How to eat better - James Wong - E-Book

How to eat better E-Book

James Wong

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Beschreibung

Mit den richtigen Rezepten und Tricks das Beste aus jedem Lebensmittel herausholen.Ganz ohne Superfoods oder teure Küchengeräte. Besser und gesünder essen, das geht ganz einfach. Wenn man weiß, wie! Der studierte Botaniker und Bestseller-Autor James Wong zeigt in seinem Buch, wie man einfache Zutaten noch wertvoller macht, wie gesund die heimischen Lebensmittel wirklich sind, wenn sie richtig ausgewählt, aufbewahrt und zubereitet werden. Kaufen Sie statt weißer Zwiebeln rote, die über hundertmal so viel wertvolle Polyphenole enthalten wie ihre hellen Artgenossen. Legen Sie Champignons ganz einfach kurz auf das Fensterbrett ins Licht, um ihren Gehalt an wertvollem Vitamin D zu vervielfachen. Knoblauchzehen, die schon keimen, nicht wegwerfen, sondern pressen und verwenden, sie enthalten ein Vielfaches an Antioxidantien im Vergleich zu frischen. Und der Vitamin- und Nährstoffgehalt von einfachen Blaubeeren aus dem Supermarkt wird hundertfach erhöht, wenn sie kurz erhitzt werden. Das alles ist keine Hexerei, sondern basiert auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der ganzen Welt. Einfach erklärt und mit genussvollen und gesunden Rezepten umgesetzt.

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Seitenzahl: 310

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Meiner wunderbaren Familie und meinen Freunden, die es geduldig ertragen haben, dass ich ständig über Obst und Gemüse geredet habe. Und natürlich dem fantastischen Team hinter den Kulissen, das dieses Buch überhaupt erst möglich gemacht hat.

INHALT

Vorwort

WEGE ZUM „SUPERFOOD“

Energieschub für die Ernährung

Was genau weiß die Wissenschaft?

„Gutes“ Essen versus „schlechtes“ Essen

Fachchinesisch verstehen

DIE LEBENSMITTEL

Gemüse

Tomaten

Blattgemüse

Die Kohl-Familie

Kartoffeln

Süßkartoffeln

Zwiebeln und Knoblauch

Paprika und Chilischoten

Spargel

Rote Bete

Pilze

Möhren

Winterkürbisse

Obst

Bananen

Äpfel

Beeren

Zitrusfrüchte

Weintrauben

Mangos

Kirschen

Ananas

Pflaumen und Pfirsiche

Kiwis

Der Vorratsschrank

Pasta

Reis

Hafer und Gerste

Bohnen und Hülsenfrüchte

Kaffee

Tee

Schokolade

Alkohol

VORWORT

Essen kann eine verwirrende Angelegenheit sein. Wir tun es täglich, doch wenn es in diesem Zusammenhang um Gesundheit und Ernährung geht, wird es schnell fürchterlich kompliziert. Wenn Sie einen „Wellness-Blog“ lesen oder sich in den Gesundheits- oder Bio-Abteilungen der Geschäfte umsehen, beschleicht Sie sofort das Gefühl, dass man alle möglichen Lebensmittel vom gewohnten Speiseplan verbannen müsste: Weizen, Milchprodukte, Kartoffeln … eigentlich sämtliche preisgünstigen, üblichen Grundnahrungsmittel. Stattdessen soll man unbedingt all das trendige „Superfood“ aus den Tiefen des Amazonas oder aus dem Himalaja kaufen. Und natürlich muss überall „Bio-“, „Ur-“ oder „traditionell“ auf der Packung stehen, denn exklusiv und teuer bedeutet auch besser – oder?

Es geht deutlich einfacher. Wir sollten es eigentlich auch wissen, da Ernährungswissenschaftler und Ärzte seit Jahren predigen: viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukte, wenig rotes Fleisch, Fett und Zucker. Zugegeben, das bietet längst keine echten Schlagzeilen und spektakulär klingenden Ernährungs-Storys mehr. Dieser Rat ist seit Jahrzehnten ebenso konstant geblieben wie auch die wissenschaftlichen Erkenntnisse, auf die er sich stützt.

Wie wäre es aber, wenn wir den Nährwert in unseren gesunden Alltagszutaten allein mit ein wenig Küchenwissen über richtigen EINKAUF, LAGERUNG und ZUBEREITUNG drastisch verbessern könnten? Wenn uns mit jedem Apfel, jeder Nudel oder jedem Kaffee viel mehr Vitamine, Mineralstoffe, Ballaststoffe, Antioxidantien und andere gesunde Stoffe zur Verfügung ständen? Es gibt weltweit bereits unzählige wissenschaftliche Untersuchungen, die sich genau mit diesem Thema befassen. Als Pflanzenforscher mit einer ausgeprägten Leidenschaft für Lebensmittel liebe ich Herausforderungen. So habe ich die letzten zwei Jahre damit verbracht, mich durch fast 3000 akademische Studien zu arbeiten und nützliche Tipps und Tricks zusammenzustellen, um praktisch aus jedem pflanzlichen Lebensmittel den maximalen gesundheitlichen Nutzen zu ziehen.

Wer Pilze ein bis zwei Stunden auf die sonnige Fensterbank stellt, bekommt 100-mal mehr Vitamin D2. Wer Heidelbeeren drei Minuten zu Kompott kocht, erhält 100 Prozent mehr Antioxidantien, als wenn er sie roh isst. Pinke Grapefruit sind nicht nur leckerer und süßer als weiße, sondern bieten auch 34-mal so viel Vitamin A plus eine große Portion des Antioxidans Lycopin. In diesem Buch geht es nicht darum, was wir essen sollten, sondern darum, wie wir aus dem, was wir mögen, das Beste herausholen – auf wissenschaftlicher Grundlage, ohne Supertrends und ohne obskure Zutaten oder verrückte Küchen-Gadgets.

Auf diese Art und Weise wird jedes Lebensmittel zum „Superfood“!

WEGE ZUM „SUPERFOOD“

ENERGIESCHUB FÜR DIE ERNÄHRUNG

Es ist keine Zauberei, den gesundheitlichen Nutzen unserer Nahrung zu steigern. Dabei geht es vor allem darum, wie wir Lebensmittel AUSWÄHLEN, LAGERN und ZUBEREITEN. Kleine Veränderungen führen zu guten Ergebnissen. Hier ein kurzer Überblick, wie es funktioniert.

AUSWÄHLEN

Wir betrachten unsere Zutaten meist als Objekte mit einem bestimmten Nährstoffgehalt. Ein Apfel ist schließlich ein Apfel – oder? Was aber, wenn ich Ihnen sage, dass manche Sorten wesentlich mehr Antioxidantien enthalten als andere, auch wenn sie in der Obstauslage direkt daneben liegen? Ein Red Delicious liefert beispielsweise bis zu zweieinhalbmal so viele Antioxidantien wie ein Empire. So ist es praktisch bei jedem pflanzlichen Lebensmittel, von Sprossen über Weintrauben und Reis bis hin zu löslichem Kaffee. Kulturpflanzen sind eben nicht alle gleich. Der Faktor, der die chemische Zusammensetzung einer Pflanze und damit auch ihren Nährstoffgehalt am stärksten beeinflusst, ist das Erbgut. So ist es wichtig zu wissen, wonach man Lebensmittel auswählt.

