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Dieser Band enthält folgende Romane: Mein Herz gehört nur mir (Anna Martach) Der Bergführer und die Gipfelstürmerin (Alfred Bekker) Maria Oberhofer, die bildschöne Magd vom Kernmeier-Hof ist eine Klettererin, wie es so schnell keine zweite gibt. Sie ist schon seit frühester Jugend in jeder freien Minute in den Bergen. Bei einem Wetterwechsel stürzt sie einen Hang hinab und verstaucht sich den Knöchel. Doch sie hat Glück im Unglück. Der Greiner-Thomas, der als Bergführer seinen Lebensunterhalt verdient, findet sie in ihrer misslichen Lage. Doch dann gerät der Berg in Bewegung: Eine Lawine sucht sich ihren tödlichen Weg...
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Gipfelliebe mal 2: Zwei Bergromane
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Mein Herz gehört nur mir: Wildbach Bergroman
Der Bergführer und die Gipfelstürmerin
Dieser Band enthält folgende Romane:
Mein Herz gehört nur mir (Anna Martach)
Der Bergführer und die Gipfelstürmerin (Alfred Bekker)
Maria Oberhofer, die bildschöne Magd vom Kernmeier-Hof ist eine Klettererin, wie es so schnell keine zweite gibt. Sie ist schon seit frühester Jugend in jeder freien Minute in den Bergen. Bei einem Wetterwechsel stürzt sie einen Hang hinab und verstaucht sich den Knöchel. Doch sie hat Glück im Unglück. Der Greiner-Thomas, der als Bergführer seinen Lebensunterhalt verdient, findet sie in ihrer misslichen Lage. Doch dann gerät der Berg in Bewegung: Eine Lawine sucht sich ihren tödlichen Weg...
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
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von Anna Martach
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„Ach, Franzi, was ist das nur wieder für ein Tag“, seufzte die alte Liesel Korbmacher, als sie die kleine Poststation betrat. Liesel war bekannt dafür, den ganzen Tag zu jammern, obwohl sie keinen rechten Grund dafür besaß. Die alte Dame war aber nun schon im gesegneten Alter von fast 75 Jahren, und so nahm es ihr niemand übel, wenn sie über die Schlechtigkeit der Welt, ihre eigenen Gebrechen und das Leben allgemein lamentierte. Sie besaß auf jeden Fall auch ein gutes Herz und half noch immer mit Rat und Tat, wenn es gebraucht wurde.
„Was für ein Tag soll’s denn schon sein, Frau Korbmacher? Die Sonne scheint, wir haben wahrhaft einen goldenen Herbst, und die Pilze sprießen auch schon“, gab das bildhübsche Madl zurück und verbarg ein Lächeln.
„Ach, was weiß denn das Jungvolk schon? Ich spüre alles in den Knochen. Einen frühen Winter wird’s geben, und einen harten dazu. Aber ein bisserl hat’s noch Zeit. Jetzt schickst erst mal dieses Packerl hier an meine Tochter nach Australien.“
Franziska Öttinger, Franzi genannt, kannte den Vorgang schon, etwa alle 3 Monate schickte Liesel ein Paket an ihre Tochter Magdalena, die in Australien verheiratet war und nur selten noch nach Niederburgbach kam.
Die Tür zur kleinen Poststelle öffnete sich gleich wieder, und ein Mann kam herein, bei dem Franzi unwillkürlich den Atem anhielt. Röte zog in ihre Wangen, und ihre Augen begannen zu funkeln. Genauso erging es jedoch den meisten Madln im Ort, sobald sie Tobias Heimrichs erblickten.
Der fesche Architekt wohnte seit kurzem in der neuen Ferienhaussiedlung und leitete drüben in der Stadt den Bau eines neuen Hochhauses. Hier in Niederburgbach war er nur selten zu sehen, auch wenn er hier wohnte, doch bei den wenigen Anlässen waren bisher noch alle jungen Frauen ins Schwärmen gekommen.
