Geheimnisse der Matrix - Luc Bürgin - E-Book

Geheimnisse der Matrix E-Book

Luc Bürgin

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Beschreibung

Wie wirklich ist die Wirklichkeit?

Ist unsere Realität lediglich eine Illusion? Werden wir täglich hinters Licht geführt? Leben wir alle in einer virtuellen Scheinwelt? Beobachten wir? Oder werden wir beobachtet? Ist Gott ein begnadeter Mathematiker? Oder ein kosmischer Supercomputer? Ist in Wahrheit alles ganz anders?

Ob rätselhafte Phänomene, unglaubliche Geschichten oder kuriose Entdeckungen: In seinem neuesten Mystery-Report fühlt der bekannte Schweizer Journalist und Bestsellerautor Luc Bürgin unserer Wirklichkeit einmal mehr auf den Zahn - ohne Tabus. Sein Fazit nach jahrelangen Recherchen: »Nichts ist so, wie es scheint!« Über 200 Fotos verdeutlichen das Unerklärliche in seinen bizarrsten Facetten.

Eine Fundgrube verblüffender Beweise für das Unmögliche!

Wussten Sie, dass immer mehr Sterne an unserem Himmel spurlos verschwinden - und mit ihnen weitaus mehr Menschen auf unserem Erdball als vermutet? Weshalb blickt uns auf einem historischen Gemälde der Matrix-Schauspieler Keanu Reeves entgegen? Und wieso staunten Asterix und Obelix bereits 2017 (!) über einen maskierten Fiesling namens »Coronavirus«?

Ist es möglich, warmherzige Zeitgenossen unter Hypnose zu kaltblütigen Mordtaten anzustiften? Sind uns Tiere nur deshalb unterlegen, weil wir uns überschätzen? Vermag unsere Psyche, Erscheinungen zu materialisieren? Wusste Walt Disney mehr über UFOs und die Zukunft als wir? Und weshalb wähnt sich Elon Musk seit Jahren in einer kosmischen Computersimulation?

Bleibt es nicht merkwürdig, dass unsere Lebenszeit bereits in der Bibel wörtlich auf 120 Jahre begrenzt wurde - ein Maximalalter, das auch heutige Mediziner bestätigen? Weshalb schwitzen manche Menschen minutenlang im Eisbad, während andere darin sekundenschnell erfrieren? Und was hatten geheimnisvolle Winzlinge in der Alpenwelt verloren, die just dann aus unserer Realität entschwanden, als wir ihnen auf die Schliche kamen?

Inkarniert sich der Dalai Lama im nächsten Leben als hübsche Frau, Insekt oder erleuchteter Bazillus? Liegt auf Berlins neuem Flughafen ein uralter Fluch? Und warum verschwinden immer mehr Passagierflugzeuge spurlos von unseren Radarschirmen? Muss vorzeitig gehen, wer dem Sinn des Lebens auf die Spur gekommen ist? Darf länger verweilen, wer weiterhin danach sucht? Oder ereilt uns das Schicksal am Ende stets dort, wohin wir vor ihm flüchten?

»Die Pforten zur Anderswelt verbergen sich stets dort, wo wir sie am wenigsten erwarten!« Luc Bürgin

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1. Auflage November 2021 Copyright © 2021 bei Kopp Verlag, Bertha-Benz-Straße 10, D-72108 Rottenburg Alle Rechte vorbehalten Satz und Layout: Martina Kimmerle Covergestaltung: Nicole Lechner ISBN E-Book 978-3-86445-862-0 eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

Gerne senden wir Ihnen unser Verlagsverzeichnis Kopp Verlag Bertha-Benz-Straße 10 D-72108 Rottenburg E-Mail: [email protected] Tel.: (07472) 98 06-10 Fax: (07472) 98 06-11Unser Buchprogramm finden Sie auch im Internet unter:www.kopp-verlag.de

Widmung

Ich widme diese Zeilen drei herzenszarten, fleißigen und geistreichen Freunden des Fantastischen, die unserer Zeit um Lichtjahre voraus waren. Ich vermisse Euch.

Lucius Werthmüller (1958–2021)

Wolfgang Schmidt (1962–2020)

Hermann Hemminger (1939–2020)

Zitat

Ist es nicht seltsam, dass sich die menschliche Geschichte seit Ewigkeiten stets von Neuem wiederholt? Zufall? Oder Absicht?

© Sutterstock: fran_kie

Vorwort: Wie real ist unsere Realität?

Vorwort

Wie real ist unsere Realität?

»Wie ist das Leben auf unserem Planeten entstanden? Wie hoch ist die mathematische Wahrscheinlichkeit einer Kette biologischer Unfälle in einem Häufchen Kohlenstoff, die dazu geführt hat, dass wir uns heute über Hunderte Kilometer hinweg an einem Hightech-Telefon über derlei Dinge unterhalten können? Man fragt sich: reiner Zufall? Oder gab es doch eine Art Anleitung von außen?«

Ridley Scott, Filmregisseur

Was geht in einer Fliege vor, die auf uns herumkrabbelt? Und was geistert uns dabei durch den Kopf? Was denkt sich ein Vogel, der uns beobachtet? Und was denken wir über ihn? Wer berichtet realistischer über eine Geburt? Die Mutter, die ihr Kind zur Welt bringt? Die Hebamme, die sie entbindet? Der Vater, der ihr dabei hilflos zuschaut? Das Pflegepersonal, das hilfreich Hand anlegt? Oder der Arzt, der später Protokoll darüber führt?

Wie wirklich ist unsere Wirklichkeit? Wissen wir aus eigener Erfahrung, dass unerklärliche Phänomene samt und sonders Hirngespinste sind? Oder glauben wir es lediglich zu wissen? Wissen wir, dass im Tresor unserer Bank, den wir nie im Leben betreten, unsere Ersparnisse lagern? Oder glauben wir es nur zu wissen? Wissen wir, dass jeder steinalte Berg und jede ferne Insel, die wir nie erkunden werden, auch in Wirklichkeit existieren? Oder glauben wir es lediglich zu wissen? Bleibt es nicht eigentümlich, dass sich jedes Dorf, jede Stadt und jedes fremde Land, das wir zum allerersten Mal bereisen, vollkommen anders präsentiert, als wir es uns zuvor in Gedanken ausgemalt hatten?

© Wikimedia: Paebi

1   Villa Verte in Gland (Waadt). Kein Einfamilienhaus – sondern ein getarnter Schweizer Artilleriestützpunkt.

© Wikimedia: Kreteglobi

2   Festung Magletsch bei Gretschins (St. Gallen). Das versteckte Geschütz lässt sich samt der Scheune um 360 Grad drehen.

Nichts ist so, wie es scheint! Eifrig präsentieren uns Archäologen auf Malta oder in Ägypten fantasievolle Rekonstruktionen uralter Tempelanlagen als historische Originale. Niemanden scheint das zu stören. Ebenso wenig, dass sich in manchen Museen vermutlich mehr gefälschte als echte Exponate tummeln, wie mir der eine oder andere Kurator bei meinen Recherchen im Keller namhafter Institutionen zuflüsterte. Und im englischen Stonehenge? Selbst dort wird Besuchern ein in den letzten 100 Jahren mittels Spritzbeton und Tragwinden mehrfach aufgemöbelter und umgruppierter Steinkreis für alt verkauft, den es in dieser Form niemals gegeben hat. »Botox-Archäologie« im Namen des Mammons?

Falsche Fassaden führen uns auch in London in die Irre. Im Stadtteil Bayswater findet sich die Anschrift 23–24 Leinster Gardens, hinter deren aufgemalten Fenstern und Türen kein Mensch je gewohnt hat. Ebenso wenig wie im französischen Scheingebäude an der 145, rue La Fayette in Paris, dessen trügerische Außenseite einen Lüftungskamin verbirgt. Oder an der 58 Joralemon Street im New Yorker Stadtteil Brooklyn, hinter der sich trotz täuschend echter Fenster keine Wohnungen befinden – sondern ein kaschierter Notausgang der U-Bahn. Harry Potter und seine Zauberfreunde aus Hogwarts lassen grüßen.

Allein in meiner Heimatregion Basel unterqueren gleich vier geheime Tunnel den Rhein. Einer der verborgenen Eingänge befindet sich in einer versifften Litfaßsäule am Ufer der dortigen Partymeile – versteckt, verheimlicht und vergessen. Auf dem Vierwaldstättersee gondeln Urlauber derweil auf Raddampfern durch die Idyllen der Zentralschweiz. Entzückt bewundern sie die imposante Naturszenerie, denn an manchen Uferstellen fallen die Felswände steil ab. So auch bei der Seeenge Nas nahe Vitznau. Was selbst Einheimische kaum wissen: Ein einziger Handgriff im Berginnern genügt, um an dessen Außenseite kaschierte Teile der dortigen Felswand herunterzufahren. Unter Kettengerassel öffnet sich eine riesige rechteckige Luke und gibt den Blick auf martialische Geschützstellungen aus dem Zweiten Weltkrieg frei! Ein schauerliches Spektakel, das an James-Bond-Filme erinnert und das kein Tourist jemals zu sehen bekommt.

Ernüchterung macht sich in der Schweiz selbst in den Jurahöhen, im Mittelland oder in den Alpen breit, wo traditionelle Landhäuser, Bauernhöfe oder Ställe das ländliche Bild prägen. Erst bei genauerem Hingucken entpuppt sich so manche herausgeputzte Berghütte und so manche schmucke Scheune als militärische Anlage. Nur wer die trickreich getarnten Objekte oder Geschütze aus nächster Nähe betrachtet, entdeckt die trügerischen Kulissen.

Ebenso veräppelt wurden die Bürger in Cochem (Rheinland-Pfalz). Jahrzehntelang zählte der dortige Bundesbankbunker zu den geheimsten Gebäuden Deutschlands. Hinter der ortsüblichen Fassade eines Mehrfamilienhauses, mitten in einem biederen Wohngebiet im Hunsrück, hortete die Regierung Geldscheine im Gesamtwert von 15 Milliarden D-Mark! Eine »Notstandswährung« für den Krisenfall. Bis 1988 lagerte der behördliche Schatz dort – sowie in weiteren Tresoren der Bundesbank. Die Panzerschränke lagen 30 Meter unter der Erde. Im Garten existierten unter Hecken und Bäumen verborgene Notausstiege. Die Anlage verfügte über eine eigene Trinkwasser-, Elektrizitäts- und Atemluftversorgung.

