Hollywood & Bücherwurm - Daniela Felbermayr - E-Book
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Hollywood & Bücherwurm E-Book

Daniela Felbermayr

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Beschreibung

Die Schriftstellerin Taylor Willows nimmt sich nach der Trennung von ihrem Freund eine Auszeit bei ihren Eltern in Kalifornien, um mit der Vergangenheit abzuschließen, ohne zu ahnen, dass diese wie versessen darauf sind, sie mit dem Sohn der neuen Nachbarin zu verkuppeln, der so ganz nebenbei der begehrteste Junggeselle Hollywoods ist. Nachdem der charmante Dylan Taylor erst Interesse vorheuchelt, sie ihn dann aber dabei ertappt, wie er sich abfällig über sie äußert, ist für sie der Ofen aus und Dylan - trotz seines Hollywoodbonus und seines unwiderstehlichen Charmes - Geschichte, bis die beiden sich auf einem Flug wieder über den Weg laufen und zu allem Überfluss in einem kleinen Nest in Nebraska stranden. Abgeschnitten vom Rest der Welt kommen sie sich rasch näher - und stehen gleich vor einem ganzen Haufen neuer Probleme. Allen voran Jenes: der Hollywoodstar und der Bücherwurm von nebenan - das geht doch gar nicht, oder?

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Inhaltsverzeichnis

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EPILOG

HOLLYWOOD & BÜCHERWURM

2. Auflage 2016

Copyright 2013 by Daniela Felbermayr

Covergestaltung: www.rausch-gold.com, Catrin Sommer

Korrektorat: SW Korrkekture e.U.

[email protected]

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin. Personen und Handlungen sind frei erfunden, eventuelle Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Markennamen und Warenzeichen, die in diesem Buch verwendet werden, sind Eigentum ihrer rechtmäßigen Eigentümer.

1

Es war etwas nach zwei Uhr nachmittags an diesem Montag, als die Whispering Oaks Road ruhig und still dalag, wie es für Straßen in den Vereinigten Staaten an Nachmittagen unter der Woche wohl üblich war, wenn die meisten Anwohner bei der Arbeit und nur ein kleiner Bruchteil, der die Hausfrauen, die Senioren und die Glücklichen, die ihre freien Tage aufbrauchten, einschloss, zu Hause waren. Es war windstill, und aus der Ferne vernahm man das Bellen eines Hundes, es duftete nach frischen Blumen und in einigen Gärten konnte man eifrige Hobbygärtner dabei beobachten, wie sie ihre Blumenbeete auf Vordermann brachten. Ein Rasenmäher röhrte ein Stück die Straße hinunter über einen der gepflegten englischen Rasen, die in der Straße zum guten Ton gehörten und aussahen, als wären sie mit Schere und Lineal in Form geschnitten worden. Es war, wie es immer gewesen war in der Whispering Oaks Road, wie es gewesen war, als Taylor Willows noch ein Mädchen gewesen war und hier gelebt hatte.

Das Taxi hielt am Haus mit der Nummer 3973 und Taylor öffnete die Türe.

„Das macht 23,75, Ma’am“, sagte der spanisch wirkende Taxifahrer (sein Name war Ramon, das hatte er Taylor während der ersten paar Meter Fahrt erzählt) ohne jeglichen Akzent, nachdem er den roten Knopf an der Oberseite seines Taxameters gedrückt hatte. Er erinnerte Taylor ein wenig an den Mann aus dem Werbespot für Tacoworld, eine spanische Fast-Food-Kette, die sich in Manhattan angesiedelt hatte und dessen Hauptwerbeträger ein Mann war, der, bis auf den fehlenden Sombrero und den übergroßen Taco in der Hand, genauso aussah wie Ramon.

Taylor holte ihre längliche Louis-Vuitton-Brieftasche hervor und zog drei Zehndollarscheine daraus hervor. Diese drückte sie dem Mann in die Hand.

„Danke, der Rest ist für Sie“, sagte sie.

„Vielen Dank, Ma’am“, antwortete der Fahrer, zog die Handbremse an und stieg aus dem Wagen, um Taylors Gepäck aus dem Kofferraum zu holen. Er stellte einen Samsonite-Hartschalenkoffer und eine große Louis-Vuitton-Reisetasche auf den Bürgersteig neben Taylor ab.

„Vielen Dank“, sagte diese.

„Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag, Ma’am, und danke für das Trinkgeld!“ Mit diesen Worten stieg Ramon wieder in den Wagen und fuhr Richtung Osten davon.

Taylor drehte sich um und stand direkt vor ihrem Elternhaus. Eine Brise warmer Sommerluft wehte ihr ins Gesicht und trug Oleanderduft zu ihr herüber. In ihr hatte sich ein wohliges Gefühl des Nach-Hause-Kommens ausgebreitet. Auch wenn die Umstände ihres Besuches nicht gerade die erfreulichsten waren – sie hatte sich erst vor zwei Wochen von ihrem Verlobten getrennt und wollte erst einmal Abstand von New York, wo sie seit elf Jahren lebte und als Schriftstellerin arbeitete, und allem dort, was sie an ihren Exfreund erinnerte, gewinnen. Außerdem hatte sie beschlossen, ihren neuen Roman hier in Brentwood zu beginnen und zumindest zur Hälfte hier zu schreiben. Sie wollte alles hinter sich lassen, bevor sie wieder von vorne anfing. Sie wollte einen Schlussstrich unter ihr altes Leben setzen und später, in einigen Monaten, als neuer Mensch zurück nach New York kehren. Nicht, dass sie dies alles nicht auch in Manhattan hätte tun können, doch in ihrem Appartement in Midtown fühlte sie sich, als würde ihr die Decke auf den Kopf fallen. Alles erinnerte sie dort noch an Dave, der noch nicht einmal seinen ganzen Krempel abgeholt hatte, sondern dies dann tun wollte, wenn Taylor nicht zu Hause war. Das Büro war noch immer mit seinen Sachen vollgestellt, und sie hatte ihrer besten Freundin Shannon die Schlüssel dafür gegeben, sollte Dave sein Zeug während ihrer Abwesenheit haben wollen. Es gab eigentlich nichts, was Taylor in New York gehalten hätte, abgesehen von Shannon, mit der sie aber auch via Mail und Telefon in Kontakt bleiben konnte. Seit Jahren hatte sie davon geträumt, sich einfach einmal eine Auszeit von der Stadt zu nehmen, doch während ihrer Beziehung mit Dave, den alles, was nicht topmodern und futuristisch war, anwiderte, war dieses Unterfangen nicht gerade einfach. Außerdem hielt Dave ohnehin nicht viel davon, Urlaub zu machen; und eine Woche, geschweige denn mehrere Monate von zu Hause weg zu sein wäre für ihn einem Weltuntergang gleichgekommen. Obwohl Taylor schon immer davon geträumt hatte, eine Kreuzfahrt zu machen, und Dave ihr des Öfteren versprochen hatte, sie zu begleiten, waren sie, bis auf eine kleine Ruderboottour auf dem Reservoir, zu dem sie ihn überredet hatte, die er aber mehr als albern fand, nicht hinausgekommen.

