Giro Gelato - Melanie Zanin - E-Book

Giro Gelato E-Book

Melanie Zanin

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Beschreibung

Zum Dahinschmelzen: "Giro Gelato" ist das Eisbuch für den Kurzurlaub zu Hause! Melanie Zanin hat sich auf die Spuren ihres Vaters begeben, der in den 1980er Jahren mit seinem VW-Bus aus Italien nach Deutschland kam und in Düsseldorf seine eigene Eisdiele aufmachte. Mit der Kamera hat sich Melanie Zanin auf die Suche nach dem besten Eis der Welt gemacht, knipste Eisdielen von Düsseldorf über München und Innsbruck bis nach Mailand und Bologna, Kinder mit schokoverschmierten Mündern, sämtliche Plastiklöffel-Varianten, die ihr in die Finger kamen, Servietten, Waffeln, Eisberge. Manuel Weyer hat zu den Sehnsuchts-Fotos 40 Eisrezepte kreiert, vom Klassiker über Exotik-Varianten bis hin zu Granitas und Sorbets. Nicht für alle Rezepte wird eine Eismaschine benötigt – so steht dem selbstgemachten Eisgenuss für daheim nichts im Wege!

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INHALT

DIEGESCHICHTE

Kindheitserinnerungen an das köstlichste Eis der Welt waren der Anfang: Wie die Idee zu dieser Reise entstand. Was mein Papa Renzo, der Gelatiere, damit zu tun hat. Und wie das Eis mit den italienischen Eismännern zu uns kam und die Eisdiele Kult wurde.

DEUTSCHLAND

Die Reise beginnt in Düsseldorf. Hier kam mein Vater 1970 nach Deutschland und lernte sein Handwerk als Gelatiere. Von hier geht es immer weiter Richtung Süden – in die bunte Welt der Eisdielen. Auf der Suche nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden, Geheimnissen und wunderbaren Rezepten.

ÖSTERREICH

Auf ihrem Weg in den Norden kamen die italienischen Gelatieri natürlich durch das Alpenland. Daher hat Eis dort eine lange Tradition. Es wurde zuerst in Kaffeehäusern serviert. Eis zum Kaffee ist bis heute eine köstliche Kombination – mit vielen Variationen zum Entdecken.

ITALIEN

Endlich am Ziel – in der Heimat der Gelatieri und des Eises! Da gibt es nicht nur jede Menge leckere Rezepte, sondern auch erstaunliche Geschichten zu erzählen. Zum Beispiel über Pinguine in Turin, kiloweise Eis und warum man in manchen Eisdielen Nummern ziehen muss.

GIRO GELATO – EINE REISE AUF DEN SPUREN MEINES VATERS

So lange ich denken kann, liebe ich Eis. Wenn ich die Augen schließe, habe ich noch heute den Geschmack von meinem ersten Schokoladeneis im Mund. Die schönsten Erinnerungen meiner Kindheit verbinde ich mit köstlichem Eis. Denn mein Vater ist ein Gelatiere – ein Eismacher. Und sein Eis war natürlich das allerbeste auf der ganzen Welt.

Später faszinierte mich die bunte Welt der Eisdielen. Ich fragte mich, woher dieser Einrichtungsstil wohl stammte? Gab es unausgesprochene Regeln, die jeder Eisverkäufer bei der Einrichtung seines Ladens beachten musste? Warum waren die Stühle immer so filigran und die runden Tische so klein? Aber vor allen Dingen: Wie schmeckt das Eis? Wer liebt welche Sorten? Gibt es Unterschiede je nach Land und Region?

Und so entstand eines Tages die Idee, zum Ursprung der Gelato-Kultur zu reisen. In das Land meines Vaters. Nach Italien. Es wurde eine Reise in die Vergangenheit. Ich machte mich auf den Weg, in umgekehrter Richtung immer entlang der Route, die mein Vater vor mehr als dreißig Jahren nach Deutschland nahm. Mein Giro Gelato!

