Hohlbein Classics - Höllenhaus der Vampire - Wolfgang Hohlbein - E-Book

Hohlbein Classics - Höllenhaus der Vampire E-Book

Wolfgang Hohlbein

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Beschreibung

Jetzt zum ersten Mal als E-Book verfügbar: Die Reihe "Hohlbein Classics" versammelt die frühen Werke von Wolfgang Hohlbein, die seinerzeit im Romanheft erschienen sind.


Die Story: Eine Kette seltsamer Ereignisse hindert Damona King und Mike Hunter daran, in ihre Heimat England zurückzukehren. Anläßlich einer wetterbedingten Zwischenlandung in den Vereinigten Staaten erleben sie mit, wie ein ihnen noch unbekannter Mann von zwei Indianern attackiert wird. Damona und Mike schalten sich ein und schlagen die Rothäute in die Flucht. Sie lernen den Geretteten kennen und erfahren, dass dessen Tocher im nahgelegenen Reservat der Puebloindianer verschwunden ist. Damona und Mike versprechen dem unglücklichen Vater, das Mädchen zu suchen und zu ihm zurückzubringen. Sie gelangen in das Indianercamp und landen in einem Wirklichkeit gewordenen Alptraum. Die Indianer befinden sich wie in alten Zeiten auf dem Kriegspfad. Angestachelt werden sie von ihrem Medizinmann. Und der wird offenbar von einer Macht gesteuert, die nicht von dieser Welt ist ...


"Höllenhaus der Vampire" erschien erstmals am 10.01.1983 unter dem Pseudonym Henry Wolf in der Reihe "Damona King".


Der Autor: Wolfgang Hohlbein ist der erfolgreichste deutschsprachige Fantasy-Autor mit einer Gesamtauflage von über 40 Millionen Büchern weltweit.

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Inhalt

CoverHohlbein ClassicsÜber diese FolgeÜber den AutorTitelImpressumHöllenhaus der VampireVorschau

Hohlbein Classics

Jetzt zum ersten Mal als E-Book verfügbar: Die Reihe »Hohlbein Classics« versammelt die frühen Werke von Wolfgang Hohlbein, die seinerzeit im Romanheft erschienen sind.

Über diese Folge

Höllenhaus der Vampire

Ein Damona King Roman

Eine Kette seltsamer Ereignisse hindert Damona King und Mike Hunter daran, in ihre Heimat England zurückzukehren. Anläßlich einer wetterbedingten Zwischenlandung in den Vereinigten Staaten erleben sie mit, wie ein ihnen noch unbekannter Mann von zwei Indianern attackiert wird. Damona und Mike schalten sich ein und schlagen die Rothäute in die Flucht. Sie lernen den Geretteten kennen und erfahren, dass dessen Tochter im nahgelegenen Reservat der Puebloindianer verschwunden ist. Damona und Mike versprechen dem unglücklichen Vater, das Mädchen zu suchen und zu ihm zurückzubringen. Sie gelangen in das Indianercamp und landen in einem Wirklichkeit gewordenen Alptraum. Die Indianer befinden sich wie in alten Zeiten auf dem Kriegspfad. Angestachelt werden sie von ihrem Medizinmann. Und der wird offenbar von einer Macht gesteuert, die nicht von dieser Welt ist ...

»Höllenhaus der Vampire« erschien erstmals am 10.01.1983 unter dem Pseudonym Henry Wolf in der Reihe »Damona King«.

Über den Autor

Wolfgang Hohlbein ist der erfolgreichste deutschsprachige Fantasy-Autor mit einer Gesamtauflage von über 40 Millionen Büchern weltweit.

WOLFGANG

HOHLBEIN

Höllenhaus der Vampire

Ein Damona King Roman

BASTEI ENTERTAINMENT

Aktualisierte Neuausgabe der im Bastei Lübbe Verlag erschienenen Romanhefte aus der Reihe Damona King

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Lektorat/Projektmanagement: Esther Madaler

Covergestaltung: Christin Wilhelm, www.grafic4u.de unter Verwendung von © shutterstock/Natykach Nataliia; shutterstock/Dmitry Natashin

E-Book-Erstellung: Dörlemann Satz, Lemförde

ISBN 978-3-7325-1452-6

Höllenhaus der Vampire

Gespensterkrimi von Ryder Delgado

Little Ear setzte den Feldstecher ab, fuhr sich mit Daumen und Zeigefinger der Linken über die Augen und reichte das Glas nach kurzem Zögern an Sheriff Watkins weiter. Der grauhaarige Mann starrte sekundenlang zu dem flackernden Lagerfeuer weit vor ihnen hinunter, schüttelte ein paarmal den Kopf und sah Little Ear dann verwirrt an.

