Hast du Nein gesagt? - Miriam Suter - E-Book

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Miriam Suter

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Beschreibung

Jede fünfte Frau in der Schweiz ist von sexualisierter Gewalt betroffen, aber nur acht Prozent der Fälle werden zur Anzeige gebracht. Während das Sexualstrafrecht in der Schweiz eine Re form durchläuft, nehmen die beiden Journalistinnen Miriam Suter und Natalia Widla die Praxis unserer Polizei, Beratungsstellen und das Recht unter die Lupe. Ausgehend von den Geschichten dreier Frauen, deren Erfahrungen stellvertretend für viele andere Opfer stehen, werden Abläufe und Ansprechpersonen dargestellt, die Betroffenen von sexualisierter Gewalt ebenso zum Verhängnis wie zur Hilfe werden können. Suter und Widla führten Interviews mit Corina Elmer, Tamara Funiciello, Marcus Kradolfer, Agota Lavoyer, Karin KellerSutter und Bettina Steinbach. Von der Politikerin über die Opferberatungsexpertin bis zum Polizeischuldirektoren: Sie nehmen verschiedene Perspektiven ein und erläutern für die Debatte relevante Konzepte und Hintergründe. Das Buch setzt sich damit auseinander, welche Veränderungen es schweizweit in Institutionen und nicht zuletzt im Strafrecht braucht. Es schockiert, bestärkt, macht Hoffnung – und geht alle an.

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Jede fünfte Frau in der Schweiz ist von sexualisierter Gewalt betroffen, aber nur acht Prozent der Fälle werden zur Anzeige gebracht. Während das Sexualstrafrecht in der Schweiz eine Reform durchläuft, nehmen Miriam Suter und Natalia Widla die Praxis unserer Polizei und Beratungsstellen sowie das Recht unter die Lupe.

Ausgehend von den Geschichten dreier Frauen, deren Erfahrungen stellvertretend für viele Opfer stehen, werden Abläufe und Ansprechpersonen dargestellt, die von sexualisierter Gewalt Betroffenen zum Verhängnis als auch zur Hilfe werden können.

Suter und Widla führen Interviews mit Corina Elmer, Tamara Funiciello, Marcus Kradolfer, Agota Lavoyer, Karin Keller-Sutter und Bettina Steinbach. Von der Politikerin über die Opferberaterin bis zum Polizeischuldirektoren: Sie nehmen verschiedene Perspektiven ein und erläutern für die Debatte relevante Konzepte und Hintergründe. Das Buch setzt sich damit auseinander, welche Veränderungen es schweizweit in Institutionen und nicht zuletzt im Strafrecht braucht. Es schockiert, bestärkt, macht Hoffnung – und geht alle an.

© Rachel Buehlmann

Miriam Suter, geboren 1988 in Brugg, aufgewachsen im Fricktal, lebt und arbeitet in Aarau und Zürich. Sie ist Journalistin und produziert zusammen mit der Slam-Poetin Lisa Christ den feministischen Podcast «Faust & Kupfer». Sie ist Co-Autorin des Buchs «Ich bin Sexarbeiterin», das 2020 im Limmat Verlag erschien.

© Claude Hurni

Natalia Widla, geboren 1993 in Cham, wohnt und arbeitet seit 2014 in Zürich als freischaffende Journalistin («Das Lamm», «WOZ», «Fabrikzeitung», «an.schläge»). Sie hat Politikwissenschaften und Gender Studies in Zürich studiert und moderiert Anlässe zu feministischen Themen.

Miriam Suter & Natalia Widla

Hast du Nein gesagt?

Vom Umgang mit sexualisierter Gewalt

Vorwort von Franziska Schutzbach

Illustrationen von Jacek Piotrowski

Limmat Verlag

Zürich

Für uns

* Bei den Namen, welche mit einem Stern versehen sind, handelt es sich um ein Pseudonym.

Inhalt

Vorwort

Warum gibt es dieses Buch?

Die Polizei

Lena: «So geht man doch nicht mit einer Überlebenden um»

Das (anfängliche) Schweigen der Polizei

Bettina Steinbach: «Im Prinzip passiert in den Einvernahmen noch einmal das Gleiche wie bei den Taten»

Die polizeiliche Ausbildung: «Oftmals reicht es schon zu sagen: Wir müssen diese Fragen stellen, damit wir Ihnen zu Ihren Rechten verhelfen können»

Marcus Kradolfer: «Man kann nicht alle Missstände, die man in den Polizeikorps feststellt, auf die Grundausbildung abwälzen»

Die (Ex-)Polizistinnen: «Du riskierst ja deinen Job, wenn du nur daran denkst, Meldung zu erstatten»

Die Opferberatungsstellen

Jil: «‹Nein heisst Nein› hilft dir wenig, wenn du in dem Moment, in dem der Übergriff passiert, kein Wort herausbringst»

Agota Lavoyer: «Es gibt wirklich viele misogyne Vorurteile»

Corina Elmer: «Wir stellen uns parteilich auf die Seite der Opfer»

Das Opferhilfegesetz: eine feministische Revolution?

