Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Befreie dein verborgenes Potenzial – durch radikale Schattenarbeit Dieses Buch ist dem Teil in dir gewidmet, den du am wenigsten liebst. Dem Dämon, den du am meisten fürchtest. Steige ab in die Dunkelheit, um deinem Licht zu begegnen. Tauche in die Tiefen deiner Seele und finde dort die Medizin in der Wunde, die Schönheit im Hässlichen und wahre Größe in deiner größten Schwäche. Dann erhebe dich, kehre zurück und bring dir, deinen Liebsten und der Welt den Frieden, nach dem wir uns alle sehnen. Du wirst den Drachen niemals besiegen. Doch du kannst lernen, ihn zu reiten. schattenwerk ist kein gewöhnliches Buch: Vor dir liegt eine Abenteuerreise in das Land deiner Psyche. Sie wird dich auf eine gute Weise herausfordern und überraschen. Doch v.a. wird sie dich beschenken – mit dir selbst. Du wirst mit erstaunlichen Gaben zurückkehren, die du vielleicht nie in dir vermutet hättest. Mit dem souveränen Frieden und der übersprudelnden Kreativität eines Menschen, der sowohl seine hellen als auch seine dunklen Seiten willkommen heißen kann. Heile deine verdrängten Schattenanteile! Schatten sind unbewusste Seelenanteile, die negative Auswirkungen auf unser Leben haben und einem erfüllten Dasein im Weg stehen. Wenn wir sie erforschen und integrieren, werden diese verborgenen Schätze zu unserer größten Quelle der Kraft! Veit Lindau, Experte für integrale Selbstverwirklichung und SPIEGEL-Bestsellerautor, zeigt dir mit wertvollen Methoden & Meditationen einen Zugang zu diesen verborgenen Anteilen und hilft dir, sie anzunehmen. schattenwerk wirkt heilsam auf vielen Ebenen und verwandelt dein Leben nachhaltig & positiv! - Negative Gedankenspiralen & Selbstzweifel lösen sich auf. - Durch Schatten ausgelöste körperliche Symptome können verschwinden! - Du findest zu mehr Ganzheit & innerem Frieden. - Deine Kreativität wird befreit. - Du erlebst mehr Toleranz & Nähe in deinen Beziehungen. - Du verstehst gesellschaftliche Spannung besser & wirst auch hier zum/zur Friedensbringer*in
Das Hörbuch können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Unsere eBooks werden auf kindle paperwhite, iBooks (iPad) und tolino vision 3 HD optimiert. Auf anderen Lesegeräten bzw. in anderen Lese-Softwares und -Apps kann es zu Verschiebungen in der Darstellung von Textelementen und Tabellen kommen, die leider nicht zu vermeiden sind. Wir bitten um Ihr Verständnis.
© eBook: 2021 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München
© Printausgabe: 2021 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München
unum ist eine eingetragene Marke der GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, www.gu.de
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, sowie Verbreitung durch Bild, Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.
Projektleitung: Clea von Ammon
Lektorat: Dr. Antje Korsmeier
Korrektorat: Christian Wolf
Bildredaktion: Nele Schneidewind
Covergestaltung: ki36 Editorial Design, Daniela Hofner, Marta Olesniewicz
eBook-Herstellung: Christina Bodner
ISBN 978-3-8338-8141-1
1. Auflage 2021
Bildnachweis
Coverabbildung: Unsplash/Dewang Gupta
Fotos: Paul Königer; Unsplash/Dino Reichmuth/Jeremy Bishop/Patrick Untersee/Pat Whelen/Massimiliano Morosinotto/Christian Lunde/Yulia Gadalina; The Noun Project
Syndication: www.seasons.agency
GuU 8-8141 09_2021_01
Unser E-Book enthält Links zu externen Webseiten Dritter, auf deren Inhalte wir keinen Einfluss haben. Deshalb können wir für diese fremden Inhalte auch keine Gewähr übernehmen. Für die Inhalte der verlinkten Seiten ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber der Seiten verantwortlich. Im Laufe der Zeit können die Adressen vereinzelt ungültig werden und/oder deren Inhalte sich ändern.
