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Der zentrale Schlüssel für Erfolg UND Erfüllung heißt radikale Selbstliebe. Wie radikale Selbstliebe dein Leben revolutioniert, zeigt Veit Lindau in diesem Buch. Mach Frieden mit dir. Nimm dich an. Begrüße deinen Schatten. Umarme deine Schwächen. Heile deine Wunden. Befreie deinen Geist. Lass los, was dir schadet. Wähle, was dich stärkt. Dieses JA! zu dir ist ein revolutionärer Akt. Sei Dir treu. Lerne dich in allen Facetten anzunehmen, deine Bedürfnisse zu achten und deine wahre Größe zu bejahen. Heirate dich selbst und du bist frei! Dieses Buch handelt von Selbstliebe und davon, wie du dich selbst von ganzem Herzen, beständig, aufrichtig, treu und kompromisslos lieben lernen kannst. Es zeigt auf, wie sie die wesentlichen Bereiche deines Lebens – Berufung, Beruf, Beziehungen, Finanzen – positiv und von innen heraus verwandelt. Überarbeitete und erweiterte Neuausgabe des Bestsellers.
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Seitenzahl: 301
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© eBook: 2024 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München
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Projektleitung: Ariane Hug
Lektorat: Silke Panten
Bildredaktion: Simone Hoffmann
Covergestaltung: ki36 Editorial Design, Daniela Hofer
eBook-Herstellung: Chiara Knell
ISBN 978-3-8338-9338-4
1. Auflage 2024
Bildnachweis
Coverabbildung: Creative Market
Illustrationen: Creative Market
Syndication: Bildagentur Image Professionals GmbH, Tumblingerstr. 32, 80337 München www.imageprofessionals.com
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GRÄFE UND UNZER VERLAG Grillparzerstraße 12
JOIN THE REVOLUTION
An alle da draußen, die sich noch nicht dem Zynismus hingegeben haben.
An alle, die sich für Frieden und Umweltschutz engagieren.
An alle, die unsere Welt retten wollen.
Tu der Welt einen Gefallen und rette zuerst dich.
Schließe Frieden mit dir.
Nimm dich an.
Begrüße deinen Schatten.
Umarme deine Schwächen.
Heile deine Wunden.
Befreie deinen Geist.
Lass los, was dir schadet.
Wähle, was dich stärkt.
Dieses JA! zu dir ist ein revolutionärer Akt.
Sei dir treu.
Heirate dich selbst und du bist frei.
Was unsere Welt braucht, ist Liebe.
Und die beginnt mit dir.
Liebe dich …
… und deine Liebe rettet die Welt.
DEINE WAHL
Ich bin bereit, mich selbst zu lieben.
Ich bin bereit, mir treu zu sein.
Ich bin bereit, vollständig in mir anzukommen.
Vor zehn Jahren erschien Heirate dich selbst zum ersten Mal. Seitdem hat sich das Buch über 85 000-mal verkauft und sich als Klassiker zum Thema Selbstliebe etabliert. Das freut mich als Autor natürlich. All jenen, die es zum ersten Mal in den Händen halten, will ich nicht zu viel verraten. Doch was mich vor allem berührt, sind die vielen Nachrichten der Menschen, die das Ritual, so wie es im Buch beschrieben ist, wirklich vollzogen haben. Ich bekomme in den sozialen Medien täglich Bilder der Feiern oder der Ringe zugesandt. Das macht mich so glücklich! Auf diesem Weg ein großes Dankeschön für euer Vertrauen.
Zum einen, weil das Thema aktueller denn je ist. Mir ist bewusst, dass Themen wie »Selbstliebe«, »Mach dein Ding« oder »Feiere dein wahres Selbst« in der psychospirituellen Szene geradezu inflationär gehypt werden. Dabei könnte man argumentieren, dass das, was die Welt gerade am wenigsten braucht, noch ein paar Egoist*innen mehr sind. Doch genau da liegt der Irrtum. Wir müssen unterscheiden zwischen ungesundem, aufgeblasenem und narzisstischem Egoismus, der die Menschheit immer weiter an den Abgrund treibt – und gesundem Egoismus, denn dieser ist die essenzielle Basis für eine integrale Selbstverwirklichung. Diese wiederum mündet ganz natürlich in mehr Mitgefühl für andere und dem Bedürfnis, einen Beitrag zum Allgemeinwohl zu leisten. Ein Mensch, der sich selbst geistig (und manchmal auch körperlich) liebevoll umarmt und lernt, gut für sich zu sorgen, wird dadurch kein selbstsüchtiges Arschloch, sondern eine Oase der Ermutigung und des Friedens für andere.
Bitte lass dir von niemandem auf dieser Welt ausreden, dich an erste Stelle zu stellen. Und wenn dir das gelungen ist, dann bleib da bitte nicht stehen, sondern gehe weiter. Verschenke den Reichtum deiner überfließenden Quelle an uns alle. Die Lektüre dieses Buches und die Umsetzung der darin enthaltenen Rituale machen dich nicht zu einem egomanischen, sondern zu einem reifen und bewussten Menschen. Es kann sein, dass ein paar Personen, die dich bis jetzt ausgenutzt haben, ein Problem damit haben werden, dass du nun besser auf dich aufpasst. Aber alle, die selbst souverän in sich ruhen, werden deine Selbstliebe feiern.
