Dein Schicksal in meinem Herzen - Daniela Felbermayr - E-Book

Dein Schicksal in meinem Herzen E-Book

Daniela Felbermayr

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Beschreibung

MANCHMAL TRETEN GANZ BESONDERE MENSCHEN IN UNSER LEBEN. NUR GANZ KURZ. ABER SIE HINTERLASSEN SPUREN, DIE FÜR IMMER BLEIBEN ... Die junge Ärztin Savannah Stevens staunt nicht schlecht, als sie die private Betreuung eines Patienten übernehmen soll, der einen schweren Motorradunfall hatte. Handelt es sich dabei um niemand geringeren als den Millionär Oliver Kensington, der Savannah vor gerade einmal sechs Monaten bei einem Date ziemlich direkt und unsanft in die Wüste geschickt hat. Obwohl Savannah mit sich hadert, nimmt sie den Job an und ist fortan dafür verantwortlich, Oliver nicht nur durch seine körperlichen Gebrechen zu helfen, sondern auch seine verletzte Seele zu heilen, die nicht allein durch den Unfall in Stücke gefetzt wurde. Schon bald kommen Savannah und Oliver sich wieder näher und bekommen endlich die gemeinsame Chance, die Savannah sich so sehr gewünscht hatte. Doch ... alte Gewohnheiten wird man schwer los. Und so trifft Oliver eine folgenschwere Entscheidung ... ********************** Das bisher persönlichste Buch der Autorin, das zahlreiche autobiographische Elemente und persönliche Erlebnisse enthält.

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Impressum:

2024 by Daniela Felbermayr

Text: Canva in Verwendung von Shutterstock

All rights reserved.

Kontakt: [email protected]

 

 

It must have been love, but it’s over now.

Roxette, It must have been love

 

'Cause I'm gonna cryIf you say you don't need meI'm gonna cry if you act like you don't carePromise me, baby, you know I can't fake itWhy don't you hold me?Tell me you love meBefore I cry

Lady Gaga, Before I cry

 

 

 

Für jeden, dessen Herz einmal gebrochen war.

 

PROLOG

6 Monate zuvor

 

Und eines Tages … findet man den Menschen, der für einen bestimmt ist, dann doch. Dessen war Savannah Stevens sich sicher, als sie ihren Wagen an diesem Abend vor dem „Coco“, einem französischen In-Restaurant mitten in Manhattan dem Parkservice übergab. Ihr Bauch kribbelte, sie war unglaublich aufgeregt und hatte sich zuletzt mit siebzehn so gefühlt, als Danny McCormick, der Wide Receiver der Footballmannschaft, sie gefragt hatte, ob sie mit ihm zum Abschlussball ging. Das mit Danny hatte nicht geklappt und mit den Typen, die nach Danny kamen, klappte es ebenso wenig. Eigentlich hatte ihr Datingleben in den letzten Monaten brach gelegen und sie war schon davon ausgegangen, als verrückte alte Katzenlady zu enden, die nur noch ein paar Katzen davon entfernt war, als sonderbar durchzugehen. Sie hatte sich die letzten zwei Jahre, seit ihre Beziehung mit Charlie zu Ende gegangen war, durch sämtliche Dating Apps unter der Sonne gewischt. Sie hatte arrangierte Blind Dates über Freunde und Kollegen ausprobiert und es sogar mit einem Dinner in the Dark versucht. Auch Speeddating hatte bei ihr nicht zum Erfolg geführt und Mr. Right war ihr ebenfalls nicht durch Zufall im Supermarkt begegnet, wo sie im selben Augenblick nach der letzten Packung Milch griffen. Also hatte sie versucht, sich auf andere Dinge zu fokussieren und das Kennenlernen von potenziellen Partnern erst einmal auf die lange Bank geschoben. Bis Oliver in ihr Leben trat, mit dem sie überhaupt nicht gerechnet hatte. Oliver hatte sie – für heutige Verhältnisse wohl ganz klassisch – über eine Dating App angeschrieben, die sie schon lange nicht mehr besucht hatte. Eigentlich hatte sie das Icon auf ihrem Handybildschirm nur versehentlich erwischt, als sie eigentlich ihre Kalender-App öffnen wollte. Sie wollte die App auch gleich wieder schließen. Doch dann ertönte in der U-Bahn die Durchsage, dass der Zug sich verspäten würde, also sah Savannah ihre geisterbahnhaften Kandidaten durch. Sie wusste, weshalb Dating mittlerweile nichts mehr für sie war. Es schien so, als gäbe es nur noch abschreckende Beispiele auf dem Singlemarkt, die es einem leicht machten, sich fürs Alleinsein zu entscheiden. Es gab Kerle, die schrieben sie mit dem falschen Namen an, welche, die ihr sagten, sie würde ohnehin keinen Mann abbekommen, weil sie nicht hübsch genug war und wieder andere, die so unverfroren waren und gleich in ihrem Eingangstext erklärten, sie wären zwar verheiratet, hätten aber eine derart ausgeprägte Libido, dass eine Frau alleine nicht ausreichte. Wieder andere setzten bei ihren ersten Nachrichten tatsächlich auf bereits vom System der App vorgefertigte, oberflächliche und nichtssagende Texte und waren dann ganze enttäuscht, wenn man ihnen einen Korb gab. Was übrigens oft mit einer heftigen Schimpftirade des Herrn endete, der eher schlecht mit einer Abfuhr umgehen konnte und so gar nicht verstehen mochte, wieso eine Frau sich keinen Arm abfreute, wenn ein Kerl, der seit drei Monaten keinen Job hatte und mit vierzig noch bei seiner Mutter wohnte, ihr eine Nachricht zukommen ließ wie „Hey du, wie geht’s?“

