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Was hindert Sie eigentlich, stressfrei und entspannt zu leben? Finden Sie es heraus - erfahren Sie, was für Ihre persönliche Stressbewältigung nützlich und was dagegen pure Zeit- und Geldverschwendung ist. Die alltagstauglichen und effektiven Sichtweisen, Strategien, Methoden und Übungsanleitungen in diesem Handbuch basieren auf der jahrzehntelangen Erfahrung der Autorin. Sie sind Ihr sicherer roter Faden auf dem Weg zu einem gelasseneren Lebens- und Berufsalltag. Doris Kirch arbeitet seit über zwanzig Jahren erfolgreich mit Menschen, denen der Alltag über den Kopf wächst. Ihre umfassenden Kenntnisse, die Essenz und Erfahrungen aus der Arbeit mit Hunderten von Kursteilnehmern und Klienten fasst sie in diesem einzigartigen Ratgeber zusammen. Dabei fließen die Erkenntnisse der neuropsychologischen Forschung ebenso ein wie das Wissen Jahrtausende alter Kulturen unserer Erde. Den Tiger zu zähmen bedeutet, Ihr Bewusstsein zu einem machtvollen Instrument der Stressbewältigung zu formen. Die "Tiger-Strategie" in fünf Schritten zeigt Ihnen den Weg dorthin. Mit abspielbarer Audio-Datei "Body-Scan"!
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Seitenzahl: 357
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Doris Kirch
Handbuch
Stressbewältigung
Lernen Sie in fünf Schritten,
den Tiger zu zähmen
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Doris Kirch
Handbuch Stressbewältigung
Lernen Sie in fünf Schritten, den Tiger zu zähmen
ISBN E-Book (enhanced E-Pub): 978-3-86374-041-2
(Druckausgabe: ISBN 978-3-938396-34-6, 2. Aufl. 2011, mit Übungs-CD)
Mankau Verlag GmbH
Postfach 13 22, D-82413 Murnau a. Staffelsee
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Lektorat / Endkorrektorat: Dr. Thomas Wolf, MetaLexis
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Gestaltung Innenteil: Heike Brückner, Grafikstudio, Regensburg
Fotos Innenteil: Lukas Lehmann, Wardenburg | www.lukaslehmann.de
E-Book-Umsetzung: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH
Audio-Datei – Sprecherin /Text: Doris Kirch | www.der-stresscoach.de
Audio-Datei – Tonstudio / Mastering: Ulrik Kowalk | www.10degrees.de
Druck: Bercker Graphischer Betrieb GmbH & Co. KG, Kevelaer
Hinweis des Verlags
Die Autorin hat bei der Erstellung dieses Buches Informationen und Ratschläge mit Sorgfalt recherchiert und geprüft, dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr; Verlag und Autorin können keinerlei Haftung für etwaige Schäden oder Nachteile übernehmen, die sich aus der praktischen Umsetzung der in diesem Buch dargestellten Inhalte ergeben. Bitte respektieren Sie die Grenzen der Selbstbehandlung und suchen Sie bei Erkrankungen einen erfahrenen Arzt oder Heilpraktiker auf. Sprechen Sie gegebenenfalls mit Ihrem Behandler, bevor Sie mit Entspannungsmethoden oder Meditationen beginnen.
Für Mama,
die Löwenmutter
Vorwort
Einführung
Stress und Stressbewältigung verstehen
Wissen, worüber wir reden
Die Wahrheit über Stress
Was bei Stress im Körper passiert
Psychologie des Stresses
Was ist Gesundheit?
Was wirklich hilft
Was ist Meditation?
Stress bewältigen – die Tiger-Strategie
Der Tiger: auch im Ruhezustand hellwach
Der Tiger kennt seine Möglichkeiten
Der Tiger kennt seine Kraft: eigene Ressourcen nutzen
Der Tiger hat ein Gefühl für den richtigen Zeitpunkt
Der Tiger sorgt für seinen Körper
Erste Hilfe bei Stress
Methodenteil: Entspannungsmethoden und Meditationen
Das Übungs-Dreiergespann für eine erfolgreiche Stressbewältigung
Die Atmung –Dreh- und Angelpunkt jeder Übung
Weitere bekannte Entspannungstechniken und Meditationsmethoden
Zur Autorin
Dank
Weitere Veröffentlichungen von Doris Kirch
Empfehlenswerte Literatur
Er ist ein bekannter und gefragter Unternehmensberater, zirka Ende fünfzig. Wir haben eine geschäftliche Besprechung. Während er unentwegt seinen Kugelschreiber befingert, seine Augen rastlos umherschweifen und er ständig auf seinem Stuhl hin- und herrutscht, erzählt er mir unpassenderweise, aber umso ausführlicher einen wesentlichen Teil seiner Lebensgeschichte. Anschließend beugt er sich vertrauensvoll zu mir herüber, um mir jovial-lächelnd ein Geheimnis zu verraten: Er bräuchte keine Stressbewältigung, er wüsste auch nicht, wo es herkäme, aber er wäre immer ruhig und hätte so etwas nicht nötig. Er glaubte wirklich, was er sagte.
Und nun verrate ich Ihnen ein Geheimnis: Solche Menschen haben Stressbewältigung nötiger als alle anderen, denn ganz offenbar stehen sie derart unter Druck, dass sie sogar die Fähigkeit zur realistischen Selbstwahrnehmung und Selbsteinschätzung verloren haben. Sie, liebe Leserin, lieber Leser, sind offenbar nicht in solch einer Situation, sonst würden Sie dieses Buch nicht lesen. Offenbar haben Sie noch ausreichend Eigenwahrnehmung, um zu spüren, dass es fünf vor zwölf ist. Vielleicht blicken Sie aber auch voraus und kümmern sich beizeiten darum, dass es gar nicht erst so weit kommt.
Der Impuls, dieses Buch zu schreiben, war Mitgefühl. Berufsbedingt flattern mir täglich viele Dinge über Schreibtisch und Bildschirm, die mit meinem Fachthema zu tun haben. Als mir der Sturm dieser Masseninformationen wieder einmal meine grauen Zellen zerzauste, fragte ich mich, was eine Person findet und worauf sie trifft, wenn sie sich auf die Suche nach Stressbewältigung macht. Ihr wird viel Hilfreiches begegnen und noch mehr Unsinn. Ich fragte mich: „Wie unterscheiden die Laien das eine vom anderen?“ Mir wurde klar, dass solch eine Unterscheidung durch einen Nichtfachmann nur unzureichend vollzogen werden kann und dass die meisten Menschen vermutlich irritiert zurückbleiben oder ihre kostbare Energie mit nutzlosem Vorgehen verschwenden werden.
Also entschied ich mich, das, was sich an Strategien, Methoden und Sichtweisen nach meiner jahrzehntelangen Erfahrung am besten bewährt hat, grundlegend zusammenzufassen. Ein Buch zu schreiben sollte Dienst am Leser sein. Deshalb war es mir ein Bedürfnis, nicht nur mein Wissen und meine Erfahrungen mit Ihnen zu teilen, sondern auch ein Fachbuch vorzulegen, das gleichermaßen lehrreich wie spannend ist und das Lesen zum Vergnügen macht. Das ist auch der Grund, warum viele Themen mit Geschichten, Sprüchen und Metaphern ergänzt sind. Die moderne Lerntheorie bestätigt, dass es eine gute Strategie ist, komplexe Sachverhalte in Geschichtenform zu vermitteln. Geschichten lassen Bilder und Gefühle in uns entstehen, und dadurch vernetzen sich Inhalte schneller und tiefgreifender im Gehirn als durch rein intellektuelle Wissensvermittlung.