© Wikimedia: Eifeljanes

3   Als Wohnhaus kaschierter Bunker in Cochem (Rheinland-Pfalz). 15 Milliarden D-Mark hatte die Bundesbank hier bis 1988 versteckt.

Ihren 1500 Quadratmeter großen Bunker kaschierten die Staatsbanker nicht nur optisch. Offiziell beherbergte das ansehnliche Mehrfamilienhaus ein Schulungsheim der Deutschen Bank! Außer einem »Heimleiter« wusste niemand, was sich hinter den dortigen Mauern verbarg. Nicht einmal die Polizei. Die wurde bei Störungsmeldungen zwar alarmiert, hatte aber keinen blassen Schimmer, zu welch brisantem Spezialbau sie ausrücken musste. Mittlerweile wurde die Ersatzwährung eingestampft, der Bunker aufgegeben – und vermutlich andernorts wieder aufgebaut.

Werden wir täglich hinters Licht geführt? Selbstverständlich! Nahezu in jeder kleinen oder großen Stadt unserer Heimat sendet und strahlt es stärker denn je – ohne dass wir über die Präsenz so mancher Mobilfunkmasten Bescheid wüssten. Nicht zuletzt, weil immer mehr umstrittene Sendeanlagen zunehmend dreister versteckt werden. Schon vor Jahren wurde beispielsweise im Urlaubsparadies Interlaken geschummelt. Mitten auf dem örtlichen Krankenhausdach prangt ein kolossaler Betonaufbau. Ein Rauchgasfilter? Mitnichten. In der hässlichen Konstruktion verborgen strahlen gleich mehrere sendestarke Funkantennen um die Wette!

Auch in Deutschland häufen sich derlei kaschierte Bauten. Wer danach sucht, stößt etwa in Münchens Amalienburgstraße auf Sendeanlagen in Form falscher Kamine. »Vor allem in christlichen Kreuzen versteckte Masten sorgen für Wirbel«, mahnte der Stern. »In Neuburg an der Donau ist der Sender im Kreuz auf dem Dach der evangelischen Apostelkirche verborgen, und auch in Schwabhausen im Landkreis Dachau steckt ein Sender in einem Kruzifix – an der Aussegnungshalle der Gemeinde.« Weitere 4G-Antennen wurden in Freizeitparks versteckt. Andere als Tannen, Palmen, moderne Kunstwerke oder Fahnenmasten verkleidet.

Seit 2015 strahlen Mobilfunkverstärker sogar dort, wo man sie am wenigsten vermutet. Direkt unter unseren Füßen. Im Straßenbelag von Flaniermeilen, öffentlichen Plätzen und Fußgängerzonen! Verborgen unter kanaldeckelartigen Plastikattrappen. Entwickelt wurden derlei »Kabelschachtantennen« von der Schweizer Swisscom und dem bayerischen Technologiekonzern Kathrein als Patentnehmer. Deren Installationen sind inzwischen landesweit im Einsatz. Wo genau? Darüber schweigen sich die Verantwortlichen aus. Insider gehen aber davon aus, dass allein in Zürich längst über hundert »Untergrundantennen« um die Wette funken.

Street Connect nennt sich das kaum bekannte Produkt, das auch 5G-tauglich ist. »Bei unserer Lösung geht es lediglich da-rum, den in Innenstädten begrenzten Platz für Mobilfunkantennen auf neue Art zu nutzen«, versuchte Kathrein-Sprecher Anton Maier 2019 auf meine Anfrage hin, die Gemüter zu beruhigen, ehe das Unternehmen aus Rosenheim Knall auf Fall an den schwedischen Mobilfunkriesen Ericsson verhökert wurde. Im Gegensatz zur Schweiz oder den USA werde das Kathrein-Patent »in Deutschland aktuell noch nicht verbaut«, so Maier wortkarg, räumte aber ein: »In weiteren Ländern ist der Einsatz geplant.« Im Klartext: Trügerische Gullydeckel häufen sich allerorts. Auch unter unseren Füßen!

4   Je stärker die Funkstrahlung, desto trickreicher die Tarnung: Schornsteinimitat, wie es zunehmend häufiger Verwendung findet.

Wenn wir bereits in heimischen Gefilden zunehmend erfolgreicher verschaukelt werden, welche Blendwerke erwarten uns dann in exotischeren Regionen am anderen Ende der Welt? Die Chance, im Nirwana zu landen, bleibt groß. »Es ist ein Paradies auf Erden – zum Ruhme unseres größten Denkers will ich es Kantia taufen!«, soll sich etwa der Leipziger Kaufmann und Segler Johann Otto Polter begeistert notiert haben, als er im Jahr 1884 »auf dem 14. Breitengrade über dem Wendekreis des Krebses eine unbekannte Insel aus dem Meer aufsteigen« sah.

© Shutterstock: David Fossler

5   Schießen längst auch in unseren Gefilden aus dem Boden: künstliche Mobilfunk-»Bäume«, die nicht blühen – aber umso stärker strahlen.

Detailversessen beschrieb der Seefahrer ein Eiland, das er nach dem deutschen Philosophen Immanuel Kant benannte: »Im Osten schlägt der Atlantik mit wilder Wucht seine Gischt gegen eine felsenreiche Küste. Im Süden und Westen aber plätschert die See mit zartem Grün über strahlend weißen Sand. Der Norden der Insel wird von einem Gebirge beherrscht, der Süden ist eher flach – und überall scheint die Erde äußerst fruchtbar. Die Wilden gehen nackt wie Gott sie geschaffen und sind von guter Statur – auch scheinen sie wohlgesonnen.« 1888 organisierte Johann Otto Polter mit eigenen Mitteln eine Expedition, um das vermeintliche Paradies zwischen Martinique und Barbados für den deutschen Kaiser in Besitz zu nehmen. Doch Kantia ignorierte ihn. Die Trauminsel war verschwunden. Verschollen. Untergetaucht. Unauffindbar.

War der Abenteurer ein Schelm? Oder ein Mystery-Pionier? Leider keines von beiden. Aus den Fingern gesaugt hat sich diese fiktive Geschichte vielmehr der Lebenskünstler Samuel Herzog, der sie am 22. Mai 2004 als Tatsachenbericht (!) unter dem Titel »Die Wilden scheinen wohl gesonnen« in der Neuen Zürcher Zeitung unterbrachte, von wo sie am 17. Mai 2010 in der Süddeutschen Zeitung unkritisch nachgeplappert sowie am 22. November 2011 im Spiegel und am 7. Dezember 2012 in der Welt ungeprüft zitiert wurde. Ebenso wie uns Susanne Kusicke bereits am 19. Februar 2000 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ähnlich abstruse Inselmärchen als Tatsachen verkauft hatte (»Der Ele-Archipel überrascht die Fachwelt«). Kuriosum am Rande: Sowohl Herzog als auch Kusicke dürfen uns ihre Zeitungsenten in besagten Gazetten gegen Honorar bis heute weiterhin auftischen.

Alles klar? Mitnichten. Denn Dichtung und Wahrheit differieren auch anderswo um etliche Längen- und Breitengrade. Nicht zuletzt, was Sarah Ann betrifft. Laut einer Zeitungsmeldung der Ludington Daily News vom 16. Oktober 1932 wollten westliche Forscher die dortigen Insulaner im Südpazifik angesichts einer bevorstehenden Sonnenfinsternis im Jahr 1937 kontaktieren und machten sich auf den Weg zu besagtem Eiland, das auf Seekarten in der Nähe der Osterinseln eingezeichnet war. Doch sie fanden – nichts. Sarah Ann wurde darauf von den Weltkarten getilgt. Heute geht man davon aus, dass die Insel nie existiert hat. Oder dass sie einst mit einem anderen Eiland verwechselt wurde. Zu Recht?

Stranden könnten Suchende auch auf Podesta, einer weiteren umstrittenen Phantominsel, die sich knapp 1400 Kilometer westlich des chilenischen Hafens Valparaíso befinden soll. Auf Google Earth wird das winzige Eiland bei 32° 18ʹ S, 89° 08ʹ W lokalisiert, obwohl es seit der erstmaligen Erwähnung durch den Kapitän der Barone Podesta im Jahre 1879 von niemandem mehr gesichtet wurde. Die 2009 gegründete Mikronation República de Rino Island beansprucht die Souveränität über Podesta angeblich bis heute.

Zumindest in der 2015er-Ausgabe des National Geographic Atlas of the World findet sich im Weiteren das Ernest-Legouvé-Riff. 1902 soll es vom Kapitän eines gleichnamigen Schiffes im Pazifik gesichtet worden sein, bei den Koordinaten 35° 12ʹ S, 150° 40ʹ W liegen und rund 100 Meter breit sein. Weil niemand weiß, ob das Riff tatsächlich existiert, blieb es – ähnlich wie die umstrittene Maria-Theresa-Insel (Tabor) in benachbarten Gefilden – vorsichtshalber auf vielen Seekarten verzeichnet.

Selbst Bermeja im Golf von Mexiko fand seit ihrer Erwähnung durch den Kartografen Alonso de Santa Cruz im Jahr 1539 Eingang in unsere Atlanten. Die Beschreibungen der 80 Quadratkilometer kleinen Insel beruhen ebenfalls nur auf Beobachtungen. Niemand hatte je seinen Fuß auf das Eiland gesetzt, das von fern »hell und rötlich erscheint«. Im Juni 2009 wollten es Forscher der Universität von Mexiko-Stadt genauer wissen. Im Auftrag des Parlaments begaben sie sich mit Flugzeugen und Schiffen auf die Suche nach dem Landfleck, den man bei 22° 33ʹ N, 91° 22ʹ W wähnte. 40 Stunden lang war das Echolot auf einer Fläche von über 10 000 Qua-dratkilometern im Einsatz. Man fand – ebenfalls nichts.

© Shutterstock: Photobank gallery

6   Phantomwelt: Wie viele mysteriöse Inseln und unerforschte Landflecke auf unserem Erdball existieren? Niemand weiß es.