Zum anderen gibt es diese Neuauflage, weil ich nicht aufhören werde, dieses Buch zu promoten, bis wir ein Schulfach Selbstliebe haben. Im Augenblick leben wir in einer Gesellschaft, die zwar oberflächlich behauptet, das Wohl seiner Bürger*innen in den Mittelpunkt zu stellen. Doch die Wahrheit ist, dass unsere konsumorientierte Leistungsgesellschaft nur funktioniert, wenn sie Menschen in ihrem natürlichen Instinkt für ihren Wert irritiert, ihnen Mangel einredet, sie zum Kaufen sinnloser Sachen manipuliert, sie Trends hinterherjagen lässt und sie vor allem ausbeutet, um das kollektive Hamsterrad am Laufen zu halten.
Ich bin von Natur aus eigentlich ein Optimist. Doch ich schaue sehr nachdenklich auf die steigenden Depressions- und Burn-out-Raten und auf die größte technische Revolution, die wir alle erfahren haben – künstliche Intelligenzen. Was die mit Selbstliebe zu tun haben? Nun, schau dich bitte einmal um, wenn du das nächste Mal auf einen Bus oder eine U-Bahn wartest. Fällt dir etwas auf? Wir starren wie Zombies in unsere Handys. Sie dienen nicht uns. Wir dienen ihnen. Wenn wir es heute schon nicht schaffen, uns klar von der digitalen Welt abzugrenzen, was glaubst du, was die nächste technologische Generation, die noch schneller und noch intelligenter sein wird, mit uns anstellen wird? Sie wird das Bewusstsein der Massen, die sich selbst nicht kennen und nicht mehr fühlen, schonungslos zerschreddern. Dies ist keine Dystopie! Es ist die nüchterne Prognose der meisten Expert*innen auf diesem Gebiet.
Was ich damit sagen will: Wir leben in turbulenten Zeiten und sie werden noch wilder. Wir müssen alle selbst lernen, gut auf uns aufzupassen, denn die meisten Unternehmen sind nicht primär an unserem Wohlergehen interessiert und Regierungen agieren viel zu langsam und bürokratisch. Mehr denn je gilt: Rette zuerst dich, wenn du einen aktiven Beitrag zur Rettung der Welt leisten möchtest.
Der dritte Grund für diese Neuauflage ist mein Bedürfnis, noch zwei Tugenden der Selbstliebe zu ergänzen. Solltest du das Buch bereits gelesen haben, lade ich dich ein, es noch einmal zu tun. Wir können und sollten die Beziehung zu uns selbst immer wieder auffrischen. Wiederholung verfeinert und festigt. Mir selbst als Autor ist beim Durcharbeiten aufgefallen, an wie vielen Stellen meines Lebens ich die Prinzipien dieses Buches selbst aus den Augen verloren hatte. De facto komme ich gerade aus einer mehrmonatigen Auszeit, die ich mir nur verordnen musste, weil ich nicht gut auf mich aufgepasst habe. Denn auch wenn wir in einer supercoolen, sinnerfüllten Berufung unterwegs sind, schützt uns das nicht vor Selbstausbeutung. Geraden den Guten unter euch, die sich mit vollem Einsatz für unsere Welt einsetzen, sei es als Umweltaktivist*innen, Pflegekräften oder Therapeut*innen, lege ich ans Herz: Passt auf euch auf. Ihr könnt nicht helfen, wenn ihr ausbrennt.
Deshalb rufe ich dir und allen Menschen zu: Lasst uns eine Revolution starten und uns selbst endlich richtig lieben!
Splitternackt, schlammverschmiert und mit weit ausgebreiteten Armen stand er in einer klaren Vollmondnacht am Rande eines kleinen Dorfes auf einer Waldlichtung am Bodensee. Sein Körper war erschöpft, sein Geist hellwach. In dieser Nacht sollte seine Suche endlich ihr Ende finden. Er sehnte sich so stark danach. Die Welt ödete ihn an. Er wollte nur noch nach Hause.
Seit seiner Kindheit empfand er einen stillen, namenlosen Verlustschmerz. Überall hatte er nach dem fehlenden Puzzleteil gesucht, im Sport, im Sex, in der Politik und in der Religion. Er hatte oft genug seine Partnerinnen gewechselt, um schließlich zu kapieren, dass keine Frau ihm geben konnte, was ihm fehlte. Er hatte die Couch seines Therapeuten nass geheult. Er hatte versucht, die Dämonen seiner Kindheit zu erschlagen. Er hatte sich in Hippieklamotten gehüllt und sich bemüht, die bessere Frau zu sein. Natürlich hatte er sich auch allen möglichen Lehrer*innen zugewandt, sich in andere Sphären gebeamt und sich eingeredet, dass es ihm nur um Bewusstseinserweiterung gehe. Er hatte sich auf einer Yogamatte zu einer »Om« summenden Brezel verbogen. Während andere im See badeten und laue Sommernächte durchfeierten, hatte er seine Wut auf einem Meditationskissen im buddhistischen Kloster ausgeschwitzt. Alles, was er wollte, war die Befreiung von diesem nervigen Ich.
Fünfzehn Jahre lang hatte ihn die quälende Sehnsucht nach Vollkommenheit umhergetrieben – in fremde Länder und in Depressionen. Er hatte nach ihr im Kapital von Marx gefahndet, bei Hesse und Dostojewski, in der Bibel, in Pornos, in seinem Horoskop und natürlich auch in seinen Fußreflexzonen.
Er wusste nicht viel, aber er wusste, dass etwas grundsätzlich nicht stimmte. Diese Welt war hässlich. Die Menschen taten sich furchtbare Sachen an. Aber er verachtete nicht nur die anderen, sondern an erster Stelle sich selbst für sein kleines, gieriges, ängstliches Ego.
