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Ein episches Abenteuer voller Action, fantastischer Wesen und mächtiger Magie
Hase, der immer noch am liebsten ein einfacher Soldat wäre, hat sich mit seinem Schicksal als Thronerbe von Iversterre und den höfischen Gepflogenheiten abgefunden. Doch nun scheint König Jusson durchaus bereit zu sein, seinen Nachfolger ohne Rücksicht auf dessen Wünsche zu vermählen, um ein politisches Bündnis zu sichern. Daher ist Hase den Verschwörern, deren Verfolgung ihn vom königlichen Hof wegführt, beinahe dankbar – bis er plötzlich mit all seinen magischen Fähigkeiten ums Überleben kämpfen muss!
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Seitenzahl: 626
Eigentlich wollte Hase immer nur ein einfacher Soldat sein, und seine Zeit bei der Grenzpatrouille hat an diesem Wunsch nichts geändert. Doch der Wunsch eines Königs geht nun einmal vor, und daher hat Hase sich notgedrungen mit seinem Schicksal als Thronerbe von Iversterre ebenso abgefunden wie mit den höfischen Gepflogenheiten, die so ganz anders sind als der raue, aber herzliche Umgang, den die Soldaten der Grenzpatrouille miteinander pflegen. Doch jetzt ist König Jusson anscheinend gewillt, noch einen Schritt weiter zu gehen, denn um ein politisches Bündnis zu sichern, soll Hase vermählt werden — und zwar ohne dass man seine Meinung zu dieser Idee einholt.
Kein Wunder, dass Hase den Verschwörern in gewisser Hinsicht fast dankbar ist, deren Verfolgung ihn weit vom königlichen Hof wegführt. Doch diese Beinahe-Dankbarkeit ist nur von kurzer Dauer, denn Hase gerät plötzlich in eine Situation, in der er mit all seinen magischen Kräften um sein Überleben kämpfen muss …
Lorna Freeman begann bereits in jungen Jahren, fantastische Geschichten zu lesen. Zwar wurde sie nicht dort geboren, doch die meiste Zeit ihres Lebens verbrachte sie in Kalifornien, dem Land des Sonnenscheins und der Erdbeben.
Von Lorna Freeman bei Blanvalet lieferbar: Grenzlande:1. Die Verpflichtung · 2. Die Königstreuen · 3. Das Vermächtnis
Für Jean B. Andrews. Ich vermisse dich, Mom.
Donner weckte mich. Ich öffnete mühsam die Augen, starrte an die dunkle Decke und überlegte benommen, ob wohl die herbstliche Regenzeit endlich eingesetzt hatte. Bei dem Gedanken zuckte ich zusammen, weil wir schon bald die Stadt verlassen und über Straßen reisen würden, die sich dann in Schlammpisten verwandelt hätten. Aber ein anderer Teil in mir war von den Blitzen und dem Donnern des Gewittersturms fasziniert, jedenfalls solange ich nicht draußen zwischen Blitzen und Donnern herumstand; und ich spielte mit dem Gedanken, aufzustehen und mir das Spektakel vom Fenster aus anzusehen. Schließlich beschloss ich jedoch, mich vollkommen ruhig zu verhalten, damit mein Kopf nicht explodierte.
Gestern war mein Namenstag gewesen, der Jahrestag, an dem meine Eltern an meinem Geburtsort vor die winzige Versammlung unserer Gemeinde getreten waren und allen, die es hören wollten, verkündet hatten, dass sie mir den Namen Hase gegeben hatten. Als vierter Sohn und siebtes Kind stellte ich mir später vor, dass ihnen damals einfach die Namen ausgegangen waren; meine jüngste Schwester erhielt den nur wenig schmeichelhafteren Namen Spatz. Meine Mutter bestand jedoch stets darauf, dass sie mich so genannt hatte, weil ich so schnell war und mich quasi vor aller Augen verstecken konnte. Was ich bezweifelte; als Baby in ihren Armen dürfte ich mich kaum schnell bewegt oder viel Gelegenheit gehabt haben, mich zu verstecken.
Meistens war das mit dem Namen jedoch nicht so schlimm. Gelegentlich gab es einen »Häschen-hüpf-Witz«, aber das war eben der typische Armee-Humor. Wegen meiner Vorliebe für elegante Kleidung wurde ich weit häufiger gehänselt, aber ich sagte mir immer, dass Neid selbst unter Reitersoldaten ziemlich verbreitet war. Gestern Abend nun waren aller Neid und alle Hänseleien vergessen, als ich den Tag meiner Namensgebung mit meinen Kameraden und Vorgesetzten aus der Garnison feierte. Außerdem waren etliche Edle und ihre Leibwächter anwesend: ein Faena-Berglöwe, ein Dunkelelf-Zauberer, Mitglieder der Königstreuen, der Lordkommandeur der Königstreuen sowie der Oberbefehlshaber der Königlichen Armee, der König von Iversterre; dazu noch ein Haufen anderer Gäste, die Lust hatten, uns im Schankraum von Frestons Herberge zur Alten Wache Gesellschaft zu leisten. Je weiter die Nacht voranschritt, desto fröhlicher war das Fest geworden. Der Wirt hatte immer mehr Krüge und Zinnbecher heranschleppen müssen, und die Musiker wurden ermuntert, lebhafter aufzuspielen. Nach einer Weile waren Tische und Bänke beiseitegeschoben worden, und wir hatten mit den einheimischen Mädchen getanzt. Denn der Hof des Königs war der eines Junggesellen, und die einzige adlige Dame in unserer Begleitung war am Vortag in Begleitung ihres Bruders und Onkels nach Hause gereist. Was uns nur recht war, da die meisten von uns ohnehin nicht die höfischen Tänze beherrschten, und die, die es doch taten, schienen den eher derben Tänzen des gemeinen Volkes gegenüber nicht abgeneigt zu sein. Ich konnte mich daran erinnern, dass Zauberer Wyln mit flammenden Augen sehr elegant mit einer der zahllosen Verwandten des Wirts tanzte. Die Frau war fassungslos vor Staunen, als sie sich einem Dunkelelf als Tanzpartner gegenüberfand. König Jussons Partnerin war ebenso verblüfft, genau wie die von Laurel Faena, vor allem die von Laurel, obwohl sie unablässig sein Fell streichelte, das dicht und schwer geworden war, da der Winter bevorstand.
Aber obwohl Könige, Elfen und Berglöwen tanzten, hinderte das die Leute nicht, in die Taverne zu strömen, bis sich die fröhliche Gesellschaft bis auf den Hof der Herberge und dann auf die Straße ergoss. Nicht etwa, weil ich so ein beliebter Kerl war, sondern weil Jusson allen Getränke spendierte, um seinen Cousin und Thronerben zu feiern, der wieder ein Jahr älter geworden war.
Und auch, weil wir alle beinahe vernichtet worden wären, die Geschichte aber überlebt hatten und jetzt davon erzählen konnten.
Es donnerte erneut, und meine Augen, die mir zugefallen waren, öffneten sich schlagartig. Nach der Glut im Kamin zu urteilen konnte es noch nicht lange her sein, dass wir in unsere Schlafgemächer gegangen waren. Meines war zwar nicht ganz so geräumig wie das in der früheren Königlichen Residenz auf der anderen Seite der Stadt, aber doch groß genug, um vier Betten hineinzupferchen, dazu einen wackligen Waschtisch und drei Armeespinde, die an einer Wand standen. Jusson besaß zwar als König eines großen, blühenden Königreichs auch weit schönere Möbel, aber diese waren in einem nahe gelegenen Lagerhaus verstaut, weil er die Herberge so gemietet hatte, wie sie jetzt war. Im schwachen Licht des Kaminfeuers sah ich Laurel und meine beiden Leibwächter Jeff und Arlis. Sie lagen unter zerwühlten Laken auf ihren Betten. Der Berglöwe zischte angesichts des Lärms draußen, aber Jeff hörte nicht einmal auf zu schnarchen. Arlis jedoch warf seine Laken zurück und stand auf. Jetzt dämmerte mir auch, dass das, was ich für Donner gehalten hatte, ein Hämmern an der Tür war. Ich kniff die Augen zusammen und stützte mich behutsam auf die Ellbogen, während Arlis den Riegel der Tür zurückschob und sie aufriss. Ich konnte die finstere Miene auf seinem bärtigen Gesicht nur schwach erkennen, doch dann verschwand sie schlagartig, als er Haltung annahm.
»Achtung, Hauptmann!«, krächzte er.
Laurel stieß ein leises Grollen aus und zog sich das Kissen über den Kopf. Jeff dagegen stellte seinen sehr fein entwickelten Selbsterhaltungstrieb unter Beweis, indem er aus dem Bett sprang, noch bevor Arlis zu Ende gekrächzt hatte. Ich folgte seinem Beispiel, mit beiden Füßen vorneweg, richtete mich gerade auf wie ein Stock, nahm die Schultern zurück und hoffte inständig, dass mein Mageninhalt die Güte hatte, dort zu bleiben, wo er hingehörte.
