der Tränen, Ängste, Missverständnisse und Vergewaltigungen, Zeuge für das gesammelte Aufgebot gegen die Lebensfreude. Es sollte doch zumindest die Kunst von den Menschen erfasst werden, jetzt, da sie von der Magie des Todes befruchtet wird. Aber das Gegenteil ist der Fall. Nichts ist verdächtiger als die Wahrheit, die in der Kunst zu Hause ist – und so hält man sich in heuchlerischer Distanz zu ihr.
When the dreamer dies, what happens to the dream?
Ich fühle mich ausgehöhlt, nichts gereicht mir zur Stärkung. Aber, he!, ich bin nur Gast in dieser Landschaft der gefrorenen Dämmerung, die durch nichts zu bewegen ist. Es ist, als habe das Universum sie ausgeschieden.
Heute Nacht fühlte ich mich wie ein verirrter Schmetterling über den Gletschern eines gläsernen Gebirges.
Menschen, die in ihrem Leben ausschließlich nach Sicherheit streben, werden auf Dauer paranoid. Sie begreifen nicht, dass das Leben ständig in Fluss ist. Das Streben nach Sicherheit ist das falsche Investment …
Ich will mir kein Urteil mehr erlauben, über nichts. Ich halte es lieber mit dem Dichter Peter Handke: »Irgendwann habe ich beschlossen, dass alles fremd ist und alles neu ist und alles unentdeckt. Und das hilft mir auf die Sprünge. Es ist noch nichts erzählt.«
Das Leben ist eine einzige Hängepartie, die letztlich durch Materialermüdung zu unseren Ungunsten entschieden wird. Aber es ist nicht allein der Körper, der sich irgendwann erschöpft, es ist auch das begrenzte Fassungsvermögen unseres Emotionalkörpers, das durch negative Sinneseindrücke permanent überflutet wird und schließlich zu einer mentalen Befindlichkeit führt, die kaum zu ertragen ist – bis der seidene Faden, der uns noch ans Leben bindet, endgültig reißt. Gelegentlich weit vor der Zeit, die unser Körper noch in petto hatte.
Ich bin allein und hab kein Geld. Was will man mehr?
Wir haben Stahlhelme auf unsere Herzen gelegt, um nicht verwundet zu werden. Dabei vergaßen wir, dass unser Herz nicht mehr zur Sprache kommt.
Wasser ist lebendig. Das haben die Menschen leider vergessen.
Mir ist unerklärlich, mit welcher Arroganz sich diese Spezies, die im entkleideten Zustand auf dem ästhetischen Niveau von Nacktmullen anzusiedeln ist, über alle anderen Lebewesen erhebt.
Es macht mir Probleme, dass ich die errungene Klarheit des Geistes in der Regel sofort wieder demoliere. Dies ist meine vierte Zigarette am Stück, obwohl ich doch vierzehn Tage lang souverän auf das Gift verzichten konnte. Ich habe wieder einmal Anker geworfen, die Leichtigkeit ist dahin. In ihr hatte ich das Gefühl, fortlaufend mit Erkenntnissen beschenkt zu werden, während ich sie nun wieder suchen muss. Sie strahlen nicht mehr, auf ihnen liegt der Schatten des Jägers …
Geniale Begriffsblüten entstehen aus einer Mischung aus Unkenntnis und Fantasie.
Lasst uns doch mal eine Kelle Nichtwissen auf die Wahrheitsplastik klatschen.
Kein Mensch auf Erden hat die Kraft, der Traurigkeit eines Engels zu widerstehen.
Die gespenstische Präsenz des Kummers.
Manchmal kommen sie zurück, die Verstorbenen. Sie küssen deine Seele und der Tag erliegt ihrem Einfluss.
Gelegentlich trägt die Dünung unseres Schweigens Worte ans Licht.
Es gilt mit den Menschen im Training zu bleiben, das verlangt die Akrobatik des Alltags.