Das Recht

Mina: «Es spielt eine so grosse Rolle, wer dir gegenübersitzt»

Tamara Funiciello: «Es gibt mehr Frauen in meinem Umfeld, die vergewaltigt wurden, als solche, die es in Führungspositionen schaffen»

Nur acht Prozent erstatten Anzeige

Karin Keller-Sutter: «Dass es für eine Vergewaltigung keine Nötigung mehr braucht, ist ein wichtiger Fortschritt»

Verzeichnis der Opferberatungsstellen

Dank

Vorwort

von Franziska Schutzbach

Im Jahr 1903 besuchte Leoti Blaker, eine junge Touristin, New York. Als sie mit der Postkutsche durch die Stadt fuhr, setzte sich ein Mann neben sie. Dieser liess sich vom wackelnden Wagen gegen die junge Frau drängen und legte bald auch seinen Arm um ihre Taille. Blaker zückte daraufhin ihre Hutnadel und stach auf den Mann ein, der die Flucht ergriff. In der folgenden Zeit berichteten Zeitungen über Vorfälle im ganzen Land, bei denen Frauen sich gegen öffentliche Belästigungen mit Hutnadeln zur Wehr setzten, und bald schon begann eine hitzige Debatte. Während Frauenrechtlerinnen für das Tragen von Hutnadeln zur Selbstverteidigung eintraten, berichteten verschiedene Zeitungen von der «Hatpin Peril», der «Hutnadelgefahr», und erklärten den öffentlichen Raum zur Gefahrenzone für Männer.

Es war eine Zeit, in der Frauen sich im öffentlichen Raum zunehmend Freiheiten erkämpften – indem sie etwa beanspruchten, alleine unterwegs zu sein, ohne Begleitung von Familie und Männern. Diese Freiheit wurde allerdings durch regelmässige Übergriffe immer wieder bedroht und eingeschränkt. Doch anstatt diese Übergriffe ernst zu nehmen, wurde um 1909 die Hutnadel zur internationalen Gefahr erklärt, auch Polizeichefs in europäischen Metropolen wie Hamburg, Paris oder London versuchten, die Länge von Hutnadeln zu regulieren. In Chicago und vielen anderen Städten wurden sogar Gesetze gegen das Tragen von Hutnadeln verabschiedet, während kaum etwas gegen die Belästigungen und Übergriffe unternommen wurde. An manchen Orten kam es deshalb zu Protesten, in Sydney wurden sechzig Frauen inhaftiert, weil sie sich weigerten, eine Geldstrafe dafür zu zahlen, dass sie Hutnadeln getragen hatten.

Die Hutnadel-Geschichte verweist auf ein uraltes Problem, wenn es um sexualisierte Gewalt und Belästigung geht: die Täter-Opfer-Umkehrung und die Weigerung, Gewalt gegen Frauen als systemisches Problem anzuerkennen. In der Täter-Opfer-Umkehrung wird das Opfer implizit oder explizit für die erfahrene Gewalt verantwortlich gemacht. Oder wie beim Hutnadel-Beispiel werden die eigentlichen Täter sogar zu Opfern umgedeutet, und die Opfer wiederum erscheinen als die Aggressoren.

Natürlich sind wir im Vergleich zu 1903 an einem anderen Punkt. Frauen bewegen sich selbstverständlich im öfentlichen Raum, Übergriffe gelten als Straftat und durch breite gesellschaftliche Debatten wie MeToo und feministische Mobilisierungen ist es Betroffenen zunehmend möglich, über Gewalterfahrungen zu sprechen. Auch ist der Schutz vor sexualisierter Gewalt mittlerweile ein Thema staatlicher Politik und internationaler Menschenrechtsorganisationen – und nicht mehr «Privatsache». Diese veränderte Wahrnehmung ist vor allem der unermüdlichen Arbeit von Aktivist:innen, Journalist:innen sowie Frauenhäusern und Beratungsstellen zu verdanken. Seit den späten 1980er-Jahren sind in vielen Ländern auch umfangreiche Gesetze und auf EU- und UNO-Ebene politische Massnahmenkataloge zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen entstanden. Ihre schrittweise Umsetzung war begleitet von grossen Untersuchungen zu Ausmass, Formen, Ursachen und Folgen der Gewalt.

