Heiße Gegensätze ziehen sich an - Reese Ryan - E-Book

Heiße Gegensätze ziehen sich an E-Book

Reese Ryan

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Beschreibung

Roarke Perry ist hingerissen von der süßen Annabel! Sie ist sexy und begeisterungsfähig - aber viel zu jung für ihn, findet der smarte Anwalt. Er sollte lieber die Finger von ihr lassen! Doch nach dem heißen Kuss, mit dem Annabel ihn bei ihrer ersten Begegnung überrascht, ist Roarke wie elektrisiert. Wider besseres Wissen lässt er sich von Annabel engagieren, um ihren untreuen Ex zu verklagen. Mehr allerdings kann zwischen ihnen nicht sein, das steht für Roarke fest. Dafür sind sie zu verschieden …

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Seitenzahl: 204

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IMPRESSUM

BACCARA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2019 by Harlequin Books S. A. Originaltitel: „Off Limits Lovers“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 2162 - 2020 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Julia Königs

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 12/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733726478

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Annabel Currin stand in einer ihrer Lieblingsboutiquen vor dem Spiegel. Nachdenklich musterte sie das Cocktailkleid, das sie vom Bügel genommen hatte. Sie musste sich von dem furchtbaren Streit mit ihrem Verlobten Mason Harrison ablenken – und von den Folgen dieses Streits, der sie vollkommen erschüttert hatte. Doch daran wollte sie jetzt nicht denken.

„Was sagst du?“ Annabel sah ihre Freundin Frankie Walsh im Spiegel an.

Frankie lächelte, und ihre grünen Augen funkelten. „Das helle Blau steht dir. Es bringt deine Haut richtig zum Leuchten, Annabel. In dem Kleid wirst du auf der Gala der Amerikanischen Krebsstiftung umwerfend aussehen. Warte nur, bis Mason dich darin sieht.“

„Meinst du wirklich?“ Annabel zog die Nase kraus und musterte ihre hellbraune Haut, das Ergebnis eines Vaters mit irischen Wurzeln und einer kenianischen Mutter mit wunderschöner dunkelbrauner Haut. Den Kommentar über Mason ignorierte sie. Seine Meinung bedeutete ihr momentan herzlich wenig.

„Auf jeden Fall. Dir steht alles. Du könntest zu der Gala auch ein übergroßes T-Shirt tragen, und schon würde jeder versuchen, dich zu kopieren.“

„Danke.“ Annabel schenkte Frankie ein warmes Lächeln, froh darüber, dass sie sich miteinander angefreundet hatten.

Sie hatte Francesca Walsh, einem Cowgirl auf der Currin Ranch, zu einem spontanen Umstyling verholfen, als diese mit Annabels älterem Bruder Xander ein großes Event besuchen wollte. In der kurzen Zeit, die seitdem vergangen war, hatte sich einiges geändert. Mittlerweile war Frankie mit Xander verlobt, und es hatte sich herausgestellt, dass sie die verloren geglaubte Erbin des Langley-Vermögens war.

Nach Xander und Frankies Verlobung hatte sich aus der flüchtigen Bekanntschaft zwischen Annabel und Frankie eine echte Freundschaft entwickelt. Frankie war so lebhaft und liebenswert; ihr Bruder hatte wirklich großes Glück, sie zu haben.

Stirnrunzelnd biss Frankie sich auf die Unterlippe.

„Was ist los?“, fragte Annabel.

„Wir sind noch nicht lange miteinander befreundet, also sag mir bitte, falls mich das nichts angeht …“ Frankie atmete tief ein. „Aber liegt dir irgendetwas auf dem Herzen?“

„Wieso fragst du?“ Annabel wandte sich wieder dem Spiegel zu, um ein letztes Mal das Kleid zu begutachten. Dann hängte sie es zurück an die Stange, neben die anderen Kleider, die sie als mögliche Kandidaten auserkoren hatte.

