Hummelstich - Kirschtorte mit Schuss - Katharina Schendel - E-Book

Hummelstich - Kirschtorte mit Schuss E-Book

Katharina Schendel

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Beschreibung

Ganz Hummelstich ist im Backfieber! Mit einer überdimensionierten Kirschtorte streben die Dorfbewohner gemeinsam einen Eintrag ins berühmte Buch der Rekorde an. Doch scheinbar versinkt nicht jeder fröhlich bis zu den Ellenbogen im Mehl: Denn, bevor der offizielle Gutachter Viktor Piepenbrink seines Amtes walten kann, wird er in der Jauchegrube des Dorfes aufgefunden - ermordet! Steckt hinter dem feigen Anschlag die neidische Nachbargemeinde? Oder hatte sich der Gutachter Feinde gemacht? Bea und ihre Freunde gehen der Sache auf den Grund ...

Zur Serie: In Hummelstich scheint die Welt noch in Ordnung zu sein: Die Dächer der niedlichen Fachwerkhäuser funkeln und glitzern unter strahlend blauem Himmel und die Bewohner gehen emsig ihrem Tagewerk nach. Aber der schöne Schein trügt - denn hinter der Bilderbuchfassade tun sich mörderische Abgründe auf ... Aber zum Glück ist die energische Hobbydetektivin Bea von Maarstein vor Ort! Zusammen mit ihrem persönlichkeitsgestörten Papagei Dr. Jekyll und dem Dorfpolizisten Sven Grüneis löst sie jeden noch so verzwickten Fall.

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Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über diese Folge

HUMMELSTICH – Die Serie

Die Charaktere

Titel

1. Mit Piepenbrink ist nicht gut Kirschen essen

2. Das große Backen

3. Die Kirschen aus Nachbars Garten

4. Worte backen keine Kuchen

5. Wer Kuchen will, muss Eier schlagen

6. Kein Kuchen ist auch keine Lösung

7. Pustekuchen

8. Kaum in Torte zu fassen

9. Weit ab vom Schuss

10. Wenn der Kuchen spricht, schweigen die Krümel

11. Jeden Tag eine gute Tarte

12. Zwei Kirschen an einem Stiel

13. Wer gern Kirschen isst, lernt bald klettern

14. Wo Kuchen ist, da ist auch Hoffnung

15. Alles Kirsche oder was?

16. Ein Stück vom Kuchen

17. Die Kirsche auf der Torte

18. Eine Kirsche kommt selten allein

19. Gestohlene Kirschen sind süß

20. Ein Schuss ins Blaue

21. Je größer die Kirsche, desto größer der Kern

22. Du bist, was du backst

23. Ein Schuss in den Ofen

24. Aber bitte mit Sahne!

Rezept: Kirschtorte mit Schuss

Über die Autorin

Impressum

Leseprobe

 

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Über diese Folge

Ganz Hummelstich ist im Backfieber! Mit einer überdimensionierten Kirschtorte streben die Dorfbewohner gemeinsam einen Eintrag ins berühmte Buch der Rekorde an. Doch scheinbar versinkt nicht jeder fröhlich bis zu den Ellenbogen im Mehl: Denn, bevor der offizielle Gutachter Viktor Piepenbrink seines Amtes walten kann, wird er in der Jauchegrube des Dorfes aufgefunden – ermordet! Steckt hinter dem feigen Anschlag die neidische Nachbargemeinde? Oder hatte sich der Gutachter Feinde gemacht? Bea und ihre Freunde gehen der Sache auf den Grund …

HUMMELSTICH – Die Serie

In Hummelstich scheint die Welt noch in Ordnung zu sein: Die Dächer der niedlichen Fachwerkhäuser funkeln und glitzern unter strahlend blauem Himmel und die Bewohner gehen emsig ihrem Tagewerk nach. Aber der schöne Schein trügt – denn hinter der Bilderbuchfassade tun sich mörderische Abgründe auf … Aber zum Glück ist die energische Hobbydetektivin Bea von Maarstein vor Ort! Zusammen mit ihrem persönlichkeitsgestörten Papagei Dr. Jekyll und dem Dorfpolizisten Sven Grüneis löst sie jeden noch so verzwickten Fall.

