Ice Planet Barbarians – Liz und Raahosh - Ruby Dixon - E-Book
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Ice Planet Barbarians – Liz und Raahosh E-Book

Ruby Dixon

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Beschreibung

*** Die aufregende neue Romance-Reihe aus den USA: Die Ice Planet Barbarians bringen alle Herzen zum Schmelzen! *** Kaum zu fassen, oder? Raahosh, einer der blauen Alienmänner von Not-Hoth, hat mich entführt, damit ich mich unsterblich in ihn verliebe. Das wäre ja noch schöner! Okay, er ist unglaublich sexy, aber diese unwiderstehliche Anziehungskraft, die von ihm ausgeht, ist reine Biologie. Da sind keine Gefühle im Spiel. Das liegt alles an dem Symbionten, den alle auf Not-Hoth aufnehmen müssen, damit sie auf diesem unwirtlichen Eisplaneten überleben können. Der Symbiont sorgt dafür, dass Raahosh glaubt, dass wir füreinander bestimmt sind. Aber dass ich mich ihn verliebe, darauf kann er lange warten … Dies ist der zweite Band der Ice Planet Barbarians. Weitere Bände der Reihe: Ice Planet Barbarians – Georgie und Vektal (Band 1) Ice Planet Barbarians – Liz und Raahosh (Band 2) Ice Planet Barbarians – Kira und Aehako (Band 3) Ice Planet Barbarians – Harlow und Rukh (Band 4) Ice Planet Barbarians – Tiffany und Salukh (Band 5)

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Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch von Michaela Link

 

© Ruby Dixon 2015

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

»Barbarian Alien«, Selbstpubliziert von der Autorin 2015

Published in agreement with the author,

c/o Baror International, Inc., Armonk, New York, USA

© Piper Verlag GmbH, München 2022

Konvertierung auf Grundlage eines CSS-Layouts von digital publishing competence (München) mit abavo vlow (Buchloe)

Covergestaltung: Guter Punkt, München

Coverabbildung: Guter Punkt, München, Sarah Borchart unter Verwendung von Motiven von iStock / Getty Images Plus

 

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

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Text bei Büchern ohne inhaltsrelevante Abbildungen:

 

Inhalt

Inhaltsübersicht

Cover & Impressum

Triggerwarnungshinweis

Widmung

Teil 1

Liz

Raahosh

Liz

Raahosh

Liz

Teil 2

Raahosh

Liz

Raahosh

Liz

Raahosh

Liz

Teil 3

Raahosh

Liz

Raahosh

Liz

Teil 4

Raahosh

Liz

Raahosh

Liz

Raahosh

Liz

Teil 5

Liz

Raahosh

Liz

Teil 6

Liz

Raahosh

Liz

Bonusepilog:Spiele

Liz

Raahosh

Liz

Raahosh

Personenverzeichnis

Der Häuptling und seine Frau

Paare und Familien

Die ledigen Menschenfrauen

Die ledigen Jäger

Älteste

Verstorben

Nachwort der Autorin

Inhaltswarnung

Anmerkungen

Buchnavigation

Inhaltsübersicht

Cover

Textanfang

Impressum

Liebe Leser*innen,

Ice Planet Barbarians – Liz und Raahosh enthält Themen, die triggern können.

Deshalb findet ihr auf Seite 336 eine Inhaltswarnung[1].

Achtung:

Diese beinhaltet Spoiler für die gesamte Geschichte.

Wir wünschen euch allen ein bestmögliches Leseerlebnis.

Euer Piper-Fantasy-Team

Für die Leserinnen, die diese Bücher zum ersten Mal in die Hand nehmen, und für die, die ihren Freundinnen nun schon seit Jahren von den Geschichten über blaue Außerirdische erzählen.

 

Teil 1

Liz

Kira und ich sehen zu, wie Megan und Georgie mit den Fingern über die Wandverkleidung des Raumschiffs der Außerirdischen streichen. Sie versuchen herauszufinden, wie man sie aufkriegt, um die Frauen zu befreien, die darunter gefangen sind. In sechs Tiefschlafröhren, in denen je eine der Gefangenen steckt. Keine der Frauen hat eine Ahnung, wo sie sich befindet oder wieso sie hier ist.

»Ich kann mich nicht entscheiden, ob sie Glück gehabt haben oder doch eher Pech«, sage ich zu Kira.

»Sie hatten Glück«, gibt sie ausdruckslos zurück. Ihr Blick ruht auf den blinkenden Lichtern und der dunklen Wand des Raumschiffrumpfes. »Sie wissen nicht, was wir während der letzten Wochen durchgemacht haben.«

Ich brumme etwas, das vage zustimmend klingt. Ich weiß nicht, ob ich Kira recht geben soll, denn sie kann manchmal ein echter Miesepeter sein. Die letzten Wochen waren für uns alle nicht leicht, aber vielleicht ist es besser, alles zu wissen, als völlig ahnungslos zu sein.

Vielleicht.

Kira und ich sehen den anderen bei der Arbeit zu, weil wir zu schwach sind, um mitzuhelfen. Von uns sechsen ist Georgie immer noch die Kräftigste. Sie war mit dem außerirdischen Mann zusammen, daher hat zumindest sie drei anständige Mahlzeiten am Tag und warme Kleidung bekommen. Wir dagegen saßen derweil in dem gestrandeten Raumschiff fest. Von unserer kleinen Gruppe geht es Megan am besten. Ich bin völlig entkräftet und lethargisch und meine gebrochenen Zehen tun wahnsinnig weh. Josies Bein scheint an zwei Stellen gebrochen zu sein, und keine von uns weiß, wie es gerichtet werden könnte. Kiras Knöchel ist geschwollen und sie ist total geschwächt. Und Tiffany wird wahrscheinlich sterben, denn wir kriegen sie einfach nicht wach. Sie hat sich nur einmal für ein paar Löffel Brühe aufgerichtet und ist dann wieder bewusstlos geworden.