Den Mexikanern wäre die Existenz von Bermeja durchaus gelegen gekommen. Immerhin hätten sie im Wettbewerb um die Vergabe von Ölbohrrechten dadurch einen Trumpf in der Hand gehalten. Kein Wunder, dass bald die wildesten Gerüchte kursierten. Ein kartografischer Irrtum oder tektonische Aktivitäten als Ursachen für das Verschwinden der Insel schienen als Erklärung für deren Nichtexistenz zu simpel. Und so bezichtigten manche sogar die CIA, das Eiland kurzerhand in die Luft gejagt zu haben, um die Vorherrschaft der USA in der ölreichen Region zu sichern.

Ähnlich konsterniert reagierten australische Forscher im November 2012. Denn das im 18. Jahrhundert vom französischen Seefahrer Joseph Bruny d’Entrecasteaux und von James Cook beschriebene und kartierte Sandy Island (Île de Sable) existiert ebenfalls nicht (mehr)! Eine Expedition der University of Sydney ortete im Korallenmeer zwischen Australien und Neukaledonien zwar jede Menge Wasser, aber keinen Quadratmeter Land. Und dies ausgerechnet dort, wo selbst Google Maps das Eiland kürzlich noch verzeichnet hatte. Wie es auf moderne Kartenwerke gelangte? Eine entscheidende Quelle seien auch in diesem Fall die Schlapphüte der CIA, kritisierte Steven Micklethwaite von der University of Sydney. »Das nährt Verschwörungstheorien!«, notierte Ende 2012 selbst der Hamburger Spiegel.

Nicht nur Fantasten geraten deswegen ins Fabulieren. Vernebeln obskure Mächte die Existenz geheimer Phantomwelten? Mutet es nicht merkwürdig an, dass niemand exakt beziffern kann, wie viele reale oder irreale Inseln es auf unserem Globus gibt? Bleiben nicht nur ferne Landflecken trügerisch – sondern auch jede nahe Fassade in unserer Nachbarschaft, deren Rückseite wir niemals persönlich erkundet haben? Ist da draußen alles ganz anders?

Befremdlicher als die Fiktion entpuppt sich nur die Wirklichkeit. »Man entdeckt keine neuen Erdteile, ohne den Mut zu haben, alte Küsten aus den Augen zu verlieren«, notierte der französische Schriftsteller André Gide (1869–1951). »Fahre in die Welt hinaus. Sie ist fantastischer als jeder Traum!«, doppelte sein US-Kollege Ray Bradbury (1912–2012) nach. Oder wie der Dalai Lama einst mit einem vieldeutigen Augenzwinkern nachschob: »Einmal im Jahr solltest du einen Ort besuchen, an dem du noch nie warst!«

Einleitung: Willkommen in der Anderswelt!

Einleitung

Willkommen in der Anderswelt!

»Woher wissen wir eigentlich, dass unsere Welt, in der wir leben, echt ist? Sind wir alle nur programmierte Scheinwesen innerhalb eines riesigen Computerprogramms? Und falls ja: Müsste es dann nicht auch Programmierfehler geben – und müssten wir im Prinzip dann nicht auch fähig sein, diese zu entdecken?«

Christoph Pöppe, Mathematiker

Die »Erleuchtung« kam von oben. Im Hollywood-Klassiker The Truman Show (1998) donnert Jim Carrey alias Truman Burbank eines Morgens aus heiterem Himmel mitten auf der Straße ein riesiger Scheinwerfer mit der Aufschrift »Sirius« vor die Füße – ehe es ihm allmählich dämmert und sich sein gesamtes irdisches Dasein samt allen Bekannten und Verwandten als lebenslang inszeniertes TV-Schauspiel bezahlter Komparsen entpuppt.

Ein ähnlich schockierendes Erlebnis lässt auch Volker Mühlthaler aus Baden-Württemberg an der Realität zweifeln. »Es war im September 1989«, berichtete er mir. »Ich war mit der Ehefrau des Deutschlandmanagers von Electrolux bei einer Theatervorstellung. Als Mitglied des Theaterchors hatte sie den Bonus, ein gern gesehener Gast zu sein, auch ohne Voranmeldung. Auf der Rückfahrt erzählte sie mir über das letzte Abendessen mit den ›Obersten‹ von Electrolux Schweden und deren Skrupellosigkeit. Denn zum Schluss dieses Essens feuerte der Vorstandsvorsitzende einen führenden Mitarbeiter, den er zuvor noch eng und wie es schien auch vertrauensvoll in die Strategiegespräche eingebunden hatte. Der Rauswurf kam für alle Beteiligten wie aus heiterem Himmel. Die Frau war empört. Mit ihrem Mann wollte sie nicht darüber reden. Zurück vor ihrem Haus war sie noch voll in Fahrt ...«

7   Welche Sterne sind echt – und welche nicht? Scheinwerferszene aus dem Hollywood-Film The Truman Show (1998).

Ein Blick auf die Uhr veranlasste Mühlthaler, den Redefluss der Dame höflich zu unterbrechen. »Es war 23:25 Uhr, und um diese Uhrzeit kamen die Spätschichtarbeiter von Daimler aus Sindelfingen zurück. Einer davon ging unsere Straße in Richtung seines Domizils entlang. Also machte ich ihr aus Diskretionsgründen den Vorschlag eines Ortswechsels.« Mühl-thaler steuerte den Wagen auf einen landwirtschaftlichen Verbindungsweg zwischen Steinegg und Mühlhausen, auf der Suche nach einer Wendemöglichkeit. Je weiter er fuhr, desto finsterer erschien ihm die Strecke. Endlich tat sich vor ihm ein befestigter Weg auf, der in den angrenzenden Wald führte. Rückwärts kurvte er auf sein Ziel zu.

Plötzlich traute der Mann seinen Augen nicht: »Ich war vielleicht etwa 8 Meter ins Dickicht gesteuert, hatte gerade meine Rückwärtsfahrt gestoppt, da wurde es auf der Wiese vor uns überraschend leuchtend hell! Das Licht war grellweiß, das Gras hatte einen blassgelblichen, nur leicht grünen Farbton. Allein diese seltsame Farbe werde ich nie mehr vergessen! Die vor uns ausgeleuchtete Stelle hob sich zudem messerscharf von der absoluten Dunkelheit ab. Da ich wissen wollte, woher das Licht kam, suchte ich nach Schatten. Es gab jedoch absolut keine. Folglich musste es senkrecht von oben kommen. Mein eingeschaltetes Fernlicht ›ersoff‹ förmlich in diesem gewaltigen Lichtvolumen.«

© Shutterstock: Raggedstone

8   Konfrontation mit dem Unfassbaren. Täglich erleben kerngesunde Menschen Dinge, die unserem Realitätsverständnis widersprechen.

Mühlthaler verstand die Welt nicht mehr. »Ich bin kein hirnloser Draufgänger, aber Angst kenne ich auch nicht. Beruflich war und ist Analyse mein täglich Brot. Also öffnete ich die Wagentüre, um mich nach der völlig geräuschlosen Lichtquelle umzusehen. Schließlich war sie ja nur wenige Meter vor uns: 8 Meter Waldweg plus rund 4 Meter Wegbreite plus maximal 1 Meter Wiese – und schon war die Trennkante zwischen Dunkelheit und Licht erreicht …«

Allein im Wagen sitzend bekam es seine bis dahin furchtlose Begleiterin mit der Angst zu tun. »Ich stieg ein und fuhr langsam aus dem Waldweg. Nichts geschah. Es blieb taghell. Letztlich trennten uns nur noch 2 Meter von der Hell-/Dunkelgrenze. Ich machte den Motor aus, spitzte die Ohren und öffnete nochmals die Wagentür. Es war nichts zu hören. Absolute Stille, nur Licht.«

Nachdem ihn seine Begleiterin nicht mehr aussteigen ließ, brachte er sie nach Hause. »Da wir ja nun wieder auf freiem Feld waren, sah ich öfter in den Rückspiegel als durch die Frontscheibe. Nichts zu hören, nichts zu sehen – außer diesem gleißenden Licht, das sich letztlich wie ein Punktstrahler, aus einer gewissen Entfernung von oben, begrenzt vom Wagendach darstellte.«

Am folgenden Tag besuchte Volker Mühlthaler den Ort erneut, um nach Hinweisen zu suchen, die den Spuk erklären könnten. »Doch da war nichts! So weit mein Beitrag, der Sie vielleicht interessieren könnte. Im Grund bedauere ich es, ich ärgere mich sogar, statt wie geplant der Sache auf den Grund zu gehen, wieder zurück zum Wagen gegangen zu sein. Vielleicht wüsste ich heute sonst mehr?«

Pulsiert in unserer Welt eine zweite, weitaus mächtigere Welt voller Mysterien und Wunder? Das fragte sich auch Irene Kunzmann aus dem süddeutschen Remchingen. Wie etliche Beobachter des Unfassbaren raufte sie sich rückblickend die Haare, nicht genauer hingeschaut zu haben, wie sie in einem mir vorliegenden Typoskript festhielt: »Damals fuhr ich mit meinem Auto in der Abenddämmerung in einen Nachbarort. Plötzlich sah ich zu meinem Erstaunen Lichter, die sich im Zeitlupentempo vorwärtsbewegten. Ich konnte mir keinen Reim darauf machen, hielt deshalb kurz an und drehte das Autofenster herunter. Zunächst dachte ich, es handelt sich um einen Suchtrupp, der Fackeln in der Hand hält und links und rechts damit den Weg ausleuchtet, um irgendetwas in Bodennähe zu suchen. Es waren aber keine Fackeln, sondern es sah eher so aus wie tragbare Neonröhren, die man heutzutage auch anstelle von Taschenlampen benutzen kann. Ich konnte jedoch keine Körper erkennen. Es sah vielmehr so aus, als würden sich die sehr hellen Neonröhren von alleine fortbewegen. Allerdings in menschenähnlicher Form und Gestalt, ähnlich den Strichmännchen, die wir als Kinder gemalt haben. Ich war an jenem Abend in Eile. So kurbelte ich damals leider meine Autoscheibe hoch und fuhr kurzerhand weiter ...«