Die unum-Homepage finden Sie unter: www.unum-verlag.de
www.facebook.com/gu.verlag
LIEBE LESERINNEN UND LESER,
wir wollen Ihnen mit diesem E-Book Informationen und Anregungen geben, um Ihnen das Leben zu erleichtern oder Sie zu inspirieren, Neues auszuprobieren. Wir achten bei der Erstellung unserer E-Books auf Aktualität und stellen höchste Ansprüche an Inhalt und Gestaltung. Alle Anleitungen und Rezepte werden von unseren Autoren, jeweils Experten auf ihren Gebieten, gewissenhaft erstellt und von unseren Redakteur*innen mit größter Sorgfalt ausgewählt und geprüft. Haben wir Ihre Erwartungen erfüllt? Sind Sie mit diesem E-Book und seinen Inhalten zufrieden? Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldung. Und wir freuen uns, wenn Sie diesen Titel weiterempfehlen, in ihrem Freundeskreis oder bei Ihrem Online-Kauf.
KONTAKT ZUM LESERSERVICE
Für unseren Bruder L.
Für den verlorenen Sohn und die verstoßene Tochter.
Für die verwundeten Heiler*innen und die unvollkommenen Krieger*innen des Lichts.
Für den Teil in dir, den du am wenigsten liebst.
Für den Dämon, den du am meisten fürchtest.
Steige ab in die Dunkelheit, um deinem Licht zu begegnen.
Tauche in die Tiefen deiner Seele und finde dort die Medizin in der Wunde, die Schönheit im Hässlichen und wahre Größe in deiner größten Schwäche.
Dann erhebe dich, kehre zurück und bring dir, deinen Liebsten und der Welt den Frieden, nach dem wir uns alle sehnen.
Du wirst den Drachen niemals besiegen.
Doch du kannst lernen, ihn zu reiten.
Willkommen, liebe Leserin, lieber Leser! Indem du dieses Buch aufschlägst, hast du einen verrückenden Schritt getan, selbst wenn du es vielleicht noch nicht ahnst. Denn Schattenwerk ist kein gewöhnliches Buch: Vor dir liegt eine Abenteuerreise in das Land deiner Psyche. Sie wird dich auf eine gute Weise herausfordern und dehnen. Sie wird dich überraschen. Doch vor allem wird sie dich beschenken – mit dir selbst. Du wirst mit erstaunlichen Gaben und Eigenschaften von dieser Reise zurückkehren, die du vielleicht nie in dir vermutet hättest. Mit dem souveränen Frieden und der übersprudelnden Kreativität eines Menschen, der sowohl seine hellen als auch seine dunklen Seiten willkommen heißen kann.
Was du für diese Reise brauchst, sind Neugier und Mut. Denn ich möchte mit dir gemeinsam die große unbekannte Macht in deinem Leben entdecken: deinen Schatten. Dein Schatten ist so etwas wie ein Drache, der in deinem Unbewussten lebt. Manchmal ruht er friedlich und manchmal erhebt er sich, speit Feuer und wirbelt deine Gedanken und Gefühle durcheinander. Er besitzt wunderschöne, großartige Aspekte genauso wie kleine, hässliche, dreckige Qualitäten, von denen du am liebsten nichts wissen willst. Kein Wunder, denn genau deshalb sind sie ja in deinem Schatten gelandet!
Doch das Wunderbare ist: Unser Schatten ist, wenn wir uns ihm wohlwollend nähern, niemals unser Gegner. Er sehnt sich danach, dass wir das aufklärende Licht unseres Bewusstseins auf seinen Schatz richten und ihn nach Hause holen. Dann ist es wirklich wie im Märchen. Das scheinbare Monster wird durch die richtige Frage erlöst und offenbart sich als verwunschener König, als Königin. Das scheinbar Hässliche verbirgt eine ureigene Schönheit und in der so lange vermiedenen Schwäche wartet unsere wahre Stärke auf uns.