Ich wünsche mir, dass meine Ausführungen hilfreich für Sie sind und dass dieses Buch Sie darin unterstützt, sich stets dessen gegenwärtig zu sein, was im Leben wirklich wichtig ist. Und ich freue mich, wenn wir uns in einem Seminar oder einer Ausbildung einmal persönlich begegnen.
Doris Kirch, November 2009
Es ist fast fünfundzwanzig Jahre her, dass ich, damals Anfang zwanzig, damit begann, mich mit Meditation zu beschäftigen – fast auf eine etwas unfreiwillige Art. Meine Freundin hatte in der Yogaschule, die sie regelmäßig besuchte, etwas über ein Angebot zu einem Zen-Sesshin[1] gelesen und sie fragte mich, ob ich wüsste, was das ist. Ich war genauso ahnungslos wie sie, aber abenteuerlustig wie wir waren, meldeten wir uns, nicht ahnend, worauf wir uns einließen, einfach an. Es war die erste Bekanntschaft mit meinem Innenleben. Zu behaupten, diese Erfahrung sei angenehm gewesen, wäre schlicht übertrieben. Unabhängig davon, dass wir in diesen Tagen kein Wort sprechen, nicht lesen, keine Musik hören und auch nicht schreiben durften, kam ich mit einer Art von Stille in Kontakt, die sich mit Worten nur schwer beschreiben lässt. Während der stillen Sitzmeditation, die eigentlich durch Ruhe der Gedanken gekennzeichnet sein sollte, herrschte ein unglaublicher, ohrenbetäubender Krach in meinem Hirn. Zeitweise hatte ich das Gefühl, nicht mehr richtig atmen zu können, und die Schmerzen im Rücken schienen unerträglich. Geduld gehörte noch nie zu meinen Kardinaltugenden, deshalb fiel es mir sehr schwer, die Untätigkeit auszuhalten. Während der Sitzzeiten und auch noch auf dem Weg nach Hause war ich überzeugt davon, mich solch einer Tortur auf keinen Fall noch einmal auszusetzen.
Aber dieses Erlebnis hatte mich gewandelt. Es hatte keinen neuen Menschen aus mir gemacht, sondern mir unmittelbar gezeigt, wer oder was ich wirklich bin und wo ich stehe. Während ich unterwegs noch geflucht hatte, ahnte ich bei meiner Ankunft zu Hause, dass sich mein Leben ab jetzt irgendwie ändern würde.
Was ich damals noch nicht wissen konnte: Es war der Beginn meines Weges zu mir selbst, den ich nie mehr verlassen habe. Dass die Meditation tägliche Praxis wurde, ergab sich für mich fast von selbst. Die Erfahrungen, die ich mit der Zen-Meditation machte, weckten meine Neugier auf andere Meditationsformen und auch auf die scheinbar klinisch anmutenden Entspannungstechniken wie Autogenes Training und Progressive Muskelentspannung. Vom Wissensdurst getrieben, besuchte ich Kurse, Seminare und machte Ausbildungen. Fünf Jahre nach meiner ersten Begegnung mit Meditation verließ ich meinen Beruf im Management, um fortan mit Menschen zu arbeiten.
Es ist heutzutage kaum vorstellbar, aber wahr: Vor zwanzig Jahren gab es in der Öffentlichkeit nur wenig Akzeptanz für dieses Thema. Meditation wurde mit Sekten, Gurus, Räucherstäbchen, Kiffen und Pendelschwingen in einem Atemzug genannt. Entspannungstechniken waren etwas für psychisch Kranke. Stress, in der Form, wie er heute bekannt ist und kommuniziert wird, war nur selten ein Thema in den Medien. Als wir im Jahre 2005 die Deutsche Gesellschaft für Meditationskultur e.V. (heute: Deutsche Gesellschaft für Achtsamkeit e.V.) gründeten, war unser erklärtes Ziel, eine methodenübergreifende, unkonfessionelle Meditationskultur in unsere Gesellschaft zu integrieren. Um die Relevanz des Themas zu belegen, sammelten wir enthusiastisch Zeitungsartikel und Veröffentlichungen, um aufzuzeigen, dass die Medien Meditation und Entspannung durchaus beachtenswert finden. Inzwischen haben wir mit diesen Zusammenstellungen aufgehört, weil das Thema quasi Mainstream geworden ist. Offenbar muss es längst nicht mehr um Anerkennung ringen. Die Bedeutung und die Auswirkungen dieser stillen Praktiken auf Gesundheit und Wohlbefinden wurden in den letzten zwanzig Jahren so hinreichend erforscht, dass sich nur noch ein vollkommen und restlos Ahnungsloser trauen würde, die Zusammenhänge zwischen Körper, Geist und Seele in Frage zu stellen. Aber erinnern wir uns: Es ist noch gar nicht lange her, dass die Schulmedizin mit hängenden Ohren verschämt eingestand, dass es wohl „einige“ Erkrankungen gäbe, die „psychosomatischen“ Ursprungs seien. Immer noch eine traurige Verkennung der Realität, dass Körper, Geist und Seele eine untrennbare Einheit bilden, aber immerhin ein erster Lichtblick, dem viele folgten.
Auch Stress war in den letzten zwei Jahrzehnten ein Thema. Allerdings nicht häufig und vor allem in einem anderen Zusammenhang als heute. Wer damals sagte, dass er Stress habe, galt entweder als Wichtigtuer, als jemand, der seine Dinge nicht organisieren konnte, oder als einer, der sich notorisch mehr auflud, als er tragen konnte. Das hat sich inzwischen deutlich verändert, denn unser Leben hat sich sehr verändert. Es ist um ein Vielfaches schneller und komplexer geworden. Sprach man früher im Management von mittelfristig, dann waren damit drei bis fünf Jahre gemeint. Heute meint dieser Begriff drei bis fünf Monate. Weit entwickelte Automatisierung, Internet und globale Vernetzung haben aus unserer armen Mutter Erde ein Dorf gemacht, dessen Bewohner in „Echtzeit“ dem gnadenlosen Termindruck global expandierender Unternehmen geopfert werden. Was ethische und moralische Werte anbelangt, da haben die Firmen längst den Rubikon überschritten und diesen antiquierten Ballast am anderen Ufer hinter sich zurückgelassen. Wir leben in einer Zeit, wo nichts so alt ist wie die Information von gestern, wo sich alles permanent und so schnell wandelt, dass einem schwindelig wird. Beim Thema Information fällt mir gerade ein, dass ich eigentlich ein neues Autoradio brauche. Bei dem Gedanken daran, mich durch das unüberschaubare Dickicht zahlloser mikrokleiner Tasten zu fingern und mich von der Masse einer zweihundert Seiten langen Bedienungsanleitung in zwanzig Sprachen (die ich zuvor aus dem Internet herunterladen musste) erschlagen zu lassen, spüre ich … Stress. In diesem Moment sehne ich mich nach einem Radio mit drei Knöpfen: an / aus, laut / leise, Sendersuche. Ich glaube, ich verschiebe den Kauf noch etwas …
Wir fühlen uns gestresst, weil wir für die Benutzung fast jedes elektrischen Gerätes und jedes Automaten inzwischen nahezu eine Doktorarbeit brauchen. Einmal abgesehen davon, dass die Funktionsweisen, die wir einmal begriffen haben, beim nächsten Mal schon wieder dem Vergessen anheimgefallen sind.