Nach Antworten suchte Zeit seines Lebens ebenso Josef Dörig aus Bonaduz (Graubünden). 1994 teilte mir mein Landsmann mit: »Im Zusammenhang mit der Angelegenheit von Frau Kaiser, die wir anlässlich Ihres seinerzeitigen Aufenthalts in Chur besucht hatten, möchte ich Ihnen noch Folgendes berichten: Als Mädchen im Alter von rund 12 Jahren erkrankte Frau Kaiser an einer schweren Lungenentzündung und lag mit hohem Fieber im Bett. Ihre Mutter, die das Krankenbett von der Küche aus von Zeit zu Zeit beobachtete, erblickte eines Tages eine dunkle, verhüllte Gestalt am Bett ihrer Tochter. Nachdem sie ihren ersten Schrecken überstanden hatte und noch einmal nachschaute, war die Gestalt bereits verschwunden. Frau Kaiser selbst hat von diesem Vorfall nichts mitbekommen, ihre Mutter erzählte ihr erst später davon, als sie wieder genesen war. Nach der Beschreibung von Frau Kaiser war ihre Mutter eine realistische und auch strenge Frau ohne jeglichen Hang zu Übersinnlichem. Eine Erklärung für diesen Vorfall konnte nicht gefunden werden.«

Ähnlich Verstörendes gab mir in Unkenntnis der obigen Beschreibung kürzlich Martin aus Wien zur Kenntnis. Aus Angst vor Unannehmlichkeiten bat er um Anonymisierung seines Nachnamens. »Ich war damals verheiratet und hatte eine Tochter. Mitten in der Nacht wurde ich munter und sah auf meiner Bettseite am Fußende drei kleine graue Gestalten. Ich wollte meine damalige Frau sogleich wecken, aber ich konnte mich keinen Millimeter rühren. Als ich am Morgen aufwachte, ging mein Wecker 10 Minuten nach. Es war ein Radiowecker. Der Wecker meiner Frau und meiner hingen an demselben Stromkreis, und am Abend davor war die Zeitanzeige noch identisch. Wenn das mit der verstellten Uhrzeit nicht gewesen wäre, hätte ich die Geschehnisse als Traum abgetan.«

Und dann ist da nicht zuletzt auch Ruth Blum aus dem Baselbieter Städtchen Aesch. Im Winter 1975 oder 1976 stand sie als junges Mädchen abends in ihrem Zimmer am Fenster, als sie in der Dämmerung ein seltsames Licht am Himmel sah. 10 Minuten später hatte sie zusammen mit ihrer Schwester Charlotte eine groteske Erscheinung, die ihr bis heute zu denken gibt. »Im Abstand von 5 bis 10 Metern tauchten vor meinem Fenster fünf menschenähnliche Wesen auf, die etwa 3 bis 4 Meter über dem Boden schwebten! Eines von ihnen bewegte sich direkt auf mein Fenster zu, wo wir uns rund eine Minute lang anstarrten ...«

Es habe so ausgesehen, als würden die fremden Gestalten vor ihr »schwimmen«, ohne ihre Arme zu bewegen. Sie hätten dunkle Overalls getragen, »ähnlich der Kleidung von Motorradfahrern«. Ihre Köpfe seien auffällig groß gewesen im Verhältnis zum Körper, ohne Nase oder Mund, »und ihre leuchtenden Augen erschienen mir doppelt so groß wie die eines Menschen«. Zudem bemerkte das Mädchen, dass sich etwa 20 Zentimeter über den Wesen ein Gegenstand befand, der an ein Surfbrett erinnerte. »Er war 2 bis 3 Zentimeter dick und etwas breiter als deren Körper.« Anfänglich habe sie die kuriosen Kreaturen deshalb für »Deltaflieger« gehalten, die »im Innenhof herumschwebten«.

Etwa im Jahr 1984, im Alter von 15 Jahren, offenbarte Ruth Blum das Erlebnis ihrem Lehrer Hans Rudolf Zeller (1934–2016), als dieser in der Schule das Thema UFOs behandelte. »Der Bericht von Ruth ist in der Klasse natürlich auf großes Interesse gestoßen«, bestätigte mir der frühere Pädagoge. Er hatte Ruth gebeten, den Vorfall akribisch zu notieren, und machte ihn Jahre später publik. Ruth sei von ihren Kameraden damals regelrecht ins Kreuzverhör genommen worden, erinnerte sich Zeller. Vor der Veröffentlichung habe er seine frühere Schülerin 2006 nochmals kontaktiert. Damals lebte sie in Lausanne. An einige Details wie die leuchtenden Augen der »Besucher« konnte sich die heutige Englischlehrerin nicht mehr erinnern. Im Kern aber bestätigte sie ihm ihr Erlebnis. Die seltsamen Wesen schwebten über dem Boden. Und auch deren ungewöhnliche Kleidung war ihr in Erinnerung geblieben: »Sie waren mit Overalls und einer Art Schutzhelm bekleidet!«

Schilderungen wie diese sind nur einige wenige Erzählungen von mittlerweile über 1500 geistig kerngesunden Zeugen des Unglaublichen, die mir ihre Erfahrungen mit der Anderswelt in den letzten drei Jahrzehnten aufgewühlt zu Protokoll gaben. Mündlich oder schriftlich. Persönlich. Oder am Telefon. Glaubhaft. Ohne Geltungssucht. Ohne finanzielle Absichten. Ihre Erlebnisse werfen verwirrende Fragen auf, die alles auf den Kopf stellen, was wir zu wissen glauben. Beobachten wir? Oder werden wir beobachtet? Sind wir die Regisseure unseres Lebens? Oder lediglich Marionetten in einer kosmischen Puppenkiste, deren Fäden andere ziehen?

Das Universum ist groß – und das Gehirn bleibt klein. Je paradoxer die Fragen, desto vertrackter die Erkenntnis: Ist es wahr, dass es in Wahrheit keine Wahrheit gibt? Ist es möglich, die Unmöglichkeit zu beschreiben? Wie viel Unvernunft bedingt der Glaube an die Vernunft? Vermag der allmächtige Gott einen kolossalen Steinbrocken zu erschaffen, welcher derart schwer ist, dass selbst er ihn nicht mehr hochheben kann? Wie lautet die vorletzte Ziffer der unendlichen Zahl Pi? Wie ehrlich lügt ein Politiker, der behauptet, dass alle Politiker lügen? Und weshalb endet dieser Satz ebenfalls mit einem Fragezeichen?

Leider bleibt es mit dem menschlichen Grips so eine Sache. Wer von Zahlen nichts versteht, kann mit ihnen auch nicht rechnen. Wer nicht weiß, was ein Telefon ist, kann damit auch nicht telefonieren. Wer von Philosophie keinerlei Ahnung hat, wird auch nie über sie philosophieren. Und wer als naturverbundener Weltverbesserer niemals über die Risiken eines Atomkraftwerks aufgeklärt wurde, wird dessen Kühltürme irgendwann frohgemut in die Luft sprengen – um damit besten Gewissens jede Menge Platz für neue Wälder oder kunterbunt strahlende Biotope zu schaffen.

Ob Flugzeuge am Himmel oder als Hubschrauber getarnte rosarote Elefanten: Wir entdecken immer nur, was wir kennen oder zu erkennen glauben. So will es unser Gehirn. Von Natur aus mit Intelligenz bestückt, von Natur aus mit Intelligenz beschränkt. Einem biologischen Superrechner gleich, der allen Updates zum Trotz irgendwann veraltet, überhitzt und ausgebrannt seinen Dienst verweigert. Weil täglich weitaus mehr Informationen auf unsere von Geburt an limitierte Festplatte einprasseln, als wir lebenslang verkraften und verarbeiten können.

Wer kapiert etwa schon, dass es unsere moderne Physik klipp und klar erlaubt, in die Zukunft zu reisen? Postuliert und berechnet hat dies vor über 100 Jahren Albert Einstein in seiner Relativitätstheorie. Seine posthum bewiesene Theorie der »Zeitdilatation« macht das scheinbar Unmögliche möglich. Die komplizierten Details lassen sich in jedem Physikbuch nachschlagen. Allein deren Konsequenz sprengt alle Grenzen des Vorstellbaren. Konkret: Würde man laut Einstein heute in einem irdischen Raumschiff mit knapper Unterlichtgeschwindigkeit zu einem rund 500 Lichtjahre entfernten Stern düsen und danach wieder zurück, wäre man selbst rund 25 Jahre älter – während auf der Erde gleichzeitig 1000 Jahre vergangen wären. Unvorstellbar. Und dennoch wahr.

Ein Mysterium kommt selten allein. Und so hält unser kleiner Erdball weitaus größere Phänomene und Geheimnisse parat, als wir wahrhaben wollen. »Darunter ein kosmisches Rätsel, das kein Mensch bislang lüften konnte.« Diese Behauptung stammt nicht von mir. Sondern von ein paar geistreichen Professoren und Professorinnen der Neuzeit. Im Bewusstsein, dass so manch Unverständliches im wörtlichsten Sinne des Wortes berechenbar ist, Berechenbares aber ebenso oft unverständlich bleibt.

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9   Hannah Fry: »Wer hat die Zahlen erfunden? Das Universum? Oder wir?«

Die vielleicht faszinierendste aller paradoxen Fragen, welche sich besagte Damen und Herren stellen: Kommuniziert das Universum in der Sprache der Mathematik? Oder haben wir die Mathematik lediglich erfunden, um mit dem Universum zu kommunizieren, und glauben, dieses damit aus unserer Sicht einen Hauch besser ergründen und verstehen zu können? »Tatsächlich wissen wir bis heute nicht, was Mathematik genau ist oder woher sie stammt«, wie es Hannah Fry vom University College in London 2018 in einer BBC-Dokumentation (Magic Numbers) auf den Punkt brachte.

Hannah Fry flirtet gerne mit der Anderswelt. Ohne Jahwe, Allah, Shiva oder obskure M’schimba-M’schamba-Dämonen zu bemühen, fragt sich die Naturwissenschaftlerin bis heute: »Existieren Zahlen in einer Art magischem Paralleluniversum der fundamentalen Wahrheiten? Helfen sie uns von dort aus, die Regeln der Wissenschaft zu verstehen? Oder entspringen sie lediglich unserem Kopf, also unserer ureigenen menschlichen Fantasie? Haben wir sie als eine Art universelle Sprache erdacht? Oder haben wir sie einfach nur entdeckt? Quasi als ein Geschenk einer Art höher entwickelter Intelligenz?« Das eine? Das andere? Beides? Oder keins von beiden?