Sie sah das Haus an und atmete einmal tief durch. Es war die richtige Entscheidung gewesen, hierherzukommen. Hier konnte sie alles hinter sich lassen: ihre Freunde, die sie ausfragten, Dave, der ihr auf die Pelle rückte und sich von Mal zu Mal nicht entscheiden konnte, ob er sie bitten sollte, zu ihm zurückzukehren, oder ob er sie anschreien und beleidigen sollte, weil sie ihn verlassen hatte; ihre Agentin, die sie in dieser und jener Show unterbringen wollte, um über das Buch zu sprechen, das sie noch nicht einmal begonnen hatte. Ihre Mutter und ihre Großmutter, die beide hier lebten, waren hocherfreut, als sie erfuhren, dass Taylor für eine ganze Weile in Kalifornien bleiben wollte.

Sie strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, zog den Teleskopgriff ihres Koffers heraus und nahm die Reisetasche in die rechte Hand. Beinahe konnte sie fühlen, wie ein neuer Abschnitt ihres Lebens begann, sodass sie versuchte, sich die Eindrücke so tief wie möglich einzuprägen und jede Sekunde auszukosten. Sie verharrte einen Augenblick, um die Umgebung, den Moment in sich aufzunehmen, und war froh, wieder zu Hause zu sein – ja, sie bekam fast feuchte Augen, als sie das viktorianische Gebäude, das in Safrangelb angestrichen war und dessen Fenster sich in edlem Weiß absetzten, vor sich sah. Der Vorgarten war wie immer penibel sauber, so wie ihre Großmutter es gerne hatte. Sophie Willows hatte es sich zum Ritual gemacht, jeden Morgen als Allererstes den Garten zu pflegen, Blumen zu gießen oder umzupflanzen und verschiedene Dekorationen hier und dort anzubringen, meist zu einer Tageszeit, an dem andere noch eine Weile lang schliefen. Sie gestaltete den Garten in jedem Monat hier und dort um, hatte Konzepte für mindestens das nächste halbe Jahr und notierte immer, wenn ihr etwas einfiel, neue Ideen. Auf der rechten Seite des kleinen, mit roten Pflastersteinen gesäumten Weges, der zum Haus führte, stand eine schattige Eiche, die Taylor als Kind oft hinaufgeklettert war und an der ein Schaukelbrett gehangen hatte. Vor der Veranda gab es eine Blumenborte, in der frische Sommerblumen blühten.

Sie stieg die fünf Stufen auf die Veranda zum Eingangsbereich hinauf und stand vor der großen, weißen Eingangstüre, die für einundzwanzig Jahre lang ihr Zuhause beherbergte. Die Veranda war so schmuck wie eh und je, der Holzdielenboden war sauber gefegt, im linken Bereich war ein Arrangement aus Rattanmöbeln hingestellt worden. Es würde wunderbar werden, wieder hier zu leben. Sie stellte den Koffer und die Reisetasche ab und ging durch die Tür.

Eine frische Brise aus der Klimaanlage, die stetig und leise ratterte, wehte ihr entgegen, ein Geräusch, an das man sich hier im heißen Kalifornien schon als Baby gewöhnte. Das Haus selbst schien verlassen zu sein. Die Küche, die sich zu ihrer Linken befand, war menschenleer, sauber und aufgeräumt so wie immer. Das kleine Radio, das auf der Anrichte auf dem Fenstersims stand, lief leise und spielte eine Nummer von Johnny Cash. Zu ihrer Rechten führte eine breite Stiege hinauf in den ersten Stock des Hauses, und direkt vor ihr lag das große, geräumige Wohnzimmer, durch das man auch in den Garten des Hauses gelangte.

Taylor ging langsam durch ihr Elternhaus und fühlte sich sofort wieder zu Hause. Ihr wurde bewusst, dass ihr luxuriöses Stadtappartement ihr niemals das Gefühl von Heimischsein so sehr vermitteln können würde, wie es dieses Haus tat, nachdem sie gerade eine Minute wieder hier war. Überall waren Erinnerungen an ihre Kindheit versteckt, wie sie übermütig an ihrem Geburtstag durchs Haus tanzte, wie sie Weihnachten mitten in der Nacht die Treppe hinunterschlich, weil sie Santa dabei überraschen wollte, wie er den Kamin herunterrutschte, wie sie im Garten Osternester suchte oder wie sie einfach mit ihrer Familie im Wohnzimmer saß und einen Film ansah.

