Genesis - Veit Lindau - E-Book
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Genesis E-Book

Veit Lindau

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Beschreibung

Verständnis. Vergebung. Neubeginn: der inspirierende Aufruf von Bestsellerautor Veit Lindau zur Versöhnung der Geschlechter Die anstehenden Herausforderungen der Menschheit – individuell und kollektiv – sind nur durch eine neue, bewusstere Cokreation der Geschlechter zu lösen. Paare können an Krisen zerbrechen, Männer und Frauen sich ewig an alten Wunden zerreiben, oder aber in eine völlig neue Dimension an Ehrlichkeit, Intimität und WIR-Power hineinreifen. Dafür ist es sehr wichtig, sich achtsam und neugierig mit dem wachgerufenen Licht (Solidarität, Hoffnung, Liebe), aber eben auch mit dem Schatten (alte Wunden, ungelöste Konflikte, Verachtung) auseinander zu setzen. Genesis leistet einen provokanten und zugleich heilsamen Beitrag für die Versöhnung und Befreiung der Geschlechter. Was die Feminismus-Debatte und #metoo bis jetzt erreicht hat, ist nicht das Ende, sondern erst der Anfang. Veit Lindau erforscht den Mythos der Gegensätze von Mann und Frau, legt schonungslos Wunden auf beiden Seiten offen und lädt zur Vergebung ein. Er beleuchtet Wege, auf denen beide Geschlechter ihr einzigartiges Potential noch stärker entfalten können. Denn jeder Mann trägt weibliche Anteile in sich und jede Frau männliche, die es in Balance zu bringen gilt. Diese Kräfte miteinander auszusöhnen und zugleich in ihrer individuellen Schönheit zu feiern, ist die Mission von Genesis. Veit Lindau zeigt, wie beide Seiten miteinander vereint werden können, denn in der bewussten Integration beider geschlechtlicher Pole in uns setzen wir eine enorm starke Quelle an Kreativität frei, von der beide Seiten nur profitieren können. - Gegensätze von Mann und Frau erforscht - eigenes Kapitel zur LGBTQ+-Community und der Auffassung von Gender allgemein - viele Lösungsansätze für eine Beziehung auf AugenhöheVeit hat ein wichtiges Buch zur richtigen Zeit geschrieben. Ich wünsche mir, dass viele Männer es lesen. Aus Gründen. Lars Amend, Bestsellerautor

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Seitenzahl: 360

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Impressum

© eBook: 2021 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

© Printausgabe: 2021 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

Gräfe und Unzer Edition ist eine eingetragene Marke der GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, www.gu.de

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, sowie Verbreitung durch Bild, Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Projektleitung: Miriam Nüberlin

Lektorat: Silke Panten

Covergestaltung: Independent Medien-Design, Marta Olesniewicz, München

eBook-Herstellung: Isabell Rid

ISBN 978-3-8338-7922-7

1. Auflage 2021

Bildnachweis

Coverillustration: Marko Puclin

Fotos: Leona Lindau

Syndication: www.seasons.agency

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Widmung

Ich freue mich, dass sich unsere Wege kreuzen

und du diese Zeilen liest.

Ich widme dieses Buch

dem Wunder, das du bist,

deiner kreativen Kraft

und den unbegrenzten Möglichkeiten deiner Beziehungen.

Du bist, egal, was dir andere erzählt haben oder was du selbst von dir

glaubst, einzigartig, genial und wunderschön.

Es gibt einen Ton, den nur du zur kosmischen Sinfonie beisteuern

kannst. Möge er dich finden und voll öffnen.

Erinnere dich

Ich sehne mich so sehr nach dir.

Ich sehne mich danach, vollständig von dir hereingelassen zu werden.

Ich bin nicht für Deals und Kompromisse zu haben.

Ich will alles.

Den tiefsten Fall und das höchste Licht.

Ich will von dir vollständig erkannt werden.

Schließ mich nicht aus, wenn ich nackt und fragend vor deiner Tür stehe.

Bitte mich herein, auch wenn ich weine oder wüte. Du willst deine Ruhe?

Ich kann dich nicht in Ruhe lassen.

Nicht in diesem Leben.

Denn wir haben geschworen, uns dieses Mal zu finden.

Nicht erst am Ende. Mitten drin.

Nicht im Himmel, sondern auf den Straßen deiner Stadt.

Im Dreck, in der Tristesse, im Schmerz.

In Ekstase und Stille.

Dieses Mal werden wir uns finden.

Also bebe ich vor Vorfreude,

dränge ich in Ungeduld,

wüte ich in Leidenschaft,

flüstere ich in Verzückung.

Bis du mich ganz hereinbittest.

Bis du dich an mich verschenkst, mit allem, was du hast.

Bis du mir all deine Beziehungen als Tempel weihst.

Bis meine Größe jeden Aspekt deiner Arbeit erleuchtet.

Lass dein kleines Ich in meinen Armen sterben.

Und deine stillen, leuchtenden Augen werden anderen davon berichten,

dass du geöffnet wurdest.

Ich bin hier.

Deine Seele

Prolog: Die Welt brennt

Ich möchte dir von einem Traum erzählen, mit dem dieses Buch in mein Leben kam. Ich erinnere mich an viele meiner Träume und meist weiß ich, ob sie mich als Person auf einer psychologischen Ebene betreffen oder ob sie aus einem anderen, größeren, kollektiven Raum stammen. Als ich an einem Morgen schweißgebadet erwachte, wusste ich, dass ich einen Auftrag erhalten hatte. Eine Botschaft, die in die Welt muss.

In meinem Traum hatte die Erde gebrannt. Die Wälder standen in Flammen. Überall war Krieg. Familien waren zerstritten und es war klar, dass die Menschheit kurz davor war, sich selbst auszulöschen. Trotz der vielen traurigen Bilder war ich sehr ruhig. Wie ein Beobachter aus einer anderen Dimension. Eine Stimme sprach zu mir: »Die Erde brennt, weil der Thron der Königin leer ist.«

Es ist mir fast unmöglich, diesen Thron mit Worten zu beschreiben. Ich sah ihn überdeutlich. Doch es war kein Thron aus einem Märchenfilm. Es ging auch nicht um eine einzelne Königin. Es war ein wesentlich mächtigerer Thron auf einer energetischen, archetypischen Ebene. Mir wurde offenbart, dass wir Menschen in unseren physischen Körpern quasi nur eine, und zwar die gröbste Ebene eines kosmischen Schauspiels sind. Wir alle werden von wesentlich feineren, einflussreicheren geistigen Feldern benutzt. Je nachdem, wie wir unseren Geist ausrichten, docken wir an Feldern sehr unterschiedlicher Qualität an. Diese drücken sich dann durch unsere Worte, Gefühle und Taten auf der Erde aus.