Im Dauerbeschuss der bunten Werbewunderwelt der Medien werden wir von morgens bis abends mit Informationen überschüttet, über deren Wahrheitsgehalt man geteilter Meinung sein kann. Und wenn man uns auch nicht direkt anlügt, so wird doch so lange geschickt manipuliert und suggeriert, bis wir glauben und sehen, was wir glauben und sehen wollen, und nicht, was den Tatsachen entspricht. Es dürfte kaum jemanden unter uns geben, der noch kein Opfer irgendeiner üblen Neuzeit-Abzocke geworden ist. Die Unterscheidung und das Vergleichen der Angebote, mit denen wir im Radio, im Internet, auf Bussen und Bahnen, im Briefkasten, auf den Bildschirmen von Geldautomaten, am Telefon und am Bankschalter überschüttet werden, werden immer schwieriger und zeitaufwändiger. Zeit, die bei dem, was im Leben wirklich wichtig ist, fehlt. Die Liste der Dinge, denen wir tagtäglich unfreiwillig ausgesetzt sind und womit wir uns zwangsweise beschäftigen müssen, könnte ich endlos weiterführen. Wenn wir in Stressbewältigungs-Seminaren die Stressoren der einzelnen Teilnehmer zusammentragen, bin ich immer wieder betroffen von deren Vielzahl und es scheinen ständig neue hinzuzukommen. An dieser Stelle habe ich die vorstehenden Beispiele zitiert, um einmal kurz den Geschmack des Zeitgeistes heraufzubeschwören.
Die dauernde Reizüberflutung und Überforderung parallel zu spürbar zunehmender Behördenrestriktion, immer größer werdender Arbeitslosigkeit und explodierenden Lebenshaltungskosten vermitteln vielen Menschen das verzweifelte Gefühl, den täglichen Anforderungen nicht mehr gerecht werden zu können. Als Reaktion darauf stellen tragischerweise die meisten von ihnen nicht das System, sondern sich selbst in Frage.
Wir haben es also in unserem Leben nicht mit einmaligen Situationen zu tun, die in uns Stress erzeugen, sondern es ist bereits der ganz „normale“ Alltag, der uns nachts nicht schlafen lässt, Bluthochdruck und Magengeschwüre erzeugt. Diesem Alltag, der uns dazu treibt, selbst bedeutungslose Ereignisse als bedrohlich zu empfinden und überzogen auf sie zu reagieren, können wir nicht ausweichen. Und darauf, dass sich im Außen etwas zum Positiven verändert, können wir warten bis Pflaumenpfingsten. Das ist die schlechte Nachricht. Und nun kommt die gute: Wir können lernen, damit umzugehen. Wir können lernen, bestimmte Stressauslöser zu vermeiden, wir können lernen, auch angesichts schwieriger Lebensumstände ein Höchstmaß an Lebensqualität zu entwickeln – und genau darum geht es in diesem Buch.
Wenn Stressbewältigung einfach wäre, dann würden die medizinischen Statistiken über stressbedingte Erkrankungen nicht in schwindelnde Höhen steigen. Es gibt unzählbare Angebote für Entspannungskurse, haufenweise Websites, die uns versprechen, dass ihre Ausführungen uns innerhalb von wenigen Minuten die Fähigkeit vermitteln, unseren Stress künftig jederzeit und überall innerhalb von zwei Sekunden von 100 auf 0 senken zu können, und in den Buchhandlungen verkünden meterweise Lebensratgeber, wie wir schnell und ohne Aufwand unseren Stress in den Griff kriegen. Doch schauen Sie mal genau hin: Die meisten dieser „Spezialisten“ haben nur am Rande Ahnung von dem, über das sie schreiben. Stress ist trendy. Es ist ein Markt, der boomt. Viele Autoren greifen das heiße Eisen auf, um sich daran zu wärmen. Ihnen hingegen nutzt das wenig. Vermutlich haben Sie bereits bemerkt, dass Sie Bauernschlauheiten wie „Machen Sie einfach ein wenig langsamer“ oder „Tun Sie immer das Wichtigste zuerst“ oder „Legen Sie Arbeitspausen ein und trinken Sie eine Tasse Tee“ nicht ein Stück weitergebracht haben. Und vielleicht haben Sie bereits einen guten Entspannungskurs besucht – der Sie letzten Endes aber auch nicht dahin gebracht hat, entspannter und erfüllter zu leben. Wenn Sie bereits Verschiedenes erfolglos ausprobiert haben, dann werden Sie zweifellos bemerkt haben: Stressbewältigung ist nicht so einfach, wie uns die Medien verkaufen wollen. Natürlich hegt jeder von uns die stille Phantasie, dass es irgendetwas gibt, das uns mühelos und schnell von unseren Plagen befreit. Vergessen Sie’s.
Wir, das sind meine Kollegen aus dem Deutschen Fachzentrum für Stressbewältigung (DFME) und ich, haben uns auf das Thema spezialisiert, das unsere Firma im Namen trägt. In langjährigen Beobachtungen haben wir die Erfahrung gemacht, dass Tricks immer nur Tricks hervorbringen. Wir haben festgestellt, was funktioniert und was nicht. Die Essenz dessen, was wir gelernt, erfahren und ausprobiert haben und was sich dabei bewährt hat, präsentiere ich Ihnen auf den folgenden Seiten.
Unser Leben ist eine äußerst komplexe Angelegenheit, Stressbewältigung muss es demzufolge auch sein. Ich bezeichne Stressbewältigung auch gerne als einen Weg – einen Weg der Selbsterforschung. Viele Menschen, die zu uns ins Fachzentrum kommen, fühlen sich unzulänglich, weil sie glauben, nicht imstande zu sein, den Anforderungen ihres normalen Alltags gerecht zu werden. Wer es zudem schon vergeblich mit verschiedenen Interventionen versucht hat, trägt auch hier oft das Kainsmal des Versagens auf der Stirn. Diese Menschen sind häufig zutiefst frustriert und entmutigt. Es ist nicht gerade eine förderliche Ausgangssituation für eine erfolgreiche Stressbewältigung, wenn das ganze Thema bereits im Vorfeld psychisch negativ behaftet ist. Ich möchte Ihnen jedoch Mut machen, das Abenteuer dieses Weges zu wagen – denn in der Tat ist dieses Leben, das wir geschenkt bekommen haben, ein Abenteuer, das im Experiment erprobt werden muss. Sich der Bewältigung der täglichen An- und Überforderungen zu stellen kann für Sie bedeuten, Ihren Horizont zu erweitern und Ressourcen in sich zu entdecken, die bislang einen ungestörten Dornröschenschlaf in Ihrem Inneren führten. Stress zu bewältigen bedeutet nicht nur, eine oder mehrere Entspannungstechniken zu beherrschen, sondern auch, sich über bisherige Denk- und Verhaltensgewohnheiten klar zu werden und zu lernen, das loszulassen und zu verändern, was nicht mehr ins Leben passt. Sich dem eigenen Denken, Fühlen und Handeln zu stellen erfordert Mut und es ist nicht immer leicht. Aber manchmal ist es wichtig, ein Feuer anzuzünden, um ein anderes zu löschen. Sie haben bestimmt schon einmal davon gehört, dass kleine Gegenfeuer gelegt werden, um ganze Waldbrände in den Griff zu kriegen.
