Himmelblau (Elfenblüte, Teil 1) - Julia Kathrin Knoll - E-Book
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Himmelblau (Elfenblüte, Teil 1) E-Book

Julia Kathrin Knoll

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Beschreibung

NIEDRIGER AKTIONSPREIS NUR FÜR KURZE ZEIT! Gute Luft, einzigartige Wanderwege, himmlische Wälder… Auch wenn die siebzehnjährige Lillian einer schönen Landschaft durchaus etwas abgewinnen kann, kostet sie der Umzug von Hamburg aufs bayerische Land so einige Mühe. In ihrem neuen Wohnort kennt jeder jeden und sie niemanden. Nur eine Person scheint sich dort noch verlorener zu fühlen. Alahrian, der Junge mit den himmelblauen Augen und dem makellosen Aussehen. Dabei lebt er schon seit Jahrhunderten auf der Erde… //Alle Bände der fantastischen Bestseller-Reihe: -- Himmelblau (Elfenblüte, Teil 1) -- Sonnengelb (Elfenblüte, Teil 2) -- Glutrot (Elfenblüte, Teil 3) -- Nebelgrau (Elfenblüte, Teil 4) -- Wiesengrün (Elfenblüte, Teil 5) -- Elfenblüte. Alle fünf Bände in einer E-Box -- Nachtschwarz (Elfenblüte, Spin-off)// Die Elfenblüte-Reihe ist abgeschlossen.

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Im.press Ein Imprint der CARLSEN Verlag GmbH © der Originalausgabe by CARLSEN Verlag GmbH, Hamburg 2015 Text © Julia Kathrin Knoll, 2015 Lektorat: Konstanze Bergner Umschlagbild: shutterstock.com / © Zaretska Olga / © Vojislav Markovic Umschlaggestaltung: formlabor Gestaltung E-Book-Template: Gunta Lauck Schrift: Alegreya, gestaltet von Juan Pablo del Peral

EINE LEGENDE (PROLOG)

Der Junge kam anno 1649 ins Dorf, kurz nach Ende des großen Krieges, der dreißig Jahre lang das ganze Land verwüstet hatte.

Zuerst schenkte ihm niemand Beachtung, es gab viele herumstreifende Waisenkinder dieser Tage, viele entwurzelte Seelen, die weder Heim noch Familie mehr hatten. Doch der Junge war anders, sehr schnell bemerkten das die Dorfbewohner. In den Wäldern zu Hause, streifte er beständig in der freien Natur umher, schien keines Daches über dem Kopf zu bedürfen, keiner Nahrung, keines Schutzes. Tiere reagierten seltsam in seiner Gegenwart, selbst die scheuesten, wildesten Bestien vermochte er zu zähmen, und manche Bauern behaupteten, ihre Felder trügen mehr und schönere Früchte, nachdem er sie betreten hatte.

Viele Menschen holten sich Rat bei dem Jungen, denn er wusste Bescheid über die seltsamsten Dinge, vermochte Streit zu schlichten und Recht zu sprechen. Er kannte eine Menge Heilkräuter, half so manchem Kranken, den der Medikus schon aufgegeben hatte, und konnte Schmerzen lindern und Wunden versorgen.

Einige Dorfbewohner hielten ihn für eine Art Engel; sie glaubten, ihn umgeben von Licht erblickt zu haben, und sie hielten dieses Licht für einen Funken des göttlichen Feuers. Wieder andere jedoch waren überzeugt, er sei ein Dämon, eine Ausgeburt der Hölle, und behaupteten, ihn des Nachts mit dem Teufel tanzen gesehen zu haben, auf der Lichtung, wo früher eine heidnische Kultstätte gestanden hatte. Jene Lichtung, die er beinahe jeden Tag aufsuchte.

Dann kam die Pest ins Dorf und viele Menschen starben, doch einige heilte der Junge, und unter ihnen war auch die Tochter des Bürgermeisters. Aber sie war danach nicht mehr dieselbe, besessen sei sie, sagte ihr Vater. Der absonderliche Knabe habe sie verhext und in seinen Bann geschlagen.