In diesem Traum war es so kristallklar zu erkennen, dass die archetypische Macht der Königin seit Tausenden von Jahren nicht mehr auf der Erde willkommen war. Vielleicht war sie es auch noch nie. Ich sah im Traum, wie alte Priesterinnen, Sängerinnen, moderne Unternehmensführerinnen ihr Leben dafür gaben, den Kanal zu diesem Feld aufrechtzuerhalten. Doch sie waren einsam und zu wenige. Zum Beispiel sah ich Lisa Gerrard und ich verstand plötzlich, warum diese Frau für ihre Musik eine nichtmenschliche Sprache erfunden hatte. Wenn du sie nicht kennst, hör ihre Lieder und du wirst verstehen.

Die Stimme im Traum lehrte mich weiter: »Es ist dringend notwendig, dass jede Frau diese Königin in sich findet und ihr den Thron bereitet, den sie verdient hat. Frauen müssen mehr in Führung gehen. Nicht als Kopien von Männern, sondern als Königinnen.«

Ich habe lange überlegt, ob ich diese Eindrücke mit dir teile, denn das Letzte, was ich in deinem Kopf erzeugen möchte, ist das Bild einer Frau mit einem Krönchen auf dem Kopf. Die Königin, die ich gern in dir ansprechen möchte, ist eine unsichtbare, unermesslich machtvolle Quelle von Liebe und Weisheit. Sie fehlt und deshalb brennt unsere Erde.

Als ich aus dem Traum erwachte, blieb ich gebannt von der so frischen Erinnerung liegen und fragte im Halbschlaf: »Was ist meine Aufgabe als Mann? Was kann und muss ich beitragen?«

Die Antwort kam prompt: »Deine Aufgabe als Mann ist es, dich und deine Brüder herauszufordern, den König auf dem Thron zu wecken. Denn er sitzt da seit Tausenden von Jahren allein, herrschend und doch blind. Der König hat seine Würde verloren. Es ist Zeit, dass er erwacht. Und dann geh hinaus und bitte alle Frauen, ihren Thron wieder oder zum ersten Mal einzunehmen!«

Ich fragte nach: »Frauen brauchen keinen Mann, der sie bittet. Sie haben die Macht, den Thron selbst einzunehmen.«

»Das stimmt. Doch es macht einen bedeutsamen Unterschied, ob die Königin kämpfen muss, um auf den Thron zurückzukehren oder ob sie respektvoll eingeladen wird. Sie kann kämpfen, o ja. Das hat sie in all der Zeit bewiesen. Doch ihre wahre Natur ist Hingabe. Frauen sind müde vom Sich-behaupten-Müssen. Ihre wahre Schönheit werdet ihr zu Gesicht bekommen, wenn ihr freiwillig den Raum bereitet, in den hinein sie sich entfalten kann.«

»Was soll ich den Frauen und den Männern sagen?«

»Begegne jeder Frau als Stellvertreter des gesamten männlichen Feldes. Sag ihr aufrichtig, was euch leidtut. Bitte sie um Frieden. Bitte sie, endlich auf ihre Weise in allen Bereichen in Führung zu gehen. Finde die Worte, die sie aus dem Mund eines Mannes hören muss, damit ihre Wunde heilen kann. Begegne deinen Brüdern als Bruder. Als ein Mann, der neben ihnen steht. Der von denselben Fragen bewegt ist. Erinnere sie an den König in ihnen. Appelliere an ihre Größe. Bitte sie, mit dir zusammen der Welt zu zeigen, wie schön Männer sind.«

Das war der Traum. Vor mittlerweile zwei Jahren. Ich begann, Vorträge dazu zu halten, und ich sah es in den Augen der Frauen und Männer, dass sie wussten, was ich meine. Und nun schreibe ich dir und hoffe, dass ich die Worte finde, die du lesen musst, um dich zu erinnern.

Denn unsere Welt brennt wirklich. Vielleicht hast du auf diese ernste Perspektive gerade keine Lust, weil es dir gut geht. Doch wir müssen darüber sprechen. Denn du bist in dem, was für unsere Menschheit kommt, wichtig. Ob du willst oder nicht, du wirst eine bedeutsame Rolle spielen. Die Menschheit steht an einer Weggabelung und wir alle entscheiden mit, wohin es von hier aus geht. Unsere Welt ist so offensichtlich aus dem Gleichgewicht. Sie brennt an so vielen Stellen, auf so vielen Ebenen, es bräuchte das gesamte Buch, um alle Feuer aufzulisten. Wir verbrennen unseren Heimatplaneten. Wir wissen es und wir machen einfach weiter. Wir verbrennen die kreative Lust am Schaffen und das einfache Glück der Gegenwart in einer zwanghaft von Wachstum und Leistung angetriebenen Gesellschaft. Wir verbrennen unsere Freude am Arbeiten im Burn-out. Wir verbrennen das geniale, kreative Potenzial unserer Kinder in völlig veralteten Bildungssystemen. Wir verbrennen die Hoffnung von Abermillionen Menschen auf ein gutes Leben durch brutale soziale und ökonomische Ungerechtigkeiten. Wir verbrennen die atemberaubenden Möglichkeiten so vieler Liebesbeziehungen in der starren Struktur einer Kleinfamilie. Wir verbrennen Nahrung, während Kinder an Hunger sterben.

Unsere Welt brennt. In gewisser Weise hat sie das schon immer. In Teilen konnten wir das Feuer bändigen. Doch jetzt hat der Zauberlehrling zerstörerische Geister entfesselt. Die Dinge entwickeln sich nicht mehr überschaubar, sondern disruptiv und exponentiell. Spätestens seit der Corona-Pandemie wissen wir, dass es nur eines kleinen unsichtbaren Virus bedarf, um die Illusion unserer Kontrolle zutiefst zu erschüttern und viele Teile unserer Gesellschaft in Brand zu setzen.

Unsere Welt brennt nicht nur außen, sondern auch in uns. So viele Menschen, vielleicht auch du, schmoren in der Hitze ungelöster existenzieller Fragen. In so vielen von uns entflammt – nicht mehr löschbar – die unbequeme Sehnsucht nach mehr Sinn. Wir haben so viel. Wir wissen so viel. Doch wissen wir auch, wofür wir all das haben und wissen? Wenn Bewusstsein erwacht – und ich wette, das passiert in dir, sonst würdest du nicht so ein Buch lesen –, ist dies nicht nur nett. Neue Konflikte erzeugen eine starke geistige Reibungshitze. Es entsteht ein Wunsch nach einem guten weltlichen Leben und seelischer Integrität. Es erwacht das Bedürfnis, alles rational zu verstehen und zu staunen. Innerlich Stille zu finden und da draußen auf dem Marktplatz mitmischen zu wollen. Das Mitgefühl mit all den Menschen, die in unser Land strömen und die vielen neuen Fragen, die unser multikulturelles Miteinander aufwirft.