Eine Warnung von den Außerirdischen, dass dieser Planet uns umbringt, ist also gar nicht nötig.

»Sie geht auf«, verkündet Megan, und sie und Georgie treten einen Schritt zurück. Wie in einem Science-Fiction-Film hebt sich zischend die Wandverkleidung. Dahinter befindet sich eine junge Frau in T-Shirt und Slip, mit seltsamen Spiralen um den Leib, die in ihrer Kehle enden.

Ich kann ein Schaudern nicht unterdrücken.

Georgie und Megan sehen sich die Schlafende genau an und überlegen bestimmt, was wohl die beste Methode ist, sie zu befreien. Am Ende reißen sie ihr einfach die Schläuche und Kabel heraus, woraufhin sie aufwacht und zu würgen beginnt. Einen Moment später liegt die Neue auf dem Boden und erbricht den letzten Schlauch, während Megan ihr über den Rücken streichelt.

Das war’s. Ob gut oder schlecht, wir sind jetzt eine mehr.

Die Frau reißt die Augen auf und fängt an zu schluchzen. Sie ist offensichtlich verwirrt und verängstigt, und Kira steht auf und öffnet die Arme, um das Mädchen an sich zu ziehen. Sie gibt leise, besänftigende Laute von sich, hält das Mädchen fest und führt sie dann von der Wand weg. Ohne dass jemand etwas getan hätte, öffnen sich plötzlich auch die übrigen Röhren.

»Scheiße, ich glaube, wir haben da irgendetwas ausgelöst«, sagt Georgie, und dann machen sie sich daran, das nächste Mädchen zu befreien. Binnen Sekunden fallen mehrere junge Frauen auf den Boden. Mühsam komme ich auf die Füße, um mitzuhelfen.

Während ich zu den anderen humpele, höre ich, wie die Außerirdischen sich unterhalten. Ich schaue hoch, als die Frau, die mir am nächsten ist, hysterisch zu heulen beginnt. »Was ist hier los? Wo bin ich? Wer bist du?«

Ich halte ihr die Hand hin. »Ich bin Liz, und ich erkläre dir alles, wenn wir die anderen befreit haben, okay?«

Sie flennt weiter, und ich beiße mir auf die Unterlippe, um sie nicht anzuschreien. Auch mir geht es beschissen und ich stehe wahrscheinlich bloß wenige Schritte hinter Tiffany auf der Todesleiter, aber kreische und jammere ich? Nein, tue ich nicht. Ich reiße mich zusammen, verdammt noch mal!

Ich helfe der nächsten Neuen hoch, einer Frau mit Sommersprossen und grellrotem Haar, und währenddessen gibt der Schreihals entsetzte, erstickte Laute von sich. »O mein Gott, was ist das?« Zitternd zeigt sie nach links und ich schlage ihre Hand herunter.

»Es ist unhöflich, mit dem Finger auf andere zu zeigen«, sage ich, doch auch die anderen Mädchen schnappen nun entsetzt nach Luft beim Anblick der Außerirdischen, die an der Wand des Raumschiffrumpfes herumstehen. Noch eine von den Neuen fängt an zu weinen, und eine dritte klammert sich an meinen Hals, als wollte sie an mir hochklettern, um sich in Sicherheit zu bringen. Das lässt meine gebrochenen Zehen grauenvoll schmerzen und ich wende mich an Georgie. »Wir haben ein Problem«, erkläre ich. »Tu etwas, o furchtlose Anführerin.«

»Okay«, sagt sie und läuft zu den Außerirdischen. Einen Moment später klettern sie alle zurück durch den Riss im Rumpf nach draußen und nur wir Menschenfrauen sind noch hier.

»Lasst uns erst einmal alle da rübergehen und uns hinsetzen«, schlägt Kira mit besänftigender Stimme vor. »Wir haben ein Feuer, Wasser und Decken.«

»Mir ist kalt«, jammert eine der Neuen. »Ich friere so furchtbar und ich habe keine Hose! Wo ist meine Hose?«

»Das liegt daran, dass die Außerirdischen dich im Schlaf entführt haben«, erkläre ich ihr munter. »Keine von uns hat eine Hose an.«

Kira schlägt mir auf den Arm, um mir zu bedeuten, den Mund zu halten. Okay, ich bin also nicht gerade die Geduld in Person. Verklagt mich doch!

»Decken gibt es da drüben«, ermutige ich die Neuen, und es ist eher so, als würde man Katzen hüten – miauende, kreischende Katzen – als Entenküken, aber es gelingt uns, sie ums Feuer zu versammeln und in Felle zu hüllen, die die außerirdischen Typen mitgebracht haben.

»Mir ist immer noch kalt«, sagt eine von ihnen mit klappernden Zähnen, während sie sich in das Fell wickelt.

Ich beobachte sie bloß und versuche, sie nicht zu verurteilen. Vor einer Woche hatten wir nicht einmal das. Felle und ein Feuer und etwas zu essen? Das ist echt Luxus. Doch schließlich steckten diese Frauen in Röhren fest und wissen es nicht besser.

»Was jetzt?«, fragt Kira. Warum sieht sie mich an? Ich bin nicht die Anführerin, das ist Georgie. Georgie ist allerdings verschwunden, um die Außerirdischen dazu zu bewegen, sich mit ihren Furcht einflößenden Gesichtern von uns fernzuhalten, daher bin ich hier wohl … vielleicht könnte man meine Rolle mit Robin bei Batman vergleichen? So etwas in der Art.