Die Schweiz und viele andere Länder unterzeichneten 2018 die Istanbul-Konvention und verpflichteten sich damit, Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen – allerdings bestehen in der Schweiz massive Lücken bei der Umsetzung. Ferner steht eine Reform des Sexualstrafrechts an, bei der die Zustimmungslösung – «Nur Ja heisst Ja» – das bisherige «Nein heisst Nein»-Prinzip ablösen soll. Damit soll bei strafrechtlichen Untersuchungen dem Umstand Rechnung getragen werden, dass Opfer von sexuellen Übergriffen sich oft nicht wehren können, sei es aufgrund einer körperlichen Schockstarre (Freezing), aus Angst vor noch mehr Gewalt oder aus Scham – diesen Situationen kann die «Nein heisst Nein»-Regelung nicht gerecht werden.

Diese Entwicklungen sind vergleichsweise neu. Es ist beschämend, sich daran zu erinnern, dass Vergewaltigung in der Ehe noch bis ins Jahr 2004 in der Schweiz keine Straftat war. In der damaligen Debatte zum gesetzlichen Verbot der Vergewaltigung in der Ehe waren zahlreiche Politiker noch der Meinung, zur ehelichen Pflicht der Frau gehöre die Duldung des Geschlechtsverkehrs auch ohne eigenen Wunsch. Aus diesem Grund sei es falsch, den Tatbestand der Vergewaltigung auf ehelichen Verkehr zu erweitern.

Einstellungen wandeln sich nur langsam. Auch heute zeigen umfangreiche empirische Untersuchungen in den westlichen Industriestaaten, dass das Ausmass der verübten Gewalt weiterhin hoch ist. Besonders im privaten Umfeld von Ehe oder Partnerschaft, Bekannten- und Freundeskreis laufen Frauen Gefahr, Opfer von Gewalt zu werden. Die Untersuchungen zeigen, dass die Anspruchshaltung gegenüber Frauen, sexuell verfügbar zu sein, weiterhin besteht und Vergewaltigungsmythen nach wie vor weitverbreitet sind. Ein typischer Vergewaltigungsmythos ist etwa die Annahme, Frauen würden Übergriffe durch ihr Verhalten «provozieren» oder seien selbst schuld daran, weil sie Alkohol trinken, einen kurzen Rock tragen oder sich nicht ausdrücklich wehren. Ein ebenfalls bis heute beliebter Mythos besagt, Frauen würden eigentlich Ja meinen, wenn sie Nein sagen: Eine Frau, die sich «ziert», will angeblich «erobert» werden. Solche Vorstellungen sind jahrhundertealt und lösen sich nicht in kurzer Zeit auf. Vielmehr bilden sie gewissermassen die Grundlage unserer abendländischen Kultur; das zeigen etwa die vielen patriarchalen Vorstellungen über Sexualität, Gewalt und Geschlecht in der griechischen Mythologie. In Ovids «Metamorphosen» verfolgt Apollon, der Gott des Lichts, die Nymphe Daphne. Sie flieht und versucht, zu entkommen. Er aber interpretiert ihr Nein als ein Ja. Es ist Daphnes Abweisung, so heisst es in der Erzählung, die Apollon anspornt: «Reizender macht sie die Flucht.» Wir lernen: Daphnes Verweigerung legitimiert die Vergewaltigung, der «Reiz» des Opfers ist schuld an der Gewalt des Täters.

Zuletzt ist auch bis heute die Annahme verbreitet, Frauen würden Männer fälschlicherweise beschuldigen. Nicht nur die Hutnadelträgerinnen um die Jahrhundertwende wurden als «Gefahr für die Männer» betrachtet, auch MeToo wird immer wieder als «Hexenjagd» gegen Männer verunglimpft. Allerdings zeigen die Zahlen eindeutig, dass Falschbeschuldigungen verschwindend selten sind und vor allem, das ist wichtig zu verstehen, bei Sexualstraftaten keinesfalls öfter auftreten als bei anderen Delikten. Anders ausgedrückt: Frauen, die sich wehren, wurden und werden als Gefahr eingestuft. Anstatt über die Ursachen von Übergriffen zu reflektieren oder sie zu bekämpfen, wird auch heute noch argumentiert, Frauen sollten sich doch einfach anders verhalten.

Solche Denkweisen lassen sich auch in der Justiz, bei der Polizei und in der Politik beobachten. Dieses Buch macht sich auf Spurensuche in den staatlichen Apparaten und ihren Handlungsweisen: Warum wird das Thema in den Schweizer Institutionen der Justiz und der Polizei trotz aller Fortschritte und politischer Abkommen so zögerlich aufgegriffen? Warum werden so wenige Fälle sexualisierter Gewalt überhaupt zur Anzeige gebracht? Wie kann es sein, dass Opfer oft noch immer keine adäquate Unterstützung erhalten? Miriam Suter und Natalia Widla beleuchten in diesem Buch die Lücken, Missstände, Mythen, Vorurteile und Nachlässigkeiten, die nicht nur die angemessene Unterstützung von Opfern verhindern, sondern einer systematischen Bekämpfung sexualisierter Gewalt im Allgemeinen im Weg stehen.