 

Oliver war der letzte Mann, der versucht hatte, Savannah zu kontaktieren. Sein Bild zeigte ihm in einem dunkelblauen Pullover hinter einem Schreibtisch sitzen und auf den ersten Blick sah er ziemlich attraktiv und nett aus. Sofern das Schreibtischfoto nicht gestellt war, dürfte er einer geregelten Arbeit nachgehen, was heutzutage schon ein ziemlicher Vorteil in Sachen Dates war. Außerdem hatte er es geschafft, seine Nachricht grammatikalisch korrekt und ohne neunundzwanzig Rechtschreibfehler zu verfassen. Und … er hatte sie selbst verfasst und nicht auf eine Instantmessage der jeweiligen Dating App zurückgegriffen.

 

„Hallo Savannah, dein Profil gefällt mir sehr gut und du bist eine ausnehmend attraktive Frau. Ich würde dich sehr gerne kennenlernen, weil ich denke, wir beide könnten ganz gut harmonieren. Ich freue mich, von dir zu lesen, Oliver.“

 

Savannah antwortete ihm kurz und oberflächlich, weil sie ohnehin nicht davon ausging, dass eine Konversation entstand. In Zeiten wie diesen, wo Dates so verfügbar waren wie Atemluft war es keine Besonderheit, wenn jemand sich nach einem Match oder der ersten Nachricht nicht m ehr meldete, weil er anderweitig fündig geworden war. Also hatte sie die Nachricht schon wieder vergessen, als sie eine halbe Stunde später im Krankenhaus, wo sie als Assistenzärztin tätig war, ankam. Schon seit mittlerweile acht Jahren arbeitete sie als Assistenzärztin für Allgemeinmedizin im Manhattan Medical. Eigentlich hatte sie die Facharztausbildung weiter machen wollen, doch weiter zu studieren war finanziell nicht möglich gewesen. Ihr Vater hatte zu dem Zeitpunkt einen Herzanfall gehabt und sie hatte Geld verdienen müssen, um ihre Familie unterstützen zu können. Sie hatte die Fortbildung – eigentlich hatte ihr Herz für die Gefäßchirurgie geschlagen – immer wieder auf die lange Bank geschoben und jetzt, mit 35 war sie in ihrem Job schon so verhaftet, dass sie es gar nicht mehr in Erwägung zu, nochmal zu studieren. Außerdem mochte sie ihren Job. Die Patienten und das Gefühl, aus erster Hand mitzubekommen, dass man jemandem geholfen hatte. Und sie hatte ihr Auskommen. Ihre Eltern hatten sich mittlerweile finanziell wieder gefangen und Savannah hatte sich vor drei Jahren ein hübsches kleines Appartement im Village gekauft, das sie liebevoll renoviert und eingerichtet hatte, und in dem sie sich pudelwohl fühlte.