Hauptmann Suiden war in den über fünf Jahren, die ich bei der Bergpatrouille von Freston gedient hatte, mein kommandierender Offizier gewesen. Die Bergpatrouille war der Bodensatz der Soldateska in einer Garnison, in die man die Unfähigen, Entehrten, Problematischen und all jene gesteckt hatte, die keine Beziehungen aufweisen konnten. Wir mussten sogar tatsächlich gegen die Banditen in den Bergen kämpfen, anders als die Königliche Straßenpatrouille, deren Aufgabe darin bestand, Händlerkarawanen zu eskortieren und Eindruck bei den Einwohnern zu schinden. Trotz seiner wenig geachteten Stellung war Suiden ein guter Hauptmann, der sich um seine Männer kümmerte, und er hatte uns mehr als einmal aus recht kniffligen Situationen geführt, überraschenderweise unversehrt. Diese Qualitäten jedoch fanden sich mitnichten in dem schwachen Grinsen wieder, mit dem der Hauptmann in makelloser Armeeuniform in unsere Stube trat. Er hielt eine Kerze in der Hand, deren flackerndes Licht die Clanmale auf seinem dunkelhäutigen Gesicht beleuchtete, Relikte seines früheren Lebens als Kronprinz von Tural. Der Rest seines Gesichts war in Schatten gehüllt, und seine grünen Augen schienen in der Dunkelheit zu glühen.
»Zurück ins Bett, Männer!«, befahl Suiden Arlis und Jeff leise. Dann richtete er den Blick seiner glühenden Augen auf mich; mein Rückgrat wurde noch steifer, während die Schmetterlinge am Kopfende meines Bettes flatterten. »Leutnant, Sie begleiten mich.«
Suiden war nicht mehr mein Hauptmann, seitdem ich von Jusson zu den Königstreuen versetzt worden war. Aber ich würde mich seinem Befehl nicht widersetzen; auch auf meinen Selbsterhaltungstrieb konnte ich mich verlassen. Während Arlis und Jeff zurück auf ihre Betten fielen, stieg ich in meine Pantoffeln und schlurfte zum Spind, um meine Uniform herauszuholen.
»Dafür haben wir keine Zeit«, hielt Suiden mich auf, während er beobachtete, wie die Schmetterlinge ihn beobachteten. »Ziehen Sie einfach einen Ihrer Morgenmäntel über.«
Ich machte kehrt, um meinen Morgenmantel zu holen, der an einem Haken an der Wand hing. Dabei kam ich an den Betten meiner bereits wieder schlummernden Leibwächter vorbei. Die offenbar keineswegs wieder eingeschlafen waren. Denn ich sah im Licht der Kerze Arlis’ Augen funkeln, und im Spiegel des Waschtisches bemerkte ich Jeffs blasses, mir zugewandtes Gesicht. Ich sagte jedoch nichts und zog mir den Morgenmantel über, bevor ich zu meinem Bett ging, um die Feder und das Stiefelmesser zu holen, die ich beide unter meinem Kissen verwahrte. Ich schob beides in meine Manteltasche und nahm dann den schlichten Eschenholzstab von der Wand neben meinem Bett. Die Schmetterlinge flatterten auf. Suiden verbeugte sich leicht vor ihnen.
»Wenn Sie bitte hierbleiben würden, Sraene, ich muss mit Hase allein sprechen.«
Die Schmetterlinge landeten wieder auf dem Kopfende meines Bettes, und ich spürte ihre Blicke in meinem Rücken, während ich dem Hauptmann aus dem Raum folgte. Bevor ich die Zimmertür hinter mir schließen konnte, kam mir einer der Königstreuen zuvor, die dort Wache hielten. Unmittelbar bevor er sie schloss, erhaschte ich einen Blick von Laurel, der das Kissen von seinem Kopf genommen hatte und uns hinterherblickte. Die Glut im Kamin spiegelte sich in seinen bernsteinfarbenen Augen.
»Folgen Sie mir, Leutnant«, erklärte Suiden, drehte sich um und marschierte zügig durch den Flur. Trotz meiner durch Alkohol verursachten Schwäche blieb ich ihm dicht auf den Fersen. Obwohl gelegentlich eine Nachtkerze in einem Wandleuchter brannte – der Beweis dafür, dass der Wohlstand in Gestalt eines reichen königlichen Gastes in die Herberge zurückgekehrt war –, wurden die langen, dunklen Passagen dazwischen nur von der Kerze des Hauptmanns erleuchtet. Genau genommen gab es noch eine andere Lichtquelle. Die Wahrheitsrune auf meiner Handfläche schimmerte schwach im Dunkeln, ebenso die Symbole von Luft und Wasser auf der einen Seite neben der Rune und die von Feuer und Erde auf der anderen. Doch ihr schwaches Glühen reichte nicht aus, um den Flur zu erleuchten, und ich gab mir keine Mühe, sie heller leuchten zu lassen. Ich hatte in den letzten zwei Wochen diese meine besondere Gabe nicht geübt; und ich hatte Angst vor dem, was vielleicht passieren könnte, wenn ich es tat.
Wir marschierten an Jussons unbewachtem Schlafgemach vorbei, was bedeutete, dass der König wach war und sich nicht darin aufhielt. Bevor ich auch nur überlegen konnte, ob ich mich danach erkundigen sollte, wo er steckte, erreichten wir die ausladende, geschwungene Treppe der Herberge, eine weitere Erinnerung an bessere Zeiten. Suiden schützte die Kerze mit einer Hand und lief leichtfüßig die Stufen hinunter. Ich biss die Zähne zusammen und folgte ihm. Vor einem der vier privaten Salons sah ich zwei Königstreue Wache halten. Sie nahmen Haltung an, als wir sie erreichten, und einer öffnete die Tür. Gleichzeitig flog die Tür zum Schankraum auf, und drei Kutscher kamen heraus. Sie blieben wie angewurzelt stehen und gafften uns an, während der Lärm im Schankraum hinter ihnen erstarb.
Obwohl wir bis in die frühen Morgenstunden getrunken, getanzt und gesungen hatten, war von dieser nächtlichen Feier im Schankraum nichts mehr zu sehen. Der Boden war sauber gefegt, ein Feuer flackerte fröhlich im Kamin, Bänke und Tische standen wieder an ihren alten Plätzen. Jetzt saßen die Leute daran, die für ihr Brot arbeiten mussten, und nahmen ihre erste Mahlzeit ein. Unter ihnen waren zwei Männer an einem Tisch in der Nähe der Tür. Der eine trug die Uniform eines königlichen Boten, während das Wams des anderen ein unbekanntes Wappen zierte: ein hellbrauner, springender Hirsch auf einem himmelblauen Feld. Die beiden konzentrierten sich ausschließlich auf die vollen Teller vor sich und schaufelten das Essen in sich hinein, als hätten sie seit Tagen nichts mehr zu sich genommen.
Ich konnte es ihnen nicht verdenken. Ich hatte die Küche der Herberge ebenfalls genossen.
Die restlichen Gäste jedoch glotzten mich an. Sie betrachteten meinen hüftlangen Zopf, der vom Schlaf ein wenig zerzaust war, meinen Stab aus Eschenholz, meinen Morgenmantel, der blau, rot und grün gemustert war, und die dazu passenden Pantoffeln. Plötzlich war ich sehr froh, dass die Schmetterlinge oben geblieben waren. Auf einigen Gesichtern zeichnete sich Staunen über meinen prachtvollen Aufzug ab, der selbst in der frühmorgendlichen Dämmerung zu erkennen war. Die meisten jedoch zeigten den fassungslosen Blick, den ich schon seit einigen Tagen auf vielen Mienen wahrgenommen hatte. Der hatte nichts mit meinem Äußeren, sondern mit den Ereignissen der letzten zwei Wochen zu tun.
Einer der Kutscher holte tief Luft. »Ich hab es ja nicht geglaubt«, sagte er zu seinen Freunden. »Ich hätte es nicht einmal für eine ganze Wagenladung Gold geglaubt. Aber es stimmt.«
Ich runzelte die Stirn und wollte ihn gerade fragen, was wohl stimmte, als der Hauptmann mich unterbrach.
»Leutnant.«
Ich klappte den Mund zu und folgte Suiden in den privaten Salon. Der Königstreue schloss die Tür hinter uns, und ich kniff, geblendet von der Helligkeit, die Augen zusammen.
Wie mein Schlafgemach war auch dieser Salon ein wenig schäbig. An einem Ende des Raumes standen ein etwas verschlissenes Sofa, zwei ebenso verschlissene Polsterstühle und ein verkratzter, niedriger Tisch. Auf der anderen Seite des Salons bildete ein wackliger Esstisch, der von harten Holzstühlen umringt war, das passende Gegenstück. Die Vorhänge vor den Fenstern waren offenbar sorgfältig geflickt, ebenso die verschlissenen Gobelins an den Wänden. Sowohl auf dem Boden als auch im Teppich fanden sich Flecken, wo Glut aus dem Kamin gefallen war. Trotz alledem war das Zimmer makellos sauber, und die Möbel schimmerten dank der Patina von Alter und Politur. Vor zwei Tagen hatte noch ein Kranz aus Herbstgräsern und Blättern über dem Kaminsims gehangen. Der war jetzt verschwunden, da das Erntefest, bei dem die letzte Ernte des Jahres gefeiert wurde, vorbei und das Getreide sicher eingefahren waren. Vermutlich würde in etwa einem Monat die Festtagsdekoration den Platz des Kranzes einnehmen. Jetzt jedoch standen nur zwei Kerzen auf dem Sims. Auch in den Halterungen, die teils an der Wand befestigt, teils an anderen Stellen im Raum platziert waren, brannten Kerzen, die der König spendiert hatte. Sie verbreiteten den Geruch von Bienenwachs im Zimmer. Im Kamin loderte ein kräftiges Feuer; Cais, der Haushofmeister des Königs, stand daneben und kümmerte sich darum. Er drehte sich um, betrachtete mich prüfend, schob den Funkenschirm vor die Esse, hängte den Schürhaken wieder an seinen Platz und verließ den Raum.