Die Charaktere

Bea von Maarstein, 68 Jahre, kosmopolitische Hobbydetektivin, verwitwet, exzentrisch, lebensfroh, fährt einen alten Bücherbus, den sie zu einem mobilen Detektivbüro umgebaut hat.

Dr. Jekyll, Beas Papagei, ein hellroter Ara, smart und kratzbürstig, äußerst sprachbegabt.

Sven Grüneis, 35 Jahre, Dorfpolizist und Landwirt, verheiratet, lebt mit seiner Familie in einem großen Bauernhaus, naiv, pflichtbewusst und stets korrekt, hat das Herz am rechten Fleck.

Borwin Wandelohe, 62 Jahre, Halbspanier, eine Koryphäe auf dem Gebiet der Friseurskunst, quirlig, fröhlich, verbreitet stets gute Laune, exzellenter Hobbykoch.

Kurt Pfeiffer, 61 Jahre, Kommissar im Ruhestand, hat ein Talent für die Ölmalerei, kann kein Blut sehen.

Sieglinde Sperling, 36 Jahre, die neue Kommissarin der Bad Frankenberger Mordkommission, fleißig aber unerfahren, ihr Lachen klingt wie das Quietschen eines Meerschweinchens.

Kirschtorte mit Schuss

1. Mit Piepenbrink ist nicht gut Kirschen essen

Viktor Piepenbrink saß in dem stickigen Großraumabteil eines mäßig dahinzuckelnden Regionalexpress und starrte gelangweilt aus dem Fenster. Draußen zog eine Landschaft aus sanften grünen Hügeln vorbei. Pferde und Rinder schlenderten gemächlich über die Weiden, und zarte Wiesenblumen leuchteten in den schönsten Farben. Hier und da tanzten zitronengelbe Falter feengleich im Sonnenlicht.

Doch Viktor Piepenbrink hatte keinen Blick für die Schönheit der Natur. Er nahm weder die Blumen noch die Schmetterlinge wahr. Alles, was er sah, war eine abgeschiedene, ländliche Gegend, in der es vor Rindviechern und Ackergäulen wimmelte. Nichts davon weckte auch nur im Geringsten sein Interesse. Im Gegenteil, es ödete ihn an.

Viktor Piepenbrink hasste die Provinz. Und er verabscheute die Menschen, die dort lebten. Nicht mal im Traum wäre er je auf die Idee gekommen, in so einem verlassenen Landstrich Urlaub zu machen, geschweige denn sich dort niederzulassen. Am liebsten hätte er einen großen Bogen um jede kleinere Ortschaft gemacht. Allein aus beruflichen Gründen musste er sich von Zeit zu Zeit damit abgeben.

Genervt drückte Piepenbrink den Rücken in den Sitz. Er war schon immer ein Großstadtmensch gewesen. Er brauchte den Lärm, die Hektik, das Treiben. In Hamburg, wo er eine schicke Eigentumswohnung besaß, lebte es sich ausgezeichnet. Dort konnte man immer wieder aufs Neue das pulsierende Leben spüren. Konnte sich tags wie nachts amüsieren und fand Zerstreuung an jeder Straßenecke.

Hier hingegen war der Hund begraben. Tote Hose, so weit das Auge reichte. Außer Hahnengeschrei und dem Gestank nach Gülle gab es nicht viel. Und diese Dorftrottel, die hier lebten und mit den Hühnern schlafen gingen, hatten von nichts eine Ahnung!

Piepenbrink verscheuchte mit der Hand eine Fliege. Die Luft in diesem Zug war so dick, dass man sie in Scheiben schneiden konnte. Ekelhaft! Die Klimaanlage brummte zwar ohrenbetäubend, aber mehr tat sie auch nicht. Dazu all die fremden, einfältigen Leute rings um ihn herum! Warum mussten diese Regionalzüge aber auch immer so überfüllt sein?