Bist du erschöpft, ausgebrannt? Viele Menschen sind dies heutzutage. Warum ist das so? Ist das Normale auch natürlich? Wir reißen uns den Arsch auf. Wir lernen dazu. Wir versuchen in diesem fast aus dem Gleis springenden Schnellzug mitzuhalten. Doch wofür? Geht es hier noch um uns? Ging es das überhaupt jemals? Oder bedienen wir ein Monstrum der Umsatzzahlen? Ich will dich nicht deprimieren. Ich muss aber einmal den Finger tief in die Wunde legen, damit klar wird, dass es in diesem Buch nicht um eine interessante Überlegung geht, sondern um unser Überleben und dann – hoffentlich – unser Erblühen.

Warum müssen Krankenschwestern, die Leben retten, Pädagoginnen, denen wir unsere Kinder anvertrauen, oder Künstler, die diese Welt schön für uns alle machen, so oft um Anerkennung und eine faire Bezahlung betteln, anstatt täglich als Held*innen gefeiert zu werden?

Buckminster Fuller sagte einst, wir wären die Kapitäne eines Raumschiffes namens Erde.1 Doch wer von uns sitzt denn wirklich am Steuer und warum rasen wir feiernd auf eine Wand zu? Die Wissenschaft ist den Menschen enteilt. Wir wissen intellektuell so viel und setzen erbärmlich wenig davon um. Die alten Institutionen und Unternehmen versuchen wie riesige Tanker, ihren Kurs anzupassen und den Eisbergen auszuweichen – viel zu langsam und fantasielos. Währenddessen haben neue, elitäre, digitale Netzwerke längst das Ruder an sich gerissen. Ich behaupte, auch sie wissen nicht, was sie tun. Sie manipulieren Verstand und Gefühl von Milliarden Menschen, ohne sich ihrer ethischen und karmischen Verantwortung bewusst zu sein. Sie fesseln Geister noch mehr an die Matrix, anstatt ihnen beim Erwachen zu helfen. Und während wir noch nicht mal ansatzweise begriffen haben, was es bedeutet, Mensch zu sein, erschaffen sie die nächste Generation Leben. Künstliche Intelligenzen sind jetzt bereits schlauer als wir und manipulieren uns mehr, als sie uns wirklich nutzen. Sie diktieren uns ein Tempo auf, das uns ausbrennt.

Diese Welt brennt an so vielen Ecken und Kanten. Ich könnte ewig so fortfahren. Doch dies ist kein Buch der Verzweiflung. Es ist ein Weckruf für den Gestalter, die Schöpferin in dir. Denn du, und ich meine wirklich dich, wirst eine wichtige Rolle in dem spielen, was kommt. Vielleicht denkst du: »Ich bin doch nur ein einzelner Mensch. Ich bin doch so klein.« Ich muss dich nicht persönlich kennen, um eines ganz sicher zu wissen: Du bist viel größer und mächtiger, als du denkst. Nicht in irgendwelchen Büchern oder Vorstandsetagen, sondern dort, wo du atmest und Fragen stellst, entscheidet sich unsere Zukunft. Ich bin kein verklärter Optimist. Ich sehe Nachrichten. Ich sehe das Böse in unseren Taten. Ich sehe die bedrohlichen Zahlen. Ich schaue hin, denn nur so kann ich meiner Verantwortung für die Zukunft gerecht werden. Doch ich sehe auch das Licht. Vielleicht liegt es an den glücklichen Umständen meiner Arbeit. Ich komme tagtäglich mit Menschen zusammen, die das Gute wollen und die wirklich Lust haben, etwas Neues zu erschaffen. Ich glaube auch an Tipping Points. Ich glaube an die Zahl 3. Laut Zukunftsforscher Tristan Horx braucht es etwa 3 bis 6 Prozent der Bevölkerung, um einen neuen Trend zu setzen.2 Vielleicht sind wir sogar schon viel mehr. Doch wir müssen uns stärker vernetzen und definitiv müssen sich viele Menschen in dem, was kommt, noch viel wichtiger nehmen. Unser Bewusstsein hat eine erstaunliche Eigenschaft. Wir verfügen über die Fähigkeit, in jedem Augenblick neu zu wählen. Wir können wiederholen, was wir gestern dachten und taten, und erschaffen so eine Kopie. Oder wir gestatten uns heute und hier einen neuen Gedanken, eine neue Tat und betreten damit ein neues Universum. Die Menschheit steht an einer Weggabelung. Dystopien aus düsteren Filmen könnten real werden. Vielleicht setzen wir das gesamte Experiment in den Sand. Für den Kosmos wird es nur wie ein winziger Lichtfunke gewesen sein, der kurz aufleuchtete und wieder erlosch. Doch was wird es für uns bedeuten, wenn wir scheitern? Für den Geist in uns, der hierherkam, um frei zu wählen und bewusst zu erschaffen?

Genesis ist wahrscheinlich ein im konservativ-religiösen Sinne ketzerisches Buch. Das Wort »Genesis« kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet Schöpfung, Entstehung, Geburt. Die wahrscheinlich früheste und bekannteste Erwähnung finden wir im ersten Buch Mose und im christlichen Alten Testament. Genesis beschreibt dort die Erschaffung der Welt.

»Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser. Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht.« (Gen 1,1–3)

Ich glaube, dass es Zeit ist, dass wir diesen alten Gott in Frieden ziehen lassen. In einer Zeit, als wir sehr wenig über uns wussten, hat ER uns als Polarstern gedient. Dafür haben wir Ihn gefürchtet und verehrt. Haben wir den Mut, uns selbst als lebendige Genesis zu begreifen? Schöpfung fand nicht irgendwann im Himmel statt und ist nun erledigt. Was wäre das auch für ein unvollständiges Bauwerk?! Genesis entwickelt sich weiter, und zwar genau da, wo du heute atmest, liebst, leidest und erwachst. Gott ist noch lange nicht fertig. Gott spielt weiter. In deiner Küche, umgeben von schreienden Kindern. Im ekstatischen Sex, dem Aufstellen deiner Steuererklärung und im nächsten Vorstandsmeeting. In der dunklen Verzweiflung einsamer Nächte, auf dem Klo und während du diese Zeilen liest. Der alte Gott, auf den wir warteten, den wir anbeteten und fürchteten, hat den Staffelstab an uns übergeben. Da, wo du lebst, wird die Welt erschaffen. Durch dich! Durch deine Gedanken und Taten. Wir sind die Schöpfer*innen und wir sind das Resultat. Ist das anmaßend? Nein. Es ist viel dreister, wenn du deine schöpferische Verantwortung verleugnest. Es ist geradezu überheblich, wenn du Gott von dir trennst. Das, was die Mystiker*innen und Weisen aller Zeiten staunend und still, hilflos stammelnd versucht haben, mit dem Begriff Gott zu beschreiben, ist nicht da draußen. Es ist in dir. In jeder Zelle deines Körpers. In jedem deiner Atemzüge. In jeder Frage, die du dir heute stellst. Gott schreibt diese Zeilen. Gott liest diese Zeilen. Gott erwacht in dir und mir. Das kann diese schöpferische Urgewalt nur, wenn wir sie von jenem externen Thron herunterholen in unser eigenes Herz. Aus dem fernen Himmel auf die verdreckte Straße. Unsere Genesis ist noch nicht vollendet. Sie fängt heute erst richtig an. Wenn wir aufhören, zu warten und zu hoffen. Wenn wir das Leben in uns ernst nehmen und die Auswirkung, die jede unserer Handlungen auf alles hat. Und wenn wir anerkennen, wie sehr wir uns brauchen. Denn wir erschaffen einander. Starkes Ich und starkes Wir.