Jede Droge ist ein Kredit auf den uns zur Verfügung stehenden Energievorrat. Wir zahlen den stimulierten Übermut mit grässlicher Geistesleere, in der uns der kratzige Wind einer ewig gleichen Depression anweht. Wir sind kraftlose Opfer im Wartestand. Die Materie wird zur Last, wir glauben, in ihr ersticken zu müssen. Atmen befreit nicht, es wächst sich zu einer unkontrollierten Anstrengung aus. Die Welt wird zu unserem Gefängnis, und unsere Sinne, die nun nichts weiter zu vermitteln mögen als Zellenangst, sind die Ketten, an die wir gefesselt sind. Gelegentlich haben wir das Gefühl, den Körper abwerfen zu müssen, um freizukommen. Aber wer sollte uns wo trösten …?
Lichtermeer der Seelen, auf den verschiedenen Ebenen der Seligkeit.
Ein Zug unterschiedlichster Tiere marschiert erhobenen Hauptes von rechts nach links über die Bühne. Sie haben alle dieselbe Größe, die Größe einer Dogge etwa. Jedes Mitglied dieser Prozession trägt ein Plakat mit einem Wort mit sich. Alle Wörter hintereinander gelesen ergeben folgende interpunktionsfreie Botschaft: »Ich-sah-eine-Ente-wie-aus-lauter-schimmernden-Edelsteinen-zusammengesetzt-zuerst-leuchtete-ein-strahlendes-Grün-auf-dann-ein-fahles-Violett-dann-sah-ich-Reflexe-wie-sie-im-Korn-des-Rubins-schlummern.« Es folgen sieben Papageien, die dem Publikum zuzwinkern. Ein Schneeleopard führt den zweiten Satz an und der lautet: »Nur-jemand-der-weiß-was-Schönheit-ist-blickt-den-Wind-die-Bäume-die-Sterne-oder-das-funkelnde-Wasser-eines-Flusses-mit-völliger-Hingabe-an-und-wenn-wir-wirklich-sehen-befinden-wir-uns-im-Zustand-der-Liebe.« Eine Hanfpflanze im Frack zieht den Zylinder und verbeugt sich, während ich mich klatschen höre. Ich bin der Einzige im rotbestuhlten Zuschauerraum. Die Ewigkeit gibt ein Gastspiel im Theater der Vergänglichkeit und ich darf dabei sein. Parkett, erste Reihe, Mitte.
Wir sind im Geiste sanft. Wir werden energisch, wenn es anders nicht geht.
Der Besuch in der Gedenkstätte Esterwegen, dem KZ, in dem Carl von Ossietzky inhaftiert war, wirkt nach. Gestern träumte ich, dass die Häftlinge nicht ins Moor, sondern an den Nordseestrand getrieben wurden, wo sie die anrollenden Wellen mit ihren Schaufeln ins Meer zurückwerfen mussten. Dieser Traum versinnbildlich die Perversion der Macht noch mehr, als es die Bilder aus Warschau vermögen, wo Juden gezwungen wurden, den Gehweg mit der Zahnbürste zu säubern.
Niemand wird den Charakter des Windes aufgrund einer einzigen Berührung erkennen. Ebenso wenig lässt sich aus dem Sturz des Wassertropfens die Kraft und Dynamik eines Wasserfalls ablesen. Alles, wir eingeschlossen, sind flüchtige Ausdrücke eines fließenden großen Ganzen. Also keine Festlegungen auf beeindruckende Details. Die Aufgabe des Künstlers, so Franz Kafka, besteht darin, das isoliert Sterbliche in den Zusammenhang des unendlichen Lebens hinüber zu führen. Wer die Geduld dafür aufbringt, zahlt mit einer gehörigen Portion Einsamkeit. Vielleicht gehören solche Menschen deshalb zu den ersten Anwärtern auf die Gnade.
Melancholie ist das tiefe Verständnis für die Ästhetik der Traurigkeit.
Ich fühle mich wie ein verirrter Schmetterling über den Gletschern eines gläsernen Gebirges.
»Man kann die Erfahrung nicht früh genug machen, wie entbehrlich man in der Welt ist«, hat Goethe gesagt. Es ist gut, sich rechtzeitig bewusst zu machen, welch unbedeutende Rolle wir im Theater des Lebens spielen und wie faszinierend es ist, dass sich nach jeder Vorstellung der Vorhang des Vergessens schließt, damit sich die neue Inszenierung nicht im Gestrüpp alter Weltanschauungen verheddert.