Erst als sich sein bester Freund geweigert hatte, mit ihm gemeinsam eine Ausbildung zu beginnen, war ihm bewusst geworden: Er war unleidlich geworden. Er hatte sich in einem verbitterten Nein verrannt, und sein Groll vergiftete seine Beziehungen. Irgendetwas war irgendwann schiefgelaufen. Ganz sicher hatte er beim Inkarnieren die falsche Ausfahrt erwischt. Er wollte nicht hier sein; er wollte nicht sein, wie er war, verletzbar und unwissend. Viele menschliche Erfahrungen machten ihm Angst, vor allem der tiefe Schmerz der Einsamkeit. Er wollte heim. Er wollte zurück in jenes vollkommene Licht, von dem ihm eine unbestimmte Ahnung flüsternd erzählt hatte.
In dieser Vollmondnacht nun war es endlich so weit. Heute Nacht sollte es funktionieren. Also stand er da auf dieser kleinen Waldlichtung, jede Zelle seines Körpers im Eifer des Wollens bebend, als sich ihm ein überirdisch schönes Licht näherte. Es war keine Illusion, das wusste er sofort. Es war echt. Das Licht hatte keine feste Form und war doch ein Wesen. Und dieses Wesen liebte ihn bedingungslos. Er spürte vollkommenes Angenommensein und Vergebung, und ihm war jenseits aller Worte klar, dass es genau das war, wonach er all die Jahre gesucht hatte. Das Leuchten kam immer näher und er badete in Glückseligkeit. Er war willens, jetzt und hier zu sterben, um in diesem Strahlen aufzugehen. Beziehungen, Beruf, Karriere – alles war egal. Nur noch eine Handbreit war er von dieser überirdisch schönen Lichtquelle entfernt, bereit, alles loszulassen.
Und dann? Ja, dann sprach das Licht zu ihm, und das klang ungefähr so: »Alter, was soll denn das hier werden? Bist du wirklich so bescheuert? Meinst du, wir haben dich hier abgesetzt, damit du versuchst, so schnell wie möglich wieder wegzukommen? Wach auf!«
Autsch. Er fühlte sich wie ein Liebender, der kurz vor dem Höhepunkt eine Ohrfeige verpasst bekommt: statt Verzückung nur noch nackte, verdutzte Blöße. Ein spiritueller Coitus interruptus. So nüchtern und klar wie noch nie lauschte er den liebevollen und gleichzeitig gnadenlos kompromisslosen Ansagen, die dann folgten: »Du hast das Spiel noch nicht einmal eröffnet. Der Weg raus ist der Weg hinein. Das ist der Deal: Wir holen dich ab, wenn du hier wirklich fertig bist. Du bist fertig, wenn du gelernt hast, Menschlichkeit zu lieben und zu ehren. Wenn du die Schönheit im Hässlichsten erkennst und das Licht, nach dem du dich sehnst, in der dunkelsten Ecke leuchten siehst. Dann kommen wir wieder. Deine Lektion ist ganz einfach: Lerne, die Menschen zu lieben. Und fang am besten mit dir selbst an.«
Damit war die Show vorbei. Er erwachte abrupt und unromantisch. Das Licht war verschwunden und der Schlamm auf seinem nackten Körper wurde langsam hart. Es war kalt und feucht und ihm war kotzübel. Doch er war voller Dankbarkeit, denn er fühlte sich gnadenvoll geohrfeigt.
Zum ersten Mal seit langer Zeit empfand er so etwas wie Frieden. Der erhoffte Fluchtweg aus der verhassten Welt war soeben zerstört worden, aber in dieser Wahllosigkeit schlummerte der Keim einer neuen Freiheit. Wenn es kein Hinaus gab, dann musste er eben hinein. Hinein in das Leben. Hinein in seine Menschlichkeit. Er hatte nichts mehr zu verlieren. Entweder würde er als enttäuschter Zyniker sterben oder die Prophezeiung würde sich erfüllen.
Sein Ego war noch immer klein, ängstlich, gierig und ohne wirklichen Plan, und er ahnte, dass sich daran auch in Zukunft nichts Entscheidendes ändern würde. Doch erstaunlicherweise konnte er diesem Bild seiner selbst zum ersten Mal gelassen begegnen. Denn er hatte sich in jener Nacht selbst geheiratet. Und ein wahrer Bund gilt bekanntlich in guten wie in schlechten Tagen.
Dieses Buch handelt von Selbstliebe und davon, wie man sich selbst von ganzem Herzen, beständig, aufrichtig, treu und kompromisslos lieben lernen kann – es handelt von radikaler Selbstliebe.
Du kannst das Buch auf unterschiedliche Weise lesen: in einem Zug als schnelle Inspiration oder langsam und genüsslich verdauend. Auf den folgenden Seiten werden die unterschiedlichen Ebenen der Selbstliebe in Form von acht Tugenden in den Blick genommen. Es geht darin um
die Befreiung des Geistes,die Ehrung deines Körpers,die Achtsamkeit und das Fühlen,die Kunst der intelligenten Bedürfniserfüllung,das Erkennen deiner Werte,aktive Selbstliebe in deinen Taten,die Wirklichkeit, in der du jetzt bereits vollkommen bist, unddie Bedeutung der Menschen, mit denen du dich umgibst.Jede dieser Tugenden ist es wert, sich ausgiebig damit zu beschäftigen, doch es kann gut sein, dass dich aktuell eine von ihnen besonders anspricht oder dass du dich mit einer anderen bereits ausführlich auseinandergesetzt hast. Also fühl dich frei zu springen oder mit einem für dich brandheißen Thema mehr Zeit zu verbringen. Du kannst dich problemlos ein Jahr mit der gründlichen Erforschung jeder einzelnen Tugend befassen und wirst immer noch wertvolle Schätze im Innen und Außen finden. Ich weiß das, weil ich mich seit mehr als dreißig Jahren mit ihnen auseinandersetze und bis heute dazulerne. Für unsere Begegnung hier in diesem Buch habe ich drei Wünsche.