Die Welt brennt auch, weil viel zu viele Menschen warten, dass die Lösung irgendwo da draußen passiert. Jemand wird kommen und es richten. Irgendeine Regierung wird schlau genug sein. Ich wähle eine Partei und die macht es dann. Nein. Wir sind dran – du und ich. Ich glaube, dass es sehr viele gute und begabte Menschen auf der Welt gibt. Doch es fehlt derzeit auffällig ein gemeinsamer, für alle attraktiv leuchtender Mythos, um die Kräfte zu vereinen. Die alten Menschheitsgeschichten sind hoffnungslos veraltet. Die Versprechen der Aufklärung und der liberalen Leistungsgesellschaft sind massiv entzaubert worden. Unsere aktuellen Regierungen vereinen nicht mit starken Visionen, sondern verunsichern durch hektische Kurswendungen, um die Wahlberechtigten nicht zu verschrecken. Kein Wunder, dass derzeit Autokraten und rechtsgerichtete Parteien an Macht gewinnen. Denn in angsterfüllten Zeiten sehnen sich die Menschen nach einfachen Lösungen und der guten, alten Vergangenheit.

Die Welt brennt, weil der Thron der Königin verwaist und der König auf seinem Thron eingepennt ist. Jetzt ist die Zeit, da sie zurückkehrt und er erwacht. Die Welt braucht eine neue Sprache. Radikal neue Visionen. Neue, ungewöhnliche Stimmen. Neue Räume für Intuition. Eine neue Form der Führung und der Co-Creation. Eine neue Art, Computer zu programmieren. Neue Prinzipien der Verteilung. Neue Prioritäten und Werte in Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und im Bett. Diese Welt braucht Menschen, die begreifen, dass die Ehrung des Weiblichen nicht die Bedrohung, sondern die Rettung des Männlichen ist. Befreie dein Geschlecht von allen begrenzenden Ideen und antrainierten Rollen. Du bist viel mehr als ein Mann oder eine Frau. Du bist ein lebendiger Prozess, ein unfassbar schöner, einzigartiger Tanz zweier kosmischer Urkräfte – Eros und Logos3. Gott und Genesis sind in dir. Entfessle und ehre alle Kräfte in dir, die dunklen und die hellen, und dann staune, was das Leben in dir gebären will.

Du bist kein Irrtum. Du bist Genesis im Prozess.

Über dieses Buch

Nie zuvor haben sich Frau und Mann so sehr gebraucht wie jetzt. Wir werden die Herausforderungen unserer Zeit nur lösen, wenn wir gemeinsam wirken und uns geistig befruchten. Wir kommen von verschiedenen Ufern. Wir sehen und empfinden die Welt verschieden und das ist gut so. Wir können und müssen jetzt voneinander lernen. Wir haben keine Zeit mehr für das Festhalten an Groll und Schuld. Lass die abgenutzten Vorurteile fallen. Vergib. Lass die Vergangenheit los. Sie ist vorüber. Beginne neu. Öffne der anderen Seite radikal deinen Geist und dein Herz, so als wenn du sie zum ersten Mal entdeckst.

Mein Anliegen

Dieses Buch verfolgt drei Anliegen.

Auf der tiefsten Ebene möchte ich dich für das Wunder deines eigenen Lebens begeistern. Für mich bist du ein komplexes Wunder mit so faszinierenden und mächtigen schöpferischen Fähigkeiten. Da wir alle nicht wissen, wie lange wir leben dürfen, ist jeder Tag eine kostbare Chance, diese Wundertüte neugierig und mutig auszupacken. Wir sollten uns niemals der grauen Routine eines vorprogrammierten Alltags hingeben, sondern uns diesem Moment jetzt gerade intensiv, fragend, liebend hingeben.

Ich möchte dir ein Verständnis jenes einzigartigen Mix zweier alchemistischer Urkräfte – Logos und Eros – vermitteln und dir zeigen, dass sie nicht nur eine Idee sind, sondern mächtige Zutaten deiner Kreativität. Wenn du beide bewusst in dir wachrufst und aus alten Gefängnissen befreist, wirst du eine enorme Steigerung an Kreativität, Wirksamkeit, Freiheit und Lebensfreude erfahren.

Ich möchte mit diesem Buch einen Beitrag für den Frieden zwischen den Geschlechtern und in der Welt leisten.

Wenn wir das Wort Krieg hören, denken wir meist an Soldaten und Waffen, an sich bekämpfende Länder oder Parteien. Doch ich bin überzeugt, dass jeder Streit und jede Schlacht dieser Welt einem wesentlich leiseren, älteren und doch so viel mächtigeren Krieg entspringt – der Feindschaft der Geschlechter. Vielleicht empfindest du diese Wortwahl als übertrieben, weil du in einer Umgebung lebst, in der sich Männer und Frauen relativ respektieren. Zuerst einmal freue ich mich dann für dich, denn dies ist leider in vielen Teilen der Erde noch nicht der Fall. Jedoch befürchte ich, dass das, was die meisten als Frieden zwischen den Geschlechtern betrachten, eher ein zur Norm gewordener Waffenstillstand ist. Tief unter der Oberfläche eitert eine uralte Wunde, die sich in abgedroschenen Klischees über die »andere« Seite, in verachtenden Witzen und sexistischen Anfeindungen, aber auch in aufgegebenen Träumen und Frust offenbart. Nein, diese Wunde ist immer noch nicht vollständig erfühlt und noch lange nicht geheilt.

Feminist*innen würden jetzt sagen, dass diese Wunde so alt ist wie das Patriarchat, also etwa 10 000 Jahre. Dieses Buch wird sich viel mit dieser Epoche der Menschheit auseinandersetzen, denn wir müssen begreifen, wie sehr uns diese Zeit geprägt hat. Sie hat uns alle – Frauen und Männer – für essenzielle und wertvolle Anteile unserer Seele blind gemacht. Wir haben eine Kultur erschaffen, die froh darüber ist, lediglich aus dem Zustand der gnadenlosen Ausbeutung in den der halbwegs zivilisierten Konkurrenz gewechselt zu sein. Ich meine damit nicht nur unsere Wirtschaft, sondern auch die subtile und doch so machtvolle Konkurrenz zwischen Frauen und Männern – in Ehen, Teams und Unternehmen.