Den Flur entlang, links und rechts säumten Bilder aus Kindertagen von Taylor selbst und ihrer Familie die Wände, hier und da stand eine große Bodenvase mit geschmackvollen Sommerblumen. Das Wohnzimmer war menschenleer. Mittelpunkt des großen Raumes war die Wohnlandschaft, die, mittig positioniert, fast den gesamten Raum dominierte. Direkt vor der Wohnlandschaft, die in kräftigem, dunkelbraunem Leder im Kolonialstil gehalten war, stand der Kamin, auf dessen Sims ebenfalls Fotos von Taylor als Kind, ihrer Mutter, ihrer Großmutter und ihrem Großvater zu finden waren. Zwischen den beiden großen Couches stand ein langer Tisch und jeweils links von jeder Couch ein gemütlicher Stuhl im Biedermeier-Design, aus einer Epoche, die Taylors Mutter über alles liebte. Rechts vor den Couches gab es eine gläserne Anrichte, auf der zwei ägyptische Figuren standen, von denen Taylors Großmutter ihr erzählt hatte. Sie und ihre Mutter waren im Frühling in Ägypten gewesen und hätten die beiden Figuren mitgebracht, die sie auf einem Markt in Kairo entdeckt hatten und die perfekt ins heimische Wohnzimmer passten.

Vom Garten aus konnte man Stimmen hören – also würden ihre Mutter und ihre Großmutter dort sein. Taylor warf noch einmal einen Blick auf das Wohnzimmer, als würde sie sich jede kleine Einzelheit einprägen wollen, und ging dann durch die große Verandaflügeltür hinaus ins Freie.

Als Nächstes befand sie sich auf der rückwärtigen Veranda, die sich über die gesamte Rückseite des Hauses zog und von aufwendigen, aber nicht aufdringlichen Säulen gehalten wurde. Links von ihr stand eine weiße Sitzgruppe, an der, schon als sie noch hier gewohnt hatte, täglich, wenn das Wetter es erlaubte, die Familienessen eingenommen worden waren. Rechts stand eine große Hollywoodschaukel, die so gemütlich aussah, dass Taylor beschloss, sie später unbedingt probe zu liegen. Die Veranda war umrahmt mit großen Töpfen mit exotischen Pflanzen, die das Ambiente auf der Veranda perfekt scheinen ließen.

Doch auch hier waren weder ihre Mutter noch ihre Großmutter anzutreffen. Taylors Blick wanderte nach hinten in den Teil des Gartens, wo sich der ganze Stolz ihrer Großmutter befand. Ihr Großvater hatte ihr, noch zu Lebzeiten, einen wunderschönen weißen Pavillon gebaut, der im linken hinteren Teil des Gartens inmitten eines Rosenmeeres stand. Man erreichte den Pavillon durch einzelne, in den Boden eingelassene Steinplatten, die wie ein verwunschener Pfad wirkten. Als Kind hatte Taylor es geliebt, im Pavillon zu spielen. Sie hatte sich vorgestellt, er wäre ein verzaubertes Schloss, aus dem sie nur ein Prinz retten konnte, den sie dann im Schloss/Pavillon heiraten würde.

Und sie hatte recht, ihre Großmutter und ihre Mutter saßen gemeinsam mit einer weiteren Person im Pavillon und tranken ihren Nachmittagstee. Taylor setzte ein Lächeln auf und lief den Weg entlang zurück in den Garten und auf den Pavillon zu.

Ihre Großmutter war die Erste, die sie bemerkte. Sophie Willows hatte gerade einen Schluck Tee trinken wollen, doch als sie sah, wer da den Weg vom Haus entlangkam, stellte sie die Tasse ab, sprang auf und lief die Stufen des Pavillons, dicht gefolgt von Taylors Mutter, hinab.

„Taylor“, rief Sophie und schloss ihre Enkeltochter in die Arme.

Taylor erinnerte sich, dass sie das letzte Mal vor fast einem Jahr hier gewesen war, zu Thanksgiving, damals noch mit Dave, der furchtbar missmutig gewesen war, weil er es hasste, an Familienfesten teilzunehmen. Sie hatte sich zwar vorgenommen, ihre Familie öfter gemeinsam mit Dave zu besuchen, doch sie hatte ihren letzten Roman kurz vor Weihnachten herausgebracht und war in einem Meer von Presseterminen untergegangen, sodass sie den Besuch zu Hause immer und immer wieder vor sich hergeschoben hatte.

„Isst du denn auch genug, Liebes?“, fragte Sophie, als sie von ihrer Enkeltochter abgelassen hatte und sie von oben bis unten musterte.

„Natürlich, Grandma, ich esse wie ein Pferd.“ Taylor lachte. Ihr kam in den Sinn, dass sie vermutlich auch vierhundert Pfund wiegen könnte und ihre Großmutter sie immer noch für zu dünn halten würde.

„O Schatz, du siehst so wunderschön aus“, sagte nun ihre Mutter und schloss Taylor ebenfalls in die Arme. Margret Willows war vierundfünfzig Jahre alt und arbeitete als selbstständige Innenarchitektin. Sie war geschieden und lebte gemeinsam mit ihrer Mutter Sophie in dem Haus, in dem auch Taylor aufgewachsen war. Taylor musste immer ein wenig an die Golden Girls denken, wenn sie an die Wohngemeinschaft ihrer Mutter und ihrer Großmutter dachte, hütete sich aber, ihnen das zu erzählen.

„Hattest du einen guten Flug? Wir dachten, du würdest erst heute Abend ankommen!“

„Ich hab einen früheren Flug genommen“, sagte Taylor und verschwieg, dass sie es in ihrem Appartement nicht länger ausgehalten hatte. Als sie an jenem Morgen aufgewacht war und frühstückte, fühlte sie den Drang, unbedingt sofort nach Brentwood zu fliegen und nicht erst den Flug um zwei Uhr nachmittags zu nehmen. Es war, als würde sich eine tickende Zeitbombe in ihrem Appartement befinden, die jederzeit zu explodieren drohte. Sie hatte sich ein Taxi gerufen, ihr Ticket auf den nächsten Flug umgebucht und stand nun im Garten ihres Elternhauses.