»Guten Morgen, Hase«, begrüßte mich Jusson.
Ich riss meinen Blick von der sich schließenden Tür und sah zum Esstisch, an dem der König auf einem von fünf Stühlen saß. Jussons Augen strahlten, und er sah nicht so aus, als hätte er bis in die Morgenstunden gefeiert. Andererseits war er fast so alt wie mein Vater, was man ihm ebenfalls nicht ansah. Er wirkte eher so alt wie ich. Er war groß und schlank, hatte eine dichte, schwarze Haarmähne, geschwungene Brauen und schräge Augen mit einem goldenen Ring um jede Iris. Er sah aus wie ein Dunkelelf aus einer der Stadtstaaten an der Küste der Grenzlande. Seine Garderobe war von strenger Eleganz, ebenso der schmale goldene Reif auf seinem Kopf, und trotzdem gelang es ihm, in dem leicht schäbigen Raum nicht deplatziert zu wirken.
Was man von dem Mann neben Jusson nicht behaupten konnte. Im Gegensatz zu seinem König oder Offizierskameraden war Hauptmann Javes von der Garnison Freston, Patrouille Königsstraße Süd, ein Modegeck, wie man es nur sein konnte, wenn man Uniform trug. Sein goldblondes Haar war lockig und voller Pomade, um seinen Hals baumelte ein Lorgnon an einem schwarzen Band, und über der Stuhllehne hinter ihm hing eine bunte Kappe mit seinen Rangabzeichen und einer schlanken Feder. Da Javes’ Vater der Vorsitzende der Kaufmannsgilde von Iversterre und seine Mutter eine Angehörige des einflussreichen Handelskonsortiums des Qarant waren, konnte er es sich vermutlich leisten, sich so zu kleiden, wie es ihm gefiel. Und da er außerdem zu den engen Vertrauten des Königs zählte, kam er damit auch durch.
Javes grinste mich oberflächlich an, was jedoch den Wolf, der sich hinter seinem dümmlichen Benehmen verbarg, nicht ganz verbergen konnte. »Hallo, Hase. Großartiges Fest gestern Nacht, was?«
»Jawohl, Sir«, antwortete ich und verbeugte mich sorgfältig. »Majestät.«
»Du siehst auch so aus, als hättest du dich großartig amüsiert«, bemerkte Jusson, während sich Suiden an den Tisch setzte. Der König deutete auf den freien Stuhl direkt vor sich. »Setz dich. Bevor du mir noch umfällst.«
Ich war mir meines unrasierten und mitgenommenen Äußeren peinlichst bewusst, ebenso des Geruchs von Bier, der mich umwehte; also setzte ich mich behutsam hin und lehnte den Stab an meinen Stuhl. Der Tisch war von leeren Tellern übersät, auf denen noch die Reste eines Frühstücks auszumachen waren, und mein Magen krampfte sich bei dem Gedanken an Essen zusammen. Außerdem lagen zwei Botentaschen da; eine mit dem königlichen Wappen, die andere mit dem Emblem des springenden Hirschs, das ich auf dem Wams des Mannes im Schankraum gesehen hatte. Die Depeschen selbst lagen aufgebrochen vor Jusson, und ich betrachtete sie mit schwachem Interesse. Dann fiel mir auf, dass etwas fehlte, und ich sah mich um. Thadro, der Lordkommandeur des Königs war nicht anwesend. Normalerweise stand Thadro hinter Jussons Stuhl, auch wenn er sich diese Ehre derzeit mit dem Zauberer Wyln teilen musste. Doch der Dunkelelf war ebenfalls nicht hier. Ich wollte gerade fragen, wo sie steckten, als die Tür geöffnet wurde und der Lordkommandeur hereinkam. Thadro, ein großer, breitschultriger Mann, der genauso aussah, wie es sich für den Oberbefehlshaber der Königstreuen und Königlichen Armee gehörte, war ebenfalls die gestrige Feier nicht anzumerken. Ich erhob mich hastig, als er an den Tisch trat. Javes und Suiden machten ebenfalls Anstalten aufzustehen, aber er winkte ab und setzte sich auf den letzten freien Stuhl rechts neben dem König.
»Alles erledigt, Sire«, sagte er. »Ich habe beiden Eure Antworten mitgegeben.«
Jusson nickte, doch bevor er etwas sagen konnte, wurde die Tür erneut geöffnet, und Cais trat ein, gefolgt von der Wirtin. Mit schweren Schritten ging diese zum Tisch und stellte ein Tablett darauf ab, auf dem ein zugedeckter Teller und eine große Teekanne standen, aus deren Tülle Dampf aufstieg. Mein Magen zog sich erneut protestierend zusammen, aber meine Nase zuckte. Wie gesagt, ich hatte die Speisen der Herberge bereits gekostet. Die Wirtin stellte Teller und Kanne vor mich hin, nahm den Deckel ab und präsentierte ein Omelett mit Käse und Pilzen, goldbraun gebackene Kartoffeln, einen kleinen Stapel Pfannkuchen mit Butter und ein Töpfchen Sirup aus dem Zuckerrohranbau eines hier ansässigen Bauern. Ich inhalierte die Aromen und musste unwillkürlich lächeln.
»Pah«, sagte die Wirtin. Sie verschränkte, ein Tablett in einer Hand, ihre fleischigen Arme über ihrem mächtigen Busen. »Wollt Ihr meinen Jungen in so was da verwandeln?«
Verblüfft sah ich hoch. »Mistress Inga?«
Die Alte Wache war als eines von vielen Opfern der betrügerischen Machenschaften führender Bürger Frestons viele Jahre lang geschlossen und verlassen gewesen. Vor einiger Zeit jedoch hatte sie wieder geöffnet und bot den Bürgern nun saubere Zimmer, gutes Essen und günstige Preise. Vermutlich hätte sie noch jahrelang als günstige Alternative zu Frestons zweiter Herberge, dem Hirschsprung, ihr bescheidenes Dasein gefristet, hätte Jusson nicht den Betrug aufgedeckt und seinen gesamten Hof in die Alte Wache verlegt. Mistress Inga hatte die königliche Entourage aufgenommen, ohne mit der Wimper zu zucken, und hatte auch gestern Nacht die Feier meines Namenstages hinter der Bar verfolgt. Sie hatte uns mit grimmigem Wohlwollen Bier, gewürzten Glühwein und ausgesuchte Schnäpse ausgeschenkt. Als sie mich jetzt jedoch musterte, war von ihrem Wohlwollen nichts mehr zu sehen. Ich umklammerte unwillkürlich den Teller, für den Fall, dass sie auf die Idee käme, ihn mir wieder wegzunehmen.
»Fünf Jahre bei der berittenen Bergpatrouille, Sra Inga«, erklärte Suiden. »Er hat auch während des Aufstandes in Iversly an der Seite Seiner Majestät gefochten.«
Drei Serviermädchen waren hinter der Wirtin in den Salon geschlüpft, und eine machte sich hastig daran, das benutzte Geschirr abzuräumen, während die beiden anderen mit noch mehr Tellern, Tassen und Schüsseln, dampfenden Teekannen, Sahne, Honig, einem Krug heißer Milch und einer Platte mit heißem Apfelkuchen warteten. Sobald das schmutzige Geschirr abgeräumt war, half Cais ihnen, den Tisch neu zu decken. Jusson wartete allerdings nicht, bis sein Haushofmeister ihn bediente. Er schnappte sich einen Apfelkuchen von der Platte und legte ihn sich auf den Teller. Thadro folgte eiligst seinem Beispiel.
»Ganz zu schweigen von seinem Kampf in Elanwryfindyll während der Unruhen am Hofe des Fyrst«, setzte Javes hinzu. Er wartete höflich, bis der König und der Lordkommandeur sich ihre Kuchen genommen hatten, bevor er sich selbst ein Stück nahm, den Krug mit der Sahne packte und sie großzügig auf dem Kuchen verteilte. »Außerdem kann er auch sehr gut mit den Fäusten umgehen. Fragen Sie nur Magus Kareste.«
Ich hatte tatsächlich gegen meinen alten Meister gekämpft, als ich letzten Frühling in die Grenzlande zurückgekehrt war. Aber nur, weil der Magus die Seiten gewechselt und zu den Dunklen Künsten übergelaufen war und sich nach Kräften bemühte, mich ebenfalls in diese Richtung zu lenken. Allerdings fragte ich mich, was Kareste mit der Wirtin zu tun haben könnte.
»Davon habe ich gehört«, sagte Thadro. Er brach die Kruste des Kuchens mit der Gabel auf und atmete tief das Aroma ein. »Drei kräftige Schläge auf das Kinn, stimmt’s?«
»Jawohl, Sir«, antwortete Suiden, bevor ich etwas sagen konnte. Suiden war ebenfalls mit seinem Kuchen beschäftigt, nahm sich jedoch die Zeit, Cais seine Tasse hinzuhalten, als der Haushofmeister die Teekanne nahm. »Lassen Sie sich nicht von seinem Äußeren täuschen, Sra Inga«, fuhr er dann, an die Wirtin gewandt, fort. »Leutnant Hase ist ein ausgezeichneter Soldat. Und diejenigen, die ihn unterschätzt haben, wurden rasch eines Besseren belehrt, sehr zu ihrem Schaden.«
Ich blinzelte. Ich hatte nicht nur böse Hexer mit bloßen Fäusten bekämpft, sondern schien plötzlich zur Geißel aller Übeltäter geworden zu sein. »Ich …«
»Doch abgesehen von Leutnant Hases Erfolgen in jüngerer Zeit, Mistress Inga«, unterbrach mich Javes, »war er fünf Jahre lang bei der Bergpatrouille, wo er gegen Banditen und Gott weiß wen gekämpft hat. Dabei war er noch ein Junge, als er dort eingetreten ist. Und so wie Hauptmann Suiden auf ihn aufgepasst hat, wird der Hauptmann auch für die Sicherheit Ihres Sohnes sorgen.«
Ich blinzelte und setzte dann eine ausdruckslose Miene auf. Zwar gelang es Suiden außerordentlich gut, uns Jungs von unseren vielfältigen Kämpfen gesund und heil zurückzubringen, aber Sicherheit war nicht gerade das Wort, mit dem ich meine Zeit in der Armee in Verbindung bringen würde.