Vielleicht hast du dich bereits viel mit dem Patriarchat beschäftigt. Ich hoffe, dass ich der so dringend notwendigen Geschichtsaufarbeitung eine Perspektive hinzufügen kann, die noch mehr Männer positiv motiviert, an den Tisch zu kommen. Denn mal ganz ehrlich, warum soll ich mich als Vertreter der Spezies, die ständig angeklagt wird und die ganz sicher eine Menge Privilegien loslassen werden muss, freiwillig dem Prozess stellen? Ich wünsche mir sehr, dass es mir gelingt, euch wunderbare, coole und so verletzliche Typen davon zu überzeugen, dass wir auch gewinnen werden.

Doch ich möchte mit dir geschichtlich noch weiter zurück und im Bewusstsein wesentlich tiefer reisen. Denn tatsächlich glaube ich, dass die Wunde, die nach Heilung ruft, deutlich älter ist als das Patriarchat. Seit der kognitiven Revolution vor 50 000 bis 90 000 Jahren ist etwas in uns Menschen erwacht. Manche nennen es Bewusstsein, andere Seele, wiederum andere Atman. Ein Funke Licht in uns drängt an die Oberfläche. Wir ringen darum, uns selbst und unser Gegenüber zu erkennen. Alles, was wir bisher erfanden und erschufen, alles, was wir zerstörten – all das war auch ein Versuch, uns selbst zu finden. Jede Sucht und jede Ablenkung, in die wir uns stürzen, ist eine Spiegelung unseres Vergessens. Jeder Schmerz, den wir immer noch uns selbst und anderen zufügen, ist in Wahrheit ein Ausdruck der Sehnsucht, endlich in einen Spiegel zu sehen und wirklich uns zu sehen. Endlich in die Augen eines anderen zu schauen und einander wahrhaft zu erkennen. Ja, es geht in diesem Buch sehr viel um den Krieg zwischen dem männlichen und dem weiblichen kollektiven Feld, in dem all die unzähligen Missverständnisse, Enttäuschungen und Verletzungen gespeichert sind, die wir uns in Blindheit angetan haben. Es geht auch um die Beilegung deines persönlichen Kampfes mit dem anderen Geschlecht. Doch vor allem ist dieses Buch ein Beitrag für deinen inneren Frieden und deine Freiheit. Denn du bist so viel mehr als ein Mann oder eine Frau. Du bist das Aufeinandertreffen kosmischer Urgewalten – von Eros und Logos. Wenn diese beiden in dir miteinander tanzen dürfen, werden sie dich nicht nur heilen und stärken. Du wirst einen evolutionären Quantensprung erfahren. Ich weiß, dies sind starke Worte. Vielleicht denkst du, ich übertreibe. Du musst wissen, ich habe die Ehre, für und mit Tausenden von Menschen auf einer sehr ehrlichen und radikalen Ebene an Bewusstseinsentwicklung zu arbeiten. Und dabei bin ich täglich Zeuge, wie viel Freude und Kreativität freigesetzt wird, wenn wir vergeben und die Vergangenheit loslassen, wenn wir Licht und Schatten, Größe und Hässlichkeit in uns willkommen heißen, und wenn wir eine noch größere Dimension dessen erkennen, wer wir sind.

Es wäre mir eine solche Freude, wenn du nach dem Lesen der letzten Seiten das Buch dankbar und still zusammenklappst, dich mit leuchtendem Herzen vor den nächsten Spiegel stellst und aufrichtig sagen kannst: »Ich sehe mich. Ich liebe mich. Ich bin bereit, das Wunder meines Lebens voll anzunehmen.« Vielleicht klingt es für dich seltsam. Ich wünschte, ich könnte dir all das, was in diesem Buch steht, von Angesicht zu Angesicht sagen: Ich begreife mich weniger als ein Autor als vielmehr als ein Heiratsvermittler zwischen dir und dem noch in dir schlummernden Potenzial. Wir sind fast alle in feste, starre Ich-Ideen hineinerzogen worden. Ich möchte dich einladen, jede Schublade zu sprengen, in die du deinen Geist gesperrt hast. Dein Herz weiß schon immer, dass du ein unbegrenztes Wesen bist. Es hat dich hierhergeführt und lässt dich diese Zeilen lesen. Jetzt musst du nur noch deinem wundervollen Verstand gestatten, viel freier und größer darüber zu denken, wer du bist. Egal, wie alt du bist; egal, wie viele Siege und Niederlagen du erfahren hast – dies heute ist erst der Anfang!

Doch was hat deine Potenzialentfaltung eigentlich mit dem Frieden in der Welt und der Befreiung der Geschlechter zu tun? Nun, eine, vielleicht die bedeutsamste Hochzeit, die wir auf dem Weg zu uns selbst erfahren dürfen, ist die bewusste Vermählung der weiblichen und männlichen Qualitäten. Denn die Konkurrenz zwischen den beiden Polen findet nicht nur in unserer Gesellschaft statt, sondern auch in uns. Wenn du als Mann gelernt hast, deine weiblichen Anteile zu unterdrücken, macht dich das nicht männlicher. Es engt deine emotionale Bandbreite ein. Es reduziert deine Kreativität und verschließt dir den Zugang zu deiner Intuition. Dieser Krieg in dir macht dich von Frauen coabhängig. Er kann dich krank machen und dich zeitiger sterben lassen. Du wirst durch dieses Buch erfahren, dass alles, was gut ist an deiner Männlichkeit, durch das nährende Licht deiner weiblichen Anteile noch mehr erblühen wird. Du wirst durch diesen Weg potenter, smarter, souveräner. Interessiert?

Viele Frauen in unserer Gesellschaft müssen bereits ihren Mann stehen. Oft auf Kosten ihrer natürlichen Weiblichkeit. Sie leiden selbst am allermeisten an der inneren Verhärtung. Dieses Buch hilft dir als Frau, diesen Panzer zu lösen und dich aus einer gestärkten Weiblichkeit heraus neu und dieses Mal freiwillig auf deine männlichen Qualitäten zu beziehen. Stell dir vor, es ist möglich, jederzeit aktiv auf beide Pole zuzugreifen und sie im Sex genauso wie im Business bewusst und absichtlich einzusetzen. Interessiert?

Wenn du Eros und Logos ermöglichst, dich zu lehren und sich in dir alchemistisch zu verbinden, wirst du ein völlig neues Level an Lebensqualität und Selbstwirksamkeit erfahren. Denn nun schwingen sich beide Pole zu wahrer Co-Creation empor. Du wirst den geistigen Sprung vom ausschließenden, trennenden zum integralen Bewusstsein erfahren. Du wirst kognitiv, kreativ, ästhetisch, erotisch und kommunikativ einen gewaltigen Schub erleben. Lust darauf?