„Du wirkst so viel ruhiger als sonst. Gestern warst du richtig aufgeregt. Du sagtest, du hättest dieses tolle Riesengeheimnis, von dem du uns endlich erzählen wolltest. Aber heute bist du irgendwie … Ich weiß auch nicht.“ Frankie zog sich den langen Zopf über die Schulter. „Wie ein Luftballon, dem die Luft ausgegangen ist. Es kommt mir vor, als würdest du einfach nur mechanisch deinen gewohnten Tagesablauf abhaken. Und ich habe den Eindruck, dass das mit der Meinungsverschiedenheit mit Mason zusammenhängt. Die, über die du nicht sprechen willst. Ist bei euch alles in Ordnung?“

Annabel brannten Tränen in den Augen. Sie antwortete nicht. Stattdessen konzentrierte sie sich auf die Arbeit – den wahren Grund, aus dem sie hier waren. Um Filmmaterial für ihren beliebten Videoblog zu sammeln.

Als Modebloggerin hatte Annabel eine Menge Follower, und die Besitzerin der Boutique, die diese Folge sponserte, stellte ihr gratis ein Kleid für die Wohltätigkeitsgala am Wochenende zur Verfügung. Annabel verschenkte oft Umstylings an lokale Follower, wenn sie an Events der Mode- und Make-up-Industrie teilnahm. Doch sie hatte sich dazu entschieden, von nun an in größerem Rahmen die gute Fee zu spielen. Sie hatte beschlossen, eine Boutique mit dazugehörigem Kosmetiksalon zu eröffnen, das Fairy Godmother, wo sie Mode aus zweiter Hand verkaufen wollte. Dort sollten auch Umstylings angeboten werden. So könnte sie wesentlich mehr Leuten helfen.

Sie ignorierte die Frage ihrer Freundin und kümmerte sich stattdessen um die korrekte Beleuchtung. „Jetzt, da ich eine Vorauswahl getroffen habe, kann ich mich dabei filmen, wie ich jedes der Kleider wie zufällig entdecke.“

„Bin ich zu weit gegangen?“ Frankie bückte sich nach einem Scheinwerfer und holte ihn aus dem Transportkoffer.

„Nein, natürlich nicht. Ich schätze, du bist ein wenig zu gut in dieser ganzen Freundschaftssache.“ Annabel lachte nervös. Sie sah Frankie kurz an, ehe sie sich räusperte. „Hey, wenn ich dir etwas sagen würde, könntest du es dann für dich behalten? Du dürftest es nicht einmal meinem Bruder erzählen.“

Frankie überlegte einen Moment. „Es geht doch um nichts Gefährliches oder Lebensbedrohliches, oder? Also um nichts, das er unbedingt wissen müsste.“

„Nein, nichts dergleichen.“

Langsam breitete sich ein Lächeln auf Frankies Gesicht aus, und sie drückte Annabel den Arm. „Na dann: Natürlich.“

„Weißt du was, vielleicht wäre es besser, es dir einfach zu zeigen, wenn wir hier fertig sind.“ Annabel seufzte. Hoffentlich lief es nicht so ab wie mit Mason.

Mit Schmetterlingen im Bauch entriegelte Annabel das rostige Schloss und führte Frankie durch die Türen eines kleinen älteren Gebäudes, das einst ein beliebter Friseursalon gewesen war.

Verbrauchte Luft und ein penetranter Geruch nach Chemikalien hüllten sie ein, je tiefer sie in den Raum traten, und Staub tanzte im Sonnenlicht, das durch die dreckigen Schaufenster fiel.

