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Sofie Cramer

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Beschreibung

Eine romantische Hochzeit an der Ostsee? Für Sara eine Strafe. Frisch geschieden sitzt sie zwischen lauter Paaren. Glücklichen Paaren. Der einzige attraktive Single entpuppt sich als Nervtöter. Die albernen Hochzeitsspielchen geben ihr den Rest: Statt guter Wünsche fürs Brautpaar schreibt Sara sich ihren ganzen Frust von der Seele und schmeißt die Flaschenpost ins Meer. Mit einer Antwort rechnet sie nicht. Doch wenige Wochen später erhält Sara einen Brief. Die Worte des unbekannten Finders berühren ihr Herz. Als dem regen Briefwechsel und zahlreichen E-Mails endlich ein Kennenlernen folgen soll, zögert er. Und das aus gutem Grund … «Man wünscht sich, das Buch hätte mehr Seiten, so lässig, herzerwärmend und spielerisch sind die E-Mails formuliert. Eine richtig feine Mischung aus Herz, Humor und etwas Wehmut von einem sympathischen Autorenduo.» (Petra)

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Seitenzahl: 309

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Sofie Cramer • Sven Ulrich

Herz an Herz

Roman

Ihr Verlagsname

Über dieses Buch

Eine romantische Hochzeit an der Ostsee? Für Sara eine Strafe. Frisch geschieden sitzt sie zwischen lauter Paaren. Glücklichen Paaren. Der einzige attraktive Single entpuppt sich als Nervtöter. Die albernen Hochzeitsspielchen geben ihr den Rest: Statt guter Wünsche fürs Brautpaar schreibt Sara sich ihren ganzen Frust von der Seele und schmeißt die Flaschenpost ins Meer. Mit einer Antwort rechnet sie nicht.

Über Sofie Cramer • Sven Ulrich

Sofie Cramer, geboren 1974 in Soltau, studierte Germanistik und Politik in Bonn und Hannover. Heute lebt und arbeitet sie als freiberufliche Drehbuchautorin in Hamburg. Nach ihren Überraschungserfolgen «SMS für dich» und «Was ich dir noch sagen will» hat sie nun einen Roman zusammen mit ihrem Kollegen Sven Ulrich geschrieben. Sofie Cramer schreibt unter Pseudonym, weil sie in ihren Texten auch persönliche Erfahrungen einfließen lässt.

 

Mehr über die Autorin unter www.sofie-cramer.de.

 

 

Sven Ulrich, geboren 1965 in Berlin, hat an der «Hochschule für Fernsehen und Film» in München studiert und für zahlreiche Fernsehsender und Produktionsgesellschaften gearbeitet. Heute schreibt er Drehbücher für verschiedene TV-Formate. Er lebt mit seiner Familie in Berlin.

 

Inhaltsübersicht

26. 6. ’10 21. Juli 2010Sa 21. Oktober 00:0422:03 Teetrinker71So 6. November 05:2118:58 Teetrinker71Di 29. November 00:0020:58 Teetrinker71Fr 30. Dezember 22:15So 01. Januar 14:27Mi 04. Januar 22:5724. 01.19:58 Teetrinker71Mo 07. Februar 08:37Mo 14. Februar 20:0117. 02. ’11

Betreff: SOS

26. 6. ’10 (irgendwann nachts mit 2 Promille)

 

Lieber Flaschenpostfinder,

gratuliere, du bist Opfer eines dämlichen Hochzeitsspielchen geworden!

Diese Post richtet sich an alle angeschlagenen Flaschn,

deren Leben genauso lehr … äh, leer is, wie dieses braune kackbraune Altglas.

Eigentlich sollen wir hier Wünsche für das Brautpaar aufschreiben. Aber alle guten Wünsche bitte nur zu mir, dem einsamsten Menschn im ganzen Unviservum Universum!

 

Ahoi!

 

Sara Becker

Lappenbergsallee 185

20257 Hamburg

21. Juli 2010

(irgendwann nachts, stocknüchtern)

 

Liebe Sara Becker,

 

ich würde mich zwar ungern als Flasche bezeichnen, aber ein wenig angeschlagen bin ich mit Sicherheit. Das liegt an Ihrer Post, auf die ich ziemlich unvermittelt getroffen bin, als ich mich mit fröhlichem Geschrei in eine harmlos aussehende Ostsee-Welle stürzte und dabei von diesem harten Etwas getroffen wurde, das sich beim Auftauchen als «kackbraunes Altglas» entpuppt hat.

Haben Sie schon mal eine Flasche im Sturzflug an den Kopf bekommen? Nicht? Ich kann es Ihnen nicht empfehlen. Einige Unwissende behaupten zwar, ich hätte einen harten Sturschädel, aber er ist wohl nicht hart genug.

Nachdem ich also eine Weile im Wasser stand, um meinen Kopf abzutasten (kein Blut), musste ich dann auch noch das Glas für denjenigen recyceln, der dazu offenbar zu faul war. Mann, war ich sauer.

Gerade will ich das Ding wegwerfen, da fällt mir auf, dass es keine gewöhnliche Flasche ist, sondern dass etwas drinsteckt.