Ein zentraler Punkt, der einen institutionell nachhaltigen Umgang mit sexualisierter Gewalt verhindert, ist, dass diese Gewalt oft als pathologische Ausnahme und nicht als strukturelle Regel angesehen wird. Feministinnen verwiesen ab den 1970er-Jahren darauf, dass (sexualisierte) Gewalt gegen Frauen keineswegs am Rande der Gesellschaft vorkomme und auch nicht lediglich ein durch die Persönlichkeit und das Verhalten Einzelner hervorgerufenes Phänomen, sondern etwas Alltägliches sei. Das heisst, Gewalt an Frauen ist «Normverlängerung» und keine «Normverletzung», wie es die Soziologin Carol Hagemann-White formulierte. Denn letztlich ist sie Ausdruck der «normalen», also der bis heute wirksamen Geschlechterungleichheit.

Gesetzlich sind Frauen und Männer heute gleichgestellt. In der Realität ist das Geschlechterverhältnis jedoch bis heute hierarchisiert; Frauen haben zwar auf einigen Ebenen aufgeholt, trotzdem sind sie im Verhältnis zu Männern nach wie vor benachteiligt, haben weniger Geld und Ressourcen, weniger Macht, weniger Einfluss, leisten mehr unbezahlte Arbeit und befinden sich häufiger in Abhängigkeit von Männern als umgekehrt. Nicht zuletzt sind sexistische, das heisst abwertende Einstellungen und Vorurteile gegenüber Frauen nach wie vor verbreitet.

Auch internationale Massnahmenkataloge halten den Zusammenhang zwischen Geschlechterungleichheit und Gewalt in ihren Programmen mittlerweile fest: Die Istanbul-Konvention verpflichtet dazu, in die Gleichstellung im Allgemeinen zu investieren, denn ohne Gleichstellung bleiben auch Präventionsmassnahmen gegen Gewalt wirkungslos. Ein konkretes Beispiel: Da Frauen insgesamt weniger verdienen, bleiben sie oft abhängig von Männern und können folglich nicht aus gewalttätigen Beziehungen aussteigen. Die Investition in Lohngleichheit und die Verbesserung von Löhnen in so genannten «Frauenjobs», das heisst die Verbesserung der sozialen Situation von Frauen insgesamt, wäre also eine Voraussetzung für gelingende Gewaltprävention.

Da all das nun längst bekannt, formuliert und festgehalten ist, warum wird es dann nicht oder nur zögerlich umgesetzt? Die Sozialpsychologie hat vielfach gezeigt, dass dem vorherrschenden bürgerlichen heterosexuellen Glücksversprechen die Entstehung männlicher Gewalt- und weiblicher Duldungsbereitschaft innewohnt. Eine abwertende Einstellung gegenüber Frauen ist, wie unter anderem Rolf Pohl ausführt, eine «normale» Begleiterscheinung männlicher Sozialisation, auf die dann Gewalttäter in extremer Form zurückgreifen. Die weitverbreitete abwertende Sicht auf Frauen bereitet also den Nährboden für Übergriffe. Extreme Auswüchse der Gewalt gegen Frauen oder männliche Gewaltbereitschaft sind also keine bedauerlichen Ausnahmen, sondern haben ihre Wurzeln im «Normalen», im Selbstverständlichen, und genau deshalb ist auch die anhaltende Bagatellisierung von Gewalt oder das weitverbreitete Wegsehen so gut möglich.

Der argentinisch-brasilianische Theoretikerin Rita Segato zufolge verlangt das «Mandat der Männlichkeit» vom Mann, sich ständig als solcher zu beweisen. Die Herabwürdigung der Frau, ihre Vergewaltigung und Belästigung stützt diesen Beweis der Männlichkeit gegenüber anderen Männern. «Eine Alte» zu Hause zu haben, eine «flachzulegen», zu erobern und so weiter, bestätigt den männlichen Status. Männliche Initiation muss Potenz und Macht über Frauen beweisen, und zwar muss dieser Beweis vor allem gegenüber anderen Männern erbracht werden. Selbst dann, wenn ein Täter allein handelt, machen sich in seinem Geist andere Männer bemerkbar, die ihn auffordern, stark und überlegen zu sein. Es sind, wie Segato schreibt, die «Gesprächspartner im Schatten», es ist diese Kameradschaft, die Männer fordert, auf die Probe stellt, drängt. In dieser «heterosexuellen Matrix» wird die Autonomie und Souveränität des Mannes gegenüber anderen Männern durch die Unterwerfung oder Abwertung der Frauen bewiesen.