Unterstützung erhält die Engländerin von der Professorin Eleanor Knox vom King’s College London: »Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die beindruckenden mathematischen Prinzipien ein Produkt des menschlichen Verstandes sind. So einfallsreich sind wir nicht!« Der US-Physikprofessor Max Tegmark vom Massachusetts Institute of Technology ist sich ebenso sicher: »Die platonischen Körper sind ein perfektes Beispiel dafür, dass Mathematik eine menschliche Entdeckung ist. Als die alten Griechen in der Natur auf diese kongenialen Formen stießen, gaben sie ihnen Namen, aber die Formen an sich existierten längst, als sie darauf aufmerksam wurden.« Ähnlich fruchtbare Zweifel züchtet, hegt und pflegt in seinem Gedankengarten der Astrophysiker Silvio Livio von der Johns Hopkins University in Baltimore: »Freundlicherweise wird die Natur von allgemeingültigen Gesetzen und nicht von Feld-Wald-und-Wiesen-Regeln beschränkter Reichweite gelenkt. Weshalb? Ist Gott ein Mathematiker?«

Schon der griechische Ziffernjongleur Pythagoras von Samos und seine Anhänger waren vor rund 2500 Jahren nach intensiven Studien der Natur überzeugt: Mathematik, deren Gesetze, Kurven und Geheimnisse sind ein Geschenk des Himmels – also der Götter! Die detaillierte Beobachtung und Vermessung aller Formen und Wunder der Natur ließen für sie keinen anderen Schluss zu. Zu fasziniert, zu verblüfft, zu »geschüttelt und gerührt« fühlten sie sich von ihren Entdeckungen, die sie sich zuvor nicht einmal in ihren kühnsten Träumen ausmalen konnten. Weil sich ihnen dank bis dahin unbekannter harmonischer Zahlenfolgen und Formeln neue Welten mit schier unbegrenzten Möglichkeiten eröffneten.

Zwar glauben wir, unsere antiken Vorfahren mithilfe von ultramodernen Mikroskopen und blitzschnellen Computern intellektuell längst überflügelt zu haben. Dennoch bleiben die Ausrufezeichen von gestern die Fragezeichen von heute. Warum basteln und formen etwa vermeintlich geistlose Nautilusse ihre Gehäusekammern stets in mathematisch harmonischen Mustern aus logarithmischen Spiralen – und dies seit der Urzeit, als es uns und unsere Mathematik noch gar nicht gab? Wie gelingt ihnen dieses rechnerisch kongeniale Kunststück noch dazu ohne Winkelmaß, Taschenrechner oder Supercomputer, sodass sich ihre Strukturen in Form ebenso exakt ausbalancierter Wendeltreppen längst in der modernen Architektur wiederfinden? Also in geometrisch perfekten Maßstäben konzipiert, die bis heute nur von Experten erkannt, berechnet, kopiert und perfektioniert werden können?

Warum spinnt so manche vermeintlich bewusstseinsfreie Spinne seit Jahrmillionen reißfestere Netze als so mancher Profifischer – mitunter in mathematisch derart komplexen Mustern, dass selbst heutige Zahlenjongleure bei der Betrachtung und Vermessung von derlei Strukturen Glücksgefühle überkommen? Wieso entwickeln, organisieren und strukturieren sich etliche, vermeintlich primitive Organismen seit jeher im Goldenen Schnitt, den Architekten und Künstler erst vor wenigen Jahrhunderten entdeckten und dem sie seither milliardenfach nacheifern? Und weshalb zählen unsere Botaniker an natürlichen Blumen so gut wie nie sieben Blütenblätter, aber umso öfter numerische Wachstumsmuster, die sich an der erst im Jahr 1202 vom Italiener Leonardo Fibonacci beschriebenen Zahlenfolge orientieren (0, 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55, 89 ...)? Pure Magie, wie der Mathematiker Jakob Bernoulli 1691 schwärmte?

Kuriositäten, die auch dem preisgekrönten Mathematiker Norbert Lossau aus Solingen Kopfzerbrechen bereiten, wie er in der Welt vom 11. Januar 2016 eingestand: »Die Spiralstruktur einer Nautilusschnecke, einer kosmischen Galaxie sowie der innere Aufbau eines Rotkohls lassen sich mit der gleichen mathematischen Formel beschreiben, obwohl es hier inhaltlich keinen Bezug zu geben scheint. Weshalb?« Wer ist einfallsreicher? Die Natur? Oder wir? Oder beide – weil wir selbst Bestandteil der Natur sind?

Paradoxe Fragen wie diese strapazieren unsere Vorstellungskraft. Ebenso wie jeder Blick in Richtung Firmament, dessen Sternenhimmel uns Nacht für Nacht vorgaukelt, was einst war – und vorenthält, was dereinst sein wird. Ein verwirrender Blick in die Vergangenheit! Denn etliche der funkelnden Himmelskörper dürfte es mittlerweile nicht mehr geben, weil ihr zweifelhafter Schein unser ebenso zweifelhaftes Sein erst nach Jahrmillionen erreicht. Umso fataler, dass in den letzten Jahrzehnten mindestens 100 Sterne im Universum spurlos von unseren Radarschirmen verschwunden sind. Womöglich sogar noch weitaus mehr! Unauffindbar. Erloschen. Immer noch da? Oder nie dagewesen?

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10   Inbegriff harmonischer Mathematik: Nautilusschnecke, wie sie die Natur vor Jahrmillionen schuf – lange, ehe Hominiden das Einmaleins erlernten.

Auch dies behaupte einmal mehr nicht ich. Sondern Beatriz Villarroel und ihre Kollegen von der Universität Stockholm – nach dem Vergleich mit Sternenkarten aus den 1950er-Jahren. Blitzsauber dokumentiert im Astronomical Journal (»The Vanishing and Appearing Sources during a Century of Observations Project«, 12. Dezember 2019). Dazu mein Journalistenfreund und Astronomieexperte Andreas von Rétyi, der in Coburg eine private Sternwarte betreibt: »Wenn jetzt von ›100 verschwundenen Sternen‹ die Rede ist, dann ist das eigentlich nur ein kleiner Teil der Wahrheit, denn insgesamt stießen die Astronomen auf rund 150 000 kosmische Objekte, die in den moderneren Kartenwerken nicht mehr auffindbar sind. Umso interessanter, dass das Team um Beatriz Villarroel den Einfluss Außerirdischer, welcher Art auch immer, ausdrücklich nicht ausschließen kann oder will.«

Der nächste Big Bang ließ nicht lange auf sich warten. Ereignet hat er sich in der 75 Millionen Lichtjahre entfernten Zwerggalaxie PHL 293B (Kinman). Irgendwo da draußen, im Sternbild des Wassermanns, fehlt seit 2019 völlig überraschend ebenfalls ein bekannter Riesenstern, weit über 2 Millionen Mal leuchtstärker als unsere Sonne! Einer der hellsten seiner Art. Für versierte Astronomen schon fast ein »alter, erleuchteter Kumpel«.

Umso verdutzter guckten universitäre Forscher vom irischen Trinity College in Dublin in die Röhre, als sie mit dem Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte nach dem »Leuchtkräftigen Blauen Veränderlichen«, so sein offizieller Name, Ausschau hielten. Denn der galaktische Superstar hatte sich quasi über Nacht buchstäblich aus dem kosmischen Staub gemacht. Verschwunden. Untergetaucht. Weg. Unauffindbar. Und dies ohne erwartete Supernova-Explosion. Ohne beobachteten Sterbeprozess. Also ohne jegliches bekanntes Abschiedszeichen. Als hätte ein Programmierer der »Superleuchte« mittels Mausklick von einer Sekunde auf die andere den kosmischen Stecker gezogen. Ein Novum in der kurzen Geschichte der Astrophysik.

»Es scheint extrem ungewöhnlich für einen derart massereichen Stern, dass er so ohne Weiteres verschwindet, ohne zuvor für eine helle Supernova-Explosion zu sorgen«, wunderten sich die Iren im August 2020 in den Monthly Notices of the Royal Astronomical Society (»The possible disappearance of a massive star in the low-metallicity galaxy PHL 293B«, Vol. 496/2). Schärfere Teleskope sollen in seinen Gefilden künftig mehr Licht ins Dunkel zaubern, in der Hoffnung, nicht zuletzt auch uns damit zu erleuchten. Selbstverständlich werden andere Wissenschaftler irgendwann eine rationale Erklärung dafür finden, warum der »Leuchtkräftige Blaue Veränderliche« unserer Realität den Laufpass gab. Ebenso selbstverständlich dürften weitere Experten dank noch genauerer Messungen später eine weitere, noch rationaler klingende Erklärung dafür favorisieren. Fleißige Naturwissenschaftler mögen keine irrationalen Erklärungen. Also fahnden sie unermüdlich nach Fehlern in ihren Berechnungen und Theorien, um das Unerklärliche aus unserer Realität zu eliminieren.

Dennoch gibt mir die schwindende himmlische Lichterpracht zu denken. Wenn trotz modernster Operngläser nicht mal die hellsten Scheinwerfer im Universum berechenbar sind, wie unberechenbar bleibt dann unser restliches Verständnis der kosmischen Glitzerkulisse?! Scheint es nicht bedenklich, dass nicht nur weitaus mehr Sterne, sondern auch weitaus mehr Menschen als vermutet täglich buchstäblich ins »Nichts« verschwinden? Mutet es nicht befremdlich an, dass Poltergeister in unserer Nachbarschaft nach wie vor ihr Unwesen treiben, wie mir verzweifelte Augenzeugen versicherten? Ebenso wie sich über unseren Köpfen seit Jahrzehnten haarsträubende UFO-Phänomene abspielen?

Neue Ketzer braucht diese Welt! Kein noch so verstaubter Schmöker, der nicht ein Körnchen Wahrheit birgt. Kein noch so modernes Lexikon, das nicht misstrauisch studiert gehört. Insofern bleiben die Fragen in diesem Buch subversiv. Glaubt Gott an Außerirdische? Glauben Außerirdische an Gott? Wie viele echte Haarlocken des vergifteten Dichterfürsten Friedrich Schiller existieren in Wirklichkeit? Diejenigen, die wir kennen? Oder weitaus mehr, von denen selbst heutige Experten keine Ahnung haben? Was hatten Zwerge in der Alpenwelt verloren, die just dann verschwanden, als wir ihnen auf die Schliche kamen? Und weshalb landen verkannte Genies weitaus öfter in der Psychiatrie als prominente Politiker? Weil Erstere zu viel von unserer Welt verstanden haben? Und Letztere zu wenig?