Als sie an diesem Abend nach Hause kam, machte sie es sich auf ihrer Couch gemütlich, zappte durch die Kanäle und genoss ihren freien Abend. Sie liebte es, mit ihren Freundinnen um die Häuser zu ziehen aber manchmal brauchte sie einfach das süße Nichtstun. So wie an diesem Abend. Sie hatte sich eine Pizza bestellte und sie in einem Satz aufgefuttert. Jetzt lag sie auf der Couch und sah sich eine Realitydoku an, bei der Pärchen miteinander in einer Villa in Spanien lebten und mit Eifersüchteleien und Alltagsproblemen konfrontiert waren. Bildungsfernsehen erster Klasse also. Während Savannah sich von den kleinen und großen Dramen dieser „Realitystars“ berieseln ließ, kam ihr die Nachricht in den Sinn, die sie am Morgen über die App verschickt hatte und beschloss, nachzusehen, ob Oliver ihr schon geantwortet hatte.

 

Und: er hatte: schon zehn Minuten, nachdem sie ihre Nachricht abgeschickt hatte, war seine Antwort angekommen. Er freue sich sehr, von Savannah zu lesen und auch, wenn es vielleicht nicht sehr clever wäre, das zuzugeben, habe er alle paar Minuten nachgesehen, ob sie schon irgendwie reagiert hatte. Savannah musste schmunzeln. Während sie an diesem Tag damit beschäftig war, sich um ihre Patienten zu kümmern, hatte Oliver ihr von sich erzählt. Er war CEO eines landesweiten Bauunternehmens, geschieden und Vater von zwei fast erwachsenen Kindern mit 19 Jahren, die wechselweise alle zwei Wochen bei ihm verbrachten und beide an der NYU studierten. Er war sportlich, belesen und nach seiner letzten Beziehung, die ziemlich heftig geendet hatte, endlich wieder bereit für etwas Festes. Es war erfreulich, sich auf so „normaler“ Ebene mit Oliver auszutauschen, weil derartige Konversationen mittlerweile nicht mehr an der Tagesordnung standen, wenn man sich anschaute, wie Dating heutzutage funktioniert. Alle hatten gleich mehrere Eisen im Feuer, niemand war mehr bereit, sein Gegenüber richtig kennenzulernen und jeder war zu jeder Zeit austauschbar.

 

Bei Oliver war das anders. Schon von Beginn an spürte Savannah eine tiefe Verbundenheit zwischen ihm und ihr. Sie unterhielten sich zunächst über den Messenger in der App über ihre Jobs, ihre Werdegänge, ihre Vergangenheit und was sie sich noch vom Leben wünschten. Dann stiegen sie aufs Telefon um und telefonierten jeden Tag mehrere Stunden. Da Oliver zu dem Zeitpunkt gerade in Flagstaff war, wo er eine Niederlassung seiner Firma übernahm, mussten die beiden mit einem richtigen Treffen noch warten, doch für Savannah war das in Ordnung. Ganz im Gegenteil, das gab den beiden die Chance, den Menschen hinter den Bildern erst richtig kennenzulernen. Zu sehen, ob es ihnen gelang, den Kontakt mehrere Wochen lang aufrecht zu halten, ob das Interesse groß genug war. Von beiden Seiten. Und das war es. In der Zeit, die Oliver am anderen Ende des Landes verbrachte, wuchsen Savannah und er nur noch mehr zusammen. Sie lernten sich von Grund auf kennen. Oliver erzählte ihr davon, dass er eigentlich Maler gewesen war, doch dass ihm das Handwerk einfach nicht ausgereicht hatte. Er wollte mehr. Also hatte er mit Anfang zwanzig, als seine Kinder gerade geboren waren, seinen Collegeabschluss neben seinem Job und seiner Familie, die er zu dem Zeitpunkt bereits hatte, nachgeholt und sich langsam aber sicher hochgearbeitet, bis er vor sieben Jahren zum CEO von Holmes Global ernannt wurde. Er erzählte von der toxischen Beziehung, in der er nach seiner Scheidung für zwei Jahre gewesen war, mit einer Frau, die nicht nur ihn selbst fertigmachte, sondern auch seine Kinder gemobbt hatte. Er erzählte Savannah von seiner Vorliebe für Geschwindigkeit, die ihm bereits einmal fast das Leben gekostet hatte – bei einem schweren Unfall, den er vor vielen Jahren nur knapp überstanden hatte. Savannah war, als würden sie und Oliver sich schon ewig kennen. Und nicht nur das – sondern auch, als würden sie zusammengehören.

