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Im August 2007 begann für den Autor der Albtraum jeden Unternehmers: Er wurde an seinem Schreibtisch verhaftet. Wegen Verdachts der Verdunklung musste er in Untersuchungshaft, erst nach zehn Tagen wurde der Haftbefehl aufgehoben. Heute, rund vierzehn Jahre nach diesem Erlebnis sagt der Autor : Ich will nicht, dass anderen Unternehmern das Gleiche passiert. Steuerberater Ralph Böttcher saß wegen Subventionsbetrug unschuldig im Gefängnis. Was tust du, wenn vier Zivilbeamte und eine Staatsanwältin mit einem Haftbefehl vor deiner Tür stehen? Eine Geschichte über den blinden Fleck der deutschen Justiz, die Gefährlichkeit der Corona-Hilfen und das kostbare Gut mentaler Stärke. Gleichzeitig gibt der Autor Tipps, was im Falle eines Falles zu tun ist: Er erzählt, wie er nach seiner Verhaftung mit seinen Mitarbeitern kommuniziert hat und will Mut machen, dass selbst eine solche Krise erfolgreich überstanden werden kann. Darüber hinaus schildert er die Tücken eines juristischen Verfahrens und in welche Fallen man auf keinen Fall tappen sollte.
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Seitenzahl: 53
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Editorial
Im August 2007 begann für mich der Albtraum jeden Steuerberaters: Ich wurde an meinem Schreibtisch verhaftet. Wegen Verdachts der Verdunklung musste ich in Untersuchungshaft, erst nach zehn Tagen wurde der Haftbefehl aufgehoben.
Heute, rund zehn Jahre nach diesem Erlebnis, möchte ich andere Steuerberater mit diesem Buch davor bewahren, in eine ähnliche Lage zu geraten. Ich will versuchen zu erklären, mit welchen Konstellationen man als Steuerberater schnell mit einem Bein im Gefängnis stehen kann und wie man sich davor schützt.
Zudem möchte ich erklären, wie man eine gute Strafrechtsschutzversicherung findet, die für jeden Steuerberater unabdingbar ist – denn wer keine hat, sieht sich im Ernstfall schnell vor der Herausforderung, Anwaltsrechnungen im fünfstelligen Bereich bezahlen zu müssen.
Gleichzeitig gebe ich Ihnen Tipps, was im Ernstfall zu tun ist: Etwa, wie ich nach der Verhaftung mit meinen Mitarbeitern kommuniziert habe. Darüber hinaus schildere ich die Tücken eines juristischen Verfahrens – und in welche Fallen man auf keinen Fall tappen sollte.
Vor allem will ich mit diesem Buch eines: Mut machen, dass selbst eine solche Krise erfolgreich überstanden werden kann. Heute sage ich mir: Inhaftiert zu werden ist nichts, wovon die Welt untergeht. Man kann einfach Pech haben, aber es ist eine Situation, die man geregelt bekommt.
Mit diesem Buch sind Sie für den Ernstfall gewappnet.
Flensburg, im September 2018
Haftungsausschluss
Der Autor ist nicht befugt, rechtliche Beratungen zu erteilen. Alle Hinweise im Buch entsprechen allein der subjektiven Darstellung des Verfassers. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können auch keine Rechtsberatung ersetzen.
Die im Rahmen dieses Werkes zur Verfügung gestellten Informationen werden nach Möglichkeit vollständig und aktuell gehalten. Der Verfasser übernimmt jedoch keine Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität der bereitgestellten Informationen.
Die Verhaftung
Rat des Strafverteidigers
Durchsuchung Räumlichkeiten
Der Tatbestand „
dolus eventualis“
Strafrechtsversicherung ist das A&O
Persönliche Eindrücke aus dem Gerichtsverfahren
In wirtschaftlichen Zusammenhängen gibt es ja häufiger mal Gerichtsverfahren. Normalerweise ist das nicht weiter dramatisch: Man nimmt sich einen Rechtsanwalt und der klärt das für einen. Ich konnte mir nie vorstellen, dass ich einmal verhaftet werde.
Dabei kann es jedem passieren: Wir Steuerberater haben mit unendlich vielen Menschen zu tun und es ist nicht möglich, so viele Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, dass man das völlig ausschließen kann.
Für einen Steuerberater steht dabei immer die berufliche Existenz auf dem Spiel. Denn wenn man als Steuerberater verhaftet wird, geht sofort eine Mitteilung von der Staatsanwaltschaft an die Steuerberaterkammer. Und die ist verpflichtet, umgehend tätig zu werden.
Sie muss prüfen: Darf diese Person, die jetzt verhaftet worden ist, überhaupt noch als Steuerberater arbeiten? Dann verhängt sie gegebenenfalls ein vorläufiges Berufsverbot. Und damit steht die gesamte wirtschaftliche Existenz auf dem Spiel.