Also übernehme ich das Kommando. »Na schön, Leute, setzen wir uns im Kreis auf den Boden. Wir werden eine kurze Vorstellungsrunde machen, wie bei einer Fortbildung. Arbeitet eine von euch im Büro?« Als zwei der schniefenden Mädchen die Hände heben, nicke ich. Immerhin, ein Anfang. »Dann wisst ihr sicherlich, wie so etwas funktioniert. Ihr sagt nun eine nach der anderen euren Namen und wie alt ihr seid und erzählt, womit ihr euren Lebensunterhalt verdient. Dann verratet ihr drei interessante Dinge über euch. Das hilft, um sich besser kennenzulernen.«

»Wo sind wir?«, fragt eine von ihnen unter Tränen.

»Dazu kommen wir noch«, vertröste ich sie. »Gleich. Und jetzt los. Lass uns mit dir anfangen.« Ich drehe mich der sommersprossigen Rothaarigen neben mir zu. Sie kommt mit der bizarren Situation besser zurecht als die meisten von den anderen. Sie starrt mich an, als hätte ich den Verstand verloren, aber das ist in Ordnung.

Mittlerweile bin ich mir ebenfalls ziemlich sicher, dass ich nicht mehr bei Sinnen bin. Verflixt, ich versuche gerade, ein Meet and Greet auf einem abgestürzten Raumschiff zu organisieren.

Aber die junge Frau neben mir zieht die Nase hoch, reibt sich über das Gesicht und beschließt, Ruhe zu bewahren. »M-Mein Name ist Harlow, ich bin zweiundzwanzig und studiere Tiermedizin.« Sie blinzelt einen Moment lang und wirkt verloren.

»Erzähl noch ein bisschen über dich.«

»Ich … hasse Meeresfrüchte?«

Immerhin etwas. Ich zeige auf die Nächste im Kreis.

Sie ist der Schreihals. Sie flennt nach wie vor und ihre Nase läuft die ganze Zeit. Trotz einer Flut von Tränen bekommen wir heraus, dass sie Ariana heißt, in New Jersey geboren ist und Angst hat. Neben ihr sitzt Claire, die große braune Augen hat und ebenfalls aussieht, als würde sie sich fürchten. Ihre Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern, doch ich nötige sie nicht, lauter zu sprechen. Dann ist da noch Nora, die grimmig und stinksauer wirkt, außerdem Marlene, die einen leeren Gesichtsausdruck und einen starken französischen Akzent hat, und Stacy, die weint, sich aber wirklich Mühe gibt, es nicht zu tun. Das rechne ich ihr hoch an. Während sich eine nach der anderen vorstellt, wird klar, dass sie alle im selben Alter sind.

Schließlich komme ich an die Reihe. Ich lege mir eine Hand auf die Brust. »Ich heiße Liz Cramer und bin zweiundzwanzig, genau wie ihr. Ich bin Sekretärin im Büro einer kleinen Firma, die Stanzmaschinen produziert. Aufgewachsen bin ich in Oklahoma und ich jage gern mit Pfeil und Bogen. Und vor drei Wochen haben Außerirdische mich entführt.«

Die Frauen schnappen nach Luft. Ariana schluchzt noch lauter.

»Das hast du ihnen ja wunderbar schonend beigebracht«, murmelt Kira.

Ich ignoriere sie. Man sollte es machen wie beim Abreißen eines Pflasters. Am besten, man sagt ihnen klipp und klar, was Sache ist, und lässt sie erst einmal alles verdauen. »Lehnt euch zurück, Leute, denn ihr werdet die beschissenste Lagerfeuergeschichte aller Zeiten hören.«

Und dann fange ich an zu erzählen.

Dass ich vor drei Wochen nachts von kleinen grünen Männchen entführt wurde. Ich mich, als ich aufwachte, in einem dunklen, schmutzigen Frachtraum befand, zusammen mit einem Haufen anderer Frauen, die auch nur einen Schlafanzug oder ein Nachthemd am Leib hatten. Dass wir wie Vieh in irgendeiner interplanetarischen Handelsstation verkauft werden sollten. Dass die Außerirdischen sechs Frauen im Frachtraum in einer Art Schlafkapseln hatten und meine neuen besten Freundinnen und ich im Käfig die »Bonusfracht« waren.

Ihrem Aufkeuchen entnehme ich, dass sie langsam anfangen, sich das Ganze zusammenzureimen. Sie haben richtig verstanden, sie sind die eigentliche Fracht. Kira und ich und die anderen wachen Mädchen dagegen – tja, wir … »Kennt ihr das, wenn ihr in den Supermarkt geht, um Bier zu kaufen, und Chips im Sonderangebot sind, und ehe ihr euchs verseht, habt ihr einen Einkaufswagen voller Chips? Nennt mich einfach Pringles.«

Niemand lacht über meinen Witz. Mir egal, ich finde ihn trotzdem lustig. Man darf den Humor nicht verlieren. »Wie dem auch sei, anscheinend wurden unsere außerirdischen Kumpel gierig und haben so viele Menschenfrauen eingesackt, wie sie in ihr Raumschiff quetschen konnten. Ursprünglich waren wir zu neunt.«

Meine Zuhörerinnen kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus, und Ariana fängt erneut an zu schluchzen. Ich wünschte, ich hätte eine Socke, die ich ihr in den Mund stopfen könnte.

»Woher willst du das wissen?«, fragt Nora in vorwurfsvollem Ton.