 

Und dann war es endlich soweit. Oliver war zurück in Manhattan und natürlich war das erste, was die beiden taten, ihr Realtreffen in die Tat umzusetzen. Dazu hatte Oliver einen Tisch im Coco reserviert und Savannah war den ganzen Tag über wie von Sinnen gewesen. Gemeinsam mit ihrer besten Freundin Sadie, die als Krankenschwester im selben Krankenhaus arbeitete, wie Savannah auch, hatte sie gefühlt tausend Outfits anprobiert und immer wieder etwas daran auszusetzen gehabt. Sie hatte die Haare mal gelockt, dann wieder geglättet, sie zu einem Pferdeschwanz gebunden oder über ihre Schultern bis hin zur Rückenmitte fallen lassen. Schließlich hatte sie sich für ein wunderschönes, lachsfarbenes, fließendes Sommerkleid von Donna Karan entschieden, dass ihre Größe-40-Kurven perfekt betonte. Das Haar fiel in wallenden Beachwaves ihre Schultern hinunter und ihr Gesicht war zart geschminkt. Obwohl sie und Oliver schon mehrmals gemeinsam über Video telefoniert hatten und wussten, wie der jeweils andere in bewegten Bildern aussah, war Savannah so nervös wie noch im in ihrem Leben. Und dann war es soweit. Als sie dem Angestellten von Valet Parking ihre Schlüssel gab und sich dem Eingang des Coco zuwandte, sah sie ihn. Oliver. Ihren Oliver. Ein großer, schlanker, unsagbar attraktiver Mann stand dort in einem maßgeschneiderten Anzug mit einem lachsfarbenen Einstecktuch, fast so, als hätten die beiden sich abgesprochen. Er wirkte so weltmännisch, so respektgegeben. Ein breites Lächeln zierte seine Lippen, als er Savannah erblickte. Dann kam er auf sie zu, nahm sie in den Arm … und küsste sie, als wären sie seit Ewigkeiten ein Paar.

 

Der Abend war einfach traumhaft. Savannah hatte sich alle möglichen Stolpersteine ausgemalt, die passieren konnten und die ihr Glück mit Oliver zerstören konnte, aber … da war nichts. Rein gar nichts. Der Abend war perfekt. Sie beide waren auf absolut derselben Wellenlänge. Oliver ließ keine Gelegenheit aus, Savannah zu berühren, sah ihr tief in die Augen und hielt ihre Hand. Sie unterhielten sich blendend, hatten den ganzen Abend über keine Sprechpausen und sie fühlte sich in seiner Nähe einfach wunderbar, wohl und geborgen und kam sich fast schon kitschig vor.

 

Als dass Dessert serviert wurde, veränderte sich Olivers Stimmung plötzlich. Er wurde stiller, abwesender, sagte kaum noch etwas und schien Mühe haben, Savannah zu folgen, wenn sie etwas erzählte.

„Ist alles in Ordnung, geht’s dir gut?“, fragte sie.

Er sah sie an. Ein fast zerknirschter Ausdruck hatte sich über sein Gesicht gelegt und ein mulmiges Gefühl breitete sich in Savannah aus. Sie verstand nicht, was passiert war. Was los war, dass Oliver von einer Sekunde zur nächsten plötzlich so abweisend wurde.

„Es ist das altbekannte Problem“, sagte er kryptisch. „Weißt du, Savannah, du bist toll. Du bist wirklich alles, was ich mir jemals vorgestellt habe, bei einer Frau. Du bist gebildet, empathisch, liebevoll, du bist wunderhübsch und so richtig Frau. Aber … ich … mein Problem ist einfach, dass du mir leider zu dick bist.“

Die Welt hielt an. Für Savannah fühlte es sich an, als hätte man ihre eine feste Ohrfeige gegeben. Sie hatte Oliver bereits Fotos von sich geschickt. Er wusste also, dass sie keine Size Zero trug. Er hatte zwar ganz am Anfang einmal erwähnt, dass er nur ganz schlanke Frauen bevorzugte, woraufhin Savannah ihm erklärte, dass sie von „ganz schlank“ ganz weit entfernt war, aber er war damals der Meinung gewesen, sie hätte eine tolle Figur und die paar Pfunde würden ihn an ihr nicht stören, was jetzt scheinbar wieder anders war. Irrwitzigerweise schalteten Savannahs Emotionen aus, nachdem sie den ersten Schock verdaut hatte und sie winkte ab. „Okay. Das ist natürlich echt schade, weil ich dich immer noch toll finde. Aber … ich finde es sehr gut, dass du so ehrlich zu mir bist“, sagte sie und war überrascht, wie gelassen sie reagierte. Im Nachhinein war ihr klar, dass in der Sekunde der Schock aus ihr sprach, den sie natürlich längst nicht überstanden hatte. Sie wusste noch nicht, dass sie lange brauchen würde, um sich von dieser Abfuhr zu erholen. Dass sie vielleicht nie ganz darüber hinweg kam.

