Grundsätze der Philosophie der Zukunft - Ludwig Feuerbach - E-Book

Grundsätze der Philosophie der Zukunft E-Book

Ludwig Feuerbach

0,0

Beschreibung

In 65 Paragraphen entwirft Feuerbach seine Welt der Philosophie der Zukunft.

Das E-Book Grundsätze der Philosophie der Zukunft wird angeboten von Jazzybee Verlag und wurde mit folgenden Begriffen kategorisiert:

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 113

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Grundsätze der Philosophie der Zukunft

Ludwig Feuerbach

Inhalt:

Ludwig Feuerbach – Biografie und Bibliografie

Grundsätze der Philosophie der Zukunft

Grundsätze der Philosophie der Zukunft, Ludwig Feuerbach

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

ISBN: 9783849612511

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Frontcover: © Vladislav Gansovsky - Fotolia.com

Ludwig Feuerbach – Biografie und Bibliografie

Berühmter Philosoph, geb. 28. Juli 1804 in Landshut, gest. 13. Sept. 1872 auf dem Rechenberg bei Nürnberg, hatte während seiner Gymnasialzeit in Ansbach eine entschieden religiöse Richtung, studierte in Heidelberg Theologie, ward durch Daubs Vorlesungen für die Philosophie Hegels gewonnen, ging, um letzteren zu hören, 1824 nach Berlin, habilitierte sich 1828 zu Erlangen als Privatdozent der Philosophie, machte jedoch als Dozent wenig Glück und wurde als entschiedener Hegelianer angefeindet. Seine anonym erschienene Schrift »Gedanken über Tod und Unsterblichkeit« (Nürnb. 1830; 3. Aufl., Leipz. 1876; neu hrsg. von Jodl, Stuttg. 1903), in der er eine Religion, die sich ein Jenseits als Ziel setze, einen Rückschritt nannte und den Glauben an die Unsterblichkeit psychologisch erklärte, wurde konfisziert, sein Gesuch um eine außerordentliche Professur wiederholt (zuletzt 1836) abgeschlagen, Aussichten auf eine Professur an andern Universitäten erfüllten sich auch nicht, so dass er die akademische Laufbahn verließ, um sich nach Ansbach und (seit 1836) auf das drei Stunden von diesem entfernte Schloss Bruckberg in literarische Einsamkeit zurückzuziehen. Hier, wo er 1837 mit seiner treuen Lebensgefährtin Berta Loew, die daselbst Mitbesitzerin einer Fabrik war, eine glückliche Ehe schloss, sind in ländlicher Muße bis zum Jahr 1860, wo er auf den bei Nürnberg gelegenen Rechenberg übersiedelte, fast alle seine Hauptwerke entstanden. Nachdem er bereits unter dem unpassenden Titel: »Abälard und Heloise« (Ansb. 1833; 4. Aufl., Leipz. 1889) in humoristisch-philosophischen Aphorismen eine Parallele zwischen der realen und idealen Seite des Lebens veröffentlicht hatte, begann er mit seiner »Darstellung der Geschichte der neuern Philosophie« (Ansb. 1833–1837, 2 Bde.), die sich, wie seine »Kritiken auf dem Gebiete der Philosophie« (das. 1835), durch klassische Schärfe der Charakteristik auszeichnete, den Kampf der Vernunft gegen die Theologie, des Wissens gegen den Glauben, den er im dritten Band: »Pierre Bayle nach seinen für die Geschichte der Philosophie und der Menschheit interessantesten Momenten« (das. 1838) in pikanter Weise fortsetzte, und wobei dieser selbst wie die vorgenannten Denker seinen persönlichen Ansichten zur Folie dienten. Seit 1837 trat er in Verbindung mit Ruge und den »Halleschen Jahrbüchern«, später »Deutschen Jahrbüchern«, wodurch sich sein Bruch nicht nur mit der Theologie, sondern auch mit der Hegelschen Philosophie vollzog, die er in Naturalismus umbildete, obgleich er Hegel noch in der Schrift »Über Philosophie und Christentum« (Ansb. 1839) gegen die »fanatischen Verketzerer aller Vernunfttätigkeit« in Schutz nahm. In der Schrift »Zur Kritik der Hegelschen Philosophie« (1839) erklärte er alle Spekulation, die über die Natur und den Menschen hinaus will, mit dürren Worten für »Eitelkeit«, den absoluten Geist für eine »Schöpfung des subjektiven Menschengeistes«; in der Rückkehr zur Natur fand er die einzige »Quelle des Heils«. In seinem Hauptwerk: »Das Wesen des Christentums« (Leipz. 1841, 4. Aufl. 1883; neu hrsg. von Bolin, Stuttg. 