„Dieser Laden soll mein neuer Salon werden, das Herz von Fairy Godmother.“ Annabel fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Es war direkt am Kopf eng geflochten, während die Längen ihr in losen Wellen über den Rücken fielen. „Ich habe außerdem das Gebäude nebenan gekauft, das mit diesem hier verbunden ist. Dort soll ein Geschäft für Vintage-Bekleidung entstehen. Doch hier finden die Umstylings der Kunden statt. Haare, Make-up, Nägel … Alles als bezahlter Service erhältlich, was es mir dann wiederum erlaubt, Frauen, die zurück auf den Arbeitsmarkt wollen, das Ganze gratis anzubieten.“

„Die Idee ist wirklich großartig, Annabel.“ Frankie strahlte. „Und das Haus ist unglaublich. Ich liebe alte Gebäude wie dieses. Wann wurde es gebaut?“

„1934. Daher auch der Art-déco-Stil.“ Annabel zeigte auf die geometrisch gemusterten Tapeten und den wundervollen Terrazzoboden.

„Das Haus sieht sicher toll aus, wenn es erst renoviert ist. Man könnte es gut mit ein paar Kunstwerken aus dieser Architekturperiode dekorieren“, sagte Frankie begeistert.

Sie konnte ihren Enthusiasmus offenbar kaum zügeln, seit sie durch die Tür getreten waren. Frankies Reaktion war das genaue Gegenteil von Masons, als Annabel ihm das alte Gebäude gezeigt und ihm ihre Pläne anvertraut hatte.

„Genau das dachte ich mir auch.“

Nachdem sie den früheren – und zukünftigen – Salon erkundet hatten, führte Annabel ihre Freundin durch das Gebäude nebenan.

Frankie umarmte sie. „Ich freue mich so für dich, Annabel. Das hier war dein Traum, und jetzt verwirklichst du ihn dir. Was hat Mason dazu gesagt?“

Annabels Freude und Aufregung verflogen. Sie sah nur noch Masons finstere Miene vor sich, spürte erneut seine absolute Enttäuschung. Ihr Magen zog sich zusammen.

Mason Harrison arbeitete für ihren Vater. Er war Manager bei Currin Oil und hatte dort innerhalb kürzester Zeit die Karriereleiter erklommen. Sie waren nun schon ein Jahr verlobt, und in wenigen Monaten stand ihre Hochzeit bevor. Doch er hatte wütend und abschätzig reagiert, als sie ihm von ihren Plänen erzählte.

„Ich habe ihn vor ein paar Tagen mit hierher genommen. Er hat mir vorgeworfen, dass ich mich wie ein gedankenloses kleines Mädchen verhalte. Seiner Meinung nach hätte ich erst ihn oder meinen Vater konsultieren sollen, ehe ich das Gebäude kaufe.“

„Er war sicher bloß überrascht.“ Frankie bemühte sich um einen beruhigenden Tonfall. „Er gibt bestimmt irgendwann nach.“

„Nein, das wird er nicht“, gab Annabel zu. Sie hatte einen Kloß im Hals. „Er will, dass ich sesshaft werde, wie eine ordentliche Ehefrau. Und er erwartet von mir, dass ich meinen kleinen Blog aufgebe, wenn wir erst verheiratet sind.“

„Deinen kleinen Blog? Du hast Hunderttausende Follower und Dutzende Sponsoren.“ Frankie verschränkte empört die Arme. „Du liebst das, was du tust, und du verdienst gutes Geld damit. Wieso erwartet Mason von dir, das alles aufzugeben?“

„Er betrachtet das, was ich tue, nicht als richtige Karriere, und er will nicht, dass seine Frau in ‚irgendeinem heruntergekommenen Schuppen‘ arbeitet. Das waren seine Worte. Anscheinend gehört es sich für eine angesehene Ehefrau nicht, Unternehmerin zu sein.“ Annabel zeichnete Anführungsstriche in die Luft. „Mason hat mir ein Ultimatum gestellt. Ich wollte nicht nachgeben.“ Sie zuckte mit den Achseln. „Also hat er die Verlobung gelöst.“