LAGERN

Gemüse und Früchte sind auch noch nach der Ernte lebendig und reagieren weiterhin auf ihre Umwelt. Werden beispielsweise Äpfel auf dem sonnigen Fensterbrett und nicht im dunklen Kühlschrank gelagert, bilden sich in den Schalen dank der UV-Strahlung viel schützendes Polyphenol und Vitamin C. Tomaten erkennen, wenn sie vom Strauch getrennt werden. Wenn man sie bei über 10 °C lagert, werden sie röter, aromatischer und steigern den Lycopingehalt. Deshalb gehören Tomaten nicht in den Kühlschrank.

Brokkoli hingegen verliert innerhalb weniger Tage erschreckende 80% seiner krebshemmenden Stoffe. Daher sollte man ihn so schnell wie möglich nach dem Einkauf essen. Ist er allerdings in Folie verpackt und gut gelagert, lässt sich der Verfall aufhalten, und die im Brokkoli enthaltenen Antioxidantien bleiben fast vollständig erhalten. Wenn man also Obst und Gemüse richtig lagert, bleiben ohne größeren Aufwand deutlich mehr Nährstoffe darin erhalten.

ZUBEREITEN

Derzeit herrscht allgemein die Vorstellung, dass Obst und Gemüse am gesündesten sind, wenn man sie roh verzehrt. Auf den ersten Blick klingt das plausibel. Wenn man aber knackig frischen Spinat für den Salat einmal kurz durch die Pfanne zieht, erhöht sich sein Vitamin-A-Gehalt auf das Dreifache (und dabei wurde noch gar nicht erwähnt, dass eine Portion gedünsteter Spinat bis zu fünfmal so viel Nährstoffe enthält wie frischer). Ähnlich verbessert das Erhitzen auch den Nährstoffgehalt von Möhren, Winterkürbissen, Tomaten und Süßkartoffeln.

Die Hitzeeinwirkung bei Knoblauch, Zwiebeln und Brokkoli lässt hingegen den Nährstoffgehalt sinken. Die Vorstellung, an rohem Brokkoli zu knabbern, gefällt Ihnen nicht? Kein Problem: Ein wenig Senf sorgt für eine chemische Reaktion, die wie durch Zauberhand dafür sorgt, dass kurz erhitzter Brokkoli praktisch so gut wie frischer ist, und zudem Geschmack liefert (siehe Seite 40). Sie mögen einen Stich Butter auf Süßkartoffeln? Prima, denn dadurch kann Ihr Körper das Vitamin A noch besser aufnehmen. Wer also weiß, wie man Obst und Gemüse am besten zubereitet, kann ihren Nährwert nicht nur erhalten, sondern noch verbessern.

MEIN VERSPRECHEN

In diesem Buch erfahren Sie, wie sich mit dem Wissen um AUSWÄHLEN, LAGERN und ZUBEREITEN der Nährwert fast jedes Lebensmittels optimieren lässt. Es geht dabei nicht um strikte Regeln, an die man sich sklavisch halten muss, sondern um nützliche und praktikable Tipps und Tricks, basierend auf dem neuesten Wissensstand. Sie entscheiden selbst, was am besten zu Ihrem Tagesablauf, Lebensstil und Geschmack passt. Es macht daher nichts, wenn Sie beispielsweise keine Tomaten mögen, selbst wenn sie (besonders gekocht) viel mehr gesundes Lycopin enthalten als Rindfleisch. In diesem Buch geht es um nützliche und praktikable Alltagstipps. Obst und Gemüse sowie Vollkornprodukte sind grundsätzlich gut für uns. Ich habe für Sie simple Ideen gesammelt, wie sich der Gesundheitswert von Lebensmittel noch steigern lässt.

AUF EINEN BLICK

Diese Symbole helfen Ihnen, schnell die wichtigsten Informationen über den Gesundheitswert verschiedener Lebensmittel sowie deren richtige Auswahl, Lagerung und Zubereitung zu finden.

Gesundheit

Auswahl

Lagerung

Zubereitung

WAS GENAU WEISS DIE WISSENSCHAFT?

Meine Mutter pflegt stets ein gesundes Misstrauen gegenüber Ernährungsratgebern und fragt nach dem Lesen neuester Veröffentlichungen oft: „Wenn diese schlauen Forscher alles wissen, warum ändern sie dann ständig ihre Meinung?“ Obwohl ich selbst Wissenschaftler bin, weiß ich sehr wohl, was sie meint. Wenn es in Schlagzeilen heißt, Bacon sei „genauso krebserregend wie Rauchen“, einige Wochen später aber verkündet wird, Bacon stecke „voller gesunder Fette“ und sei ideal „zum Abnehmen“ geeignet (dazu gibt es natürlich die passenden Rezepte), ist es nur allzu verständlich, dass Menschen verwirrt und genervt reagieren. Das gilt besonders dann, wenn sich solche Berichte auf „neueste Forschungen“ berufen und sogar noch in derselben Zeitschrift veröffentlich werden!

Der Witz ist aber, dass entgegen aller Pressemeldungen die grundlegenden Ernährungsratschläge seit Jahrzehnten Bestand haben, wie auch die wissenschaftlichen Erkenntnisse, auf denen sie basieren. Und dies trotz wiederholter und genauester Prüfung. Wissenschaftler ändern ihre Meinung nämlich nicht so schnell (im Gegensatz zu Journalisten). „Die Wissenschaftler sagen immer noch, was sie schon seit Langem sagen“, klingt leider nicht spannend und bietet keine aufregenden Schlagzeilen. Deshalb suchen sich Journalisten gern aus den Tausenden von Studien aus aller Welt jene heraus, die überraschend und neuartig klingen, selbst wenn sie gar keine präzisen Schlussfolgerungen vorweisen können. Oft liefern schon frühe und sehr vage Ergebnisse von Pilotstudien Stoff für Meldungen, obwohl deren Verfasser lang und breit erklärt haben, wie relativ ihre Aussagen zu werten sind. Man sollte aber bedenken, dass nicht alle Studien gleich aussagekräftig sind.

Für dieses Buch habe ich neben eigenen Untersuchungen eine große Auswahl von Studien herangezogen. Wenn Sie wissen, wie umfangreich die Forschungsarbeit ist, können Sie hoffentlich besser verstehen, wie Wissenschaftler zu ihrem Fazit gelangen, und vielleicht Dichtung und Wahrheit in den nächsten Ernährungsschlagzeilen besser voneinander unterscheiden.