Direkt neben ihm hockte ein großer, beleibter Mann, machte sich extra breit und las in aller Seelenruhe Zeitung. Es war eine echte Plage!

Nur mit Mühe konnte Piepenbrink ein Stöhnen unterdrücken. Wenigstens hatten sich die unvermeidlichen Quasselstrippenmuttis mit ihren quengelnden Kindern drei Reihen weiter vorn hingesetzt.

Er schlug die Beine übereinander und betrachtete die Spitzen seiner italienischen Designerschuhe. Die Neuerwerbung aus feinstem mokkabraunem Nappaleder war sündhaft teuer gewesen. Doch sie waren das Beste, was der Markt aktuell zu bieten hatte, und das Beste war gerade gut genug für ihn.

So verlor sich Viktor Piepenbrink für eine Weile in seiner Selbstbewunderung und den Gedanken an seinen edlen Kleidungsstil. Hätte er auch nur einmal innegehalten und in sein Innerstes hineingehorcht, dann wäre ihm vielleicht aufgefallen, wie leer und frustriert er war und dass seine Seele Tag für Tag ein Stück mehr verkümmerte. Da er jedoch nur mit Äußerlichkeiten beschäftigt war, bemerkte er es nicht. Er spürte weder die Arroganz, die er anderen entgegenbrachte, noch die Ablehnung, die er dadurch erhielt.

Bereits sein ganzes Leben sonnte sich Viktor Piepenbrink in der Vorstellung, dass er etwas Besonderes, ja etwas Besseres als alle anderen war. Er liebte seine Erscheinung und war stolz auf das, was er dank seiner Arbeit als Gutachter darstellte. Überhaupt kreisten seine oberflächlichen Gedanken ausschließlich um ihn selbst. Was ihm dabei nicht in den Sinn kam, war, dass manche seiner Mitmenschen ihn belächelten. Ein paar bemitleideten ihn sogar. Denn Viktor Piepenbrink war immer allein. Es gab niemanden, der sein Leben mit ihm teilte. Wenn er in sein schickes Hamburger Loft zurückkehrte und die Tür hinter sich schloss, war er der einsamste Mensch auf dem Erdball.

Piepenbrink selbst störte das nicht. Was sollte er sich auch mit Frau und Kindern herumplagen? Es hatte auch sein Gutes, frei und ungebunden zu sein. Er konnte sein Leben so gestalten, wie es ihm passte. Konnte kommen und gehen, wie er wollte, und war niemandem Rechenschaft schuldig. Das war allemal besser, als sich von einer herrischen Ehefrau knechten zu lassen.

Den Kopf in den Nacken gelegt, dachte Viktor Piepenbrink an das Ziel seiner heutigen Reise und verfluchte insgeheim seinen Arbeitgeber, der ihn schon wieder in die Pampa geschickt hatte. Wie hieß das Kaff noch gleich? Bienenstich? Wespenstich? Sein Blick fiel auf die Zeitung, die sein Nebenmann in den großen, fleischigen Händen hielt.

Hummelstich! Der Name prangte groß auf der aufgeschlagenen Seite.

Viktor Piepenbrink beugte sich ein wenig näher heran, um den betreffenden Artikel besser entziffern zu können.

Hummelstich – ein Dorf im Backfieber

Schon seit Tagen stehen in Hummelstich die Backöfen nicht mehr still. Jeder, der einen Rührlöffel halten kann, hilft mit, das große gemeinsame Ziel – den Eintrag ins Buch der Besten – zu erreichen. So soll mit vereinten Kräften die weltweit größte Kirschtorte entstehen.

Bislang hält ein Team von Konditoren im Schwarzwald den Rekord. Ihre vor drei Jahren kreierte Torte hatte einen Durchmesser von vier Metern und ein Gesamtgewicht von 241 Kilogramm. Dies gilt es zu schlagen.

