Herbstlaub im Frühling - Michael Scheible - E-Book

Herbstlaub im Frühling E-Book

Michael Scheible

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Beschreibung

"Ich schrecke schweißnass auf. Es ist noch dunkel. Mein Herz rast und stampft. Ich spüre mein Blut durch die Adern pulsen, schlage verwirrt die Bettdecke zurück. Der Schlafanzug klebt an mir. Ein Blick auf den Wecker: Fünf Uhr. Im Traum war ich bei einer Beerdigung. Ich weiß nicht, wo sie stattgefunden hat. Auch hat mir niemand gesagt, wer gestorben war. Der Schlaf ist verloren. Gedankenfetzen jagen durch den Kopf und beschäftigen mich. Warum das Hirngespinst einer Beerdigung? Ich liege auf dem Bett, spüre die Kühle des Morgens auf der Haut. Die Zeit bis zum Aufstehen wird lang, ich wälze mich ruhelos herum und hänge meinen Gedanken nach. Allmählich verblassen die Eindrücke des Traums, die Schemen weichen. Endlich Zeit, das Bett zu verlassen. Montag, der 12. August 1996!" (Textauszug) Noch ahnt Michael Scheible nicht, dass der 12. August 1996 zum bisher schlimmsten Tag in seinem Leben werden soll... Es ist der Tag, an dem Heiko, sein 9-jähriger Sohn bei einem tragischen Verkehrsunfall ums Leben kommt und dessen zwei Jahre jüngere Schwester Sonja lebensgefährlich verletzt wird. Packend erzählt der Autor, wie das unfassbare Geschehen über ihn hereinbricht. Er schildert seine Reaktionen auf die schockierende Nachricht und lässt die Leser an seiner Trauerarbeit teilhaben.

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Seitenzahl: 240

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Michael Scheible: „Im Jahr 1961 wurde ich in Stuttgart-Bad Cannstatt geboren. Nach erfolgreichem Schulabschluss und Ausbildung in der Finanzverwaltung bin ich seit 1981 als Finanzwirt in der Steuerberatung tätig. 1984 heiratete ich meine Frau Elke. Drei Jahre später kam unser Sohn Heiko zur Welt. Zwei Jahre danach wurde unsere Tochter Sonja und 1998 unser Jüngster, Hannes, geboren. Heiko kam 1996 bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Seine Schwester Sonja überlebte den Unfall mit lebensgefährlichen Verletzungen. Nach Wochen erwachte sie aus dem Koma und wurde uns dadurch ein zweites Mal geschenkt. Ich möchte allen danken, die uns in der größten Ausnahmesituation des Lebens begleitet haben. Ich wünsche den Menschen Mut für tröstende Worte und die Kraft, Begegnungen mit Trauernden nicht auszuweichen.“

Michael Scheible

Herbstlaub im Frühling

Ein Vater trauert um sein Kind

E-Book-Ausgabe der 1. Auflage 2003

Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved

© 2003 Verlag Friedrich Bischoff GmbH, Frankfurt am Main

eISBN 978-3-945410-03-5

ISBN 3-935452-43-8

Umschlaggestaltung: R·M·E, Roland Eschlbeck/Rosemarie KreuzerUmschlagfotos: Motiv oben © Photonica, Motiv unten © Getty Images

Code-Nr. 4311

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Für meine liebe Frau,

für Sonja,

für alle,

die lernen müssen,

mit dem Verlust eines

lieben Menschen zu leben.

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Meine Familie

Der schlimmste Tag

Der Tod drängt ins Bewusstsein

Das eigene Kind beerdigen

Brennender Schmerz

Unser Kind liegt im Koma

Quälende Unsicherheit

Das Wunder

Wieder eine Familie

Trauer

Weiterleben mit den Wunden

Warum?

Freunde

Das Chaos ordnet sich

Carpe diem – Nütze den Tag

Epilog

Prolog

Der Friedhof schließt, wenn die Sonne untergeht. Im Winter kann ich deshalb nach Feierabend nicht mehr zu Heiko gehen. Immer stärker wurde das Bedürfnis in der dunklen Zeit, auf dem Heimweg anzuhalten und einzukehren in diesen Ort der Stille. Mich auf mein Leben besinnen, mich an sein Leben erinnern.

Endlich Frühling. Ich stelle mein Auto ab. Gehe den Weg zum Grab meines Kindes. Vertraut ist mir jeder Schritt. Wieviel hundert Mal schon gegangen in den letzten Jahren?

Der Wind jagt die Wolken. Sie verschmelzen und trennen sich wieder. Neue Formationen quellen auf und werden zerrissen. Wie Schemen tauchen sie auf und vergehen.

Das Schreien, Locken und Turteln der Vögel begleitet mich. Sie verteidigen ihren Nistplatz, paaren sich. An Hecken und Sträuchern platzen die Knospen auf. Der warme Regen wischt frisches Grün über die Zweige. Am Ort der Toten. Hier ist unser Kind begraben.