Warum sind diese psychischen Faktoren bei der Stressbewältigung von derartiger Bedeutung? Eine der Grundwahrheiten über Stress ist die, dass wir uns den meisten Stress selbst machen. Das hört sich provokativ an, aber es ist so. Als die menschliche Spezies entstand, war die Welt unbestreitbar eine andere. Der frühe Mensch musste sich gegen eine Vielzahl realer Gefahren zur Wehr setzen: wilde Tiere, Kälte, Hunger und die Bedrohung durch die eigene Spezies. Er war darauf vorbereitet, denn ein physiologischer Mechanismus sorgte dafür, dass der Körper bei Gefahr in einen Zustand erhöhter Alarmbereitschaft versetzt wurde, der es ihm erlaubte, zu kämpfen oder zu flüchten.
Unsere frühen Vorfahren leben schon seit Hunderttausenden von Jahren nicht mehr – der Mechanismus hingegen hat sie lange überlebt, denn wir haben ihn immer noch. Reale Bedrohungen unseres Überlebens jedoch gibt es nicht mehr. Selbst wenn wir Job und Haus verlieren, sorgt unser soziales System dafür, dass wir weder hungern noch frieren müssen. Die heutigen Bedrohungen entstehen in unserem Bewusstsein und setzen die komplette Generalmobilmachung unserer Körperabläufe in Gang. Das Problem dabei ist, dass wir meistens weder kämpfen noch flüchten können. Was zum Beispiel machen Sie, wenn Ihr Vorgesetzter Sie vor allen Kollegen beleidigt? Sie können ihm weder eins auf die Nase hauen noch können Sie einfach die Firma verlassen und nach Hause gehen. Im Allgemeinen bleiben wir auf unserer Hormonüberschwemmung sitzen, was uns zu der Frage führt: Was können wir tun? Vereinfacht ausgedrückt haben wir mindestens zwei Möglichkeiten: Zum einen können wir Wege finden, den Hormonüberschuss im Körper abzubauen. Zum anderen können wir lernen, unsere Einstellung zu den Dingen so zu verändern, dass wir das, was uns im Leben begegnet, nicht mehr als potenziell bedrohlich werten. Es geht also nicht darum, uns in Watte zu packen und zu versuchen, Stress um jeden Preis zu vermeiden, sondern wir können lernen, damit umzugehen.
Die Aktivierung innerer Ressourcen bedarf einiger Anstrengung. Das hängt damit zusammen, dass wir nie gelehrt wurden, adäquat mit dem Leben umzugehen. Schule und Gesellschaft lehrten uns viel über Moral, Konvention, Normen, Ideale, Gebote und Verbote. Wir wurden dazu angehalten, anständig und angepasst zu sein, uns zurückzunehmen und uns unterzuordnen. Die Frage unserer inneren Werte, unserer Bedürfnisse und Gefühle stand in der Regel nicht zur Debatte. Der Psychologe Hermann Meyer schreibt in seinem Buch „Jeder bekommt den Partner, den er verdient“, dass die meisten von uns zu Hause statt realem Durchsetzungsvermögen Aggression und Wut erlebt haben, statt Sinnfindung religiöse Dogmen, statt Übernahme von Verantwortung Flucht und Sucht. Der Psychologe spricht davon, dass wir alle in einer Kollektivneurose leben und führt dazu aus: „Man lernt nicht das, worauf es im Leben ankommt, was man wirklich zum Leben braucht. Man lernt nichts über Gesundheitslehre, obwohl man permanent mit diesem Körper leben muss; nichts über Ernährung, obwohl sie täglich auf Körper, Seele und Geist einwirkt; nichts über Psychologie, obwohl man sich doch zeit seines Lebens mit der eigenen Psyche auseinandersetzen muss; nichts über Soziologie, obwohl man in diese Gesellschaft integriert ist; nichts über gesundes Bauen und Wohnen, obwohl wir uns über die Hälfte der Lebenszeit in unserer Wohnung aufhalten; nichts über Pädagogik, obwohl unsere Kinder die Zukunft der Menschheit bedeuten; nichts über Schicksalskunde, obwohl jeder davon betroffen ist; nichts über Erfolg, obwohl fast jeder ihn erreichen will; nichts über die Gesetze der Kommunikation, obwohl sie in der Begegnung von entscheidender Bedeutung sind; und letztendlich auch nichts über Partner- und Beziehungsfähigkeit, obwohl diese Fähigkeit für Glück und Unglück eines Menschen eine so gravierende Rolle spielt. Aus all diesen Gründen wird klar, dass niemanden eine Schuld trifft, wenn er im Elternhaus und in der Schule nichts oder nur wenig von den menschlichen Anlagen und Fähigkeiten erfahren und ausbilden konnte.“
Ich habe das hier so umfassend ausgeführt, um Sie davon zu befreien, sich schuldig oder unzulänglich zu fühlen, und in der Hoffnung, dass Sie dem Abenteuer der Selbstentdeckung positiver und vielleicht auch ein wenig enthusiastisch entgegensehen. Ein Kursteilnehmer sagte mir einmal, dass wir in der Stressbewältigung wie Kapitäne auf einem Segelschiff sein müssten. Geschick und Ausdauer helfen uns dabei, unser Ziel zu erreichen, auch wenn Unwetter toben und das Schiff stark schwankt. Der Kapitän entscheidet, wo er eingreifen, Entscheidungen fällen und handeln muss – alles andere lässt er geschehen. Diese Haltung erinnert mich an das Gelassenheitsgebet des Theologen und Philosophen Reinhold Niebuhr (1892 – 1971): „Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“
Auf den Punkt gebracht entsteht Stress aus dem Gefühl von Kontrollverlust, aus dem Gefühl, sich einer Sache ausgeliefert zu fühlen, die man nicht beeinflussen kann. Die Fähigkeit, unsere Lebensumstände zu beeinflussen, hängt zum Großteil davon ab, wie wir Dinge sehen und bewerten, also welche inneren Einstellungen wir ihnen gegenüber haben. Denn unsere inneren Einstellungen werden zu unserer Realität, und um darauf einwirken zu können, müssen wir wach sein, präsent sein, achtsam sein. Die Achtsamkeit zieht sich deshalb wie ein roter Faden durch dieses Buch. Sie werden erfahren, dass sich Ihr Stress umso mehr vermindert, je achtsamer Sie sind. Sie werden auf den folgenden Seiten auch erfahren, wie Sie diese Achtsamkeit entwickeln; Sie erhalten Informationen und Anleitungen für Entspannungsmethoden und Meditationen und Sie werden lernen, die Methoden und Strategien in Ihr Leben zu integrieren, die Ihnen hilfreich erscheinen.