»Pah«, wiederholte Inga und beäugte skeptisch meinen Zopf und meinen Morgenmantel. Dann warf sie einen prüfenden Blick auf den Tisch und nickte den drei Serviermädchen zu. Sie machten einen Knicks, wenngleich nicht klar war, ob er dem König oder der Wirtin galt, und huschten hinaus. Inga nahm eine andere Teekanne und schenkte mir ein, da Cais bis jetzt noch nicht zu mir vorgedrungen war. »Wann reist Ihr ab, Euer Majestät?«, erkundigte sie sich.
»In vier Tagen.« Jussons Stimme klang bedauernd, als er von dem Apfelkuchen abbiss.
»Verstehe.« Inga stellte die Teekanne auf den Tisch, trat zurück und knickste. Es war ein knapper Knicks, eher ein Beugen ihres Knies. »Dann haben wir ja noch Gelegenheit, über meinen Jungen zu reden«, erklärte sie, drehte sich um, ohne auf die königliche Erlaubnis zu warten, und ging mit schweren Schritten aus dem Salon. Als sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte, trat Cais um den Tisch herum, nahm eine gefaltete Serviette, schüttelte sie aus und legte sie mir über den Schoß. Ich brauchte diesen Wink nicht; ich hatte bereits meine Gabel in der Hand, wobei ich allerdings die vier Männer um mich herum im Auge behielt.
»Euer Majestät?«, fragte ich. »Sirs? Was, wenn ich fragen darf, ist los?«
»Wir brauchen einen Koch für die Truppe«, nuschelte Suiden, da er den Mund voller Apfelkuchen hatte. »Wir haben mit Sra Inga darüber gesprochen, dass ihr jüngster Sohn in die Königliche Armee eintreten soll. Er hat diese Apfelkuchen gebacken. «
Der Koch der Bergpatrouille, Reiter Basel, war bei ebendem Aufstand ermordet worden, bei dem ich an der Seite des Königs gefochten hatte. Basel war ein außerordentlicher Koch gewesen und hatte selbst aus den einfachsten Feldrationen und den spärlichsten Vorräten ein Festessen zaubern können. Doch die Köche in dieser Herberge, alle Söhne von Mistress Inga, besaßen eine göttliche Gabe, wenn es ums Kochen ging, und bei der Vorstellung, dass einer von ihnen für die Truppe kochen würde, zog ich unwillkürlich die Augen zusammen. Ich gehörte zwar nicht mehr zur Bergpatrouille, aber da sowohl Suidens als auch Javes’ Truppe den König begleiten würde, wenn er Freston verließ, konnte ich an ihren Mahlzeiten teilnehmen.
»Oh.« Ich aß einen Bissen von dem Omelett. »Oh«, wiederholte ich, diesmal seufzend. Ich schaufelte Käse und Pilze auf meine Gabel. »Soll ich mit Mistress Inga sprechen?«
»Jetzt noch nicht«, antwortete Jusson. Er spülte den Rest des Apfelkuchens mit Tee hinunter und nahm dann eine Depesche vom Tisch vor sich. »Wir haben dich aus einem anderen Grund geweckt. Ich habe Nachricht aus dem Qarant erhalten. Er erklärt sich bereit, als Vermittler zwischen uns und Tural zu fungieren.«
Obwohl der Kronprinz von Tural an unserem Frühstückstisch saß, gab es seit einigen Monaten keine diplomatischen Beziehungen mehr zwischen Iversterre und dem turalischen Imperium. Was ziemlich hinderlich war, da Jusson eine lange Liste mit dringenden Themen hatte, die er mit Seiner Erhabenheit dem Amir besprechen wollte. Ich hatte ebenfalls eine Liste, die jedoch nicht so lang war wie die von Jusson. Genauer gesagt, auf meiner Liste fand sich nur ein Name: Slevoic.
Ich hielt mitten im Kauen inne und ließ die Gabel sinken. »Wann setzen wir Segel, Euer Majestät?«
»Das ist noch nicht sicher«, antwortete Jusson. »Obwohl der Qarant zugestimmt hat, müssen noch einige Dinge geklärt werden; unter anderem die Frage, ob jemand aus Iversterre zu der Delegation gehören wird.«
Ich runzelte die Stirn. »Aber …«
»Obwohl der Qarant in diesem Fall zugestimmt hat, sich in Staatsangelegenheiten hineinziehen zu lassen«, unterbrach mich Javes, »sind die Leute zuallererst Händler.« Er grinste mich dümmlich an. »Das heißt, sie werden dafür sorgen wollen, dass ihre diplomatische Mission keine Obstkarren umwirft. «
»Genau«, erklärte Suiden. »Schon gar nicht ihre eigenen.«
Javes Lächeln wurde nur breiter. »Das ist der wichtigste Karren von allen, mein lieber Hauptmann.«
»Also sitzen wir einfach nur herum und drehen Däumchen?« Ich bemerkte die Mienen meiner vorgesetzten Offiziere. »Sirs?«
Die Gesichter der Männer blieben unbewegt, Jusson jedoch hob eine Braue. »Du betrachtest also die Arbeit, die wir bislang hier verrichtet haben, als reine Zeitverschwendung, Hase?«
Ich spürte, wie mein Gesicht heiß wurde. »Nein, Sire, ganz und gar nicht …«
»Vielleicht glaubst du ja dann, dass wir dumm sind, weil wir nicht einfach in ein Land einmarschieren, das nicht unseres ist, und dort nach jemandem suchen, der sich vielleicht dort versteckt hält oder auch nicht?«
Mein Gesicht wurde heißer. »Nein, Sire«, sagte ich erneut.
»Oder der möglicherweise in dem Moment, in dem wir die Grenze überschreiten, flüchtet«, setzte Thadro hinzu, »falls er es nicht schon längst getan hat.«
»Das auch«, stimmte Jusson ihm zu.
»Jawohl, Sire«, erwiderte ich. Vermutlich war es besser, mir die Zunge mit Apfelkuchen zu verbrennen, statt mit Worten. »Wissen Laurel oder Wyln schon von der Zustimmung des Qarant?«
»Nein«, sagte Jusson. »Ich habe die Mitteilung eben erst erhalten und hatte noch keine Zeit, der Faena-Katze etwas davon zu sagen. Ebenso wenig habe ich Lord Wyln darüber informiert, obwohl er anwesend war, als die Depeschen eintrafen.«
Ich blieb stumm, während ich mich den Pfannkuchen widmete. Insgeheim jedoch wunderte ich mich über diese Art von Geheimhaltung.
»Ich habe ihm gesagt, dass ich unter vier Augen mit dir sprechen wollte.« Jusson sammelte mit seiner Gabel die restlichen Krumen von seinem Teller und zuckte leicht mit den Achseln. »Das stimmt auch, aber der eigentliche Grund ist ein anderer. In der Tat werde ich Lord Wyln und auch den Faena fragen, ob sich die Grenzlande ebenfalls vom Qarant vertreten lassen wollen. So könnten wir dafür sorgen, dass wir alle zusammen am selben Strang ziehen. Es wäre überhaupt nicht hilfreich für uns, wenn ein anderes Königreich mit Pauken und Trompeten irgendwo einmarschierte, wo wir versuchen, behutsam vorzugehen.«
»Ein Königreich mit seinen eigenen Zielen und Plänen, Sire«, gab Thadro zu bedenken.
Zwischen Jussons Brauen bildete sich eine feine Falte. »Die Pest soll es holen, jawohl! Und zwar Ziele und Pläne, von denen wir immer noch nichts wissen. Ich glaube fast, dass Lord Wyln und Meister Laurel jeden Morgen vor dem Spiegel ihre undurchdringlichen Mienen üben.«
Es stimmte zwar, dass der Zauberer und auch der Faena sich nicht in die Karten blicken ließen, aber ich bezweifelte, dass einer von ihnen heimlich den Untergang unseres Königreiches betrieb. »Laurel hat gesagt, er will das Gleiche wie Ihr, Sire«, wandte ich ein und schluckte. »Ein starkes und stabiles Iversterre.«
»Nein«, widersprach Jusson. Er nahm seine Teetasse hoch und beobachtete mich über ihren Rand. »Er will kein starkes Iversterre. Er will, dass du stark wirst.«
Das stimmte allerdings. Aber Laurel wusste auch, dass ich dem Thron dreifach die Treue geschworen hatte und außerdem einen vierten Treueschwur auf Jusson persönlich geleistet hatte. Laurel hatte bereits eingeräumt, dass es für alle Beteiligten ausgesprochen schädlich wäre, auch nur eines dieser Gelübde zu brechen. Dennoch war es offensichtlich, dass Jussons Vorbehalte gegen Laurel Faena nach wie vor bestanden. Ich fragte mich unwillkürlich, ob er auch mir gegenüber Vorbehalte hatte. Denn ich war durch Verpflichtung, Rune und Feder ebenso eng an den Faena gebunden wie durch meine vier Schwüre an den König. Ebenso war ich dem Zauberer Wyln zur Loyalität verpflichtet, der mich seinen Cyhn nannte. Dennoch wusste ich genau, wem in erster Linie meine Treue galt.