„Grüß Gott“, sagte er mit angenehmer Stimme und betrachtete das blitzsaubere Madl mit einem bewundernden Blick.
„Na, ich bin dann ja fertig“, erklärte Liesel mit einem verschmitzten Lächeln. Sie schaute Franzi schmunzelnd an, die mit ihren blonden Haaren, die bis auf die Schultern reichten, und den leuchtend blauen Augen fast wie eine Madonna wirkte. Auch der junge Mann konnte seine Blicke kaum von diesem zauberhaften Anblick lösen. Franzi fasste sich mühsam.
„Ist schon recht, Frau Korbmacher, ich werd’ dann alles fertigmachen und abschicken, wie immer. Ihre Tochter wird sich gewiss freuen. Einen schönen Tag denn auch noch“, wünschte sie höflich. „Wie kann ich Ihnen helfen?“, erkundigte sie sich dann bei Tobias. Der legte einen Stapel Briefe auf den Tisch, einige davon mit besonderem Versand.
„Zuerst mal können S’ die alle wegschicken. Und dann hätt’ ich gern gewusst, ob… naja, ob S’ vielleicht Lust hätten … würden S’ vielleicht gern nach Feierabend einen Kaffee mit mir trinken gehen?“ Tobias wurde rot, was Franzi noch nie bei einem Mann gesehen hatte. Sie kam zunächst nicht dazu, ihm eine Antwort zu geben, er fuhr etwas nervös einfach fort.
„Jetzt halten S’ mich bestimmt für ganz schön dreist, aber das müssen S’ schon verzeihen. Sowas wie Sie kommt einem denn doch net alle Tage vor die Augen. Ich mein’ ja auch nur, ich tät gern mal mit Ihnen ausgehen, wenn S’ net schon vergeben sind, was ich natürlich verstehen könnt’. So ein hübsches Madl ist sicher schon in festen Händen, und … ach, was red’ ich hier eigentlich?“ Tobias verstand sich selbst nicht mehr. Er galt im Allgemeinen als kühler, sachlicher Mann, der durch nichts zu erschüttern war. Doch hier hatte es ihn gerade getroffen wie ein Blitz. Dies fröhliche, fesche Madl war die Erfüllung aller seiner Wunschträume, und er hoffte sehr, dass sie seine Einladung nicht ausschlagen würde.
Zu seiner Enttäuschung schenkte sie ihm jedoch ein bedauerndes Lächeln.
„Ich fürcht’, das kann ich net annehmen, auch wenn ich’s vielleicht gern tät’“, erklärte sie bedauernd.
„Dann ist da also schon jemand, der…“
Franzi nickte und fragte sich unwillkürlich, ob das wirklich so war. Sicher, sie war fest zusammen mit dem Matthias Widburger, den sie schon seit ihrer Kindheit kannte. Fast alle Leute im Ort erwarteten, dass sie beide bald vor den Traualtar traten, oder zumindest eine Verlobung anstand. Aber das Madl zögerte, obwohl Matthias lieber heute als morgen die Beziehung gefestigt hätte. Sie empfand eine Menge für den Burschen, doch er war so schrecklich eifersüchtig, dass es zwischen ihnen immer wieder zum Streit kam und sie sich ernsthaft überlegte, ob sie auf Dauer damit leben konnte, sich stets zu rechtfertigen, für nichts und wieder nichts. Franzi fand nichts dabei, auch mal mit einem anderen Burschen zu tanzen und zu lachen, oder sich einfach nur zu unterhalten. Matthias argwöhnte jedoch jedes Mal, dass mehr im Spiel war als nur ein harmloses Vergnügen. So blieb die Beziehung angespannt, und sie hatte schon darüber nachgedacht, wie es wäre, mit einem anderen Mannsbild zusammen zu sein.
Das genau war der Grund, warum sie jetzt plötzlich zögerte Tobias sofort abzusagen. Sie fand es wunderbar und aufregend, mit diesem Mann ein Gespräch zu führen, ganz harmlos selbstverständlich. Aber Matthias würde sicher gleich ein Drama daraus machen.