Der Schatten ist nicht nur eine Idee, sondern existiert ganz real. Wir können ihn vielleicht nicht anfassen, doch er meldet sich in Träumen, starken emotionalen und körperlichen Reaktionen. Wir sind keine mutigen Drachenreiter mehr, sondern eine Generation von zwanghaften Kontrollfreaks und emotionalen Weicheiern, die am liebsten alles aus ihrem Leben verdammen würden, was nach Komplexität, Chaos, Dunkelheit und Schmerz riecht. Deshalb haben wir unglaublich schlaue, hocheffektive Mechanismen entwickelt, um dies alles in unser Unterbewusstsein, in den Schatten zu drängen und nicht wahrnehmen zu müssen. Diese Strategien dienen kurzfristig unserem Schutz und unserer Kontrolle, aber wenn wir ehrlicher und genauer schauen, nehmen sie uns auch sehr viel. Sie rauben uns langfristig Lebensfreude, Lebensintensität und Souveränität. Denn wer auf Kriegsfuß mit seinem Schatten lebt, der bindet enorm viel Kraft im Versuch, ihn zu bändigen. Diese Kraft fehlt dir in der Liebe, der Kunst, im Arbeiten, in allem.
Die gute Nachricht ist: Du kannst wieder lernen, ein*e Drachenreiter*in zu werden. Du wirst ihn niemals bezwingen, doch du kannst lernen, ihn zu achten, ihm zuzuhören, und letztendlich wird er dir gestatten, ihn zu reiten. Wie das geht, zeige ich dir in diesem Buch. Ich möchte dich fairerweise vorwarnen. Ich bin weder ein Psychiater noch ein Philosoph. Ich komme von einer sehr bodenständigen Praxis mit vielen Jahren Selbsterfahrung. Ich drücke die Dinge ungeschminkt und pragmatisch aus. Wenn du ein intellektuelles Lehrbuch über dieses Thema suchst, bist du hier falsch. Ich möchte dir Lust machen, dich deinem Schatten eigenverantwortlich und neugierig zuzuwenden und so deine einzigartigen, direkten Erfahrungen zu machen und auch in deinen Worten auszudrücken. Vielleicht kommst du zu ganz anderen Schlussfolgerungen als ich. Es ist dein Schatten. Du solltest darin Expert*in sein. Ich habe mein Anliegen erreicht, wenn du nach der Lektüre Lust auf deinen Schatten hast und beginnst, ihn regelmäßig auszuleuchten. Deshalb findest du im Anhang einige weiterführende Bücher, die mich sehr inspiriert haben. Schattenarbeit ist keine einmalige Kur, es ist ein nie endender Lebensweg reifer Menschen. Dies ist ein Weg für mutige, reife Menschen, die keine Abkürzung, kein oberflächliches Beruhigungsprogramm suchen, sondern nach Wahrheit und Ganzheit streben. Der Weg führt durch die Dunkelheit ins Licht. Und du wirst dich manchmal fragen: Warum tu ich mir das an? Warum mache ich es mir nicht so einfach wie die anderen, lenke mich ab und projiziere alles, was ich in mir nicht sehen mag, auf die anderen? Das ist eine sehr gute Frage und du brauchst darauf eine für dich schlüssige Antwort, sonst gibst du an der entscheidenden Weggabelung im Märchen auf oder du rennst, wie es derzeit viele in der psychospirituellen Szene machen, mit einem Plastikschwert und einem Plüschdrachen durch Seminare und hältst dich für die große Schattenforscherin.
Doch um für dich ernsthaft beantworten zu können, ob du das wahre Biest wecken und kennenlernen möchtest, sollten wir uns zuvor genau anschauen, was denn dieser ominöse Schatten überhaupt ist. Der Begriff geht auf Carl Gustav Jung zurück, einen Schweizer Psychiater, der auf seinem Gebiet eine Art Grenzpionier war. Er hat seitdem Scharen von Psycholog*innen, Psychiater*innen, Therapeut*innen, Heiler*innen, aber auch Dichter*innen und Filmemacher*innen intensiv beeinflusst und unsere Sicht auf die menschliche Psyche nachhaltig verändert.
Unter dem Schatten verstand Jung den versteckten, aus verschiedenen Gründen abgelehnten Teil der individuellen und der kollektiven Psyche. Also alles von dir, was noch nicht ans Licht darf und im Schatten deines Bewusstseins darauf wartet, von dir anerkannt und integriert zu werden. Hier finden sich zum Beispiel unterdrückte Emotionen, unverarbeitete Erfahrungen, unreflektierte Glaubenssätze und natürlich auch unbequeme Impulse, beunruhigende Träume und peinliche Wünsche.