Begleitet wird der Rekordversuch von einem bunten Volksfest, das Belustigungen aller Art verspricht. Auch zahlreiche Aktionen wie Armbrustschießen und Kirschkernweitspucken sind geplant.

Piepenbrink schnaubte verächtlich. Was für eine lächerliche Berichterstattung! Diese hinterwäldlerische Ausdrucksweise! So ein Geschmiere! Und ihn hatte man natürlich wieder mit keinem einzigen Wort erwähnt. Dabei war er der wichtigste Mann des Tages. Ohne ihn konnten diese Dorftrampel backen, bis sie schwarz wurden. Aber was sollte man auch von einem popeligen Käseblatt wie diesem erwarten?

Er blickte wieder aus dem Fenster, wo am Horizont eine weitere Herde von Rindviechern auftauchte.

Die Tatsache war: Es lag alles an ihm. Das verstanden diese begriffsstutzigen Provinzler nur nicht. Wenn er seine Unterschrift nicht unter die Urkunde setzte, war ihr ganzes armseliges Streben keinen Pfifferling wert. Er hatte die Macht, den Traum dieser Leute, ins Buch der Besten aufgenommen zu werden, wahr werden oder zerplatzen zu lassen.

Schon sah er vor seinem geistigen Auge zahlreiche enttäuschte und niedergeschlagene Gesichter. Es war ein Gedanke, der ihn erheiterte.

Natürlich würde er seine Entscheidung begründen müssen. Aber daran sollte es nicht scheitern. In dieser Hinsicht war er äußerst kreativ. Er tat es ja nicht zum ersten Mal.

Schadenfreude keimte in ihm auf, während sein böser Plan immer mehr Gestalt annahm. Er könnte Übelkeit vortäuschen und so tun, als wäre der Kuchen schlecht oder vergiftet worden.

Viktor Piepenbrink schmunzelte still in sich hinein. Auf die eine oder andere Art würde es ihm schon gelingen, diesen Landeiern das Fest zu verderben.

2. Das große Backen

Hummelstich, die kleine Gemeinde am Fuße des Kyffhäusergebirges, war gewiss kein Ort wie jeder andere. Zum einen, weil es ein ausgesprochen hübsches Dorf war und die Bewohner viel Zeit damit verbrachten, es zu hegen und zu pflegen. Zum anderen, weil die Hummelstichler eine Vorliebe dafür besaßen, sich mit anderen zu messen. Irgendeinen Wettstreit – und sei es nur untereinander – trugen sie im Grunde immer aus. Demzufolge gab es auch stets etwas zu werkeln und zu tüfteln. »Langeweile« war in Hummelstich ein gänzlich unbekanntes Wort.

Die Idee, die größte Kirschtorte der Welt zu backen, war von den meisten mit glühender Begeisterung aufgenommen worden. Denn die Aussicht, im Buch der Besten erwähnt zu werden, hatte durchaus seinen Reiz. Welcher Ort konnte das schon von sich behaupten? Es war eine einmalige Chance, so viel war ihnen allen klar. Ganz nebenbei konnten sie damit auch noch der Nachbargemeinde Tannenglück, mit der Hummelstich seit Urzeiten im Clinch lag, ein Schnippchen schlagen.

Und so war das Dorf auch an diesem schönen Sommertag wieder von emsiger Betriebsamkeit erfüllt. Aus den geöffneten Fenstern der niedlichen kleinen Häuser drang ein schokoladig süßer Duft. Die Augustsonne strahlte, Grillen zirpten im hohen Gras, und weiße Schäfchenwölkchen zogen gemächlich am strahlend blauen Himmel entlang.