Na ja, lange Rede, kurzer Sinn:

Da auch Männer ein Herz haben und es Ihnen offenbar gerade nicht so gut geht, darf ich Ihnen also hiermit versichern: Meine Beule ist schon fast verheilt, und Ihr Attentat sei Ihnen verziehen. Machen Sie sich bitte keine Sorgen mehr.

 

Ansonsten hoffe ich für Sie, dass auch Ihr Schädel nicht mehr brummt (vom Alkohol) und sich das mit der Einsamkeit erledigt hat.

 

Mit herzlichen Grüßen

Ihr Berti Huber

 

P.S. Sie haben eine sehr schöne Handschrift.

***

1. 8.

(spätabends, fast nüchtern, trotzdem leicht verwirrt)

 

Sehr geehrter Herr Huber!

 

Durch den menschenverachtenden Umstand, allein in die Gesellschaft abartig glücklicher Hochzeitsgäste gezwungen worden zu sein, geriet ich in eine Notsituation, der nur mit Prosecco zu entrinnen war.

Dass diese mich jedoch zu einer gefährlichen Straftäterin gemacht hat und ich infolge geistiger Umnachtung schwere Körperverletzung und illegale Altglasentsorgung verübt habe, verdirbt mir glatt die Lust, mich weiterhin als Opfer alberner Hochzeitsspielchen zu bemitleiden. Stattdessen bitte ich Sie mit diesem Gnadengesuch um Verzeihung, obwohl Sie diese bereits freundlicherweise vorweggeschickt haben. Und ich hoffe inständig, dass mich beiliegendes Präsent für alle Zeiten von meiner schweren Schuld befreien möge.

 

Mit freundlichen Grüßen

S. Becker

 

PS. Sie werden mir ferner verzeihen, dass ich Ihnen für Ihre Handschrift kein Kompliment machen kann. Wohl aber für Ihre Gabe, mir mit Ihren Worten ein kleines Schmunzeln abgerungen zu haben.

***

11. August 2010

(morgens, verschlafen, aber kopfschmerzfrei)

 

Liebe Sara Becker,

 

dann stimmt es wohl doch, was meine Freunde so im Allgemeinen über die Norddeutschen lamentieren, nämlich dass sie ein bisschen steif seien. Oder warum so plötzlich die förmliche Sprache, nachdem Sie in Ihrem ersten Brief doch eher locker waren? «Stattdessen bitte ich Sie mit diesem Gnadengesuch um Verzeihung …» Sagt man das im Norden so?

Es könnte natürlich auch sein, dass Sie meinen Brief zu ernst genommen haben und ich Sie mit meiner Beule verschreckt habe. Moment! (Ich gehe ins Nebenzimmer, krame die Kopie meines Briefes an Sie heraus, lese ihn noch einmal genau durch und schüttele den Kopf. So ernst ist er doch gar nicht. Ich gehe zurück zum Schreibtisch.) Nein, mein Brief war durchaus humorig gemeint, vielleicht fiel er ein bisschen wehleidig aus, aber Humor war drin. Man konnte durchaus erahnen, dass ich nicht sauer war. Aber zur Sicherheit noch mal: Ich fordere kein Schmerzensgeld und verklage Sie auch nicht wegen Umweltverschmutzung. Allerdings mache ich Kopien von Briefen, die ich an fremde Frauen schicke. (Hups, war es schlau, das zu schreiben?)

 

Danke jedenfalls für die Kopfschmerztabletten. Ich nehme zwar neuerdings immer die, die man ohne Wasser gleich runterschlucken kann, aber es hat mich trotzdem gefreut.

 

Ich kann übrigens nicht teilen, was meine Freunde über die Norddeutschen sagen. Ich finde sie weder steif noch distanziert, sondern rundweg sympathisch, offen und herzlich. So offen und herzlich, wie ich Ihre Flaschenpost fand. Die Norddeutschen gefallen mir sogar so sehr, dass ich meinen Urlaub dort verbracht habe (wie in meinem letzten Brief angedeutet, aber vielleicht ist das durch meine Handschrift, die offenbar nicht so gut ankam, ebenso verloren gegangen wie mein Humor?). Andere fahren alleine nach Thailand, ich an die Ostsee. Es war sehr spaßig, bis auf die Sache mit der Bierflasche, aber das scheint sich ja auch zum Guten zu entwickeln.

Nicht erschrecken! Mit zum Guten entwickeln will ich nicht aufdringlich werden. (Ich sehe Sie schon zurückschrecken: Oh Gott, ein Brief-Stalker! Und er kennt meine Adresse!)

Ich freue mich lediglich, dass ich nach Urzeiten mal wieder einen echten Brief bekommen habe und dabei bin, selbst einen zu schreiben. Ich hoffe, es macht Ihnen nichts, dass ich auf Computer umgestiegen bin. Aber da meine Schrift offensichtlich nicht ankommt (vielleicht sogar unleserlich ist), dachte ich, es ist für uns beide besser, ich steige auf die Maschine um, damit auch alles richtig ankommt. (Ich höre Sie schon sagen: Was soll da ankommen? Der Mann schreibt kompletten Unsinn.)