„Das tut mir so leid, Annabel. Mir war nicht klar, wie ernst dieser Streit war.“ Frankie drückte ihr den Arm. „Vielleicht muss sich Mason bloß erst an die Idee gewöhnen. Und du trägst seinen Ring noch. Ihr könnt euch also bestimmt noch vor der Gala am Wochenende wieder miteinander versöhnen.“

„Nein.“ Annabels bestimmter Tonfall schien Frankie zu überraschen. „Mason will bloß eine Vorzeigeehefrau, die sich damit zufrieden gibt, Cocktailpartys auszurichten und zu Wohltätigkeitsveranstaltungen zu gehen, damit er gut dasteht. Ich kann nicht fassen, dass ich das erst jetzt erkenne.“ Sie drehte den Ring an ihrem Finger. Plötzlich schämte sie sich dafür, ihn noch zu tragen. Wieso sollte sie den Verlobungsring weiter behalten, wenn ihre Beziehung offensichtlich vorbei war?

Vielleicht hatte ein kleiner Teil von ihr immer noch auf eine Versöhnung gehofft. Doch durch das Gespräch mit ihrer Freundin hatte sie etwas erkannt, was sie bisher nicht hatte zugeben wollen: Mason Harrison war nicht der Richtige für sie. Sie würde den Ring abnehmen, sobald sie ihrem Vater von der Trennung erzählt hatte. Dazu war sie bisher einfach noch nicht bereit gewesen.

„Mein Vater sagte, er könne die Gala nicht besuchen. Currin Oil ist einer der wichtigsten Sponsoren; ich muss also dorthin, um die Familie und die Firma zu repräsentieren.“ Annabel seufzte. „Ganz davon abgesehen ist mir diese Veranstaltung sehr wichtig. Wir haben meine Mom durch Krebs verloren, und ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um die Forschung zu unterstützen.“

„Ich wünschte, Xander und ich hätten nicht schon andere Pläne für den Abend. Es gefällt mir nicht, dich ganz allein zu der Gala gehen zu lassen.“ Frankie runzelte die Stirn.

„Ich schaffe das schon. Keine Sorge.“ Annabel setzte ein Lächeln auf, um ihre Freundin zu beruhigen.

„Normalerweise würde ich jetzt mit irgendeiner Binsenweisheit daherkommen, so etwas wie: Die Zeit heilt alle Wunden. Aber ich glaube, das willst du gerade nicht hören.“ Frankie legte ihr einen Arm um die Schultern. „Also konzentrieren wir uns doch stattdessen darauf, dass du den ersten Schritt getan hast, um dir deinen Traum zu erfüllen. Das müssen wir feiern. Mit Kuchen.“

Annabel grinste. „Kuchen klingt gut.“

2. KAPITEL

Roarke Perry stieg aus dem gemieteten SUV und trat in Farrah’s Café. Er lächelte, als er den vertrauten Geruch einatmete. Das kleine Café hatte ihm schon immer gefallen. Hier gab es vorzüglichen Kaffee, und Ms. Farrah macht den besten Texas Pecan Pie der Gegend. Ehe er seinen Vater, Sterling Perry, zum ersten Mal seit Langem wiedersah, brauchte er definitiv beides.

Er stellte sich hinter zwei Frauen in die Schlange. Die eine war ein hübscher Wildfang mit einem langen brünetten Zopf, die andere eine hinreißende Frau mit hohen Wangenknochen, dunklen mandelförmigen Augen und ebenmäßiger hellbrauner Haut. Ihre Stimme und ihr Lachen schlugen ihn sofort in den Bann.

Sie bestellte ein Stück Lemon Icebox Pie. Als sie sich zum Gehen wandte, wäre sie beinahe in ihn hineingestolpert, doch er packte ihre Schultern und hielt sie fest.

„Ach du meine Güte, Entschuldigung. Ich habe nicht darauf geachtet, wohin ich gehe.“

„Schon in Ordnung. Wir konnten den Kuchen ja retten.“ Er zwinkerte ihr zu.