Mein erster Wunsch an dich: Lies das Buch nicht nur mit deinem Verstand, sondern auch mit deinem Herzen. Ich bin kein supergenauer Theoretiker, kein hochgebildeter Philosoph und erst recht kein Heiliger. Ich gehöre zu den einfachen Typen, ich schreibe, wie ich spreche. In meiner Arbeit interessiert mich vor allem eins: praktische Lösungen zu finden und Wege, um glücklich zu sein.
Bestimmt könnte man den Inhalt dieses Buches eleganter formulieren oder mit mehr Fakten ausschmücken, doch mir geht es nicht darum, dich zu informieren – ich möchte dich berühren. Manches wird dir gefallen, anderes wird dich nerven. Das soll mir recht sein. So ist es, wenn man sich lebendig begegnet. An mancher Stelle magst du denken: »Das kenne ich schon.« Auch das ist gut. Dann schließ doch bitte gleich eine Frage an: »Lebe ich es auch?« Vielleicht fällt dieses Buch nur als der vielgerühmte Tropfen in dein Leben, der das Fass des Wartens endlich überlaufen lässt und dich zur konkreten Umsetzung deines Potenzials bringt. Das wäre wunderbar.
Ich wünsche mir, dass du dich nicht an meiner Wortwahl oder einer bestimmten Meinung stößt, sondern dein Augenmerk auf das legst, was dich anspricht. Ich als Person bin für dein Leben relativ uninteressant. Es wäre toll, wenn du den Inhalt dieses Buches konkret und praktisch auf dich beziehen würdest. Dann hätte ich es nicht umsonst geschrieben und du hättest es nicht umsonst gelesen. Für alles andere ist unsere Lebenszeit einfach zu schade. Während ich dies schreibe und du dies liest, vergehen kostbare Minuten. Im Wissen, dass wir beide sterben werden, erscheint mir jeder Augenblick kostbar. Wie dumm wäre es, ihn nicht auszukosten?
Mein zweiter Wunsch an dich lautet: Setze um, was du in diesem Buch liest. Dies ist kein weiteres Psychobuch für materiell gesättigte Menschen, die nur ihre Neurosen pampern wollen. Immer wieder beobachte ich, wie Menschen auf sogenannte Selbstliebe-Workshops gehen, aber nicht radikal verwandelt zurückkommen. Sie haben lediglich für ein paar Tage ihr Ego getätschelt. Dann reden sie ein halbes Jahr darüber, bis sie sich die nächste Streicheleinheit abholen. Wenn du so etwas suchst, verschenke das Buch, du wirst es nicht mögen. Hier geht es viel um Umsetzung. Selbstliebe ist eine nüchterne Kunst, mit praktisch-konkreten Auswirkungen bis in den letzten Winkel deines Lebens. Doch diese Kunst lässt sich nur erlernen, indem du sie übst – täglich, stündlich, minütlich. Genau dafür wird dir dieses Buch ein guter Begleiter sein. Es freut sich darauf, intensiv von dir genutzt zu werden. Es warten viele Fragen und Übungen auf dich, die dich beim Erlernen der Selbstliebe unterstützen.
Der Grund, warum sich bei manchen Menschen die Lebensratgeber im Regal türmen, ist eine notorische Impulsverschleppung. Damit bezeichne ich die weit verbreitete Angewohnheit, wertvolle Einsichten und machtvolle Erkenntnisse nicht bis in die konkrete Handlung hinein zu manifestieren. Doch letztendlich können nur deine Taten einer anstehenden Veränderung Stärke und Langfristigkeit geben.
Daher sehe ich mich selbst als augenzwinkernden und manchmal auch forschen Verführer, dessen Ziel es ist, dich zur Umsetzung in deinem Leben zu bewegen. Tu dir selbst einen großen Gefallen: Sei einer der Menschen, von denen man spricht, und nicht einer derer, die über andere reden müssen, weil ihr eigenes Potenzial noch in der Welt der guten Vorsätze schlummert. Für dieses Buch bedeutet das konkret: Sei es dir wert, die von mir vorgeschlagenen Übungen konsequent umzusetzen. Du kannst mir glauben: Es lohnt sich.
Mein dritter Wunsch an dich ist: Wenn du ein Mann bist, lies das Buch trotzdem. Ich treffe unter meinen Geschlechtsgenossen leider immer noch auf das weit verbreitete Vorurteil, Themen wie Liebe oder Gefühle seien nur etwas für Frauen. Ich bin ein stinknormaler Mann, und viele Frauen würden mich vielleicht sogar als Macho bezeichnen. Dennoch bin ich der Meinung, dass es gerade für uns Männer dringend nötig ist, über unsere Herzensangelegenheiten tiefer nachzusinnen, als wir es in den letzten 2000 Jahren getan haben. Du musst dafür nicht gleich einer Selbsthilfegruppe beitreten, in der sich alle ständig heulend umarmen.
