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Der Dramatiker Heiner Müller (1929–1995) war auch ein Meister des Bonmots und der überraschenden, oft listigen Erwiderung – das ist vor allem aus seinen Interviews bekannt. Der Band zeigt Müller nun erstmals als lebendiges Gedankenbild. In der Rückschau von Zeitgenossen und in immer wieder oft und gern kolportierten Anekdoten, die bereits in der kollektiven Erinnerung weitererzählt werden. Miniaturen zu einem Porträt des Künstlers mit Hintersinn. Mit großem Dank an Knut-Ove Arntzen, Tone Avenstroup, David Bathrick, Volker Braun, Margarita Broich, Frank Castorf, Gautam Dasgupta, Friedrich Christian Delius, Adolf Endler, Durs Grünbein, Hansgünther Heyme, Wladimir Koljasin, Mark Lammert, Katja Lange-Müller, Grischa Meyer, Thomas Oberender, Emine Sevgi Özdamar, Wolfgang Rindfleisch, Ljubiša Ristic, Christoph Rüter, Helmut Schödel, Bernd Stegemann, Wolfgang Storch, Stephan Suschke, Holger Teschke, Matthias Thalheim, B. K. Tragelehn, Lothar Trolle, Robert Wilson, Andrzej Wirth, Renate Ziemer – und Brigitte Maria Mayer. Wendefragen Eine TV-Talkshow. Frage: "Nach der Wende gab es doch viele Probleme. Leute verloren ihre Arbeit. Manche haben sich sogar umgebracht." HM: "Ja, aber es gab auch negative Entwicklungen." Die Postkarte Mitte der siebziger Jahre war HM für einige Zeit nach Hamburg gefahren und wurde an seinem Theater, dem Berliner Ensemble, mit Bangen zurückerwartet. Schließlich erreichte eine Postkarte die Kollegen: "Habe mich nun endgültig für den besseren deutschen Staat entschieden." Ein paar Tage später tauchte er im Theater auf – zum Erstaunen aller und insbesondere der guten Genossen, die ihn schon als DDR-Flüchtling abgeschrieben hatten. HM: "Wieso denn? Auf der Karte stand doch alles." Die Gefahr Lothar Trolle, dessen dramatische Arbeiten lange Zeit nur ausnahmsweise im Theater gespielt und noch seltener gedruckt wurden, erhielt von HM den Hinweis: "Nichts ist gefährlicher als der frühe Erfolg."
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Seitenzahl: 42
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Der Verlag Theater der Zeit und der Herausgeber danken dem Suhrkamp Verlag für die freundliche Unterstützung.
Heiner Müller – Anekdoten
Gesammelt und herausgegeben von Thomas Irmer
© 2018 by Theater der Zeit
Texte und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich im Urheberrechts-Gesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmung und die Einspeisung und Verarbeitung in elektronischen Medien.
Verlag Theater der Zeit
Verlagsleiter Harald Müller
Winsstraße 72 | 10405 Berlin | Germany
www.theaterderzeit.de
Lektorat: Erik Zielke
Gestaltung: Sibyll Wahrig
Coverabbildung: Einar Schleef „Heiner Müller mitGummihammer“, 1975. © VG Bild-Kunst
Fotoserie: Grischa Meyer (Da Heiner Müller der Einladung zu einer Konferenz in Toronto kurz vor seinem Tod nicht folgen konnte, ließ er eine Videoaufzeichnung für die Veranstaltung anfertigen. Die Bilder zeigen Heiner Müller bei seinem letzten Interview mit Ute Scharfenberg im Oktober 1995.)
Printed in the EU
ISBN 978-3-95749-121-3 (print)
ISBN 978-3-95749-127-5 (ePUB)
ISBN 978-3-95749-180-0 (ePDF)
Gesammelt und herausgegebenvon Thomas Irmer
mit zwei Erinnerungen vonKatja Lange-Müller und Lothar Trolle
„mit müller essen, bzw. trinken.müller unaufhörlich anekdoten redend /legenden, seine letzte kunstart.“
aus: Volker Braun: „Werktage 1990–2008“, Berlin: Suhrkamp Verlag 2014, S. 245
Vorwort
Verdienste
Die Postkarte
Heinz oder Heiner
Fünf Lieblingswitze von HM
Nomen est nomen
Trost
Genie und Geld
Mit der Brechtstange
These und Antithese
Mythos
Rechts oder links
Natürliche Mängel der amerikanischen Literatur
Inhalt und Form
Das richtige Auftreten
Das Rätsel Shakespeare
Preiswürdige Zähne
Der Gastgeber
Anstand
Postmodern
Zähne zeigen
Verfremdung
Wilsons Masken
Bildbeschreibung
Vermeidung
Unter der Gürtellinie
Entscheidende Fragen
Ost-westlicher Dialog
Vergleiche
Das Gefecht
Schreiben
Sächsisch ficken
Archäologie der Zukunft
Lehrstück
Tabakskollegium
Ansichtssache
Resümee