„Echt? Du findest nicht, dass ich der allerletzte Scheißkerl bin?“, fragte Oliver. „Meine anderen Dates haben mir nämlich genau das immer um die Ohren gehauen. Und ich weiß ja, dass ich in der Hinsicht ziemlich oberflächlich bin.“

„Nein“, sagte Savannah, „ganz im Gegenteil, ich finde es gut, dass du so ehrlich mit mir bist. So kann ich mit der Sache abschließen und muss morgen nicht vergeblich auf einen Anruf oder eine Nachricht von dir warten. Es ist okay. Ich schätze das sehr.“

„Dann können wir den Abend hier gemeinsam beenden?“, fragte Oliver. „Ohne Drama und Hass?“

„Ohne Drama und Hass“, pflichtete Savannah bei.

„Du bist großartig, Savannah. Du bleibst nicht lang allein, da bin ich mir sicher.“

 

Savannah wusste nicht, wie sie es an jenem Abend geschafft hatte, cool zu bleiben und auch im Nachhinein sprach alles dafür, dass sie einem Schock unterlag. Sie und Oliver machten einfach so weiter wie zuvor. Unterhielten sich gut, erzählten einander von ihrer Vergangenheit, lachten und … genossen die Zweisamkeit. Als eine Frau an ihrem Tisch vorbeiging, die Oliver gut gefiel, fragte er Savannah sogar, ob sie dazu bereit wäre, sie für ihn anzusprechen und auch dieser Bitte stimmte Savannah zu. Doch nachdem die Frau sich umgedreht hatte, sagte sie Oliver vom Gesicht nicht zu.

 

Der Abend endete. Savannah übernahm die Rechnung, weil sie es nicht zulassen konnte, dass jemand, der sie nicht wiedersehen wollte, für ihr Essen aufkommen sollte – erst recht nicht, wenn derjenige der Meinung war, sie würde in Sachen Essen ohnehin über die Stränge schlagen. Sie verließen das Coco, gaben ihre Parkmarken ab und warteten auf ihre Autos.

„Danke für den tollen Abend und die Einladung“, sagte Oliver und drückte Savannah an sich, als sie sich verabschiedeten. „Es war schön, dich kennenzulernen.“„Fand ich auch. Alles Liebe für dich. Und danke auch dir für den Abend“, sagte Savannah.

 

Dann löste Oliver sich von ihr. Sein Wagen wurde vorgefahren. Er steckte dem Angestellten etwas Trinkgeld zu, stieg ein und fuhr davon, ohne sich noch ein letztes Mal umzudrehen.

 

TEIL 1

 

 

EINS

 

Jetzt

 

 

„Miss Stevens, könnten Sie kurz in mein Büro kommen?“ Der Leiter des Krankenhauses, Alan Stark rief Savannah auf ihrem Diensthandy an.

„Ist es dringend? Ich habe gerade einen Patienten“, sagte sie.

„So schnell es geht, bitte“, sagte Dr. Stark und legte auf. Savannah untersuchte das aufgeschürfte Knie des kleinen Mädchens, das vor ihr auf dem Behandlungstisch saß und das viel weniger schockiert wirkte, als seine Mutter, die in Tränen aufgelöst neben ihr stand.

„Ist es sehr schlimm?“, fragte die junge Frau.

„Überhaupt nicht. Es ist nichts gebrochen nichts verstaucht. Lilly hat wohl einfach starke Schmerzen wegen der Abschürfung, aber sonst ist alles in Ordnung. Ich werde die Wunde jetzt versorgen und gebe ihnen leichte Kinderschmerzmittel für zu Hause mit, dann sollte bald wieder alles in Ordnung sein.“ Sie zwinkerte dem Mädchen zu, reinigte die Wunde und verband sie dann mit rosafarbenen Bandagen, auf den Prinzessin Elsa zu sehen war. Dann machte sie sich auf den Weg zu ihrem Boss.

 

„Dr. Stark, sie wollten mich sehen?“, fragte sie, als sie eintrat.

„Miss Stevens, schön, dass sie es so schnell einrichten konnte“, sagt Stark und bedeutete Savannah, Platz zu nehmen. Sie ließ sich in den breiten Ledersessel fallen, der vor Dr. Starks Tisch stand.