Für Borwin Wandelohe war es der Tag aller Tage. Der dralle Halbspanier, der neben seiner Arbeit im eigenen Frisiersalon auch noch leidenschaftlich gern kochte und backte, hatte die Leitung des Mammutprojekts übernommen. Es war ihm eine Ehre gewesen, und was seinen Ehrgeiz betraf, so stand er der Ortsvorsteherin Gisela Maibach, die die Aktion initiiert hatte, in nichts nach. Der Versuch musste ihnen einfach gelingen! Dafür würde er Himmel und Hölle in Bewegung setzen.

Um ins Buch der Besten aufgenommen zu werden, musste die größte Kirschtorte aller Zeiten nicht nur optisch, sondern auch geschmacklich ein Hit sein. Borwin hatte darum ein Rezept ausgewählt, das neben den feinsten Sauerkirschen auch reichlich dunkle Schokolade und einen ordentlichen Schuss Weinbrand enthielt. Es war eine Hommage an Wally Rosenstock, von der das Originalrezept stammte und die im letzten Jahr auf ihrer Hollywoodschaukel heimtückisch ermordet worden war. Wally wäre von der Aktion ebenfalls begeistert gewesen, da war Borwin sich sicher.

Beschwingt betrat er das riesige Festzelt, das sie in der vergangenen Woche auf dem Dorfanger aufgebaut hatten und in dem dank mehrerer mobiler Klimaanlagen eine angenehm kühle Temperatur herrschte. Ein halbes Dutzend Menschen wuselte um einen runden Tisch herum, der mit knapp fünf Metern Durchmesser eine beeindruckende Größe besaß. Es waren befreundete Hobbybäcker und pensionierte Konditoren aus Borwins weitläufigem Bekanntenkreis, die extra angereist waren, um bei diesem außergewöhnlichen Ereignis dabei zu sein und ihm bei der Bewältigung der Aufgabe zu helfen. Seine »Ritter der Tafelrunde«, wie er sie scherzhaft nannte.

Borwin ließ den Blick über den Tisch gleiten, auf dem die Kirschtorte zusehends Gestalt annahm. Laufend kamen Leute aus dem Dorf und brachten ihre Kuchenbleche mit frisch gebackenem Teig, den die Ritter der Tafelrunde auf dem großen Tisch anordneten und in eine ansprechende runde Form brachten. Eine dicke Schicht Schokobuttercreme war bereits aufgetragen und mit Kirschen bedeckt worden. Nun kam eine zweite Schicht Teig obendrauf.

Um an jede Stelle der gigantischen Torte gelangen zu können, hatten die Handwerker des Dorfes extra eine Hebevorrichtung gebaut. Mithilfe dieses Mini-Krans, an dem ein Schwenkarm befestigt war, konnte man, bäuchlings auf einem Brett liegend, über der Torte schweben und sie ohne Probleme gestalten. Auch für die Tränkung des Tortenbodens mit einem exklusiven Weinbrand war man äußerst geschickt vorgegangen und hatte eine Gießkanne sowie mehrere kleine Wasserpistolen benutzt.

Borwin zwirbelte zufrieden seinen Schnurrbart. In Sachen Kreativität und Fleiß machte ihnen niemand so schnell etwas vor.

Er krempelte die Ärmel hoch und schlüpfte in eine saubere Kochjacke, um seinen Rittern zur Hand zu gehen.

Allein die Organisation der Zutaten war eine echte Sisyphusarbeit gewesen. Die einundsechzig Kilo Butter hatte er bei einem regionalen Molkereibetrieb bestellt. Die fünfundsiebzig Kilogramm Mehl stammten ebenfalls von einem Großerzeuger. Am schwierigsten war es gewesen, die rund eintausendzweihundert Eier aufzutreiben. Obwohl jeder Zweite in Hummelstich Hühner besaß, war es unmöglich, diese Zahl in Eigenproduktion zu stemmen. Und Borwin wollte auf keinen Fall Eier aus einer Legehennenbatterie. Also hatte er im Vorfeld alle regionalen Bauern und Biohöfe abgeklappert – sogar die in Tannenglück. Mit den Kirschen war er ähnlich verfahren.