Der Schatten ist nicht gleichzusetzen mit dem Unbewussten. Du hast zum Beispiel jetzt gerade viele Reize in deiner Umgebung ausgeblendet, um dich auf das Buch konzentrieren zu können. Das heißt, sie sind unbewusst für dich. Konzentrierst du dich darauf, werden sie dir bewusst. Beim Schatten geht es um all die Anteile von uns, die wir irgendwann abgelehnt und unterdrückt haben, weil sie uns zu schmerzhaft, zu peinlich, zu beängstigend waren. C. G. Jung hat damit hauptsächlich die negativen, unangenehmen Aspekte gemeint. Ich möchte – basierend auf meinen persönlichen Erfahrungen und der Arbeit mit meinen Klient*innen – das Verständnis dieses inneren Raumes noch ausdehnen auf alle glorreichen, großen Aspekte, die wir an uns ablehnen. Wir wollen und können uns im Augenblick weder mit diesen negativen noch den positiven Aspekten unserer Psyche identifizieren. Deshalb verdrängen wir sie in den Schatten.
Als Nächstes müssen wir zwischen dem persönlichen Schatten und dem kollektiven Schatten unterscheiden. Der persönliche Schatten ist bei jedem Menschen sehr individuell zusammengestellt, da er durch unsere Geschichte geprägt ist. Durch all das, was du erlebt, gefühlt, gedacht, erfahren hast. Dein Schatten ist also der Ort, an den du alle unliebsamen Dinge abgeschoben hast, die du, als sie dir zum ersten Mal begegneten, nicht verarbeiten konntest. Vielleicht bist du jemand, der irgendwann mal beschlossen hat: Neid ist etwas ganz Hässliches, das darf nicht sein. Also schiebst du deinen Neid in den Keller.
Lass uns gleich zu Beginn einmal klar und deutlich sagen: Dieser Mechanismus ist kein Fehler, sondern ein außerordentlich intelligentes Schutzsystem. Niemand schiebt aus purem Spaß Aspekte von sich selbst in den Schatten. Wir tun dies, weil wir damit irgendwann einmal überfordert waren. Dafür verdient unser Schatten unsere Anerkennung. Wenn wir allerdings nie lernen, unseren Schatten bewusst und freiwillig zu erkunden, wird dieser Mechanismus langfristig auch zu unserer Falle. Denn das, was wir dahin geschoben haben, ist eben nicht weg, sondern nur im Schatten. Was machst du also später, wenn sich Neidgefühle in dir regen? Du behauptest (und glaubst es wahrscheinlich auch), dass du nicht neidisch bist, und wandelst das ungeliebte Gefühl zum Beispiel in einen »wohlmeinenden« Ratschlag um. Das nennt sich Sublimierung und über diesen Vorgang werden wir noch ausführlich sprechen. In einzelnen Situationen mag diese Strategie funktionieren, aber auf Dauer ist es keine Lösung. Dein Neid geht ja nicht weg, nur weil du erleuchteter tust, als du bist. Deine Schattenaspekte wirken – gerade weil sie nicht bewusst integriert sind – umso mächtiger auf dein Leben ein. Sie sind deine Blindspots und entfesseln unsichtbare Kräfte, die das Spiel des Lebens verzerren und manipulieren. Je mehr wir von uns in den Schatten verbannen, desto unfreier, unvollständiger und auch unkreativer werden wir uns fühlen. Denn die Seele strebt nach Ganzheit und dieselbe Kraft, die deine ungeliebten Aspekte abwehrt, unterdrückt auch deinen kreativen Genius.
Wie gesagt, gibt es in deinem Schatten sehr wohl auch sehr helle, großartige Aspekte, die du dir nicht zuschreibst. Viele Menschen haben zum Beispiel ein Problem damit, ihre wahre Schönheit, Kraft oder Liebenswürdigkeit anzunehmen, und schieben diese Aspekte in den Schatten ab. Doch dadurch hinderst du dich genauso daran, dein volles Potenzial zu entfalten. Bitte mach dir also klar, dass der Schatten nicht nur die Dunkelheit, sondern auch das gleißende Licht umfasst.