Und am Ende dieser Einführung verrate ich Ihnen noch, warum ich meinen Weg einer erfolgreichen Stressbewältigung die Tiger-Strategie genannt habe.
Wer von uns wäre nicht gerne elegant, majestätisch, kraftvoll, geschmeidig, dynamisch und wehrhaft? Haben Sie nicht auch schon einmal davon geträumt, keine natürlichen Feinde zu haben? Aber das alles ist es eigentlich nur am Rande. Am Tiger fasziniert mich vielmehr, dass er trotz totaler körperlicher Entspannung hellwach, aufmerksam und vollkommen präsent ist. Selbst in seinen Ruhezeiten entgeht ihm nichts von dem, was um ihn herum passiert. Offenbar kann er entspannt und wach zur selben Zeit sein – der optimale meditative Zustand, wie Sie noch sehen werden.
Somit verkörpert er einiges, das uns fehlt, wenn wir im Stress sind. Wir sind nämlich normalerweise entweder das eine oder das andere. Was mich am Tiger noch fasziniert, ist die Tatsache, dass er seine Ziele ökonomisch erreicht, also mit geringstmöglichem Aufwand. Er hetzt seiner Beute nicht nach, bis er zusammenbricht (eher eine typisch menschliche Eigenschaft), sondern schleicht sich an oder wartet auf den richtigen Augenblick. Entwischt ihm das Objekt seiner Begierde, lässt er ab und konzentriert sich auf eine bessere Gelegenheit. Auch davon, meine ich, können wir etwas lernen.
Die Tiger-Strategie greift einige Eigenschaften des Tigers auf und führt Sie in fünf Schritten zu einer erfolgreichen Stressbewältigung:
Der Tiger: auch im Ruhezustand hellwach
Im Zusammenhang mit Stressbewältigung reden wir von Achtsamkeit, wenn wir den Zustand von Aufmerksamkeit, völliger Präsenz und klaren Wachseins beschreiben wollen. Die Praxis der Achtsamkeit führt Sie vom unbewussten Denken, Fühlen und Handeln zu einer stärkeren Selbst- und Fremdwahrnehmung, die Ihnen ein selbstbestimmtes und angemessenes Handeln ermöglicht.
Der Tiger kennt seine Möglichkeiten
Außerhalb Ihrer selbst gibt es zahlreiche Stressbewältigungs-Strategien und -Konzepte, die Sie sich aneignen und angewöhnen können, um gelassener zu werden. Wir stellen Ihnen die bewährtesten Methoden und Konzepte vor und Sie können herausfinden, was für Sie am besten passt. Mit den beigefügten Audio-Dateien können Sie eine der wichtigsten Methoden, den Body-Scan, gleich ausprobieren.
Der Tiger kennt seine Kraft
Jeder von uns verfügt über Potenziale, die er zur Bewältigung der täglichen Anforderungen einsetzen kann. Finden Sie heraus, über welche Potenziale Sie verfügen und wie Sie diese hilfreich in Ihr persönliches Konzept der Stressbewältigung integrieren können.
Der Tiger pflegt seinen Körper
Sie bewegen sich gerne und essen gerne gut? Dann wird es Sie freuen zu hören, dass regelmäßige Bewegung und bestimmte Ernährungsweisen Ihren Stress effektiv senken und damit Ihre Maßnahmen zur Stressminderung lust- und wirkungsvoll unterstützen.
Der Tiger hat ein Gefühl für den richtigen Zeitpunkt
In unserem Leben spielt Zeit eine große Rolle. Ein alltagstaugliches Zeitmanagement, das nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität von Zeit berücksichtigt, schafft wieder mehr Freiraum im Alltag.
Nun denn: Setzen wir zum Sprung an!
In diesem Kapitel geben wir dem „Feind“ ein Gesicht, denn es ist bekannt, dass wir besser mit Dingen umgehen können, die wir verstehen, die wir kennen und die uns vertraut sind. Für Sie und in Bezug auf unser Thema bedeutet das, dass Sie sich umso weniger Ihrer Stress-Entwicklung ausgeliefert fühlen, je tiefgreifender Ihr Verständnis für die Gesamtzusammenhänge rund um Stress ist und je mehr Handlungsmöglichkeiten Sie für sich erkennen. Von manchen Menschen wird der Stress, dem sie sich ausgeliefert fühlen, als übermächtiger Dämon empfunden. Wenn wir dieses Bild aufnehmen, dann stellen Sie sich vor, wie dieser Dämon mit zunehmendem Wissen immer kleiner und kleiner wird. Am Ende wird er nicht verschwunden sein, aber er wird die Größe haben, mit der er im Zweifelsfall Opfer einer Fliegenklatsche werden könnte.
Lassen Sie uns zunächst über einige Begriffe sprechen, die in diesem Buch häufig vorkommen werden: Stress, Bewusstsein und die begriffliche Trinität Körper, Geist und Seele. Diese Worte sind im Allgemeinen mit ganz unterschiedlichen Vorstellungen behaftet, und so etwas kann leicht zu Verwirrungen führen. Zu verstehen, worüber wir reden, wird Ihnen zu einem tiefergehenden Verständnis der weiteren Ausführungen über Stress verhelfen.
Stress
Der Begriff Stress ist ein englisches Wort, das Druck oder Anspannung bedeutet. Bevor der Mediziner und „Vater der modernen Stress-Forschung“, Hans Selye (1907 – 1982), dieses Wort in die Psychologie einführte, war es ein physikalischer Ausdruck, der im Zusammenhang mit Materialtestungen in der Werkstoffkunde benutzt wurde. Es ging unter anderem darum, festzustellen, wie lange bestimmte Werkstoffe auf sie einwirkenden Belastungen standhalten konnten. Ein wirklich treffendes Bild bezüglich dessen, was ein Mensch an äußeren Einwirkungen aushalten kann, bevor er zusammenbricht. Übrigens schreibt Selye in seinem Lebenswerk, dass er allen Sprachen ein neues Wort geschenkt habe: Stress. Ich bin mir nicht sicher, ob er auf diese Errungenschaft wirklich stolz sein sollte. Immerhin erkannte bereits der römische Komödiendichter Plautus (250 – 184 v. Chr.), dass Nomen Omen ist.
Stress ist die ganzkörperliche Vorbereitung auf Kampf oder Flucht als Reaktion auf eine wahrgenommene Bedrohung, die sich der eigenen Einflussnahme zu entziehen scheint.
