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In "HEILWISSEN" entführt uns Hildegard von Bingen in die faszinierende Welt der mittelalterlichen Heilkunde, die sowohl spirituelle als auch physische Dimensionen umfasst. Ihr Werk erscheint im Kontext des 12. Jahrhunderts, einer Zeit, in der die Naturwissenschaften und die Mystik eng miteinander verwoben waren. Hildegard kombiniert in ihrer charakteristischen, poetisch-prägnanten Sprache botanische Kenntnisse mit tiefgehenden religiösen Einsichten und schafft so einen vielschichtigen Zugang zur Heilkunst, der die Beziehung zwischen Mensch, Natur und Göttlichem betont. Hildegard von Bingen, eine der bedeutendsten Frauen ihrer Zeit, war nicht nur eine Mönchin, sondern auch eine gelehrte Mystikerin, Komponistin und Botanikerin. Ihre visionären Erfahrungen und umfassenden Studien führten sie dazu, die Verbindung zwischen Körper, Geist und Seele als essenziell für das Wohlbefinden zu verstehen. Mit einem tiefen Verständnis für die natürliche Welt vermittelt sie, wie Heilung durch ganzheitliche Ansätze erlangt werden kann - eine Perspektive, die in der modernen Gesundheitsdiskussion neues Interesse findet. "HEILWISSEN" ist eine unverzichtbare Lektüre für jeden, der sich mit der Geschichte der Heilkunde auseinandersetzen möchte. Es lädt die Leser ein, tiefere Einsichten in die Praktiken und Überzeugungen des Mittelalters zu gewinnen und den verlorenen Dialog zwischen Medizin und Spiritualität neu zu entdecken. Dieses Werk inspiriert nicht nur Mediziner und Historiker, sondern bereichert jeden, der auf der Suche nach einem ganzheitlichen Ansatz zur Gesundheit ist.
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Das bis jetzt noch fast unbekannt gewesene medicinische Hauptwerk der Aebtissin Hildegard von Bingen (1098 bis ca. 1180) giebt uns über volksthümliche Heilkunde im 12. Jahrhundert so reichen Aufschluss, dass ich gern von der Erlaubniss Gebrauch mache, in diesen Heften eine Uebersetzung der für Mediciner interessanten Stellen abdrucken zu lassen. Von den Ansichten der Hildegard über Physiologie und Pathologie des Menschen gebe ich nur charakteristische Proben; ihre diätetischen und therapeutischen Vorschläge übersetze ich in reichere Auswahl. Die Uebersetzung ist möglichst treu: doch habe ich mich bei Anordnung und Wiedergabe der ohnehin kaum von Hildegard herrührenden Capitelüberschriften nicht immer nach der Vorlage gerichtet und habe die oft unerträgliche Breite der lateinischen Darstellung im Deutschen zu kürzen gesucht.
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…. Magen und Blase des Menschen nimmt Alles auf, womit er sich nährt. Wenn diese beiden zu viel Speisen und Getränke bekommen, verursachen sie im ganzen Leibe einen Sturm der bösen Säfte, wie die Elemente nach Art des Menschen.