HIERARCHIE DER ERNÄHRUNGSFORSCHUNG

Art der Studie

Was bedeutet das?

Systematische Übersichten fassen die Ergebnisse einer Vielzahl hochqualitativer Studien zusammen und suchen darin nach erkennbaren Mustern.

Ein klarer neutraler Überblick über die besten verfügbaren Ergebnisse erlaubt es, falsche Spuren auszuschließen. Da sich gute Forschung durch die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse auszeichnet, sind diese Studien extrem streng.

Klinische Studien Unter streng kontrollierten Bedingungen erhalten Personen eine regelmäßige Dosis bestimmter Inhaltsstoffe, um die Wirkung auf ihre Gesundheit zu beobachten. Ergebnisse solcher Studien sind verlässlicher als andere, weniger kontrollierte.

Je mehr Menschen an einer Studie teilnehmen, desto verlässlicher und weniger zufällig sind die Ergebnisse. Daher ist es nicht nur wichtig, sich die Ergebnisse klinischer Studien anzusehen, sondern auch ihre Methodik. Das habe ich für Sie getan. Hat eine Studie überraschende Ergebnisse, aber nur wenige Probanden, weise ich darauf hin.

Beobachtungsstudien erheben Daten zu Gewohnheiten größerer Bevölkerungsgruppen, um zu sehen, ob zwischen bestimmten Essgewohnheiten und bestimmten gesundheitlichen Phänomenen ein Zusammenhang besteht.

Die Achillesferse dieser Studien ist, dass sie zwar Verbindungen erkennen, aber nicht Ursache und Wirkung. So steigen etwa im Sommer die Verkäufe für Eis und auch für Sonnenmilch. Das eine bewirkt aber nicht das andere. Oder hochtrabend ausgedrückt: „Korrelation impliziert keine Kausalität.“

Tierversuche Hier erhalten Tiere bestimmte Lebensmittel, und man überwacht die Auswirkungen auf ihre Gesundheit.

Diese Studien können dabei helfen, wichtige Hinweise zu liefern. Sie haben aber ein großes Manko: Menschen sind keine Versuchstiere. Die Ergebnisse lassen sich häufig nicht auf den Menschen übertragen. Nur rund 30% der Befunde aus Labor- und Tierversuchen lassen sich überhaupt später beim Menschen belegen. Sie können hilfreiche Hinweise geben, sind aber mit Vorsicht zu genießen.

Laborstudien Dabei wird die Wirkung von Extrakten eines Lebensmittels auf isolierte Zellen oder chemische Modelle von Teilen des menschlichen Körpers untersucht.

Von Zellkulturen in der Petrischale unterscheidet uns noch viel mehr als von Versuchstieren. Wie einer meiner ernährungswissenschaftlichen Helden sagt: „Was im Reagenzglas passiert, bleibt auch im Reagenzglas.“ Solche Studien geben lediglich Hinweise, in welche Richtung die Forschung gehen könnte, lie-fern aber noch keine Beweise.

„GUTES“ ESSEN VERSUS „SCHLECHTES“ ESSEN

Ich habe diesen Abschnitt im Zug geschrieben. Vor mir saßen einige stylishe Mittzwanzigerinnen mit Lunchboxen und unterhielten sich über Essen. Es ist eigentlich nicht meine Art, fremden Gesprächen zu lauschen, aber in diesem Fall schrieb ich auf, welche Wörter in zehn Minuten in puncto Essen gefallen waren: „sauber“, „junk“, „gut“, „böse“, „rein“ und „schlechtes Gewissen“. Als Wissenschaftler fand ich die Wortwahl faszinierend. Die Begriffe klangen eher wie moralische oder religiöse Bekenntnisse und nicht wie die Beschreibung eines Sandwiches. Diese Frauen sind keineswegs Ausnahmen. Wenn man genau hinhört, wird man feststellen, dass in Gesprächen über Essen oft sehr emotionale, moralisch aufgeladene Begriffe gebraucht werden.

Wenn wir die Moral mit dem Thema Ernährung verbinden, laufen wir Gefahr, unserer Gesundheit eher zu schaden. Und das paradoxerweise mit dem Ziel eines gesteigerten Wohlbefindens. So meiden wir vermeintlich „schlechte“ Lebensmittel, die uns mit wichtigen Nährstoffen versorgen, und halten „gute“ Lebensmittel für viel besser, als sie eigentlich sind. Deswegen sollen an dieser Stelle die vier, meiner Meinung nach größten Ernährungsmythen benannt werden.

VERARBEITETE NAHRUNGSMITTEL SIND „SCHLECHT“

Es scheint offensichtlich: Frisches, selbst gekochtes Essen muss viel besser sein als fertig gekaufte verarbeitete Industrieware. Ich kenne viele Autoren, auch einige Ärzte, die behaupten, das Beste, was wir für unsere Gesundheit tun könnten, ist, alles frisch zu kochen und völlig auf Fertignahrung zu verzichten. Es gibt sogar tolle Mantras wie: „Verarbeitetes Essen macht die Lebensmittelindustrie reich, echte Nahrung aus der Natur macht uns gesund!“

Hier nun die unbequeme Wahrheit: Kochen ist ein Prozess, genau wie das Kauen. Die Lebensmittelverarbeitung ist keineswegs eine Erfindung der modernen Lebensmittelindustrie, sondern eine der ältesten Kulturtechniken der Menschheit. Aber lässt sich der Kochvorgang in der heimischen Küche tatsächlich mit dem in riesigen Industrieküchen vergleichen? Ehrlich gesagt: Ja! Die Fertig-Ravioli aus dem Supermarkt, die ich zu Mittag gegessen habe, enthielten nur Mehl, Eier, Wasser, Käse, Spinat, Salz und Gewürze und wurden genauso hergestellt, wie ich es zu Hause gemacht hätte – wenn auch in größerem Maßstab. Chemisch und damit vom Nährstoffgehalt her gesehen, gibt es keinen bedeutenden Unterschied. Ob aus der Küche oder der Fabrik – unseren Körper interessiert nur, was in unserem Essen steckt.

Deutlich wurde dies anhand einer Studie, die im British Medical Journal veröffentlicht wurde und 100 Rezepte aus Kochbuch-Bestsellern von TV-Köchen (von denen einige propagieren, selbst kochen sei die gesündere Alternative) mit 100 Fertiggerichten aus dem Supermarkt verglich. Die Fertiggerichte enthielten viel weniger Zucker, Kalorien und Fett (auch ein Viertel weniger an gesättigten Fettsäuren) als die selbst gekochten Gerichte sowie zweimal so viel Ballaststoffe. Das stellt die Aussage infrage, dass selbst gemachtes Essen grundsätzlich gesünder ist.