Ist es möglich, warmherzige Zeitgenossen unter Hypnose zu kaltblütigen Mordtaten anzustiften? Sind uns Tiere nur deswegen unterlegen, weil wir ihren Intellekt unterschätzen? Weshalb schwitzen manche von uns im Eisbad, während andere darin erfrieren? Inkarniert sich der Dalai Lama im nächsten Leben als bezaubernde Lady, Insekt oder erleuchteter Bazillus? Muss vorzeitig gehen, wer dem Sinn des Lebens auf die Spur gekommen ist? Darf länger verweilen, wer weiter danach sucht? Oder ereilt uns das Schicksal am Ende stets dort, wohin wir uns vor ihm flüchten?

Die Wirklichkeit bleibt unkooperativ, aber faszinierend. Ob unglaubliche Geschichten, mysteriöse Phänomene, unterdrückte Entdeckungen oder bizarre Todesfälle: Die Pforten zur Anderswelt verbergen sich stets dort, wo wir sie am allerwenigsten erwarten. Versteckt in den vertrautesten Winkeln unserer vermeintlichen Realität – wo uns das Unwahrscheinliche heimlich und das Wahrscheinliche noch öfter unheimlich erscheint.

Wie mahnte uns der österreichische Philosoph Paul Watzlawick (1921–2007), ehe er diese Welt wieder verlassen musste: »Der menschliche Glaube, es gäbe lediglich eine einzige Wirklichkeit, ist die gefährlichste aller geistreichen Selbsttäuschungen.« Oder wie Jim Carrey im eingangs erwähnten Kinoklassiker The Truman Show vor der Flucht aus seiner lebenslangen Illusion zum Abschied in die 5000 Fernsehkameras diktierte, die seinen Sternenhimmel simulierten und sein Tun rund um die Uhr aufgezeichnet hatten: »Guten Morgen – und falls wir uns nicht mehr sehen sollten: Guten Nachmittag, guten Abend und gute Nacht!«

11   Schauspieler Jim Carrey beim Verlassen »seiner« Realität. Schlussszene des Hollywood-Klassikers The Truman Show (1998).

Kapitel 1: Unheimliche Zufälle: Fehler in der Matrix?

Kapitel 1

Unheimliche Zufälle: Fehler in der Matrix?

»Je planmäßiger die Menschen vorgehen, desto wirksamer vermag sie der Zufall zu treffen. Wer dem Paradoxen gegenübersteht, setzt sich der Wirklichkeit aus. Das Wirkliche ist nur ein Sonderfall des Möglichen und deshalb auch anders denkbar. Daraus folgt, dass wir das Wirkliche umzudenken haben, um ins Mögliche vorzustoßen.«

Friedrich Dürrenmatt,Schriftsteller

»Was man dem Unbewussten als wahr übermittelt, wird wahr!«, zeigte sich der irische Bestsellerautor Joseph Murphy (1898–1981) überzeugt. Ist es tatsächlich so, dass Pessimisten das Unglück anziehen? Und Optimisten das Gegenteil? Kann der Glaube an das Gute Berge versetzen? Führen uns unsere Ängste im Gegenzug unbewusst stets dorthin, wovor wir uns am meisten fürchten?

Der begnadete Schriftsteller Ödön von Horváth (1901–1938) – Autor von Jugend ohne Gott – galt zeitlebens als abergläubischer Mensch. Bereits mit 36 Jahren musste der österreichisch-ungarische Literat unsere Welt wieder verlassen. Sein vorzeitiges Ableben in Paris gibt bis heute Anlass zu Spekulationen. Stolperte Horváth dem Tod nur deshalb in die Arme, weil er ihm entgehen wollte?

12   Ödön von Horváth. Begegnete der Literat dem Tod nur deswegen, weil er ihm aus dem Weg gehen wollte?

»Der Mystiker«, wie ihn die Fachwelt noch heute gerne tituliert, verkehrte regelmäßig mit Spiritisten und besuchte auch Hellsichtige. Ein solcher hatte ihm kurz vor seinem Ableben geweissagt, »dass er im Juni 1938 auf einer Reise ›das größte Erlebnis seines Lebens‹ haben werde«, bestätigt Nicole Streitler-Kastberger von der Universität Wien, welche die kommentierte Gesamtausgabe des Schriftstellers herausgegeben hat.

Am 29. Juni 1938 hatte auch sein österreichischer Schriftstellerkollege Franz Werfel notiert, dass »ein Wahrsager« in Amsterdam Horváth »wenige Wochen vor seinem Tod prophezeite, dass ihn in Paris die größte Entscheidung des Lebens« erwarte. Andere Quellen wie die Neue Zürcher Zeitung ergänzen, dass dem Schriftsteller exakt der 1. Juni 1938 »als wichtigster Tag in seinem Leben« genannt wurde. Es war in jedem Fall eine wegweisende Vorhersage. Denn tatsächlich verunglückte Ödön von Horváth an besagtem Tag tödlich! Er hielt sich an jenem Datum gerade in Paris auf und war auf dem Heimweg von einem Treffen mit dem Regisseur Robert Siodmak und dessen Frau, bei dem die Verfilmung seines Romans Jugend ohne Gott besprochen wurde.

Ein heftiges Gewitter tobte damals über der Seine-Metropole. Was dann passierte, beschreibt sein Biograf Traugott Krischke wie folgt: »Horváth geht die Champs-Élysées entlang und überquert sie in Höhe der Avenue Marigny. Alles Weitere geschieht in Sekunden. Ein plötzlicher Windstoß. Krachen. Horváth sucht Schutz unter den Bäumen. Dann Stille. Horváth tritt vor. Einen Schritt. Einen zweiten. Da trifft ihn ein stürzender Ast und zerschlägt ihm das Hinterhaupt.« Der Schwerverletzte wird in eine Klinik gebracht, doch die Ärzte können ihn nicht mehr retten. »In seiner Manteltasche findet man ein Paket Aktfotos und ein Gedicht, auf eine Zigarettenschachtel notiert, das in den Zeilen endet: ›Was echt ist, das soll kommen. Obwohl es heut krepiert.‹« (Spiegel, Nr. 19/1989)

Offensichtlich hatte Ödön von Horváth schon am Morgen jenes Tages eine Vorahnung. Denn bereits beim Frühstück mit seinem Freund, dem Schriftsteller Walter Mehring, lag ein heftiges Gewitter in der Luft. Als es draußen plötzlich blitzte und donnerte, habe Horváth ihm zugeraunt: »Das gilt mir!« So jedenfalls hielt es Mehring gemäß Biograf Traugott Krischke später fest.

Tatsache ist: Der Ungar war zeitlebens ein ängstlicher, fast schon paranoider Mensch. Nicht ohne Grund, hatte er im Verlauf der Zeit doch mehrere Prophezeiungen seines frühen Todes erhalten. So schrieb der Schriftsteller Hermann Kesten wenige Tage nach dem Unfall des gemeinsamen Freundes in einem Brief an den Verleger Walter Landauer: »Dass uns die SS verfolgt, wissen wir. Aber dass schon die Bäume auf den Champs-Élysées anfangen, exilierte deutsche Poeten zu erschlagen! Sie wissen, wie abergläubisch Horváth war. Lieber ging er zum 7. oder 8. Stock eines Hotels hinauf, als den Aufzug zu benutzen, weil ihm eine Zigeunerin den Tod durch einen Unfall geweissagt hat.«

Bizarre Angewohnheiten, die der Schriftsteller Alfred Döblin in privaten, archivierten Aufzeichnungen bestätigte. Er hatte Ödön von Horváth kurze Zeit vor dessen Ableben getroffen. Der Schriftsteller habe ihn zu Hause besucht und sich trotz Lift durch das Treppenhaus mehrere Stockwerke zu ihm hochgequält, erinnerte er sich: »Als ich ihn fragte, warum er zu Fuß raufgestiegen war, gestand er ein bisschen geniert, dass er alle technischen Einrichtungen meide. Vor ein paar Monaten hätte ihm eine Zigeunerin aus der Hand gelesen und ihn vor einem lebensbedrohenden Unfall gewarnt.« Davon sei Horváth derart beeindruckt gewesen, »dass er sogar bei seiner Flucht durch halb Österreich nur mit Bauernwagen und Pferden gereist war und Auto und Eisenbahn gemieden hatte«.

Diverse Zeitzeugen wissen von weiteren Erlebnissen mit dem technikfeindlichen Künstler zu berichten. So schilderte Horváths Autorenkollege Klaus Mann in seiner Autobiografie (Der Wendepunkt): »Horváth war eine der merkwürdigsten dichterischen Begabungen seiner Generation, plauderte für sein Leben gern über seltsame Unglücksfälle, groteske Krankheiten und Heimsuchungen aller Art. (…) ›Vor den Nazis habe ich keine so sehr große Angst‹, stellte Horváth fest. ›Es gibt ärgere Dinge, nämlich die, vor denen man Angst hat, ohne zu wissen, warum. Ich fürchte mich zum Beispiel vor der Straße. Straßen können einem übelwollen, können einen vernichten. Straßen machen mir Angst.‹«

Am Tag seines Ablebens wurde dem Autor ausgerechnet seine Vorsicht zum Verhängnis. Denn wenige Minuten vor dem fatalen Unglück in Paris hatte die Frau seines letzten Gesprächspartners Robert Siodmak angesichts des aufziehenden Unwetters angeboten, ihn mit dem Auto in sein Pariser Hotel zurückzubringen. Der Schriftsteller lehnte dankend ab. Aus Furcht vor einem Unfall. Kurz darauf war er tot. Ein einziger Ast eines morschen Kastanienbaums war stärker gewesen als sein geistreicher Dickschädel.