Tobias spürte ihre Unsicherheit. Bestand vielleicht doch noch Hoffnung? Er lächelte sie an, und sie erwiderte das Lächeln.
„Können S’ sich das net noch mal überlegen?“, fragte er treuherzig.
Franz hielt noch immer die Briefe in der Hand und dachte nach.
„Vielleicht“, sagte sie dann rätselhaft, was dem Architekten gar nicht weiter auffiel. Er war einfach total fasziniert und wünschte, für länger in ihrer Nähe bleiben zu können.
Die friedliche Stimmung wurde jäh gestört, als ein Bursche mit schweren Schritten die Poststelle betrat. Franzi blickte auf, und ihre Miene wurde schlagartig ernst. Matthias. Ausgerechnet jetzt. Spionierte er ihr jetzt schon bei der Arbeit nach?
„Grüß dich“, sagte sie leichthin. Er knurrte etwas und musterte den fremden Mann mit bösen Blicken.
„Sind S’ fertig?“, fragte er unfreundlich. „Andere Leut’ haben hier auch noch was zu erledigen.“
Tobias war überrascht von der Feindseligkeit in der Stimme des anderen, er kannte den Burschen doch gar nicht. Er bemerkte, wie er und Franzi sich anschauten, dann dämmerte es ihm. Dieser Mann besaß offenbar ältere Rechte auf das Madl, oder zumindest glaubte er das.
Franzi lächelte ihm verlegen zu. „Ich werd’ dafür sorgen, dass Ihre Post rasch beim Empfänger ankommt“, erklärte sie mit freundlicher Stimme, so dass Matthias unwillig die Stirn runzelte.
„Wegen dieser anderen Sach’ – da komm ich einfach noch mal her“, gab Tobias zurück und zwinkerte ihr zu. Sie nickte.
Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss, und der Bursche wandte sich an Franzi.
„Was wollte der denn hier?“
„Das ist ein Kunde, der seine Post aufgegeben hat. Sag mal, bist eigentlich noch gescheit? Wie benimmst dich denn hier? Willst jetzt bei jedem Mannsbild einen Aufstand machen, der in die Post kommt, um was zu erledigen? Schämen sollst dich.“
Er wirkte gar nicht reumütig ob dieses Vorwurfs, blickte sie im Gegenteil empört an. „Ja, soll ich denn am End gar einfach zuschaun, wie du mit diesem Mannsbild poussierst? Schau ihn dir doch nur mal an, den Bazi. Was hat denn der zu bieten, außer ein paar braunen Augen und einem Lächeln. Das ist einer von der Sorte, der an jedem Finger zehn Madln hat. Der schaut dir tief in die Augen, und schon hast den Verstand verloren. Hättst dir nur mal selbst zuschaun müssen, grad eben. Hast ihn ja förmlich mit den Blicken verschlungen, den Herrn Architekten.“
„Bist ja narrisch“, fuhr Franzi auf. „Ich hab nix weiter getan, als höflich mit ihm geredet, wie es sich für einen Kunden gehört. Willst mir mit deiner dummen Eifersucht das am End gar auch noch verbieten? Was glaubst eigentlich, wer du bist? Wenn’s dir net passt, wie ich mich anderen Leuten gegenüber benehme, kann ich dir auch net helfen. Aber ich mag nimmer, Matthias. Immer wieder beschuldigst du mich und führst dich auf wie ein Pascha, oder was auch immer. So geht’s net weiter. Ich kann das net mehr.“
„Was soll das heißen?“, fragte er mit tonloser Stimme, weil er die Ernsthaftigkeit in ihren Worten erkannte. „Franzi, es ist doch nur, weil ich dich so schrecklich lieb hab und deswegen Angst, dich zu verlieren. Ich will dich aber net verlieren. Aber mir tut es schon weh, wennst mit jemand redest, der dich vielleicht mir wegnehmen könnt. Kannst das denn net verstehen? Ich will dich einfach net verlieren.“