Tatsächlich stecken in vielen stark verarbeiteten Lebensmitteln mehr Nährstoffe als in weniger verarbeiteten. Die Druckbehandlung, unter der parboiled Reis entsteht, sorgt etwa für einen höheren Gehalt an Vitamin B, Niacin, Riboflavin und Thiamin. Helle Rosinen, die gegen Verfärbung mit Schwefeldioxid (Sulfit) behandelt werden, enthalten dadurch dreimal so viele Antioxidantien. Auch fertige Obstsalate enthalten deutlich mehr Vitamin C als selbst gemachte. Warum? Weil ihnen Ascorbinsäure, die chemische Bezeichnung von Vitamin C, zugesetzt wird.

Selbst gemachter Kuchen aus „natürlichen“ Zutaten ist nicht gesünder als fertig gekaufter, und der Körper verdaut beide gleich. Natürlich sind süße zuckerhaltige Frühstücksflocken, Chips und Eis wirklich keine gute Grundlage für eine gesunde Ernährung, aber nicht deshalb, weil sie Fertigprodukte sind, sondern aufgrund ihrer Zusammensetzung.

Eine generelle Verteufelung verarbeiteter Lebensmittel kann unser Verständnis für deren Nährwert in Schieflage bringen – vor allem, wenn wir ideologisch urteilen. So fand ich im lokalen Bioladen ein Schild: „NEIN zu verarbeiteten Lebensmitteln“ und direkt darunter einen Paleo-Riegel mit mehr Zucker als Cola und mehr Fett als Schweinefleischpastete. Fakt ist nun mal, dass die Mehrzahl der handelsüblichen Lebensmittel bereits industriell verarbeitet ist und das gilt auch für Bio-Lebensmittel.

BIO IST „GUT“!

„Wussten Sie schon? Wer auf bio umstellt, bekommt zwei Portionen mehr als die gesunden Fünf-am-Tag!“, verkündete der Anbieter einer Bio-Kiste. Dazu auch, dass organisch angebautes Obst und Gemüse bis zu doppelt so viele Antioxidantien enthält wie konventionell angebautes. Solche Aussagen werden so oft wiederholt, dass man denkt, sie müssten wahr sein. Aber welche Beweise gibt es?

Diese Frage habe ich dem Anbieter gestellt. In seiner Antwort hieß es, die Aussage berufe sich auf eine Studie der Universität Newcastle, nach der organisch angebautes Obst und Gemüse bis zu doppelt so viele Antioxidantien enthält wie konventionell angebautes.

Eine Studie der Universität Newcastle, die über 100 Einzeluntersuchungen von biologischen und konventionell angebauten Produkten auswertete, kam jedoch zu dem Ergebnis, dass es zwischen beiden Anbaumethoden nur geringe Unterschiede hinsichtlich des Vitamin- und Mineralgehalts gibt. Während der Gehalt einiger Vitamine in Bio-Produkten höher war, war der anderer Vitamine und Mineralien geringer. Das klingt für mich nicht danach, als würden Bio-Produkte unbedingt eine bessere Nährstoffversorgung bieten!

Die besagte Studie berichtet auch, dass Bio-Obst und -Gemüse bis zu 60% mehr Antioxidantien enthalten. Diesem Ergebnis widersprechen aber drei andere, ähnliche Überblicksstudien, die alle nur geringe oder unbedeutende Unterschiede zwischen den beiden Anbaumethoden feststellen konnten. Wir erinnern uns: Das wichtigste Merkmal der Wissenschaftlichkeit ist die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse. Tatsächlich wurde die zitierte Studie von vielen Akademikern wegen ihrer Methodik kritisiert, ebenso auch deshalb, weil sie die Unterschiede hinsichtlich der gesundheitlichen Effekte überbewertet. So suchte die Studie nach möglichen Rückständen synthetischer Pestizide in der konventionellen Landwirtschaft, aber nicht nach ebenso toxischen natürlichen Rückständen in der Bio-Landwirtschaft. Obwohl der Hauptteil der Studie beschreibt, dass Bio-Produkte weniger Ballaststoffe, Proteine und potenziell die Herzgesundheit fördernde Nitrate enthalten, wurden diese Fakten im Ergebnisteil nicht annähernd so betont, wie der höhere Anteil an Antioxidantien. Zudem wurde die Unabhängigkeit der Studie infrage gestellt, da sie teilweise von einer Stiftung finanziert wurde, die den Bio-Anbau fördert. Aber natürlich könnte das auch nur Zufall sein.

Während einige Studien darauf hindeuten, dass Bio-Produkte einen höheren Nährstoffgehalt haben können, zeigen andere genau das Gegenteil. Die Evidenzlage ist also sehr kontrovers. Bisher lässt sich unmöglich belegen, dass Bio-Obst und -Gemüse grundsätzlich eine höhere Nährstoffdichte haben, ohne nur einige Studien herauszunehmen und andere schlicht zu ignorieren. Was wir sicher über solche Produkte wissen, ist, dass sie teurer sind, teilweise sogar erheblich teurer. Ein wenig mehr für bio auszugeben, schadet bestimmt nicht, aber es bedeutet keineswegs, dass man dadurch weniger Obst und Gemüse zu essen braucht, um auf seine gesunden Fünf-am-Tag zu kommen, ganz gleich, was manche Bio-Propheten behaupten.

LOKAL UND SAISONAL IST „GUT“

Es kommt selten vor, dass mich Ernährungsschlagzeilen überraschen, aber als ich las, dass traditionelles einheimisches Obst viel gesünder ist als importiertes, wollte ich unbedingt wissen, warum. Nach diesem Pressebericht enthalten importierte Früchte wie Orangen und Bananen – die angeblich vor 50 Jahren noch Raritäten waren – viel mehr Zucker als traditionelles heimisches Obst wie Stachelbeeren und Äpfel. Selbst bei Äpfeln bevorzugen wir importierte Sorten, die viel süßer sind als alte heimische Sorten. All das würde unserer Gesundheit schaden. Solche Artikel mit diesem „Lokal-ist besser“-Mantra sind keine große Seltenheit und verkünden meist auch „traditionell ist besser“. Schauen wir also einmal etwas genauer hin.

Es stellt sich heraus, dass alle hier genannten Obstsorten – wie die meisten überhaupt – ungefähr gleich viel Zucker enthalten, und zwar etwa 10%. Selbst sehr saure britische Bramley-Äpfel haben einen ähnlichen Zuckergehalt wie süßere importierte Sorten. Sie haben nur einen doppelt so hohen Säureanteil, der den süßen Geschmack überdeckt. Wegen des hohen Säureanteils werden diese Äpfel aber meist unter Zusatz von Zucker verarbeitet. Wo ist da der Effekt? Am Ende des Artikels (wohlgemerkt über das Übel zu süßer importierter Früchte) findet sich dann ausgerechnet ein Crumble-Rezept – genial! Ich sollte vielleicht noch hinzufügen, dass Orangen und Bananen schon in den 1960er-Jahren in Großbritannien durchaus alltäglich waren. Weil Orangen und Bananen eine längere Saison haben und preiswerter sind, werden sie auch häufiger als heimisches Obst gegessen, und das schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts.