Bewusstsein
Wenn ich Ihnen jetzt verrate, dass unter Bewusstsein in der Internetenzyklopädie Wikipedia zu lesen ist: „Das Phänomen des Bewusstseins gilt als eines der größten ungelösten Probleme von Philosophie und Naturwissenschaft, während es im Bereich der Psychologie in Ansätzen eine gewisse Klärung erfahren hat“, dann wird klar, dass wir bei der Erklärung dünnes Eis betreten. In der Tat kann ich Ihnen leider keine kurze, präzise, allgemein anerkannte Definition liefern – so gerne ich das auch tun würde. Als Erstes möchte ich Wikipedia korrigieren, denn der Begriff des Bewusstseins ist mehrdeutig. Zum einen bezeichnet er einen Geisteszustand, wenn wir zum Beispiel sagen, dass jemand etwas bei klarem Bewusstsein getan hat. Zum anderen bezieht sich der Begriff auf die Inhalte des Bewusstseins. Das hier näher auszuführen würde den Rahmen dieses Buches sprengen, deshalb belasse ich es bei dieser Vereinfachung. Als Nächstes möchte ich der Wikipedia-Aussage widersprechen, dass es die Psychologie ist, die Ansätze für eine Klärung zu bieten hat. So wie es dort formuliert wird, erweckt es den Anschein, dass die Psychologen den Bewusstseins-Stein der Weisen gefunden hätten. Das stimmt aber nicht. Fundiertes und umfangreiches Wissen über dieses Thema findet man vor allem in den buddhistischen Lehren, ganz speziell in den Geistesschulungen des tibetischen Buddhismus. Wohl kaum eine andere Tradition hat sich – unabhängig von Religion übrigens – so intensiv mit der Erforschung des Bewusstseins beschäftigt wie die tibetischen Mönche. Sie haben uns wertvolle Einsichten und Übungen hinterlassen, die aufgrund ihrer zeitlosen Wirksamkeit heute von der modernen Psychologie adaptiert und erforscht werden. Das Kind bekommt dann einen anderen Namen, um es salonfähig zu machen. Es gibt inzwischen sogar weltweit Lehrstühle für Bewusstseinsforschung, die häufig von Neurowissenschaftlern besetzt sind. Ich kenne einige dieser Professoren persönlich; interessanterweise sind viele von ihnen Zen-Schüler. Die Ausführungen über das Bewusstsein aus den buddhistischen Lehren sind zu komplex, um sie hier darzustellen. Ich werde mich auf den verständlichen Ansatz des Psychoanalytikers Carl Gustav Jung (1875 – 1961) beziehen, der für ein einfaches Grundverständnis sehr hilfreich ist. Jung hat sich um die Erforschung des Bewusstseins und um alles, was damit zusammenhängt, verdient gemacht. Er unterscheidet drei Bereiche: das Bewusstsein, das Unterbewusstsein und das Überbewusstsein.
Das Bewusstsein wird von ihm als die deutliche Erfahrung des eigenen Denkens, Wahrnehmens und Handelns beschrieben. Weniger deutlich, beziehungsweise unbewusst, sind die psychischen Vorgänge, die von uns nicht wahrgenommen werden und die im Unterbewusstsein ihr „Schatten-Dasein“ führen. Dann ist da noch das Überbewusstsein. Das ist der Teil unserer selbst, in dem unsere moralischen und kulturellen Standardnormen verankert sind – sagen die Psychologen. In der Spiritualität wird dieser Begriff jedoch weiter gefasst und bezieht unsere Anbindung an das Göttliche im Menschen (überkonfessionell verstanden) mit ein. Insgesamt betrachtet, könnte man es vielleicht so ausdrücken:
Das Bewusstsein ist ein vielschichtiges Phänomen unseres persönlichen und überpersönlichen Wahrnehmens.
Körper, Geist und Seele
Dieses begriffliche Gefüge taucht im Kontext von Gesundheit und Stressbewältigung öfter auf, auch wenn keiner so recht weiß, was genau darunter zu verstehen ist. Was mit dem Körper gemeint ist, darüber dürfte Einigkeit bestehen – mit der Beschreibung dessen, was Geist und was Seele sind, kommen viele ganz schön ins Schwimmen. Geist und Seele werden häufig nicht klar voneinander unterschieden. Sie werden synonym für beispielsweise folgende Begriffe benutzt: Gedanken, Gehirn, Gott, kollektives Unbewusstes, Unterbewusstsein, Psyche, Ich, Ego oder Selbst. Wobei die meisten Menschen, die diese Worte verwenden, keine klare Vorstellung von deren Bedeutung haben, wie ich immer wieder feststelle. Es gibt auch keine klare und eindeutige Definition für Geist und Seele. Dennoch habe ich mir Gedanken darüber gemacht, weil es mir wichtig ist, dass wir wissen, worüber wir reden. Bitte beachten Sie, dass trotz aller Recherchen und Fachkompetenz meine Definition ebenso willkürlich ist wie alle anderen – sie erscheint mir jedoch praxistauglicher.
Wenn ich von Geist spreche, dann meine ich damit alles, was auf die mentalen Fähigkeiten unseres Gehirns, also zum Beispiel auf Gedanken, Absichten, Wahrnehmungen, Meinungen und Einstellungen – also kurz auf unsere gesamten kognitiven Fähigkeiten bezogen ist. Das können Sie sich vielleicht am besten merken, wenn Sie daran denken, was wir meinen, wenn wir über einen Menschen sprechen, der über hervorragende „geistige Fähigkeiten“ verfügt. Damit beschreiben wir ein cleveres Kerlchen. Keinesfalls meine ich im Kontext dieses Buches geistig im Sinne von geistlich. Das fällt für mich eher in den Bereich der Seele.
Das, was unter Seele oder seelisch zu verstehen ist, darüber zerbrechen sich schon seit Menschengedenken kluge Häupter den Kopf. Der antike Philosoph Aristoteles (384 – 322 v. Chr.) führte bereits vor über zweitausend Jahren in seinen Schriften „Über die Seele“ aus, dass es in jedem Sinne und in jeder Beziehung zu den allerschwierigsten Aufgaben gehören würde, zu gesicherten Erkenntnissen zu gelangen, was die Seele ist. Sehr viel weiter sind wir der Antwort auf diese Frage bis heute nicht. Ähnlich unklar, aber sehr poetisch drückt sich der Physiker Fritjof Capra in seinem Buch „Lebensnetz“ aus, wenn er schreibt: „Hinter all diesen Wörtern steht dieselbe uralte Intuition, dass die Seele (…) der Atem des Lebens ist.“ Etwas konkreter wurde der Psychoanalytiker Carl Gustav Jung, dem die Erforschung innerer Phänomene zeitlebens am Herzen lag. Er sagt, dass wir die Seele in dem Bereich angesiedelt sehen können, den er als das Kollektive Unbewusste bezeichnet hat. Es ist nach seiner Definition der Bereich, in dem wir alle auf eine bestimmte Art und Weise miteinander verbunden sind, der auch als gewaltige Erbmasse der Menschheitsentwicklung bezeichnet wird. Der Wissenschaftsphilosoph Ken Wilber, den ich dafür schätze, Dinge sehr präzise auf den Punkt zu bringen, schreibt darüber in seinem Buch „Einfach ‚Das‘“, dass die Seele eine überindividuelle Selbst-Empfindung ist, in einer Atmosphäre, die über das Konventionelle, Irdische hinausreicht. Er bezeichnet sie als ein tieferes Persönlichkeitssystem, als das tiefere persönliche Selbst.