Von diesem Tag an zog der Junge sich in die Wälder zurück und lebte dort in einem Haus, das er selbst gebaut hatte, auf der Lichtung, auf der einst der heidnische Tempel gestanden hatte. Die Dorfbewohner aber sahen das als Beweis seiner Schuld und glaubten nun, er stünde tatsächlich mit Teufeln und Dämonen im Bunde.

Nur wenige Monde später kam der Inquisitor ins Dorf, der Bürgermeister denunzierte den Jungen. Die Dorfbewohner stürmten sein Haus und warfen ihn in den Kerker unter dem Rathaus. Unter Folter gestand er seine Verbrechen, er wurde verurteilt und man zerrte ihn auf den Scheiterhaufen, damit das Feuer ihn von seinen Sünden reinigen möge.

Alle Dorfbewohner sahen zu, wie die Flammen den Jungen einhüllten, und mit seinem letzten Atemzug verfluchte er sie. Da fiel ein tiefer Schatten über das Dorf. Der Junge aber brannte, doch man sagt, er starb nicht. Der Dämon, den er gerufen hatte, rettete ihn aus den Flammen.

An der Stelle aber, wo der Scheiterhaufen gestanden hatte, da fanden die Dorfbewohner am nächsten Morgen die Figur eines steinernen Engels, und der Fluch, der über dem Dorf lag, konnte erst gebannt werden, als man eine Kapelle errichtete, direkt neben der Figur.

Die Kapelle gibt es bis heute, ebenso den Engel, und man sagt, von Zeit zu Zeit sähe man Tränen über dessen steinernes Antlitz rinnen …

Aber das – ist nichts als eine Legende …

DAS DORF

Lilly fühlte einen kalten Schauer über ihren Rücken rinnen. Fast angewidert legte sie die Broschüre beiseite und stopfte sie ins Handschuhfach des gemieteten Umzugsvans. Das bunt bedruckte Faltblatt pries offenbar nicht nur die spärlichen Touristenattraktionen des Dorfes an – gute Luft und einzigartige Wanderwege –, sondern auch die eine oder andere Gruselgeschichte. Vermutlich, um sich selbst einen etwas mystischeren Anstrich zu verleihen.

»Nun, Schneewittchen«, bemerkte ihr Vater und warf Lilly, die Augen kurz von der Straße nehmend, einen hoffnungsvollen Blick zu, »so etwas müsste dir doch eigentlich gefallen …«

»Was?«, gab Lilly übellaunig zurück. »Dass wir an einen Ort ziehen, auf dem ein Fluch liegt?«

Sie bereute ihre Worte sofort. Während der letzten Wochen hatten sie lange und ausführlich genug über den Umzug gestritten, im Grunde hatte sie keine Lust auf eine Fortsetzung. Es war ohnehin zu spät. Die Wohnung in Hamburg stand längst leer, und was noch nicht in ihrem neuen Zuhause angelangt war, das stapelte sich, in Kartons verpackt, hinten im Wagen.

Ihr Vater seufzte entnervt und – wie es schien – ein wenig enttäuscht. »Der neue Job ist viel besser als der alte«, begann er die oft zitierten Argumente erneut aufzuzählen. »Und ich dachte, du magst Lena.«

»Ich mag sie ja auch«, beeilte sich Lilly zu entgegnen und blickte schnell aus dem Fenster, um die aufkeimende Diskussion zu beenden.

Lena war seit wenigen Wochen Lillys Stiefmutter. Und es war nicht gelogen: Sie schien wirklich nett zu sein, Lilly hätte es schlimmer treffen können. Lena arbeitete als Krankenschwester in einer kleinen Klinik mitten im Bayerischen Wald und war Lillys Vater, selbst Herzchirurg, auf irgendeiner medizinischen Messe über den Weg gelaufen. Vergangenes Frühjahr hatten sie geheiratet, dann kam das Jobangebot von Lenas Krankenhaus, alles passte perfekt zusammen und die beiden konnten endlich ihre Fernbeziehung in ein echtes Zusammenleben umwandeln. Mit Haus und Garten und einem gemeinsamen Arbeitsplatz, der es ihnen erlaubte, sich trotz der vielen Nachtschichten und Überstunden regelmäßig zu sehen.