Mit funkelnden braunen Augen erwiderte sie seinen Blick. Irgendetwas an ihr wirkte beinahe vertraut. Und sie starrte ihn so intensiv an, dass er sich fragte, ob es ihr vielleicht ähnlich ging. Doch diesen alten Spruch würde er sich verkneifen – vor allem, da sie einen protzigen Verlobungsring am Finger trug.

Auch gut. Er war nicht zum Vergnügen zurück in Houston, und in ein paar Tagen würde er schon wieder nach Dallas abreisen. Dort lebte er seit Collegezeiten.

„Dann danke für das Rettungsmanöver.“ Sie hob den kleinen Teller leicht an. „Und ich bitte nochmals um Entschuldigung.“

Er tippte sich an einen fiktiven Stetson und nickte ihr zu, ehe sie und ihre Freundin sich auf den Weg zu einer Nische am hinteren Ende des Cafés machten. Der Verlobte dieser Schönheit war wirklich ein Glückspilz.

Roarke gehörte eine Luxuswohnung in der Innenstadt, im selben Gebäude, in dem auch seine älteren Zwillingsschwestern, Angela und Melinda, Wohnungen besaßen. Doch die Managerin, an die er die Wohnung vermietet hatte, würde erst in ein paar Tagen ausziehen. Also fuhr er stattdessen zur Perry Ranch – dem opulenten weitläufigen Anwesen seiner Familie außerhalb von Houston.

Der Lifestyle der Perrys wurde von ihrem Unternehmen finanziert, Perry Holdings, einem milliardenschweren Betrieb, der aus mehreren Tochterfirmen im Finanz-, Immobilien- und Verwaltungsbereich sowie in der Baubranche bestand.

Der Name Sterling Perry hatte in Houston viel Einfluss, und Roarkes Vater besaß in der Stadt große Macht. Doch anscheinend war sein Einfluss nicht groß genug, um zu verhindern, dass man ihm betrügerische Machenschaften vorwarf, die seine Kunden Millionen gekostet hatten. Ebenso wenig hatte er seine anschließende Verhaftung abwenden können – sicher sehr zu Sterlings Überraschung.

Roarke war Anwalt. Doch zum Verdruss seines Vaters hatte er sich dagegen entschieden, für Perry Holdings zu arbeiten. Stattdessen hatte er in Dallas eine Kanzlei für Zivilrecht gegründet, die bedürftige Klienten repräsentierte. Die meisten von ihnen konnten es sich nicht leisten, einen Vorschuss zu zahlen. Trotzdem hatte er von seinem Büro in Dallas aus aktiv daran gearbeitet, seinen Vater zu entlasten.

Sterling Perrys Vorstellungen von Moral glichen denen einer Klapperschlange. Es gefiel Roarke wirklich gar nicht, dass er zahllose Stunden damit verbracht hatte, diesen Mann zu verteidigen, obwohl er Klienten hatte, deren Fälle eigentlich seine volle Aufmerksamkeit erforderten.

Roarke würde eine Menge schlimmer Dinge über seinen Vater glauben – sie hatten nie die beste Beziehung zueinander gehabt. Doch dass Sterling ein ausgeklügeltes Betrugssystem ausgeheckt hatte, um Anleger um ihre Geldeinlagen zu bringen, gehörte nicht dazu. Perry Holdings Inc. war überaus erfolgreich. Es gab keinen Grund für seinen Vater, zu solchen Mitteln zu greifen. Daher glaubte Roarke fest an Sterlings Unschuld. Nicht, weil sie den gleichen Namen trugen.