Sie sehen, ich muss Ihnen hier eine klare Definition in einem Satz schuldig bleiben, aber ich hoffe, dass Sie zumindest ein Gespür für das bekommen haben, was mit Seele oder seelisch gemeint ist. Es ist auf jeden Fall etwas, das uns in unserem normal wahrgenommenen Menschsein übersteigt.
Körper, Geist und Seele machen unsere Gesamtheit als Mensch aus. Der Körper, der unser physisches Leben überhaupt ermöglicht, der Geist (engl. mind) als Bezeichnung unserer mentalen und emotionalen Fähigkeiten und die Seele (engl. soul) als Instanz, die uns mit etwas verbindet, das größer ist als wir selbst, und der auch unsere Spiritualität und Religiosität zugeordnet sind.
Sie werden später noch sehen, dass Sie sich nicht wirklich gesund fühlen können, wenn nicht alle diese Aspekte unseres Seins in ausgewogener Weise gelebt werden.
Was Ihnen wenig nutzt
Im Einführungskapitel habe ich gesagt, dass wir die Stressbewältigung als Weg verstehen sollten. Stellen Sie sich vor, Sie pilgern auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela. Nach allen Mühen und Strapazen sind Sie am Ziel (wenn man einmal davon absieht, dass der Weg oft auch schon das Ziel ist): Sie dürfen am Grab des heiligen Jakob stehen und seinen posthumen Segen entgegennehmen. Auf diesem Weg wird Ihnen allerhand begegnen und nicht alles und jeder wird Sie in Ihrem Vorhaben unterstützen – ganz im Gegenteil.
Damit Sie keine Ressourcen vergeuden, sich nicht auf Nebenwegen verirren und keine Abkürzungen nehmen, die sich später als Umwege entpuppen, werde ich Ihnen jetzt vorstellen, wovor Sie sich in Acht nehmen sollten und worauf Sie gelassen verzichten können. Denn wenn wir von Ressourcen reden: Für Gestresste sind sie knapp. Wem der Stresspegel bis zu den Ohren steht, der hat weder Zeit noch ein Übermaß an Energie, das er verschwenden könnte. Nichts können Sie in solch einer Situation weniger gebrauchen, als dass Ihre Zeit und Ihre Kraft mit Trivialitäten und Unnützem vergeudet werden.
Die Mär vom „guten“ Stress
Fangen wir gleich mit einer Vorstellung an, die zwar von der Stressforschung längst verworfen ist, die sich aufgrund emsigen Voneinander-Abschreibens aber so beharrlich hält wie ein eingetretener Kaugummi: das Postulat vom „bösen“ und vom „guten“ Stress, dem Eu-Stress und dem Dis-Stress. Um zu verstehen, wieso das Unsinn ist, müssen Sie sich nur einmal vorstellen, was bei Stress im Körper passiert. (Im Kapitel „Was bei Stress im Körper passiert“ gehe ich ausführlicher darauf ein.) Kurz gesagt werden sämtliche Organe zur Generalmobilmachung aufgerufen und unter anderem beginnt auch unser Herz zu rasen. Stellen Sie sich für unseren Zweck Ihr Herz als mechanische Pumpe vor, die von vornherein eine bestimmte Leistungsfähigkeit hat. Wenn Sie unter Stress stehen, dann vergeuden Sie in diesen Momenten eine Menge Herzschläge, die Ihnen am Ende möglicherweise fehlen. Und diese Menge an Herzschlagverbrauch ist immer gleich hoch: egal, ob Sie Ihren Stress als „Eu-Stress“ oder als „Dis-Stress“ bezeichnen. Wenn Sie Sport treiben, dann treiben Sie die Herzschläge zwar auch in die Höhe – aber senken letztendlich die Herzfrequenz, wodurch Sie wiederum Herzschläge „einsparen“. Wenn wir also schon polarisieren, könnte man es besser so ausdrücken: Stress kann eine motivierende, fördernde Funktion haben, wenn die Herausforderung zeitlich begrenzt ist, wenn sie uns als bewältigbar erscheint und wenn anschließend wieder ausreichend Möglichkeit für Entspannung vorhanden ist. Destruktiv wirkt Stress, wenn das Gegenteil der Fall ist: Ein Ende der Situation ist nicht in Sicht und unsere Ressourcen, um sie zu bewältigen, scheinen zu gering in Anbetracht der Größe der Aufgabe. Es ist also egal, ob wir Sex haben oder uns der Chef zusammenfaltet: Das Maß an Lebensenergie, das bei diesen emotionalen Eruptionen verbraucht wird, dürfte in etwa gleich hoch sein. Vergessen Sie deshalb die gängige Idee vom „guten“ und vom „schädlichen“ Stress.
Die „hilfreichen Engel“
In der Regel gibt es drei Sorten „hilfreicher Engel“ auf unserem Weg: Familienmitglieder / Freunde, Pseudo-Fachleute und Geschäftemacher. Alle drei gelten erwiesenermaßen häufig als kontraproduktiv.
Freunde und Familie
Ich habe mal eine interessante Studie über hilfreiche Unterstützung bei schweren Erkrankungen und Stress gelesen. Krebskranke wurden befragt, auf welche Ressourcen zur Bewältigung ihrer schwierigen Lebenssituation sie zurückgreifen und wie sie diese bewerten. Die Mehrzahl der Betroffenen verwies Tipps und Ratschläge von Familie und Freunden auf die letzten Plätze. Solche Einschätzungen lese ich auch häufig in den Büchern von Menschen, die sich mit einer schweren Erkrankung auseinanderzusetzen hatten, wie zum Beispiel das Buch „Mut und Gnade“ von Ken und Trya Wilber. Unsere Lieben wollen in der Regel wirklich nur unser Bestes. Vielleicht ist genau das das Problem. Deshalb: Schauen Sie genau hin, wo Familienmitglieder und Freunde hilfreich für Sie sind und wo nicht. Von Zeit zu Zeit werden Sie Grenzen setzen müssen, aber denken Sie daran: Manchmal ist ein Nein ein Ja zu mir selbst.
Pseudo-Fachleute
Berufsbedingt und immer noch auf der Suche danach, ob es im Bereich der Stressbewältigung vielleicht doch den Heiligen Gral der mühe losen und schnellen Hilfe gibt, habe ich im Laufe der Jahrzehnte unzählige Bücher gelesen, Internetseiten besucht und Seminare absolviert. Ich habe einiges dabei gelernt – vor allem, dass es häufig keine Fachleute sind, die den Menschen erzählen wollen, wo es langgeht. Stressbewältigung scheint im wahrsten Sinne des Wortes der Blind-Darm vieler Beratungsanbieter zu sein. Die Zeiten sind hart – man muss sehen, wo man bleibt, denken viele und bieten Ihnen gleich einen ganzen Bauchladen an Themen an. Da ist zum Beispiel eine Gesellschaft, die auf Suchtprävention spezialisiert ist, und es sieht so aus, als wenn sie auf diesem Fachgebiet wirklich eine gute Arbeit macht. Stressprävention bietet sie dann am Rande gleich mit an. Warum auch nicht? Es lässt sich viel Geld auf einem Gebiet machen, auf dem sich sowieso keiner auskennt – und das trifft auf das noch junge Fachgebiet der Stressbewältigung leider vollkommen zu. Im Bereich der Fachausbildungen sieht es auch nicht viel besser aus: Da wird ausgebildet, was das Zeug hält. Manche Institute bieten eine wahre Schwemme an unterschiedlichsten Fortbildungen an. Da bleibt die Frage offen, wie gut sich jemand auskennt, der von allem nur ein bisschen macht. Ich jedenfalls gehe mit einem gebrochenen Fuß nicht zu einem Fußpfleger, nur weil der etwas von Füßen versteht.