»Ich bin der Eure, Sire«, sagte ich und ließ meine Gabel sinken.
Jussons Miene entspannte sich. »Das bezweifle ich nicht, Cousin«, antwortete er liebenswürdig. »Glaubt mir, dass ich das auch nie bezweifelt habe. Angesichts der Ereignisse der letzten zwei Wochen hatten wir kaum die Chance, uns viel zu sehen. Wie ist es dir ergangen?«
Selbst abgesehen von dem Namenstag und dem Erntefest waren wir alle sehr beschäftigt gewesen. Allerdings war es auch eine recht zeitintensive Angelegenheit, sich mit den Auswirkungen zu beschäftigen, die der Ausbruch der Hölle nach sich zog.
Jusson war nach Freston gekommen, um mich, Laurel, Wyln sowie die Hauptleute Suiden und Javes nebst ihren Truppen zu treffen, als wir alle aus den Grenzlanden zurückgekehrt waren. Es hatte nur ein Zwischenstopp unter vielen auf seiner Reise durch Iversterre nach der fehlgeschlagenen Rebellion im letzten Frühling sein sollen. Er hatte erwartet, ein paar Gesellschaften zu geben, ein oder zwei Audienzen abzuhalten, alle daran zu erinnern, dass er der König und sie Bürger seines Königreiches waren. Anschließend hatte er mit mir und seinem Gefolge zu seinem nächsten Ziel abreisen wollen. Was ihn dann jedoch erwartete, war ein weiterer Angriff auf den Thron. Diesmal jedoch steckten keine ehrgeizigen Adligen dahinter, die unbedingt ihre aristokratischen Hintern auf königlichen Kissen wärmen wollten. Hier waren die Übeltäter Seine Gnaden Gawell, der Bürgermeister von Freston, und Ednoth, der Vorsitzende der ansässigen Kaufmannsgilde. Dieser Versuch wäre lachhaft und ebenso leicht zu unterbinden gewesen, hätten sich Gawell und Ednoth nicht mit einem ebenso bekannten Feind und der einzigen Person auf meiner kurzen Liste verbündet: Slevoic ibn Dru.
Hinter dem Aufstand im Frühling hatte das Haus Dru gesteckt. Seine Mitglieder hatten Unruhe unter Jussons Höflingen geschürt und die bereits lodernden Gelüste meines Cousins Lord Teram ibn Flavan auf den Königsthron angefacht. Als der Putsch jedoch scheiterte, wurden Cousin Teram ins Gefängnis geworfen, das Haus Dru aufgelöst und seine Mitglieder zu Gesetzlosen erklärt. Lord Gherat von Dru und seinen Verwandten Slevoic allerdings gelang die Flucht in die Grenzlande. Dort versuchten sie, den Thron seiner Elfischen Gnaden Loran, Fyrst von Elanwryfindyll, zu usurpieren. Der Versuch scheiterte, und Lord Gherat sowie die meisten seiner Spießgesellen wurden gefangen genommen. Wir hatten gedacht, Slevoic wäre in dem magischen Wald, der die Burg des Fyrst umringte, umgekommen. Aber während des Kampfes mit Gawell und Ednoth mussten wir feststellen, dass der Scheußliche erneut entkommen und in ein anderes Land geflüchtet war, und zwar in eines, das zum turalischen Imperium gehörte. Von dort aus hatte er Kontakt mit dem korrupten Bürgermeister und Kaufmann aufgenommen und den erneuten Versuch in die Wege geleitet, König Jussons Haus zu stürzen … und mich zu vernichten.
Er hätte beinahe Erfolg gehabt. Aber nur, weil Gawell und Ednoth einen Dämon beschworen hatten. Und zwar einen Dämon, der Leichen zum Leben erweckt und die Stadt mit tödlichem Wahnsinn infiziert hatte. Es war ein Dämon, der mich in meinen Träumen verfolgt und einen Weg in meine Seele gesucht hatte. In meine Seele, wo sich die Toten versteckt hatten, weit entfernt von dem wütenden, mörderischen Dämon. Im Laufe der Zeit war es ziemlich voll in meiner Seele geworden.
Ich senkte den Blick, als ich die Sorge nicht nur auf Jussons Miene, sondern auch in den Gesichtern von Suiden, Javes und sogar von Thadro bemerkte. Ich war nicht bereit, meinem König und Vorgesetzten mein Innerstes zu offenbaren, weil ich nicht wusste, was dabei herauskommen würde.
»Es geht mir gut, Euer Majestät«, sagte ich und strich mit dem Zeigefinger über die Maserung der Tischplatte.
»Verstehe«, murmelte Jusson und stellte seine Tasse mit einem scharfen Schnalzen auf die Untertasse zurück. »Nun, ich habe zwei Depeschen erhalten. In der ersten ging es um die Delegation des Qarant. Die zweite dagegen war eine ziemlich große Überraschung.«
Ich blickte hoch, als der König verstummte.
»Es war ein Heiratsantrag«, meinte Jusson dann. »An dich gerichtet.«
Ich wurde in den Grenzlanden geboren, einer lockeren und zänkischen Gesellschaft der Fae und der Fabelwesen nördlich des Königreichs von Iversterre. Das Volk, wie sie sich nannten, hatte sich früher einmal bis hin zu den Südlichen Seen erstreckt und ein Netzwerk aus Stadtstaaten, kleinen Lehensgütern, Domänen, Splittergruppen, Stämmen und Clans gebildet, die sich allesamt hingebungsvoll der Lieblingsbeschäftigung der Fae widmeten, dem Verrat, dem falschen Spiel und dem Betrug. Dann kamen die Menschen in großer Zahl und begannen sofort mit ihrem Lieblingsspiel, der Eroberung, bis das Volk sich bis an die Grenzen dessen zurückgedrängt sah, was einst alles ihm gehört hatte. Das ärgerte sie so sehr, dass sie sich gegen das menschliche Königreich zusammenschlossen, als Iversterre einen weiteren Eroberungsfeldzug begann. Ihre Macht war so groß, dass sie die Königliche Armee von Iversterre in einer einzigen Schlacht vollkommen vernichteten.
Doch der kurze Krieg und die lange Feindseligkeit zwischen dem Volk und den Menschen hatten meine Eltern, Lady Hilga eso Flavan und Lord Rafe ibn Chause nicht abschrecken können, in die Grenzlande zu ziehen. Sie hatten sich in einer entlegenen Provinz niedergelassen, ihren Namen in Lerche und Zweibaum geändert, waren Bauern und Weber geworden und hatten zwischen den Ernten acht Kinder gezeugt und geboren. Dabei hingen sie die ganze Zeit dem Glauben an, dass ihre Nachbarn sie nicht belästigen würden, wenn sie ihrerseits die Nachbarn nicht belästigten. Sie hatten recht behalten, aber nur, weil sie das Glück gehabt hatten, sich ausgerechnet in dem Gebiet von Dragoness Moraina niederzulassen. Die Dragoness lehnte jede Art von Gewalt strikt ab, die nicht von ihr selbst ausging, und zerquetschte mit ihrer krallenbewehrten Klaue sofort die erste Person, die versuchte, den Pöbel gegen uns aufzuhetzen.
Die Gunst der Ehrenwerten Moraina garantierte meiner Familie ein ruhiges Leben – so ruhig, wie es die Umstände erlaubten, wenn man sein Gebiet mit einer Dragoness, Raubkatzen, Wölfen, Feen, Flussottern, Dachsen, um sein Revier streitendes Rotwild, philosophischen Keilern, Wald- und Wassernymphen, allen möglichen Sorten von Vögeln, Kobolden, Zwergen, Mönchen, Priestern, Schamanen, Barden, Magiern und anderen streitsüchtigen Spezies teilen musste. Die einzige Rasse, die bei uns nicht vertreten war, waren die Elfen, obwohl auch sie gelegentlich durch unser Gebiet streiften. Wann immer sie auftauchten, mussten meine Geschwister und ich auf dem Hof bleiben, bis sie weitergezogen waren. Elfen mochten keine Menschen, und sie zeigten das auch auf höchst kreative Art und Weise. Angesichts all dieser verschiedenen Wesen war der Keim für einen Streit gelegt, wenn sich auch nur zwei von ihnen trafen. Drei bedeutete Kampf.
Nur die Magier bildeten da eine Ausnahme. Denn schon ein Magus allein bedeutete einen kleinen Krieg.
Angeregt von so vielen lebhaften Eindrücken hatte ich den Erzählungen meiner Eltern über Iversterre nicht sonderlich aufmerksam gelauscht. Sie schienen mir von einer düsteren, fernen Zeit in der Vergangenheit meiner Eltern zu handeln und waren mit unbekannten Namen und Orten gespickt. Ich hatte zwar gewusst, dass meine Eltern ihre Privilegien, ihre gesellschaftliche Stellung und ihren Wohlstand aufgegeben hatten, um ein weit härteres Leben in einem unberechenbaren und oftmals feindseligen Land zu führen, aber ich hatte angenommen, sie hätten diese Entscheidung freiwillig getroffen, sie wäre ihnen nicht aufgezwungen worden. Ebenfalls hatte ich vermutet, dass die Erinnerung an sie in ihrem Heimatland verblasst wäre. Und selbst wenn nicht, glaubte ich nicht, dass jemand an dem Nachkömmling eines jüngeren Sohnes und einer schon lange verschwundenen Tochter Interesse haben könnte, ganz gleich aus welchen Adelshäusern sie stammten. Als ich dann vor meinem korrupten Meister weglief, hegte ich keine Bedenken, mich in das menschliche Königreich zu flüchten, wo ich wurde, was keiner von mir erwartet hätte: ein Reitersoldat in der Königlichen Armee von König Jusson IV.
