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Bessie ist schockiert. Eine Immobilienfirma plant, einen Luxushotelkomplex direkt neben ihrer Teestube zu errichten. Das würde nicht nur das Aus für die kleine Teestube bedeuten, sondern auch die Existenz der anderen Dorfbewohner bedrohen. Der Kampfgeist im Dorf ist geweckt, und so schmieden Bessie und ihre Freunde einen Plan, um den Bau vielleicht doch noch zu verhindern.
Und als ob das nicht schon Aufregung genug wäre, steht eines Tages Liam in Bessies Teestube. Ihr neuer - und äußerst attraktiver - Vertreter für Kaffeebohnen. Bei jedem seiner Besuche fühlt sie sich mehr zu ihm hingezogen. Ihm scheint es genauso zu gehen. Und dennoch spürt Bessie, dass er etwas vor ihr verheimlicht ...
Ein Roman für die Seele - wie ein Urlaub an der rauen und doch zauberhaft schönen Atlantikküste. Wieder mit vielen leckeren Rezepten zum Nachkochen wie zum Beispiel Ingwerkekse, Butterhuhn oder Salted-Caramel-Fudge-Törtchen.
»Herzklopfen in der zauberhaften Teestube in Cornwall« ist Band 2 der Feel-Good-Reihe rund um ein gemütliches Dorf und seiner schrulligen, aber herzlichen Bewohner.
Alle 3 Bände der Reihe:
Neuanfang in der verträumten Pension in Cornwall
Herzklopfen in der zauberhaften Teestube in Cornwall
Glücksgefühle im wunderbaren Lädchen in Cornwall
eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.
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Seitenzahl: 338
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Bessie ist schockiert. Eine Immobilienfirma plant, einen Luxushotelkomplex direkt neben ihrer Teestube zu errichten. Das würde nicht nur das Aus für die Teestube bedeuten, sondern auch die Existenz der anderen Dorfbewohner bedrohen. Der Kampfgeist im Dorf ist geweckt, und so schmieden Bessie und ihre Freunde einen Plan, um den Bau vielleicht doch noch zu verhindern.
Und als ob das nicht schon Aufregung genug wäre, steht eines Tages Liem in Bessies Teestube. Ihr neuer – und äußerst attraktiver – Vertreter für Kaffeebohnen. Bei jedem seiner Besuche fühlt sie sich mehr zu ihm hingezogen. Ihm scheint es genauso zu gehen. Und dennoch spürt Bessie, dass er etwas vor ihr verheimlicht.
Wird Bessie es schaffen, das Chaos in ihrem Herzen sowie in ihrem Leben wieder zu ordnen?
ANGELINA BACH
Für meine MusenKrisi, Carola und Lucia
»Hast du kurz Zeit?« Bessies beste Freundin Elena sah sie bittend an. »Es ist wichtig.«
Es war Wochenende und die Terrasse der kleinen Teestube hoch oben über den Klippen war rappelvoll. Im Sommer verirrten sich manchmal so viele Touristen in das kleine Dorf an der englischen Ärmelkanalküste, dass man schon nicht mehr von einem Geheimtipp sprechen konnte. Aber die Bewohner, von denen etliche vom Tourismus lebten, beschwerten sich nicht, im Gegenteil.
Bessie wischte sich ein paar Schweißtropfen von der Stirn. Die Tische in der Sonne waren alle versorgt, sie konnte sich kurz ihrer Freundin widmen. Was sie wohl Dringendes zu berichten hatte?
Bessie zog Elena am Ärmel zu einem kleinen Tisch am Fenster. So hatte sie die Terrasse weiter im Blick.
»Schieß los«, forderte sie Elena auf.
Bessie sah in das schmale, ein wenig sonnengebräunte Gesicht der jungen Deutschen, die ihr in dem etwas mehr als einem Jahr, das sie sich nun kannten, so wichtig geworden war, dass es sich anfühlte, als kannten sie einander schon ein Leben lang. Eigentlich erstaunlich, dass man selbst mit knapp dreißig noch eine neue beste Freundin finden konnte.
»Es ist so weit!«, Elena verkündete es, als wäre damit alles gesagt. Ihre Augen leuchteten, und ihre Wangen überzog eine feine Rötung.
Sie war wieder zu Bessies Teestube heraufgelaufen. Elena besuchte Bessie häufig auf ihren Runden, wenn sie joggen ging, um »ihr Hirn auszulüften«, wie sie immer sagte.
»Was genau? Ich fürchte, du musst ein wenig konkreter werden«, erwiderte Bessie gutmütig.
Elena packte so plötzlich nach Bessies Händen und hielt sie fest, dass diese erschrocken die Luft anhielt.
»Ich glaube, ich bin schwanger!«
Jetzt verstand Bessie die Aufregung. »Oh, das ist ja wunderbar! Seit wann weißt du es?«
Elena griff in die Tasche ihrer Softshelljacke und zog einen länglichen Gegenstand heraus, den sie Bessie unter die Nase hielt.
»Ein Schwangerschaftstest?«, fragte Bessie sicherheitshalber, obwohl sie die beiden Streifen auf dem Display deutlich erkennen konnte. »Hast du den gerade gemacht?«
Elena nickte eifrig.
Bessie nahm ihr den Test aus der Hand und betrachtete das offensichtliche Ergebnis. »Weiß Damian schon davon?«
Dieses Mal schüttelte Elena den Kopf.
»Dann bin ich die Erste, die die frohe Botschaft überbracht bekommt?«
»Du weißt doch, wie er ist …«, sagte Elena.
Natürlich kannte Bessie Elenas Freund Damian. Sie kannte ihn schon weit länger als Elena. Als die im letzten Jahr zum ersten Mal ins Dorf gekommen war und sich Hals über Kopf in den im ganzen Dorf beliebten Junggesellen verliebt hatte, war Elena sogar davon ausgegangen, dass Bessie selbst Interesse an ihm habe. Doch das war nie der Fall gewesen. Bessie mochte Damian sehr, aber mehr wie einen Bruder. Sie freute sich für ihn und Elena, dass sie sich gefunden hatten und trotz anfänglicher Schwierigkeiten nun so glücklich miteinander waren.
»Macht er sich noch immer so viele Sorgen?«, wollte Bessie wissen.
»Andauernd. Seit wir angefangen haben, ernsthaft über die Familienplanung zu sprechen, schwankt er zwischen Begeisterung und Panik. Er denkt, dass mir oder dem Baby etwas passieren könnte.« Elena seufzte, sie ließ sich den Test von Bessie zurückgeben und steckte ihn wieder in ihre Tasche.