Einer der ersten Schweizer Geschlechterforscher, Alberto Godenzi, beschrieb schon in den 1990er-Jahren, was männerdominierte Kreise und Orte mit Männern machen: Männer, die häufig in exklusiv männlichen Kreisen verkehren, neigen besonders dazu, (sexualisierte) Gewalt gegen Frauen zu bagatellisieren. Wir brauchen nicht von Männerbünden zu sprechen, es reicht, daran zu erinnern, wie gross der Druck unter Männern sein kann, es den Frauen zu zeigen, Frauen lächerlich zu machen, oder anders formuliert, wie oft Männer von Männern Unterstützung für frauenabwertende Ansichten bekommen. Je mehr Männer beieinander sind und je homogener die Zusammensetzung einer Gruppe ist (das heisst je weniger Frauen), desto grösser ist die Tendenz und der Druck, Übergriffe oder Abwertung von Frauen zu tolerieren oder gar selbst zu begehen. Schon als Kinder werden Jungen als «Pussy» oder «schwul» abgetan, wenn sie nicht bei männlichen Spielchen oder Ritualen mitmachen. Spielverderber und Verräter sind unbeliebt und werden als Nestbeschmutzer angegriffen. Wer ausschert, wird zum Aussenseiter.

Die Opfer eines solchen «Mandats der Männlichkeit» sind auch die Männer selbst. Ihr Wettbewerb, das Sich-untereinander-beweisen-Müssen ist ein permanenter Stress, der ihnen ein Leben lang eine Reihe von schmerzhaften Mutproben abverlangt, die in vielen Fällen zum frühzeitigen Tod führen. Der Auftrag, männlich zu sein, macht sie zu Aggressoren gegenüber allem Schwachen und Weichen und damit auch gegenüber sich selbst.

Wir haben es ferner mit einem historisch gewachsenen Verfügungsverhältnis zu tun, in dem Männern bestimmte Besitzansprüche über Frauen attestiert wurden. Bis vor kurzem war dieses Besitzverhältnis noch institutionalisiert, im Zuge der ehelichen Verfügung über die Frau «gehörte» die Frau quasi dem Mann, sie durfte ohne sein Einverständnis nicht arbeiten, sie konnte straffrei von ihrem Mann vergewaltigt werden, Scheidung war nur möglich mit einem Schuldspruch. Die weibliche Reproduktionsarbeit, der Körper der Frau, ihre Sexualität wurden als Eigentum des Mannes betrachtet. Diese Situation ist gesetzlich zwar überwunden, nicht aber gesellschaftlich. Deshalb spricht die Philosophin Eva von Redecker von einem «Phantombesitz» – der Besitzanspruch wird immer noch geltend gemacht, auch wenn er gesetzlich abgeschafft ist.

Letztlich handelt es sich um eine grundlegende Struktur der Verdinglichung, die nicht nur im modernen Geschlechterverhältnis wirksam ist, sondern auch im Verhältnis zur Natur, in der Ausbeutung von Lohnarbeit und in der Geschichte von Rassismus und Kolonisierung. Es existiert also eine patriarchale und nicht zuletzt kapitalistisch-kolonialistische Prägung, die einen Anspruch auf Aneignung geltend macht und in anderen Menschen Anzueignende, zu Erobernde sieht.

Nun wird diese Struktur der Aneignung zunehmend infrage gestellt. Frauen holen auf, sie wehren sich, sind laut, entziehen sich der Verfügung und werden nicht zuletzt zu Konkurrentinnen im öffentlichen Diskurs und auf dem Arbeitsmarkt. Mit Emanzipationsschritten geht immer auch die Drohung eines Backlash einher: Frauen, aber auch queere und andere minorisierte Menschen sollen auf ihre Plätze verwiesen werden. Gleichzeitig erleben wir ökonomische Krisen, die den männlichen Status, der traditionell auch über Lohnarbeit hergestellt wird, gefährden. Der ökonomische Kollaps der Männer ist gefährlich, das wankende Patriarchat ist gefährlich. Femizide häufen sich sogar international betrachtet: Es findet ein «Krieg gegen Frauen» (Verónica Gago und Rita Segato) statt, in dem die Re-Souveränisierung von Männlichkeit in Zeiten grosser Umbrüche, tatsächlicher und befürchteter Prekarisierung und Statusverlustängsten betrieben wird.