Wurde Ödön von Horváth Opfer einer »selbsterfüllenden Prophezeiung«, wie sie US-Soziologe Robert K. Merton 1948 erstmals propagierte? Ähnlich wie allein schon die Angst vor Stürzen bei Senioren zu einer häufigeren Anzahl von Stürzen führen kann? Möglich wäre es. Denn, wie Merton dozierte: »Die selbsterfüllende Prophezeiung ist anfänglich eine falsche Bestimmung der Situation, sie verursacht aber ein neues Verhalten, das bewirkt, dass die ursprünglich falsche Auffassung richtig wird. Die Gültigkeit der selbsterfüllenden Prophezeiung führt eine Herrschaft des Irrtums fort. Der Prophet wird den Gang der Dinge als Beweis dafür anführen, dass er von Anfang an recht hatte.«

Vereinfacht formuliert: Hätte Horváth sich vor seinem frühzeitigen Ableben nicht gefürchtet, hätte es ihn womöglich nicht so früh überrumpelt. Oder wie es der Kommunikationsforscher Paul Watzlawick zu Papier brachte: »Wenn eine Prophezeiung geglaubt wird, also nur wenn sie als eine in der Zukunft sozusagen bereits eingetretene Tatsache gesehen wird, kann sie konkret auf unsere Gegenwart einwirken und sich damit selbst erfüllen.«

Andere Literaten wissen mitunter von weiteren »Zufällen« zu berichten, die sie sich bis an ihr Lebensende nicht erklären konnten. Unter ihnen Carl Zuckmayer (1896–1977). In seiner Biografie Als wär’s ein Stück von mir berichtet der Schriftsteller (Der Hauptmann von Köpenick) von manchem Erlebnis, das ihm Gänsehaut verursachte. So lebte Zuckmayer in den 1930er-Jahren vorübergehend in Österreich. Der Wirt und Künstler Carl Mayr beherbergte ihn damals in seinem Gasthof Kaspar-Moser-Bräu in Henndorf am Wallersee. In seinem Privathaus besaß der Gastronom ein Gartenzimmer. Dort hing laut Zuckmayer eine prächtige, handbemalte Tapete, die er sehr bewunderte.

Jene Wandverkleidung sei eine »sehr wertvolle Rarität« gewesen – ein Kunstwerk namens Reise in Amerika. Sie zeigte im Stil des Biedermeier typische Landschaften, Personen und Szenen aus den frühen USA. Zuckmayer: »Carl Mayr hatte die Tapete in München, Wien oder Paris erstanden und so kunstvoll in seinem Gartensalon angebracht, dass sie wie ein eigens dafür geschaffenes Wandgemälde wirkte. Ich erinnere mich gut, wie er jeweils zwischen Kaffee und Likör mit Pinsel und Farbe an der Ausbesserung ihrer schadhaften Flecke zu arbeiten pflegte.«

Nach der Besetzung Österreichs musste der Schriftsteller flüchten. Er emigrierte in die USA. Eines Tages sei er dort von Freunden aus seiner »Vermonter Farm- und Waldeinsamkeit weggeholt« worden, um ein paar Autostunden entfernt den amerikanischen Autor Charles Jackson zu besuchen. Dieser hatte mit seinem verfilmten Roman The Lost Weekend große Erfolge gefeiert und sich von den Einnahmen ein »wunderschönes, frühamerikanisches Haus« gekauft. Darin hingen überall Football-Fanartikel und weitere Sportsouvenirs, so Zuckmayer. »Auf künstlerische Begegnungen war ich nicht vorbereitet, als man mir sagte, es gäbe noch ebenerdig einen besonders schönen Raum, eine Art ›Gartenzimmer‹, das aber nicht heizbar sei und daher jetzt nicht bewohnt werde.« Deshalb wollte man ihm jenen Raum erst gar nicht zeigen.

»Ohne besondere Neugier bestand ich darauf, ihn zu sehen«, schilderte der Literat das Geschehen. »Als wir eintraten, wurde mir kalt – aber nicht weil der Raum unbeheizt war: Ich stand in Carl Mayrs Gartenzimmer.« Und oh Wunder: Im hinteren Bereich des unmöblierten Raums hing – identisch mit der in Österreich – Zuckmayers geliebte Tapete Reise in Amerika. Exakt jenes Kunstwerk! Als habe sein früherer Herbergsvater »soeben den letzten Farbtupfer aufgesetzt«, notierte der Exil-Deutsche in seinen Lebenserinnerungen. »Ich war nah herangetreten, und ich glaube nicht, dass ich mir einbildete, die Farbstriche und Linien zu erkennen, die ich Herrn Carl Mayr selbst mit seinem feinen Malpinsel hatte nachziehen sehn.«

Wie ihm Jackson berichtete, hatte der Vorbesitzer des Landhauses die Tapete erstanden und aufhängen lassen, »weil sie ganz genau auf diese Wand passte«. Es existierten nur drei Exemplare jenes Kunstwerks. »Dieses war nach Europa verkauft worden und wurde durch einen Kunsthändler vor ein paar Jahren nach Amerika zurückverkauft. Zuletzt kam es aus Österreich«, bestätigte der neue Besitzer des Schmuckstücks Zuckmayers Vorahnung. Doch damit nicht genug. Dessen kurioses Wiedersehen mit jenem Kunstwerk – dies noch dazu auf einem anderen Kontinent – »ereignete sich ungefähr um die Zeit, in der Carl Mayr in Henndorf starb«, betonte Carl Zuckmayer. »Mir aber ist, als hätte ich ihn vorher noch in seinem Gartenzimmer besucht.«

Noch unglaublicher mutet das Erlebnis von Schauspieler Anthony Hopkins (Das Schweigen der Lämmer) an. Um sich auf seine Hauptrolle in der Verfilmung des Romans Das Mädchen von Petrovka des US-Schriftstellers George Feifer vorzubereiten, versuchte Hopkins in den frühen 1970er-Jahren in London verzweifelt, ein Exemplar des besagten Buches aufzutreiben. Vergebens. Kein Händler und keine Bücherei hatte Feifers Werk vorrätig. Ernüchtert begab sich der Schauspieler zur U-Bahn, um nach Hause zu fahren. Während er auf den nächsten Zug wartete, entdeckte der Schauspieler auf einer Sitzbank zufällig ein offenbar vergessenes, eingewickeltes Papierbündel. Er öffnete es – und hielt zu seinem großen Erstaunen eine Ausgabe von Das Mädchen von Petrovka in seinen Händen. Hopkins nahm seinen »Glücksfund« mit nach Hause, studierte ihn fasziniert und wunderte sich beim Lesen später über die zahlreichen handschriftlichen Markierungen und Notizen auf den Seiten des Buches.

2 Jahre später traf der Schauspieler am Filmset auf den Romanautor. Hopkins erzählte ihm von der grotesken Begebenheit. Als der Mime besagtes Papierbündel aus seiner Tasche zog, weiteten sich nun auch die Augen seines Gegenübers. Denn die Anmerkungen auf den Seitenrändern stammten von Feifer höchstpersönlich, wie dieser sofort erkannte: »Es war ein Korrekturabzug, den ich damals Monate zuvor einem Freund ausgeliehen hatte«, bestätigte der Schriftsteller 2012 in einem Erinnerungsbericht für die Gazette Russia Beyond The Headlines. »Ich hatte meinen Vertrauten gebeten, vorsichtig damit umzugehen. Dennoch hatte er das Manuskript leider noch am selben Tag versemmelt, irgendwo in London.«

Der Sensationsfund sei aber auch dem furchtlosen Charakter von Hopkins zu verdanken, wie der Schriftsteller rückblickend betont. »Angesichts des IRA-Terrors wurde damals in Londons U-Bahn-Stationen unermüdlich per Lautsprecherdurchsagen davor gewarnt, herrenlos herumliegende Gepäckstücke oder Bündel anzufassen.« Hopkins tat es trotzdem. Er schlug dem Schicksal damit ein Schnippchen. Oder dieses ihm?

Auch Mark Twain (1835–1910) war immer für eine Überraschung gut. Vor seinem Ableben soll sich der US-Schriftsteller und Berufszyniker wie folgt geäußert haben: »Ich kam auf die Welt mit dem Erscheinen des Halleyschen Kometen. Er kommt im nächsten Jahr wieder, und es wäre die größte Enttäuschung meines Lebens, nicht gemeinsam mit ihm abzutreten. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat sich der Allmächtige gesagt: Hier sind diese beiden komischen Freaks. Sie sind zusammen gekommen, sie müssen auch gemeinsam gehen.« Älteste nachprüfbare Quelle besagter Zeilen ist Biograf Albert Bigelow Paine, dem Twain seine Lebenserinnerungen ab 1906 diktierte. Tatsächlich wurde der Schriftsteller am 30. November 1835 unmittelbar nach Halleys Erscheinen geboren und segnete nur gerade einen Tag nach Halleys Rückkehr am 21. April 1910 das Zeitliche. Purer Zufall? Vielleicht.

Szenenwechsel. 5. Februar 1971, am frühen Morgen. In der Schweizer Touristenhochburg Luzern herrscht Großalarm. Nach einem Handwerkerpfusch brennt der dortige Bahnhof lichterloh. Die 100 Kilo schwere Bahnhofsuhr übersteht die Feuersbrunst, bleibt nach dem Einsturz der großen Gebäudekuppel aber um exakt 9:03 Uhr stehen. Gespenstisch, aber wahr: Eine vergilbte Planskizze aus dem Jahr 1911 zeigt den damals noch nicht gebauten Luzerner Bahnhof, samt seiner großen Uhr. Welche Zeit ihre Zeiger auf besagter Zeichnung anzeigen? Exakt 9:03 Uhr! Ebenfalls nur ein Zufall? Vielleicht. Jedenfalls wurde der Neubau 1991 auf den Tag genau 20 Jahre später eröffnet. Pünktlich um 9:03 Uhr.

Glück und Unglück lagen auch bei Roy Cleveland Sullivan (1912–1983) aus Greene County, Virginia, lebenslang unmittelbar nebeneinander. Gemäß offiziell bestätigten Angaben wurde der US-Forstbedienstete im Laufe seines Lebens siebenmal vom Blitz getroffen. Laut Spiegel vom 27. September 2013 sogar achtmal! Unglaublicherweise überlebte er jeden Einschlag ohne gravierende gesundheitliche Folgen – ehe sein Leben durch einen bis heute ungeklärten Pistolenschuss ein tragisches Ende fand. Ein weiterer Zufall? Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht.