»Das ist aber ja auch verständlich«, entgegnete Bessie. »An seiner Stelle würde ich wahrscheinlich auch so denken.«
»Aber nur, weil damals bei seiner Schwester etwas schiefgegangen ist, heißt das doch nicht, dass das bei uns auch wieder passiert.«
Damians Zwillingsschwester Daisy saß im Rollstuhl und litt an Spastiken, nachdem sie bei der Geburt zu wenig Sauerstoff bekommen hatte. Obwohl sie stark beeinträchtigt war, kannte Bessie keinen fröhlicheren und liebenswürdigeren Menschen als Daisy. Schon allein deshalb hätte Damian, der seine Schwester innig liebte, keine solche Angst zu haben brauchen, dachte Bessie.
»Er wird sich schon daran gewöhnen. Ich gratuliere dir jedenfalls herzlich!«
Elena strahlte von einem Ohr zum anderen. »Danke dir. Ich hoffe, es bewahrheitet sich. Ich muss gleich einen Termin bei einem Frauenarzt ausmachen. Kennst du einen? Ich hab noch keinen gebraucht, seit ich hier wohne.«
»Ich such dir die Adresse raus. Mein Arzt ist in Falmouth. Bei dem bin ich schon lange und sehr zufrieden. Wobei ich natürlich nicht sagen kann, wie er bei Schwangerschaften ist.« Bessie stand auf und ging zu ihrem Tresen, um Elena die Kontaktdaten herauszusuchen.
Elena folgte ihr. Sie konnte vor Aufregung kaum mehr still sitzen.
»Oh Gott, ich bin so … was muss ich denn jetzt alles beachten? Wahrscheinlich sollte ich gar nicht mehr joggen, oder?«
Bessie bedachte die Freundin mit einem nachsichtigen Lächeln. »Ich bin, wie gesagt, keine Spezialistin in Schwangerschaftsberatung. Aber wenn du fundierte Erfahrungswerte willst, frag doch Prue Archer. Wenn jemand wirklich was dazu sagen kann, dann ja wohl sie!«
Die Frau des Pastors der kleinen Gemeinde hatte im Frühjahr ihr achtes Kind zur Welt gebracht. Bessie fragte sich, wie sie das alles unter einen Hut bekam und dann noch die vielen Aufgaben für die Kirche und die Gemeinde, aber offenbar war die Familienplanung im Hause des Pastors noch längst nicht abgeschlossen.
Elena strahlte. »Das ist eine gute Idee! Das werde ich machen. Aber erst einmal muss ich warten, bis Damian nach Hause kommt. Ich denke, der werdende Vater sollte es zuerst erfahren, oder?«
Bessie nickte. »Oh ja, das denke ich auch. Und ich glaube jetzt schon zu ahnen, dass es wahrscheinlich bald keinen Ratgeber geben wird, den er nicht gelesen hat. Stell dich darauf ein, dass du die nächsten Monate wie ein rohes Ei in Watte gepackt wirst.«
Elena lachte. »Da könntest du recht haben. Aber ich freu mich so, dass ich das gern aushalten werde. Ich mache auch alles und halte mich an alles, damit Damian keine Angst um uns haben muss.« Versonnen strich sie sich mit der Hand über den flachen Bauch. Noch sah man ihr nichts an.
»Davon bin ich überzeugt. Du hast dir ja so sehr ein Baby gewünscht. Ein gewünschteres Wunschkind als dieses kann es praktisch gar nicht geben.«
»Wahrscheinlich wird es hoffnungslos verwöhnt.«
Bessie hatte die Adresse im Internet gefunden und schrieb sie für Elena auf einen Zettel. Als sie ihn ihr reichte, sagte sie: »Das kannst du glauben! Wir werden alle unseren Teil dazu beitragen, dass er oder sie ein richtig verwöhntes Prinzlein oder Prinzesschen wird. Was wünschst du dir denn, Mädchen oder Jungen?«
»Beides. Am liebsten je zwei.«
»Vierlinge?« Bessie riss die Augen auf. »Na, ich weiß ja nicht …«
Elena lachte. »Nein. Doch nicht alle auf einmal! Aber nacheinander. Wobei es ja wohl eine genetische Veranlagung für Mehrlingsgeburten gibt, wenn sie in einer Familie schon einmal aufgetreten sind. Und Damian und Daisy sind Zwillinge.«
»Das heißt es, ja.« Bessie warf einen Blick durch die offene Terrassentür. »Bleib noch kurz hier, ich muss mal nach meinen Gästen sehen.«
Sie ging hinaus auf die Terrasse, wo sie der helle Sonnenschein empfing. Der Himmel war ein endloses Azurblau über ihnen, und unterhalb der Klippen auf den brandenden Wellen schaukelten Surfer. Ein Sommertag wie gemalt.
Die Gäste hatten entsprechend gute Laune und bestellten bereitwillig von Bessies hausgemachten Köstlichkeiten. Wenn es doch immer so wäre, dachte sie.
Sie schüttelte die düsteren Gedanken ab, die sie zu befallen drohten. Das Wetter war schön und es gab keinen Grund, schon wieder an die kalte Jahreszeit zu denken. Sie brachte noch eine Reihe Getränke auf die Terrasse und zwei Stücke von ihrem frisch gemachten Mandelkuchen, dann kehrte sie zu Elena zurück.
»Was meinst du, wie soll ich Damian die Neuigkeit mitteilen?«, fragte diese versonnen. »Ob ich eine Überraschung daraus mache?«
Bessie freute sich ehrlich mit ihrer Freundin. Sie wusste, dass es schon lange ihr innigster Wunsch gewesen war, Mutter zu werden. Leider hatte sie mit ihrem Ex in dieser Hinsicht aufs falsche Pferd gesetzt. Zum Glück war Damian rechtzeitig in ihr Leben getreten!
Die beiden würden tolle Eltern abgeben.
»Ich weiß nicht«, erwiderte sie. »Vielleicht backst du ihm einen Kuchen in der Form eines Babyschuhs?«
»Das ist eine tolle Idee!« Elena klatschte begeistert in die Hände. Dann flaute ihre Euphorie gleich wieder ab. »Aber wie mache ich das? Ich hab keine passende Form.«
Bessie überlegte kurz. »Komm mal mit, ich glaube, ich weiß etwas.«
Hinter dem Tresen lag Bessies kleine Küche, aus der heraus sie die Teestube mit Leckereien versorgte. Zielstrebig ging sie zu einem Schrank und zog eine Schublade auf. Darin befanden sich unzählige Förmchen und Ausstecher, die sie für die Herstellung von Cookies, Petit-Fours und anderem Backwerk verwendete. Sie kramte kurz darin, dann hatte sie gefunden, wonach sie gesucht hatte.