»Woher will ich was wissen?«

»Dass sie vorhatten, euch zu verkaufen? Vielleicht wollten sie euch irgendwo hinbringen, wo es schön ist?«

Ja klar, und ich bin Casper, der verdammte freundliche Geist. Ich zeige auf Kira, die mich stirnrunzelnd ansieht.

»Das ist Kira. Kira ist die Einzige von uns, die ein Übersetzungsgerät hat. Sie hatte das ›Glück‹, als Erste aufgelesen zu werden, darum haben sie ihr einen Clip ins Ohr getackert, und deshalb konnte sie verstehen, was die Außerirdischen sagen. So haben wir erfahren, was los ist – dass man uns verkaufen wollte. Und daher wissen wir auch, dass sie uns nicht zum Planeten Malibu bringen wollten, wo wir Margaritas schlürfen und an unserem Teint arbeiten können.«

»Liz!«, ermahnt Kira mich leise. Nora zuckt zusammen.

Ich weiß, ich bin nicht besonders verständnisvoll. Ich weiß es, und ich bin mir nicht sicher, ob es mir etwas ausmacht. »Es ist so: Diese Außerirdischen haben uns aus unserem Zuhause entführt. Sie haben uns markiert wie Vieh.« Ich zeige auf die Beule an meinem Arm, wo ein kleiner Metallgegenstand steckt, von dem ich vermute, dass er genauso funktioniert wie ein GPS-System. »Und sie werden uns zu einem Viehmarkt bringen und uns wie preisgekrönte Schweine an den Höchstbietenden verkaufen. Und während manche Typen ihre Schweine ficken …«

»Widerlich«, murmelt jemand.

»… wollen andere sie einfach nur essen«, beende ich meinen Satz. »Also werdet ihr mir verzeihen, wenn ich nicht bereit bin, Nachsicht mit unseren Entführern zu üben. Die kleinen grünen Männchen waren nicht nett. Sie hatten Wachen, und diese Wachen haben mehrere von uns vergewaltigt. Sie haben uns in einen Käfig gesteckt. Uns in einen Eimer kacken lassen. Sie haben uns behandelt, als seien wir keine Menschen. Das alles solltet ihr wissen, damit ihr versteht, woher wir kommen und warum wir stinken und müde sind und Hunger haben und uns krank fühlen. Okay?«

Die Mädchen um mich herum nicken.

Ariana fängt wieder an zu weinen. »Jemand will uns essen?«

»Jetzt nicht mehr«, beruhigt Kira sie. Vielleicht sollte sie lieber das Reden übernehmen. Sie ist viel netter. Aber sie sieht mich an, damit ich mit den Erklärungen fortfahre, also tue ich es.

»Die Außerirdischen, von denen ich gesprochen habe, sind weg. Jedenfalls erst einmal.« Ich berichte kurz von unserer Rebellion und wie Georgie einen der Wachposten überwältigt hat, als unser Frachtraum abgekoppelt wurde. Nun sind wir Bewohner von Not-Hoth, wie wir den Ort seit einiger Zeit nennen. Es ist eiskalt hier, es liegt Schnee, und der Planet ist total unwirtlich.

Unsere Landung war verdammt holprig. Niemand hat sie unversehrt überstanden – zwei Frauen sind dabei gestorben. Ich habe drei gebrochene Zehen, was bedeutet, dass ich nicht weiter gehen kann als ein paar Schritte. Aber zumindest bin ich am Leben. »Sobald wir uns über unsere Verletzungen Klarheit verschafft hatten, ist Georgie – die Mutigste von uns und die mit den leichtesten Verletzungen – mit dem einzigen warmen Kleidungsstück, das wir hatten, losmarschiert, um Hilfe zu suchen. Der Rest von uns ist hiergeblieben und fast erfroren. Habe ich erwähnt, dass wir nur Pyjamas anhatten? Nicht unbedingt warm.«

Das Mädchen neben mir – Harlow – wirkt beschämt und bietet mir ihre Felldecke an. Ich schüttele den Kopf. Ich bin zu müde, um mir die Mühe zu machen. Und seltsamerweise habe ich mich daran gewöhnt, mir den Arsch abzufrieren. Für sie ist das alles neu, daher kann sie die Decke gern behalten.

Die letzten sieben Tage waren eine Woche, in der wir verdreckten, jämmerlichen, verletzten Frauen uns zu einem Haufen zusammengedrängt haben, um uns warm zu halten. Es war eine Woche, in der wir den Gestank der anderen ignorierten, uns jedes Geräusch außerhalb des halb zerstörten Raumschiffs in Angst und Schrecken versetzt hat und wir uns gefragt haben, was wohl als Nächstes mit uns passieren würde. Wir hatten schmutziges Haar und stinkende Achselhöhlen, und der Eimer mit unserer Kacke ist übergelaufen. Aber wir hatten keine Schuhe und kaum etwas anzuziehen, wir hätten also nicht einfach nach draußen gehen und uns waschen können. Außerdem tobte draußen die ganze Zeit ein Schneesturm. Wir saßen in der Falle, und unsere Nahrungs- und Wasservorräte gingen zur Neige. Ich versuche, die Erinnerungen wegzudrängen.

Jede Nacht beim Einschlafen habe ich mich gefragt, ob ich den nächsten Tag erleben würde.

»Georgie ist losgezogen, um Hilfe zu holen«, greift Kira den Faden auf, als ich zu lange stumm bleibe.

Ich nicke und erzähle weiter. »Nach ein paar Tagen kam Georgie mit einem riesigen blauen Kleiderschrank von einem Barbaren zurück, mit Hörnern, einem Schwanz und glühenden blauen Augen. Er heißt Vektal und ist ein Einheimischer.«

Ich überspringe den Teil, wie Georgie unverkennbar mit Vektal rumgemacht hat. Ich meine, der Mann ist mit Essen und Decken aufgetaucht, daher konnte es mir egal sein, ob sie dem unglaublichen Hulk nebenbei einen runterholt. Hauptsache war, er hat sich um uns gekümmert.