Neben deinem persönlichen gibt es auch noch den kollektiven Schatten. Du kannst es dir so vorstellen, dass jegliche Erfahrung, die ein Mensch auf diesem Planeten erlebt hat, in ein kollektives menschliches Unterbewusstsein eingegangen ist. Es wirkt wie ein unsichtbares, nicht lokalisierbares, aber von uns allen anzapfbares kollektives Gedächtnis. In diesem ringen mächtige Archetypen, also grundlegende, existenzielle Vorstellungs- und Verhaltensmuster, miteinander. Der universelle Kampf von Gut und Böse. Teufel, Jesus, Gott, der heilige Geist, die Unterwelt. Diese kollektive Dimension des Schattens wirkt natürlich auch auf dich ein und viele Phänomene in deinem Leben ergeben erst Sinn, wenn du verstehst, dass du immer an dieses Feld angeschlossen bist. Nach der Lektüre des Buches wird dein Blick auch darin geschult sein zu erkennen, wie ganze Bevölkerungsgruppen oder Kulturen gegenseitig ihren kollektiven Schatten aufeinander projizieren.
Nun, da du weißt, was der Schatten ist, zurück zu der Frage: Warum solltest du so verrückt sein und das Tor zu deinem Schatten freiwillig öffnen?
Gegenfrage: Warum hast du überhaupt dieses Buch in die Hand genommen? Was war dein erster Gedanke? Wahrscheinlich denkst du, du hättest dich bewusst entschieden. Die Wahrscheinlichkeit ist jedoch sehr groß, dass es dein Schatten war, der dir den Impuls gab. Er will ans Licht. Denn letztendlich steht er für eine enorme Menge an Lebensenergie, die hier angestaut wurde. Auch wenn es unbequem, peinlich, ja manchmal sogar beängstigend sein kann, sich dem zuzuwenden, was bis jetzt im Dunkeln existierte, letztendlich ist es eine sehr vitale Wahl. Die Bereitschaft, eine Brücke zu deinem Schatten zu bauen, seine Signale deuten zu lernen und ihn Aspekt für Aspekt ins Licht zu integrieren, schenkt dir langfristig enorm viel Freiheit und Selbstachtung. Du wirst sehr viel Energie freisetzen und deine Kreativität entfesseln. Du wirst dich auf eine gute Weise neu in dich verlieben, wenn du realisierst, wie komplex, paradox und spannend du bist. Schattenwerk ist keine Einladung zu einem egoistischen Selbsttrip. Du wirst durch eine bewusste Schattenarbeit auch deinen Mitmenschen mehr Frieden anbieten können, denn letztendlich wurzeln jeder Streit und jeder Krieg in einem nicht integrierten Schatten auf beiden Seiten. Schattenarbeit ist Heilungs- und Friedensarbeit.
Bevor wir tiefer einsteigen, bitte ich dich, die folgenden Sätze sehr aufmerksam zu lesen. Dieses Buch ist kein Ersatz für eine Psychotherapie. Es richtet sich, wie meine gesamte Arbeit, an normalneurotische Menschen, die sich zutrauen, ihre Gefühle, Gedanken und Impulse eigenverantwortlich zu händeln. Die auch in der Lage sind, ein Buch wieder zuzuklappen oder mit einer Methode aufzuhören, wenn sie merken, dass es ihnen nicht guttut. Ich kann und will dir nicht abnehmen, diese Entscheidung für dich selbst zu treffen. Falls du zum Beispiel unter einem schweren Trauma leidest, dann bitte ich dich, dir professionelle Hilfe zu suchen. Wenn du dir unsicher bist, besprich dich bitte mit einem Arzt, einem Therapeuten oder einem Coach deines Vertrauens. Du bist groß. Okay?
Dein Schatten zeigt sich auf unterschiedlichste Weisen. Er berührt alte persönliche Wunden und zum Teil tiefe kollektive Wunden. Er kann starke Aggressionen oder tiefste Unsicherheit ans Licht holen. Deshalb bitte ich dich, diesem Thema mit Respekt zu begegnen.