Gewalt gegen Frauen wird also auch eingesetzt, um die heterosexistische, binär strukturierte Geschlechterhierarchie zu erhalten und männliche Vorherrschaft abzusichern oder wiederherzustellen. Der US-amerikanische Attentäter Eliot Rodger, akademischer Herkunft übrigens, tötete Frauen, weil sie seine sexuellen Ansprüche nicht erfüllten. Die 27-jährige Mary Spears wurde erschossen, weil sie sich geweigert hatte, einem Fremden ihre Telefonnummer zu geben. Wenn Frauen Nein sagen, mehr Freiheit und Unabhängigkeit beanspruchen, laufen sie Gefahr, ermordet zu werden. Besonders drastisch kommt das auch bei Erhebungen zum Ausdruck, denen zufolge die meisten Morde an Frauen im Moment einer Trennung verübt werden, wenn also eine Frau sich anmasst, die Beziehungsansprüche eines Mannes nicht mehr zu erfüllen und ihren eigenen Weg zu gehen. Gewalt gegen Frauen findet aber auch in vermeintlich harmlosen Situationen statt: Frauen, die auf Catcalling nicht reagieren oder Abneigung signalisieren, werden nicht selten beschimpft. Ähnlich verhalten sich User im Internet, wenn Frauen ihnen Aufmerksamkeit verweigern oder bestimmte kommunikative Erwartungen nicht erfüllen.

Die Perspektiven auf Gewalt im Geschlechterverhältnis haben sich in der Forschung, im Aktivismus und den gesellschaftlichen Debatten immer mehr diversifiziert, in den vergangenen Jahren sind neben Kindern auch Männer als Opfer sexueller Gewalt in den Fokus gekommen, weiter queere und trans Menschen, Menschen mit Behinderung und andere. Es braucht hier noch weitere spezifische und intersektional orientierte Forschung und Massnahmen. Eine zentrale Achse bleibt aber nach wie vor die binäre Struktur der Männergewalt gegen Frauen. Unter anderem deshalb, weil die gesellschaftliche Ordnung bis heute zentral entlang der binären Mann-Frau-Achse organisiert und konstruiert wird (auch wenn die tatsächlichen Lebenspraxen vielfältiger sind). Das heisst, die Einteilung in «weiblich» und «männlich» ist nach wie vor wirksam und produziert eine hierarchische Ordnung zwischen diesen beiden Polen und Gruppen, die spezifische Arten der Diskriminierung oder Privilegierung hervorbringt oder eben (sexualisierte) Gewalt. Diese Ordnung, dieses binär-geschlechtliche Gewaltverhältnis wirkt sich natürlich nicht auf alle Menschen gleich aus und muss in Zusammenhang mit anderen Ungleichheiten wie Rassismus, sozialen Ungleichheiten, Behinderung und so weiter betrachtet werden, aber gleichwohl wirkt es sich eben auf alle aus.

Dieses Buch zeigt, warum Gewalt gegen Frauen in der Schweiz auch heute noch ein Problem ist und welche Massnahmen bei der Polizei, im Strafrecht und Strafverfahren und seitens der Politik ergriffen werden müssten, um das zu ändern. Es zeigt aber auch, welche fundierten Expertisen und Akteur:innen es heute schon gibt, die Hilfe leisten und Wissen verbreiten. Es ist deshalb nicht nur ein Buch der Kritik, sondern auch ein Buch der Ermächtigung. Es zeigt, wo und wie Frauen sich gegenseitig stützen und welche Arbeit feministische Bewegungen, NGOS, Beratungsstellen und Wissenschaftler:innen bis heute geleistet haben und noch immer leisten, damit das Problem der sexualisierten Gewalt endlich die Aufmerksamkeit und politische Sorgfalt erhält, die es benötigt.

Bibliografie

Gago, Verónica:

«Für eine feministische Internationale. Wie wir alles verändern», Unrast: Münster, 2021.

Godenzi, Alberto:

«Bieder, brutal. Frauen und Männer sprechen über sexuelle Gewalt», Unionsverlag: Zürich, 1989.

Hagemann-White, Carol:

«Strategien gegen Gewalt im Geschlechterverhältnis. Bestandsanalyse und Perspektiven», in:

Dies.; Kavemann, Barbara; Ohl, Dagmar:

«Parteilichkeit und Solidarität. Praxiserfahrungen und Streitfragen zur Gewalt im Geschlechterverhältnis», Kleine: Bielefeld, 1997, S. 15–116.

Ovidius Naso, Publius:

«Metamorphosen», lateinisch-deutsch, hg. von Erich Rötsch, Sammlung Tusculum, Artemis und Winkler: München, 1992.

Pohl, Rolf:

«Feindbild Frau. Männliche Sexualität, Gewalt und die Abwehr des Weiblichen», Offizin: Hannover, 2019.

Redecker, Eva von:

«Revolution für das Leben. Philosophie der neuen Protestformen», S. Fischer: Frankfurt am Main, 2020.

Schutzbach, Franziska:

«Die Erschöpfung der Frauen. Wider die weibliche Verfügbarkeit», Droemer: München, 2021.

Segato, Rita Laura:

«La guerra contra las mujeres», Traficantes de Sueños:

Madrid, 2016.

«Wider die Grausamkeit. Für einen feministischen und dekolonialen Weg», Mandelbaum:

Wien, Berlin, 2021.

Warum gibt es dieses Buch?