Lediglich das große Fass Weinbrand hatte er sich von einer renommierten spanischen Destillerie schicken lassen. Der edle Tropfen war nicht billig gewesen. Zum Glück hatte ihm die Ortsvorsteherin ein unbegrenztes Budget in Aussicht gestellt. Für den Eintrag in das Buch der Besten wurden auf allen Ebenen keine Kosten und Mühen gescheut.

Ein paar Straßen weiter, im Haus von Familie Grüneis, stand Bea von Maarstein vor dem Backofen und schaute gespannt in die Röhre. »Müsste gleich gut sein«, rief sie Sara Grüneis zu, die in einer großen Schüssel die nächste Portion Teig anrührte.

Sara wischte sich mit dem Arm über die Stirn. »Hol ihn raus, bevor er verbrennt.«

Rasch schnappte sich Bea die Topflappen, öffnete den Ofen und zog das heiße Blech heraus. Der dunkelbraune Teig duftete herrlich schokoladig. »Wir werden von Mal zu Mal besser!«, sagte sie mit einem triumphierenden Ausdruck auf dem Gesicht.

»Denkst du wirklich?« Sara runzelte die Stirn. »Ich finde, die sehen alle gleich aus.«

Bea schmunzelte. Obwohl sie vor Kurzem sogar zur Vorsitzenden des Landfrauenvereins ernannt worden war, hielt sich ihre Begeisterung fürs Backen in Grenzen. Auch Sara, die sonst als Tierärztin arbeitete, war nicht gerade die enthusiastischste Bäckerin. Da tickten sie beide ganz ähnlich. Trotzdem waren sie wild entschlossen, ihren Anteil an der rekordverdächtigen Kirschtorte zu leisten. Es war eine Selbstverständlichkeit für sie beide.

»Mal sehen, was Gisela sich als Nächstes wieder einfallen lässt«, stöhnte Sara.

Bea kicherte leise. »Auf so eine Idee konnte auch nur sie kommen.« Die Ortsvorsteherin suchte ständig nach Möglichkeiten, um Hummelstich in die Schlagzeilen zu bringen.

»Wie viel Pfefferminzlikör muss man trinken, damit einem so etwas einfällt?«, murmelte Sara. »Die größte Kirschtorte der Welt! Das ist doch mindestens so verrückt wie die Aktion mit den Alpakas. Hast du gehört, welche Namen Gisela vorgeschlagen hat?«

»Natürlich, sie redet schon seit Tagen praktisch von nichts anderem mehr«, entgegnete Bea. »Mal abgesehen von der Kirschtorte.«

»Nofretete, Hatschepsuth und Cleopatra!« Sara schüttelte den Kopf. »Als wären wir hier im alten Ägypten.«

Bea nahm etwas Butter und fettete damit das nächste Backblech ein. »Sie erhofft sich eben, dass die Tiere zu einem Besuchermagnet werden.« Über die Regionalzeitung hatte Gisela Maibach die Leser aufgefordert, Namensvorschläge für die drei Alpakas einzureichen, die seit Kurzem bei Familie Grüneis lebten. Zum heutigen Kirschfest sollte dann der Gewinner gezogen werden.

»Vermutlich lässt sie den Alpakas demnächst noch eine Pyramide errichten«, meinte Sara. »Natürlich größer als das Original in Gizeh.«

Bea lachte schallend. »Hör auf! Nicht, dass sie das wirklich noch hört.«

»Und wer muss dann mal wieder die ganze Arbeit machen?« Sara rührte den Teig nun so energisch, dass er fast aus der Schüssel sprang. »Wir!« Sie hielt inne und warf Bea einen erschöpften Blick zu. »Ganz ehrlich, der Rummel um die Alpakas fängt langsam echt an zu nerven. Es pilgern doch schon jetzt genügend wildfremde Leute hierher.« Sie legte den Rührlöffel beiseite, angelte sich einen Teigschaber und gab den Teig auf das gefettete Backblech.