Ich brauchte fünf Jahre, bis ich herausfand, dass mein Auftauchen in Iversterre Fanfarenstöße ausgelöst hatte, die bis zum König schallten. Und jetzt warf die Vergangenheit meiner Eltern lange Schatten in meine Zukunft.
Und zwar Schatten in Gestalt einer Braut.
Ich hörte das Zwitschern eines Vogels, der das Morgengrauen ankündigte, doch sein Gesang ging fast im Verkehrslärm auf den Straßen unter. Jussons Aufenthalt in der Herberge hatte dieses ärmere Viertel der Stadt belebt, und in das Lied des Vogels und den Lärm des Verkehrs mischte sich das Klappern, Poltern, Rattern und Schreien von Ladenbesitzern und Handwerkern, die ihre lange geschlossenen Geschäfte öffneten und sich auf den Moment vorbereiteten, an dem das Osttor wieder für Händlerkarawanen und andere Geschäftsleute geöffnet wurde, die auf der Königsstraße reisten. Doch all das spielte sich draußen ab. Im Salon herrschte tiefes Schweigen. Jussons Augen funkelten, während ich versuchte, meinen Verstand und meine Sprache wiederzufinden.
»Was weißt du vom Haus Mearden, Cousin?«, fragte er mich.
Ich war immer noch damit beschäftigt, die Geschichte mit dem Heiratsantrag zu verdauen. Ich schloss den Mund, aber mein Kiefer klappte sofort wieder herunter. »Was?«
»Ah.« Das Funkeln in Jussons Augen verstärkte sich. »Du weißt also nichts.«
»Entweder haben Hases Eltern nicht über die Gründe gesprochen, weswegen sie von Iversterre fortgegangen sind, Euer Majestät«, erklärte Suiden, »oder er hat nicht aufgepasst. Jedenfalls hat er nicht gewusst, dass sie gezwungen waren, Iversterre zu verlassen, bis Vizeadmiral Havram ibn Chause es letztes Frühjahr während unserer Reise in die Grenzlande erwähnt hat.«
Das stimmte. Ich war sehr überrascht gewesen, als Onkel Havram mir sagte, er habe seinem und meines Vaters ältestem Bruder, Lord Maceal von Chause, geraten, nicht zuzulassen, dass meine Eltern aus Iversterre vertrieben würden. Doch das war nichts gegen den Schock, den ich jetzt empfand.
»Wer?« Ich hatte mich mittlerweile zur Frage des Königs nach dem Haus Mearden vorgearbeitet.
»Verstehe«, antwortete Jusson auf Suidens Einwurf. Der König sah zu, wie Cais Tee in seine Tasse goss, richtete sich dann auf und griff nach dem Honig und der Milch. »Das ist eine lange und nicht sonderlich erbauliche Geschichte, Hase, in der sich niemand Ruhm erworben hat. Aber sie enthält den Stoff für ein wahres Drama: hoffnungslos Verliebte, ehrgeizige Häuser, rücksichtslose Regenten.«
Mittlerweile hatte ich den aktuellen Stand des Gesprächs erreicht. »Regenten?« Ich starrte den König verständnislos an.
Jusson grinste humorlos. »Ich meine nicht mich, Cousin. Unsere Mutter, die Königin, lebte damals noch und war bei bester Gesundheit.« Er lehnte sich mit der Teetasse in der Hand zurück und trank einen Schluck. »Hast du dich nie gefragt, warum ich ausgerechnet dich unter all den Sprösslingen der Großen Häuser zu meinem Thronerben erwählt habe? Wie bis zum Überdruss durchdiskutiert wurde, gibt es jede Menge anderer und weit weniger kontroverser Kandidaten.«
Ehrlich gesagt hatte ich mich das nie gefragt. Als Jusson mich auserkoren hatte, passierten gerade weit entscheidendere Dinge: Mordversuche, der Aufstand und nicht zuletzt die drohende Gefahr eines weiteren, verheerenden Krieges mit den Grenzlanden. Und über all dem schwebte die Erkenntnis, dass Iversterre selbst sich ebenfalls verändert hatte. Die Menschen hatten sich auf ihr heiliges, göttliches Recht berufen und die Fae hinausgeworfen. Aber als sie jetzt dort lebten, wo einst das Volk gelebt hatte, wo die Knochen und die Asche der Fae sich mit der Erde vermischt hatten, war die Bevölkerung von Iversterre allmählich zu ebendem geworden, was sie zum Tabu erklärt hatte. Diese Tatsache hatte Jussons Reise durch sein Königreich mit Steinigungen, Hinrichtungen und Verbrennungen gewürzt sowie mit anderen Formen zügelloser Hysterie.
Obwohl ich den Erzählungen meiner Eltern über ihre Jugend in Iversterre nicht aufmerksam gelauscht hatte, wusste ich von der engen Beziehung unserer Familie zum König. »Meine Verwandtschaftsgrade zum Hause Iver, Sire«, antwortete ich.
»Die allerdings sehr beeindruckend sind«, stimmte Jusson mir zu. »Zweiunddreißig Linien durch das Haus Chause und vierzig vom Hause Flavan. Es gibt zwar Überschneidungen, aber wenn man sie außer Acht lässt, hast du immer noch vierundsechzig Linien zu meinem Haus, weit mehr als jeder andere. Doch was wäre passiert, hätten deine Eltern nicht geheiratet. Was, wäre Hilga eso Flavan nicht Hilga Flavan e Chause geworden?«
Die Vorstellung, meine Eltern wären kein Ehepaar, war ähnlich abwegig wie der Versuch sich auszumalen, der Regen würde zum Himmel steigen. Es war schlicht unmöglich. Ich starrte Jusson hilflos an, während ich unwillkürlich zu dem Eschenholzstab griff, der an meinem Stuhl lehnte.
Hauptmann Javes erbarmte sich meiner. »Dann hätte ein anderes Haus diese Linien erlangt, Hase. Oder zumindest die Linien, die sie nicht bereits hatten.«
»Es hätte auch bedeutet, dass das Haus Chause nicht die Linien des Hauses Flavan bekommen hätte«, nahm Thadro den Faden auf. »Die Häuser treffen solche Entscheidungen nicht nur zu ihrem eigenen Vorteil, sondern auch um den anderen Häusern solche Vorteile zu verwehren.«
Jusson nickte. »Das tun alle Häuser, Cousin, einschließlich des Königlichen Hauses. Eheschließungen zwischen Adligen müssen vom Thron gebilligt werden, und sehr oft wurde diese Billigung eben wegen der möglicherweise gefährlichen Konzentration von Linien in einem Haus verwehrt. Unsere Mutter, die Königin, war nicht besonders glücklich, als sie erfuhr, dass Rafe und Hilga heimlich geheiratet hatten. Und ihre Laune wurde auch nicht gerade besser, als sie herausfand, dass Hilga bereits schwanger war.«
Ich umklammerte den Stab fester, während meine andere Hand in meine Manteltasche glitt, in der sich das Messer und die Feder befanden. Allmählich wurde mir klar, was Jusson soeben enthüllt hatte. Und damit meinte ich nicht den Zeitpunkt, an dem meine Mutter mit meiner ältesten Schwester schwanger geworden war. Das war unbedeutend, konnte außer Acht gelassen und bestenfalls in einer stillen Minute bedacht werden. Aber der Grund, weswegen meine Eltern Iversterre verlassen hatten … »Wen hätte meine Mutter heiraten sollen?« Meine Stimme klang heiser, als ich mich von dem Gedanken losriss, wie mein Vater und meine schwangere Mutter vor einer wütenden Königin flüchteten.
»Es war der Skandal des Jahres«, antwortete Jusson. »Ich diente noch in der Marine, kämpfte gerade gegen Piraten und hielt Tural davon ab, in unseren Gewässern zu räubern. Ich erinnere mich noch an meine Rückkehr, wo ich am Hafen von Witzen empfangen wurde, von Liedern in den Schänken, von Dramen in den Straßentheatern auf den Plätzen und Getuschel hinter behandschuhten Händen und bemalten Fächern auf Bällen und Soirees. Alle handelten von Lady Hilga und davon, wie sie Idwal von Mearden zugunsten ihres Geliebten, Rafe ibn Chause, den Laufpass gegeben hatte. Doch durch die Auflösung ihrer Verlobung hatte Lady Hilga nicht nur den beachtlichen Zorn unserer Mutter auf sich gezogen, sondern hatte auch Mearden schweren Schaden zugefügt. Sowohl dadurch, dass er ihrer beträchtlichen Mitgift verlustig ging, als auch der Linien zum Thron, die das eher unbedeutende Haus Mearden zu einem Großen Haus gemacht hätten.« Jusson tippte auf die Depesche vor ihm. »Und jetzt verlangen sie, dass dieser Schaden wiedergutgemacht wird. Und zwar von dir, Cousin.«
»Aber ich besitze doch nichts.« Obwohl ich der Enkel eines Großen Hauses und der Neffe eines anderen war, sowie Cousin des Königs und sein Thronerbe, besaß ich nur meinen Sold als Soldat. Und ich glaube kaum, dass meine Ersparnisse Mearden weitergebracht hätten, ganz gleich wie unbedeutend das Haus auch sein mochte.