Schreibe ich eigentlich zu viel in Klammern?

 

Gut, ehe ich als zu aufdringlich erscheine, höre ich jetzt mit dem Schreiben auf; ich möchte zwar nicht, aber ich mache es trotzdem. Zu manchen Sachen muss man sich zwingen, oder wie das Sprichwort heißt: Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist.

 

Nur noch eins: Das diesem Päckchen beiliegende Gebäck ist ein bayrischer Geheimtipp! Alle Bayern kennen es, aber Ausländer und Norddeutsche meist nicht. Falls Sie es zu kennen glauben, dann unter dem Namen Brezel. Es handelt sich aber um keine Brezel, sondern eine echte Brezen. Also: Guten Appetit!

Und keine Angst: Ich will mich nur für die Kopfschmerztabletten revanchieren. Also nicht, dass Sie denken, Sie müssten mir nun auch wieder was zurückschicken. (Ich meine, falls Sie überhaupt Lust haben zu antworten. Kein Druck.)

Okay, jetzt mache ich wirklich Schluss und lese mir lieber nicht noch mal durch, was ich geschrieben habe. (Glatte Lüge! Das, was Sie jetzt lesen, ist die 6. Überarbeitung …) Aber sonst komme ich heute zu gar nichts mehr.

 

Grüß Gott

Ihr Berti Huber

 

P.S. Ein Freund hat mir geraten, ich soll unbedingt noch eine Frage mit in den Brief aufnehmen, damit Sie einen Grund haben zu antworten. Also, was ich noch gerne wissen wollte: Haben Sie noch alte Liebesbriefe auf dem Speicher liegen, die Sie schon immer mal wieder lesen wollten und es doch nie machen?

***
***

22.–23. August 2010

23.02 Uhr – 02.34 Uhr

 

Liebe Sara Becker,

 

hier ist wieder Berti Huber. Sie wissen Bescheid? Ich bin der, der Ihre Flaschenpost gegen den Kopf bekommen hat und jetzt mit Ihnen in regem Briefkontakt steht. Was einmal mehr zeigt, dass man Frauen durch das einfache Schreiben eines Briefes ganz leicht Sand in die Augen streuen kann, selbst wenn man (wie ich) tatsächlich keinerlei Sinn für Ästhetik und Sentimentalität hat.

Huch, habe ich mich da jetzt verraten? Nein? Dann werde ich einfach mal über Ihre offensichtlich nicht ganz so guten Erfahrungen mit meinen Geschlechtskollegen hinweggehen und weiterschreiben. Wo war ich stehengeblieben? Ach ja: Ich habe mich schon immer gefragt, ob es dieses PPS nach dem PS wirklich gibt oder ob sich das mal irgendein Scherzbold ausgedacht hat. Aber da ich Sie als gewissenhaft einschätze, nehme ich an, dass es dieses PPS wirklich gibt. Nur, was soll es heißen? Post Postskriptum? Also Postskriptum nach dem Postskriptum? Wäre logisch.

Vielleicht ist es aber auch wieder so ein leiser norddeutscher Humor, den ich nicht verstehe, wie der in Ihrem letzten Brief. Mit feiner Ironie habe ich es nämlich nicht so, ich bin eher der direkte Typ, der, der Ihnen beim Lachen auf die Schulter haut, statt verschmitzt zu zwinkern.

Es ist übrigens nicht so, dass ich auf diesen Schulterklopfer-Wesenszug stolz bin. Manchmal würde ich sogar behaupten, das Gegenteil ist der Fall: Ich würde sogar sagen, ich hasse mich, wenn ich so bin. Trotzdem kommt es manchmal über mich, so als ob ein Wesen von einem anderen Planeten plötzlich in meinem Körper Platz nimmt und ich zu einem grellen, lauten, Sprüche klopfenden Monster werde. Dann haue ich einen Kalauer nach dem anderen heraus, und alle starren mich an oder schauen betreten zur Seite. Ich fühle mich dann einerseits unwohl und andrerseits angestachelt weiterzumachen. Und während ich also Witze von zweifelhafter Art reiße, frage ich mich: Wer ist dieser Mann, der da gerade so im Mittelpunkt steht? Bist du das, Berti? Und wenn ja: Hör sofort auf! Es ist peinlich!

Natürlich gelingt mir das Aufhören dann nicht, denn ich bin ja gerade so schön in Fahrt! Also mache ich weiter.

Erst am nächsten Tag ist mir das Ganze so peinlich, dass ich wünschte, ich könnte im Erdboden verschwinden, müsste nie wieder hinaus in die Welt und mit den Menschen zusammentreffen, mit denen ich am Vortag zusammen war.

Doch das eigentlich Kuriose ist: Den meisten Menschen scheinen meine Clowns-Vorstellungen zu gefallen. Man könnte sogar meinen, ich bin nach solchen Darbietungen in der Gunst meiner Bekannten gestiegen. Und das mit einem Wesenszug, den ich selbst an mir hasse! Ist das nicht irgendwie krank? Schizophren?