1903), zeigte sich der Zerfall mit der ganzen christlichen Philosophie. Der Satz, den auch Schleiermacher gelegentlich aufstellt, dass der angeblich nach Gottes Ebenbild geschaffene Mensch vielmehr umgekehrt das Göttliche nach seinem eignen Ebenbild schaffe, wird hier zum Ausgangspunkt der Naturgeschichte des Christentums. Die Theologie wird zur Anthropologie, die F. allmählich für die Universalphilosophie ansah. F. erklärt die Religion für einen Traum des Menschengeistes, Gott, Himmel, Seligkeit für durch die Macht der Phantasie realisierte Herzenswünsche; was der Mensch Gott nenne, sei das Wesen des Menschen ins Unendliche gesteigert und als selbständig gegenübergestellt; homo homini deus! Zur Ergänzung ließ er dem »Wesen des Christentums« die Schrift »Das Wesen der Religion« (Leipz. 1845), mehrere Aufsätze in den »Deutschen Jahrbüchern«, das Schriftchen »Das Wesen des Glaubens im Sinn Luthers« (Leipz. 1844, 2. Aufl. 1855) und die »Vorlesungen über das Wesen der Religion« (zuerst im Druck erschienen das. 1851, neue Ausg. 1892) folgen, die sämtlich »die Aufgabe der neuern Zeit, die Verwandlung und Auflösung der Theologie in die Anthropologie«, zu fördern bestimmt waren. Die »Vorlesungen« wurden ursprünglich im Winter 1848/49 zu Heidelberg infolge einer an F. von Seiten der dortigen Studentenschaft ergangenen Einladung gehalten und bezeichneten, wie das »tolle Jahr« selbst, einen Wendepunkt in Feuerbachs Leben. Er zog sich von nun an von dem öffentlichen Leben in philosophische Einsamkeit zurück und wandelte seinen anthropologischen Naturalismus in Materialismus um. Das Werk »Theogonie, oder von dem Ursprung der Götter nach den Quellen des klassischen, hebräischen und christlichen Altertums« (Leipz. 1857, 2. Aufl. 1866), das den Grundgedanken der Vorlesungen über das Wesen der Religion, dass die Götter »personifizierte Wünsche« seien, wiederholt, erregte nicht entfernt mehr das Aufsehen seiner literarischen Vorläufer. Der Materialismus hat bei ihm seinen stärksten Ausdruck erhalten in einer bekannten Rezension von Moleschotts »Lehre der Nahrungsmittel für das Volk« (1850) mit dem Worte: »Der Mensch ist, was er ißt«. Diese letzte Gestalt seiner Philosophie enthält Feuerbachs letztes Werk, dessen Titel und Resultat jenem seines ersten verwandt, dessen philosophischer Standpunkt aber das gerade Gegenteil jenes des ersten ist, die Schrift »Gottheit, Freiheit und Unsterblichkeit vom Standpunkt der Anthropologie« (Leipz. 1866, 2. Aufl. 1890). In seinen letzten Lebensjahren (1868 und 1869) schrieb er ethische Betrachtungen nieder, die unvollendet geblieben und erst aus seinem Nachlass herausgegeben worden sind. Feuerbachs äußere Verhältnisse hatten sich trübe gestaltet; 1860 verlor er durch unverschuldete Unglücksfälle seine liebgewordene Heimat auf dem Bruckberger Schloss sowie die bescheidene Rente, die bis dahin dem Philosophen ein beschränktes, aber unabhängiges Einkommen[498] gesichert hatte. Die Existenz auf dem Rechenberg bei Nürnberg (1860–72) wurde durch zahlreiche Beweise von Freundschaft, die ihm aus allen Ländern und aus allen Ständen (auch aus dem Bauernstand) zukamen, verschönert. Dass der als Materialist verrufene Philosoph des Humanismus als Mensch reiner Idealist, human im besten Sinne des Wortes war, dafür legen sein echt deutsches Familienleben, seine rührende Liebe zur Gattin und (einzigen) Tochter Eleonore und seine Wahrheits- und Menschenliebe atmende Korrespondenz Zeugnis ab. Feuerbachs sämtliche Werke sind (Leipz. 1846–66) in 10 Bänden erschienen, neu herausgegeben von Bolin u. Jodl (Bd. 1 u. 6, Stuttg. 1903). Besonders in den 1840er Jahren hat F. großen Einfluss ausgeübt; seine Anschauungen über Religion und ihren Ursprung sind auch jetzt noch von Bedeutung. Vgl. K. Grün, Ludwig F., in seinem Briefwechsel und Nachlass dargestellt (Leipz. 1874, 2 Bde.); »Briefwechsel zwischen L. F. und Christian Kapp, 1832 bis 1848« (das. 1876); Starcke, Ludwig F. (Stuttg. 1885); Engels, L. F. und der Ausgang der klassisch-deutschen Philosophie (das. 1888); Bolin, L. F., sein Wirken und seine Zeitgenossen (das. 1891).