Ich bitte dich, dieses Buch zu lesen, weil du ein machtvolles Werkzeug des Lebens bist. Dieses Werkzeug kann durch kalte, harte, gierige Macht benutzt werden. Dann verletzt du die Frauen, die sich dir öffnen; du verschreckst die Kinder, die dir anvertraut sind; du baust Dinge, die kein Mensch braucht; du führst Kriege gegen dich und alles andere auf der Welt. Ich bin, was das betrifft, sehr altmodisch. Ich glaube, dass jeder Mann (und natürlich auch jede Frau) eine Mission zu erfüllen hat: Ich glaube, dass wir die Welt etwas schöner zurücklassen sollten, als wir sie vorgefunden haben. Das tun wir als kollektive Mannheit noch nicht, noch erschaffen wir zu viel Angst und Zerstörung. Wenn du lernst, als Mann in Frieden mit dir zu sein, wirst du Frieden erzeugen.
Viele Männer, mit denen ich ehrlich gesprochen habe, tragen ein unglaublich zartes, liebevolles Herz in sich, doch sie haben Angst, es wirklich zu zeigen. Sie fürchten sich davor, an Macht und Einfluss zu verlieren, wenn sie »zu sehr« fühlen. Das Gegenteil ist der Fall. Selbstliebe ist keine Gefühlsduselei, Selbstliebe ist eine Kampfkunst für Meister. Dabei geht es nicht mehr um den Sieg über einen äußeren Gegner. Du vervollkommnest dich selbst, weil du etwas gefunden hast, wofür es sich friedvoll zu kämpfen lohnt. So geschult trittst du deinen inneren Widersachern wach und nüchtern gegenüber. Anstatt sie zu bekriegen, nutzt du weise ihre Kraft für deine Mission.
Selbstliebe bedeutet, das Werkzeug, das du bist, zu verstehen, um es dann von der mächtigsten Macht benutzen zu lassen, die es gibt: der Liebe. Lerne dich zu lieben, Mann, und dann diene nüchtern und entflammt, wild und zart als ein Krieger des Herzens. Die Welt braucht dich.
Liebe Frau, dass ich mich so ausführlich an die Männer gewandt habe, bedeutet nicht, dass ich dich geringer schätze. Ich weiß nur einfach, dass es Männern oft schwerer fällt, sich diesen Themen zu nähern. Ich freue mich, dass wir uns hier begegnen. Selbstliebe bringt dich in deine natürliche, lustvolle, heilende Macht zurück. Eine Frau, die sich selbst liebt, braucht kein Gegenüber, um sich schön zu fühlen – sie leuchtet von innen heraus. Dein inneres Erfülltsein macht dich unglaublich attraktiv für Beziehungen aller Art. Deine selbstständige Liebe erlaubt es anderen Menschen, dich wirklich zu sehen. Sie fordert sie heraus, neben dir in ihre Kraft hineinzuwachsen. Die ungesunde Co-Abhängigkeit hört auf. Deine Beziehungen verwandeln sich in Felder der Achtung und des natürlichen Gedeihens.
Ein letztes Wort, bevor es richtig losgeht: Ein Mensch, der sich selbst nicht in seiner ganzen Größe und auch in seiner ganzen Erbärmlichkeit annehmen kann, kann auch seine Mitmenschen nicht wirklich lieben. In gewisser Weise schreibe ich dieses Buch daher vor allem für die Menschen, mit denen du tagtäglich zu tun hast. Wenn sie sich von dir bewusster gesehen fühlen, nachdem du das gelesen hast, bin ich glücklich, dann habe ich meinen Job erfüllt.
Ich wünsche dir Freude, stille und laute Erkenntnisse und viele wunderbare Resultate. Möge dich das Abenteuer der radikalen Selbstliebe nähren, heilen, verzaubern und wachküssen.
Du findest umfangreiches Zusatzmaterial wie vertiefende Videos, eine Austauschgruppe und Buchtipps auf der Website zum Buch unter folgendem QR-Code oder Link:
www.heirate-dich-selbst.de
Das Passwort lautet: ichliebemich
Um die Wirkung dieses Buches zu intensivieren, schenke ich dir den kompletten Onlinekurs »mySelf«. Hier erwarten dich neun inspirierende Videolektionen plus Übungen zur sofortigen Umsetzung in deinem Alltag. Du findest den Kurs ebenfalls auf der Website zum Buch (s. >).
Ich bin ein großer Fan, intellektuelle Erkenntnisprozesse durch geführte Meditationen in unserem Unterbewusstsein zu verankern. Deshalb empfehle ich dir in einigen Kapiteln passende Meditationen aus unserem Angebot. Alle hier erwähnten Meditationen und viele mehr findest du im kostenfreien Bereich unserer App homodea Meditationen. Ich empfehle dir wirklich, sie einmal auszuprobieren.
Die Meditationen sind natürlich kein Ersatz für eine therapeutische oder medizinische Behandlung. Wenn du gerade eine Form von psychischer oder neurologischer Krankheit zu meistern hast oder du dich in psychotherapeutischer Behandlung befindest, konsultiere bitte zuerst deine Ärztin, deinen Arzt, deine Therapeutin oder deinen Therapeuten. Und hier kommt gleich der erste Meditationstipp.
Du findest in der App sowohl die »Einschlafmeditation. Selbstliebe für die Nacht« als auch die »Aufwachmeditation. Selbstliebe am Morgen«. Wenn sie dir gefallen, empfehle ich dir, sie während der Lektüre des Buches immer wieder mal zu verwenden.