Die Leute rufen bei mir an und finden, dass es ein toller Abend war. Ich hasse diese Situationen, denn fast immer lösen sie Ereignisse aus, die mich noch monatelang begleiten.

Sie fragen sich, was das für Ereignisse sind?

Also, da ist zum Beispiel diese Sache mit meiner Nachbarin Petzi (eigentlich heißt sie Petra, aber alle nennen sie Petzi). Bei Petzi, die ein Stockwerk unter mir wohnt, hatte ich monatelang das Gefühl, die Frau mag mich nicht. Sie guckte mich immer mit so einem arroganten Blick an, der mir suggerierte, was für ein Loser ich doch sei. Ich lächelte jedes Mal freundlich, machte einen krampfhaft witzigen Kommentar und hätte mich anschließend dafür ohrfeigen können.

Eines Tages lief diese Petzi jedenfalls mit ihrem komisch federnden Gang und dem arrogant gehobenen Kopf, ihrer viel zu engen Jeans und den unmöglichen Rockabilly-Schuhen an dem Straßencafé vorbei, in dem ich gerade einige Bekannte auf beste Manier unterhielt. Also winkte ich ihr zu, und sie setzte sich zu uns. Es war aus einer Laune heraus, ich wollte die Dame wohl ein bisschen ärgern. Aber ich wusste gleich, dass ich mit Petzi kein Gesprächsthema finden würde, und habe daher ausschließlich Sprüche geklopft. Ich machte mich in ihrer Gegenwart über ihren Gang, ihre Schuhe und über alles lustig, was ich nicht an ihr mochte. Ich neige in solchen Situationen dazu, etwas ungehobelt zu werden, und an diesem Abend war ich sehr ungehobelt. Ich rechnete daher eigentlich auch damit, dass meine Nachbarin aufstehen und empört gehen und mich im Treppenhaus nie wieder grüßen würde, aber Pustekuchen. Am Ende des Abends hatte sie ihren Arm um meine Schultern gelegt. Meine Freunde zwinkerten mir eindeutig-zweideutig zu, nach dem Motto, ich hätte diese Frau ja toll aufgerissen. Doch ich dachte: Moment! In was für einem Film bist du hier bloß gelandet? Wer ist dieser Mann mit dieser komischen Frau im Arm?

(Falls Sie die Story bis hierhin nicht verstanden haben: Ich selbst war dieser Mann …)

 

Nun, was ich eigentlich nur sagen wollte: Solche Sachen passieren einem, wenn man sich als jemand ausgibt, der man nicht ist. (Verdammt, was schreibe ich eigentlich? Einen Ratgeber für alle Lebenslagen?)

Um die Sache kurz zu machen: Offenbar glaubte Petzi an diesem Abend, ich hätte mit ihr geflirtet. Wir gingen zusammen nach Hause, und ich hatte für einen Moment das Gefühl, sie würde hoffen, dass ich sie gleich küsse. Was ich nicht tat!

Seitdem gehe ich jedenfalls nicht mehr ganz so locker durch mein Treppenhaus, denn wenn mich Petzi «zufällig» kommen hört (ich glaube ja, sie wartet stundenlang auf mich, aber das ist eine andere Geschichte), öffnet sie gut gelaunt die Tür und lächelt mich warmherzig an. Manchmal weniger warmherzig als offenherzig, aber das ist vielleicht nur meine Einbildung. (Ich meine, vielleicht trägt eine waschechte Bayerin ja diese tief ausgeschnittenen Kleider, wenn sie gerade Kaiserschmarrn kocht, was weiß ich!) Dann stehen wir einander gegenüber, und ich versuche alles zu tun, um kühl und abweisend zu wirken, was aus irgendeinem Grund völlig falsch rüberkommt. Und dann lehne ich es ab, ihren Kaiserschmarrn zu essen, weil ich schon gegessen habe (Lüge). Oder weil ich abends noch bei meiner Mutter eingeladen bin (halbe Lüge). Und dann denke ich, jetzt hasst sie mich sicherlich für meine abweisende Art (insgeheim hoffe ich sogar, dass sie mich dafür hasst), aber am nächsten Tag steht sie wieder da und fängt mich ab. Und manchmal kann ich nicht mehr anders (dem lieben Frieden zuliebe), dann sitze ich doch bei ihr in der Wohnung oder gehe mit ihr zum Oktoberfest oder zu einem Konzert, für das sie angeblich Karten von ihrem Chef geschenkt bekommen hat. So viel dazu!

 

Langweile ich Sie? Verdammt, jetzt schreibe ich hier über mich so einen Schmarrn (Achtung, feiner Humor!), und Sie denken: Dieser Freak ist auch nicht besser als andere Männer – und er kennt auch noch meine Adresse!!!

Und zu allem Überfluss wissen Sie jetzt noch nicht einmal: Ist dieser Berti Huber nun der direkte Hau-auf-die-Schulter-Typ, oder ist er jemand anderes? Wenn ja: Welcher Typ Mann ist er?

 

Neugierig geworden? Oder bestätige ich Ihre Vorurteile?