„Dann hast das aber ganz falsch angefangen“, sagte das Madl. „Ich kann’s net mehr ertragen, und ich mag mich auch net mehr verteidigen für Sachen, an die ich net mal gedacht hab. Ich geb dir noch eine Chance, aber wenn du wieder auf die Idee kommst, ich hätt einen anderen, dann kannst dahin gehen, wo der Pfeffer wächst.“
Matthias senkte den Blick und malte mit dem Fuß Kreise auf den Boden. „Ich hab dich schon verstanden, Franzi, auch wenn’s schwer fällt. Aber ich will dich doch nur behalten. Kannst denn das net verstehen?“
„Net auf diese Weise“, erklärte sie spröde. „Solltest dich einfach benehmen wie ein gestandenes Mannsbild und net wie ein Trottel“, setzte sie noch einen drauf. Ein kleines Lächeln spielte um ihre Mundwinkel. Die Zerknirschung des Burschen war nicht gespielt, aber es war ja nicht das erste Mal, dass er einen solchen Aufstand gemacht hatte. Die Reue hatte bisher immer nicht lange angehalten. Er musste doch lernen, ihr zu vertrauen, sonst würde ihre Beziehung niemals gut gehen können. Die Eifersucht stand immer zwischen ihnen, Franzi hatte das längst erkannt. Bei Matthias ging das Gefühl manchmal mit dem Verstand spazieren.
Er streckte die Arme aus und schaute sie flehend und treuherzig an. „Darfst mich net verlassen, Franzi. Ich liebe dich doch.“
Sie seufzte und ließ sich endlich in die Arme nehmen. „Hast schon eine seltsame Art, mir deine Liebe zu zeigen“, murmelte sie, bevor sich die Lippen zu einem langen Kuss trafen.
*
In einem kleinen Ort kennt jeder jeden, und alles, was nicht in den normalen täglichen Ablauf passt, ist es wert, dass man darüber redet. So hatte es zu Anfang schon Gerede hervorgerufen, dass der Architekt, der das Hochhaus in der Stadt baute, ausgerechnet hier wohnte. An Fremde war man schon gewöhnt, schließlich lebten viele Leute im Ort davon. Die meisten waren freundlich und aufgeschlossen, die übrigen wurden hingenommen wie eine Naturkatastrophe, die nach einiger Zeit vorübergehen würde und gegen die man eh nix unternehmen konnte. Touristen waren eben so. Aber der Tobias Heimrichs musste einen ganz besonderen Grund haben, dass er sich hier förmlich verkroch. Warum sonst sollte er es jeden Tag auf sich nehmen, mehr als 20 km in die Stadt zu fahren, wo er doch sicher direkt dort wohnen konnte?
Auf jeden Fall wurde er vom ersten Tag an beobachtet, weil er etwas besonders war. Das lag nicht nur daran, dass schier alle Madln am Ort hingerissen waren von ihm, was sämtliche Burschen verärgerte – auch die Tatsache, dass jemand in der Lage war, einen beeindruckenden Bau von solcher Größe zu entwerfen und den Bau zu leiten, machte ihn interessant.
Zur Enttäuschung der jungen Männer mischte sich der Architekt jedoch nicht unter das Volk. Wer ihn vielleicht im Gasthaus erwartet hatte, bekam ihn dort nicht zu sehen. Doch sein kurzer Besuch in der Post schien eine Veränderung hervorzurufen. Jedenfalls stand er am nächsten Tag schon wieder in der Poststelle und verschlang Franzi mit glühenden Blicken. Wieder wechselten die zwei nur wenige Worte, denn es herrschte Hochbetrieb, und das Madl hatte keine Zeit für ein privates Gespräch. Doch eine gute Stunde später stand ein Bote aus einem Blumenladen in der Post und überreichte Franzi einen kleinen, aber geschmackvollen Strauß. Die beiliegende Karte trug nur wenige Zeilen.