Du kannst davon ausgehen, dass dein Schatten jetzt gerade mitliest und bereits »in Gärung« kommt. Das heißt, es kann gut sein, dass du in den kommenden Nächten intensiver träumst. Achte gut darauf, was sich in deinem Leben regt. Denn wenn du deinen Schatten rufst, dann kommt er! Er kommt in Träumen, meldet sich in Ereignissen oder zeigt sich durch andere Menschen. Schattenarbeit hat es in sich, muss aber nicht zwangsläufig dramatisch sein. Vielmehr möchte ich dich einladen, eine Haltung einzunehmen, die offen ist für das, was kommt, und zugleich darauf vertraut, dass deine Psyche diesen Prozess behutsam in die Wege leitet. Vertraue darauf, dass dein Leben nicht komplett durcheinandergerät, sondern dass du deinen Schatten auf eine sanfte Art und Weise integrieren kannst. Und glaub mir, wenn du das beschließt und heute vor dem Schlafengehen noch einmal innehältst und an einen sanften Prozess appellierst, dann wird es so sein. Ich bin der Meinung, Schattenarbeit kann auch richtig Spaß machen. Wie Drachenreiten eben …
Ich habe dir einen umfangreichen Downloadbereich mit vertiefenden Videos und heilsamen Meditationen zusammengestellt. Er ist ein Geschenk für dich. Am besten schaust du gleich mal vorbei: go.homodea.com/schattenwerk
Bevor wir ins Reich der Schatten hinabsteigen, lass uns kurz und lässig darüber philosophieren, wer wir eigentlich sind. Carl Gustav Jung ging davon aus, dass du und ich in Wahrheit ein freies, unbegrenztes Selbst sind. Das klingt, wenn du keine Erfahrung im Selbstverwirklichungsdschungel hast, vielleicht erst einmal ein bisschen metaphysisch. Das Selbst ist ein anderer Ausdruck für deinen ganzen, dir theoretisch zur Verfügung stehenden Bewusstseinsraum. Immer dann, wenn du etwas integrierst (»Aha, das bin ich also auch«), wird es Teil deines Selbst. Innerhalb des riesigen, quasi unendlichen Raumes von Selbst gibt es das Ich. Das Ich umfasst die Anteile von dir, die dir bekannt sind und die in deinem Alltag und im Kontakt mit anderen Menschen zum Tragen kommen. Dazu gehört zum Beispiel, wie alt du bist, deine Haarfarbe, welche Sprache(n) du sprichst, was deine Stärken und deine Schwächen sind, ob du lieber Tee oder Kaffee trinkst und so weiter. Für das Ich sind also Merkmale relevant, die sich von anderen Merkmalen abgrenzen lassen. Das Selbst hingegen ist unbegrenzt. Es vereint alle Gegensätze in sich und überdauert Zeit und Raum. Im Alltag lebst du meist auf der Ebene des begrenzten Ichs, das ist sozusagen unser Normalzustand. Aber wenn du schon mal eine intensive Meditationserfahrung gemacht hast, dann weißt du, dass es Momente gibt, in denen du in einen inneren Raum ohne Grenzen gelangst. Du erfährst Weite, Stille, Präsenz und manchmal auch ein Licht, welches so intensiv sein kann, dass du glaubst, es nicht aushalten zu können. Das sind Momente, in denen du der wahren Dimension deines Selbst begegnest. Das sind Augenblicke der Gnade, in denen dein Ich komplett verschwindet und du ohne Worte alles verstehst. Dann landest du wieder in deiner begrenzten Form und stammelst dir einen ab, in dem hilflosen Versuch, anderen und dir zu erklären, was du gerade erfahren hast. Willkommen im Club!
Frag mich nicht, warum, aber von Zeit zu Zeit wird es diesem freien Bewusstsein offenbar zu langweilig und es inkarniert auf diesem Planeten in einem zuerst schnell wachsenden, später auch wieder verfallenden Fleischklöpschen. Ja, ich rede gerade von dir.
Unbegrenztes Bewusstsein wird in eine Familie geboren, bekommt einen Namen verpasst, macht jede Menge seltsamer Erfahrungen und wird von allen Seiten mit Informationen darüber bombardiert, wer es ist und wie es sein sollte. So entwickelst du deine Ich-Vorstellung. Jedem Fachexperten krümmen sich wahrscheinlich gerade die Zehennägel über meine freche Zusammenkürzung der existenziellen Weisheiten des Lebens. Aber, liebe Leute, das Buch ist nicht so dick und wir wollen schnell zum Punkt der Schattenarbeit kommen. Du lernst also durch Beobachtung und Schlussfolgerung, wer du bist und was du nicht bist. Das heißt, irgendwann haben die meisten von uns eine relativ starre Idee davon, wer sie sind. Zum Beispiel: »Ich bin der Introvertierte«, »Ich bin die, die immer wieder aufbraust«. Daneben entwickeln wir auch – und das ist ganz wichtig für deinen Schatten – eine klare Liste von Eigenschaften, die wir nicht sind, auf gar keinen Fall sein können beziehungsweise wollen. Zum Beispiel: »Ich will auf gar keinen Fall lustvoll und verhurt sein.« Oder: »Ich bin zu blöd für Mathematik.« Wir setzen also aus dem riesigen Angebot an menschlichen Möglichkeiten unseren relativ überschaubaren Ich-Blumenstrauß zusammen und den restlichen Großteil der menschlichen Aspekte und Eigenschaften verbannen wir in das sogenannte Nicht-Ich, ins Unterbewusstsein. Dort ist es für dich nicht präsent, aber es ist trotzdem da.