Doch selbst Sterlings Verhaftung war für ihn nicht Grund genug gewesen, nach Hause zu kommen. Er hatte von seinem Büro in Dallas aus an dem Fall gearbeitet und sich mit den Anwälten seines Vaters beraten. Er war nur aus einem Grund wieder hier: Auf die Bitte seiner Schwester Angela hin war er gekommen, um ein für alle Mal zu beweisen, dass er nicht Ryder Currins Sohn war. Sein Vater war schon seit Jahrzehnten mit Currin verfeindet, doch seit einigen Monaten ging seine Schwester mit dem Mann aus.

Angela hatte ihn nach dem Treffen mit einer alten Familienfreundin angerufen, vollkommen in Panik. Lavinia Cardwell war eine wohlhabende Philanthropin, eine wichtige Spenderin für den Texas Cattleman’s Club – und eine allseits bekannte Klatschbase.

Lavinia hatte seiner Schwester das Gerücht eingeflüstert, er sei Ryder Currins Sohn. Ein Gerücht, von dem Roarke nur allzu gut wusste, dass sein eigener Vater es glaubte, auch wenn er es nie erwähnt hatte. Angela hatte Ryder Currin gebeten, das Gerede mittels eines Vaterschaftstests zu widerlegen – und Ryder hatte zugestimmt. Roarke schenkte all dem keinen Glauben, doch wenn es seine Schwester beruhigte und dem Klatsch endlich ein Ende machte, war es ihm das wert.

Er grüßte den Angestellten, der das eiserne Eingangstor der Ranch für ihn öffnete, und fuhr auf die eindrucksvolle Villa zu, die ihn schon immer an ein Schloss erinnert hatte. Sie wirkte unter den Weiden und zwischen den riesigen Scheunen leicht fehl am Platz. Als er vor dem Haus parkte, erwarteten seine drei Schwestern ihn bereits auf der Veranda.

„Brüderchen!“, rief Esme quietschend und umarmte ihn, kaum dass er ausgestiegen war. Sie war sechs Jahre älter als er.

„Dir ist schon klar, dass ich fast dreißig bin, oder?“, fragte er und ließ sie los.

„Dir ist schon klar, dass ich dich auch dann noch so nennen werde, wenn du siebzig bist, oder?“, konterte sie. Ihre blauen Augen funkelten.

„Roarke!“ Melinda zerzauste ihm das Haar – seins war etwas dunkler als ihr blondes Haar – und umarmte ihn fest. Sie war eine der zweieiigen Zwillinge und elf Jahre älter als er. „Wird auch Zeit, dass du uns mal wieder besuchst.“

„Ich weiß.“ Erst jetzt merkte er, wie sehr er seine Schwestern vermisst hatte. Als er zwischen den drei schlanken Blondinen stand, kamen ihm seine müden Ausreden dafür, so lange nicht nach Hause gekommen zu sein, allzu dürftig vor. „Aber jetzt bin ich ja hier. Und ich habe Geschenke mitgebracht. Schaut mal auf den Rücksitz.“

Esme quietschte erneut auf, und sie und Melinda schnatterten fröhlich über Farrahs Kuchen, während Angela auf ihn zukam und ihn ebenfalls fest umarmte.

„Danke, dass du gekommen bist, Roarke. Das bedeutet uns wirklich viel. Dad eingeschlossen.“ Sie senkte den Blick, als er bloß ungläubig die Stirn runzelte. „Aber besonders mir.“

Roarke holte seine Taschen aus dem Kofferraum, und Angela nahm ihm die lederne Kuriertasche ab, während sie Esme und Melinda ins Haus folgten, jede von ihnen einen Kuchen in der Hand.

Er legte Angela einen Arm um die Schultern und senkte die Stimme, damit nur sie ihn hören konnte. „Morgen Abend haben wir Gewissheit. Danach sollte zwischen dir und Ryder alles wieder im Reinen sein.“

„Ich weiß nicht.“ Sie sah zu ihm auf. „Du hättest sein Gesicht sehen sollen, als ich ihn auf die Sache angesprochen habe.“

„War er wütend?“ Roarke warf seiner Schwester einen besorgten Blick zu.