„Ich freue mich, Sie kennenlernen zu dürfen. Danke für die freundliche Betreuung. Tobias.“
Das Madl wurde rot. Immerhin stand ausgerechnet jetzt die größte Klatschbase des Ortes, Elisabeth Murnauer, hier und musterte neugierig und ungeniert das geschmackvolle Geschenk, wie auch die Karte und erhaschte einen Blick auf die Schrift.
„Da hast wohl eine Eroberung gemacht. Wer ist denn der Glückliche? Tobias? Ich kenn keinen Tobias hier am Ort – ach, wer könnt denn das nur sein?“ Neugierig betrachtete die Frau Franzi, die nicht verhindern konnte, dass verräterische Röte auf den Wangen auftauchte.
„Das geht dich gar nix an“, wehrte sie dann freundlich aber bestimmt ab.
„Ha, das kann ja ein Blinder sehen, dass die Blumen net vom Matthias sind“, erklärte Elisabeth triumphierend.
„Wer sagt denn das?“, lachte das Madl. „Vielleicht benutzen wir eine Geheimsprache. Hat dein Mann dir denn noch nie Blumen geschenkt? Dann tust mir aber leid.“
Die Frau war nicht daran gewöhnt, eine derart passende Antwort zu bekommen. Meist schaffte sie es in ihrer dreisten Art andere auszufragen und alles in Erfahrung zu bringen, was sie wissen wollte. Häufig war das mehr, als den Leuten wirklich lieb war. Hier kam sie aber nicht weiter.
„Ach, was weißt du denn schon über Mannsbilder?“, meinte sie leichthin, um Franzi zu einer unbedachten Antwort zu provozieren. „Erst erzählen sie dir das Blaue vom Himmel, und hinterher wissen sie net mal mehr die Farbe deiner Augen. Lass dich nur net von einem Burschen an der Nase herumführen, wer auch immer das sein mag. Blumen bedeuten gar nix.“
Franzi lachte auf. „Siehst, genauso denk ich auch. Aber du bist am End doch net gar neidisch?“
„Neidisch? Ich? Um Himmels Willen, niemals.“ Elisabeth packte ihre Tasche und ging pikiert davon. Wie konnte das Madl ihr nur so etwas unterstellen? Und doch warf sie mit einer gewissen Wehmut einen Blick zurück. Wann hatte sie zum letzten Mal Blumen geschenkt bekommen? Darüber wollte sie lieber nicht nachdenken. Diese Neuigkeit war es jedoch wert, gleich unter die Leute gebracht zu werden.
*
Der Blumengarten beim Haus hatte Franzi in diesem Jahr besonders viel Freude gemacht, und auch die Rosen blühten jetzt, im Spätherbst, noch immer in voller Schönheit. Rosen waren ihr die liebsten Blumen. Form und Duft waren immer wieder etwas besonderes, und die Dornen nahm sie in Kauf, die gehörten einfach dazu.
Das Madl stellte den frischen Strauß von Tobias in eine Vase und freute sich an dem liebevoll zusammengestellten Bukett. Sie wollte jetzt noch draußen im Garten etwas tun, aber erst mal brauchte sie eine anständige Brotzeit. Kaum hatte sie für sich selbst den Tisch gedeckt, als sich die Tür ohne Anklopfen öffnete.
Matthias kam herein, eine steile Falte auf der Stirn und einen grimmigen Ausdruck im Gesicht.
Net schon wieder, dachte Franzi und wappnete sich mit Geduld. Offenbar wusste schon jedermann Bescheid. Der Blick des Burschen fiel auf die Blumen.
„Kriegst jetzt schon von jedem Dahergelaufenen Blumen geschenkt?“, knurrte er statt einer liebevollen Begrüßung.
„Jeder Dahergelaufene hat jedenfalls mehr Manieren als du“, gab sie trocken zurück.