Oft wollte ich fliehen, wenn ich mich diesen Weg entlangschleppte. Heute bin ich zum ersten Mal gerne hier. Mein Kind hat mich mit leiser Stimme gerufen. Ganz tief in mir drin. Ich bin der Stimme gefolgt und setze mich auf eine Bank.

Meine Familie

Freitagabend. Arbeitsschluss. Greifbar nahes Wochenende. Nach anstrengenden Tagen eine kleine Pause. Ich fahre nach Hause, rangiere mein Fahrzeug in die schmale Zufahrt zu unserem Haus. Bestimmt werde ich schon erwartet. Halt! Ich bremse und muss lächeln: Heikos Fahrrad liegt mir einmal wieder im Weg. Er hat es zu seinem neunten Geburtstag bekommen. In den Ferien ist er damit viel unterwegs. Ich steige aus und stelle es zur Seite. Mein kleiner Entdecker hatte es mal wieder sehr eilig. Auf dem Gepäckständer ist noch sein kleines Plastikaquarium festgeschnallt. Es ist leer. Ständig ist dieser Behälter im Einsatz. Heiko sammelt darin Insekten und Pflanzen. Er beobachtet darin Tiere, versorgt sie mit Gras und Luft und lässt sie nach einiger Zeit wieder frei. Alles Mögliche hatte er schon in diesem Behältnis. Maikäfer haben darin auf ihre Freiheit gewartet und eine Nacht auf Heikos Nachttisch verbracht. Ameisen mit ihren Larven, Hummeln, Raupen, Käfer und Bienen wurden gesammelt und erforscht. Das genaue Aussehen der Schmetterlinge hätte er zu gerne darin untersucht, aber sie taten ihm immer Leid. Weil sie dann vielleicht verletzt würden und nicht mehr hätten fliegen können.

In der letzten Woche hat er auf den Feldern mit seinem Schulfreund Grillen gesammelt. Sie wurden in unserem großen Garten ausgesetzt und geben abends hemmungslos Konzerte. Unsere Nachbarn wundern sich über die Musik.

Meine Spannung steigt. Was haben Heiko und Sonja heute wohl wieder erforscht? Ich schließe das Auto ab und gehe um das Haus herum in den Garten. Vorbei an dem schwarzen Strich, den mein Sohn an der neu gestrichenen Hauswand gezogen hat. Aus Versehen mit dem Lenker seines Fahrrads. „Hallo, Kinder, jetzt bin ich ein Wochenende bei Euch, es ist Freitag!“ „Papa, komm schnell und sieh mal, was wir gefunden haben.“ Heiko und Sonja rennen mir auf dem Gartenweg entgegen. Beide formen mit ihren Händen kleine Höhlen. Durch wessen Hände soll ich zuerst in die dunkle Höhle blicken? Vor jedem Auge habe ich ein Paar Höhlenhände. Vorsichtig öffnen sich die mir entgegengestreckten Finger. Große Marienkäfer krabbeln in den Händen. Die Kinder schließen ihre Höhlen schnell wieder, damit die Käfer nicht wegfliegen.

Der Sommertag hat Spuren hinterlassen: Die Fingernägel der Kinder sind mit dunklen Rändern untermalt. Mit leuchtenden Augen erzählen die beiden, was sie heute alles getan haben: Über die umgedrehten Gartenstühle und Liegen haben sie Decken ausgebreitet und ein kleines Lager gebaut. Die Himbeeren und Tomaten sind reif und wurden heute ausgiebig genascht.

Die Kinder waren mit den Fahrrädern unterwegs. Heiko hat sein kleines Blumenbeet schon gegossen und das Unkraut herausgezupft. Wir freuen uns, dass wir jetzt wieder beisammen sind. Ich sehe die strahlenden Augen und die Freude in den Gesichtern. Sonja ist sechs Jahre alt. Sie und ihr Bruder sind unzertrennlich. Beide haben dieselben blonden Haare und blauen Augen. Heiko ist der Forscher, seine Schwester die einzige, wissbegierige Assistentin.

Den Abend verbringen wir im Freien. Im großen Kamingrill brennen bald die Holzkohlen. Wir grillen und essen im Garten. Die Sonne geht unter. Heiko und Sonja stecken dünne Aststücke in die Reste der Glut. Sie tragen die rauchenden Hölzchen durch den Garten. Dann spielen sie unter Büschen und Bäumen „Verstecken“. Das Lachen der Kinder ist weit zu hören, wenn sie sich in der Dämmerung nach der Suche wieder gefunden haben. Ich sitze mit meiner Frau auf der Terrasse. Wir hören den Vögeln zu. Ein Amselhahn sitzt auf dem Dachfirst und flötet im Fortissimo sein Abendlied. Eine kleine Haselmaus, die hinter der Steinmauer wohnt, kommt neugierig aus ihrem Versteck. Sie knabbert an den Resten der großen Sonnenblume. Die Kinder hatten vor einigen Tagen die volle, körnerschwere Blüte abgeschnitten und in Sichtweite abgelegt, damit sie das Tier abends beobachten können. Jeden Abend huscht die Maus aus ihrem Versteck und holt sich ihre Abendmahlzeit. Heiko erinnert mich daran, dass ich unbedingt ein Bild von der niedlichen Maus machen muss. Ich warte mit der Kamera. Schussbereit. Jetzt ist der beste Moment. Das Tierchen erstarrt kurz unter dem Blitzlicht. Schnell huscht es in Sicherheit. Hinter die Ritzen der groben Natursteine, die ich erst im Frühjahr mit Heiko bepflanzt habe. Vorsichtig hat er immer wieder die zarten Pflänzchen gegossen, damit die frische Erde nicht ausge waschen wurde.