Natürlich unterscheidet sich der Nährstoffgehalt der Produkte entsprechend ihrer Anbaubedingungen. Sonnenverwöhnte Tomaten aus dem Mittelmeerraum enthalten wesentlich mehr Lycopin als Tomaten aus kühleren Regionen. Für Italiener sind heimische Tomaten also vermutlich wirklich gesünder, für Schweden hingegen eher weniger. Die Vorstellung, dass die örtliche Nähe der Erzeugung eines Lebensmittels ein Gradmesser für seine Güte ist, entbehrt oft jeder Grundlage. Aber selbst aus Klimasicht ist die Kritik zu hinterfragen, denn weniger als 6% der CO2-Bilanz eines Lebensmittels werden durch den Transport verursacht. Für Tomaten aus beheizten und beleuchteten deutschen Gewächshäusern wurden vermutlich genauso viele fossile Brennstoffe verbrannt wie beim Import spanischer Tomaten aus dem sonnigen Süden.

Zudem ist es immer eine Frage, wie man „lokal“ definiert. Für viele Menschen heißt dies „im eigenen Land“. Für mich als Londoner sind aber beispielsweise importierte Tomaten aus Belgien geografisch „lokaler“ als Tomaten aus Cornwall. Kurz gesagt, wenn Sie heimische Produzenten unterstützen wollen, ist das löblich, bedeutet aber nicht, dass „lokale Produkte“ automatisch gesünder, leckerer oder umweltfreundlicher sind. Sehr häufig trifft sogar genau das Gegenteil zu.

Gehen wir doch einmal 50 bis 100 Jahre zurück. Damals aßen die Menschen nicht nur lokaler, sondern auch saisonaler, und es wird behauptet, dass die Menschen deshalb auch gesünder waren. Aber die Zeit vor 100 Jahren war alles andere als das Goldene Zeitalter der Volksgesundheit, sondern vielmehr von Hunger und Unterernährung geprägt. Das knappe Nahrungsangebot in den Wintermonaten und die fehlende Vielfalt führten dazu, dass viele Menschen an Mangelerscheinungen litten. In den 1950er-Jahren aßen meine Großeltern aus Wales nur das, was sie selbst anbauen konnten. Sechs Monate im Jahr konnten sie zum Frühstück, Mittag- und Abendessen nur zwischen sechs verschiedenen Feldfrüchten wählen. Das war geschmacklich langweilig (wie meine Mutter immer wieder betont) und bot auch nur sehr begrenzt Nährstoffe. Genau deshalb hat der Mensch seit Urzeiten versucht, seine Nahrung so zu produzieren, zu lagern und zu konservieren, dass sie sich weit über ihre eigentliche Saison hinaus hält. Dank unserer modernen Technologie haben wir Zugang zu einer viel größeren Auswahl an sicheren, nährstoffreichen und bezahlbaren Lebensmitteln als je zuvor. Selbst wenn man beispielsweise im Winter aus Chile importierte Heidelbeeren direkt mit hier im Spätsommer frisch geernteten vergleicht, ist ihr Vitamin- und Mineralstoffgehalt praktisch gleich. Das bedeutet? Wer sich saisonal ernähren will, kann das tun, aber es ist nicht unbedingt gesünder.

KOHLENHYDRATE SIND „SCHLECHT“

In den 1980er-Jahren waren es Fette, heute sind Kohlenhydrate die angesagten Bösewichte in der Ernährung. Häufig wird ihnen eine zentrale Rolle bei der Entstehung der sogenannten Zivilisationskrankheiten zugeschrieben. In Büchern und Blogs unterstellt man, dass sie für den großen Anstieg bei Übergewicht und Diabetes verantwortlich seien. Viele der Autoren stehen den üblichen forschungsbasierten Ernährungsratschlägen sehr kritisch gegenüber und fragen, warum nicht alle auf Low-Carb-Ernährung umschwenken.

Dieses Argument hat leider einen Haken, denn auf komplexen Kohlenhydraten basierende Ernährungsweisen gab es schon vor mehreren Zehntausend Jahren, und erst in jüngster Zeit kam es zu dem enormen Anstieg ernährungsbedingter Erkrankungen. Mit der Zunahme des Protein- und Fettgehalts der industrialisierten Ernährung ist der Anteil an Kohlenhydraten in den letzten Jahren sogar zurückgegangen. Das macht es etwas schwer, ihnen allein die Schuld zuzuschieben. Eigentlich ist die Kombination aus mehr Kalorien (wie auch anderer Nahrungsmittelgruppen), als wir verbrauchen, und deutlich zu wenig Bewegung schuld an der Gewichtszunahme. Das passiert aber mit allen Nahrungsmittelgruppen, nicht nur mit Kohlenhydraten.

Bevor Sie sich aber in Gefahr begeben, auf wichtige Nährstoffe wie Faserstoffe zu verzichten, hier ein ganz einfacher Grund, warum wir nicht auf Kohlenhydrate verzichten können. Alle komplexen Zivilisationen, die es je gab, nutzten kohlenhydratreiche Nahrungsmittel, vor allem Getreide, als wichtigste Energiequelle, da sie auf minimaler Anbaufläche ein Maximum an Kalorien liefern. Das ist einfachste Mathematik. Wer Rindfleisch statt Reis, Weizen oder Kartoffeln als Basis seiner Ernährung wählt, benötigt 100-mal mehr Anbaufläche. Schade, aber leider haben wir keinen zweiten Planeten.

Was ist aber nun mit Diabetikern? Nach einer großen Studie der angesehenen Gesundheitsorganisation Diabetes UK gibt es tatsächlich Hinweise darauf, dass eine kohlenhydratarme Ernährung kurzfristig die Gesundheit von Diabetikern verbessert. Das liegt schlicht daran, dass Menschen abnehmen, wenn sie weniger Kalorien zu sich zu nehmen. Jegliche Gewichtsabnahme (egal auf welche Art) erweist sich bei Diabetes als gesundheitsfördernd. Die Forscher fanden jedoch keine Belege dafür, dass eine kohlenhydratreduzierte Kost auch auf lange Sicht gesünder (oder sicherer) wäre.

Nach aktuellem wissenschaftlichem Kenntnisstand, der sich auf gewichtige Ergebnisse Tausender Studien aus aller Welt stützt, empfiehlt es sich, die Hälfte des gesamten Kalorienbedarfs durch Kohlenhydrate abzudecken. Dieses Buch möchte Ihnen vermitteln, welche Lebensmittel die höchste Nährstoffdichte haben und wie man sie man besten verarbeitet.

FACHCHINESISCH VERSTEHEN

Ich habe versucht, in diesem Buch nicht in eine akademische Fachsprache zu verfallen, glaube aber auch, dass die Verwendung einer korrekten Terminologie dabei helfen kann, die Wissenschaft, die hinter Tipps und Tricks steckt, zu verstehen. Um Ihnen den Einstieg zu erleichtern, gebe ich hier einen kurzen Überblick über Fachbegriffe, die Ihnen auf den kommenden Seiten begegnen werden. Er kann hilfreich sein, wenn Sie schnell eine Erklärung suchen.