Ich kriege täglich semiprofessionelle Stress-Tipps und kluge Ratschläge vor die Augen, und es lässt mir manchmal schier die Haare zu Berge stehen, wenn diese Nichtfachleute „vom Leder ziehen“. Leider ist für einen Außenstehenden meistens weder auf den ersten noch auf den zweiten Blick zu erkennen, wer wie kompetent ist. Vielleicht ändert sich auf Dauer etwas durch die Aktivität der Deutschen Gesellschaft für Achtsamkeit e.V., die sich um verlässliche Qualitätsstandards in diesem Fachbereich bemüht.
Unser deutsches Branchenfernsprechbuch wirbt mit dem Slogan: „Vielleicht hätte sie jemanden fragen sollen, der sich mit so etwas auskennt.“ Genau darauf will ich hinaus. Gucken Sie genau hin, wie kompetent eine Person oder ein Unternehmen auf dem Gebiet ist, auf dem Sie fachkundigen Rat benötigen.
Geschäftemacher
Ihr Bestes wollen Ihre Lieben, so wie auch die Geschäftemacher – nur diesmal in Form Ihres Portemonnaie-Inhalts – und was eignet sich dazu besser als das Medium Internet? Zu Beginn des Internetzeitalters fand man hier und da noch Seitenbetreiber, die wirklich nur im Sinn hatten, hilfreich für andere zu sein, ihr Wissen und ihre Erfahrung mit ihnen zu teilen. Viele dieser Seiten wurden deshalb stark frequentiert. So lange, bis die Anbieter merkten, dass man damit richtig gut Geld verdienen kann. Das machte manchen Paulus zum Saulus. Die Eurozeichen in den Augen, vergaßen sie alle hehren Motive und kommerzialisierten ihre Seiten oder gaben sie an Unternehmen ab, die es für sie taten. Während man es hier und da wirklich noch mit Fachleuten der veröffentlichten Gebiete zu tun hatte, sind es heute vor allem Marketingfachleute, die nach dem Motto „Tue Gutes und rede drüber“ mit Pseudofachwissen Suchende auf ihre Seiten locken, um sie dort mit den verschiedensten Versprechen und Angeboten zu ködern. Fast überall müssen Sie sich anmelden, mit der Folge, dass Ihr E-Mail-Briefkasten anschließend mit Werbung zugemüllt wird. Und das nicht nur von der Site, auf der Sie sich angemeldet haben, sondern auch noch von zahllosen anderen. E-Müll für dich! Ob das erlaubt ist? Natürlich nicht. Dennoch gehört es zur Internet-Alltagsrealität. Ob ich Sie vor bestimmten Seiten warnen kann? Könnte ich schon, darf ich aber nicht. Was ich tun kann, ist aufklären, um Ihr ganz persönliches Unterscheidungsvermögen zu stärken.
Wenn Sie unter den Anforderungen Ihres Lebens in die Knie gehen und Hilfe suchend „Stress“ oder ähnliche Begriffe googeln, landen Sie auf den ersten Google-Seiten in der Regel nur bei kommerziellen Anbietern. Diese Anbieter haben mit ihren Seiten viel im Sinn, nur eines nicht: Ihnen wirklich effektiv zu helfen. Grundsätzlich ist auch nichts dagegen einzuwenden, wenn man sein Geld damit verdient, anderen zu helfen – das tun wir in unserem Fachzentrum auch. Das Problem liegt eher in der hinter allem stehenden Vision: Lautet die Hauptmotivation Geld oder Mensch? Markt und Wettbewerb sind von Experten ausgebeutet worden wie ein frisch gewaschenes, ausgewrungenes Hemd, von dem kein Tropfen Wasser mehr zu Boden fällt. Für viele Unternehmen ist es schwer, zu überleben und die Gehälter der Angestellten zu sichern, deshalb will ich das moralisch gar nicht werten. Ich möchte Ihnen jedoch dazu verhelfen, wach und sensibel für das zu werden, was Sie getrost in die Tonne treten dürfen und was wirklich hilfreich für Sie ist.
Die Spitzenreiter des Entbehrlichen
Jetzt werden wir erst einmal Ihre Unterscheidungsfähigkeit bezüglich Bauernschlauheiten, Binsenweisheiten, Trivialitäten und wirklich Hilfreichem trainieren. Viele scheitern genau an diesen Tipps, denn die meisten von ihnen sind genauso weit verbreitet wie kontraproduktiv. Im besten Fall stiften sie nur Verwirrung. Freuen Sie sich, denn Sie erwartet ein Mix aus Nachdenklichem, Groteskem, Absurdem – und Lächerlichem.
„Lachen Sie öfter mal.
Lachen ist die beste Medizin!“
Apropos lächeln: Beginnen wir doch gleich damit, dass Sie erst einmal lachen! Das befremdet Sie? Diesen Tipp fand ich auf einer Internetseite über Stress. „Lache, nimm dir Zeit, um Spaß zu haben“, fand ich auf einer anderen Site und in einem Buch. Ich weiß nicht, wie hoch Ihr Stresspegel ist, aber aus meiner täglichen Arbeit mit Menschen weiß ich, dass er bei vielen so hoch ist, dass sie solch einen Ratschlag auch wirklich als Schlag empfinden würden – und zwar mitten ins Gesicht. Viele Hilfesuchende stehen kurz vor dem Zusammenbruch. Sie sind verzweifelt und wissen oft nicht weiter. Ich habe versucht, mir vorzustellen, wie eine alleinerziehende, berufstätige Mutter mit drei Kindern darauf reagieren würde, wenn ich ihr diese Empfehlung geben würde. Ich schätze, an diesem Tag hätte ich sie das letzte Mal gesehen. Manchmal ist es nicht unbedingt der Rat an sich, der falsch ist. Es ist gut und gesund, viel zu lachen. Manchmal ist es der Kontext, in dem er gegeben wird. Dieser Tipp ist gut für im Wesentlichen ausgeglichene Menschen. Wenn es Ihnen gut geht und Sie nur ab und zu ein wenig mürrisch sind, dann denken Sie daran, dass Lachen die Gesundheit fördert und soziale Kontakte bereichert. Wenn es Ihnen schlecht geht, verzichten Sie darauf, sich als gekünstelter Li-La-Laune-Bär zur Karikatur Ihrer selbst zu machen. Sie werden feststellen, dass auf Ihrem Weg einer systematischen Stressbewältigung zunächst das Lächeln und später auch die Freude und das Lachen von selbst zurückkehren.
„Wir versprechen Ihnen
schnelle und einfache Lösungen!“