Hab den Mut, dich selbst zu achten und zu lieben. Du tust all deinen Mitmenschen damit einen Gefallen. Denn dein größtes Geschenk an uns bist du in deiner freiesten Version.
Wie kommt ein Erfolgstrainer und Visionär dazu, ein Buch über Selbstliebe zu schreiben? Ganz einfach: Weil wir alle ohne Selbstliebe jeden Erfolg vergessen können. Ein Mensch, der sich nicht liebt, ist wie ein Fass ohne Boden. Keine Trophäe dieser Welt kann das Loch stopfen, das deine Selbstablehnung in dir offen hält. Um die acht Tugenden nicht nur intellektuell zu verstehen, sondern sie bis in jede Zelle zu leben, braucht es einen besonderen geistigen Boden – deine Selbstannahme.
Die Qualität deiner Beziehung zu dir ist der Schlüssel zu allem, und alles, was du erlebst, ist ein Spiegel dieser Qualität. Deine Partnerschaft, deine Familie, deine Arbeit, deine Finanzen und selbst deine Sicht auf die Welt zeigen dir, ob beziehungsweise wie sehr du dich liebst.
Wenn du dich selbst nicht magst, kreierst du unerfüllte Beziehungen. Du kämpfst um oder in deiner Arbeit. Du verbiegst dich für Geld und wenn du es hast, kannst du es nicht richtig genießen. Du wirst eher krank als andere und erlebst mehr Stress als nötig. Du erschaffst zynische Welten oder siehst dich als Opfer der Umstände.
Wenn du dir hart begegnest, hastest du verkrampft durchs Leben. Wo andere Wunder, Möglichkeiten und Geschenke entdecken, stößt du auf verschlossene Türen und unüberwindbare Hürden. Du bist davon überzeugt, dass du dir Glück angestrengt verdienen musst. Das beweist du dir und anderen durch die Erlebnisse, die du unbewusst produzierst. Das Leben wird zu einem ewigen Krampf und Kampf. Die Möglichkeiten fliegen dir nicht zu – wie es natürlicherweise der Fall wäre –, sondern du rennst ihnen hinterher.
Klingt das anstrengend? Es ist anstrengend. Für alle Beteiligten und für dich. Ich weiß, wovon ich spreche, denn in meinem Leben war alles ein Kampf. Ich habe um Liebe gekämpft. Ich habe um Erfolg gerungen. Ich habe um Anerkennung gestritten. Doch eigentlich habe ich nur mit einem einzigen Wesen Krieg geführt: mit mir selbst. Nach mittlerweile mehr als dreißig Jahren der Suche und des Findens und der Arbeit mit Zehntausenden Menschen wage ich zu behaupten: Die Krankheit der Selbstablehnung ist weitaus verbreiteter, als es auf den ersten Blick scheint. Nicht jede Person, die begeistert von sich redet, mag sich wirklich. Nicht jeder Mensch, der anderen Menschen Liebe schenkt, hat genug für sich übrig. Der innere Krieg der Selbstablehnung findet zwar durchaus zum Teil auf offenen Schauplätzen statt – zum Beispiel bei einer zerstörerischen Sucht –, doch meistens äußert er sich leise:
in einer Berufswahl, die uns unglücklich machtin den überflüssigen Pfunden, die wir um Herz und Hüfte ansammelnin der angespannten Art, wie wir arbeiten oder Sport treibenin unserem Perfektionsdrangin der Strenge gegenüber unseren Kindernin der Sabotage unseres Erfolgs und Glücksin subtil oder offensichtlich schädlichen Verhaltensmusternim Darstellungs- und Gefallwahnsinn der sozialen Medienin verkrampftem Gutmenschentumin der Abwesenheit von freudvollen Orgasmen jeglicher Artin stiller Depression oder lauter Wutin einer angespannten Beziehung zu Gott, zur Schöpfung oder wie auch immer du es nennstin zu wenig Lachen, zu wenig Spiel, zu wenig Abenteuerin dem Versuch, diese Schmalspurversion unseres Lebens auch noch zu verteidigen, ganz nach dem Motto: »Das Leben ist eben kein Wunschkonzert.«Meistens sind es Ereignisse wie eine Krise, pure Erschöpfung oder ein Moment der Gnade, die dich zu einer radikalen Entscheidung zwingen: Bist du bereit, dich selbst endlich anzunehmen, und zwar genau so, wie du bist? Der erstaunliche Unterschied eines Lebens vor und nach dieser Entscheidung ist es wert, darüber zu schreiben. Leider sind Worte wie »Liebe« oder »Hingabe« in unserer Zeit zu abgedroschenen, tausendfach missbrauchten Phrasen verkommen. Trotzdem möchte ich es wagen, ein so einfaches und oft wiederholtes Wort wie Selbstliebe mit dir gemeinsam neu zu entdecken. Denn es enthält eine heilsame und gleichsam explosive Botschaft. Die Wahl, dich so zu lieben, wie du bist, löst in einer zwanghaften Leistungsgesellschaft eine kleine Erschütterung aus. Ein Mensch, der sich auch in seinen schwächsten Stunden annehmen kann, ist frei und autark. Da er nicht um Brotkrumen der Anerkennung und Sicherheit betteln muss, lässt er sich nicht mehr in das absurde Hamsterrad der Geschäftigkeit einspannen – er gewinnt seine Würde zurück.