Triumphierend hielt sie zwei Ausstechformen hoch. »Wie wär’s damit?«
Elena nahm die Metallförmchen entgegen. Es handelte sich um einen Kinderwagen und einen Schnuller.
Bessie suchte gleich noch weiter und förderte auch noch einen Teddybären und ein Herz zutage. »Die passen auch noch gut dazu. Du könntest Kekse backen und sie mit Lebensmittelfarbe und Zuckerguss glasieren.«
Jetzt war Elena wieder Feuer und Flamme. »Das ist eine wirklich schöne Idee! Danke dir. Ich mach mich gleich auf den Weg. Ich muss einkaufen, und dann belagere ich die Küche von Tante Jo. Bis Damian von der Arbeit kommt, muss alles fertig sein.«
Nachsichtig zog Bessie ein dickes, zerfleddertes Buch aus dem Regal, in dem sie alle ihre erprobten Rezepte sammelte. Nach kurzem Blättern hatte sie auch hier gefunden, was gebraucht wurde: ein einfaches, aber sehr leckeres Cookie-Teig-Rezept. Sie hielt das lose Blatt Elena hin.
»Versuch den, da kann eigentlich nichts schiefgehen. Und Jo kann dir sicher helfen.«
Elenas Tante Jo betrieb im Dorf eine zauberhafte kleine Pension mit einem herrlichen Garten drumherum. Allein wegen Jos Garten kamen jedes Jahr eine Menge Busgruppen her, von denen alle im Dorf profitierten. Nachdem sie aus Liebeskummer von Deutschland nach Cornwall geflohen war, hatte Elena bei ihrer Tante Unterschlupf gesucht. Inzwischen arbeiteten sie zusammen. Denn die gute Jo war zwar eine hervorragende Gärtnerin und eine liebenswürdige Gastgeberin, aber leider eine ganz fürchterliche Buchhalterin. Seit Elena die Bücher führte, lief die Pension wie ein Uhrwerk.
Noch wohnte sie in einem ehemaligen Pensionszimmer und Damian bei seinen Eltern im Keller, doch jetzt, wo Nachwuchs ins Haus stand, war sicher auch die Frage, wo die kleine Familie künftig wohnen wollte, aktuell.
Bessie fragte deshalb: »Wenn ihr jetzt bald zu dritt seid, wo wollt ihr denn dann wohnen? Habt ihr darüber schon nachgedacht?«
»Wir könnten uns bei Damians Eltern die Scheune ausbauen. Das haben sie schon länger angeboten. Aber das ist ziemlich viel Arbeit. Ich weiß nicht, ob wir das hinbekommen, bis das Baby kommt.« Wieder strich sie sich gedankenverloren über den Bauch.
Bessie seufzte leise. So viel Glück!
Ihr selbst war bisher leider kein solches Glück beschieden gewesen. Ihre Ehe war nach acht Jahren gescheitert. Und auch wenn das inzwischen schon wieder einige Jahre her war: Sie hatte seither kein Vertrauen mehr fassen können für eine Beziehung.
»Vielleicht muss das Baby auch erst einmal mit mir in der Pension wohnen«, fuhr Elena fort. »Aber da findet sich bestimmt eine Lösung.«
Bessie warf einen Blick auf die Uhr. »Wann kommt Damian denn nach Hause? Ich will dich keinesfalls loswerden, nur, wenn du noch backen willst …?«
Elenas Blick folgte dem Bessies auf die runde Küchenuhr an der Wand. Sie zeigte vierzehn Uhr. »Oh, du hast recht! Damian ist in London in der Zentrale, aber er wird sicher spätestens um sechs wieder hier sein. Ich muss los!« Elena raffte die Förmchen und das Rezept zusammen, hauchte Bessie einen Kuss auf die Wange und wirbelte zur Tür hinaus.
Bessie sah ihr nach, wie sie in lockeren Trab fiel und über die Sandstraße zum Dorf hin verschwand.
Sie gönnte Elena und Damian alles Glück dieser Welt und doch, Bessie hätte in diesem Moment fiel darum gegeben, auch wieder so glücklich und verliebt zu sein und mit Freude in die Zukunft zu blicken.
Sie verließ ihre Küche und ging auf der Terrasse nach dem Rechten sehen. Ein Wandererpärchen wollte bezahlen. Sie machte die Rechnung fertig und kassierte. Dann räumte sie den Tisch ab und verstaute das benutzte Geschirr im Spüler.
An einem warmen Sommertag, wenn die Terrasse voll war und die Gäste durstig und hungrig, konnte sie sich gar nicht vorstellen, dass bald wieder der Winter kommen würde.
125 g weiche Butter
150 g Zucker
125 g Haferflocken
300 g Mehl
2 Eier
50 g Honig
2 TL Ingwer
Piment, Muskat, Kardamom
Backpulver
150 g Puderzucker
2 TL Zitronensaft
Butter und Zucker mit dem Rührgerät schaumig rühren. Nach und nach die Eier, den Honig und die Gewürze unterrühren. Dann Haferflocken, Mehl und Backpulver zugeben. Wenn der Teig zu weich ist, mehr Mehl hinzufügen. Fertigen Teig für 30 Minuten in den Kühlschrank legen.
Backofen auf 170 °C vorheizen. Den Teig auf der bemehlten Arbeitsfläche dünn ausrollen und beliebige Motive ausstechen. Kekse auf ein Blech mit Backpapier legen und für ca. 15 Minuten goldbraun backen. Danach auskühlen lassen.
Puderzucker sieben und mit dem Zitronensaft zu einem sämigen Guss verrühren. Die Plätzchen damit bestreichen. Nach Belieben verzieren und dann trocknen lassen.
Nachdem sich die Terrasse geleert hatte und die Gäste weitergezogen waren, räumte Bessie das Geschirr ab, wischte die Tische und klappte die Sonnenschirme zu. Unten am Strand waren die Surfer aus dem Wasser gestiegen und trockneten ihre Sachen und sich in den tiefer stehenden Sonnenstrahlen des Spätnachmittags.