„Der Grund, warum ich sie sprechen wollte, ist jener, dass wir auf der Suche nach einer Assistenzärztin sind, die die private Krankenpflege eines unserer Patienten übernimmt. Er hatte einen schweren Autounfall und es ist ein Wunder, dass er überlebt hat. Er möchte keinesfalls länger als nötig im Krankenhaus bleiben, sodass wir eine private, ärztliche Versorgung diskutiert haben. Aus medizinischer Sicht spricht nichts dagegen, ihn nach Hause zu entlassen, die Sache ist nur die, dass es sich bei dabei um so etwas wie einen Vierundzwanzigstundenjob handelt.“

Savannah zog die Augenbraue hoch.

„Wer immer den Job übernimmt, müsste bis auf weiteres im Haus des Patienten einziehen. Wir können bisher noch nicht sagen, wie lang die Genesung dauern wird, da möglicherweise auch noch eine psychische Komponente hinzukommt. Der Patient könnt nach dem Unfall in seiner jetzigen Situation depressiv verstimmt sein. Es kann also schwer abgeschätzt werden, ob es sich bei dem Job um einen Monat oder um ein Jahr handelt. Vermutlich liegt es daran, wie der Patient mitarbeitet. Jedenfalls dachte ich an Sie, weil sie nicht nur eine erstklassige Ärztin sind, sondern weil sie … gesellschaftlich leicht dazu in der Lage wären, ihren Lebensmittelpunkt vorübergehend zu verlagern.“Savannah schmunzelte. Noch nie hatte jemand ihr einzelgängerisches, freundeloses Singledasein so blumig umschrieben.

„Natürlich würde die Bezahlung angemessen sein. Sie hätten ein eigenes Zimmer im Haus ihres Patienten und … wären natürlich nicht vierundzwanzig Stunden durchgehend im Einsatz. Aber sie müssten jederzeit abrufbar sein, und medizinisch wie auch pflegetechnisch unterstützen. Und eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnen.“

Savannah überlegte. Grundsätzlich sprach nichts dagegen und sie mochte es, mit Patienten zu arbeiten, deren Fortschritte sie miterleben konnte. Außerdem stimmte es ja. Ihre Freundinnen hatten sich zum größten Teil zurückgezogen, weil sie mittlerweile allesamt in Beziehungen lebten und offenbar davon ausgingen, dass Freundschaften nur so lange wichtig waren, wie man keinen Partner hatte, oder aber nur dann wichtig seien, wenn man jemanden brauchte, bei dem man sich beim Partner auskotzen konnte.

„Ich bin dabei“, sagte sie daher.

„Mir fällt ein Stein vom Herzen. Sie können sich vorstellen, dass es nicht einfach wird, wenn ein Patient derart bedient ist. Es gibt auch noch zwei Kinder im Haushalt, die zwar schon älter sind, aber deren Vater dennoch gerade einen schweren Unfall hatte. Da braucht es einiges an Fingerspitzengefühl.“

„Das verstehe ich. Und habe ich“, sagte Savannah.

„Gut. Dann überreiche ich Ihnen hiermit die Akte des Patienten. Bitte vergessen sie nicht, dass sie zu absoluter Verschwiegenheit verpflichtet sind. Meine Assistentin wird ihnen die nötigen Unterlagen rechtzeitig zukommen lassen. Sie können nun nach Hause gehen und packen. Es ist gewünscht, dass sie bereits morgen mit ihrer Arbeit anfangen.“

 

Savannah war etwas überrascht, aber natürlich verstand sie, dass der Patient so schnell wie möglich nach Hause verlegt werden wollte. Es gab Studien darüber, dass Patienten im gewohnten Umfeld schneller gesund wurden als im Krankenhaus. Sie schmunzelte, als sie das Büro von Dr. Stark verließ und seine Sekretärin bereits auf sie wartete. Sie hatte die Verschwiegenheitserklärung bereits vorbereitet und Savannah unterzeichnete sie. Dann überreiche Hazel, die Sekretärin, ihr eine Kopie der Patientenakte. „Die Inhalte sind natürlich auch vertraulich“, sagte sie, als ob Savannah das nicht klar gewesen wäre. Sie wollte gerade einen Blick hineinwerfen, als Dr. Stark aus seinem Büro kam.