»Dann haben sie uns mit dem Nötigsten ausgestattet und sind losgezogen, um Verstärkung für unsere Rettung zu holen«, sage ich. »Das sind die Dämonen-Typen draußen.«

Einige Gesichter hellen sich auf. »Dann sind sie also nett?«

»Sie sind unter bestimmten Bedingungen nett.« Ich frage mich, wie viel ich ihnen erzählen soll.

Denn unsere Situation ist verdammt ernst, und uns bleiben nicht allzu viele Optionen.

Not-Hoth ist, wie sich herausgestellt hat, kein besonders gastlicher Planet. Er ist nicht nur verdammt kalt und voller Monster, die uns zum Abendessen verspeisen wollen, in der Luft unserer neuen Heimat gibt es außerdem irgendein giftiges Gas, das uns langsam tötet. Es setzt uns bereits ziemlich heftig zu. Tiffany liegt bewusstlos in einer Ecke, und ich bin so erschöpft, dass ich kaum den Kopf heben kann. Gerade jetzt würde ich am liebsten einfach umkippen und schlafen. Und das wird sich noch verschlimmern. Dieses Element in der Luft wird uns töten, weil wir nicht hierhergehören.

Aber es gibt eine Lösung. Bestimmt.

Die »Kur« für das Todesurteil auf diesem Planeten ist ein Symbiont, den die Einheimischen als Khui bezeichnen und dem wir den Spitznamen »Luis« gegeben haben.

Um weiterzuleben, müssen wir uns … infizieren lassen. Ich gebe zu, dass ich ziemlich wild auf eine Rettung hier war. Im Gegensatz zu Kira, bei der das Glas immer halb leer ist, bin ich Optimistin. Doch der Gedanke, dass irgendeine Art von Käfer in mir leben soll, macht mich völlig fertig.

Der Luis klingt, als sei er die Lösung für all unsere Probleme, nur dass die Sache einen Haken hat, wie wir von Georgie wissen.

Denn der Luis ist an der Vermehrung der Spezies interessiert. Wenn er also zwei Leute sieht, von denen er denkt, sie würden ein gutes Paar abgeben und zusammen den perfekten Nachwuchs produzieren, dann passiert etwas, das sie hier »Erweckung des Khui« nennen. Der Luis fängt an, in deiner Brust zu vibrieren, wann immer man sich in der Nähe seines neuen »Gefährten« befindet, und er gibt keine Ruhe, bis man mit ihm ein Baby gemacht hat. Und dazu kommt, dass es in Vektals Stamm von über zwei Meter großen blauen, gehörnten Außerirdischen bloß vier Frauen gibt.

Wenn wir bleiben, kriegen wir mehr als eine Rettung. Wir bekommen einen Ehemann. Vektal hat sich bereits Georgie gekrallt, und so wie es aussieht, ist sie ziemlich glücklich darüber. Sie können die Hände nicht voneinander lassen.

Wir werden also, wie gesagt, nicht nur mit einem Luis bedacht, sondern auch mit einem Mann. Und wir dürfen ihn uns nicht einmal selbst aussuchen. Ich bin mir noch nicht sicher, was ich davon halten soll. Wenn ich sage, die Männer seien »unter bestimmten Bedingungen nett«, stimmt das. Allerdings sind sie das nur, weil sie jemanden suchen, dem sie einen Braten in die Röhre schieben können.

»Sie sind nett«, wiederhole ich mit einem gepressten Lächeln. »Und jetzt bin ich echt müde.« Ich ignoriere Kiras besorgten Blick, und als mir diesmal jemand sein Fell anbietet, nehme ich es und rolle mich darunter zusammen.

»Was ist denn mit der los?«, fragt jemand. »Sie sieht furchtbar aus.«

Ich bin krank, nicht taub!, denke ich erbost. Aber das Reden hat mich müde gemacht, und ich beschließe, die Antwort Kira zu überlassen.

»Sie hat die Krankheit«, erklärt Kira mit ihrer sanften Stimme. »Wir alle werden sie kriegen, es sei denn, wir bekommen den Symbionten.«

»Ist sie deshalb so gemein?«, flüstert eine von ihnen – vielleicht Claire.

Bin ich gemein? Vielleicht etwas ungeduldig. Definitiv müde. Und krank. Ich krieche einfach tiefer unter das Fell. Den Frachtraum rieche ich nicht einmal mehr. Und ich spüre auch die Kälte nicht. Ich bin einfach nur … müde. So müde.

»Sie hat einen schlechten Tag«, höre ich Kira sagen. »Gebt ihr etwas Zeit.«

Sie hat recht, ich habe einen schlechten Tag. Der Gedanke, dass ich von Außerirdischen entführt worden bin und in einem stinkenden, eiskalten, geborstenen Frachtraum wohne, und das seit einer Woche, bekleidet mit nicht mehr als einem kurzen Nachthemd … Kann es einen schlimmeren Tag geben? Doch, das geht.

Der Verantwortliche für meinen schlechten Tag taucht einen Moment später auf. Während ich versuche, mich unter dem Fell klein und unsichtbar zu machen, kommt er immer näher. Er ignoriert die angstvollen Schreie der anderen und stürmt mehr oder weniger auf mich zu. Dann reißt er mir das Fell weg und hält mir einen dampfenden Becher unter die Nase.

Er sagt nichts, sondern wartet bloß ab.