Das ist eine ganz wichtige These, die im Zentrum von Schattenwerk steht: Alles ist in dir. Bitte nimm dir einen Moment Zeit, um diesen Gedanken wirklich in dich aufzunehmen: Alles ist in dir. Auch das, was deiner Ansicht nach nicht zu deinem Ich passt und was du deshalb in deinen Schatten verbannt hast. In dir existiert markerschütternde Angst, ein bockiger Störenfried, eine heilige, rasende Wut, … Wir können es abkürzen: einfach alles!
Du brauchst jetzt aber keinen Schreck zu bekommen. Dass alles in dir ist, bedeutet nicht, dass du alles ausleben musst. Sondern es bedeutet, dass du zu allem Zugang hast. Und das ist ungeheuer wertvoll, denn wenn wir Zugang zu all diesen Aspekten haben, können wir Mitgefühl und Verständnis für Menschen entwickeln, die anders sind als wir. Dies ist die Basis für wahren Frieden!
Allerdings nutzen wir diese Fähigkeit im Alltag leider nur selten, denn wer von uns hat schon in der Schule ein Unterrichtsfach »Schattenwerk« gehabt? Wir sind, was die dunklen, dreckigen Aspekte des Lebens betrifft, Angsthasen und Saubermänner. Unser begrenztes Ich schützt lieber seine Mauern durch Rechthaben und das Abgrenzen von anderen. Wenn du in einem Mitmenschen mit einer Eigenschaft konfrontiert wirst, die dir unangenehm ist, beschließt dein Ich mit großer Wahrscheinlichkeit: »Nein, das bin ich nicht!« und schiebt sie in dein Unterbewusstsein. Aber dort bleibt sie eben nicht einfach. Sondern deine Psyche nutzt einen raffinierten Mechanismus, damit das Abgeschobene zu seinem Recht kommt: Dein Schatten sucht sich in einem anderen Menschen eine Leinwand und projiziert den unterdrückten Anteil da drauf.
Sagen wir, es gibt einen Anteil in dir, der rechthaberisch ist. (Richtig geraten?) Du hast dir aber eingeredet, dass du ein offener Mensch bist. Jetzt diskutierst du mit einem Freund über ein dir wichtiges Thema, aber es gelingt dir nicht, ihn von deiner Ansicht zu überzeugen. Schließlich wirfst du ihm vor, dass er rechthaberisch wäre. Du hast das, was du an dir nicht ertragen willst oder kannst, auf deinen Freund übertragen. Vielleicht ist er sogar auch rechthaberisch. Doch der springende Punkt ist: Du wärest voll cool damit, wenn du akzeptieren könntest, dass du selbst ein kleines, rechthaberisches Arschloch bist.
Aber warum projiziert unser Bewusstsein überhaupt nach außen? Weil unsere Seele nach Ganzheit strebt. Tief in uns wissen wir, dass so eine kleine Ich-Box niemals ausreicht, um unsere Komplexität zu erfassen. Wir wissen, dass wir unsere eigene Ganzwerdung hemmen, wenn wir etwas auf Dauer unterdrücken. Deshalb suchen wir instinktiv nach Situationen und Beziehungspartner*innen, die unseren Schatten wach kitzeln.
Alles ist in dir!
Wenn du zum Beispiel den Angsthasen in dir nicht fühlen willst und ständig den Obermacker spielst, wird dein Bewusstsein dafür sorgen, dass du mit diesem verdrängten Anteil in Kontakt kommst. Du wirst in deiner Umgebung immer wieder auf Angsthasen stoßen und einen Großteil deiner Energie darauf verwenden, dich über diese aufzuregen oder lustig zu machen. Bis du dieses Buch liest und kapierst, dass du die ganze Zeit Witze über dich gemacht hast. Hah!