Und dann bringst du dieses neue Level an Freiheit und Lebendigkeit in alle deine Beziehungen. Wer sich selbst tiefer erkennt, sieht auch das Gegenüber viel klarer. Dein Blick hält die Frauen und Männer in deiner Umgebung nicht mehr mit sexistischen Vorurteilen fest, sondern entbindet sie neugierig daraus. Du gibst Raum zum Staunen und ermutigst zum Entfalten. Menschen werden sich in deiner Umgebung wohl und inspiriert fühlen. Sie werden, ohne dass du darüber groß Worte verlierst, in deinem Feld der Offenheit neue Aspekte an sich entdecken.

Jetzt müssen und werden wir, Frauen und Männer, neu zusammenkommen. Wir dürfen und werden nicht mehr recht haben wollen, sondern die Angst auflösen und diese uralte Wunde heilen. Wir werden unsere Beziehungen nicht mehr für Machtgeplänkel und Routinespielchen vergeuden, sondern nutzen, um uns miteinander an eine Möglichkeit zu erinnern, von der unsere Mythen und Gedichte seit Tausenden Jahren erzählen. Wir wissen alle instinktiv, dass es das bis hierher nicht gewesen sein kann. Unsere Sehnsucht wird uns nicht stagnieren lassen, bis wir täglich zusammenkommen und uns feiern. Weil wir endlich in der Lage sind, unsere verblüffende Verschiedenheit und die darunterliegende Einheit anzuerkennen. Wir werden im Namen der Liebe, der Lust und für die Zukunft unserer Enkel zusammenkommen und dem Wort Genesis eine neue Bedeutung geben. Wir werden nicht mehr hoffen und beten, dass ein Wunder passiert. Wir werden realisieren, dass das Wunder bereits geschehen ist. Die Urkraft des Lebens hat uns erschaffen und uns gleichzeitig mit der Fähigkeit ausgestattet, selbst neue Welten zu kreieren. Dies ist noch ein Fluch, weil wir nicht wissen, was wir tun. Doch vor allem ist es ein Geschenk. Eine Gnade.

So lass uns mit diesem Buch noch einmal rekapitulieren, woher wir kommen, lass uns endlich die Vergangenheit vollständig vergeben und loslassen, lass uns Mann und Frau aus inneren und äußeren Gefängnissen befreien und dann mit Passion und Liebe eine Welt erschaffen, die die wahre Würde und Größe spiegelt, zu der wir fähig sind.

Mein Wunsch an dich

Wenn ich mir etwas von dir wünschen dürfte, dann, dass du unserer Beziehung eine Chance gibst, dich wirklich zu berühren. Ich möchte dich nicht intellektuell berieseln. Ich bin kein Wissenschaftler, kein Philosoph und auch kein Coach, zumindest nicht nur. Ich schreibe dir als Mensch, als fragendes, lauschendes, neugieriges Wesen. Während ich schreibe, stelle ich mir vor, wir kennen uns. Wir sind gute Freunde. Wir nerven uns manchmal, doch in der Tiefe schätzen wir uns. Wir können Tacheles miteinander reden, weil wir uns grundsätzlich vertrauen. Ich sitze dir gegenüber und möchte dich mit Themen und Fragen bewegen, die uns alle angehen. Ich möchte dich herausfordern, dich zum Nachdenken, Lachen, Weinen und Handeln bringen. Ich möchte dich ermutigen, noch viel mehr an dich zu glauben. Du machst mir mit dem Lesen dieses Buches das größte Geschenk, was ein Mensch einem anderen bereiten kann. Du schenkst mir deine Aufmerksamkeit und damit deine Lebenszeit. Jede einzelne Stunde deines Lebens ist so unbezahlbar wertvoll, deshalb bitte ich dich: Gib den Worten und der Botschaft zwischen den Zeilen die Chance, dich auf allen Ebenen zu berühren. Du musst mir nichts glauben. Du kannst meinen Ausdruck mögen oder nicht. Du kannst mir widersprechen. Aber bitte bleib nicht nur in der intellektuellen Abteilung deines Gehirns hängen, denn dann verpasst du dieses Buch. Ich sende dir meine Nachricht auf drei Ebenen. Die logisch-rationale kannst du verstehen. Die emotionale kannst du fühlen, wenn du meinen Bildern folgst, die ich dir in diesem Buch anbiete. Dann gibt es eine dritte, lass uns sagen, unsichtbare, energetische Ebene, aus der heraus ich hauptsächlich kommuniziere. Die musst du kriegen. Ich beschreibe dann etwas, was du tief in dir drin bereits weißt. Manchmal muss man es einfach noch einmal lesen oder hören, damit es klick macht!

Dies ist mein einundzwanzigstes Buch und ich wollte dieses Mal bewusst keinen Ratgeber schreiben. Denn kein Ratschlag dieser Welt, keine noch so ausgefeilte Methode wird dem Wunder gerecht, das jetzt gerade diese Zeilen liest. Ich betrachte meine Worte eher als eine Art Dünger oder, verspielter formuliert, als magischen Feenstaub für ein in dir ruhendes Potenzial. Du musst gar nicht alles einhundertprozentig »verstehen«. Das geht eh nicht. Unser Verstand ist ein mächtiges Spielzeug, doch zum eigentlichen Mysterium hat er keinen Zutritt.

Dieses Buch wirkt psychoaktiv. Worte haben ihre Grenzen, doch sie können auf etwas deuten, was in deinem Bewusstsein real existiert. Auch wenn Eros und Logos erst einmal »nur« wie ein philosophisches Konzept klingen – sie sind wesentlich mehr. Sie existieren als zwei alchemistische Urkräfte in deinem Bewusstsein und sie werden sich melden, wenn du liest. Achte auf deine Träume, deine Begegnungen und Erlebnisse während des Tages.

Einladung an dich selbst

Hier eine verrückte Einladung: Schließ, bevor du weiterliest, deine Augen, leg deine Hände auf dein Herz und flüstere dir dann leise die folgenden Worte zu: »Du meine geliebte Seele, wenn du existierst, bitte ich dich, dieses Buch zu nutzen, um zu mir zu sprechen. Ich lausche dir. Ich bin für dich bereit.«