»Oh, doch, das tust du«, widersprach Jusson. »Du besitzt all diese Linien. Und sie haben eine Tochter im heiratsfähigen Alter.«
»Willkommen in der Aristokratie, Hase«, murmelte Javes in mein erstauntes Schweigen hinein.
»Aber ich kenne sie doch nicht einmal«, sagte ich, während allmählich Panik in mir hochstieg.
Jusson lächelte. »Und was hat das damit zu tun?«
»Verdammt noch mal alles, denke ich doch!«
»Bei meinen Eltern spielte es keine Rolle«, erwiderte Jusson. »Sie haben sich vor ihrer Hochzeit nur zweimal gesehen.«
»Sie haben sich gesehen?« Suidens grüne Augen leuchteten hell. »Als ich heiratete, musste ich bis zur Hochzeit warten. Auf jede meiner drei Frauen.«
Jusson, Javes, Thadro und ich schwiegen und betrachteten den Hauptmann verstohlen.
Suidens Augen leuchteten noch heller. »Es waren politisch begründete Eheschließungen, Euer Majestät. Ehen, die der Amir schon vor langer Zeit aufgelöst hat.«
»Sie machen mir Angst, Hauptmann Prinz«, erwiderte Jusson. »Keine Angst, Hase. Wenn es so weit ist, werde ich von dir nur verlangen, eine Frau zu ehelichen.«
»Ihr werdet es … verlangen, Euer Majestät?«, quiekte ich.
»Selbstverständlich.« Er hob eine seiner elegant geschwungenen Brauen. »Es sei denn, du verspürst die Berufung für einen Heiligen Orden und möchtest gerne in die Kirche eintreten …?«
Ein Klopfen an der Tür übertönte mein Keuchen. Jusson zog die Brauen zusammen und gab Cais ein Zeichen. Der Haushofmeister öffnete die Tür für Frestons Garnisonskommandeur. Mein von Panik erfüllter Blick richtete sich auf Kommandeur Ebner, der in der Tür stehen blieb.
»Sind wir zu früh, Euer Majestät?«, erkundigte sich Ebner. »Sollen wir später wiederkommen?«
»Nein.« Jusson seufzte, und seine finstere Miene hellte sich auf, als er auf den lichter werdenden Himmel draußen vor dem Fenster blickte. »Es wird Zeit, dass ich mein Tagwerk beginne.«
Der Kommandeur betrat den Salon. Ihm folgten verschiedene Beamte, einschließlich des Hüters des Königlichen Friedens und des Doyens der Stadt. Ebner wirkte müde, fast ein bisschen erschöpft. Vermutlich bekam er bei all der Aufregung nur wenig Schlaf. Natürlich achtete er nur auf den König und die Offiziere, Friedenshüter Chadde und Doyen Dyfrig jedoch warfen mir verstohlene Blicke zu. Chadde nickte mir grüßend zu. Die neue Wahrheitsrune auf ihrer Hand glühte schwach im Kerzenlicht, das mittlerweile fast überflüssig war. Dyfrigs jungenhaftes Gesicht wirkte abwesend, sein Blick unergründlich. Aber so hatte er mich bereits seit mehreren Tagen angesehen, und ich konnte den Blick mühelos ignorieren, ebenso wie die staunende Ehrfurcht auf den Gesichtern der anderen Anwesenden.
»Wir unterhalten uns später weiter, Hase.« Jussons Worte lenkten meine Aufmerksamkeit wieder auf den König. Er warf einen vielsagenden Blick auf meinen nur halb geleerten Teller. »Ich lasse dir von Mistress Inga einen neuen Teller bringen.«
Ich suchte nach einer passenden Erwiderung, aber in meinem Gehirn herrschte vollkommene Leere. »Euer Majestät«, versuchte ich es trotzdem.
»Sie können wegtreten, Leutnant«, sagten Thadro, Ebner und Suiden gleichzeitig, während Javes mich mit hochgezogenen Brauen ansah.
»Jawohl, Sirs«, lenkte ich ein. Ich verbeugte mich vor Jusson und verließ den Raum. Achtlos erwiderte ich die Grüße der anderen Leute, die sich in den Salon drängten. Ich muss wohl die Treppe hinaufgegangen sein, denn irgendwann fand ich mich vor der Tür meines Schlafgemachs wieder. Die Wachen davor waren verschwunden, und ich öffnete die Tür mit einem leichten Stoß, zumindest dachte ich das. Aber sie flog auf und knallte gegen die Wand. Das Zimmer war von Kerzen und einem neu angefachten Feuer im Kamin hell erleuchtet, zusätzlich zu dem grauen Tageslicht, das durch die geöffneten Fensterläden drang.
Außerdem befand sich ein Haufen Menschen darin. Meine Stubenkameraden schienen nicht in ihren Betten geblieben zu sein, nachdem ich mit Suiden verschwunden war. Jeff war rasiert, Arlis’ Ziegenbart getrimmt und geölt, und beide trugen die blauweiße Uniform der Königstreuen. Laurels rotbraunes Fell war glatt gebürstet, und er hatte alle Perlen und Federn angelegt. Sie standen mit dem Zauberer Wyln vor dem Kamin, auf dessen Sims die Schmetterlinge saßen. Sie alle drehten sich bei meinem ungestümen Eintreten um. Arlis wirkte ungeduldig, während Jeff in einer Geste erstarrte, als hätte er gerade umständlich etwas erklärt.
»Ist alles in Ordnung, Mylord?«
Finn stand neben dem wackligen Waschtisch. Mit seinem runden Kopf und seiner zierlichen Gestalt ähnelte er in verblüffender Weise Cais, was andererseits nicht sonderlich überraschte, da er der Neffe des Haushofmeisters war. Der Bedienstete war fleißig gewesen: Unsere Betten waren gemacht, und er war gerade damit beschäftigt, heißes Wasser aus einer Kupferkanne in einen Krug zu gießen. Auf dem rissigen Holz neben dem Becken lag ein Stapel frischer Handtücher, auf der anderen Seite mein Rasierzeug. Meine Uniform hatte er auf meinem gemachten Bett sorgfältig ausgebreitet.
»Nein«, erwiderte ich. »Nichts ist in Ordnung.«
»Enthielten die Depeschen schlechte Nachrichten, Zweibaums Sohn?«, erkundigte sich Wyln.
»Nein«, wiederholte ich. Ich ging zu meinem Bett und ließ mich darauffallen, ohne mich darum zu kümmern, dass ich meinen gestärkten und frisch geplätteten Wappenrock zerknitterte. Draußen trällerte ein Vogel. Er klang fast wie der Vogel, den ich unten im Salon gehört hatte. Ich blickte finster aus dem Fenster und fühlte mich verfolgt.
»Warum seid Ihr dann so aufgeregt?«, erkundigte sich Laurel.
Ich richtete meinen finsteren Blick auf den Berglöwen, der ihn gelassen erwiderte. Sein Schweif zuckte müßig hin und her, während er auf meine Antwort wartete. Seufzend sackte ich in mich zusammen.
»Ich bin erledigt.«
Vier Tage später verließen wir Freston.
Es war ein beeindruckender Abschied. Er begann im Morgengrauen auf dem größten Platz der Stadt. Wir saßen alle auf unseren Pferden, und unsere Fahnen wehten im Wind. Die Garnisonstruppen waren ebenfalls aufgesessen und hatten in glitzernden Rüstungen Aufstellung genommen. Sie wurden von den Stadtwachen in ihrem Lederharnisch flankiert, die ihre Kurzschwerter am Gürtel trugen. Die Anwohner drängten sich in die freien Lücken. Alle blickten zu den Stufen des Rathauses hinauf, wo Jusson gerade in einer feierlichen Zeremonie die Stadt an die Interimsregierung übergab. Sie bestand bis zur Ernennung eines neuen Gouverneurs aus Kommandeur Ebner und einigen Angehörigen des niederen Adels. Zwar waren die früheren Stadtbeamten nicht in die Rebellions- und Hexereigeschichten des Bürgermeisters und des Vorsitzenden der Kaufmannschaft verwickelt gewesen, aber sie hatten sich so viel zuschulden kommen lassen, dass Jusson ihnen allen vorschlug, sich aus dem öffentlichen Leben zurückzuziehen. Aus Gesundheitsgründen. Sie hatten zugestimmt. Aus Gesundheitsgründen.
Anschließend wurden die üblichen Reden gehalten, über den Beginn einer neuen Ära des Friedens und Wohlstands, und meine Gedanken schweiften ab. Der Platz wies noch deutliche Spuren der erbitterten Schlacht auf, die wir erst kürzlich hier geschlagen hatten. Viele der Häuser waren vom Feuer beschädigt, die Steine des Platzes waren zertrümmert und bildeten Stolperfallen für die Unachtsamen, und die Kirche … Doyen Dyfrig hatte gemeinsam mit zwei anderen Doyen und einer Schar Kirchenbediensteter aus der Stadt Cosdale die Kirche von innen gereinigt, aber die Fassade sah mitgenommen und rußig aus. Die beiden Flügel des Portals hingen immer noch schief in ihren Angeln. Sie lehnten aneinander und waren mit Haselnuss- und Ebereschenzweigen fixiert, zum Schutz vor allen bösen Einflüssen, die zufällig des Weges kamen.