Lilly gönnte es ihnen, aufrichtig. Ihre Eltern hatten sich schon kurz nach ihrer Geburt scheiden lassen, Lilly war bei ihrem Vater aufgewachsen, und der hatte seit ihrer Mutter nie wieder eine ernsthafte Verbindung gehabt. Das neue Patchwork-Familienglück war also okay, der einzige Haken daran war: Musste es unbedingt in Sibirien sein? In der Wüste Gobi? Auf einem Einödhof irgendwo im Himalaja?

Jedenfalls kam es Lilly so vor. Ihr neuer Wohnort lag mitten im Wald, mitten in Bayern. Ein kleines Dorf, das in keiner halbwegs vernünftigen Karte auch nur verzeichnet war. Ach ja, und auf dem ein geheimnisvoller, nicht näher definierter Fluch lag, wie sie soeben erfahren hatte … Nicht, dass Lilly wirklich an so etwas glauben würde …

Dabei würde sie Hamburg vermutlich noch nicht einmal vermissen. Die enge Wohnung mitten in der Innenstadt, die schmutzige Großstadtatmosphäre und die tristen, grauen Straßenzüge. Immer ein wenig zu laut, immer ein wenig verstopft.

Der Himalaja hingegen zeigte sich von seiner absoluten Schokoladenseite. Obwohl die Sommerferien fast vorbei waren, herrschte flimmernde Hitze. Das strahlende Blau des Himmels wurde nur von einigen wattigen, weißen Schäfchenwölkchen unterbrochen und neben der kurvigen Landstraße schimmerte sattes, glänzendes Grün in allen Schattierungen. Auf den Weiden grasten sogar dicke, braun-weiß gefleckte Kühe. Ein Postkartenpanorama, wie es im Buche stand, und trotzdem …

Im Himalaja gab es keinen alten, verschrobenen Professor, der ihr für wenig Geld Klavierstunden erteilte, es gab keine Konzerthäuser, wo man mit günstigen Schülertickets Bach, Mozart und Schumann hören konnte. Ja, in der neuen Schule gab es noch nicht einmal ein schnödes Schulorchester!

Lillys großer Traum schien damit in weite Ferne zu rücken. Sie wollte Musik studieren und Pianistin werden, wie ihre Mutter – ihre Mutter, die ständig unterwegs war, von Auftritt zu Auftritt hetzte, in verschiedensten Städten. Ein solches Leben war nichts für ein Kind und so hatte Lilly zeitlebens bei ihrem Vater gewohnt. Sie wusste, ganz tief in ihrem Inneren, die Musik hatte ihre Familie kaputt gemacht, und doch … Das Klavierspiel war auch Lillys große Leidenschaft.

»Er ist noch nicht angekommen, oder?«, fragte sie unwillkürlich, aus ihren Gedanken erwachend, hoffnungsvoll. »Mein Flügel?«

Ihr Vater schüttelte den Kopf. »Noch nicht.« Er bemerkte Lillys Gesichtsausdruck und lächelte aufmunternd. »Aber ich werde gleich morgen noch mal bei der Speditionsfirma anrufen, versprochen.«

Lilly nickte seufzend und starrte wieder aus dem Fenster. Hinter den Hügeln war schon der Wald zu erkennen, es konnte also nicht mehr weit sein. Eigentlich hatte sie schon immer gern am Waldrand wohnen wollen, unter schattigen Bäumen, morgens von Vögeln geweckt, mitten im Grünen. Aber ohne ihren geliebten Flügel, der irgendwo zwischen ihrem alten und ihrem neuen Zuhause festzustecken schien? Ohne Musikunterricht? Ohne Klang, Ton und Melodie?

Genauso gut hätte sie sich die Hand brechen oder schwerhörig werden können. Schwerhörig wie Beethoven.

Lilly seufzte wieder, lehnte sich auf dem Beifahrersitz zurück und schaltete demonstrativ ihren MP3-Player ein.

***

Das Haus passte zu der Postkartenlandschaft drum herum. Es war groß und weiß, mit grün gestrichenen Fensterläden und einem hölzernen Balkon, von dem üppige, rote Geranien flossen. Früher einmal war es ein Bauernhof gewesen, der Lenas Eltern gehört hatte, heute existierte nur noch der Wohnbereich, Scheunen und Ställe waren abgerissen worden. An deren Stelle befand sich jetzt der Garten, der hinter dem Zaun direkt in den Wald überging.