„Miss Stevens?“

„Ja?“

„Lassen Sie uns eine Visite bei dem Patienten vornehmen, damit wir gegebenenfalls offene Fragen klären können. Ich habe gerade etwas Zeit, meine Frau hat mich soeben fürs Mittagessen versetzt.“ Er lächelte verschmitzt.

„Gute Idee“, sagte Savannah und klappte die Akte zu.

 

Gemeinsam mit Dr. Stark ging sie den Krankenhausgang entlang zu den Privatzimmern.

„Bei dem Patienten handelt es sich um einen sehr einflussreichen, wohlhabenden Mann. Er ist so eine Arte Sonnyboy, beruflich sehr erfolgreich, ein Wohltäter. Leider ein bisschen zu draufgängerisch, dieser Unfall, den er hatte, war nicht der erste seiner Art. Schon vor einigen Jahren hat es ihn einmal übel erwischt, jedoch nicht so schlimm wie jetzt. Er hatte wirklich großes Glück und es ist noch nicht gesagt, dass er vollständig wiederhergestellt werden kann. Und wenn er das kann, das wird es ein unglaublich langer Weg werden.“ Sie waren an Zimmer 3254 angekommen. In diesem Bereich des Krankenhauses – in dem die wirklich wohlhabenden Privatpatienten untergebracht waren, war es deutlich ruhiger als im öffentlichen Bereich. Die Räume und Gänge waren heller und größer, es war stiller und freundlicher. Um hier zu liegen, musste man jedoch auch eine ganze Menge Geld in die Hand nehmen. Dr. Stark öffnete die Tür und trat ein, Savannah folgte ihm.

 

In dem hellen Krankenzimmer, das von Sonnenlicht durchflutet wurde, stand ein einzelnes Krankenbett, hinter dem eine Menge Apparaturen aufgestellt waren. Ein Herzmonitor überwachte den Herzschlag des Patienten. Ein Bein war eingegipst, das andere bandagiert. Der Patient war intubiert und die Herz-Lungen-Maschine pfiff dumpf im Takt zum Herzmonitor. Das Gesicht des Patienten war aufgeschürft, sein rechtes Auge völlig zugeschwollen. Das andere Auge war geschlossen.

„Mit überhöhter Geschwindigkeit auf einem Motorrad frontal gegen einen LKW“, sagte Dr. Stark und schüttelte dabei den Kopf. „Es ist ein Wunder, dass er überhaupt überlebt hat.“

Doch Savannah hörte seine Worte nicht mehr. Obwohl der Mann, der hier bis zur Unkenntlichkeit bandagiert verletzt vor ihr lag, nur noch ein Schatten seiner selbst war, wusste sie auf den ersten Blick, mit wem sie es hier zu tun hatte. Vor ihr lag Oliver Kensington. Der Mann, der ihr vor sechs Monaten ziemlich uncharmant den Laufpass gegeben hatte.

 

***

 

„Miss McAllister, ist alles in Ordnung?“ Dr. Stark sah Savannah an. „Ich weiß, die Verletzungen sind beträchtlich, aber …“„Nein, es ist alles gut, mir war nur etwas schwindelig. Ich habe heute Morgen zu wenig getrunken und …“, versuchte sie, ihren Schock, den sie erlitten hatte, zu relativieren. Sie war außer sich, war nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Oliver war praktisch auch nach diesem verhängnisvollen Abend, den sie gemeinsam verbracht haben, in ihrem Kopf gewesen. Ständig. Und immer. Jede andere Männerbekanntschaft, die sie nach dem Date mit ihm auch nur annähernd in Erwägung gezogen hatte, hatte sie mit Oliver gemessen. Und kein einziger Mann hatte die Hürde geschafft. Sie hatte alle anderen abgeschmettert und keinem war es gelungen, auch nur annähernd ihr Interesse zu wecken. Unterbewusst hatte sie damit gerechnet, Oliver nie wieder zu sehen und oft hatte sie darüber nachgedacht, was er wohl gerade machte, wie es ihm ging. Sie hatte mit dem Gedanken gespielt, dass er wohl längst mit einer jungen hübschen, zierlichen Frau zusammen war, die genau so aussah, wie er sich das vorstellte. Die er auf Händen trug und die ihm schenkte, was er sich wünschte. Die so ganz anders war als Savannah. Gegen die Savannah aussah und wirkte, wie ein Trampeltier.

„Ist wirklich alles in Ordnung mit Ihnen, Miss Stevens?“, fragte Dr. Stark und sah Savannah skeptisch an. Die fing sich mittlerweile wieder.