„Wir sind so froh, dass du endlich hier bist“, sagte Sophie und schloss ihre Enkeltochter noch einmal in die Arme. „Und vor allem, dass du dieses Mal länger bleibst!“

„Ich freue mich auch, hier zu sein, Grandma“, sagte Taylor und war überglücklich, zu Hause zu sein. „Ich hätte nie so lange wegbleiben dürfen!“

Gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrer Großmutter schritt Taylor die Treppen zum Pavillon hinauf, wo eine Frau, die wohl etwas älter als ihre Mutter, aber deutlich jünger als ihre Großmutter war, saß. Taylor hatte die Frau noch nie zuvor gesehen.

„Taylor, das ist Ava Knight, sie ist im Februar ins Haus von Mr. und Mrs. Newman eingezogen, nachdem die beiden in ein Seniorenheim umgezogen sind“, sagte Sophie und nahm wieder auf dem Stuhl Platz, auf dem sie gesessen hatte, als sie Taylor erblickt hatte. Taylor erinnerte sich an die Newmans, ein nettes, altes Ehepaar, das aber offenbar gesundheitlich schon ziemlich angeschlagen war, sodass sie den Umzug in ein Seniorenheim bevorzugt hatten. Taylor reichte der Frau die Hand und begrüßte sie.

„Deine Mutter und deine Großmutter haben nicht übertrieben.“ Mrs. Knight lächelte. „Du bist wirklich wunderschön!“

„Vielen Dank“, antwortete Taylor und fühlte sich etwas unbehaglich. Sie war im Winter zweiunddreißig Jahre alt geworden, und ihre Mutter und ihre Großmutter schwärmten immer noch von ihr, als wäre sie eine kleine Prinzessin.

„Und weißt du was?“, fuhr Sophie fort. „Ava war die Babysitterin deiner Mutter, als diese selbst noch ein kleines Mädchen war!“

„Wirklich?“, fragte Taylor und setzte sich auf einen freien Stuhl.

„Ja, wir haben damals schon nebeneinander gewohnt, und Ava hat sich ihr Taschengeld etwas damit aufgebessert, dass sie auf deine Mutter aufgepasst hat, wenn dein Großvater und ich ausgegangen sind!“

„Das ist toll“, sagte Taylor.

„Möchtest du Tee? Kekse? Wir haben extra für dich diese Kekse aus der belgischen Bäckerei besorgt, die du so sehr magst“, sagte Margret und goss ihrer Tochter eine Tasse Tee ein. Taylor hätte zwar lieber in jenem Moment ein Glas Wasser oder noch lieber ein Red Bull getrunken, das sie in New York in Mengen hinunterschüttete, doch sie wusste, wie sehr ihre Mutter und ihre Großmutter ihre Teenachmittage schätzten, sodass sie eine Tasse Earl Grey nahm.

„Leben Sie ganz allein hier, Mrs. Knight?“, fragte sie, nachdem sie einen Schokoladenkeks verspeist hatte, der göttlich schmeckte.

„Ja, mein Mann ist leider im letzten Jahr verstorben, und ich habe es nicht mehr geschafft, in den vier Wänden zu leben, die wir gemeinsam aufgebaut hatten. Ich habe das Haus in Santa Monica verkauft und habe, wie es der Zufall so wollte, das neben deiner Familie erstanden. Ein Wink des Schicksals.“ Ava lächelte. „Die beiden haben mir sehr über eine schwere Zeit hinweg geholfen!“

„Großartig“, sagte Taylor und dachte daran, wie schlimm es sein musste, seinen Ehemann zu verlieren. Im selben Moment hoffte sie, dass sie selbst noch lange niemanden verlieren würde, der ihr am Herzen lag.

„Und weißt du, was noch ein Wink des Schicksals ist, Taylor?“, begann Margret.

„Nein, was?“

„Ava hat einen Sohn in deinem Alter – er ist sechsunddreißig. Und auch er wird seine Mutter ab morgen für ein paar Wochen besuchen kommen!“

Taylors gute Laune schlug etwas in Genervtheit um. Schon als sie ein junges Mädchen gewesen war, hatte ihre Mutter sich liebend gern in ihre Bekanntschaften eingemischt, oftmals mit potenziellen Verehrern gemeinsame Sache gemacht, versucht, sie zu verkuppeln, und grundsätzlich jedem jungen Mann, der nur irgendwie in die Vorstellung des zukünftigen Schwiegersohnes passte, ein Foto von ihr unter die Nase gehalten.

„Und das ist ein Wink des Schicksals, weil …?“, fragte sie und versuchte, nicht allzu zickig zu klingen.

„Na ja, ich meinte ja nur, Dylan kommt her, hat sich im März von seiner Exfreundin getrennt, du hast dich vor zwei Wochen von Dave getrennt …!“

„Mom, ich bin zweiunddreißig, meinst du nicht, du solltest langsam damit aufhören, Verabredungen für mich zu arrangieren?“

„Das ist doch keine Verabredung – es trifft sich nur gut, dass ihr beiden jungen Leute zur selben Zeit hier seid“, wehrte Margret ab.

„Dylan wird dir gefallen, Taylor“, meldete sich nun Ava zu Wort. „Er ist Schauspieler, vielleicht kennst du ihn sogar. Er hat im letzten Jahr in einigen Filmen mitgespielt! Einer davon war Blackout, ein sogenannter Blockbuster!“

„Das ist ja toll für ihn“, antwortete Taylor. „Aber ich bin eher ein Bücherwurm, ich sehe nur wenig fern!“

„Dylan kann dich ja in einen seiner Filme mitnehmen.“ Ava zwinkerte Taylor zu. „Gerade letzte Woche ist einer davon im Kino angelaufen!“

Taylor bemerkte, dass es sinnlos war, den Damen klarzumachen, dass sie an keiner Verabredung mit Dylan Knight, von dem sie noch nie gehört hatte, interessiert war, sodass sie beschloss, vorerst gar nichts zu sagen und ihren ersten Nachmittag in Kalifornien mit ihrer Familie zu genießen.