Miriam Suter: Dieses Buch gäbe es nicht ohne ein Telefongespräch mit dem Mediensprecher einer Kantonspolizei um das Jahr 2015. Ich arbeitete damals als Redaktorin bei der «annabelle» und recherchierte zu folgendem Fall: Eine Frau wurde im Parkhaus eines Flughafens von einem ihr unbekannten Mann verfolgt und belästigt. Daraufhin wollte sie bei der Polizei Anzeige gegen Unbekannt einreichen. Auf dem Polizeiposten wurde ihr gesagt, dass der Beschuldigte – sollte er denn gefunden werden – das Recht auf Akteneinsicht habe. Das bedeutet, er würde ihren Nachnamen und ihren Wohnort erfahren. Da die Frau einen ungewöhnlichen Nachnamen hat, den es in ihrem Wohnort nicht häufig gibt, kam sie ins Zögern. Sie wollte wissen, ob es eine Möglichkeit gibt, diese Akteneinsicht zu umgehen. Die Beamt:innen auf dem Posten verneinten und fragten die Frau, ob sie dennoch Anzeige machen wolle. Sie entschied sich dagegen. Zu gross war die Angst, dass ihr der zudringliche Typ zu Hause auflauern würde.

Als Journalistin wollte ich wissen, was es mit diesem Recht auf Akteneinsicht auf sich hat und wie viele Opfer von Übergriffen wohl aus Angst vor dem Täter von einer Anzeige absehen. Meine erste Anlaufstelle war die Kantonspolizei, die für den Fall dieser Frau zuständig war. Der kommunikationsverantwortliche Beamte konnte nicht nur meine Fragen nicht beantworten, er sprach mit mir auch in einem missbilligenden Tonfall. Hier der Moment, der mir bis heute Wort für Wort in Erinnerung geblieben ist.

«Wenn Sie mich zum Beispiel anzeigen, dann muss ich doch wissen, wo Sie wohnen.»

«Warum müssen Sie das wissen?»

«Ja, weil das mein Recht ist.»

«Aber was ist der juristische Grund dafür?»

«Eben, ich muss das einfach wissen.»

«…»

«Hören Sie, Frau Suter, Sie wissen ja auch, wie Frauen sein können.»

«Nein, wie denn?»

«Wenn die ein paar Cüpli zu viel getrunken haben, dann geschieht das ja schnell.»

«Was geschieht schnell?Dass Frauen Männer anzeigen?»

«Sie verstehen schon, was ich meine.»

«Ja, ich verstehe, was Sie sagen. Und ich hoffe, dass mir nie jemand wie Sie auf dem Polizeiposten gegenübersitzt, sollte ich eines Tages einmal eine solche Anzeige einreichen wollen.»

Dieses Gespräch vergass ich über die nächsten rund fünf Jahre nicht mehr. Was ist da los bei der Polizei? Was sagt es über den ganzen Polizeiapparat aus, wenn ein Mediensprecher, der diese Institution öffentlich vertritt, sich so frauenfeindlich äussert?

Ich fing an, bei Freundinnen, die Belästigungen erlebt hatten, genauer nachzufragen: Bist du zur Polizei gegangen? Was hast du dort erlebt? Hast du dich sicher und ernst genommen gefühlt? Ich hörte mich bei Opferberatungsstellen um, tauschte mich mit betroffenen Frauen über Social Media aus und vernahm immer wieder die gleiche Geschichte: Bei der Polizei mangle es an Sensibilität gegenüber von sexualisierter Gewalt Betroffenen.1

Zusätzliche Motive lieferten mir die Dissertation der Juristin Nora Scheidegger2 über den Reformbedarf des Schweizer Sexualstrafrechts und die Studie des Forschungsinstituts gfs. bern3 im Auftrag von Amnesty International Schweiz, die sich mit der Dunkelziffer von Vergewaltigungen gegenüber tatsächlich erfolgten Anzeigen beschäftigte. Im Sommer 2020 veröffentlichte ich schliesslich zusammen mit der Reporterin Karin A. Wenger eine Recherche darüber in der «Republik».4 Wir sprachen dafür mit Dutzenden Frauen, Opferberaterinnen, Anwält:innen – und auch, so gut es ging, mit der Polizei. Die Recherche fand derart Anklang, dass sie auf einigen Opferberatungsstellen gar ausgedruckt auflag und ich auf der Strasse auf den Text angesprochen wurde.

Aber: Sie deckte längst nicht alles ab.