»Wenn ich es nicht selbst gesehen hätte ...« Er führte den Satz nicht zu Ende, aber sein Schweigen war fast beredter als alles, was er hätte sagen können. »Deswegen hast du mich also geholt.«

Der Indianer nickte. »Ich konnte es Ihnen nicht sagen, Sheriff«, flüsterte er. »Sie hätten es mir sowieso nicht geglaubt.«

Watkins lächelte, aber es wirkte reichlich verunglückt. »Da hast du wohl recht«, sagte er unsicher. »Ich glaube es ja jetzt noch nicht.«

Er setzte den Feldstecher wieder an und starrte erneut ins Tal hinab.

Little Ear erhob sich vorsichtig auf Ellbogen und Knie und begann die Düne hinabzukriechen. Der lockere Sand gab immer wieder unter ihm nach, sodass er den Hang mehr herabrutschte als wirklich kroch. Unten angekommen, richtete er sich umständlich auf, klopfte sich den Staub aus Hose und Jacke und ging dann zu Watkins Patrol-Car zurück, der im Schutze einiger dürrer Büsche neben der Straße stand. Er öffnete die Beifahrertür, ließ sich auf den Sitz fallen und zündete sich mit erzwungen ruhigen Bewegungen eine Zigarette an.

Er fror mit einem Mal, obwohl es selbst für die Jahreszeit erstaunlich warm war. Sein Blick irrte immer wieder nervös zum Kamm der Düne hinauf, wo Watkins immer noch bewegungslos lag und zum Lager hinunterstarrte.

Es schien Stunden zu dauern, bis der Sheriff endlich zurückkam und sich neben ihn auf den Fahrersitz fallen ließ. Er zog die Tür hinter sich zu, verstaute das Fernglas im Handschuhfach und drehte den Zündschlüssel. Die beiden roten Kontrollleuchten auf dem Armaturenbrett glommen wie zwei winzige böse Augen auf. Aber Watkins verzichtete noch darauf, den Motor zu starten. Er lehnte sich zurück, fuhr sich mit gespreizten Fingern durch das Haar und seufzte hörbar.

»Ich bin ein Feigling, Little Ear, weißt du das?«, fragte er plötzlich. Selbst im schwachen Licht des Mondes war zu erkennen, wie blass er geworden war. Seine Unterlippe zitterte. »Es wäre meine Pflicht, jetzt hinunterzugehen und diese ganze Bande zu verhaften.«

»Sie würden Sie töten, Sheriff«, antwortete der Indianer mit einer Ruhe, die ihn fast selbst erstaunte. »Genau wie die beiden armen Hunde dort unten. Außerdem«, fügte er nach einer kurzen, nachdenklichen Pause hinzu, »sind sie unschuldig. Sie würden den wahren Schuldigen nicht kriegen.«

Watkins nickte, griff nervös nach Little Ears Zigaretten und ließ sein Feuerzeug aufschnappen. »Mein Gott«, murmelte er, »hättest du mir das alles vor einer Stunde erzählt, hätte ich dich zur Ausnüchterung in eine Zelle gesperrt. Oder vielleicht gleich eine Zwangsjacke herausgeholt. Was ist mit deinen Leuten los? Sind sie völlig übergeschnappt?«

Little Ear zögerte zu antworten. »Ich weiß es selbst nicht, Sheriff«, murmelte er schließlich. »Es war alles schon so, als ich vor einer Woche zurückkam.«

»Wie lange bist du fort gewesen?«

Little Ear zuckte die Achseln. »Das ganze Semester. Was immer in sie gefahren ist – es muss während des letzten halben Jahres geschehen sein.«

Watkins schüttelte erneut den Kopf. »Das ist Wahnsinn«, flüsterte er. »Sie stellen Menschen an den Marterpfahl – und das im zwanzigsten Jahrhundert!« Er drückte seine kaum angerauchte Zigarette im Aschenbecher aus, griff nach dem Zündschlüssel und ließ den Motor anspringen.