Ich schreibe dieses Buch, weil ich es satt habe, dabei zuzuschauen, wie wir uns selbst wieder und wieder verletzen, einsperren, klein halten und es nicht einmal merken. Ich schreibe es auch als Mahner, der besorgt sieht, wie wir in den Technologien verloren gehen, die wir erschaffen haben, und wie wir das Paradies, das uns anvertraut wurde, zerstören. Ich schreibe, weil ich dieses Leben als eine unbegreiflich kostbare Chance ansehe, durch unsere Beziehungen und Taten die majestätische Schönheit der Schöpfung zu feiern. Das Buch ist mein kleiner Beitrag zu einer würdevolleren Welt, einer Welt, in der Menschen durchatmen und sich aufrichten. Stell dir eine Menschheit vor, in der sich jedes Kind und jede erwachsene Person auf eine natürliche und lebendige Weise selbst liebt. Was für einen wundervollen Reichtum könnten wir miteinander kreieren!
Du wirst in den folgenden Kapiteln viele nützliche Anregungen für einen liebevollen Umgang mit dir finden. Dennoch ist dieses Buch kein typischer Ratgeber. Ich glaube nämlich weder, dass radikale Selbstliebe erlernbar ist, noch dass wir sie lernen müssten. Stattdessen bin ich überzeugt davon, dass wir alle die Wahl, uns selbst bedingungslos zu lieben, bereits getroffen haben. Ich lade dich ein, endlich damit aufzuhören, so zu tun, als wüsstest du nicht, wie einzigartig, kostbar, gut und schön du bist. Auch wenn dieses Buch das Wunder der radikalen Selbstliebe aus verschiedenen Perspektiven beschreibt, enthält es im Grunde genommen nur eine einzige Frage: Bist du bereit, dich selbst nach Hause zu holen? Heirate dich selbst … und du bist frei.
Die Meditation »Ja! Die Kraft des Lebens einladen« lädt dich zu einer heilsamen Begegnung mit dem Leben selbst ein. Erfahre, welche Kraft und Freude sich entfesselt, wenn du Ja sagst – zum Leben und vor allem zu dir selbst.
Kennst du Charlie Chaplins Stummfilm Moderne Zeiten? Er erzählt von Charlie, einem einfachen Mann, der versucht, in einer modernen Fabrik mitzuhalten und zu überleben. In der Fabrik arbeiten monströse, für die Betrachter*innen regelrecht absurde Maschinen. Charlie steht am Fließband. Er muss immer schneller arbeiten, kommt nicht mehr hinterher, und irgendwann wird er verrückt. Der Film kritisiert die Industrialisierung und die damit einhergehende Entmenschlichung der Arbeit. Das Individuum wird uninteressant. Auch wenn heutzutage immer mehr menschenfreundliche Ansätze in der Bildung, der Wissenschaft und der Unternehmenskultur auftauchen, halte ich Chaplins Film nach wie vor für hochaktuell. Er illustriert, warum wir uns überhaupt über Selbstliebe unterhalten müssen. Denn auch wenn eine primär leistungsorientierte Gesellschaft ohne Zweifel Fortschritt und Wohlstand hervorbringt, führt sie, wenn sich ihre Dynamik verselbstständigt, zur systematischen Selbstentfremdung des Menschen.
Wie hast du zum Beispiel den heutigen Tag bis hierher erfahren? Hast du achtsam von innen nach außen gelebt, oder hat das Außen deinen Tag bestimmt? Konntest du dich frei und authentisch ausdrücken oder hast du hauptsächlich auf Erwartungen und Verpflichtungen seitens deiner Umwelt reagiert? Die meisten Menschen stehen unter einem immensen Dauerdruck, derartige Überlegungen, den Gedanken, man könne tatsächlich eine Wahl haben, können sie nur noch als realitätsfern abtun. Das kollektive Hamsterrad hat eine so wahnwitzige Schwungkraft entwickelt, dass wir nicht einmal mehr dazu kommen, seinen Sinn grundsätzlich zu hinterfragen. In den letzten zwei Jahrzehnten sind diese Wirkmechanismen noch einmal enorm potenziert worden. Das digitale Zeitalter konfrontiert uns alle mit exponentiellen Wachstumsdynamiken und der damit verbundenen atemberaubenden Entwicklungsgeschwindigkeit. Die sozialen Medien erhöhen für die meisten von uns den Stress, in dem sie uns mit stetig neuen Optimierungstrends konfrontieren und gleichzeitig unser Leben dem Vergleich mit dem Leben Millionen anderer Menschen aussetzen (von denen die meisten immer fitter, schlauer und erfolgreicher als wir zu sein scheinen).
Im Grunde genommen ist es nur rhetorisch, wenn ich frage: Dienen all diese Errungenschaften wirklich unserem Wohlergehen oder bedienen wir ein selbstgeschaffenes Monster der Geschäftigkeit und des Wachstumswahns? Wissen wir noch oder wussten wir je, um was es uns bei all dem wirklich geht? Unser Selbstwertgefühl ist massiv an äußere Rückmeldungen gekoppelt: Was machen die anderen? Wofür bekomme ich die meisten Likes? Welchen Trend darf ich auf gar keinen Fall verpassen? Bis auf wenige starke Naturen, die diesem hypnotischen Sog widerstehen können, entfalten wir uns nicht mehr natürlich, also von innen nach außen, sondern reagieren automatisch, von außen nach innen. Was wir wirklich wollen und brauchen, um glücklich zu sein, verblasst und ist irgendwann gar nicht mehr abrufbar. Berufliche Erwartungen, private Verpflichtungen, mediale Reize, massive Werbung – der ständige Handlungsbedarf an der Peripherie führt zu einer Vernachlässigung unseres sinnstiftenden Innenraums. So entsteht ein wesentliches Vakuum: Wir wissen, was wir zu erfüllen haben, aber nicht, was uns erfüllt.