Mein Blick auf Gott

Ich habe gerade so salopp das Wort Seele verwendet. Ich gehe mit diesem Buch bewusst ein Risiko ein. Es kann sein, dass ich es mir mit dem Mainstream verscherze, weil ich die klassische Ratgeberecke verlasse und über Dinge schreibe, über die man nicht schreiben kann. Doch weißt du, als ich 50 Jahre alt wurde, habe ich mir geschworen, kein Blatt mehr vor den Mund zu nehmen. Ich habe davor nicht gelogen. Ich habe nur Themen weggelassen, die mir den Ruf eines Spinners einbringen könnten. Damit ist Schluss. Wenn ich mal abtrete, möchte ich alle Karten auf den Tisch gelegt haben. Ich finde, viele von uns führen seltsam gespaltene Leben. Ich kenne Wissenschaftler*innen, die sich in der Öffentlichkeit strikt auf Fakten und Statistiken berufen, aber zu ihrem Geburtstag im vertraulichen Kreis Schaman*innen einladen und allen Gästen eine Runde Ayahuasca spendieren. Ich hatte Businessklient*innen aus Vorstandsetagen, die mir im Vertrauen von tiefen Einheitserfahrungen berichteten und dies noch nie mit ihren Kolleg*innen geteilt hatten, mit denen sie Tag für Tag einen Großteil ihrer Zeit verbringen. Ich kenne Politiker*innen, die anonym ausgelassen und nackt ums Feuer tanzen, das jedoch nie ihren Stammwähler*innen erzählen würden. Schade eigentlich. Auch in meinem Kreis der Coach*innen und Speaker*innen kommen viele spannende Erfahrungen erst nach der öffentlichen Performance auf den Tisch. Ich verstehe das. Doch wir müssen damit aufhören. Wir müssen den offenen Fragen und der Magie des Lebens wieder mehr Raum geben. Wir wissen schließlich alle, dass da mehr ist als das, was wir wissen, oder? Warum nicht gemeinsam staunen und forschen?

Wenn du deine Sicherheit darin findest, dich nur auf das zu beziehen, was du sehen und anfassen kannst, verstehe und respektiere ich das. Doch bevor du mich als Fantasten abtust, wisse, ich bin auch ein sehr bodenständiger Mensch. Ich weiß, wo oben und unten ist. Ich habe eine wundervolle Tochter großgezogen. Ich leite gemeinsam mit meiner Frau ein Unternehmen mit zwanzig Mitarbeitenden und einem siebenstelligen Umsatz. Ich habe gelernt, in beiden Welten zu leben und sie zu verbinden. Für die Integrität dieses Buches werde ich also auch über Gott, Seele und Erwachen schreiben, weil diese namenlosen, grenzenlosen Innenräume auch ein wesentlicher Bestandteil des Lebens der meisten Menschen sind. Lass uns also gleich zu Beginn den Reizbegriff überhaupt ansprechen: GOTT. Was für eine Beziehung hast du zu dem Wort Gott? Ist es leer, bedeutungslos für dich? Steht es für Aberglauben? Oder deutet Gott auf das heiligste Zentrum deines Lebens?

Gott ist sicher neben Liebe die stärkste, tröstende und sinnstiftende Idee der Menschheit. Gott ist aber auch ganz sicher neben Liebe das am häufigsten missbrauchte Konzept. Menschen haben im Namen Gottes das Schönste und das Hässlichste aus sich herausgeholt. Wir haben Gott benutzt, um unsere Verantwortung abzugeben und uns klein und sündig zu fühlen. Wir sind in seinem Namen zu Kreuzzügen und Missionierungen aufgebrochen und haben dabei die fürchterlichsten Gräueltaten begangen. Dann kam das Zeitalter der Aufklärung und mit ihr die Wissenschaft. Gott wurde stolz für tot erklärt. Doch ist ER/SIE/ES das wirklich und wollen wir das überhaupt? 63 Prozent der Menschen weltweit glauben an eine Form von Gott oder geben es zumindest vor.4 Wie sieht es mit dir aus? Ich weiß, dies ist eine intime Frage. Doch ich muss sie stellen, denn du wirst in diesem Buch immer wieder auch etwas von Gott und Seele lesen. Je nachdem, wie du selbst dazu stehst, könntest du mich für einen religiösen Spinner oder einen schamlosen Ketzer erhalten. Also lass mich dir meinen Standpunkt erklären. Ich könnte alles weglassen, was nicht wissenschaftlich fundiert ist, und so vielleicht mehr Mainstream erreichen und seriöser wirken. Doch dann wäre mein Schreiben blutleer. Es wäre, als wenn ich mich beim Beschreiben eines Orgasmus nur auf die messbaren Zusammenhänge im Körper und nicht auf die Erfahrung konzentrieren würde. Gleich vorweg: Ich weiß nicht hundertprozentig, ob Gott existiert oder nicht. Ich sehe es als ein Zeichen von menschlicher Reife und Mut an, diese Unwissenheit nicht nur aushalten, sondern sich ihr hingeben zu können. Ich versuche also, mein Leben so zu leben, dass es Sinn ergibt, wenn Gott existiert, und auch, wenn nicht. Warum schreibe ich dann doch über diese mysteriöse Quelle? Weil ich Erfahrungen gemacht habe, die ich mir nicht ausdenken konnte und die mich zutiefst glauben lassen. Ich bin in der ehemaligen DDR ohne Gott und Kirche aufgewachsen. Als die Mauer fiel, war ich weder religiös traumatisiert, noch an Religion interessiert. Doch ich erfuhr Leid und Sehnsucht, wie jeder von uns. Ich wollte mich finden. Ich musste mich besser verstehen. Ich werde hier nicht alle Methoden, Therapien, Meditationen etc. aufzählen, die ich getestet habe. Doch ich bin auf diesem Weg immer wieder – meist unvorbereitet – in etwas Größeres hineingestolpert, was meine persönliche, kleine Existenz für einen Moment zum Stillstand brachte. Am ehesten finde ich diese Erlebnisse in den Beschreibungen von Nahtoderfahrungen wieder. Ich kenne und achte den Versuch nüchterner Wissenschaft, solches Erleben auf biochemische Vorgänge im Gehirn zu reduzieren. Ich glaube jedoch, das macht man nur, solange man es nicht selbst erfahren hat. Für mich steht es seitdem jedenfalls nicht mehr wirklich zur Diskussion, ob es so etwas wie eine Seele oder eine göttliche Quelle gibt. Diese Dinge sind nicht mit Worten beschreibbar, aber sie sind für jeden von uns erfahrbar.

Da ich die unglaublich heilsame, aufrichtende, erfüllende Kraft dieser Erfahrung kenne, muss ich darüber schreiben. Ich wäre ein Heuchler, wenn ich diese Ebene ausblenden würde. Ich riskiere lieber, dass mich einige falsch verstehen. Ich bin in keiner Weise religiös. Ich glaube nicht an einen Gott, der sich in Bücher bannen und durch Dogmen bändigen lässt. Doch ich verstehe und respektiere zutiefst, dass für sehr viele Menschen die Bibel, der Talmud oder der Koran ein existenzieller Halt ist. Wenn du gläubig bist, lies bitte die folgenden Zeilen sehr aufmerksam und am besten mehrfach.

Zunächst: Ich respektiere und ehre deinen Glauben.

Alles, was ich an manchen Stellen machen werde, ist, dein Konzept von Gott zu hinterfragen. Denn Geschichte hat uns gelehrt, dass eine starre Idee unsere wahre Liebesbeziehung zum Mysterium verzerren und sogar abtöten kann. Falls du nicht an Gott glaubst, setze einfach an den Stellen im Buch ein Wort ein, das du für dich akzeptieren kannst. Universum, Kosmos, Leben, die große Unbekannte.