2

„Na, wie ist es so zu Hause?“

Taylor saß in ihrem alten Kinderzimmer auf dem Bett und telefonierte mit ihrer besten Freundin Shannon in New York. Sie hatte Shannon vor über zehn Jahren kennengelernt, als sie in Manhattan den Job als Sekretärin in einem internationalen Multimediaunternehmen angetreten hatte, in dem sie Shannons Nachfolge antreten sollte. Shannon hatte Taylor eingearbeitet und aus den beiden Frauen waren beste Freundinnen geworden. Als Taylor und Dave sich trennten, war Shannon, obwohl sie verheiratet war, fünf Tage bei ihr gewesen, um ihr aus dem Loch herauszuhelfen, in das sie zweifellos gefallen war.

„Es ist ganz lustig“, antwortete Taylor. „Fast wie eine Reise in die Vergangenheit. Mein Zimmer sieht immer noch so aus wie damals, als ich nach New York gegangen bin. Meine Mum fragt immer noch alle halbe Stunde, ob ich Hunger oder Durst habe. Sie mästen mich mit Keksen und Schokolade und haben alles eingekauft, was mir irgendwann mal als Kind geschmeckt hat. Ach ja, und sie haben ein Date für mich vereinbart!“

„Ein Date? Wer?“

„Meine Mum, meine Großmutter und die Nachbarin. Deren Sohn kommt morgen ebenfalls für einige Zeit hierher, und sie meinten, wir sollen miteinander ausgehen!“

„Ist doch toll“, sagte Shannon. „Ich denke, du kannst etwas Ablenkung von den vergangenen Wochen gut brauchen!“

„Trotzdem finde ich es anstrengend, wenn die Eltern einem ein Date abmachen, immerhin bin ich alt genug, das selbst zu tun, wenn mir danach ist“, sagte Taylor.

„Vielleicht ist ja gerade DAS der Grund.“ Shannon lachte. „Du bist zweiunddreißig und immer noch nicht unter der Haube. Was weißt du eigentlich über den Typen? Vielleicht ist er ja nett?“

„Eigentlich nichts. Nur, dass er Dylan heißt und angeblich Schauspieler ist. Vermutlich einer dieser ‚Schauspieler‘, die in New York an jeder Ecke rumstehen und die nicht darüber hinauskommen, irgendeine Statistenrolle in einem B-Movie zu übernehmen!“

„Hast du ihn schon gegoogelt?“, fragte Shannon, die irgendwie davon ausging, dass Taylor sich mit dem Schauspieler treffen würde. „Die meisten B-Movie-Statisten haben eigene Websites, auf denen sie sich selbst anpreisen. Erst kürzlich habe ich eine Reportage darüber gesehen, dass die das so machen.“

„Nein, er interessiert mich ja noch nicht einmal. Vermutlich werde ich zwangsweise den einen oder anderen Tag mit ihm verbringen müssen, weil unsere Familien der Ansicht sind, dass wir gut zusammenpassen, und so lange keine Ruhe geben werden, bis wir miteinander ausgegangen sind. Mehr aber auch nicht! Wenn er halbwegs normal ist, wird er diese Aktion genauso dämlich finden wie ich!“

„Ach, komm schon, es wäre sicher witzig, wenn wir mehr über ihn erfahren würden“, drängte Shannon. „Wie heißt er denn, ich sitz grad vorm Computer!“

„Dylan. Dylan Knight“, sagte Taylor.

„WAS?!“, schrie Shannon ins Telefon, sodass Taylor zuerst dachte, ihr Mann hätte ihr eine unglaubliche Mitteilung gemacht.

„Hallo“, sagte sie deshalb.

„Taylor … sagtest du soeben Dylan Knight? Du verarschst mich doch, oder?“

„Nein, ich verarsche dich nicht. Sollte man ihn kennen?“

„Sollte ein Katholik den Papst kennen?“

„Ach, komm schon!“

„Du verarschst mich doch jetzt wirklich, oder?“

„Nein, aber du machst mir allerdings ein bisschen Angst“, antwortete Taylor und erkannte ihre Freundin gar nicht wieder.

„Taylor, Dylan Knight wird als der neue Brad Pitt Hollywoods gehandelt; grad kürzlich hab ich einen Artikel darüber gelesen. UND laut einer Umfrage finden ihn über achtzig Prozent der Befragten heißer als George Clooney. Außerdem war er zu Gast bei Conan O’Brien. Er hat in den letzten drei Jahren in zehn Hollywood-Blockbustern mitgespielt. Du musst ihn einfach kennen!“

„Tja, du weißt doch, dass ich meine Nase lieber in Bücher stecke, als mir Filme anzusehen. Ich werde ihn nachher mal googeln. Allerdings schreckt mich die Vorstellung, mit so einem ein Date zu haben, noch viel mehr ab als jene, ein Date mit einem verarmten, drittklassigen Möchtegern-Schauspieler zu haben, der nur in B-Movies auftritt! Mein Gott, was wird das wohl für ein eingebildeter Knilch sein. Und wenn er eine Hollywoodgröße ist, wird er mit Sicherheit unglaublich scharf drauf sein, mit einer wie mir ein Date aufgezwungen zu bekommen.“

„Dir ist doch hoffentlich klar, dass ungefähr die halbe Welt mit dir tauschen wollen würde, Taylor, oder?“, sagte Shannon.

„Vielleicht ist es ja gar nicht DIESER Dylan Knight. Vielleicht ist es nur eine Namensgleichheit oder der Typ hat sich den Namen als Künstlernamen gegeben, weil er meint, dadurch mehr Engagements zu bekommen!“

„Möglich“, sagte Shannon. „Aber es wäre dennoch der Hammer, wenn es wirklich der richtige Dylan Knight ist. Meinst du, kannst du mir dann ein Autogramm von ihm besorgen?“

„Shannon“, begann Taylor.