Natalia Widla: In den letzten Jahren schrieb ich immer wieder journalistische Beiträge zum Thema sexualisierte Gewalt, sprach mit Betroffenen und setzte mich in verschiedenen Formen mit dem Thema Polizei und Justiz auseinander. Wiederholt bekam ich von Freund:innen, Interviewpartner:innen und Bekannten zu hören, dass sie nicht wüssten, wie sie im Fall erlebter oder hypothetischer sexualisierter Gewalt verfahren sollten. Man berichtete mir von Notrufen, auf die nicht eingegangen wurde, und von Informationen, die schlichtweg falsch waren. Ich führte Gespräche, in denen mir Personen beschrieben, wie sie sich bei Einvernahmen durch die Polizei nicht ernst genommen fühlten oder dass ihnen Fragen gestellt wurden, mit denen sie nichts anzufangen wussten, die sie verletzten, verstörten und retraumatisierten.

Was sich in der Schweiz juristisch als Frauen bezeichnete Personen teilweise anhören müssen, was sie erleben und welche beruflichen und emotionalen Strapazen sie durchmachen, bis sie nach einem Übergriff endlich die Chance haben, Gerechtigkeit zu erfahren, ist schier unvorstellbar. Dafür gibt es viele Gründe: gesellschaftliche Vorurteile gegenüber von sexualisierter Gewalt Betroffenen, Victim Blaming (auch Opfer-Täter-Umkehr genannt), Rape Culture (soziales Milieu, in dem sexualisierte Gewalt verbreitet und geduldet ist), Ressourcenknappheit bei Fachstellen und schlichtweg fehlendes Interesse und Engagement bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft und am Gericht. Gerade der Aspekt der polizeilichen Ausbildung weckte mein Interesse. Wie kann es sein, dass so viele Menschen negative Erfahrungen machen, während die Budgets laufend hochgeschraubt und die Lehrpläne überarbeitet werden? Liegen die Fehler bei den Institutionen, bei den Einzelnen oder doch woanders? Und sprechen wir von Strukturen oder von prominenten Einzelfällen?

Gleichzeitig wurde mir immer mehr bewusst, wie wenig präsent die Arbeit von Opferhilfestellen, deren Angebote, aber auch etwa die Ansprüche gemäss Opferhilfegesetz bei grossen Teilen der Bevölkerung bekannt sind. Dass man sich auch ohne eine Anzeige oder vor einer Anzeige bei einer Opferhilfestelle melden kann, dass die Beratung kostenlos ist, dass einem bestimmtes Recht und Ressourcen zugesprochen werden, scheinen viele schlichtweg nicht zu wissen. Warum nicht?

Immer wieder nahm ich mir vor, mich vertieft mit diesen Fragen zu beschäftigen, hinter die Fassaden von Institutionen und in die Lehrpläne von Polizeischulen zu blicken, das Opferhilfegesetz genauer zu betrachten und zumindest ein paar Antworten zu finden – und immer wieder vertagte ich dieses Vorhaben aus Ressourcengründen und weil ich eigentlich auch wusste, dass ein einzelner Artikel oder gar eine Artikelreihe diesen Fragen nicht gerecht würde.

Eines Tages im Frühjahr 2022 schlug Miriam mir vor, ein Buch zu schreiben, ich sagte sofort zu. Also haben wir gemeinsam dieses Buch geschrieben: Es ist ein weiteres Puzzleteil im Flickenteppich Schweiz in ihrem Umgang mit sexualisierter Gewalt an Frauen.

Dieses Buch konzentriert sich auf die ersten drei Berührungspunkte, denen von sexualisierter Gewalt Betroffene begegnen, wenn sie sich Hilfe holen und Anzeige erstatten möchten: die Polizei, die Opferberatungsstellen und das Sexualstrafrecht. Wir schreiben es im Herbst 2022, in einer heissen Phase in Bezug auf die Reform des Schweizer Sexualstrafrechts. Wenige Wochen vor der Abgabe des Manuskripts hat die Rechtskommission des Nationalrats für die «Nur Ja heisst Ja»-Regelung gestimmt. Diesem Entscheid voraus ging jahrelanges Engagement unter anderem von NGOS, Politiker:innen und Aktivist:innen; der grosse nationale Frauenstreik im Jahr 2019 dürfte ebenfalls eine Initialzündung gewesen sein für eine erneut erstarkte feministische Welle, die nach und nach auch das Bundeshaus erreicht. Im März 2023, wenn dieses Buch erscheint, wird hoffentlich bereits die nächste Etappe geschafft sein. Die Schweiz wäre dann das 15. europäische Land, das die sogenannte Zustimmungslösung kennt. Doch auch, wenn sich der Bundesrat für eine «Nur Ja heisst Ja»-Regelung entscheidet: Es bleibt noch viel zu tun. Eine Gesetzesanpassung bricht alte, verkrustete Strukturen nicht von heute auf morgen auf. Eine weiter reichende Veränderung ist dringend nötig.

Dieses Buch gibt es wegen derjenigen Frauen, die wir gut kennen, und derjenigen, die wir gar nicht kannten, die uns alle von ihren Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt und dem