„Ja. Ja, es geht mir gut. Wie gesagt, ich habe heute noch nichts getrunken und werde mir später gleich ein großes Glas Wasser genehmigen.“ Sie spielte mit dem Gedanken, den Patienten abzugeben. Es war keine gute Idee, als Olivers Privatärztin zu fungieren, nach ihrer gemeinsamen Vergangenheit. Außerdem wusste sie ja noch nicht einmal, ob das in Olivers Sinn gewesen wäre. Bestimmt nicht. Was würde er wohl davon halten, wenn die Frau, die er vor einem halben Jahr auf ziemlich eindeutige Weise abgesägt hatte, die Frau war, die für seine Genesung zuständige wäre? Auf der anderen Seite … war das der Mann, von dem sie fest gedacht hatte, er wäre der Richtige. Bei dem sie mit dem Gedanken gespielt hatte, sie würden den Rest ihres Lebens gemeinsam verbringen. Mit dem sie gemeinsam Pläne gemacht hatte. Der ein Bild von ihr in einem wunderschönen, handgearbeiteten Rahmen auf „seiner Seite des Bettes in ihrem gemeinsamen Schlafzimmer“ aufgestellt hatte, wie er damals gesagt hatte. Dazu hatte er ihr ein Foto geschickt. Was, wenn das Schicksal war? Was, wenn das genau die zweite Chance war, die sie brauchten? Was, wenn Oliver doch keine Freundin hatte? Was, wenn sie jetzt zueinanderfanden?

„Die Verlobte von Mr. Kensington lebt ebenfalls bei ihm. Sie wird sie instruieren und natürlich auch unterstützen, wo sie kann.“

Bäm. Mit einem Schlag waren all ihre Hoffnungen zunichte gemacht worden. Er hatte nicht nur eine Freundin, sondern mittlerweile auch eine Verlobte? Das hieß also, er hatte in demselben Tempo weitergemacht, in dem sie gestartet waren. Nur eben mit einer anderen Frau. Savannah wurde schlecht und am liebsten wäre sie in diesem Moment in Tränen ausgebrochen. Es war so verrückt. Sie war weder weinerlich noch zimperlich, sie ertrug eine Menge und war ziemlich tough. Aber was Oliver in ihr ausgelöst hatte … das war ein Gefühl, das sie bis dahin nicht kannte. Sie atmete einmal tief durch.

„Ist in Ordnung, Dr. Stark. Dann werde ich mir seine Akte zu Gemüte führen und morgen meinen Dienst antreten. Ich gehe davon aus, dass Mr. Kensington im Laufe des Vormittags nach Hause verlegt wird?“„Richtig. Wenn sie daher also bereits im Vorfeld alle notwendigen Vorbereitungen treffen könnten?“„Selbstverständlich.“ Sie senkte den Blick. Es war ein Fehler, diesem Job zuzusagen, aber jetzt konnte sie auch keinen Rückzieher mehr machen. Was sollte sie Dr. Stark sagen, warum sie nun doch nicht Olivers Privatärztin sein konnte? Weil sie vor einem halben Jahr ein Date gehabt hatten, an dem er ihr gesagt hatte, sie wäre seine absolute Traumfrau, aber sie war ihm schlicht und einfach zu fett? Das sie sich nicht vorstellen mochte, unter einem Dach mit ihrem absoluten Traummann und dessen vermutlich 25jährigen Verloben, die vielleicht fünfundvierzig Kilo wog, zu sein? Savannah grämte in sich hinein. Ihr Leben hatte schon immer ziemlich eigenwillige Wendungen für sie parat und diese hier … war ganz besonders eigenwillig.

 

 

ZWEI

 

Es war ein mulmiges Gefühl, das sich in Savannah ausbreitete, als sie ihren Wagen am nächsten Morgen auf dem Anwesen von Oliver abstellte. Es war verrückt. Sie kannte das hier. Als sie beide Kontakt gehabt hatten, hatte Oliver ihr Bilder von seinem Haus in Connecticut geschickt. Ein großes, modernes Haus erstreckte sich inmitten eines parkähnlichen Gartens. Es gab einen Pool und einen Tennisplatz, alles war sauber und modern im italienischen Stil gestaltet und wirkte wie aus einem „Schöner Wohnen“ oder „Country Living“-Magazin. Oliver hatte er erzählt, dass er sich in das Grundstück verliebt hatte, als er es das erste Mal gesehen hatte.

---ENDE DER LESEPROBE---