»Geh weg!«, sage ich gereizt und versuche, mein Fell zurückzuerobern.

Der Außerirdische weigert sich, es loszulassen. Stattdessen zieht er es sogar noch weiter weg, sodass ich es nicht zu fassen kriege. Dann hält er mir wieder den Becher hin. Es ist offensichtlich, dass ich, wenn ich meine Decke zurückhaben will, den Becher mit dem dampfenden Höllengebräu, den er mir immer wieder aufzudrängen versucht, austrinken muss.

Er ist so ein Arschloch.

Ich nehme ihm den Becher aus der Hand und funkele ihn an, dann versuche ich, ihn einem der Mädchen in der Nähe anzubieten. »Hat irgendjemand Durst?«

Er packt meine Hand und führt sie mit einem leisen Grunzen zu mir zurück, zum Zeichen, dass das Getränk für mich und nur für mich bestimmt ist.

»Wer ist das?«, flüstert eine der Neuen mit verängstigter Stimme.

»Teil des Rettungstrupps«, sage ich trocken. »Der aufdringliche Arschlochteil.« Ich hebe den Becher an die Nase und schnuppere. Der Inhalt riecht nach Fleisch und irgendeiner Pflanze. Und nach Stinkesocke. Außerdem ist noch etwas Scharfes darin, das mir die Tränen in die Augen treibt. »Ich will das nicht.« Ich schiebe den Becher weg. Mein Magen ist durch das Hungern in der letzten Woche geschrumpft, und der Gedanke, dieses Zeug zu trinken, verursacht mir Brechreiz.

Die große Hand des Außerirdischen schiebt mir den Becher wieder hin. Auf seinem hässlichen Gesicht liegt ein finsterer Ausdruck, und er erhebt sich und wartet. Die Botschaft ist klar: Er geht nicht eher weg, bis ich das Zeug getrunken habe.

Herrgott noch mal!

Ich nehme einen Schluck von der Brühe und fange sofort an zu husten. Die Außerirdischen haben seltsame Geschmacksvorlieben. Georgie hat etwas von Vektals Reiseproviant mit uns geteilt, und das war, als beiße man in konzentriertes Pfefferspray. Das Gebräu hier riecht nach heißem Tee mit Sockenaroma und schmeckt noch schlimmer. Ich verziehe das Gesicht und stoße den Becher weg, der Außerirdische drückt ihn mir allerdings wieder an die Lippen.

»Wenn ich ihn verschütte, wirst du mich wahrscheinlich zwingen, das Zeug vom Boden aufzulecken«, murmele ich vor mich hin, nehme aber noch einen Schluck. Beim zweiten Versuch ist es nicht mehr ganz so grässlich … ach, wem versuche ich etwas vorzumachen? Es schmeckt ranzig. Doch ich trinke es, denn Mr Groß, Dunkel und Gnadenlos wird nicht eher wieder gehen, bis ich den Becher geleert habe. Ich brauche eine Ewigkeit, das Zeug herunterzubringen, und als ich zum Boden des Bechers komme, findet sich dort eine Matsche, bei der ich erst recht würgen muss, aber ich zwinge mich, auch die herunterzukippen. Schließlich gebe ich ihm den Becher zurück.

Der Außerirdische legt mir das Fell wieder um die Schultern und zieht es fest um mich zusammen. Danach beugt er sich vor, und ich halte den Atem an. Im Raumschiff ist es totenstill, und ich spüre, dass alle Augen auf uns gerichtet sind. Er zupft das Fell zurecht, und als ich ihn anfunkele, sagt er nur ein Wort.

»Raahosh.«

Dann richtet er sich auf, sieht die anderen finster an, weil sie uns anstarren, und stürmt davon.

»Was hat er gerade gesagt?«, fragt eine der Frauen.

»Das lässt sich nicht gut übersetzen«, erklärt Kira und berührt ihr Ohr, wo sich das Übersetzungsding befindet. »So etwas wie ›Der Zornige, der knurrt‹.«

»Das ist sein Name«, sage ich, obwohl das bloß geraten ist. »Knurriger Mistkerl« passt zu ihm. Das eben war nicht das erste Mal, dass Raahosh aufgetaucht ist, um Hallo zu sagen. Als ich aus meinem komatösen Schlummer aufwachte, stand er direkt vor mir und hat Wasser durch meine trockene Kehle gezwungen. Er hat sich zu meinem persönlichen Retter auserkoren und ist immer wieder erschienen, um mir Fleisch und Getränke zu bringen und sich davon zu überzeugen, dass ich es warm habe.

Kurzum: Er lungert hier herum, seit die Jäger eingetroffen sind, und das nervt mich tierisch.

Normalerweise würde es mich nicht stören, wenn ein Typ auftaucht und mir Geschenke macht, vor allem, da ich halb verhungert war. Aber diese Geschenke macht er mir nicht, weil er so freigiebig ist. Captain Zaunpfahl wünscht sich eine Gefährtin, und er hat mich auserwählt.

Bei ihm hört man allerdings nicht dieses seltsame Vibrieren. Georgie hat mir erzählt, dass Vektal einen Khui hat – den Luis, wie wir ihn nennen – und dass er, wenn er seinen Partner erkennt, anfängt zu schnurren und Sex mit mir haben will. Vektal hat für Georgie vibriert. Doch Raahosh ist stumm geblieben.

Wofür ich dankbar bin … aber es verwirrt mich. Wenn er bei mir nicht vibriert, warum lässt er mich dann nicht in Ruhe? Es ergibt keinen Sinn. Bescheuerter Außerirdischer! Ich benetze die Lippen und verziehe dann das Gesicht, weil meine Lippen immer noch nach dem Tee schmecken.