»Was haben Sie vor?«

Watkins ließ den Wagen vorsichtig zur Straße zurückrollen und langte gleichzeitig nach dem Mikrofon des Funksprechgeräts. »Verstärkung anfordern«, sagte er. »Was sonst? Wenn deine Leute bei ihren alten Sitten bleiben, wird es noch eine Zeit lang dauern, bis sie anfangen, die armen Hunde zu foltern. Vielleicht kommen wir rechtzeitig genug, um das Schlimmste zu verhindern.« Er drückte mit dem Daumen die Ruftaste und wartete darauf, dass der Anruf von der Zentrale beantwortet wurde. Aber aus dem Lautsprecher drang nur statisches Rauschen. Watkins runzelte unwillig die Stirn und drückte hektisch ein paar Knöpfe auf dem Funkgerät. Aber das Knistern und Rauschen blieb.

»Mist!«, sagte er wütend.

»Was ist los?«

»Nichts ist los!«, schnappte Watkins. »Das Mistding ist wieder mal hin. Wir werden bis zum nächsten Telefon fahren müssen.« Er knallte das Mikrofon wütend auf die Gabel zurück und kurbelte wild am Lenkrad, um den Wagen zu wenden. Die beiden Scheinwerfer rissen grelle Lichtstreifen aus der Dunkelheit, und als Watkins Gas gab, schienen die Büsche rechts und links der Straße zu flachen Schemen zu verschmelzen.

Little Ear sah sich immer wieder nervös um. Plötzlich und ohne dass er einen wirklichen Grund dafür hätte angeben können, hatte er Angst, panische Angst. Watkins fuhr schnell, und er wusste, dass es im Lager keinen Wagen gab, der es mit dem Patrol-Car aufnehmen konnte. Trotzdem hatte er Angst.

Auf dem College hatten sie ihm beigebracht, die Welt so zu sehen, wie sie war – klar, übersichtlich, ein unglaublich kompliziertes System, aber gegliedert nach streng wissenschaftlichen und logischen Mustern.

Aber dies hier war nicht das College, sondern die Heimat seines Volkes, das Land, in dem die Indianer seit Jahrtausenden gelebt hatten, die Heimat von Legenden und Sagen, Mythen und uralten Riten.

Ganz egal, welchen Grund er vorgab – er hatte sein Volk verraten, auch wenn er der festen Überzeugung war, es zu seinem Besten zu tun.

Plötzlich musste er wieder daran denken, was sein Großvater einmal gesagt hatte. Sein Großvater war ein stolzer alter Mann gewesen, und er hatte dieses Land bereits gekannt, als es noch den Indianern gehörte, als der weiße Mann es noch nicht vollständig erobert hatte. Er hatte von alten Göttern gesprochen, von den Mächten des Schicksals, die über sein Volk wachten ...

Little Ear schauderte.

»Was hast du?«, fragte Watkins, ohne den Blick von der Straße zu nehmen. Seine Stimme klang gepresst, und Little Ear sah, dass er das Lenkrad so fest umklammerte, als wollte er es zerbrechen. Oder sich daran festhalten. »Angst?«

Little Ear schüttelte hastig den Kopf, lächelte nervös und sagte dann leise: »Ja.«

»Dir geschieht nichts«, versuchte ihn Watkins zu beruhigen. »Ich gebe dir mein Wort, dass niemand erfährt, von wem ich den Tipp habe. Ich setze dich beim Truck Stop ab. Während ich telefoniere, fährst du schon in die Stadt zurück. Du warst nie hier.«

»Ich ... danke Ihnen«, murmelte Little Ear. »Aber das ist ... nicht nötig. Ich stehe zu dem, was ich tue.«

Watkins zuckte die Achseln. »Deine Entscheidung, Junge. Ich dachte nur, es wäre besser.«

Der junge Indianer schüttelte heftig den Kopf. »Ich bin überzeugt davon, das Beste für meine Leute zu tun«, antwortete er. »Irgendjemand hat sie aufgewiegelt.«

»Klar doch«, sagte Watkins. »Du warst ziemlich lange auf dem College, nicht? Es ist nicht mehr so wie früher. Deine Leute beginnen sich zu wehren. Aber das, was sie jetzt tun, ist der falsche Weg.«

»Sie tun es nicht so ganz zu Unrecht, nicht?«

Watkins seufzte. »Natürlich nicht«, sagte er. »Wenn ich in diesem Land etwas zu sagen hätte, sähe es anders aus, Junge. Was mit deinen Leuten geschieht, ist eine schreiende Ungerechtigkeit. Aber das gibt ihnen noch lange nicht das Recht, unschuldige Menschen niederzumetzeln. Wer mit Gewalt vorgeht, provoziert wieder Gewalt. Weißt du, was geschieht, wenn wir zu spät kommen und die drei armen Hunde nicht mehr retten können?«

Little Ear nickte. »Ich kann es mir vorstellen«, sagte er dumpf.