13   Etliche Male vom Blitz getroffen: der amerikanische Forstbedienstete Roy Cleveland Sullivan (1912–1983).

Synchronizitätsphänomene dieser Art ließen selbst den Psychologieprofessor und UFO-Befürworter Carl Gustav Jung (1875–1961) verzweifeln. Im österreichischen Physiker Wolfgang Pauli fand Jung einen ebenso selbstkritischen Gesinnungsgenossen, mit dem er sich austauschen konnte. Auch Pauli verstand die Welt nicht mehr. In welchem wissenschaftlichen Labor oder Institut auch immer sich der Nobelpreisträger aufhielt – stets gingen in seiner Anwesenheit teure technische und experimentelle Apparaturen zu Bruch oder versagten unerklärlicherweise ihren Dienst, wie er zerknirscht bestätigen musste. Humorige Fachkollegen bezeichneten besagten »Pauli-Effekt« anlehnend an dessen berühmtes Ausschließungsprinzip später als »zweites Paulisches Ausschließungsprinzip«: »Es ist unmöglich, dass sich Wolfgang Pauli und ein funktionierendes Gerät im selben Raum befinden.«

Um sich nicht damit beschäftigen zu müssen, tun Skeptiker derlei phänomenale Koinzidenzen bis heute mit der inhaltsleersten aller Floskeln ab – dem »Zufall«. Eine anerzogene, nichtssagende intellektuelle Bankrotterklärung, die das Unglaubliche sprachlich derart geschickt kastriert, normiert und vereinheitlicht, dass wir es mit einem Schulterzucken guten Gewissens verdrängen können, als wäre es die selbstverständlichste Nebensache der Welt. Frei nach dem Motto: Natürlich gibt es Zufälle. Aber nur im Sinne von vernachlässigbaren Rissen eines ansonsten blitzblank polierten Realitätskonstrukts, die wir nicht wahrhaben wollen. Schöpfungspatzer einer vermeintlich allumfassenden, universalen Wirklichkeit, die mit unserem Ableben ebenso schnell wieder verschwindet, wie wir sie uns lebenslang ausgemalt hatten?

Zurück bleibt das mulmige Gefühl, dass bei der kosmischen Chancenverteilung so manches nicht mit rechten Dingen zuzugehen scheint. Ist es nicht seltsam, dass hochbetagte Ehepartner, die ein halbes Leben miteinander verbrachten, nie Lottomillionäre werden, aber oft unmittelbar nacheinander sterben? Wie kommt es, dass wir nach etlichen Jahren plötzlich an einen vergessenen Freund denken und uns dieser wenige Minuten später vom anderen Ende der Welt unerwartet anruft? Und weshalb beschleicht uns manchmal die Erkenntnis, dass manchen dauerhaft das Glück in den Schoß fällt, während andere ohne Verschulden bis ans Lebensende andauernd vom Pech verfolgt zu sein scheinen?

Keine Katastrophen könnten das intellektuelle Dilemma besser verdeutlichen als die kurz nacheinander erfolgten Dramen der Malaysia-Airlines-Flüge MH370 und MH17. Die eine Passagiermaschine verschwand am 8. März 2014 vom Radarschirm, die andere wurde am 17. Juli 2014 über der Ukraine abgeschossen. Dies zum Schrecken der Australierin Kaylene Mann, welche vom Schicksal gleich zweimal bestraft wurde. Beim Verschwinden des ersten Fluges hatte sie ihren Bruder Rod Burrows und dessen Frau Mary verloren. Beim Absturz des zweiten Flugzeuges kamen ihre Stieftochter Marie Rizk und deren Mann ums Leben.

Gleich zweimal großes Glück im Unglück hatte dagegen der niederländische Radprofi Maarten de Jonge. Um ein Haar wäre er ebenfalls in Flug MH17 gesessen, hätte er kurz vor dem Abflug nicht die Maschine gewechselt, um ein paar Hundert Euro zu sparen. Zum zweiten Mal in Serie hatte ihm dabei eine gute Fee zur Seite gestanden. Denn nur durch »Zufall« hatte Maarten de Jonge wenige Monate zuvor auch keinen Platz in Flug MH370 gebucht. Weil er aus einem Bauchgefühl heraus spontan ein 50 Minuten später startendes Flugzeug vorzog. »Ich habe all die Menschen von Flug MH370 in der Wartehalle sitzen sehen.«

Das Schicksal küsste und quälte auch den US-Basketballer Austin Hatch intensiver als erwünscht. Zwar überlebte er 2003 und 2011 jeweils einen Flugzeugabsturz. Allerdings starben beim ersten Crash seine Mutter, sein Bruder und seine Schwester. Und beim zweiten Unglück verloren sein Vater und seine Stiefmutter ebenfalls ihr Leben. Für andere ein weiterer »Zufall« – für den amerikanischen Multimilliardär Elon Musk ein Wink aus einer anderen Welt. Der Tesla-Boss traut seinem eigenen Körper ebenso wenig wie den Gedanken seiner Bekannten. Denn wenn der technologische Fortschritt weiter anhält, und alles deutet darauf hin, dürften sich Schein und Sein schon bald weitaus intimer umarmen, als er glaubt. Bis zu dem Punkt, an dem wir nicht mehr sicher sein können, ob wir tatsächlich geboren – oder vielleicht nur erfunden wurden.

»Die Chance, dass sich die gesamte Menschheit – also auch wir! – gegenwärtig in einer virtuellen Computersimulation befindet, beträgt mittlerweile eine Milliarde zu eins!«, gab der Visionär 2016 auf der amerikanischen Code Conference unter Berufung auf neueste Forschungsergebnisse zu bedenken, während sich weltweit unzählige Gamer begeistert ihre Virtual-Reality-Helme überstülpten. Elon Musk wörtlich: »Heute besitzen wir längst fotorealistische 3D-Games mit Millionen von Menschen als gleichzeitigen Spielern – und das ist erst der Anfang. Irgendwann werden die virtuellen Computerwelten derart perfekt und realistisch werden, dass wir sie von unserer wirklichen Realität nicht mehr unterscheiden können. Nicht morgen und auch nicht übermorgen. Aber in 10 000 Jahren mit Garantie. Nach evolutionären Maßstäben ein Klacks. Spätestens dann wird es mit Sicherheit Milliarden solcher Spiele geben. Und eines davon beherbergt womöglich unsere heutige Welt. Hand aufs Herz: Was spricht dagegen? Wer beweist mir das Gegenteil?«

»Warum eigentlich nicht?«, fragt sich selbst Philosophieprofessor Nick Bostrom von der Oxford University, der die Gegebenheit einer irdischen Computersimulation im Fachjournal The Philosophical Quarterly (Vol. 53/211) schon 2003 als möglich bezeichnete – mit einer Wahrscheinlichkeit von 20 bis 50 Prozent. Denn auch in unserer kosmischen Nachbarschaft scheint mitunter nicht alles mit rechten Dingen zuzugehen, wie Fotos der Viking-1-Sonde Ende der 1970er-Jahre verdeutlichten, die auf dem Mars je nach Licht- und Schattenspiel ein riesiges steinernes Gesicht zeigten. Die Krux: Auf neueren Aufnahmen hat sich das monumentale Antlitz ebenso schnell aus unserer Realität verflüchtigt, wie es zuvor aufgetaucht war. Als hätte ein kosmischer Pixel-Kosmetiker kurzfristig zum Zauberstab gegriffen und kaschiert, was nicht sein durfte.

14   Das »Marsgesicht«, wie es Viking 1 erstmals fotografierte (1976).

15   Jack Kirbys visionäres Comic-Titelblatt von 1958.

Weltweite Aufmerksamkeit erlangte die umstrittene Struktur 1987 durch den Bestsellerautor Johannes von Buttlar (Leben auf dem Mars). Umso bizarrer, dass ein Comicheft besagtes »Marsgesicht« Jahrzehnte zuvor visuell vorwegnahm – gestaltet von Jack Kirby, einem legendären US-Zeichner (Iron Man oder X-Men). Unter dem Titel »The Face on Mars« hatte dieser schon im September 1958 skizziert, wie irdische Astronauten ein riesiges Steingesicht auf dem Mars erkundeten. Lange bevor unsere Sonden Nahaufnahmen des »Roten Planeten« schossen.

Ebenso eigenartig bleibt die Geschichte um den tragischen Untergang der Titanic am 14. April 1912. Rund 14 Jahre vor dem wirklichen Unglück ließ der amerikanische Schriftsteller Morgan Robertson in einem frei erfundenen Drama das seinerzeit weltgrößte Dampfschiff in seinem Roman Futility (1898) im Nordatlantik ebenfalls auf der Steuerbordseite einen Eisberg rammen und untergehen – samt zu wenigen Rettungsbooten und einer tragischen Romanze zwischen einem Schiffsoffizier und einer jungen Frau. Der Name seines Riesenkahns? Titan!

16   Unheimliche Vorhersehung: Titelblatt des amerikanischen Magazins The New Yorker vom 26. Juli 1993.

17   »Folgt demnächst!« Kinoplakat in der US-Zeichentrickserie Johnny Bravo (April 2001, Episodentitel: »Chain Gang Johnny«).

Zu denken gibt auch der Hollywood-Blockbuster Matrix. Und dies just in der Filmszene, als Lehrmeister Morpheus Keanu Reeves alias Neo in die reale Welt hinter der virtuellen Welt einführt und damit Millionen von Zuschauern ins Zweifeln brachte: »Ich will dir sagen, wieso du hier bist, Neo. Du bist hier, weil du etwas weißt. Etwas, das du nicht erklären kannst. Aber du fühlst es. Du fühlst es schon dein ganzes Leben lang, dass mit deiner Welt etwas nicht stimmt. Du weißt nicht was, aber es ist da. Wie ein Splitter in deinem Kopf, der dich verrückt macht. Weißt du, wovon ich spreche? Was ist real? Wie definierst du ›echt‹? Wenn du davon sprichst, was du fühlen und riechen kannst, was du schmecken und sehen kannst, dann sind es im Grunde lediglich elektrische Signale, die von deinem Gehirn interpretiert werden.«

18   Flugzeugeinschlag im World Trade Center. Comicseite aus dem Clever-&-Smart-Album »El 35 Aniversario« (1993) von Ibáñez.