»Gisela postet ja auch ständig Alpaka-Bilder auf allen Social-Media-Kanälen«, sagte Bea und schob das Blech in den heißen Ofen.

»Und dann noch diese sinnlose Namensaktion«, stöhnte Sara und fächerte sich mit der Hand etwas Luft zu. »Pass nur auf, Gisela wird es schon noch so drehen, dass ihre eigenen Vorschläge gewinnen. Zu tricksen traue ich ihr nämlich ohne Weiteres zu.«

Bea biss sich auf die Unterlippe. Wenn Gisela sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, ließ sie nicht locker, bis sie ihr Ziel erreicht hatte. Das wussten alle im Dorf. »Tja, zumindest hat sie es versucht!«

Sara sah sie mit großen Augen an. »Wie?«

»Sie hat die Lostrommel manipuliert«, erklärte Bea. »Die anderen Vorschläge entfernt und ihre eigenen in mehrfacher Ausführung hineingetan.«

Ein Ausdruck der Empörung machte sich auf Saras Gesicht breit. »Das ist ja … Betrug!«

»Ja, das ist es«, stimmte Bea ihr zu. »Ich konnte es selbst kaum glauben, als ich es heute Morgen zufällig beobachtet habe.«

Sara stemmte die Hände in die Hüften. »Du hast sie doch hoffentlich gleich zur Rede gestellt?«

Bea lächelte geheimnisvoll. »Das mache ich, wenn dieser Zirkus hier vorbei ist.«

»Aber das dürfen wir uns nicht gefallen lassen!«, protestierte Sara. »Das ist ein Skandal! Wir müssen jetzt etwas unternehmen!«

»Keine Bange!« Bea hob die Hand. »Gisela hat mich nicht gesehen, und als sie wieder gegangen war, habe ich alle Zettel aus dem Müll gefischt und zurück in die Lostrommel gesteckt. Giselas Zettel habe ich aussortiert.«

Sara sah sie mit einer Mischung aus Überraschung und ehrlicher Bewunderung an. »Na, so kann man es auch machen.«

»Manche Leute muss man eben mit ihren eigenen Waffen schlagen«, meinte Bea und zuckte mit den Schultern.

»Genial!«, rief Sara. »Trotzdem hoffe ich, dass es für Gisela noch ein Nachspiel haben wird. Wenn sie schon bei einer so unbedeutenden Angelegenheit betrügt, was macht sie dann erst, wenn die nächste Wahl ansteht?«

Ja, dachte Bea. Im Grunde war Gisela für das Amt der Ortsvorsteherin gar nicht mehr tragbar. Sie nickte ernst. »Das wird ein Nachspiel haben. Verlass dich drauf!«

Sara wandte sich zufrieden ab. »Dämliche Aktion«, murmelte sie. »Wenn die Kinder erst davon Wind kriegen …«

»Von was denn, Mama?«

Bea sah auf.

Die kleine Lotta stand in der Tür.

Sara trat von einem Bein aufs andere. »Unsere Alpakas sollen zum Fest heute Namen bekommen.«

»Aber Kiki, Nana und Momo haben doch schon Namen!«, protestierte Lotta.

»Ich weiß«, sagte Sara, »und wir werden sie auch weiterhin so nennen, egal, was dabei herauskommt!«

Die Augen des Mädchens verfinsterten sich. »Kriegen wir dann Ärger?«

»Nein, mein Schatz!« Sara gab ihrer Tochter einen Kuss auf die Stirn. »Das sind unsere Tiere, und deshalb dürfen wir sie auch nennen, wie wir wollen. Das kann uns niemand verbieten!«

»Hurra!« Lotta sprang vor Freude einmal quer durch die Küche und rannte dann jubelnd ins Freie hinaus.

»Also schön!«, sagte Sara mit entschlossener Miene. Sie strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und zwinkerte Bea, die die Rührschüssel säuberte, verschwörerisch zu. »Lass uns das nächste Stück dieses Mordskuchens in Angriff nehmen.«

3. Die Kirschen aus Nachbars Garten