»Ich fürchte, das kannst du nicht«, stieß Watkins hervor. »Es gibt Männer in diesem Teil des Landes, die nur auf so etwas warten. Versuch dir nur mal die Schlagzeilen in den Zeitungen vorzustellen: Indianer stellen Touristen an den Marterpfahl! Das Schicksal deines Volkes ist besiegelt, wenn wir zu spät kommen.«

»Deshalb habe ich Sie gerufen, Sheriff.«

»Und deshalb möchte ich nicht, dass du in Gefahr gerätst«, gab Watkins heftig zurück. »Es sind noch vier Meilen bis zum Truck Stop. In ein paar Minuten sind wir da. Ich werde dort auf Verstärkung warten. Und du schwingst deinen Hintern in den nächsten Wagen und fährst in die Stadt zurück.«

»Aber ...«

»Das ist ein Befehl«, fiel ihm Watkins ins Wort. »Ich kann dich auch verhaften, wenn dir das lieber ist.«

Little Ear antwortete nicht. Watkins meinte es nur gut mit ihm. Es wäre sinnlos gewesen, ihm seine wirklichen Gründe erklären zu wollen.

Sie legten die restliche Strecke schweigend zurück. Der Wagen schoss mit blitzendem Rotlicht und ausgeschalteter Sirene über die Landstraße. Schließlich tauchte der massige Komplex des Truck Stop vor ihnen aus der Dunkelheit auf.

Die Raststätte bestand aus einem lang gestreckten Haupt- und zwei niedrigeren Nebengebäuden, die sich hufeisenförmig um den großen Parkplatz gruppierten. Auf der betonierten Fläche standen vier riesige Trucks, und hinter den erleuchteten Milchglasscheiben der Bar bewegten sich Schatten.

Watkins steuerte den Wagen bis unmittelbar an den Eingang heran, stieß die Tür auf und verschwand mit hastigen Schritten im Haus.

Little Ear zögerte noch auszusteigen. Watkins würde jetzt telefonieren, und schon in wenigen Minuten würde hier die Hölle los sein – genug Aufregung, dass er ungesehen verschwinden konnte. Aber irgendetwas sagte ihm, dass es zu spät war.

Sein Blick glitt unsicher über den dunkel daliegenden Parkplatz. Die Schatten der mächtigen Trucks schienen wie die Umrisse bizarrer Albtraummonster vor ihm aufzuragen. Wieder hatte er ein Gefühl der Kälte.

Er öffnete die Tür, stieg aus und blieb unschlüssig neben dem Polizeiwagen stehen. Er konnte nicht ins Haus gehen. Man kannte ihn hier zu gut. Aber vielleicht konnte er sich hier draußen irgendwo verstecken und einen der Truckdriver bitten, ihn in die Stadt mitzunehmen.

Er zündete sich eine weitere Zigarette an, schlug den Jackenkragen hoch und begann unsicher im Schatten des Hauses auf und ab zu gehen.

Ein dunkler, massiger Schatten glitt am Himmel entlang und verdunkelte für einen Moment die Mondscheibe. Little Ear sah erschrocken hoch.

Aber es war nur ein Adler.

Der Indianer lächelte nervös. Natürlich war es nur ein Tier. Er begann schon, hinter jedem Schatten Gespenster zu sehen.

Er drehte sich um, ging auf einen der Trucks zu und lehnte sich gegen den mächtigen Zwillingsreifen.

»Du hättest das nicht tun sollen, Little Ear«, sagte eine Stimme hinter ihm.

Der junge Indianer fuhr mit einem halb erstickten Schrei herum und starrte in die Dunkelheit zwischen den Wagen. Eine kleine, gebeugte Gestalt begann sich aus der Dunkelheit zu schälen.

»Du hast unser Volk verraten, Little Ear«, sagte Checkwoya. »Wir haben dich nicht auf die Schulen des weißen Mannes geschickt, damit du zum Schluss selbst ein weißer Mann wirst.«

Little Ear wich Schritt für Schritt vor der näher kommenden Gestalt des Medizinmannes zurück. Mit einem Mal war die Angst wieder da, eine eisige, lähmende Angst, die ihm wie eine unsichtbare Faust die Kehle zudrückte.