Grundsätze der Philosophie der Zukunft

I.

§ 1.

 Die Aufgabe der neueren Zeit war die Verwirklichung und Vermenschlichung Gottes – die Verwandlung und Auflösung der Theologie in die Anthropologie.

§ 2.

Die religiöse oder praktische Weise dieser Vermenschlichung war der Protestantismus. Der Gott, welcher Mensch ist, der menschliche Gott also: Christus – dieser nur ist der Gott des Protestantismus. Der Protestantismus kümmert sich nicht mehr, wie der Katholizismus, darum, was Gott an sich selber ist, sondern nur darum, was er für den Menschen ist; er hat deshalb keine spekulative oder kontemplative Tendenz mehr, wie jener; er ist nicht mehr Theologie – er ist wesentlich nur Christologie, d.i. religiöse Anthropologie.

§ 3.

Der Protestantismus negierte jedoch den Gott an sich oder Gott als Gott – denn Gott an sich ist erst eigentlicher Gott – nur praktisch; theoretisch ließ er ihn bestehen; er ist, aber nur nicht für den Menschen, d.h. den religiösen Menschen – er ist ein jenseitiges Wesen, ein Wesen, das einst erst dort im Himmel ein Gegenstand für den Menschen wird. Aber was jenseits der Religion, das liegt diesseits der Philosophie, was kein Gegenstand für jene, das ist gerade der Gegenstand für diese.

§ 4.

Die rationelle oder theoretische Verarbeitung und Auflösung des für die Religion jenseitigen ungegenständlichen Gottes ist die spekulative Philosophie.

§ 5.

Das Wesen der spekulativen Philosophie ist nichts anderes als das rationalisierte, realisierte,  vergegenwärtigte Wesen Gottes. Die spekulative Philosophie ist die wahre, die konsequente, die vernünftige Theologie.

§ 6.

Gott als Gott – als geistiges oder abstraktes, d.i. nicht menschliches, nicht sinnliches, nur der Vernunft oder Intelligenz zugängliches und gegenständliches Wesen ist nichts anderes als das Wesen der Vernunft selbst, welches aber von der gemeinen Theologie oder vom Theismus vermittels der Einbildungskraft als ein von der Vernunft unterschiedenes, selbstständiges Wesen vorgestellt wird. Es ist daher eine innere, eine heilige Notwendigkeit, daß das von der Vernunft unterschiedene Wesen der Vernunft endlich mit der Vernunft identifiziert, das göttliche Wesen also als das Wesen der Vernunft erkannt, verwirklicht und vergegenwärtigt werde. Auf dieser Notwendigkeit beruht die hohe geschichtliche Bedeutung der spekulativen Philosophie.

Der Beweis, daß das göttliche Wesen das Wesen der Vernunft oder Intelligenz ist, liegt darin, daß die Bestimmungen oder Eigenschaften Gottes – so weit natürlich diese vernünftige oder geistige sind, nicht Bestimmungen der Sinnlichkeit oder Einbildungskraft – Eigenschaften der Vernunft sind.

»Gott ist das unendliche Wesen, das Wesen ohne alle Einschränkungen«. Aber was keine Grenze oder Schranke Gottes, das ist auch keine Schranke der Vernunft. Wo z.B. Gott ein über die Schranken der Sinnlichkeit erhabenes Wesen ist, da ist es auch die Vernunft. Wer keine andere Existenz denken kann als eine sinnliche, wer also eine  durch die Sinnlichkeit beschränkte Vernunft hat, der hat auch eben deswegen einen durch die Sinnlichkeit beschränkten Gott. Die Vernunft, welche Gott als ein unbeschränktese Wesen denkt, die denkt in Gott nur ihre eigene Unbeschränktheit. Was der Vernunft das göttliche, das ist ihr auch erst das wahrhaft vernünftige Wesen – d.h. das vollkommen der Vernunft entsprechende und eben deswegen sie befriedigende Wesen. Das aber, worin sich ein Wesen befriedigt, ist nichts anderes als sein gegenständliches Wesen. Wer sich in einem Dichter befriedigt, ist selbst eine dichterische, wer in einem Philosophen, selbst eine philosophische Natur, und daß er es ist, das wird ihm und anderen erst in dieser Befriedigung Gegenstand. Die Vernunft »bleibt aber nicht bei den sinnlichen, endlichen Dingen stehen; sie befriedigt sich nur in dem unendlichen Wesen« – also ist uns erst in diesem Wesen das Wesen der Vernunft aufgeschlossen.