»Er ist echt abscheulich«, sagt Claire. »Sehen die alle so aus?«

»Nein, Raahosh ist Furcht einflößender als die anderen«, antworte ich gut gelaunt. Ich bin froh, dass er kein Englisch versteht, denn ich weiß nicht, was er tun würde, wenn er mitbekäme, dass ich so etwas über ihn sage.

Vektal ist auf seine Art schon irgendwie süß, wenn auch riesig. Sein Teint ist blau, und Georgie sagt, seine Haut fühle sich an wie Wildleder. Er hat große, gebogene Hörner, die an seinem Haaransatz hervorsprießen und sich um seinen Kopf winden wie bei einem über zwei Meter großen Widder. Er ist von oben bis unten muskelbepackt, hat einen Schwanz und seltsame Erhebungen und Wülste auf den Armen und der Stirn. Die meisten von denen haben einen ähnlichen Körperbau und unterscheiden sich nur in Größe, Farbe und der Form ihrer Hörner. Eben ganz normale blaue Außerirdische.

Raahosh sticht in verschiedener Hinsicht aus der Gruppe heraus. Zum einen ist er der Größte von ihnen. Das ist erst einmal nicht besonders bemerkenswert, da sie alle über zwei Meter groß sind, aber dadurch wirkt er noch riesiger. Seine Schultern sind nicht so breit wie die Vektals, was bedeutet, dass er nur riesig ist und kein Koloss. Ebenso wie Vektals tendiert auch Raahoshs Hautton eher in Richtung Blaugrau, und das macht ihn noch unansehnlicher als die anderen.

Die Narben verbessern diesen Eindruck auch nicht unbedingt. Eine Hälfte seines breiten, fremdartigen Gesichts ist vernarbt, und tiefe Rillen auf seiner Stirn und über seinem Auge erzählen eine Geschichte über eine Begegnung mit jemandem in der Vergangenheit, die er verloren hat. Die Narben ziehen sich über seinen Hals und verschwinden unter seiner Kleidung. Das Horn auf dieser Seite seines Kopfes ist lediglich ein scharfkantiger Stumpf, während sein anderes Horn sich nach oben biegt wie eine elegante Erinnerung an das fehlende. Man füge dem noch einen festen, geringschätzig nach unten gezogenen Mund hinzu und zusammengekniffene Augen, die in dem seltsamsten Blau glühen, was wohl von dem Symbionten verursacht wird.

Ich denke, man kann mit Fug und Recht behaupten, dass Raahosh noch Furcht einflößender ist als die anderen, ja.

Die Tatsache, dass er mich zu seinem Eigentum auserkoren hat, ist ärgerlich. Ich habe Georgie und den anderen gesagt, dass ich für einen Cheeseburger so ziemlich alles tun würde. Aber zuzulassen, dass ein Außerirdischer Anspruch auf mich erhebt, das fühlt sich dann doch schräg an. Ich habe nicht einmal ein Mitspracherecht? Das ist ja so, als würde ich sagen: »Ich will einen Cheeseburger«, und jemand klatscht mir eine saure Gurke in die Hand und antwortet: »Vergiss es, du kriegst eine saure Gurke.«

Und weil ich gerade an phallische Gegenstände denke, schaue ich noch einmal zu Raahosh. Natürlich nicht irgendwie auffällig. Ich liege auf dem Boden, und meine Augen sind fast ganz geschlossen, aber ich sehe trotzdem, wie er und ein anderer Außerirdischer im Raumschiff packen und Verschiedenes überprüfen. Georgie und Vektal sind nirgends zu sehen. Ich beobachte, wie Raahosh sich bückt und dann wieder aufrichtet.

Er hat einen wirklich langen Schwanz an der Hinterseite. Ich frage mich, ob das ein Hinweis darauf ist, was sich in, ähem, einem anderen Bereich abspielt.

Nicht dass mich das interessieren würde. Wenn wir diesen Parasiten annehmen müssen, wird er wahrscheinlich jemand anderen als ihn auswählen. Wenn das mal Mr Aufdringlich nicht total verärgern wird.

Über der Vorstellung, was er für ein Gesicht machen wird, wenn mein Luis ihn abweist, schlafe ich ein.

Raahosh

Mein Khui ist ein Idiot.

Anders kann es nicht sein. Warum sollte er die Frauen meines Stamms sonst ignorieren, und sobald wir an die Höhle der schmutzigen, zerlumpten Menschen kommen, fängt er in meiner Brust an zu knurren wie ein Stacheltier? Oder dass er sich die schwächste der kranken Menschenfrauen als meine Gefährtin aussucht? Eine Gefährtin, die mich mit zornigen, wissenden Augen anfunkelt und sich weigert, die heilende Brühe zu trinken, die ich ihr bringe? Die meine Hände wegstößt, wenn ich versuche, ihr auf die Füße zu helfen? Die finster dreinblickt, wenn ich ihr Wasser bringe?

Es ist klar, dass mein Khui ein Narr ist.

»Hat irgendjemand deinen Khui zum Schwingen gebracht?«, fragt Aehako neben mir. Er ist dabei, ein Fell in ein Reisebündel zu stopfen. Wir bereiten in der Höhle der Menschen alles für die Reise vor, da sie zu schwach sind, um es selbst zu tun. Alles muss mit, sagt Vektal. Es spielt keine Rolle, wenn es verdreckt oder nutzlos ist. Die Menschen besitzen so wenig, dass sie schätzen werden, was sie haben, und deshalb müssen wir es mitnehmen, denkt er. Zwei Jäger, deren Khui angeschlagen haben, wurden losgeschickt, um Felle aus den am nächsten gelegenen Jägerhöhlen zu holen, denn die Menschen sind erbärmlich schlecht ausgestattet, um der grimmigen Kälte zu trotzen, und sie haben keinen Khui, der sie warm hält.