 

Okay, dieser Freak beendet jetzt lieber seinen Brief. Erstens, damit er nicht zu lang wird (ich will Sie ja nicht überfordern), und zweitens will ich Sie durch diese Informationsverzögerung natürlich auch bei der «Brieffreundschaftsstange» halten. Geschickt, was?

Im nächsten Brief dann vielleicht auch eine Antwort auf die Frage, warum jemand wie ich alleine an die Ostsee fährt. (Ich höre Sie schon sagen: Na, so neugierig bin ich darauf nun auch nicht.) Aber das Risiko gehe ich ein und verbleibe mit freundlichen Füßen!

 

Ihr

Berti Huber

 

P.S. Ach nichts!

 

P.P.S. Wohnen Sie auch in einem Mehrparteienhaus?

 

P.P.P.S. Für das dröge P. P. S. entschuldige ich mich, aber ansonsten hätte ich die Frage vergessen, die Sie förmlich dazu zwingt, mir den nächsten Brief zu schreiben. (Sie wissen ja: der Tipp meines Bekannten!)

 

P.P.P.P.S. Wo ist denn jetzt nur schon wieder das rote Schleifchen, mit dem ich den Brief dieser netten Frau zubinden wollte, um ihn dann in das modrige Kästchen zu legen? Ach, da ist es ja.

***
***

14. September 2010

 

Liebe Sara Becker,

 

erst einmal bin ich erleichtert. Puh! Ich dachte, nach meinem letzten Brief würden Sie den Kontakt abbrechen. Und als ich Ihren Brief dann voller Vorfreude aufgerissen habe und den ersten Satz las, dachte ich: Sie bricht den Kontakt ab, aber vorher schreibt sie mir noch, was sie von mir hält! Oder wie sollte ich Ihren ersten Satz sonst deuten: Sie müssen sehr einsam sein.

Ein Satz wie ein Keulenhieb.

 

Ich musste erst einmal aufstehen und mir ein Weißbier aufmachen und mich auf den Balkon stellen, wo ich dann lange in den Hinterhof geguckt habe. (Es gibt Leute, die halten den Ausblick von meinem Balkon für magisch, aber dazu später mehr!) Nach einem Schluck Bier überkam mich die Frage: Bist du wirklich einsam?

 

Stille!

 

Dann bin ich zurück zu Ihrem Brief und habe weitergelesen. Hier stellte sich die Erleichterung ein, von der ich in meinem ersten Satz schrieb. Puh!

Was für ein schöner Brief, dachte ich nach der Lektüre und habe mich noch einmal auf meinen Balkon gesetzt. Diesmal mit Ihrem Brief und dem Weißbier. Und als ich da so saß, musste ich schmunzeln, und ein bisschen fühlte ich mich geschmeichelt. Warum? Nun, ganz offenbar waren meine leichtfertig dahingeschriebenen Worte gründlich seziert und genauestens unter die Lupe genommen worden. Das hat mich gefreut!

 

Kann sein, dass ich gleich etwas abschweife, wie es manchmal so meine Art ist, also sage ich es an dieser Stelle noch einmal deutlich: Mir haben Ihre Worte sehr gefallen!

 

So stand ich also auf meinem Balkon, sah am Himmel einem stummen Flugzeug nach, und die Frage, ob ich denn nun einsam bin oder nicht, hallte in mir hin und her. Berti, bist du einsam? Ich, einsam? Lächerlich! Oder?

 

Vier Tage später:

Es tut mir leid, aber ich hatte plötzlich den Faden verloren und musste den Brief ein bisschen liegen lassen. Und ich musste auch ein bisschen nachdenken. Aber ehrlich gesagt, habe ich bis jetzt keine Antwort auf meine Fragen gefunden. Das liegt nicht daran, dass mich die Fragen nicht weiterhin beschäftigt hätten, aber ich muss gestehen, dass ich in meinem Tagesablauf (sollte ich sagen: in meinem Leben?) offenbar keinen Platz für solche Überlegungen freigelassen habe.

Das ist tatsächlich die größte Erkenntnis, die ich nach Ankunft Ihres Brief ziehen konnte: Ich habe mein Leben so eingerichtet, dass ich mich der Frage: «Berti, wie fühlst du dich eigentlich in deinem Leben so?» gar nicht stellen kann.

Ich wache morgens auf, gehe verschlafen in die Küche (manchmal mit freundlichen, manchmal mit unfreundlichen Füßen), mahle Espresso mit meiner elektrischen Mühle (auf die ich sehr stolz bin), fülle den Kaffee ein, mache den Herd an, stelle die Espresso-Kanne auf den Herd, fülle Milch in meinen elektrischen Milchaufschäumer (ein weiteres Lieblingsstück), lasse den Schäumer aber noch aus, gehe mich waschen, was genau so lange dauert, bis der Kaffee durchgelaufen ist und ich den elektrischen Milchaufschäumer endlich anwerfen kann. Schrank auf, Tasse raus, Löffel raus – und ins Schlafzimmer, wo die Klamotten für den Tag hängen. Wenn ich fertig angezogen bin, ist die Milch fertig, und ich trinke meinen Kaffee.