Ich sitze übrigens sehr gern mit Wissenschaftler*innen zusammen und lasse mir die neuesten Erkenntnisse über die neurowissenschaftlichen Grundlagen solcher die Persönlichkeit transzendierenden Erfahrungen beschreiben. Ich freue mich immer riesig, wenn sie etwas entdecken, was die Beschreibungen der alten Mystiker*innen bestätigt. Ich möchte nur nicht mein Leben warten, bis die Wissenschaft alles erklären kann, was jenseits unseres Verstandes auf uns wartet. So viel Zeit habe ich nicht. Ich warte ja auch nicht auf die Liste mit der genauen Zusammensetzung des Ozeans, bevor ich in ihn hineinspringe und ihn genieße.

Zwei weitere Begriffe, die gern in einem Atemzug mit Gott genannt werden, sind Esoterik und Spiritualität. Auch darauf möchte ich mich kurz beziehen, damit keine Missverständnisse auftreten. Viele eher rational-analytisch eingestellte Menschen nutzen das Wort »esoterisch« mit einer abfälligen Betonung für jeden, der sich nicht nur auf Wissenschaft verlässt und die Welt anders sieht. Das wird weder diesen Menschen noch der Esoterik gerecht. Sich nur auf wissenschaftliche Erkenntnisse zu verlassen, ist im Grunde genommen auch eine Form von Glauben mit begrenztem Wahrheitsanspruch. Wer lange genug lebt, erfährt, wie oft die Wissenschaft ihre Aussagen revidieren muss. Außerdem wird dir jede*r seriöse Forscher*in demütig bestätigen, dass die eigene Disziplin nur einen begrenzten Lichtstrahl in das Mysterium des Universums werfen kann. Wenn ein Mensch nicht nur an Fakten glaubt, macht es ihn nicht gleichzeitig zu einem »Esoteriker«. Er sieht die Welt anders. Mehr nicht. Esoterik ist tatsächlich eine alte, philosophische, sehr komplexe Lehre, die heutzutage nur von relativ wenigen Menschen profund betrieben wird. Ich jedenfalls habe so gut wie keine Ahnung davon und kann deshalb auch kein Esoteriker sein.

Wenn ich also weder religiös noch esoterisch bin, bin ich dann vielleicht wenigstens spirituell? In irgendeine Schublade muss ich doch schließlich passen. Auch hier besteht das Problem darin, dass sechs Menschen gleichzeitig verständnisvoll nicken, wenn sie das Wort hören, und glauben, sie verstünden darunter dasselbe. Doch wenn man nachfragt, hört man sehr verschiedene Definitionen von Spiritualität: Für den einen bedeutet es, an Gott zu glauben, so wie es in der Bibel steht. Die nächste ist hellsichtig. Sie sieht Auren, Kobolde und Engel und ist deshalb spirituell. Die dritte hat sich im Buchladen um die Ecke ihr eigenes Glaubenssystem aus Affirmationen, Räucherstäbchen, Tarotkarten und noch ein bisschen Yoga zusammengebaut. Der vierte sieht die Aufgabe eines spirituellen Weges darin, jeden Tag ein möglichst guter, wahrer Mensch zu sein. Die fünfte hat sich dem Zen-Buddhismus verschrieben, sitzt vor einer weißen Wand und will erwachen. Und der sechste beschreibt einfach jeden sarkastisch als spirituell, der die Welt anders sieht als er.

Wer hat denn nun recht? Alle und keiner. Es gibt keine feste Definition des Begriffes. Deshalb möchte ich dich einladen, weder jemanden vorschnell in eine Schublade zu stecken, noch naiv zu glauben, du würdest mit allen spirituellen Menschen im selben Boot sitzen. Frag lieber nach.

Begreife ich mich als spirituell? Ja. Hier ist mein Verständnis: Ich wuchs wie gesagt strikt atheistisch auf. Als ich zwölf Jahre alt wurde, war ich oft sehr wütend und traurig. Scheinbar grundlos. Rückblickend sehe ich einen jungen Mann, der wusste, dass ihm etwas Essenzielles fehlt, der aber nicht die richtige Frage formulieren konnte. Es war hochgradig frustrierend. Mein erstes, wenn du so willst, spirituelles Erwachen hatte ich völlig unvorbereitet im Präparationssaal der medizinischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin. Ich hatte dort ein Medizinstudium begonnen. Wir sezierten im Laufe eines Jahres eine männliche Leiche. Erst die Haut, dann die Muskeln, die Nerven usw. Wir waren jung, unsensibel und machten eine Menge Witze über »Otto«, wie wir den Körper nannten. Doch im Laufe der Zeit wurde das Abtragen all der Schichten zu meiner ersten Meditation. Und ohne je etwas über Seele oder Gott gelesen zu haben, wusste ich, dass das, was da vor mir lag, nicht die Essenz eines Menschen ausmacht. Etwas fehlte. Etwas war gegangen. Und seitdem will ich wissen, was DAS ist. Ich begann, die alten spirituellen Schriften zu studieren. Vielleicht lag es daran, dass ich schon zu alt war oder zu kritisch, doch ich konnte die Beschreibungen nicht einfach als wörtlich wahr annehmen. Sie erschienen mir zu menschengemacht. Ich wollte nicht blind glauben. Ich wollte direkt erfahren. Ich werde hier nicht den ganzen Weg aufzählen. Ich hatte gute Wegbegleiter*innen, verrückte Lehrer*innen, wilde und sehr, sehr stille Momente.

Hier mein Fazit bis hierher: Wir haben einen Körper, doch wir sind nicht unser Körper. Wir sind mehr. Viel mehr. Wir existieren jetzt in diesem Moment auch in Dimensionen, auf die unser analytisch-urteilender Verstand keinen Zugang hat. Doch diese Ebenen sind erfahrbar. Alles zu seiner Zeit. Erwachen können wir nicht erzwingen. Es setzt ein, wenn wir es wählen. Immer anders, als wir es wollen, und immer so, wie wir es brauchen. Wir fürchten uns nicht nur vor dem Tod. Wir fürchten uns noch mehr vor dem Licht. Denn es gibt eine Quelle der Schöpfung. Ihr Licht ist für unser Ego furchterregend, gleißend, absolut, unermesslich … Wir müssen uns in Demut nähern. Die Liebe, die diese Quelle transmittiert, lässt sich nicht mit menschlicher Liebe vergleichen. Sie ist absolut und bedingungslos. Egal, was wir je verbockt haben, all unsere Erfahrungen sind ein Tropfen im Ozean ihrer Gnade.

Ich glaube, dass du und ich noch lange nicht alles wissen. Ich glaube, dass dieses Leben eine unfassbar kostbare Chance ist, um zu staunen und diese Zeitspanne zu nutzen, um so viel wie möglich über die existenziellen Fragen unseres Lebens herauszufinden:

Wer bin ich?

Woher komme ich?

Wohin gehe ich?

Wofür bin ich hier?