»Gott ist das notwendige Wesen«. Aber diese seine Notwendigkeit beruht darauf, daß er ein vernünftiges, intelligentes Wesen ist. Die Welt, die Materie hat den Grund, warum sie ist und so ist, wie sie ist, nicht in sich, denn es ist ihr völlig einerlei, ob sie ist oder nicht ist, ob sie so oder anders ist1. Sie setzt daher notwendig als Ursache ein anderes Wesen voraus, und zwar ein verständiges, selbstbewußtes, nach Gründen und Zwecken wirkendes Wesen. Denn nimmt man von diesem anderen Wesen die Intelligenz weg, so entsteht von neuem die Frage nach dem Grund desselben. Die Notwendigkeit  des ersten, höchsten Wesens beruht darum auf der Voraussetzung, daß der Verstand allein das erste und höchste, das notwendige und wahre Wesen ist. Wie überhaupt die metaphysischen oder ontotheologischen Bestimmungen erst Wahrheit und Realität haben, wenn sie auf psychologische oder vielmehr anthropologische Bestimmungen zurückgeführt werden, so hat also auch die Notwendigkeit des göttlichen Wesens in der alten Metaphysik oder Ontotheologie erst Sinn und Verstand, Wahrheit und Realität in der psychologischen oder anthropologischen Bestimmung Gottes als eines intelligenten Wesens. Das notwendige Wesen ist das notwendig zu denkende, schlechterdings zu bejahende, schlechterdings unleugbare oder unaufhebbare Wesen, aber nur als ein selbstdenkendes Wesen. In dem notwendigen Wesen beweist und zeigt also die Vernunft nur ihre eigene Notwendigkeit und Realität.

»Gott ist das unbedingte, allgemeine – ›Gott ist nicht dies und das‹ –, unveränderliche, ewige oder zeitlose Wesen.« Aber Unbedingtheit, Unveränderlichkeit, Ewigkeit, Allgemeinheit sind selbst nach dem Urteil der metaphysischen Theologie auch Eigenschaften der Vernunftwahrheiten oder Vernunftgesetze, folglich Eigenschaften der Vernunft selbst; denn was sind diese unveränderlichen, allgemeinen, unbedingten, immer und überall gültigen Vernunftwahrheiten anderes als Ausdrücke von dem Wesen der Vernunft?

»Gott ist das unabhängige, selbständige Wesen, welches keines anderen Wesens zu seiner Existenz bedarf, folglich von und durch sich selbst ist.« Aber auch diese abstrakte metaphysische Bestimmung hat nur Sinn und Realität als eine Definition von dem Wesen des Verstandes und sagt daher nichts weiter aus, als  daß Gott ein denkendes, intelligentes Wesen oder umgekehrt nur das denkende Wesen das göttliche ist; denn nur ein sinnliches Wesen bedarf zu seiner Existenz andere Dinge außer ihm. Luft bedarf ich zum Atmen, Wasser zum Trinken, Licht zum Sehen, pflanzliche und tierische Stoffe zum Essen, aber nichts, wenigstens unmittelbar, zum Denken. Ein atmendes Wesen kann ich nicht denken ohne die Luft, ein sehendes nicht ohne Licht, aber das denkende Wesen kann ich für sich isoliert denken. Das atmende Wesen bezieht sich notwendig auf ein Wesen außer ihm, hat seinen wesentlichen Gegenstand, das, wodurch es ist, was es ist, außer sich; aber das denkende Wesen bezieht sich auf sich selbst, ist sein eigener Gegenstand, hat sein Wesen in sich selbst, ist, was es ist, durch sich selbst.

§ 7.

Was im Theismus Objekt, das ist in der spekulativen Philosophie Subjekt, was das dort nur gedachte, vorgestellte Wesen der Vernunft, ist hier das denkende Wesen der Vernunft selbst.