Jetzt wäre Zeit zum Nachdenken? Nein. Während ich den Milchkaffee trinke, schmiere ich mir Brote für das Frühstück im Büro. Wenn ich damit fertig bin, putze ich mir die Zähne (mit einer elektrischen Zahnbürste, mit der ich Erinnerungen an eine spezielle Zeit verbinde), räume währenddessen die Sachen vom Küchentisch, spüle mir den Mund und verlasse die Wohnung (neuerdings gehe ich sehr leise die Treppen herunter – wegen Petzi, meiner Nachbarin …).

Auf dem Weg zum Büro könnte ich nachdenken, sagen Sie? Pustekuchen! Ich fahre mit dem Rad, und das braucht im morgendlichen Berufsverkehr meine volle Konzentration. Im Büro arbeite ich meist hochkonzentriert, und abends sieht es so durchgetaktet aus wie morgens, nur mit wechselnden Aktivitäten: Joggen, Mutter besuchen, Rechnungen schreiben, Tagesschau gucken, einen Freund anrufen, Wäsche waschen, Wäsche zusammenlegen, 15 Seiten Fachbuch lesen, 15 Seiten Roman lesen (ich arbeite die Romane durch, die ich seit Jahren schon lesen wollte), die Klamotten für den nächsten Tag rauslegen, einmal die Woche Geschäftspartner treffen, Schuhe putzen. Im Bett lausche ich dann noch einem Hörspiel, bis ich einschlafe. Meistens brauche ich ein halbes Jahr, bis ich ein Werk durchgehört habe, da ich nach fünf Minuten einschlafe.

Halt, höre ich Sie sagen! Und wann schreiben Sie mir die Briefe? Und außerdem haben Sie, lieber Herr Huber, vorhin geschrieben, dass Sie auf dem Balkon standen und ein Bier getrunken haben. Wann sollte das in Ihrem strammen Tagesrhythmus möglich gewesen sein? Lügen Sie etwa?

Nein, ich lüge nicht, liebe Sara Becker. Seit ich Sie kenne, kommt mein Leben … nun ja … irgendwie durcheinander. (Wobei, «kennen» ist vielleicht etwas übertrieben, ich weiß ja nicht mal, wie alt Sie sind!)

Jetzt gerade zum Beispiel sollte ich im Bett liegen und eine Sachbuch-CD über moderne Kommunikation hören. Aber ich tue es nicht, weil ich Ihnen schreibe! Daher werde ich wohl morgen besonders müde sein und am Abend vielleicht die 15 Seiten Fachliteratur nicht lesen können. Und den Roman? Mal sehen.

 

Ist das jetzt gut? Oder ist das traurig, weil ich feststelle, dass ich für neue Dinge keinen Platz in meinem Leben habe? Andererseits war ich bisher ja nicht unglücklich und brauchte daher keine neuen Impulse in meinem Leben. Vielleicht war sogar alles perfekt … Und nun gerät es durcheinander.

Verdammt! Jetzt ist es so weit: Ich denke doch über mich nach!

 

Aber zu mehr Nachdenken wird es heute nicht mehr kommen. Ich lasse es nicht zu, außerdem fallen mir gleich die Augen zu. Morgen früh werde ich – zwischen Zähneputzen, Geschirr wegstellen und aus dem Haus gehen – diesen Brief frankieren und dann mit dem Fahrrad am nächsten Briefkasten vorbeifahren. Ich werde insgeheim hoffen, dass Sie mir nicht so schnell antworten, denn dann läuft mein Leben weiter in geordneten Bahnen.

Andererseits werde ich jeden Abend begierig in meinen Briefkasten gucken und enttäuscht sein, wenn doch wieder kein Brief drinliegt. Noch dazu werde ich ein schlechtes Gewissen mit mir herumtragen, denn ich habe diesmal nur über mich geschrieben. Nichts über die interessante Frau Becker, ihre messerscharfen Kommentare und ihre (un)freiwillige Männerpause. Dabei hätte ich viel zu dem Thema zu schreiben (und noch mehr zu fragen!), und was ich zu sagen (und zu fragen) hätte, würde Sie sicher interessieren. Aber dazu im nächsten Brief mehr. Der nächste Brief wird ein Sara-Becker-Brief, versprochen!

 

Bis hoffentlich bald

Ihr

Berti Huber

 

P.S. Geschickt, dieser letzte Satz mit dem «Sara-Becker-Brief» von mir, was? Und wie ich Sie damit wieder bei der «Brieffreundschaftsstange» halte. Ich alter Fuchs!

 

P.P.S. Hoffentlich klappt es auch.

 

PPPS. Ab sofort werde ich die Postskripte in korrekter Form anwenden. (Sind Sie Lehrerin?)

***

16. 9.

 

Lieber Berti,

 

Sie scheinen mir nicht nur ein Kalauerkönig, sondern in der Tat auch ein Schlitzohr zu sein. Einen Sara-Becker-Brief anzukündigen, ist wirklich sehr fuchsig und verleitet mich dazu, sofort auf Ihren Brief zu antworten – ohne ihn mit Rotstift zu korrigieren. Ich bin nämlich keine Lehrerin und was Pädagogik angeht daher auch vollkommen talentfrei. Stattdessen freue ich mich, Ihr Leben (das Leben eines fremden Mannes!) oder zumindest Ihren Alltag ein Stück weit durcheinanderzubringen.