Matthias stutzte. „Gefällt dir das am End gar, wenn so ein – so ein Auswärtiger so ganz besonders freundlich zu dir ist?“, grollte er.
Franzi stand vom Tisch auf, sie hatte es ja geahnt. Aber der Bursche musste endlich mal lernen, dass er nicht über sie bestimmen konnte. Sie war doch nicht sein Eigentum! Ihre Augen funkelten ihn an, und er wich unwillkürlich zurück.
„Was bist denn eigentlich so garstig zu mir?“
„Ich bin garstig? So ein Schmarrn. Ich sorg nur dafür, dass du net auf dumme Ideen kommst und hochfliegende Träume hast, die sich eh net erfüllen. Ich muss eher sagen, dass du dich garstig gegen mich benimmst.“
Franzi stemmte die Hände in die Hüften. „Ja, mag wohl sein, dass ich garstig bin. Aber ich kann dir wenigstens sagen, warum das so ist. Ich freu mich narrisch, dass es jemandem eingefallen ist, mir eine richtig schöne Überraschung zu bereiten. Aber da muss tatsächlich jemand von außerhalb kommen, der das herausfindet. Du kennst mich schon viele Jahre, bist aber nie auf die Idee gekommen, mir mal eine Kleinigkeit zu schenken, einfach so, mein ich. Du selbst freust dich doch auch, wenn ich einen Guglhupf backe oder sonst was Besonderes hab.“
„Hättst ja mal ein Wörterl sagen können, dass dir sowas fehlt“, knurrte er.
„Ja, du Depp, verstehst denn das immer noch net?“, fuhr sie auf. „Darum geht es doch grad. Hättst dir einfach mal selbst Gedanken gemacht, wie du mir eine Überraschung bereiten könntest. Du nimmst einfach alles als zu selbstverständlich.“
„Und was soll das jetzt heißen?“ Matthias war völlig verwirrt. War das noch seine liebe, fügsame Franzi, die immer Verständnis für ihn und seine kleinen Marotten aufbrachte? Er zog sie in die Arme, doch sie befreite sich gleich wieder.
„So net“, beharrte sie. „Es ist net damit getan, dass du jetzt hier herumschmust und morgen wieder mit dem nächsten Anfall von Eifersucht vor der Tür stehst. Das mag ich nimmer, und das kann ich auch nimmer.“
Matthias hatte diesem Ausbruch fassungslos zugehört. Ihm war niemals zu Bewusstsein gekommen, dass er in seinem Verhalten Fehler gemacht haben könnte. Er liebte die Franzi doch, was wollte sie denn noch? War es da nicht verständlich, dass er eifersüchtig wurde, wenn ein anderes Mannsbild seinem Madl Blumen schenkte? Er kratzte sich etwas ratlos am Kopf.
„Und was willst du jetzt eigentlich?“, fragte er verlegen.
Franzi holte tief Luft. Wie dumm konnte dieser Bursche denn noch sein?
„Wennst das jetzt net selbst weißt, dann kann ich dir auch net helfen. Dann wird’s wohl das Beste sein, wenn wir uns mal eine Zeitlang net treffen. Kannst ja drüber nachdenken, ob du net doch was ändern magst. Du verstehst mich einfach net, und da hat’s keinen Zweck, dass wir noch länger drumherum reden und zusammen sind.“
Matthias stand da, als hätte sie ihm einen Kübel mit Eiswasser über den Kopf geschüttet.