Mit den Jahren stellt sich bei der Betrachtung der Welt eine gewisse Müdigkeit ein.
Irrtümer sind Weichensteller. Wir brauchen sie, solange wir vom jugendlichen Wahnsinn getrieben durchs Leben toben.
Vor dem Hintergrund der Zeit, die unendlich ist, und eines Raums, der unendlich ist, ist die Größe, die der Mensch sich anmaßt, lächerlich. Wir sind einem Ozean entsprungen, der Tropfen in die Sonne wirft. Und einer dieser Tropfen sind wir. Wir wissen jedoch, dass wir zurückfallen werden in dieses unendliche Meer, wo wir der Identität wieder verlustig gehen. Dass kann Angst machen. Aus dieser Angst heraus entstehen die Machtstrukturen in unserer Gesellschaft.
Es gibt Enttäuschungen, die im Nachhinein als heilsam empfunden werden. Wer dieses Prinzip erkennt, ist auch nicht mehr beleidigt dem Leben gegenüber, wenn es ihm vermeintlich nicht wohl gesonnen ist.
Ich möchte mir die Tage ausziehen wie ein schmutziges Hemd, ich möchte der Mann sein, der seinen Kopf durch das Himmelszelt steckt und verzückt in unbekannte Welten blickt.
Meine Gedanken sind kraftlos geworden, sie bewegen nichts mehr. Die Welt bleibt keck vor ihnen stehen, ein wenig blöd, ein wenig banal, ein wenig dreckig. Die Goldadern der Sehnsucht sind versiegt und so glotzen wir uns an, die Plastikgans vom Balkon gegenüber und ich. Immerhin: Meine Unzufriedenheit ist gestillt, aber ich bin nicht einmal mehr zur Trägheit fähig.
Das ruhige, stetige Wirken der Natur hat bisher noch jeden hysterischen Versuch, sich an den Gesetzen der Schöpfung vorbei zu mogeln, eingeholt und befriedet.
Ob Düfte, Gefühle oder Bilder – alles ist permanent in Fluss. Die Konstante, das, was uns in diesem Strudel wirklich erdet, liegt auf dem Grund. Es ist die Essenz des Lebens, sein eigentlicher Geschmack.
Mir kann nichts mehr passieren, ich sterbe bald.
»Es ist wirklich unglaublich, wie nichtssagend und bedeutungsleer, von außen gesehen, und wie dumpf und besinnungslos, von innen empfunden, das Leben der allermeisten Menschen dahinfließt«, notierte Arthur Schopenhauer (1788–1860). »Es ist ein mattes Sehnen und Quälen, ein träumerisches Taumeln durch die vier Lebensalter hindurch zum Tode, unter Begleitung einer Reihe trivialer Gedanken.«Mit einer solchen »Verfügungsmasse« lässt sich natürlich trefflich Politik betreiben.
Wenn das Ego einen schönen Moment erfährt, verlangt es sofort nach einer Fortsetzung.
Er fühlte sich wie ein Stein im Wasser, der zu Boden sinkt, um dort seinen elementaren Beitrag im Sediment zu leisten.
Am Boden zu sein heißt auch, Wurzeln schlagen zu können.
Die Tat ist nicht das Leben, sondern ein Instrument zum Absaugen von Energien.
Zeiten der Körperlichkeit ohne Liebe wechseln mit Zeiten der Liebe ohne Körperlichkeit.
Kein Glück will etwas mit Befriedigung zu tun haben.
Ein fahrlässig provozierter Tod ist wie eine plötzliche Inflation, in der alles Ersparte auf einen Schlag dahin ist.
Das Opfer-Täter-Verhältnis wird nach unserem Ableben in eine große Gerechtigkeitsschale geworfen.
Ich taumele jeden Tag zwischen Leben und Tod.
Ich frage mich, was mein Leben ist. Manchmal scheint es ausgegangen, selten vergangen oder gegenwärtig, eher wie etwas, das ich erst noch machen muss.