Mich amüsiert die Vorstellung, dass Sie jeden Tag (pünktlich) um 19.30 Uhr nach Feierabend mit dem Fahrrad nach Hause fahren (in meiner schmutzigen Phantasie tragen Sie einen Hightech-Helm und Klammern ums Hosenbein). Sie bringen das Rad in den aufgeräumten Keller, damit es auch ja nicht rostet oder geklaut wird. Dann gehen Sie voller Spannung an den Briefkasten. Ihr Herz macht einen kleinen Hüpfer, als Sie meinen blauen Brief entdecken. Schnell schleichen (!) Sie sich an Petzi vorbei zu Ihrer Wohnung. Sie treten bestimmt sorgfältig die Füße ab, bevor Sie hineingehen, um nach zwei Schritten in korrekt aufgestellte Hausschuhe aus Leder zu schlüpfen. Anschließend nehmen Sie sich das kalt gestellte Weißbier aus dem High-End-Nobelkühlschrank (der eine Internetverbindung zum Supermarkt hat) und gehen mit dem Kuvert auf den stets sauberen und ordentlichen Balkon (mit Geranien in akkurat ausgerichteten Blumenkästen mit vollautomatischer Wasserversorgung). Dort lassen Sie sich auf einem aluminiumgebürsteten Designerstuhl (mit perfekt abgestimmten Sitzkissen) nieder und lesen diese Zeilen – halb belustigt, halb beleidigt wegen der fiesen Kommentare in Klammern. (Ich hatte Sie gewarnt!)

Doch das Amüsanteste an dieser Szene kommt erst jetzt: Durch die Lektüre dieser Zeilen gerät Ihr (minutiöser) Zeitplan durcheinander, und Sie laufen Gefahr, Ihre hochgesteckten Tagesziele zu verfehlen und Ihren Tagesrhythmus durch einen einzigen Brief tsunamiartig zu erschüttern. Denn die kostbaren Minuten, in denen Sie für gewöhnlich Ihre (obligatorischen) zwei Scheiben Abendbrot (davon eine mit edlem Schweizer Käse, eine mit Trüffelsalami) einnehmen, vertrödeln Sie nun mit dem Lesen von Gemeinheiten Ihrer noch immer schlecht gelaunten Brieffreundin.

Folglich ist nicht nur die Tagesschau, sondern auch die Bindung zu Ihrer Mutter gefährdet, die sicher damit droht, Sie zu enterben. Schließlich ist sie es gewohnt, dass Sie Rechenschaft darüber ablegen, ob Sie Ihre liebevoll gepflanzten Geranien schon gedüngt und ordentlich zu Abend gegessen haben.

 

Bereuen Sie schon, dass Sie sich auf mich eingelassen haben? Immer noch nicht? Dann kann ich ja noch ein Stück weitergehen und Ihnen rückmelden, dass ich immer größeren Gefallen an dem Gedanken finde, in das Leben eines Fremden einzutauchen. Eines Mannes, der offenbar über Charakterzüge und Eigenheiten verfügt, die mir vollkommen fremd sind. Brote fürs Büro schmieren? Schuhe putzen? Die Kleidung am Vorabend rauslegen? Diese Dinge gehören jedenfalls nicht in einen Sara-Becker-Brief!

Umso größer ist die Spannung auf den angekündigten Brief, den ich zügig erwarte – vor allem jetzt, da ich Ihnen den Gefallen tue und umgehend eine Antwort schicke.

 

Einen schönen, durcheinandergewirbelten Abend noch und liebe Grüße an Ihre Mutter

Ihre Sara B.

 

PS. Wieso ist der Blick von Ihrem Balkon magisch?

 

PPS. Wenn Sie in die Schublade «Technik-Freak» gehören: Wieso schreiben Sie dann überhaupt noch handschriftliche Briefe und keine E-Mails?

 

PPPS. Oder gehören Sie doch in die Schublade «Ästhet»? (Für diesen Fall nehme ich das mit der Hosenklammer und den Geranien wieder zurück.)

***

21. September 2010

 

betr.: Der Sara-Brief

 

Liebe Sara,

 

wenn man einen Sara-Brief ankündigt, sollte man das Versprechen auch einlösen. Das tue ich hiermit, und ich tue es gerne. Allerdings befällt mich gleichzeitig das Gefühl, dass ich etwas verpasse. Ich würde nämlich AUCH gerne auf alle Ihre Anspielungen Ihres Briefes antworten.

Wie mache ich das? Kündige ich am Ende dieses Briefes einen Antwort-auf-Ihre-humorigen-Anspielungen-auf-all-meine-Macken-Brief an? Und würde das nicht bedeuten, dass ich Ihnen damit stets einen Brief hinterherhinke?

Mal sehen, wie ich das Rätsel löse!

 

Nur so viel: dass Sie mich mit Fahrradklammern in Verbindung bringen, hat mich enttäuscht.