„Jetzt sieh ihn dir erst einmal an“, antwortete diese. „Und gib mir sofort Bescheid, wenn du weißt, ob er der Richtige ist oder nicht. Ich muss jetzt Schluss machen. Wir telefonieren morgen, okay? O Mann, du wirst Dylan Knight kennenlernen, ich würde meinen rechten Arm dafür geben, mit dir tauschen zu können!“

Die beiden beendeten das Gespräch und Taylor schlüpfte unter ihre Decke. Es war ein merkwürdiges Gefühl, in ihrem alten Bett zu liegen, das sich immer noch so anfühlte wie damals, als sie noch hier gelebt hatte. Sie zog die Decke bis unters Kinn und seufzte. Ein Blind Date, das ihre Eltern für sie arrangierten, war schon schlimm genug. Ob sie ein Blind Date mit einem eingebildeten, abgehobenen Hollywoodstar haben wollte, der sie von oben herab behandelte, weil sie kein abgedrehtes, magersüchtiges Starlet war – über die Antwort auf diese Frage musste sie nicht lange nachdenken.

3

Der nächste Morgen begann für Taylor wunderbar. Sie hatte bis acht Uhr morgens geschlafen und dann mit ihrer Mutter und ihrer Großmutter auf der Veranda – wie früher – gefrühstückt. In New York hatte sie das Frühstücken aufgegeben. Sie war viel zu gestresst, um sich morgens Zeit für eine ausgiebige Mahlzeit zu nehmen, sodass es meist nur für ein Red Bull reichte, das sie aus dem Kühlschrank holte, wenn sie das Appartement verließ, und das sie auf dem Weg zur U-Bahn trank.

Anschließend war sie in die Stadt gefahren, um etwas zu shoppen und ihre Badezimmerartikel auf den neuesten Stand zu bringen. Sie liebte die kleinen Läden in den Seitenstraßen von Brentwood, fernab von den Designerläden, die sich auf der Hauptstraße angesiedelt hatten. In New York kaufte sie selbst größtenteils in diesen Designerläden ein, doch hier in Brentwood genoss sie es, von einer kleinen Boutique zur nächsten zu schlendern oder sich in Secondhand-Läden zu verlieren. Als sie zurück zu dem Ford Taurus ihrer Mutter kam, hatte sie ein Vintagekleid und die dazu passende Tasche gefunden. Im Drugstore hatte sie ein kleines Vermögen ausgegeben. Ihre Mutter hatte zwar jede einzelne Pickelcreme, jeden Abdeckstift und jedes Notfall-Patch aufgehoben, das sich in Taylors Badezimmer befunden hatte, doch da zwanzigjährige Frauen weder Faltencreme noch Lachfalten-Booster brauchten und Kosmetika, die fast zehn Jahre alt waren, vermutlich eher schlecht als recht waren, musste der Stand ihrer Badezimmerartikel dem einer Zweiunddreißigjährigen angepasst werden.

Als sie am frühen Nachmittag zurück nach Hause kam, saßen ihre Mutter, ihre Großmutter und Ava erneut im Pavillon und tranken Tee. Ihre Mutter hatte ihr erzählt, dass Ava fast jeden Nachmittag mit den Willows-Frauen Tee trank und ihr dieses Ritual guttat, nachdem ihre Welt nach dem Tod ihres Mannes zusammengebrochen war. Dass Dylan Knight jetzt einige Zeit mit seiner Mutter verbringen wollte, war mitunter auch darin begründet, ihr wieder etwas Auftrieb und Halt zu geben.

Taylor verstaute ihre Einkäufe in ihrem Wandschrank und im Badezimmer, zog ein schwarzes Kleid mit weißen Punkten, das im Rockabilly-Stil gehalten war und das sie sich soeben gekauft hatte, an, machte ihr Haar zurecht und ging hinunter, um mit ihrer Familie und Mrs. Knight Tee zu trinken. Obwohl sie erst einen Tag in Kalifornien war, kam es ihr so vor, als wäre sie schon seit Ewigkeiten hier. Es schien, als wäre ihr Dasein nahtlos in ihre Kindheit und Jugend übergegangen, als wäre sie niemals fort gewesen.

Als sie auf den Pavillon zukam, sah sie, dass nicht nur ihre Mutter, ihre Großmutter und Ava Knight dort Tee tranken, sondern auch noch ein Mann bei ihnen war. Das musste dann also Dylan sein. Taylor hatte am vergangenen Abend nicht mehr nach ihm gegoogelt, weil sie ohnehin sicher war, dass er nicht dieser Überdrüberstar war, von dem Shannon gesprochen hatte, und weil es ihr eigentlich ziemlich egal war, ob der Typ der neue Brad Pitt, den sie im Übrigen nicht leiden mochte, war oder nur Müllmann. Bis zu jenem Augenblick, als sie ihn dort sitzen sah, hatte sie ihn sogar völlig vergessen.

„Ach, da ist sie ja endlich“, rief Sophie, als Taylor die Stufen zum Pavillon hinaufstieg. Sie begrüßte zuerst Ava, dann ihre Großmutter und ihre Mutter und war schließlich bei Dylan angelangt.

„Taylor, das ist mein Sohn Dylan, von dem ich dir gestern erzählt habe“, sagte Ava stolz. Dylan stand von seinem Stuhl auf und reichte Taylor die Hand.

„Hey“, sagte er. Er schien ein Hüne zu sein, von mindestens einem Meter fünfundachtzig. Er war sportlich, hatte dunkelblondes Haar im Sonnyboy-Style, einen Dreitagebart und die strahlend blauesten Augen, die Taylor je gesehen hatte. Seine Zähne waren makellos weiß und seine Lippen wundervoll geschwungen. Er trug dunkelblaue Jeans und ein grünes Poloshirt und sah wirklich gut aus. Taylor konnte sich sehr gut vorstellen, dass dieser Dylan Knight tatsächlich derjenige war, von dem Shannon noch am Vorabend gesprochen hatte.