Es gibt zwei Ausbruchsmöglichkeiten aus diesem Gefängnis der Zwänge. Die eine wird, wie weiter oben schon beschrieben, unfreiwillig herbeigeführt, zum Beispiel durch eine Krise. Wenn wir den Job verlieren, der Partner oder die Partnerin uns sitzen lässt, wir körperlich schwer erkranken oder depressiv werden, dann brechen die Mauern von außen ein. All die Fragen, vor denen wir weggelaufen sind, dringen dann zu uns vor, und wir sind gezwungen, uns ihnen zu stellen.
Doch wir müssen nicht auf diesen Crash warten. Es gibt auch einen sanfteren Weg in die Freiheit. Du kannst die Gefängnistür von innen öffnen, indem du dich bewusst für radikale Selbstliebe entscheidest.
Warum nenne ich es radikale Selbstliebe? Das Wort »radikal« stammt vom lateinischen »radix« und heißt übersetzt »Wurzel«. Radikale Selbstliebe bedeutet, dich entschlossen auf die Wurzel deines Wesens zu besinnen, selbst wenn scheinbar alle versuchen, dich davon abzulenken. Du ziehst das Ja deiner Aufmerksamkeit von den Ersatzbefriedigungen ab und schenkst es dir. Es gilt, einen seelischen Innenraum zu entdecken, in dem du unerschütterlich zu Hause bist. Hier findest du die tiefe, starke Wurzel eines Selbstwertes, der den guten und den schlechten Tagen standhält.
Ein Ja zu dir in dieser Radikalität ist ein revolutionärer Akt. Du stehst ab jetzt für bestimmte Spiele – privat, beruflich, gesellschaftlich – nicht mehr zur Verfügung. Du erlaubst dir, frei und groß zu denken. Du hast es nicht mehr nötig, dich für Anerkennung von außen zu verbiegen. Du jagst nicht mehr wie ein dummer Esel automatisch jeder Karotte hinterher, die dir andere vor die Nase hängen oder du selbst. Du lässt immer mehr los, was dich schwächt, und tust immer mehr von dem, was dich stärkt.
Dieses radikale Ja zu dir ist die stille, aber zu allem entschlossene Wahl, dir treu zu sein. Sie lässt dich dein geistiges Rückgrat aufrichten und so ein Zentrum tief in dir drinnen finden, welches jedem Sturm im Außen ruhig begegnen kann. Dieses bedingungslose Ja verändert alles. An manchen Stellen still und sanft, an anderen mit einem lauten Knall. Wenn du beginnst, dich voll anzunehmen, kannst du dich endlich offen und neugierig erforschen. Dein Ja zieht dich auf eine faszinierende Reise nach innen. Von dort kommst du mit unglaublichen Schätzen zurück. Sei darauf vorbereitet, dass nicht jeder Mensch in deiner Umgebung deine neuen Erkenntnisse begeistert aufnimmt. Nicht jeder Mensch freut sich, wenn du ihn einlädst, an deiner Seite zu wachsen, anstatt zu kriechen.
Dein radikales Ja zu dir schüttelt die alten Vorgaben, wer du sein solltest, von deinen Schultern ab. Du erlaubst dir, neugierig in jede Richtung zu schauen. Du erweiterst die Bandbreite deiner Gefühle, den Flugradius deiner Gedanken und die Optionen deiner Handlungen. So wirst du für dich und andere wieder das, was du früher einmal warst: ein unberechenbares Wunder. Was deine Vernunft nie konnte, schafft dein Ja. Es vereint die scheinbar so verschiedenenStimmen deiner Seele in einem vollkommenen Lied. Jeder Mensch ist ein Universum für sich – funkelnd wie ein Diamant mit tausend Facetten. Wir werden dessen Schönheit durch den Filter unserer Vorurteile niemals voll erfassen, dafür braucht es die vorbehaltlos liebende Kraft unseres Herzens.
Durch die Augen der radikalen Selbstliebe gesehen offenbart sich, dass sich dein Schatten und dein Licht, dein Dreck und dein Gold, deine Größe und deine Winzigkeit nicht ausschließen, sondern essenzielle Zutaten eines alchemistischen Prozesses sind, der etwas hervorbringt, was so noch nie da gewesen ist. Wenn du nicht mehr auf den von außen implantierten Selbstzweifel hörst, löst sich dein Fuß automatisch von der inneren Bremse und deine natürliche Kreativität erblüht. Dein Potenzial entfaltet sich ohne Druck in spontaner, verblüffend intelligenter Dynamik. Dies zu erfahren, schenkt dir dein Urvertrauen zurück und lässt dich insgesamt unbefangener durchs Leben gehen.
Ein Synonym für »radikal« ist »bedingungslos«. In einer Kultur, die ständig wertende Maßstäbe benutzt, um sich selbst voranzutreiben, scheint die Möglichkeit, dich genau so anzunehmen, wie du bist, vielleicht unmöglich. Deshalb kann der Entschluss, dich radikal zu lieben, auch nicht allein aus der Vernunft heraus getroffen werden – du musst es mit deinem ganzen Wesen wollen. Genauso entschlossen, wie eine Ertrinkende oder ein Ertrinkender um den nächsten Atemzug kämpft. Es gibt nur noch eine Option: dich zu lieben.