Bessie konnte Ryan erkennen, den leicht verrückten, wenngleich auch liebenswerten Inhaber der kleinen Surfschule und Betreiber des legendären Jamaica Inns. Er war unschwer von den anderen Surfern zu unterscheiden. Erstens verriet ihn sein halblanges verwuscheltes Haar und die psychedelisch bunt gemusterten Bermudashorts, zweitens war er von seinen beiden treuen vierbeinigen Begleitern umringt. Bob und Marley, Ryans französische Bulldoggen, hatten im ganzen Dorf ihren Ruf weg, denn sie büxten ihm häufig aus und trieben dann allerlei Unfug.
Ryan musste wieder Besuch haben, denn die Männer am Strand wirkten vertraut miteinander, nicht wie beliebige Gäste des Jamaica Inns, denen Ryan Surfunterricht erteilte. Er schwärmte für die Karibik, verehrte Che Guevara, Bob Marley und den Reggae-Sound, dabei, so überlegte Bessie, konnte sie sich überhaupt nicht daran erinnern, dass Ryan jemals irgendwo anders als hier in Cornwall gewesen wäre. Vielleicht früher, in seiner Jugend. Aber die letzten dreißig Jahre sicher nicht mehr. Dafür bekam er aus der ganzen Welt Besuch. Surfer und darunter häufig wirkliche Profis mit Weltrang stiegen im Jamaica Inn am Ende der Welt ab und ritten Wellen mit dem kauzigen Ryan. Während Bessie ihren Lappen über dem Geländer ausschüttelte, fragte sie sich, woher diese Berühmtheit eigentlich rührte. Sie hatte ihn das noch nie gefragt.
Genauso wenig wusste sie, ob er für dieses Jahr eigentlich gar keine von seinen wunderbaren Strandpartys plante. Wenn sie sich richtig erinnerte, so hatte die Sache mit Elena und Damian im vergangenen Jahr genau auf so einem Fest am Strand endlich Fahrt aufgenommen.
Bessie seufzte.
Vielleicht wäre eine Beachparty ja auch für sie endlich einmal eine Gelegenheit, jemanden kennenzulernen. Wenn sie ehrlich war, dann sehnte sie sich schon danach, jemanden zu haben, der mit ihr das Leben teilte. Oder wenigstens wieder einmal ein bisschen Herzflattern und Schmetterlinge im Bauch spüren!
Bessie war fast dreißig Jahre alt, sie war nicht so schlank wie Elena, aber ihre Figur hatte eine hübsche weibliche Linie. Optisch war sie ein Klischee auf zwei Beinen, mehr Britin konnte man sich beinahe nicht vorstellen: Kupferrote, leicht gewellte Haare fielen ihr bis über die Schulterblätter hinab, ihre Augen waren grün, ihre Haut selbst im Sommer blass und empfindlich, wenn sie sich nicht eincremte, brannte die Sonne sie krebsrot. Im Gesicht und auf den Armen hatte sie Sommersprossen, unter denen sie als Kind sehr gelitten hatte. Heute fand sie, dass sie eben zu ihr gehörten.
Seit sie sich von Cole getrennt hatte, war sie immer sehr darauf bedacht gewesen, ihr Herz ja nicht zu verlieren. Wahrscheinlich hatte sie damit auch den einen oder anderen ernsthaften Bewerber um einen Platz darin abgeschreckt. Aber was ihr passiert war, wollte sie auf gar keinen Fall noch einmal erleben. So verletzt wie Cole hatte sie noch nie ein Mensch. Und es sollte auch nie wieder einem gelingen.
Herrje. Aber ewig allein war ja auch keine Lösung.
Bessie ging zurück zu ihrer Teestube. Sie schloss die beiden Flügel der großen Terrassentür von innen und drehte das Schild von Open auf Closed.
Während sie sich daranmachte, auch hinterm Tresen Ordnung zu schaffen und die Vorbereitungen für den nächsten Tag zu machen, drehte sie ihr Handy lauter, das mit dem Lautsprecher verbunden war und ihre Lieblingsplaylist abspielte.
Die Teestube war immer noch ihr wahr gewordener Traum. Nach dem Befreiungsschlag aus ihrer Ehe gleich die zweite uneingeschränkt richtige Entscheidung in ihrem Leben. Es war nicht groß, aber Bessie konnte hier das ausleben, was sie schon immer am liebsten gemacht hatte: nach Herzenslust backen und neue Rezepte ausprobieren, Gäste bewirten und neue Leute kennenlernen, und sie hatte eine Plattform für ihre Kunstwerke.
Neben der Nutzung des kleinen Häuschens auf den Klippen als Tagescafé für Touristen und Einheimische, stellte Bessie darin auch die selbst gemachten Dinge aus, die sie in ihrer Freizeit fertigte. Die Kreativität kannte in Bessie keine Grenzen. Sie malte, bildhauerte, handarbeitete, schweißte, nähte … und das alles konnte man in ihrer Teestube bewundern und auch käuflich erwerben.
Am liebsten bastelte Bessie mit dem, was sich rund um ihre Teestube fand: Pflanzenteile, Schilfgras, Steine oder Treibgut, das unten am Strand angespült wurde.
Da fiel ihr ein: Sie sollte bald mal wieder bei Ryan vorbeischauen. Der alte Surfer sammelte für sie alles, was an Land gespült wurde.
Mit Musik und ihren Gedanken schaffte Bessie die letzten Handgriffe des heutigen Arbeitstages im Nu. Dann standen die frischen Tassen wieder im Regal über der Kaffeemaschine bereit, Servietten waren gefaltet, Zuckerstreuer aufgefüllt und der Kühlschrank bestückt. Die Kaffeemaschine und der Mixer für die Shakes waren penibel gereinigt und die Arbeitsfläche abgewischt.
Bessie knüpfte ihre Schürze auf und hängte sie für Morgen an den Haken hinter der Tür zur Küche. Ein letzter prüfender Blick: Ja, auch in der Küche war alles tipptopp. So mochte Bessie es. Sie konnte guten Gewissens nach Hause gehen. Vielleicht noch ein Abstecher an den Strand und ein Plausch mit Ryan. Sie ging zur Eingangstür.
Da entdeckte sie den großen Kastenwagen, der gerade vor der Teestube gehalten hatte. Er trug die Aufschrift ihres Kaffeelieferanten.
Oje, hatte sie die Lieferung vergessen?
Normalerweise kam er doch immer in der ersten Woche des neuen Monats. War er im Juni nicht bereits da gewesen? Sie hatte doch gar nichts außertourlich bestellt.