 

Aber: Ganz so unrecht haben Sie dann doch nicht. (Ich stecke die Hose in die Strümpfe – was ich jetzt noch mal überdenken werde, weil ich es fast schlimmer finde als eine Klammer.)

 

Auch zu dem Hightech-Kühlschrank muss ich noch etwas sagen: weit gefehlt! In meiner Küche steht ein altes, knallrotes Schmuckstück, das ich einem Kunden abgenommen habe, der es entsorgen wollte. Ich bin stolz, dass er jetzt bei mir steht. (Oh Gott, habe ich zu jedem meiner Haushaltsgeräte ein persönliches Verhältnis? Keine Ahnung, ich frage nachher mal meinen Toaster. Achtung: Witz!)

 

Aber ich schweife ab. Jetzt zu Ihnen. (Hört sich an wie eine Drohung, setzt mich aber viel mehr unter Druck, als es Sie bedrohen wird. Ich könnte den Satz eigentlich löschen, aber dann müsste ich auch diese Sätze in Klammern löschen, und das fände ich schade, also lasse ich ihn einfach stehen.) Nun steht allerdings in den Klammern so viel, dass Sie wahrscheinlich vergessen haben, welchen Satz ich meine. Hier kommt er noch mal: Jetzt zu Ihnen:

Sie haben Stil und Witz!

Sie sind eine intelligente, humorvolle und vermutlich attraktive Frau. (Sonst hätte der Männerfrust sicher noch eine ganz andere Note, keine Ahnung, welche, aber eine andere.) Das Internet war mir bei der Informationsbeschaffung bezüglich Ihres Aussehens leider auch nicht wirklich behilflich. Aber jetzt genug, ich will mich ja auch voll und ganz auf die Analyse der Sara-Briefe konzentrieren.

Also, Sie scheinen viel nachzudenken, und wahrscheinlich möchten Sie sich manchmal gerne bei einem Menschen fallen lassen, denken aber erst einmal darüber nach, ob es auch wirklich sicher ist, sich fallen zu lassen, oder ob Sie lieber noch warten sollten, bis es wirklich sicher ist. Nach einer Weile kommen Sie zu dem Schluss, Sie hätten sich gleich fallen lassen sollen. Denn damit hätten Sie dem anderen Menschen Ihr Vertrauen gezeigt, und der andere hätte Sie bestimmt aufgefangen, aber jetzt ist es sicher zu spät … Oder vielleicht doch nicht? Verdammt, Sie wissen es nicht genau! Und dann ist die Gelegenheit vorüber, und Sie haben sich wieder nicht fallen lassen.

 

Mögen Sie noch weiterlesen? (Ich hoffe es!)

 

Sie wohnen in einem hübschen Haus, und nicht ich bin derjenige, der seine Schuhe vor der Wohnung auszieht, sondern Sie!

Sie hören gute Musik, lesen gute Bücher und sehen gut gemachte, unterhaltsame Filme. Ihre Wohnung ist ordentlich aufgeräumt, alles steht an seinem Platz, und da wird es auch wieder hingestellt, wenn es mal jemand verrückt. Ihr Tag ist ähnlich eingeteilt wie meiner, aber Sie sind sich dessen nicht bewusst. Sie distanzieren sich von Männern wegen einer schlechten Erfahrung und distanzieren sich dabei in Wahrheit gleich von allem, was Ihnen zu nahe kommen könnte – nämlich von tiefen und ehrlichen Gefühlen.

Sie machen das absichtlich, aber eigentlich gefällt es Ihnen nicht. Denn Sie hungern nach Abenteuer, nach neuen Ufern und danach, Ihre Schuhe anlassen zu können, wenn Sie nach Hause kommen. Eigentlich würden Sie sich auch gerne mal im Kühlschrank ein Bier nehmen, Prost sagen und danach laut zu rülpsen!

Und was Ihre Männerphobie angeht, so lassen Sie sich gesagt sein, dass man die Menschen nicht so leicht verurteilen sollte. Ich will ja nicht schlau daherreden, aber nicht jeder Mann ist automatisch schlecht und egoistisch, nur weil Sie mal einen schlechten Griff gemacht haben. Außerdem höre ich meine Mutter und andere kluge Leute immer sagen, dass es zwei Menschen benötigt, einen Tango zu tanzen. Will heißen: Es gibt in den meisten Fällen nicht nur einen Schuldigen, sondern man hat in einer Beziehung auch beim ärgsten Streit immer etwas Mitschuld. (Nun ist es doch so weit: Ich rede schlau daher!)

Ganz schön gemein, sich so etwas anhören zu müssen, was? Aber das haben Sie davon, wenn Sie so böse von mir denken und mich für einen Technik-Freak halten und (unbewusst) in einen Topf mit allen miesen Männern stecken.

 

Stille.

 

Sind Sie noch da, Sara? Mir wird gerade klar, dass so eine Brieffreundschaft auf dünnem Eis steht. (Sagt man das so?) Es könnte Ihnen nicht gefallen, was ich über Sie denke. (Hält der Typ mich für eine gefühlskalte Zicke? (Nein!)) Und dann könnten Sie den Kontakt einfach abbrechen. Zack. Aus die Maus.