»Wenigstens haben wir keine direkten Nachbarn«, bemerkte ihr Vater in dem Versuch, Lilly das Ganze schmackhafter zu machen. »Das heißt, niemand wird sich beschweren, wenn du den ganzen Tag Klavier übst.«

»Oh, Nachbarn haben wir schon«, erklärte Lena, die das Auto heranfahren gehört und nun die Einfahrt überquert hatte, um Lillys Vater zu umarmen. »Auf einer Lichtung im Wald gibt es noch eine alte Jugendstilvilla. Zwei Brüder wohnen dort. Der jüngere von beiden müsste in deine Klasse gehen, Lilly. Er ist ein sehr netter Junge.«

Nun, Lena musste es ja wissen, schließlich war sie in diesem Kaff aufgewachsen. Lilly zwang sich zu einem höflichen, wenngleich nicht gerade begeisterten Lächeln. Netter Junge, alles klar …

Rasch drehte sie sich um, lief zum Umzugswagen zurück und begann einige der Kartons hervorzuzerren. Wenigstens hatte sie noch ihre Bücher, wenn schon der Flügel verschollen war!

Das Haus kannte Lilly bereits, sie wusste also, wo ihr Zimmer lag, und schleppte die Kiste selbständig nach oben, ohne sich weiter um Lena und ihren Vater zu kümmern. Die beiden freuten sich bestimmt über ein bisschen Privatsphäre.

Als sie den dritten Karton in ihr neues Zuhause verfrachtet hatte und über den Hof lief, um Nachschub zu holen, bemerkte sie zwei Mädchen auf der anderen Seite der Einfahrt. Die eine war jünger als Lilly, ziemlich unscheinbar, mit langen, geflochtenen Heidi-Zöpfen, die andere das genaue Gegenteil.

Verblüfft hielt Lilly inne. Vor ihr stand Barbie in Fleisch und Blut, wahrhaftig! Rosa lackierte Zehennägel guckten aus glitzernden Riemchensandalen mit halsbrecherischen Absätzen, darüber erstreckten sich bewundernswert lange, gebräunte Beine, die von einem knappen Jeansrock nur unzureichend bedeckt wurden. Auch das pinkfarbene Top, auf dem in Schnörkelschrift tatsächlich Girl Power stand, enthüllte mehr als es verbarg, und zu allem Überfluss war das offene, weit über die Schultern fallende Haar so grellblond, dass Lilly beinahe blinzeln musste.

Wow! Lilly hatte sich für einen weitestgehend vorurteilsfreien Menschen gehalten, aber in diesem Fall … Dieser Fall war eine echte Herausforderung!

Ihr zugegebenermaßen nicht sehr höfliches Starren bemerkend lächelte das Barbie-Mädchen affektiert und stakste elegant auf sie zu. »Hallo«, rief es über den Hof hinweg. »Ich bin Anna-Maria und das hier ist meine Schwester Kathy.« Sie deutete mit einer manikürten Hand auf das schüchterne Mädchen, das noch immer am Zaun stand. »Du musst die Neue sein. Lillian, nicht?«

Lilly nickte zaghaft. In Hamburg wäre so ein Umzug niemandem aufgefallen. Hier schien sich das Ganze ziemlich schnell herumgesprochen zu haben. »Lilly«, verbesserte sie mit einiger Verspätung. »Die meisten nennen mich Lilly.«

»Ah, okay.« Anna-Maria wirkte ein wenig irritiert. »Mein Vater ist Bürgermeister hier im Dorf«, erklärte sie dann, wieder an Selbstbewusstsein gewinnend. »Herzlich willkommen bei uns!«

Kurz befürchtete Lilly, nun eine Art Präsentkorb mit rosa Schleifchen überreicht zu bekommen, doch diese Angst erfüllte sich nicht. Stattdessen bemerkte Anna-Maria mit einer überraschend aufrichtigen Begeisterung: »Wenn du magst, kann ich dir das Dorf zeigen! Wir könnten Eis essen gehen oder so.«

»Hm …« Lilly zögerte einen Moment, in dem sie verstohlen an sich herabblickte: schwarze Sneakers, schwarze Jeans, schwarze Bluse. Neben Anna-Maria würde sie aussehen wie Draculas Tochter persönlich! Andererseits: Das Barbie-Mädchen wirkte netter als erwartet und ein kühles Himbeereis mit Schokosoße war bei dem Wetter allemal eine bessere Aussicht als Kistenschleppen.