„Schlimmer. Es hat ihn ehrlich verletzt, als ich ihm nicht einfach glauben konnte, dass du nicht sein Sohn sein kannst.“ In ihren blauen Augen schimmerten Tränen. „Womöglich werden wir uns von dieser Sache nicht wieder erholen.“

„War der Vaterschaftstest nicht Ryders Idee?“

Sie nickte und wischte rasch die Tränen fort. „Er war fest entschlossen, mir zu beweisen, dass es nicht wahr ist. Er beharrt darauf, dass er und Mom bloß gute Freunde waren. Dass er niemals … Dass sie nie miteinander …“

Angela brachte den Satz nicht zu Ende, und Roarke war froh darüber. Über diese Möglichkeit wollte er gar nicht erst nachdenken. Ihre Mutter war im Jahr seines Highschool-Abschlusses bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Ohne sie als Vermittlerin zwischen ihm und seinem Vater und ohne seine Schwestern, die damals bereits eigenen Träumen nachgingen, war die verbleibende Zeit mit Sterling unerträglich gewesen. Am Ende jenes furchtbaren Sommers hatte er gar nicht schnell genug aufs College verschwinden können.

„Ich kann verstehen, wie sehr das euch beide verunsichern muss. Konzentriere dich einfach auf ein Problem nach dem anderen. Zuerst müsst ihr diese Sorge aus der Welt schaffen. Anschließend könnt ihr euch dann um jegliche Vertrauensprobleme kümmern, die dadurch vielleicht entstanden sind.“

Angela zwang sich zu einem Lächeln und nickte. „Ich muss dich leider um eine weitere Sache bitten, Roarke. Ryder sollte eigentlich mein Date für die Spendengala der Krebsstiftung am Wochenende sein. Ich muss Perry Holdings dort vertreten. Es darf auf keinen Fall so wirken, als würden wir die Köpfe einziehen und uns verstecken, während die Ermittlungen laufen. Das würde bloß den Eindruck vermitteln, dass wir Dad für schuldig halten.“

Roarke nickte seufzend. Er hatte gehofft, schnellstmöglich wieder verschwinden zu können, ohne allzu vielen Leuten aus der Stadt über den Weg zu laufen. Aber er konnte Angela nicht allein zu dieser Veranstaltung gehen lassen. „Falls Ryder und du euch bis dahin nicht wieder vertragen habt, begleite ich dich.“

„Danke, kleiner Bruder.“ Sie legte einen Arm um ihn. „Ich freue mich wirklich, dass du hier bist. Und eins noch … Du musst Dad sagen, wie viel du dazu beigetragen hast, dass er nun unter Hausarrest steht, statt weiter im Gefängnis zu sitzen.“

„Ich habe es aufgegeben, um Sterlings Wohlwollen zu kämpfen, Angie. Wir sind nun mal so, wie wir sind.“ Roarke setzte seine Tasche im Foyer ab. „Ich bin hier, weil du mich darum gebeten hast. Das ist alles. Ich habe mich nur um deinetwillen und wegen Melinda und Esme darum bemüht, ihn zu entlasten. Euretwillen und für das Image der Perrys.“

„Ich verstehe. Aber wäre es nicht besser, ihm von deiner Hilfe zu erzählen? Sonst musst du dir nämlich die nächsten paar Tage Tiraden darüber anhören, dass er seinem einzigen Sohn vollkommen egal ist.“

„Da hätte er nicht ganz unrecht.“ Roarke rieb sich den Nacken. Seine Muskeln fühlten sich mit jedem Schritt, den er sich Sterling Perry näherte, verspannter an.

Angela stieß ihm mit dem Ellbogen in die Rippen. „Das meinst du doch gar nicht so.“

Er öffnete den Mund, um zu widersprechen, doch seine Schwester starrte ihn finster an, die Arme vor der Brust verschränkt.

„Das meinst du nicht so“, wiederholte sie.