Der Feierabend würde wohl noch warten müssen. Bessie blieb in der Tür stehen und wartete, dass der Mann vom Kaffeedienst ausstieg. Sie kannte ihren Lieferanten schon seit Jahren, es war fast immer derselbe, der sie belieferte. Das Unternehmen hatte auch erst vor ein paar Monaten einen neuen Kaffeeautomaten geliefert, mit dem sie jetzt ganz einfach die neusten Kaffeespezialitäten zaubern konnte. Sie war recht zufrieden damit. Also auch da eigentlich kein Grund für seinen Besuch.
Na, sie würde es schon erfahren, dachte Bessie.
Es dauerte eine Weile, bis die Fahrertür geöffnet wurde. Die Sonne spiegelte sich in den Scheiben, Bessie konnte nicht erkennen, was der Fahrer so lange noch da drinnen trieb. Dann kam er doch hinter der Tür zum Vorschein.
Es traf Bessie unvorbereitet. Der Mann, der in der kaffeebraunen Uniform des Lieferdienstes aus dem Auto stieg, war eindeutig nicht ihr bekannter Ausfahrer.
Dieser hier sah um Längen besser aus. Und er war jünger. Wahrscheinlich eher so in Bessies Alter.
Nicht nur die Uniform war kaffeebraun, auch Gesicht und Hände des jungen Mannes waren braungebrannt. Das schwarze Haar trug er glatt zur Seite gekämmt, das Sonnenlicht brach sich darauf. Der Anzug, den er trug, gab wenig von seinem Körperbau preis, außer einer schlanken Silhouette. Und zwei aufmerksame, tiefbraune Augen sahen sie durchdringend an.
Bessie schluckte unwillkürlich.
Wie kam ein Typ, der ohne Weiteres dem Werbeplakat des Kaffeeherstellers entsprungen sein könnte, zum Job des Auslieferers?
Und wo war ihr üblicher Verkäufer?
Und wieso kam er überhaupt, obwohl sie gar nichts bestellt hatte?
Und warum zum Teufel sah er sie so bedeutungsvoll an?
Bessie schüttelte sich. Die Frage war wohl eher, was mit ihr los war.
Hatte sie es jetzt schon so nötig, dass der bloße Anblick eines hübschen Mannes sie zu Tagträumen hinriss?
Sie überwand die plötzlich über sie gekommene Lähmung und ging ihm entgegen.
»Schönen Guten Tag«, begrüßte er sie und sein Mund verzog sich zu einem breiten Lächeln.
Makellos gerade, strahlend weiße Zähne und zwei jungenhafte Grübchen wurden dadurch sichtbar. Was für ein attraktiver Mann, schoss es Bessie durch den Kopf.
Und sofort schickte sie Was für eine gequirlte Scheiße, die du da denkst! hinterher.
»Guten Tag«, wiederholte sie wenig geistreich.
Dann räusperte Bessie sich und verbannte die anhimmelnden Gedanken aus ihrem Kopf. Das war unprofessionell und unangebracht und überhaupt nicht ihre Art. Also Schluss damit!
Sie standen jetzt voreinander neben seinem Auto. Immerhin war er doch nicht komplett perfekt. Aus der unmittelbaren Nähe war der Unbekannte einen Tick zu klein. Also doch keine Modelkarriere. Wahrscheinlich war es das.
Oh Himmel!, Bessie schalt sich innerlich selbst. Ob du es wohl hinkriegst, dich auf die Arbeit zu konzentrieren? Er ist hergekommen, um dir irgendetwas zu verkaufen.
Da würden mir schon ein paar Dinge einfallen, die ich ihm ohne lange zu überlegen abkaufen würde …
»Sind Sie die Inhaberin der Teestube?«, übernahm er die Gesprächsführung, da sie offensichtlich nicht dazu imstande war.
»Ja, die bin ich.« Bessie zwang sich zu einer geschäftsmäßigen Miene und hielt ihm die Hand hin. »Bessie, nennen Sie mich einfach Bessie.«
Nennen Sie mich einfach Bessie? Oh Gott, das würde kein gutes Ende nehmen mit ihr. Bessie schüttelte sich innerlich vor Abscheu vor sich selbst. Er musste sie ja für grenzdebil halten, wie sie dastand, herumstotterte und ihn anstarrte, als wäre ihr gerade die Jungfrau Maria erschienen.
Eher einer der Erzengel …
War es nicht ein Erzengel, der in Sünde gefallen war und dann als Luzifer die Menschen verführt hatte?
»Sehr erfreut, Bessie. Ich bin Liem Basamatary«, antwortete der gefallene Engel und nahm ihre dargebotene Hand, um sie zu schütteln. »Sie wundern sich wahrscheinlich, dass ich unangemeldet hier auftauche.«
Nein, sie wunderte sich eigentlich gerade nur über sich selbst.
Er ließ ihre Hand wieder los, leider viel zu schnell, und sprach weiter: »Wissen Sie, es hat eine interne Umstrukturierung gegeben. Die Lieferbezirke wurden neu verteilt und ich bin ab jetzt als Regionalmanager für ihre Gegend zuständig. Ich dachte, dass ich mich am besten einfach mal kurz persönlich bei meinen Kunden vorstelle. Für Sie ändert sich selbstverständlich durch den Wechsel überhaupt nichts.« Er strahlte sie gewinnend an.
Das ändert eigentlich alles, dachte Bessie, hatte aber immerhin noch so viel Selbstbeherrschung, um es nicht laut auszusprechen.
Stattdessen murmelte sie: »Schön …«
»Aber ich sehe, ich komme ungelegen. Sie wollten gerade abschließen, richtig?«, fuhr Liem fort. »Das tut mir leid. Ich komme besser ein anderes Mal, wenn Sie mehr Zeit haben.«
Jetzt gelang es Bessie zumindest einen ganzen Satz zu formulieren: »Aber nein, Sie stören überhaupt nicht. Jetzt habe ich besser Zeit als tagsüber, wenn die ganze Terrasse voller Gäste ist. Wollen Sie hereinkommen?«
»Dann sehr gern«, stimmte Liem zu. Er beugte sich noch einmal in das Fahrzeug und gab Bessie die Gelegenheit festzustellen, dass auch seine Rückenansicht ausgesprochen vielversprechend war.
Krass, wie kriegt man so einen Hintern?, fragte Bessie sich und gab es gleichzeitig auf, ihre Gedanken in geordnete Bahnen zurücklenken zu wollen.