»Okay«, meinte sie schließlich, auch wenn ihr Enthusiasmus zu wünschen übrig ließ. »Ich geh nur schnell meinen Vater fragen, ja?« Ein Teil von ihr hoffte, ihr Vater würde es nicht erlauben. Allerdings war der gerade dabei, mit Lena die Wandfarbe für sein neues Arbeitszimmer auszusuchen und nickte nur zerstreut, ohne Lilly weiter zu beachten.

Na schön! Rasch mit den Fingern ihre zerzausten Haare glättend sprang Lilly die Treppe hinunter. Den Blick in den Spiegel vermied sie ganz bewusst.

Wenige Minuten später blickte Lilly sich neugierig im Dorfzentrum um. Kathy hatte sich zu ihrem Bedauern bereits verabschiedet, da sie noch Hausaufgaben zu erledigen hatte, und so schlenderte Lilly allein mit Anna-Maria durch die fremden Straßen.

Es war nicht ganz so schlimm, wie sie es sich vorgestellt hatte, der Ort war größer als gedacht. Es gab eine kleine Bücherei, einige Geschäfte und sogar ein winziges Kino, das jedoch Filme anpries, die mindestens seit einigen Monaten nicht mehr aktuell waren. Beherrscht wurde das Ganze von der beeindruckenden, mittelalterlichen Fassade des alten Rathauses, das mehr wie eine Festung wirkte als wie ein Ort der Bürokratie. Anna-Maria präsentierte es jedoch mit besonderem Stolz, schließlich war dies die Domäne ihres Vaters, des Bürgermeisters. Überhaupt redete sie unaufhaltsam und mit nur wenigen Unterbrechungen. Innerhalb kürzester Zeit erfuhr Lilly so den neuesten Dorfklatsch, die wichtigsten Fakten über die Schule, die Lehrer – und natürlich über die hiesigen Jungs.

Jungs waren immer noch das Thema, als sie sich in der Eisdiele niederließen, der einzigen im Dorf. Aus der Ferne hatte sie schick ausgesehen, im angesagten Retrostil der Fünfzigerjahre, aus der Nähe betrachtet mutmaßte Lilly jedoch, die Einrichtung stamme tatsächlich noch aus der Zeit. Was allerdings auch seinen Charme hatte, wie sie zugeben musste.

Anna-Maria hörte sie mittlerweile nur noch mit halbem Ohr zu, schließlich wollte sie hier ohnehin nicht lange bleiben. Welchen Wert hatte es da, sich einzugewöhnen? Sobald sie achtzehn wurde, würde sie von hier verschwinden, so viel stand fest. Das war dann in zwei Jahren. Eine lange Zeit, wenn man es genau betrachtete …

Lilly zwang sich, von ihrem Getränk aufzusehen, um sich auf Anna-Marias Worte zu konzentrieren.

In diesem Moment sah sie den Engel.

EIN ENGEL IN BLUEJEANS

Er stand an eine Litfasssäule gelehnt in der Sonne, die Gestalt hochgewachsen und schlank, vom Licht eingehüllt wie in einen Mantel aus funkelndem Glas. Seine Haut war weiß wie frisch gefallener Schnee und sie leuchtete, als flössen Ströme von winzigen, bläulich glühenden Flammen durch seine Adern anstatt Bluts. Sein Gesicht war das einer griechischen Statue, fein geschnitten und ebenmäßig, das Haar schimmerte wie hauchfeine, von Samt überzogene Fäden aus Gold und die Augen… Die Augen ließen Lilly den Atem anhalten. Groß und mandelförmig und sonderbar kristallin, so als bestünden sie aus hundertfach geschliffenem Diamant, und dabei leuchteten sie in sämtlichen Blautönen, die Lilly je gesehen hatte, von dunklem Saphir bis zu strahlendem Azur. In diese Augen zu blicken fühlte sich an, als ertränke man in allen Ozeanen zugleich oder als stürze man kopfüber durch den Himmel.

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