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Denn zur rechten Zeit der Wärme und Kälte wirft der Mensch das Saatkorn aus, und dieses geht zur Frucht auf. Wer wäre denn so thöricht, bei zu grosser Sommerhitze oder Winterkälte zu säen? Und die Saat würde verderben und nicht aufgehen. So geht es mit den Menschen, die nicht die Reife ihres Lebensalters und die Zeit des Mondes in Betracht ziehen, sondern zu einer beliebigen Zeit nach ihrer Willkür zeugen wollen. Deswegen gehen ihre Kinder unter vielen Schmerzen körperlich ein. Aber wie sehr sie auch am Leibe schwach sind, Gott sammelt doch seine Edelsteine zu sich. Daher soll der Mann die Reife seines Körpers erwarten und nach den rechten Mondzeiten mit solchem Fleiss forschen, wie einer, der seine Gebete rein darbringt; auf dass er zur rechten Zeit einen Sohn zeuge und seine Kinder nicht elendiglich verkommen. Er soll nicht sein wie ein Mensch, der die Speise in sich schlingt, ein Vielfrass, der nach der rechten Essenszeit nicht fragt – sondern wie einer, der die rechte Zeit innehält, dass er nicht gierig sei. So muss es der Mensch halten und die richtige Zeit der Zeugung wahrnehmen. Der Mann suche das Weib nicht auf, wenn es noch ein Kind ist, sondern eine Jungfrau, weil sie dann reif ist; und er soll ein Weib erst berühren, wenn er einen Bart hat, weil er dann erst reif ist, einen Sprössling zu zeugen. Denn wer in Fressen und Saufen aufgeht, der wird oft in seinen Gliedern aussätzig und gebrestenhaft; wer aber mässig isst und trinkt, hat gutes Blut und gesunden Leib. So verstreut Jener, der immer wollüstig ist und in der Geilheit seines Körpers seinen Lüsten nachgeht, in dem Sturm seiner Zeugungslust unnütz seinen Samen und geht oft selbst mit seinem Samen zu Grunde. Wer aber seinen Samen richtig ergiesst, bringt es zur richtigen Zeugung.
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… Sumpfwasser, wo auch immer auf der Erde es sei, ist ganz wie Gift; denn es hat in sich die werthlosen und schädlichen Feuchtigkeiten der Erde und den giftigen Geifer der Würmer. Dies ist ganz schlecht zum Trunk und überhaupt zum Gebrauch der Menschen und kann nur zum Waschen dienen, wenn man es hierzu nehmen muss. Wer es aber aus gänzlichem Mangel an anderm Wasser trinken will, muss es vorm Genuss erst kochen und dann abkühlen lassen; auch kann man Brot, Speise und Bier, das mit ihm gekocht wird, in Maassen nehmen, weil man es durchs Feuer reinigt … Aber das Wasser von Brunnen, die tiefer in die Erde gegraben sind, so dass es steht und nicht ausfliessen kann, ist besser und angenehmer zur Speise, zum Trunk und anderem Gebrauch, als fliessendes Quellwasser. Im Vergleich zu Quellwasser ist es wie milde Salbe, da es nicht fortwährend ausfliesst und durch den milden Hauch der Luft erwärmt wird. Denn Quellwasser ist hart und widersteht daher den Speisen, so dass sie sich kaum erweichen und kochen lassen. Und da es ganz rein ist, hat es wenig Schaum und vermag darum die Speisen weniger so zu reinigen, wie anderes Wasser ……… Doch ist das Quellwasser leichter und reiner als Flusswasser, das durch Erde oder Sand oder Steine, über die es strömt, gereinigt wird. Zum Trunk taugt es, da es rein ist, und es ist auch hart und gesellt sich einigermaassen in seinen Eigenschaften dem Wein, doch ist es an Speisen für den Genuss schädlich und wegen seiner Härte auch beim Waschen den Augen. Aber das Wasser von Flüssen, die über die Erde fliessen, ist dick, weil es von der Sonne und der Luft getroffen wird, und ist voll Schaum und zum Trinken nicht gesund, da sich unterschiedliche Eigenschaften der Luft und der Elemente mit ihm mischen und es auch von dem Rauch und Nebel, der von gewissen ungesunden Bergen niedersteigt, inficirt wird … Wenn Menschen oder andere Geschöpfe das Wasser trinken, bringt es ihnen Tod oder macht die Glieder hervorstehen, weil es sie verbildet oder schwächt … Aber kleine und ganz klare Bäche, die von anderen Gewässern gleichsam wie Adern abfliessen, die sind vermöge ihres Ausflusses rein und recht nützlich zu jedem Gebrauch für Mensch und Vieh. Regenwasser aber ist hart und nimmt kranken Menschen Unrath, böse Säfte und Eiter, doch gesunden Menschen schadet es, weil es bei ihnen nichts zum Reinigen findet. Wenn es aber in Cisternen steht, wird es milder und ist für Gesunde und Kranke gut; doch is Quell-und Flusswasser viel besser u.s.w….
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