Rauschen
An die Nachgeborenen
Eloge
Aufs Ende zu
Heimat
In der Schule bekannt
Der ehrliche Kritiker
Schiffbruch
Schwierige Frage
Sicherheitshalber
Die Gefahr
Würdigung
Dschuhs 1972
Erste Besprechung mit dem Lektor
Der Großzerstörer
Verantwortung
Gespenst
Schutzwende
Gespräche
Die Vision
Gemeinsamer Nenner
Der richtige Klassenstandpunkt
Vorsehung
Landflucht
Verborgene Theatergeschichte
Oh, don’t ask why
Pars pro toto
Östliche Weisheit
Lost in translation
Besucher beschäftigen
Geschichte machen
Anatomie Renovierung
Origami
Der jugendliche Held
Diagnose
Flugtext
Gipfeltreffen
Ernährungssorgen
Rückblende
Flugasche aufs Haupt
Aufrecht
Himmel
Sowjet-Test
Doppelagent
Unbekannt in Russland
Dramatiker der Zukunft
Gegenseitige Wirtschaftshilfe
Hinterhältiger Bulgakow
Ein Topf Buchweizenbrei
Im Arsch
Kenntnis des Kritikers
Wendefragen
Besuch bei Heiner
Die Ente in der Flasche
Einen Anekdotenschatz zu hinterlassen, das ist ein Merkmal großer Persönlichkeiten. Die Anekdoten setzen im besten Fall ein Lebensbild zusammen, das die klassische Biografie ergänzt und mit ihr auf verschiedenen Ebenen korrespondiert. Nietzsche meinte sogar: „Aus drei Anekdoten ist es möglich, das Bild eines Menschen zu geben.“
Im Fall Heiner Müllers waren schon zu Lebzeiten zahlreiche Anekdoten im Umlauf. Wahrscheinlich deshalb, weil der Dichter zeitweise aus der Öffentlichkeit vertrieben wurde und damit selbst wie die Anekdote in ihren spätantiken Anfängen zu einer Art „geheimen Geschichte“ wurde. Und ganz bestimmt auch deshalb, weil Müller immer für eine originelle Erwiderung bekannt war, die es lohnte, weitererzählt zu werden. Ohnehin ist ja das Theatermilieu ein Tummelplatz des mündlichen Austauschs, die Kantine praktisch der Humus, auf dem Klatsch unter Umständen zu höherer Bedeutung gedeiht. Einiges wurde auch schon früh von Autorenkollegen aufgeschrieben, die damit Müller mit kurzem Strich zu porträtieren suchten. Anderes schwirrte gleichsam autorlos und nur mündlich tradiert über die Tische. Alles in allem ein reicher Schatz, zusammengesetzt aus vielen kleinen Stücken, deren vollständige Zahl – das gehört zum Wesen der Sache – sich nicht annähernd bestimmen lässt. Zumal der Dichter in seiner zweiten Lebenshälfte viel durch die Welt streifte und allerorten Anlässe für anekdotisches Material bot, auf dessen Erkundung hier einige Mühe verwendet wurde. Wir legen damit eine offene Sammlung vor, zu der jeder und jede Berufene noch das Eine oder Andere ergänzen möge, privat ganz für sich oder wünschenswerter Weise in künftig erweiterten Auflagen dieses Büchleins. Dazu passend: Heiner, warum sprichst du immer so leise? – Damit ich jedem etwas anderes erzählen kann. So dürfte es noch unendlich viel mehr geben.
Müller selbst war eine Quelle von Anekdoten, die er aus Lektüre und Gesprächen fischte und zu der ihm gemäßen pointierten Kurzerzählung formte, die dann – daran erkennt man die bewusste Formung – bei verschiedenen Gelegenheiten wiederholt zum Einsatz kommt. Dies ging einher mit seiner Vorliebe für Witze, von denen hier einige Lieblingsstücke aufgenommen wurden, da sie als Anekdoten anderer Art das Bild durchaus vervollständigen. Ein Fragment-Bild freilich, das aber bekanntlich mit der Poetik wie auch dem Selbstverständnis Heiner Müllers einiges zu tun hat. Viel Vergnügen!
Thomas Irmer
Berlin, Juni 2018
Anmerkung: Der Name Heiner Müller wird im folgenden mit dem Kürzel HM angegeben, auch weil ihm dies als Initial-Code für „Die Hamletmaschine“ sehr gefiel.
Mit großem Dank an
Knut-Ove Arntzen, Tone Avenstroup, David Bathrick, Volker Braun, Margarita Broich, Frank Castorf, Gautam Dasgupta, Friedrich Christian Delius, Adolf Endler, Durs Grünbein, Hansgünther Heyme, Wladimir Koljasin, Mark Lammert, Katja Lange-Müller, Grischa Meyer, Thomas Oberender, Emine Sevgi Özdamar, Wolfgang Rindfleisch, Ljubiša Ristić, Christoph Rüter, Helmut Schödel, Bernd Stegemann, Wolfgang Storch, Stephan Suschke, Holger Teschke, Matthias Thalheim, B. K. Tragelehn, Lothar Trolle, Robert Wilson, Andrzej Wirth, Renate Ziemer – und Brigitte Maria Mayer.