Sie hatte offensichtlich zu lange darüber nachgedacht, dass sie gern wieder einmal Herzrasen und Schweißausbrüche beim Anblick eines männlichen Wesens bekommen wollte. Der Himmel, das Schicksal oder sonst eine höhere Macht mit einem seltsamen Sinn für Humor hatte ihr deshalb diesen fleischgewordenen Mädchentraum vorbeigeschickt. War doch eigentlich nett.
Liem kam wieder aus dem Auto hervor und hatte eine Mappe mit Unterlagen in der Hand. Bessie stand wie angewurzelt vor ihm.
»Wollen wir?«, fragte er mit einem so spitzbübischen Grinsen, als habe er jeden einzelnen ihrer unangebrachten Gedanken gelesen.
Bessie schämte sich in Grund und Boden. Sie brachte nur ein Nicken zustande.
Sie führte ihn zur Tür und in den Gästebereich ihrer kleinen Teestube. Jetzt war sie doch sehr froh, dass sie eine regelrechte Ordnungsfanatikerin war und stets penibel darauf achtete, dass alles sauber und einladend aussah.
Liem blieb hinter der Tür stehen und nahm die Atmosphäre in sich auf. »Sehr schön haben Sie’s hier«, stellte er fest, und es klang nach ehrlicher Anerkennung und nicht nur professioneller Schleimerei.
»Danke. Wollen wir uns setzen?« Bessie hielt sich an kurze, unverfängliche Sätze, und es schien, als gewinne sie ihre Sprache langsam wieder.
»Sehr gern. Und falls es keine Umstände macht, würde ich etwas Kaltes trinken.«
»Selbstverständlich, Mr. Basamatary. Keinen Kaffee? Sie haben ihn wohl schon satt?«
Liem schenkte ihr ein Lächeln. »Nein, überhaupt nicht. Kaffee ist meine Leidenschaft. Aber ich bin schon den ganzen Tag unterwegs, und es war doch recht heiß heute.« Zum Beweis, dass er abgekämpft war, schob er den Zeigefinger unter den weißen Kragen seines Hemdes und lockerte den Krawattenknoten ein wenig.
Wenn’s nach mir geht, kannst du die auch gleich ganz ablegen, dachte Bessie.
Dass sie bei einem ersten Kennenlernen sofort Gedanken an eine heiße Affäre im Kopf hatte, gehörte normalerweise auch nicht zu Bessies Art. Aber vielleicht musste man seine Gewohnheiten auch einfach mal über Bord werfen.
»Was kann ich dir denn anbieten, Liem?«, fragte sie. Sie merkte zu spät, dass sie vor lauter Fantasien in ihrem Kopf einen allzu vertraulichen Ton angeschlagen hatte.
Erschrocken biss sie sich auf die Lippen.
»Oh Verzeihung. Was darf ich Ihnen anbieten, Mr. Basamatary?«, korrigierte sie.
»Wir können gern beim Vornamen bleiben«, sagte Liem, und der Blick aus seinen tiefbraunen Augen bohrte sich förmlich in Bessies. »Ganz egal, was am wenigsten Umstände macht.«
Bessie floh hastig hinter ihren Tresen und beugte sich zum Getränkekühlfach hinunter.
Erst einmal tief durchatmen. Ihre Hormone spielten verrückt. Oder sonst irgendetwas Chemisches lief in ihrem Körper ab. Das war nicht normal. Und sie sollte es in den Griff kriegen, bevor sie sich noch um Kopf und Kragen stammelte.
Liem war ein Geschäftspartner. Ein überaus attraktiver, aber ein Geschäftspartner. Er hatte professionelle Absichten, sonst keine. Und auf die sollte sie sich auch beschränken.
Die kalte Luft aus dem Kühlfach legte sich angenehm auf Bessies erhitztes Gesicht. Sie atmete noch einmal tief ein und aus, strich ihr Haar aus dem Gesicht. Dann griff sie nach dem Krug mit der selbst gemachten Limonade und brachte ihn auf ein Tablett. Anschließend befüllte sie es außerdem mit zwei Gläsern und einer kleinen Schale mit Gebäck.
Die Käsekräcker hatte sie erst am Morgen ausprobiert. Es war ein neues Rezept mit reifem Cheddar, und obendrauf hatte sie die eckigen Kräcker wahlweise mit Kümmel oder Salzkristallen verziert.
Das volle Tablett brachte sie an den Tisch am Fenster, an dem Liem Platz genommen hatte und seine Unterlagen ausbreitete. Sie war froh, als sie es auf dem Tisch abstellen konnte. Plötzlich fürchtete sie, sie könnte stolpern und alles auskippen.
Liem sah zu ihr auf und lächelte. Herrgott, wieso musste er eigentlich ständig so lächeln?
Bessie setzte eine, wie sie hoffte, geschäftsmäßige Miene auf. »Bitte schön. Hausgemachte Limettenlimonade mit einem Schuss Ingwer und Cheddar-Kräcker.«
»Oh, wow …« Liem zeigte sich beeindruckt. »Mein Kollege hat mir schon berichtet, was du hier alles zauberst. Aber jetzt, wo ich es selbst sehe, muss ich sagen: wirklich eindrucksvoll.«
Er hatte im Vorfeld mit einem Kollegen über sie gesprochen?
»Na ja«, sagte sie bescheiden. »Meine Philosophie ist, dass möglichst alles handgemacht sein sollte. Das macht mir einfach Spaß.«
»Das merkt man.«
Bessie stellte ein Glas vor Liem auf den Tisch und schenkte es mit Limonade voll. Dann bediente sie sich selbst und setzte sich ihm gegenüber.
»Daher sind wir auch die optimalen Partner für deine Teestube«, kehrte Liem zum Geschäftlichen zurück. Er sortierte seine Unterlagen um und legte Bessie einen Prospekt vor. »Wir haben eine neue Kooperation mit einer Kaffeeplantage aus Karnataka in Indien. Dieser Hersteller produziert nach höchsten ökologischen Gesichtspunkten und – was leider in Indien durchaus nicht selbstverständlich ist – auch nach sehr hohen sozialen Standards. Mich freut es persönlich umso mehr, dass wir diesen Partner gewinnen konnten, weil meine Familie ursprünglich aus Indien stammt.«
Bessie nahm den Prospekt und blätterte darin herum, ohne die Bilder wirklich anzusehen.
Indien also. Das erklärte die Hautfarbe, das dunkle Haar und die dunkelbraunen, leicht mandelförmigen Augen. Spontan sah sie saftig grünen Dschungel, hohe schneebedeckte Berge und farbenfroh gekleidete Menschen vor ihrem geistigen Auge. Der indische Subkontinent war ein Land, das sie schon immer irgendwie fasziniert hatte, obwohl sie noch nie dort gewesen war. Sie sah auch gern die kitschigen Filme aus Bollywood, wo immer so viel gesungen und getanzt und geliebt wurde. Was vermutlich ihre Reaktion auf den hübschen Liem erklärte.