„Dylan wird ebenfalls einige Wochen hierbleiben, Taylor, vielleicht könnt ihr etwas unternehmen, wenn du durch dein Projekt nicht zu sehr angebunden bist“, meldete sich Margret zu Wort. „Du könntest ihm zum Beispiel etwas die Stadt zeigen, immerhin bist du hier aufgewachsen!“

Es war Taylor peinlich, dass ihre Mutter ihr Buch „Projekt“ nannte, was sie vermutlich nur deshalb tat, damit sie Dylans Aufmerksamkeit auf ihre Tochter lenkte, was ihr auch gut gelang.

„Um was für ein Projekt handelt es sich denn, Taylor?“, wollte dieser auch prompt wissen.

„Ein Buch“, antwortete Taylor knapp.

„Sie sind also Schriftstellerin?“

„Ja!“ Es war ihr nach all den Jahren immer noch peinlich, sich selbst Schriftstellerin zu nennen. Als sie ihre ersten paar Kurzgeschichten für fünfzig Dollar das Stück an das eine oder andere Magazin verkauft hatte, hatte sie es immer vermieden, „Schriftstellerin“ genannt zu werden, da sie der Meinung war, dass man erst dann ein „Schriftsteller“ war, wenn man von seinen Büchern leben konnte. Das hatte sie mittlerweile zwar geschafft, doch immer noch fühlte sie sich merkwürdig dabei, wenn sie sich jemandem als Schriftstellerin vorstellte.

„Habe ich schon einmal was von Ihnen gelesen?“

„Wenn Sie auf schnulzige Frauenromane stehen, die vor Schmalz nur so triefen, dann wäre es möglich!“ „Okay, dann schätze ich, ich kenne nichts von Ihnen.“ Er grinste sie mit seinem Strahlemannlächeln an. „Im Moment lese ich auch eher mehr Drehbücher!“

„Ich habe schon gehört, dass Sie Schauspieler sind“, sagte Taylor und dachte bei sich, dass er mit seiner Bekanntheit ja nicht lange hinter dem Berg hielt. Wenigstens wirkte er nicht so hochnäsig, wie sie gedacht hatte. Ganz im Gegenteil, er kam ziemlich locker und nett herüber.

„Meine Damen, was haltet ihr davon, wenn wir jetzt hineingehen und die Kinder hier draußen etwas weiterplaudern lassen“, sagte Sophie plötzlich. Bei all den Themen, die die Jugend heute im Sinn hat, können wir alten Schachteln ja doch nicht mehr mithalten.“

Sie hatte bemerkt, dass Dylan und Taylor gut miteinander auskamen, stand auf und begann, alle Tassen bis auf die von Taylor und Dylan auf das mitgebrachte Tablett zu stellen.

„Eine gute Idee“, meinte Ava, „mir ist ohnehin schon ziemlich heiß hier draußen. Dylan, Liebling, unterhalte dich doch etwas mit Taylor. Und zum Abendessen kommt ihr alle zu mir“, meinte sie dann an Sophie und Margret gewandt. Mit diesen Worten machten die drei Frauen sich auf den Weg ins Haus.

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„O Mann, ich entschuldige mich aufrichtig für meine Mutter“, sagte Dylan, als die Frauen im Haus verschwunden waren. „Für gewöhnlich ist sie nicht so darauf bedacht, mich an die Frau zu bringen, doch seit ich Filme drehe, ist sie irgendwie der Ansicht, ich müsste eine feste Freundin haben. Sie denkt, als Single in Hollywood vögelt man die ganze Zeit herum – womit sie auch nicht so unrecht hat. Aber im Moment genieße ich mein Singledasein in vollen Zügen und könnte mir eine feste Freundin gar nicht vorstellen. Ich habe mich gerade im März von meiner Ex getrennt. Seither hat sie versucht, mich bei einer Internet-Dating-Seite anzumelden, und einmal hatte sie sogar eine Großcousine von mir in petto!“

Taylor lachte. „Ich fühle mit Ihnen. Meine Mum und meine Oma waren schon so, als ich ein Mädchen war. Sie haben wirklich versucht, mich mit jedem einzelnen Typen aus Brentwood zu verkuppeln, der in meinem Alter war. Der Einpacker im Supermarkt hat sich immer schon versteckt, wenn wir angerauscht kamen. Sie wollten mich mit dem Typen, der die Wasserflaschen bringt, ebenso verkuppeln wie mit dem Kerl, der den Rasen gemäht hat oder dem, der im Sommer die Post ausgetragen hat. Sie haben bestimmt gedacht, ich wäre ein schwer vermittelbarer Ladenhüter oder so. Jetzt schieben sie vermutlich Panik, dass ich übrig bleibe. Immerhin bin ich seit Kurzem wieder Single und all ihre Hoffnungen auf eine Hochzeit und einen Schwiegersohn oder Schwiegerenkel wurden einstweilen zerstört. Ich schätze, die Trennung von meinem Freund war für die beiden schmerzhafter als für mich!“

„Dann sitzen wir also im selben Boot.“ Dylan schmunzelte und trank einen Schluck Eistee, der in einem großen Glas vor ihm stand. „Wie lange werden Sie eigentlich in Kalifornien bleiben, Taylor?“

„Ich habe noch keine Ahnung, ich schätze, eine ganze Weile. Es gibt nichts, was mich so schnell nach New York zurückzieht. Ich habe mir vorgenommen, zumindest die Hälfte meines neuen Buches hier in Brentwood zu schreiben. Ein Tapetenwechsel hat immerhin noch niemandem geschadet. Mal sehen, wie es mir dabei geht, danach werde ich entscheiden, ob ich noch länger hierbleibe oder nicht! Und Sie?“

„Ich habe den Rest des Jahres bis auf ein paar kurze Nachdrehs frei. In diesem Jahr habe ich zwei Filme abgedreht, und es ist einstweilen kein neuer mehr geplant. Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass wir hier und dort ein paar Szenen nachdrehen müssen, aber auch das wird erst in ein paar Monaten der Fall sein. Aktuell habe ich mehrere Drehbücher auf dem Tisch, Drehbeginn bei allen ist aber erst im nächsten Jahr. Das heißt, ich werde hierbleiben, solange meine Mutter mich haben möchte. Es ist außerdem ziemlich angenehm hier draußen, wenn man nicht gleich erkannt wird. Sie können sich nicht vorstellen, wie anstrengend es ist, Paparazzi, Groupies und Reportern zu entkommen!“

„Sie sind wirklich DIESER Dylan Knight, richtig?“, konnte Taylor es sich nicht verkneifen.