Und obwohl die schmale Gasse im hellen Morgenlicht vollkommen harmlos wirkte, ertappte ich mich dabei, wie ich immer wieder Blicke dorthin warf, auf diese Straße, die vom Platz zum Totenhaus führte. Dyfrig oder die anderen Kleriker hatten auch dieses kleine steinerne Gebäude gereinigt, aber als ich es zögernd inspizierte hatte, war es mir immer noch ziemlich baufällig vorgekommen. Vermutlich hatte niemand es besonders eilig mit dem Reparieren, weil es sicherlich lange dauern würde, bis die Stadtbewohner es erneut als Stätte für ihre Toten nutzen würden.
Ich zog in der frühmorgendlichen Kühle meinen Umhang fester um mich und sah wieder Jusson an. Trotz seiner Äußerung hatten wir nicht mehr über den Heiratsantrag gesprochen. Ich wusste nicht, ob er das Gespräch absichtlich vermied oder ob es ein Zufall war; während der letzten Tage hatten alle viel zu tun gehabt, einschließlich meiner Person. Mir fiel als Stellvertreter des Lordkommandeurs die Aufgabe zu, die Reise des königlichen Trosses zu organisieren, und ich erstickte förmlich in der Organisation von Gepäckkarren, Dienstplänen und anderen wichtigen Dingen. Aber ich war nicht so beschäftigt, dass ich mir nicht Sorgen gemacht hätte, als Thadro mir unser Reiseziel nannte.
Mearden.
»Ein loyaler Untertan des Reiches hat Seine Majestät in sein Haus eingeladen«, hatte Thadro gesagt. Dabei leuchteten seine blaugrauen Augen hell. »Und natürlich nehmen wir diese Einladung an.«
Da er mein befehlshabender Offizier war, presste ich gehorsam die Lippen zusammen, um die Worte zurückzuhalten, die unbedingt herauswollten. Wyln und Laurel gegenüber war ich nicht so zurückhaltend gewesen. An dem Morgen, an dem der Heiratsantrag überbracht worden war, hatten sie aufmerksam zugehört, als ich ihnen berichtete, was der König über die aufgelöste Verlobung meiner Mutter und die Forderung nach Entschädigung gesagt hatte.
»Interessant«, hatte Laurel gemeint, als ich fertig war.
»Schön, dass Ihr so denkt.« Ich saß immer noch auf dem Bett und zerknitterte meine Uniform. Die Schmetterlinge waren vom Kaminsims auf meine Schultern geflogen, aber zum ersten Mal konnte mich ihr Gewicht nicht mit der Erde verbinden. Andererseits fühlte ich mich seit einer Weile ohnehin mit so gut wie gar nichts verbunden.
»Es ist tatsächlich interessant«, stieß Wyln ins selbe Horn. »Eorl Idwal hätte vielleicht gut genug für Eure Mutter sein können; Ihr als Thronerbe von Jusson Ivers Sohn könnt jedoch nach einer weit vornehmeren Frau suchen.«
»Das ist ebenfalls sehr tröstlich, Ehrenwerter Cyhn«, murmelte ich und blickte zu Jeff und Arlis hinüber, die mit einigem Abstand nebeneinander standen. Arlis’ Miene war ein wenig düster, was ich wohl als eine Verbesserung im Vergleich zu seinem ausdruckslosen Gesicht in den letzten Wochen werten konnte. Ich erwartete jedoch, dass Jeff mir diesen Moment mit seinen spitzen Bemerkungen versüßen würde, aber auch er schwieg und setzte eine undurchdringliche Miene auf.
»Das sollte es auch sein, Zweibaums Sohn«, sagte Wyln und zog meine Aufmerksamkeit wieder auf sich. »Ebenso wie Euch trösten sollte, dass Ihr, als erklärter Sohn des Fyrst, die Wahl unter den Töchtern aller Geschlechter habt, die mit Seiner Gnaden verwandt sind.«
Auf ebendieser Reise in die Grenzlande im letzten Frühjahr hatte Fyrst Loran nicht nur herausgefunden, dass Jusson sein Ur-ur-ur-ur-Enkel war, sondern dass auch ich eng mit dem König der Dunkelelfen verwandt war. Bevor ich mich versah, hatte mich Seine Gnaden mit Beschlag belegt und mich seinem Schwager Wyln als Pflegebruder überantwortet. Dennoch hörte ich jetzt zum ersten Mal, dass der Fyrst sich für meine möglichen Nachkommen interessierte.
Unwillkürlich versteifte ich mich. »Aber ich bin ein Mensch!«, platzte ich heraus.
Wyln lächelte liebenswürdig, während Flammen in seinen Augen tanzten.
»Und was hat das damit zu tun?«
Ich öffnete den Mund, brachte aber kein Wort heraus.
»Müsste Hases Eheschließung folglich nicht auch dem Konzil der Dunkelelfen vorgetragen werden?«, erkundigte sich Laurel bei Wyln.
»Da Seine Gnaden der Älteste der Gaderian á Doerc Oelfs ist, müssen alle Verbindungen, die Mitglieder seiner Familie eingehen, von dem Konzil gebilligt werden«, bestätigte der Zauberer. »So wie auch meine Ehe von den Gaderian, von Seiner Gnaden, den Tempelpriestern, meinem Cyhn und meinen Eltern gebilligt wurde.«
Ich blieb stumm; teilweise deswegen, weil mich die lange Liste von Reifen, durch die Wyln hatte springen müssen, um heiraten zu können, schockierte. Hauptsächlich jedoch, weil die Frau und die Kinder des Zauberers am Anfang des Krieges zwischen Menschen und Fae ermordet worden waren. Das war zwar schon vor etlichen Jahrhunderten geschehen, doch Elfen hatten eine andere Auffassung von der jüngeren Vergangenheit als die kurzlebigeren Rassen, vor allem wenn diese Vergangenheit das verabscheute menschliche Königreich einschloss. Die nördlichen Elfenclans verlasen an ihren Heiligen Tagen immer noch ihre Totenlisten aus den Kriegen. Und aus Wylns beiläufigen Kommentaren schloss ich, dass seine Trauer immer noch schmerzhaft und frisch war.
Jetzt jedoch war von Trauer und Gram in Wylns amüsierter Miene nichts zu erkennen.
»Solche Verbindungen sind viel zu wichtig, um sie denen zu überlassen, die vermutlich am wenigsten objektiv sind«, brach Laurel mein Schweigen. »Wenn die Zeit gekommen ist, werden meine Schwestern meine Partnerin erwählen.«
Ich fand meine Stimme wieder. »Eure Schwestern«, sagte ich.
»Ja«, antwortete Laurel beiläufig. Er fuhr sich mit der Tatze durch das Fell unter seinem Kinn und verdrehte die Ohren, woraufhin Perlen klackerten. »Da Ihr sowohl für die Grenzlande als auch für Iversterre wichtig seid, würde es mich nicht überraschen, wenn auch der Hohe Rat ein Wörtchen bei jeder beabsichtigten Vereinigung mitreden wollte.«
Ich schloss die Augen und stellte mir vor, dass mich vielleicht niemand fände, wenn ich weglaufen und mich einem Wanderzirkus anschließen würde.
»Das stimmt«, pflichtete Wyln ihm erneut bei. »Darüber sollten wir mit Ivers Sohn sprechen.«
Jetzt, vier Tage später, warf ich Wyln, der neben mir auf seinem Pferd saß, einen kurzen Blick zu. Das Schwert, das er bei seinem Kampf mit dem Dämon geschwungen hatte, steckte in der Scheide auf seinem Rücken. Falls er oder Laurel tatsächlich mit Jusson geredet hatten, hatten sie es mir beide verschwiegen. Der Feuerwandler schien dem König nachdenklich zu lauschen. Zuerst glaubte ich, er wäre von Jussons Rede fasziniert; dann jedoch bemerkte ich, dass auch er den Marktplatz betrachtete. Ebenso wie Laurel, der unmittelbar neben meinem Pferd stand. Der Blick des Berglöwen war auf den Fuß der Rathaustreppe gerichtet, wo er von einem Armbrustbolzen getötet worden war. An derselben Stelle war er auch von den Toten auferstanden.
Allerdings waren viele Leute gestorben und wieder auferstanden. Einschließlich meines alten Kameraden. Bei diesem Gedanken drehte ich den Kopf und sah Jeff an, der auf seinem Pferd hinter mir saß. Sein Blick war ebenso verschlossen wie die, die mir Doyen Dyfrig in der letzten Woche zugeworfen hatte. Ich runzelte die Stirn.
»Was ist eigentlich …?«
Fanfaren schmetterten, ich verstummte und sah wieder zu Jusson hinüber. Der hatte seine Rede beendet, ging gerade die Treppe hinab und stieg auf sein Pferd. Seine Rüstung und der schmale, goldene Reif auf seinem Helm funkelten in der Sonne. Seine Standartenträger ritten vor ihm, und mit wehenden Fahnen setzte sich der Tross in Bewegung. Wir verließen den Platz durch ein Spalier von Reitern, die ihre Waffen präsentierten, und ritten dann in einer Prozession durch Freston, damit die Massen uns zujubeln konnten. Es war ein sehr langer Tross, als wir mit Pauken und Trompeten die Stadt durchquerten und zum wieder eröffneten Osttor ritten. Dort erwarteten uns bereits Garnisonskommandeur Ebner, Friedenshüter Chadde, die neu ernannten Stadtväter, Garnisonssoldaten und Stadtwachen, die alle die Abkürzung durch Seitenstraßen genommen hatten. Im Torhaus warteten einige symbolische Ziegelsteine darauf, beseitigt zu werden, und ein mir sehr bekannter, tragbarer Altar war zusammen mit einer ebenso bekannten