Dieser hatte inzwischen weitergeredet und Bessie hatte kein Wort davon mitbekommen.
»… vermutlich eher mit Tee. Aber das stimmt nicht. Indien ist unter den zehn größten Kaffeeexporteuren der Welt. Die Legende besagt, dass bereits im 17. Jahrhundert Pilger die Kaffeebohne von Arabien nach Indien brachten, wo sie vor allem in der Gegend von Karnataka in Südindien angebaut wurde. Vielleicht waren es auch wir Briten im 18. Jahrhundert während der Kolonialherrschaft. Jedenfalls wird in Indien ein hervorragender Kaffee produziert. Die klimatischen Bedingungen sind optimal für Arabica und Robusta. Arabica-Bohnen gedeihen in den höheren Lagen, wo es etwas kühler ist, Robusta, die zu Unrecht als weniger hochwertige Bohnen gelten, brauchen hingegen ein heiß-feuchtes Tropenklima. Beides kann Indien bieten.«
Bessie konnte nicht unterscheiden, ob es gerade seine Leidenschaft für Kaffee war, von der er vorher gesprochen hatte, oder die Liebe zum Heimatland seiner Eltern, jedenfalls hatte Bessie das Gefühl, dass sie noch nie mitreißender Kaffee verkauft bekommen hatte.
»Wir planen in Zukunft aber auch, Teespezialitäten aus Indien in unser Sortiment aufzunehmen. Wäre dieses Zusatzangebot für dich interessant?« Liem reichte ihr einen weiteren Prospekt.
Für mich ist eigentlich alles interessant, was dich häufiger hierherkommen lässt, dachte Bessie.
Tatsächlich sagte sie jedoch: »Ich verkaufe ziemlich viel Tee hier. Den Neuen von euch müsste ich natürlich erst einmal probieren, bevor …«
»Selbstverständlich«, unterbrach Liem sie eifrig. »Es wird noch ein paar Wochen dauern, bis wir das Programm dahingehend erweitern können, aber ich bringe dir dann gern Proben vorbei. Von den neuen Kaffeeprodukten könnte ich dir heute schon Proben dalassen. Und wenn du ihn gut findest und mehr bestellen willst, gibst du mir einfach kurz Bescheid.«
Ich weiß auf jeden Fall etwas, das ich jetzt schon gut finde. Bessie gönnte sich noch einen verstohlenen Blick entlang von Liems Oberkörper, so weit die Tischkante sie ließ.
»Deine Teestube liegt für mich recht günstig, ich komme auf verschiedenen Touren fast daran vorbei. Ich kann also jederzeit eine Lieferung für dich mitnehmen, wenn du Bedarf hast.«
»Du kannst jederzeit vorbeikommen!« Bessie hatte die Einladung ausgesprochen, bevor sie darüber nachdenken konnte.
Liem lächelte über die Bemerkung hinweg.
»Ich lasse dir die Prospekte hier. Und außerdem eine Aufstellung der Inhaltsstoffe, ich nehme an, dass dir die besonders wichtig sind.« Er reichte ihr noch einen Bogen Papier. »Und dazu noch unsere Preisliste für die Bestellungen.«
Bessie nahm alles entgegen.
Das Verkaufsgespräch näherte sich ganz eindeutig dem Ende. Sie überlegte krampfhaft, wie sie sich den Anblick von Liem noch ein wenig länger erhalten konnte.
Doch er machte ohnehin noch keine Anstalten aufzustehen. Stattdessen legte er seine Unterlagen beiseite und widmete sich der Limonade. »Wirklich sehr lecker. Und herrlich erfrischend.«
»Durch die Limette und den Ingwer ist die Limonade auch ein hervorragender Vitaminlieferant«, pries nun Bessie ihrerseits ihre Produkte an. »Man kann die Mixtur im Winter auch warm trinken. Dann hilft sie, das Immunsystem zu stärken und lindert Erkältungsbeschwerden.«
»Mit einem Schuss Rum könntest du auch einen genialen Grog daraus zaubern«, schlug Liem vor und nahm noch einen kräftigen Schluck aus seinem Glas.
Bessie sah ihn überrascht an. »Das stimmt. Auf die Idee bin ich noch gar nicht gekommen. Vielleicht könnte ich die Limonade jetzt für den Sommer auch mit Weißwein oder Sekt aufgießen. Was meinst du?«
Es gefiel Bessie, sich mit jemandem über Rezepte austauschen zu können, der offensichtlich ebenso viel Leidenschaft für Genuss hatte wie sie selbst.
»Ich denke, dass das gut passen könnte. Aber das wissen wir gleich, hast du Sekt da?«
Begeistert sprang Bessie auf und lief um den Tresen herum. Sie holte eine Piccolo-Flasche Sekt aus der Kühlung, derer sie sich gerade zur rechten Zeit erinnert hatte. Sekt verkaufte sie eher selten, weshalb sie nicht standardmäßig welchen in der Kühlung hatte. Vielleicht sollte sie das ändern.
Sie brachte die kleine Flasche mit zwei passenden Gläsern an den Tisch. Bessie überließ Liem das Öffnen der Flasche. Mit einem satten Plopp sprang der Kunststoffkorken aus dem Flaschenhals, ohne dass dabei auch nur ein Tropfen des sprudelnden Inhalts übergeschwappt wäre. Sekt öffnen konnte er also auch noch.
Bessie ließ sich wieder gegenüber von ihm nieder und schenkte die Gläser, die er jetzt halb mit Sekt befüllte, mit dem Rest der Limonade voll. Das Ergebnis war leicht trüb durch die Limette und prickelnd durch die Kohlensäure des Sekts.
»Moment«, sagte Bessie und lief noch einmal zum Tresen, jetzt voll in ihrem Element.
Rasch schnitt sie eine Limette in Scheiben. Mit den Scheiben kehrte sie zurück und garnierte die beiden Sektgläser.
»Ein Zuckerrand wäre auch noch hübsch gewesen, aber den krieg ich jetzt so schnell nicht hin«, überlegte sie.
Liem hob sein Glas. »Ist auch so hübsch«, versicherte er und ließ sein Glas gegen ihres klingen.
Sie sahen sich in die Augen.