WAS SIND NÄHRSTOFFE?

Nährstoffe sind Substanzen, die die Basis für Wachstum und den Erhalt des Lebens darstellen. Es gibt drei große Klassen von Nährstoffen: Vitamine, Mineralstoffe und Phytochemikalien (sekundäre Pflanzenstoffe). Während in jahrzehntelanger Forschung gesicherte Ernährungsrichtlinien zu den benötigten Mengen an Vitaminen und Mineralstoffen erarbeitet wurden, haben die sogenannten sekundären Pflanzenstoffe das Interesse der Wissenschaft erst kürzlich geweckt. Hier ein kurzer Überblick:

Vitamine

Vitamine sind von Pflanzen und Tieren produzierte chemische Stoffe, die der menschliche Körper für seine Funktion benötigt, aber nicht selbst synthetisieren kann. Um gesund zu bleiben, muss der Mensch sie mit der Nahrung aufnehmen, sprich Tiere und Pflanzen essen.

Mineralstoffe

Mineralstoffe stammen aus Gestein und aus dem Boden und werden von Pflanzen über ihre Wurzeln aufgenommen. Sie gelangen entweder direkt in unsere Nahrungskette, indem wir Pflanzen verzehren, oder indirekt, indem wir Tiere essen, die sich von Pflanzen ernährt haben. Um zu überleben, brauchen wir sowohl Vitamine als auch Mineralstoffe in ausreichenden Mengen. Ohne sie hört unser Körper bald auf zu funktionieren.

Phytochemikalien (sekundäre Pflanzenstoffe)

Sekundäre Pflanzenstoffe sind ebenfalls von Pflanzen produzierte Substanzen, die sich positiv auf die menschliche Gesundheit auswirken. Im Gegensatz zu Vitaminen sind sie für unser Überleben jedoch nicht absolut notwendig. So können wir Monate oder sogar Jahre ohne bestimmte Pflanzenstoffe überleben. Es scheint aber durchaus ein Zusammenhang zwischen einer pflanzenstoffreichen Ernährung und dem besseren Schutz vor zahlreichen degenerativen Krankheiten und generell einer stabileren Gesundheit zu bestehen.

Es gibt Unmengen unterschiedlicher sekundärer Pflanzenstoffe, von Polyphenolen bis zu Carotinoiden, deren vielfältige biologische Effekte die Wissenschaft erst seit den letzten Jahrzehnten erforscht, und nach und nach beginnt, ihre Wirkungen zu verstehen. Viele der chemischen Stoffe, bei denen ich mich auf den aktuellen Forschungsstand konzentriere, fallen in diese Gruppe.

•Polyphenole sind eine Gruppe eng verwandter chemischer Stoffe, welche die Pflanzen im Lauf der Evolution als chemische Verteidigungsmechanismen entwickelt haben, um sich selbst zu schützen. Dazu gehören Substanzen wie Anthocyane, jene leuchtend violetten und roten Pigmente, die die empfindlichen Pflanzenzellen vor schädlicher ultravioletter Strahlung schützen. Sie sollen auch für die gesunde Wirkung von Heidelbeeren verantwortlich sein. Andere Polyphenole verleihen Pflanzen ihren Geschmack oder ihren Duft und sollen entweder vor Fressfeinden schützen oder andere Tiere anlocken, um Blüten zu bestäuben oder Samen zu verteilen. Zudem gibt es Polyphenole, die Bakterien oder Pilze abwehren und die Pflanzen so vor Krankheiten schützen. Noch andere sind chemische Signalstoffe, welche die komplexen chemischen Reaktionen in den Pflanzen kontrollieren, so das Quercitin, das Zwiebeln, Zitrusfrüchte und Äpfel für uns so gesund macht. Es gibt Hunderte solcher Polyphenole!

•Carotinoide sind gelbe bis rötliche Pigmente, die in Pflanzen unterschiedlichste Funktionen übernehmen, vom Schutz vor UV-Strahlung (genau wie die schon beschriebenen Anthocyane) bis hin zur Lenkung des Lichts und damit der Steuerung der Fotosynthese in den Blättern. Es gibt unzählige verschiedene Carotinoide, von denen vielen gesundheitsfördernde Eigenschaften zugeschrieben werden. Dazu gehört der Schutz der Augen, die Senkung des Krebsrisikos und antioxidative Effekte. Anscheinend baut der Körper manche Carotinoide zu Vitamin A um. Zu dieser Gruppe gehören das Betacarotin und das Alphacarotin, das Kürbissen und Möhren ihre Farbe verleiht, sowie das Lycopin, das Tomaten und Wassermelonen rot färbt. Alle orangefarbenen und roten Obst- und Gemüsesorten enthalten mehrere Carotinoide.

•Präbiotikasind Fasern, die den Pflanzen zur Stärkung ihrer Struktur oder als Energiereserve dienen. Unser Körper kann diese energiereichen Kohlenhydratträger nicht verdauen und damit ihre Kalorien nicht verwerten. Sie spielen allerdings für unsere Verdauung eine wichtige Rolle, indem sie die in unserem Darm lebenden Bakterien ernähren, die unser Verdauungssystem regulieren. Immer mehr Studien deuten darauf hin, dass diese Darmbakterien eine viel größere Bedeutung für unsere Gesundheit haben, als bisher angenommen, und alles, von unserem Immunsystem bis hin zu unserer Stimmung, beeinflussen. Man ist also gut beraten, sie bei Laune zu halten.

•Antioxidantien ist vermutlich das größte Ernährungsschlagwort des Jahrhunderts. Es handelt sich hierbei um chemische Verbindungen, welche die Oxidation anderer Stoffe verhindern. Das gilt als wichtige Eigenschaft, da alterungsbedingte oder degenerative DNA-Schädigungen vermutlich durch oxidative Reaktionen ausgelöst werden. Obwohl nicht von allen Antioxidantien (es gibt Hunderte) erwiesen ist, dass sie gesundheitsfördernd sind oder tatsächlich im Körper (und nicht nur im Reagenzglas) antioxidative Wirkung zeigen, entdeckt die Wissenschaft ständig neue faszinierende Eigenschaften an ihnen. Hier ist also noch viel Forschung erforderlich. Ich weise aber darauf hin, wo sie besonders vielversprechend erscheint.