Der Start war in Düsseldorf. Von hier aus ging es durch Deutschland und Österreich, Nord- und Mittelitalien und endete schließlich in Rom. Auf der Reise wollte ich alles lernen über Eis und die Kunst der Gelatieri. Ich wollte mit eigenen Augen sehen, wie das Eis in den unterschiedlichen Regionen gemacht wird. Wie es angeboten wird und an welchen Orten und Plätzen die Menschen das Eis genießen.

Auf diese Fragen wollte ich Antworten finden. Auf der Suche nach Antworten führte mich meine Reise von der Großstadt bis zum Meer. Vom Bergdorf in die Kleinstadt.

Auf Märkte, in Eisküchen und in seltsame Randbezirke großer Städte. Aus all diesen Eindrücken, Erlebnissen und Erfahrungen entstand dieses Buch, gewidmet einer Speise mit einer langen Tradition. Mit Manuel Weyer hatte ich einen großartigen Partner an meiner Seite. Er hat die schönen Eisrezepte entwickelt. Nach seinen Anleitungen gelingen Klassiker und neue, außergewöhnliche Kreationen.

Ich wollte mit meinen Bildern die Atmosphäre einfangen, die Leichtigkeit und die Unbeschwertheit, die von einem leckeren Eis und seiner Kultur ausgehen. Und die besonderen Menschen zeigen, die mit viel Liebe ihr wunderbares Eis herstellen. Ein echter Gelatiere liebt gutes, handgemachtes Eis – und seine Kunden, die genau dieselbe Leidenschaft für köstliches Gelato haben.

Begleiten Sie mich auf meiner Reise, meinem Giro Gelato.

Buon divertimento!

Melanie Zanin

MEINE GROSSE LIEBE ZUM EIS. GELATO, AMORE MIO

Mein Papa hatte den tollsten Beruf der Welt. Und damit war ich der Star unter den Kindern unserer Straße. Damals, als ich so etwa drei Jahre alt war. Wenn Papa von der Arbeit kam, scharrten sich die Nachbarskinder um seinen Wagen. Manchmal hörten wir ihn schon von Weitem. Immer wenn er die große Glocke läutete, deren Klang uns so vertraut war und Vorfreude in uns weckte.

Papa war der Größte, wenn er uns nach Feierabend in seinem Wagen die letzten Eisreste in die kleinen Becher strich. Manchmal durften wir auch mit in den Eiswagen und bestaunten die großen Behälter und wie geschickt Papa uns das Eis aus den tiefen Bottichen holte.

Papas Eis war natürlich das beste der Welt. Aus dem damals kleinen Sortiment spendierte er uns oft ein Stracciatella-Eis. Damit konnte man so ein wunderbares Spiel spielen. Jeder löffelte fröhlich vor sich hin und wer ein besonders großes Stück Schokolade im Mund bemerkte, zeigte es stolz den anderen. Wer das größte Stück in seinem Becher fand, hatte gewonnen. Und für den Gewinner läutete Papa noch einmal die große Glocke. Toll, da schauten die Nachbarskinder aus den Fenstern und waren sicher neidisch auf so einen Papa.

1975 kam mein Vater Renzo mit 25 Jahren aus der norditalienischen Provinz Veneto nach Deutschland. Er stammt aus dem kleinen Ort Motta di Livenza ganz in der Nähe der berühmten Eismacher-Region, dem Zoldotal in den Dolomiten. Die Kunst des Eismachens lernte er allerdings erst in Deutschland bei einem befreundeten Gelatiere in Ratingen bei Düsseldorf. Es war keine leichte Zeit für ihn, ganz allein in einem fremden Land, ohne die Sprache zu sprechen, und mit nur wenig Geld. Aber er war fleißig und ehrgeizig und machte sich so schnell wie möglich selbstständig. Bald kaufte er sich einen gebrauchten VW-Bus, rüstete ihn zu einem Eiswagen um und gab Gas.