Am Sonntag sind wir bei unseren Freunden eingeladen. Sie wohnen in der Nähe. In ihrem Garten am Haus sind viele Früchte reif. Die Kinder essen begeistert. Sonjas blonde Haare tauchen immer wieder zwischen den Sträuchern auf. Sie sucht mit Heiko zusammen Beeren. Erst am späten Nachmittag lässt die Kraft der Sonne etwas nach. Jetzt wird es nach der großen Hitze des Tages richtig gemütlich. Wir sitzen im Schatten und reden zusammen über alle möglichen Dinge. Heiko und Sonja spielen im Garten. Der Besuch wird für sie noch interessanter, als sie hören, dass ein Igel im Garten unserer Freunde wohnt. Er kommt immer abends aus seinem Versteck an der Garage. Wir lachen und erzählen.

Ein Thema beschäftigt uns an diesem Abend: Nur noch eine Woche bis zum Urlaub! Weil Heiko schon seit Jahren an Asthma leidet, hoffen wir, dass ihm die Meeresluft an der Nordsee hilft. Schon vor einem Jahr haben wir uns angemeldet. Jetzt wird die Vorfreude auf den nahen Urlaub immer größer. Wir überlegen, wie wohl die erste große Fahrt unserer Kinder zu einem so weit entfernten Ziel verlaufen wird. So lange waren wir noch nie gemeinsam unterwegs. Bald wird es dunkel, im Schein der Schwimm kerzen sind die Blicke der Kinder nur auf den Punkt gerichtet, an dem der Igel erscheinen soll. Aber er kommt leider nicht. Spätabends gehen wir heim. Zu Fuß etwa zehn Minuten. Sonja ist müde, ich setze sie mir auf die Schultern, Heiko geht neben uns. Plötzlich entdecken wir die vielen Sterne am klaren Abendhimmel.

„Papa, wie weit sind die Sterne von uns entfernt? Wie sieht es dort aus? Scheint dort auch die Sonne? Ist es dort warm? Wer passt auf, dass sie nicht zusammenstoßen?“

„Heiko, sie sind Tausende von Kilometern auseinander. Es sieht nur von der Erde so aus, als würden sie zusammenstoßen. Mach dir keine Sorgen. Alles ist so ausgerichtet, dass nichts passiert. Die Sterne am Himmel gehen den für sie bestimmten Weg. Seit sehr langen Zeiten. Nur auf dem Mond sind schon Menschen gewesen. Als der erste Mensch den Mond betreten hat, war ich ungefähr so alt wie du. Wir konnten damals im Fernsehen zuschauen, wie die Rakete gestartet ist, wie die Raumkapsel sanft auf dem Mond aufgesetzt hat und wie schließlich die Astronauten wieder zur Erde zurückkehrten. Sie landeten im Meer.“

Morgen will meine Frau mit den Kindern ihre Schwester besuchen. Sie wohnt mit ihrer Familie 60 Kilometer von uns entfernt. Die beiden möchten sich noch einmal vor dem Urlaub sehen. Für mich beginnt morgen die letzte Arbeitswoche.

Der schlimmste Tag

Ich schrecke schweißnass auf. Es ist noch dunkel. Mein Herz rast und stampft. Ich spüre mein Blut durch die Adern pulsen, schlage verstört die Bettdecke zurück. Der Schlafanzug klebt an mir. Ein Blick auf den Wecker: Fünf Uhr. Im Traum war ich bei einer Beerdigung. Ich weiß nicht, wo sie stattgefunden hat. Auch hat mir niemand gesagt, wer gestorben war. Der Schlaf ist verloren. Gedankenfetzen jagen durch den Kopf und beschäftigen mich. Warum das Hirngespinst einer Beerdigung? Ich liege auf dem Bett, spüre die Kühle des Morgens auf der Haut. Die Zeit bis zum Aufstehen wird lang, ich wälze mich ruhelos herum und hänge meinen Gedanken nach. Allmählich verblassen die Eindrücke des Traums, die Schemen weichen. Endlich Zeit, das Bett zu verlassen. Montag, der 12. August 1996! Ferien für die Kinder und bald auch Urlaub für mich! Gerne gönne ich meiner Familie den Schlaf. Sie haben ja Ferien. Am Vortag waren wir wegen des Besuchs bei den Freunden alle spät schlafen gegangen. Der Regen trommelt gegen das Fenster. Ich stehe auf.

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