DIE LEBENSMITTEL

TOMATEN

Tomaten sind hervorragende Vitamin-A- und -C-Lieferanten und enthalten zudem eine gesunde Dosis an Ballaststoffen, wie anderes Obst und Gemüse auch. Sie tun sich aber in zwei Punkten hervor. Erstens werden Unmengen an Tomaten gegessen. In den USA beispielsweise rangieren sie direkt hinter Kartoffeln (mit denen sie die Hälfte des konsumierten Gemüses ausmachen) auf Platz zwei der beliebtesten Lebensmittel. Zweitens sind Tomaten und Tomatenprodukte die mit Abstand lycopinreichsten Lebensmittel. In den letzten Jahren ist dieser sekundäre Pflanzenstoff wegen seiner gesundheitsfördernden Wirkung weltweit in den Fokus der Ernährungswissenschaft getreten. Ein einzigartiger Nährstoff, enthalten in einer der beliebtesten Früchte überhaupt – das ist doch eine super Sache. Hierzu nun die aktuellsten Forschungsergebnisse.

SCHUTZ FÜR DIE HAUT

Zu viel UV-Licht ist einer der wichtigsten Gründe für die Faltenbildung der Haut und kann auch zu Hautkrebs führen. Unser Körper produziert eigene antioxidative Abwehrstoffe, die die Hautzellen vor der zerstörerischen Wirkung des Sonnenlichts schützen. Die Frage ist, ob das Antioxidans Lycopin unsere Haut noch wirksamer vor Schädigungen schützen kann?

Eine kleine Studie an der Universität Manchester wollte dem auf den Grund gehen und verabreichte jeweils einer Gruppe Frauen täglich eine Dosis von 55 g (ca. 4 Esslöffel) konzentriertes Tomatenmark oder aber ein Placebo. Nach drei Monaten verfügten die Tomatenesserinnen über einen um 33% höheren Schutz gegen Sonnenbrand, wenn sie UV-Licht ausgesetzt wurden, entsprechend einer Sonnencreme mit sehr niedrigem Lichtschutzfaktor. Dies war aber nicht alles. Die tomatenreine Diät schien auch die DNA-Schäden, die mit der Hautalterung in Verbindung stehen, zu reduzieren. Und als die Forscher Hautproben der Frauen untersuchten, fanden sie in denen der Tomatenesserinnen wesentlich höhere Anteile an Procollagen. Diese Protein sorgt bei jugendlicher Haut für deren Straffheit und nimmt mit fortschreitendem Alter ab. Am überraschendsten war aber die Tatsache, dass die Lycopindosis dabei nicht sonderlich hoch war. Sie entsprach etwa dem üblichen Gehalt einer Pastasauce, bzw. 300 ml Tomatensaft oder einem Teller Tomatensuppe, also eine durchaus übliche Menge.

KREBSRISIKO

Mehrere große Studien, die das Essverhalten Tausender Menschen untersuchten, deuten darauf hin, dass bestimmte Krebsarten bei lycopinreicher Ernährung deutlich seltener auftreten. Eine Studie der Universität Harvard ergab beispielsweise, dass bei einer hohen Zufuhr von Tomaten das Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken, um 35% und sogar um 55% bei seinen aggressivsten Formen niedriger lag.

35 %

geringeresProstatakrebsrisiko

Auch bei Studien zu anderen Krebsarten, etwa zu Magen- oder Lungenkrebs, zeigte sich ein ähnlicher Zusammenhang zwischen Tomatenkonsum und einem geringeren Erkrankungsrisiko. Wir wissen noch nicht sicher, ob dieses verringerte Risiko mit Lycopin zusammenhängt, mit einem anderen Inhaltsstoff der Tomaten oder mit einem bislang völlig unbekannten Faktor einer lycopinreichen Ernährung. Die Erforschung der Schutzwirkung von Lycopin muss also weitergehen.

HERZGESUNDHEIT UND SCHLAGANFALL

Eine Zusammenfassung von sieben Studien mit über 100 000 Teilnehmern zeigte, dass die Menschen mit dem höchsten Konsum an Lycopin ein um fast 20% geringeres Schlaganfallrisiko hatten. Nimmt man dazu, dass eine weitere Studie der italienischen Catholic University School of Medicine bei Tomatenliebhabern ein deutlich niedrigeres Risiko für Herzerkrankungen fand, wird die schlichte Tomatensauce immer attraktiver.

20 %

geringeresSchlaganfallrisiko

REGIONAL IST NICHT IMMER BESSER

Eine der wichtigsten Aufgaben des in Pflanzen enthaltenen Lycopins ist der biologische Sonnenschutz, der empfindliche Gewebe vor UV-Strahlen schützt. Je mehr Sonne, desto höher ist der Lycopingehalt in Tomaten.

Nach einer Studie des University College Cork enthalten sonnenverwöhnte Früchte aus dem Mittelmeerraum bis zu dreimal mehr Lycopin als die, die in dem eher wolkenreichen Nordeuropa wachsen.

KLEINE FRUCHT, GROSSER NÄHRWERT

Die sekundären Pflanzenstoffe in Tomaten sind nicht gleichmäßig verteilt, sondern verbergen sich vorwiegend in der Schale. Dort ist beispielsweise fünfmal mehr Lycopin konzentriert als im Inneren der Frucht. Aber es geht noch weiter. Eine Studie der University of Glasgow entdeckte, dass in dieser dünnen Schicht 98% der Flavonoide (entzündungshemmende Stoffe, die Cholesterinwert und Blutdruck senken können und vermutlich helfen, manchen Krebsarten vorzubeugen) enthalten sind.

Kirschtomaten

Viele kleine Kirschtomaten haben eine deutlich größere Oberfläche und daher pro Gramm wesentlich mehr Schale als beispielsweise eine große Fleischtomate. Dadurch ist ihr Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen potenziell höher. Die Studie aus Glasgow bestätigte dies und wies nach, dass man durch den Verzehr von Kirschtomaten im Vergleich zu normalen Tomaten fast doppelt so viele Flavonoide aufnehmen kann. Ähnliche Ergebnisse lieferten verschiedene Studien über das rote Pigment Lycopin. Vergleicht man sehr helle große Tomaten und sehr rote Kirschtomaten, könnte der Unterschied laut einer breit angelegten Versuchsreihe an der Texas A&M University sogar bis zu 15-fach höher liegen.

Kirschtomaten sind außerdem noch süßer und geschmackvoller als größere Tomaten, denn der Stoff, der für den besonderen Geschmack der Tomate verantwortlich ist, konzentriert sich vor allem in dem die Samen umschließenden Gel und weniger im Fruchtfleisch, von dem Fleischtomaten proportional mehr haben. Kirschtomaten liefern also mehr Geschmack und mehr sekundäre Pflanzenstoffe.

Mini-Eiertomaten

Sie wollen mehr? Mini-Eiertomaten oder auch Mini- Pflaumentomaten, wie sie in Deutschland gehandelt werden, können den Lycopingehalt von Kirschtomaten noch übertreffen, und das wieder dank der Oberfläche. Schrumpft man eine kleine kugelförmige Frucht, hat sie im Verhältnis mehr Schale als Fleisch. Bei der Eiform nimmt die Schalenmenge im Verhältnis weiter zu. Daher verwundert es nicht, dass Mini-Eiertomaten bis zu 30% mehr Lycopin enthalten als Kirschomaten, wodurch sie röter sind und weniger Säure enthalten. Dasselbe Prinzip scheint auch bei normalgroßen Eiertomaten zu wirken. Durchschnittlich große Eiertomaten enthalten nach Angaben des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) bis zu dreimal mehr Lycopin pro Gramm als vergleichbar große runde Tomaten.