Papa wurde Eismann mit Leib und Seele. Für ihn war es das Schönste zu sehen, wie alle sich immer freuten, wenn er mit seinem Wagen durch die Straßen fuhr und in den Siedlungen anhielt. Die Kinder strömten auf ihn zu, mit diesem Lächeln voller Vorfreude. Aber nicht nur die Kinder waren begeistert von diesem charmanten jungen Italiener. Bald waren ihm auch die netten, hübschen deutschen Mädchen reihenweise verfallen. Aber Papa hatte nur Augen für eine von ihnen, die mit den schönen schokoladenbraunen Locken – Gabi. Sie holte sich gerne ein Zitroneneis, wenn er in der Pause vor den Schulhof fuhr. Ihr spendierte er so lange sein köstliches Eis, bis sie ihm und seinem Charme nicht mehr widerstehen konnte. Das sprichwörtliche „Liebe geht durch den Magen“ funktioniert also sogar mit Eis. Renzo und Gabi sagten bald „Sì“ zueinander. Sie wurden stolze Eltern von zwei deutsch-italienischen Mädchen, die sie genauso süß fanden wie ihr Gelato. Jeden Urlaub verbrachten wir alle gemeinsam natürlich in Italien – und wir liebten es.

AUCH OMA RÜHRT MIT AN

Das Eis für seinen Wagen machte Papa immer in unserem Keller. Dort hatte er eine kleine Eisküche aufgebaut. Mamas Mutter Erika half ihm oft dabei. In der Küche wurde alles frisch zubereitet, das Mark aus Vanilleschoten gekratzt, unzählige Eier aufgeschlagen und zusammen mit Zucker zu einer Eismasse gekocht, deren Rezeptur nur Papa und Oma kannten. Schließlich kam die Masse in die große Eismaschine und es dauerte eine ganze Weile, bis Papa das fertige Eis mit einem riesigen Spatel aus dem Bottich holen konnte. Wenn er sich dann mit dem frischen Eis auf seine Runde machte, kochte Oma im Keller oft schon für die nächste Fuhre vor.

VOM EISWAGEN ZUR EISDIELE

Sein Geschäft lief so gut, dass Papa 1980 in Düsseldorf eine richtige Eisdiele eröffnen konnte – das Eiscafé Venezia, im typischen Stil der Zeit mit viel glänzendem Chrom und mit rotem Kunstleder gepolsterten Stühlen. Hier zeigte Papa dann sein ganzes Können als Gelatiere und dachte sich immer wieder tolle neue Variationen aus. Wie sein legendäres Pizza-Eis. Es sah tatsächlich aus wie eine Pizza – mit Erdbeer- statt Tomatensauce und mit Pfirsichen belegt. Als Käse dienten Kokosraspel oder weiße Schokolade. Eine damals außergewöhnliche Kreation. Damit war er einer der Vorreiter.

Mit dem Eiscafé verbinde ich noch immer die schönsten Erinnerungen. Es hat mein Leben geprägt. Heute hat mein Vater statt einer Eisdiele eine Pizzeria. Aber unsere gemeinsame Liebe zum Eis ist geblieben.

DIEGESCHICHTE DEREISMÄNNER

Wer denkt bei Eis nicht sofort an Italiens sonnigen Süden? An Bella Napoli oder Sizilien, wo das Eis in der Hitze so köstlich schmeckt. Doch die Geschichte des Gelato beginnt ganz woanders: hoch im Norden in der Provinz Belluno. Im Schatten der gewaltigen Gipfel der Dolomiten. Von hier kamen die ersten Eismänner, die das Eis auch in den Norden Europas brachten.

VOR DEM EIS WAREN DER NAGEL UND DAS HOLZ

Die Landschaft ist von atemberaubender Schönheit. Schneebedeckte Berge, steile Hänge, im Sommer saftig grüne Wiesen so weit das Auge reicht. Das Zoldotal sieht heute aus wie die perfekte Idylle. Aber vor mehr als 150 Jahren war das Leben dort hart und entbehrungsreich. In den Sommermonaten arbeiteten viele Talbewohner in der Landwirtschaft. Doch auf den kargen Ackerflächen, in gut tausend Meter Höhe gelegen und für wenige Stunden am Tag von der Sonne beschienen, wuchsen nur spärlich Kartoffeln und Gerste. Andere verdienten ihren Lebensunterhalt in der Holz- und Eisenherstellung, denn im Zoldotal wurde damals hauptsächlich Eisenerz gefördert. Besonders bekannt waren die Bewohner des Tals für die Nägel, die sie herstellten. Diese Nägel halten bis zum heutigen Tag die Stadt Venedig zusammen.