Dieser Mechanismus wirkt in vielen Bereichen unseres Lebens, ohne dass wir uns dessen oft bewusst sind. Wir können nicht nur auf Menschen, sondern auch auf Objekte projizieren. Wenn du zum Beispiel im Laufe deines Weges beschlossen hast, dass du unbedingt ein »spirituelles« Ich haben willst, zu dem materieller Reichtum nicht passt, kann es sein, dass dir Symbole weltlicher Fülle (Porsche, Rolex, Yacht) voll die Knöpfe drücken.
Wir können Verdrängtes auch auf die Natur projizieren. Viele Menschen bekommen im Herbst einen Blues. Sie sind deprimiert und antriebsschwach und hadern mit sich und dem Leben. Natürlich gibt es dafür auch eine wissenschaftliche Erklärung: Die Tage werden kürzer, das Licht nimmt ab, das Vitamin D in unserem Körper geht zurück. Das sind alles wichtige Fakten. Aber vielleicht spielt es auch eine psychische Rolle, dass uns das fallende Laub an unsere Vergänglichkeit erinnert, einen der mächtigsten Schatten des Menschen überhaupt?
Wir projizieren unseren Schatten auf Menschen, Objekte und Ereignisse. Also jede Menge Gründe, uns immer wieder aufzuregen.
Ist Schattenarbeit einfach? Nein. Sie ist eine Kunst und du musst sie mindestens einmal gründlich erlernen. Schattenarbeit erfordert Mut. Schattenarbeit bedeutet, dass du immer wieder aus der Komfortzone deines kleinen, für dich bekannten Ichs heraustrittst. Es bedeutet, dass du immer wieder unerschrocken hinschaust und dabei sehr wahrscheinlich eine Menge Erkenntnisse sammelst, die dir erst mal peinlich oder sonst wie unangenehm sind. Doch es lohnt sich. Du bekommst eine immer größere Perspektive darauf, wer und was du bist. Deshalb auch … Bewusstseinserweiterung!
Damit einhergehend reift deine Schaulogik, die Fähigkeit, verschiedene Standpunkte auf ein und dieselbe Situation bezogen einzunehmen. Deine Resilienz gegenüber Chaos und Wandel steigt. Dein Mitgefühl vertieft sich. Weil du jeden Mist dieser Welt in dir findest, wirst du demütiger, aber wahrscheinlich auch humorvoller. Mit anderen Worten, du wirst eine ziemlich coole Socke. Noch ein Nebeneffekt: Du bist bei Weitem nicht mehr so angreifbar durch Kritik. Wenn jemand kommt und sagt: »Kann es sein, dass du manchmal ein echtes Arschloch bist?«, wirst du einfach nur grinsend erwidern können: »Ganz bestimmt. Das hast du gut bemerkt.« Kannst du ahnen, wie viel Freiheit es dir bringen kann, wenn du nichts mehr unterdrücken musst? Wenn du dir und anderen nichts mehr vormachen musst? Wenn du endlich die Türen und Fenster deiner Seele weit aufreißen und sagen kannst: »Kommt alle, ihr Gäste. Kommt, die glorreichen Held*innen und die hässlichen Entlein. Die dunklen Dämonen und die unangenehmen Gefühle …« Das schenkt dir tiefen Frieden und Lässigkeit. Was auch immer du angehst – Kunst, Arbeit, Liebe, Spiritualität –, alles wird sich vertiefen, weil du Licht und Dreck, Liebe und Hass, Schweiß und Rosenduft willkommen heißen kannst. Also, wenn du jetzt noch nicht heiß auf Schattenwerk bist, kann ich dir auch nicht helfen.
Ein lebendiges Leben bringt immer ans Licht, was noch im Schatten lag.
Das schönste und wertvollste Geschenk der Schattenarbeit ist: Sie macht dich ganz und führt dich in dir nach Hause! Jung nannte dies den Individuationsprozess. Wir werden unschuldig, nichtwissend geboren. Wir entwickeln ein Ego. Wenn wir lebendig und neugierig bleiben, dann stellen wir dieses immer wieder infrage und erweitern es. Und während wir Schatz für Schatz nach Hause holen, werden wir ganzer, heiler, erfüllter.