IM KÜHLSCHRANK DROHT DAS ENDE

Auch nach der Ernte reifen Tomaten weiter, werden süßer, aromatischer und röter, was auch bedeutet, dass ihr Lycopingehalt weiter steigt. Nach der Studie eines japanisch-indonesischen Forscherteams können Tomaten ihren Lycopingehalt sogar fast verdoppeln, wenn man sie ein bis zwei Wochen bei Zimmertemperatur lagert.

Unter 10 °C bleibt die chemische Reaktion, die für die weitere Reifung zuständig ist, aber völlig aus. Tomaten sind schließlich subtropische Früchte. Deshalb gehören sie nicht in den Kühlschrank.

2 x

so vielLycopinbei Lagerung auf derArbeitsfläche

PROBIEREN SIE’S MAL MIT GRÜN

Unreife Tomaten oder Sorten, die selbst voll ausgereift ihre grüne Farbe behalten, enthalten wenig oder kein Lycopin, dafür aber andere Stoffe, wie Alpha-Tomatin und Tomatidin, die interessante gesunde Eigenschaften haben könnten. Forscher der University of Iowa fanden heraus, dass Tomatidin bei Mäusen Muskelschwund reduzieren und sogar umkehren konnte. Bei den Mäusen, die Tomatidin erhielten, wurde eine Zunahme in Muskelmasse, Kraft und Ausdauer festgestellt. Ähnliche Ergebnisse wurden dann im Reagenzglas an menschlichen Muskelzellen beobachtet.

Eine im angesehenen Journal of Agricultural and Food Chemistry veröffentlichte Studie besagt, dass Tomatin das Wachstum von Brust-, Darm-, Magen- und Leberkrebszellen effektiv hemmen kann – zumindest im Reagenzglas. Die Forscher schlussfolgerten: „Verbraucher profitieren nicht nur vom Verzehr lycopinreicher roter, sondern auch grüner Tomaten.“

Darüber hinaus gehören alte grüne Tomatensorten wie Green Zebra, die ihre auffälligen Streifen auch im reifen Zustand behalten, zu den köstlichsten überhaupt. Mehr und mehr liebe ich es, unreife, noch grüne Tomaten zu braten und sie zu Salsas oder Chutneys zu verarbeiten – bis die Forschung anderes vorschlägt.

DAS GEHEIMNIS LIEGT IN DER SAUCE

Lycopin mag ungemein gesund sein, hat aber einen großen Haken: Unser Körper kann es nur schwer aufnehmen. Tief in den Zellen der Tomate verborgen, lässt es sich nur schwierig herauslösen, bis man die Tomaten kocht.

Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass Suppen, Saucen oder Eintöpfe mit gekochten Tomaten Kunststoffbehälter praktisch auf ewig verfärben, rohe Tomaten aber nicht? Der Grund ist schlicht der, dass schon 30-minütiges Garen im Ofen oder auf dem Herd die verfügbare Menge an Lycopin mehr als verdoppeln kann. Die Hitze sprengt nicht nur die Zellen und setzt das Pigment frei, sondern es macht aus seinen schwer absorbierbaren Molekülen einen besser löslichen Stoff, den unser Körper viel einfacher aufnehmen kann. Das bedeutet, dass gekochte Tomaten – auch die aus der Dose – viel gesünder sind als rohe, wenn es um den Lycopingehalt geht. Das trifft sich gut, denn in den Ländern, wo die Leute als große Tomatenfreunde gelten, wie etwa die USA, sind über 60% der verzehrten Tomaten die praktischen Dosentomaten.

Am höchsten ist der Lycopingehalt aber in Tomatenmark, da die Tomaten hierfür nicht nur erhitzt, sondern eingekocht werden, bis ein Teil ihres Wassers verdampft ist. So erreicht Tomatenmark laut der US-Behörde USDA bis zu 16-fach höhere Lycopinmengen als die vergleichbare Menge frischer Tomaten.

TOMATENSAUCE AUS GERÖSTETEN KIRSCHTOMATEN

Dies ist vermutlich das einfachste Rezept für eine Tomatensauce. Man erhält den reinsten Geschmack ohne Braten oder Köcheln. Beim Rösten verlieren die Tomaten Wasser, wodurch sich ihre Inhaltsstoffe konzentrieren. Damit wird die Sauce schmackhafter und nährstoffreicher. Wenn man ungeschälte Tomaten verwendet, bewahrt man den Lycopingehalt, spart Zeit und Arbeit. Ein Spritzer Olivenöl zum Schluss hilft dem Körper, das Lycopin noch besser aufzunehmen.

ERGIBT 1 KG

VORBEREITUNG 10 MINUTEN

ZUBEREITUNG 40 MINUTEN

1 KG KIRSCHTOMATEN

1 GROSSE ZWIEBEL, KLEIN GESCHNITTEN

2 KNOBLAUCHZEHEN, NUR GESCHÄLT

4 TL NATIVES OLIVENÖL EXTRA

1 TL ROTE CHILIFLOCKEN

1 EL BALSAMESSIG

100 G GERÖSTETE MANDELBLÄTTCHEN

½ TL SALZ

½ TL SCHWARZER PFEFFER

1 KLEINE HANDVOLL BASILIKUMBLÄTTER, KLEIN GEZUPFT

Den Backofen auf 200 °C vorheizen.

Alle Zutaten bis auf das Basilikum in eine Auflaufschale geben und 40 Minuten im Backofen rösten.

Das Basilikum einrühren und die Tomaten zu einer Sauce verrühren.

Tomaten

enthalten nach dem Garen

2x

so vielLycopin.

SERVIERVORSCHLÄGE

Diese Tomatensauce aus gerösteten Tomaten (siehe S. 25) ist einfach und vielseitig. Sie lässt sich auch wunderbar einfrieren und ist damit praktisch für schnelle Abendessen. Hier einige Ideen, wie Sie sie nutzen können:

BRUSCHETTA

4 Scheiben Vollkorn-Sauerteigbrot rösten und mit etwas Olivenöl beträufeln. Mit einer Handvoll Rucolablätter bestreuen, dann 250 g der Tomatensauce über die Toastscheiben verteilen und servieren.

DER KLEINE SPRITZER ÖL

Australische Wissenschaftler haben festgestellt, dass sich nach der Zugabe von einem Esslöffel Olivenöl zu 300 Gramm gekochten Tomaten bei Probanden fast dreimal mehr leicht absorbierbares, lösliches Lycopin im Blut fand als bei einer Vergleichsgruppe, die die gleiche Menge Tomaten ohne Öl aß.