»Es war ...«, stammelte er. »Ich ... ich musste es tun. Ihr ... ihr macht alles noch schlimmer, wenn ihr unschuldige Menschen tötet.«

»Schweig!«, befahl Checkwoya. Seine dunklen, von einem Netzwerk aus Falten und winzigen Runzeln eingerahmten Augen schienen wie unter einem inneren Feuer aufzuflammen. Der Medizinmann war klein – selbst ohne seine vom Alter gebeugten Schultern hätte er Little Ear kaum bis zum Kinn gereicht –, und seine Schritte waren schleppend und mühsam. Und trotzdem spürte Little Ear mit einem Mal, wie gefährlich dieser dürre alte Mann war.

»Bitte ...«, keuchte er. »Hör mir wenigstens zu. Der Weg, den ihr geht, ist falsch. Ihr ...«

»Du sprichst von Dingen, die du nicht verstehst«, fiel ihm der Medizinmann ins Wort. »Du hast deine Strafe selbst bestimmt, Little Ear. Du weißt, was mit Verrätern geschieht. Du hast gegen die Gesetze der Alten verstoßen, und du sollst nach den Gesetzen der Alten gerichtet werden!«

Little Ear wollte davonlaufen, aber es ging nicht. Der Blick dieser alten, glühenden Augen schien ihn zu lähmen. Seine Glieder gehorchten seinen Befehlen plötzlich nicht mehr.

Checkwoya kam mit schleppenden Schritten näher. Sein Gesicht erschien Little Ear plötzlich fremd; verzerrt zu einer grausamen, mitleidlosen Grimasse, die kaum mehr menschliche Züge hatte. Er hob die Hände und streckte die Finger in einer beschwörenden Geste nach Little Ear aus. Der junge Indianer keuchte, als er sah, wie sich die Finger des Alten verändert hatten. Checkwoyas Hände glichen eher Raubvogelklauen als menschlichen Händen – dünne, von borkiger Haut überzogene Finger, einwärts gekrümmt und mit fürchterlichen Krallen versehen.

Adlerkrallen ... dachte er entsetzt.

Für einen Moment glaubte er wieder den Schatten des Adlers zu sehen, der vor dem Mond entlanggezogen war. Aber er kam nicht mehr dazu, den Gedanken zu Ende zu denken. Checkwoya sprang mit einer behänden Bewegung vor und stürzte sich auf ihn. Sein Mund öffnete sich.

Hinter den blutleeren, gesprungenen Lippen blitzte ein fürchterliches Wolfsgebiss.

***

Die DC 10 der TW-Airlines glitt zum siebenten Male über den Potomac und setzte in einer weit geschwungenen Westkurve zum Wendemanöver an. Von hier oben aus betrachtet wirkte die Stadt wie eine Ansammlung winziger bunter Rechtecke und Würfel, durch die das schmale Band des Flusses wie eine dünne blaue Linie schnitt, die die Landschaft tief unter ihnen willkürlich in zwei asymmetrische Hälften teilte. Das Motorengeräusch war leiser geworden; die Piloten hatten die Leistung der Triebwerke auf ein Minimum gedrosselt, um Treibstoff zu sparen. Sie kreisten jetzt schon länger als eine halbe Stunde über der Stadt. Und die Landung war immer noch nicht in Sicht.

Damona drehte sich seufzend vom Fenster weg und hob die Hand, um die Stewardess heranzuwinken. Die junge Frau in der marineblauen Uniform der TWA lächelte, als sie sich zu ihr herabbeugte; ein berufsmäßiges Lächeln, perfekt geschauspielert, aber nicht echt.

»Miss King?«

»Vermutlich«, begann Damona, »haben Sie die Frage in der letzten halben Stunde schon hundertmal gehört, aber – was ist eigentlich los?«

»Wir haben noch keine Landeerlaubnis, Miss King.«

»Das merken wir auch«, mischte sich Mike ein, wesentlich weniger freundlich und geduldig als Damona. »Aber warum haben wir noch keine Landeerlaubnis?«

Das Lächeln der Stewardess schien ein wenig eisiger zu werden. »Eine Schlechtwetterfront über dem Atlantik, Mister Hunter«, erklärte sie. »Sie hat Washington noch nicht erreicht, aber wir können im Verlauf der nächsten zwei Stunden mit Wolkenbrüchen und Sturm rechnen. Vielleicht sogar mit einem Hurrikan.«

»Dann sollten wir machen, dass wir herunterkommen«, maulte Mike.