„Wie bitte?“ Dylan lächelte sie mit seinen blauen Augen an, und sie fragte sich kurz, ob er wohl Kontaktlinsen trug.

„Ich habe gestern mit meiner besten Freundin telefoniert und ihr davon erzählt, dass mir meine Familie ein Date mit einem Schauspieler einhandeln will. Ich muss gestehen, ich habe bislang noch keinen Ihrer Filme gesehen und konnte mit Ihrem Namen erst mal gar nichts anfangen, dachte eigentlich, Sie wären so ein Typ, der von Statistenrolle zu Statistenrolle tingelt und sich eben Schauspieler nennt. Aber Shannon, meine beste Freundin, ist beinahe aus den Latschen gekippt, als ich Ihren Namen erwähnt habe!“

Dylan lächelte verlegen und wirkte mit einem Mal gar nicht mehr von sich eingenommen.

„Das passiert mir öfters, aber ich kann das alles irgendwie noch gar nicht so wirklich glauben. Ich meine, ich bin jetzt seit knappen zehn Jahren im Geschäft, hab angefangen mit kleinen Nebenrollen in Soaps und so. Damals hat mich niemand gekannt. Ich musste mich mit Nebenjobs über Wasser halten und hab unter anderem als Gepäckjunge oder Liftboy gearbeitet. Und dann kam vor zwei Jahren der Durchbruch mit ‚Blackout‘, den Sie vermutlich nicht kennen werden, wenn Ihnen mein Name nichts sagt.“ Er strahlte weiter mit seinen meerblauen Augen. Und seitdem kommt es mir so vor, als würde ich mein ganzes Leben träumen. Ich meine, in L.  A. ist es kaum möglich für mich, ohne Baseballcap und Sonnenbrille auf die Straße zu gehen, und selbst dann erkennen sie mich noch! Und es ist immer noch wirklich merkwürdig, sein eigenes Gesicht in Zeitungen zu sehen. “

„Ja, ich denke, der Preis, den man für Ruhm und Erfolg zahlt, ist wohl ein großer“, antwortete Taylor und besann sich darauf, wie glücklich sie doch war, NICHT reich und berühmt zu sein.

„Wobei dieser Preis ein kleiner wäre, im Vergleich dazu, dass es mir noch nicht einmal möglich ist, eine normale Frau zu daten. Was denken Sie, was los wäre, wenn ich heiraten würde? Oder Kinder hätte. All diese Dinge bleiben mir vorerst einmal verwehrt, weil es der Frau gegenüber nicht fair wäre, sie in so ein Meer aus Mediengeilheit zu stürzen!“

Taylor überlegte, ob Dylan ihr unterbewusst sagen wollte, dass er keinesfalls mit ihr ausgehen würde, und dass er diesen „Korb“ geschickt in das Leben der Öffentlichkeit hineinpackte. Darüber musste er sich allerdings keine Sorgen machen. Sie war selbst nach wie vor nicht daran interessiert, mit ihm auszugehen. Zugegeben, er war nett, sah gut aus und wirkte zweifellos anziehend auf sie, doch sie war noch nie jemand gewesen, der sich einem Mann an den Hals warf, und selbst wenn Dylan ihr keinen direkten Korb geben wollte mit seiner Schilderung des Lebens im Rampenlicht, so reichte selbst das Fünkchen der Möglichkeit aus, sich völlig zu verschließen.

„Erzählen Sie über Ihre Bücher“, begann er dann und strahlte weiter. Seine Augen waren unbeschreiblich. Taylor überlegte und kam zu dem Schluss, dass sie noch nie im Leben blauere, strahlendere Augen gesehen hatte als Dylans.

„Meine Bücher? Was möchten Sie denn darüber wissen?“

„Worum geht es, wie sind Sie zum Schreiben gekommen, wer sind Ihre Leser?“, antwortete Dylan und sah sie interessiert an.

„Wie schon gesagt, meine Bücher sind Schnulzenromane. Manchmal, wenn ich eines Korrektur lese, wundere ich mich selber darüber, dass kein Schmalz zwischen den Seiten hervorläuft. Und privat lese ich solches Zeug noch nicht einmal. Ich …“

„Was lesen Sie dann?“

„Ähm, für gewöhnlich eher stärkeren Tobak: Stephen King, Richard Laymon, Edward Lee, all so was!“

„Richard Laymon? Ist das nicht dieser völlig verrückte Typ mit seinen Slasher-Romanen, die alle erst ab achtzehn freigegeben sind, weil sie nur so vor Porno und Gewalt strotzen?“ Dylan wirkte überrascht.

„Genau der. Nur finde ich, dass seine Kritiker oftmals zu hart mit ihm ins Gericht gehen!“

„Sieh einer an, die süße Maus von nebenan liest Richard Laymon. Das heißt, ich sollte mich wohl eher nicht mit Ihnen anlegen, was?“ Er blitzte sie wieder mit diesen unbeschreiblichen Augen an.

Taylor war verwirrt und überlegte, ob Dylan sie gerade angemacht hatte. Oder ob er sich diese Art zu kommunizieren, diese kecke, freche, längst für die vielen Reporterinnen zurechtgelegt hatte, um ihnen positive Kritik herauszulocken.

---ENDE DER LESEPROBE---