Jedes Mal, wenn seine dunklen Augen sie so intensiv ansahen, hatte Bessie das Gefühl, dass er bis auf den Grund ihrer Seele blicken konnte. Oder zumindest tief in ihre Gedanken, was ihr aktuell ziemlich peinlich war.
Rasch versteckte sie sich hinter ihrem Glas und nippte an der neuen Mixtur. Der Sekt war trocken und harmonierte gut mit der Säure der Limette. Der Ingwer verlieh dem Ganzen zum Abschluss noch einen Hauch Schärfe.
»Perfect«, stellte Liem zufrieden fest.
»Das kommt auf die Karte«, entschied Bessie spontan.
»Well, dann krieg ich aber Provision!« Liem grinste, und erst jetzt bemerkte Bessie dabei, dass seine Eckzähne ein kleines bisschen länger waren als der Rest der Zahnreihe. Vielleicht hatte er nicht nur in Indien Verwandtschaft, sondern auch in Transsilvanien?
Oh nein, stieg ihr jetzt etwa auch noch der Sekt zu Kopf?
Es war eine sehr leichtsinnige Idee gewesen, Sekt zu trinken, obwohl sie davor schon so unerklärlich neben der Spur gewesen war.
»Quatsch«, sagte er, weil sie nicht reagierte. »Nur Spaß. Aber mich würde beim nächsten Mal schon interessieren, wie deine Gäste unsere Mischung fanden.«
Unsere Mischung!Beim nächsten Mal! Bessie überließ sich kurz dem angenehm prickelnden Gefühl, das sowohl vom Sekt als auch von der Aussicht, Liem in Zukunft öfter zu sehen, herrühren mochte. Was konnte es schon schaden, wenn sie sich künftig auf die Kaffeelieferung besonders freute?
Liem war ungewöhnlich lange geblieben, und Bessie hatte jeden Augenblick davon genossen. Sie hatten noch über alles Mögliche geredet. Über Rezepte, Cocktails, darüber, ob Darjeeling- oder Assam-Tee die England-typischere Sorte war, und überhaupt über alle möglichen Themen rund um den Genuss, der zu ihrer beider Leidenschaft gehörte. Daneben auch über Bessies Teestube und Liems neue Aufgabe als Regionalmanager des Kaffeeunternehmens. Und über die Kunstwerke, die Bessie überall ausgestellt hatte.
Als er schließlich in sein Auto stieg, hatte Bessie schon das Gefühl, einen alten Bekannten zu verabschieden.
Er fuhr über die Kiesstraße zum Strand hinunter und verschwand aus ihrem Blickfeld. Doch Bessie stand noch lange vor ihrer Teestube im Schatten, den der Giebel inzwischen auf den Vorplatz warf, und sinnierte darüber nach, was da gerade passiert war.
Konnte es sein, dass man auf den ersten Blick dermaßen für eine an sich fremde Person eingenommen war?
Das Optische war ja das eine. Natürlich war Liem unübersehbar attraktiv. So etwas fiel eben auch schon beim ersten Blick ins Auge. Aber danach hatte sie sich einfach gut unterhalten gefühlt wie schon lange nicht mehr. Er war sympathisch, teilte Interessen mit ihr, und vor allem gab er ihr im Gespräch das Gefühl der ungeteilten Aufmerksamkeit. Das musste er vermutlich, als Verkäufer war er sicherlich gut geschult in Gesprächsführung. Aber das war es nicht allein.
Bessie ging wieder hinein. Eigentlich hatte sie nach Hause gehen wollen, bevor Liem ihre Pläne durchkreuzt hatte. Doch jetzt zog es sie nicht mehr heim. Bessie räumte den Tisch ab, an dem sie mit Liem gesessen hatte und betrachtete dabei versonnen die beiden Gläser, aus denen er getrunken hatte.
Schon etwas lächerlich, dass sie sich beim Anblick des Glasrands fragte, wie sich seine Lippen wohl anfühlten. Ob er ein guter Küsser war?
Wann war sie eigentlich das letzte Mal geküsst worden?
So sehr Bessie auch nachdachte, es wollte ihr nicht einfallen. Abgesehen von freundschaftlichen Küsschen auf die Wange von Elena oder vielleicht auch einmal Ryan oder Damian fiel ihr nichts dazu ein. Traurig irgendwie. Kein Wunder, dass sie sich beim ersten Paar wohlgeformter Männerlippen wünschte, dass sie die Kuss-Durststrecke in ihrem Leben beendeten.
Aber Liems Mund war fast schon zu schön für einen Mann. Gleichmäßig herzförmig geschwungen, Ober- und Unterlippe gleich groß und von einem satten ins Bräunliche gehenden Rotton. Es war die Malerin in ihr, der so etwas auffiel, sagte Bessie sich. Ob sie sein Gesicht aus dem Gedächtnis malen könnte? Sie hatte es immerhin mehr als zwei Stunden lang ausgiebig studiert.
Bessies Ehrgeiz war gepackt. Sie holte die Staffelei hervor und begann, Farben zu mischen. Ein Porträt wollte sie malen. Nach dem ersten Pinselstrich flog die Farbe nur so auf die unbefleckte Leinwand. Dabei versank Bessie wieder in ihren Gedanken.
Seit ein paar Tagen nahm der Wunsch, sich wieder zu verlieben, in ihr bedenkliche Ausmaße an. Vielleicht lag es gar nicht an Liem, dass sie so reagiert hatte. Er war einfach nur zur richtigen Zeit in ihre Reichweite gekommen. Möglicherweise hätte sie auf jeden anderen Mann im passenden Alter, der halbwegs attraktiv war, genauso reagiert. Einfach, weil sie es sich so sehr wünschte.
Aber tat sie das wirklich?
Wo war die Angst, die sie in den letzten Jahren immer davon abgehalten hatte, auch nur in Erwägung zu ziehen, sich einem Mann gegenüber zu öffnen?
War die plötzlich auf unerklärliche Weise verschwunden?
Coles Gesicht erschien in ihrer Erinnerung und überlagerte das von Liem. Bessie musste das Malen unterbrechen. Nein, die Angst war keineswegs weg. Sie war immer noch da und so groß wie eh und je.
Liem aus sicherer Entfernung anzuhimmeln war das eine, aber die Vorstellung, dass er von ihrem Leben Besitz ergriff und sich darin breitmachte, die war immer noch unerträglich.
Was half ein schöner Mann, der zu einer eigentlich Unbekannten freundlich und entgegenkommend war? Das sagte nichts darüber aus, wie er sich in einer Beziehung verhielt.