„Du schickst mich fort?“, fragte er ungläubig. „Aber – aber das – das kannst doch net tun, Franzi. Ich kann net ohne dich leben. Ich liebe dich.“
Sie spürte seine tiefe Erschütterung, wollte dieses Mal aber nicht wieder nachgeben. „Das allein reicht net“, erwiderte sie leise. „Du stürzt mich mit deiner Eifersucht immer wieder in Verzweiflung, weil ich mir halt nix vorzuwerfen hab. Und das kann so net mehr funktionieren. Geh jetzt, Matthias, bitte. Bestimmt tut’s uns beiden gut, wenn wir mal eine Zeitlang zum Überlegen haben. Vielleicht finden wir heraus, dass wir gar net zueinander passen.“
Empört und verletzt schaute er sie an. „Ich könnt’ niemals ohne dich sein. Aber vielleicht hast ja tatsächlich schon einen anderen. Auf jeden Fall hab ich dich jetzt verstanden. Willst halt eben nix mehr von mir wissen. Nun gut, auch wenn’s weh tut, ich werd’ damit leben müssen. Pfüat di.“ Abrupt wandte er sich ab und stapfte hinaus. Dabei wollte er doch nur nicht, dass Franzi die plötzlich aufsteigenden Tränen in seinen Augen sah. So bekam er auch nicht mehr mit, dass sie wie bittend eine Hand ausstreckte.
Die Tür fiel ins Schloss. Dem Madl war schmerzlich bewusst, dass ein Abschnitt ihres Lebens unwiederbringlich beendet war. Sollte es tatsächlich noch eine Annäherung zwischen ihnen geben, würden sie beide ganz von vorn anfangen müssen. Sie spürte einen heftigen Schmerz in der Brust und hoffte, dass sie doch bald ein normales Verhältnis zu Matthias aufbauen konnte. In einem so kleinen Ort wie Niederburgbach war es unausweichlich, dass man aufeinander traf, da war es wichtig, wenigstens höflich miteinander reden zu können.
Franzi lehnte die heiße Stirn an das kühle Holz der Tür und schluckte tapfer die Tränen hinunter.
*
„Da bin ich wieder.“
Franzi erstarrte, als sie die Stimme des Mannes hörte. Sie hatte sich danach gesehnt und das Wiedersehen gleichzeitig gefürchtet.
Tobias besaß eine große Anziehungskraft, doch das Madl war sich noch immer nicht sicher, ob es klug war, sich auf ein neues Kennenlernen einzulassen. Aber nun war er da, und alle ihre Bedenken verflogen. Franzi lächelte den Architekten an, und für ihn ging erneut an diesem Tag die Sonne auf.
„Haben S’ meine Blumen bekommen?“, fragte er fast schüchtern.
„Ja, vielen Dank auch dafür. Die sind sehr schön.“
Eine kleine Pause entstand. Tobias suchte nach Worten und schalt sich selbst. Das passierte ihm doch sonst nicht. Noch nie hatte er Probleme gehabt ein Madl anzusprechen. Bei Franziska war das etwas anderes, sie war etwas ganz besonderes, das hatte er vom ersten Moment an gespürt. „Haben S’ denn mal drüber nachgedacht, ob wir… ich mein, täten S’ denn mal mit mir...“
„Auf einen Kaffee ausgehen?“, vollendete sie den Satz und lachte auf. Auch sie war befangen, aber gleichermaßen fest entschlossen vor dem eigenen Mut nicht zurückzuschrecken. „Ja, ich hab drüber nachgedacht, und ja, ich möcht’ das gern tun.“
Er strahlte über das ganze Gesicht. „Wann hatten S’ denn Zeit und Lust dazu? Heut noch?“
„Ja, haben S’ denn keine Arbeit mehr heut?“, fragte sie verwundert.
„Oh, doch, mehr als mir lieb sein kann.“, gab er freimütig zurück. „Doch als Architekt hat man schon den Vorteil, dass man die Arbeit ein bisserl schieben kann. Und wenn S’ mögen, zeig ich Ihnen auch gern mal die Baustelle, obwohl die meisten Madln kein Interesse daran haben.“
„So ein Schmarrn. Freilich ist das interessant so ein Hochhaus zu sehen, wie es Stückerl für Stückerl weiter wächst.“
„Ja, da schau her. Da hätten wir ja gleich einen Grund noch einmal ein Treffen auszumachen.“ Er war einfach nur glücklich. „Wann haben S’ denn hier Feierabend? Ich hol Sie dann ab.“