In den rauen Wintermonaten jedoch gab es für niemanden mehr Arbeit und die Männer verließen das unwirtschaftliche Tal. In den Städten Italiens versuchten sie sich als fahrende Händler, verkauften heiße Maronen, gekochte Birnen und Maisgebäck. Die Saisonarbeit und das Reisen gehörten also zur ihrer Geschichte.

KALTES EIS STATT HEISSEN BIRNEN UND MARONEN

Zwei große Ereignisse sollten schließlich das Leben der Bewohner des Zoldotals für immer verändern. In den 1850er-Jahren zerstörten Unwetter die Holzsägewerke des Tals und lösten so die erste Auswanderungswelle aus. Viele Talbewohner gingen damals in die USA, wo sie sich eine neue Existenz aufbauten. Zum Ende des Jahrhunderts brach dann auch noch der Absatzmarkt für Nägel ein. Diesmal zog es die Menschen jedoch in Richtung Norden, in das europäische Ausland. Sie versuchten dort ihr Glück als Gelatieri – als Eismacher.

Da die Täler der Dolomiten 1866 zum Königreich Lombardo-Veneto und damit in den Einflussbereich der Habsburgermonarchie gehörten, war das Ziel der ersten Eismacher die Region um die Donau in Österreich und Ungarn. Auf ihrem Weg in die Fremde schlossen sich die Männer zu Kolonnen zusammen. In ihren Wohnbaracken setzten sie abends die Kältemischung auf, um das Speiseeis zu frieren. Frühmorgens stellten sie das Eis her und verkauften es tagsüber in den Straßen.

DER SIEGESZUG DER KÜHLEN KÖSTLICHKEIT

Von Italien, Österreich und Ungarn aus breiteten sich die italienischen Eismacher im 19. Jahrhundert schließlich immer weiter in den Norden und Osten Europas aus. Um die Jahrhundertwende erreichten sie auch das Ruhrgebiet. Dort zogen sie um 1900 mit den ersten zweirädrigen Handkarren durch die Gegend, aus denen sie ihr Eis verkauften. In der rasant wachsenden Industrieregion arbeiteten damals bereits zahlreiche Italiener als Saisonarbeiter im Straßen- und Brückenbau, in Steinbrüchen und im Bergbau. Für sie brachten die Gelatieri so auch ein Stück Heimat in die Ferne.

Die Familien der Eismacher blieben in der Regel in Italien, während die Männer im Sommer in den Norden gingen. Im Winter kehrten sie dann in die Berge zurück, reisten als Wanderarbeiter durch das Umland oder verdingten sich als Handwerker in den Betrieben der heimischen Dörfer – bis die ersten Sonnenstrahlen den Schnee auf den vereisten Berggipfeln zum Schmelzen brachten. Dann ging es, wenn auch schweren Herzens, wieder zurück in Richtung Norden – nach Austria oder eben vor allem nach Germania.

Die Geburtsstunde der Eisdielen, wie wir sie heute kennen, war schließlich einer neuen behördlichen Verordnung in Österreich geschuldet. Dort wird es den fahrenden Eisverkäufern Anfang des 19. Jahrhunderts verboten, ihre Speisen an öffentlichen Plätzen zu verkaufen. Nun waren die Eismänner gezwungen, sich feste Ladenlokale zu suchen. Da sie nur wenig Geld besaßen, mieteten sie die günstigeren, schlecht zu beheizenden Wohnungen im Parterre. Dort konnten sie wohnen, ihr Eis herstellen und es auch verkaufen.

Die kühle, cremig-sahnige Köstlichkeit kam so gut an, dass aus diesen Wohnungen schnell feste Eissalons wurden. Ihre Besitzer gaben ihnen Namen wie „Venezia“, „Dolomiti“ oder „Belluno“, die für die Menschen in Deutschland und Österreich verheißungsvoll exotisch klangen. Für die Italiener aber waren sie tägliche Erinnerung an die Dörfer und Städte ihrer Heimat, die sie einst auf der Suche nach ihrem Glück verlassen hatten.

EIN TRAUM VON ITALIEN – DIE EISDIELE WIRD KULT