Er seufzte. „Na schön. Wo ist unser alter Herr eigentlich?“

„Genau hier“, rief sein Vater vom oberen Ende der Treppe, sein Tonfall hart. „Nicht, dass dich das auch nur im Geringsten interessieren würde.“ Sterling Perry stieg die Treppe hinunter. „Ich habe die Rechnung für dieses schicke rechtswissenschaftliche Diplom gezahlt, das du unbedingt darauf verschwenden willst, irgendwelchen unbedeutenden Klienten zu helfen. Und zugleich weigerst du dich, mir zu helfen, wenn ich in der Klemme stecke.“

„Auch dir einen guten Tag, Sterling.“ Normalerweise nannte Roarke seinen Vater nicht so, zumindest nicht von Angesicht zu Angesicht, doch er hatte es geschafft, ihn innerhalb weniger Sekunden absolut in Rage zu versetzen.

Sterlings Miene wurde angesichts dieser Anrede finster. „Was bringt dich her, Junge?“

Roarke ballte die Hände zu Fäusten. Das war nur natürlich, wenn man von einem Mistkerl großgezogen wurde, der von allen beinahe abgöttisch verehrt wurde.

Das war zumindest noch der Fall gewesen, ehe man ihn des Betrugs beschuldigt hatte. Dann war da noch die Leiche, die auf dem zukünftigen Sitz des Texas Cattleman’s Club in Houston gefunden worden war – einer Baustelle unter der Aufsicht von Perry Holdings. Das Opfer war noch nicht identifiziert worden, und man warf seinem Vater den Mord bisher nicht offiziell vor. Doch Roarke fürchtete, dass es nur eine Frage der Zeit war, ehe die Ermittler Sterling auch diese Tat anhängen wollten.

„Er ist natürlich hier, um dich zu sehen.“ Angela gab ihrem Vater einen Kuss auf die Wange. „Warum sollte er sonst hier sein?“ Sie schenkte Roarke ein süßes Lächeln, doch mit ihrem Blick flehte sie ihn an mitzuspielen.

Er hatte sein ganzes verdammtes Leben damit verbracht, bei Sterling Perrys Treiben „mitzuspielen“ – anfangs seiner Mutter zuliebe, dann auf die Bitte seiner Schwestern hin. Das war der Grund gewesen, warum er nicht schnell genug das Weite hatte suchen können. Und es war der Grund gewesen, warum er nie nach Houston zurückgekehrt war. Die Stadt war einfach nicht groß genug für ihn und Sterling Perry. Und damit konnte er gut leben. Dallas war nun seine Heimat.

„Tatsächlich wollte Roarke es zwar nicht zugeben, aber er hat eine wichtige Rolle in deiner Entlassung aus dem Gefängnis gespielt. Er hat hinter den Kulissen unermüdlich daran gearbeitet, dich zu entlasten“, fügte Angela schnell hinzu, ehe er widersprechen konnte.

„Tatsächlich, Junge?“ Sterling kam auf ihn zu.

Roarke schob die Hände in die Taschen und nickte. „Ja, Sir.“

„Hm.“ Sterling rümpfte die Nase. „Na, wenn das so ist, wieso hast du dann nicht ein wenig mehr Druck gemacht? Wenn du es geschafft hast, dass ich auf Hausarrest entlassen werde, wieso konntest du mich dann nicht gleich vollständig entlasten?“ Als seine Töchter entsetzt aufstöhnten, zuckte Sterling mit den Achseln. „Was denn? Ich bin unschuldig, und er setzt sich doch angeblich so leidenschaftlich für die Bedürftigen ein. Ich habe nichts falsch gemacht. Und doch werde ich behandelt wie ein gewöhnlicher Verbrecher.“ Er streckte ein Bein aus und zog das Hosenbein hoch, sodass die elektronische Fußfessel darunter zum Vorschein kam. „Das Ding juckt wirklich unheimlich.“