Bei mir ist es seinerzeit die Steuerberaterkammer Schleswig-Holstein gewesen, die sich meinem Fall angenommen hat. Ich bin dankbar, dass die Verantwortlichen die Sachverhalte damals erst abgewartet haben, bevor sie berufsrechtliche Entscheidungen getroffen haben. Das heißt, die Kammer hat sich immer über das laufende Verfahren informiert, hat aber vor Abschluss des gesamten Verfahrens keine Konsequenzen gezogen. Erst dann hat es ein berufsgerichtliches Verfahren gegeben, das mit dem Urteil abgeschlossen worden ist, dass ich Steuerberater bleiben darf.
Im August 2007 bekam ich Besuch von mehreren Polizeibeamten. Sie wollten meine Räumlichkeiten durchsuchen –eigentlich ein Routinevorgang.
Doch plötzlich kamen zwei der in zivil gekleideten Beamten an meinem Schreibtisch, ein älterer und ein jüngerer, und sagten: „Herr Böttcher, Sie sind verhaftet.“ Da habe ich natürlich einen Schreck gekriegt.
Meine erste Frage war: „Darf ich meinen Rechtsanwalt sprechen?“ Ich durfte ein Telefonat führen, doch mein Rechtsanwalt war nicht erreichbar, also hinterließ ich eine Nachricht im Sekretariat und hoffte auf eine Rückmeldung.
Zwei Monate zuvor, im Juni, war mir mitgeteilt worden, dass ein Verfahren gegen einen Mandanten und Mitgesellschafter und Geschäftsführer einer Gesellschaft, an der ich mit 25 Prozent beteiligt war, auf uns, seine Steuerberater, ausgeweitet worden war. Daraufhin hatte ich telefonisch einen Rechtsanwalt mit Spezialisierung aufs Strafrecht konsultiert. Ich erhielt einen sehr langen ausführlichen Brief, was alles geschehen könnte in einem solchen Verfahren (siehe Kapitel 2), darin wurde auch von dem Extremfall einer Verhaftung geschrieben. Ich wusste also, dass so etwas theoretisch passieren könnte, hatte es mir aber eigentlich nicht vorstellen können. Doch nun war es aus heiterem Himmel passiert: Ich war verhaftet worden!
Die Beamten führten mich sichtbar für alle Mitarbeiter im Büro hinunter zum Parkplatz. Sie tasteten mich öffentlich von Kopf bis Fuß ab. Ich musste sogar mein Auto aufschließen, damit es durchsucht werden konnte.
Ich fragte nochmals, ob ich telefonieren dürfte, da ich gerne meine Frau informieren wollte – ich durfte. Meine Frau erzählte mir, dass die Beamten gegen 6.30 Uhr bereits bei uns zuhause gewesen waren, doch da war ich schon auf dem Weg zur Arbeit gewesen. Ich vermute, dass ich eigentlich dort hätte verhaftet werden sollen. Mehr erfuhr ich nicht, denn einer der Beamten bedeutete mir, das Gespräch rasch wieder zu beenden. Wenig später saß ich auf der Rückbank eines zivil anmutenden VW Passat mit einem Beamten an meiner Seite und dem anderen am Steuer.
Wir fuhren von meiner Kanzlei in Flensburg nach Kiel zu einem Polizeigebäude, wo ich mich erkennungsdienstlichen Maßnahmen unterziehen sollte. Ich war überrascht, mit wie viel Druck hier agiert wurde: Der erkennungsdienstliche Beamte hatte einen zackigen Ton drauf und befahl mir regelrecht, was ich zu tun hatte.
Ich musste mich komplett ausziehen – also wirklich nackt – und der Beamte guckte überall, ob ich etwas versteckt habe. Sogar an Stellen, an denen ich es nie für möglich gehalten hätte, dass man dort etwas verstecken könnte. Mein Kopf schwirrte: Ich verstand das alles nicht richtig – trotz des warnenden Briefes des Strafverteidigers.
Im Anschluss fuhren wir zum Gericht in Kiel und ich wurde in einen Raum geführt, in dem ich warten musste. Nach einiger Zeit kam ein Mann herein, der sich als mein Strafverteidiger vorstellte. Er war von meinem Rechtsanwalt kontaktiert worden, als dieser meine Nachricht erhalten hatte.
Das erste Mal verspürte ich ein klein wenig Erleichterung. Immerhin hatte ich nun jemanden, mit dem ich sprechen konnte und der auf meiner Seite war. Wobei diese Wahrnehmung nur teilweise stimmte: Heute weiß ich, dass er lediglich meine Rechte im Rahmen der Möglichkeiten zu vertreten hat und eigentlich auf keiner Seite steht.
Ich erfuhr, dass außer mir auch der Geschäftsführer einer Gesellschaft, an der ich mit 25 Prozent beteiligt war, wegen Subventionsbetrug angezeigt worden war.
Das Verfahren wurde am 23.01.2008 eingestellt.