Das wird jedoch in Kürze behoben werden.

Ein Sa-Kohtsk ist in der Nähe. Die großen Kreaturen tragen viele Khui in sich, und wir werden Jagd auf einen machen, um sein Fleisch zu essen und zu gewährleisten, dass die Menschen nicht an der Khui-Krankheit sterben.

Ich denke an die tief liegenden Augen meiner neuen Gefährtin und wie elend sie aussieht. Die meisten Menschen hatten helle Haut, aber mein Mensch ist noch blasser als die anderen. Das kann nur bedeuten, dass sie noch kränker ist. Also wird sie eine der Ersten sein, die einen Khui bekommt – darauf werde ich bestehen.

Aehako wiederholt seine Frage. »Raahosh? Hat dein Khui angeschlagen?« Ich lüge nicht gern, aber ich will auch nicht, dass irgendjemand es weiß, nicht, solange meine Gefährtin mich anfunkelt, als sei sie sehr zornig.

Raahosh ist Furcht einflößender als die anderen.

Ihre Worte treffen mich. Sie ist glatt und blass und außerdem schwach, und trotzdem bin ich derjenige, bei dem es etwas zu bemängeln gibt? Ich zucke die Achseln und schultere das Bündel. »Es ist einerlei. Wir werden sehen, was passiert, wenn der Khui in den Menschen ist.«

»Mein Khui hat nicht angeschlagen.« Aehako wirkt niederschlagen. »Glaubst du, es werden noch mehr Khui in Schwingungen versetzt werden, wenn sie in die Brunft kommen? Vielleicht sind sie gerade nicht in der Paarungszeit.« Er wirft mir einen hoffnungsvollen Blick zu.

»Sehe ich so aus, als wüsste ich etwas über menschliche Paarungszeiten?«, fahre ich ihn an. »Pack dein Bündel fertig. Wir müssen uns beeilen, wenn wir die Menschen nah genug an den Sa-Kohtsk heranbringen wollen, um Jagd auf ihn zu machen.«

Aehako seufzt und wendet sich wieder seiner Arbeit zu. Ich sage mir, dass er noch jung ist. Wahrscheinlich ist er sogar der jüngste Jäger unseres Stammes. Er wird über seine Enttäuschung hinwegkommen, oder der Khui einer Menschenfrau wird später für ihn anschlagen. Oder sogar eine Sa-Khui-Frau, vielleicht eine, die noch gar nicht geboren wurde.

Ich weiß nur, dass mein Khui bei einer der sterbenden Menschenfrauen angeschlagen hat, und wenn sie stirbt, nimmt sie all meine Hoffnungen und Träume mit sich.

Ich hatte noch nie eine Gefährtin. Hatte noch nie eine Geliebte. In unserem Stamm gibt es nicht viele Frauen, und solche, die sich mit einem vernarbten, mürrischen Jäger paaren wollen, noch weniger. Ich hätte mir nie träumen lassen, selbst einmal eine Gefährtin zu haben.

Jetzt, da sie hier ist … bin ich unschlüssig, wie ich mich verhalten soll. Also sage ich nichts, und es kostet mich meine ganze Energie, meinen Khui dazu zu zwingen, still zu bleiben, als die Menschen aufstehen und sich für den langen Marsch zu den Stammeshöhlen bereit machen. Einige Jäger sind mit Fellen zurückgekehrt, und eins davon wird gerade zerschnitten, um Fußbedeckungen daraus zu machen. Andere befestigen ihre dürftige Kleidung, und Vektals neue Gefährtin Schorschi – ein Name, bei dem man sich die Zunge verknotet – hilft einer von den anderen Frauen, sich in einen dicken Fellumhang zu wickeln.

Fast alle der Menschen machen sich bereit. Aber es gibt auch Ausnahmen. Die mit der dunklen Haut und dem dunklen Haar, das wie ein Büschel Süßgras aussieht, liegt bewusstlos unter ihrem Fell. Vektal sagt, sie sei eine der kränksten. Da ist noch eine mit einem gebrochenen Bein, die sich auf Pashov stützt, um aufzustehen.

Und dann gibt es da noch meine. Meine Menschenfrau, die alle um sich herum ignoriert und störrisch unter ihrem Fell kauert.

Sie ist halsstarrig. Was das angeht, hat mein Khui eine gute Wahl getroffen. Ich bin ebenfalls halsstarrig. Gemeinsam werden wir sehr halsstarrigen Nachwuchs zeugen. Ein wenig Groll in meinem Herzen verschwindet bei der Vorstellung, wie die Menschenfrau mein Kleines an ihre Brust hält. Nach so langer Zeit hätte ich endlich eine Familie.

»Ruft alle Menschen zusammen«, sagt Vektal, als er an mir vorbei zu Schorschi geht. »Wir werden sehr bald aufbrechen.«

»Was ist mit denen, die nicht laufen können?«, fragt Zolaya. »Oder mit der einen, die wir nicht wach bekommen?«

»Wenn sie nicht selbst gehen können, müssen wir sie tragen. Wir lassen niemanden zurück.«

Schorschi schenkt Vektal ein liebevolles Lächeln und umarmt ihn. »Du bist so gut zu uns. Ich kann dir gar nicht genug danken.«

Er berührt ihre Wange. »Du gehörst zu mir. Das ist alles, was zählt.«

Ich tue so, als würde ich nicht sehen, wie sie spielerisch an seinem Daumen knabbert. Es ist in Ordnung, in der Öffentlichkeit Gefühle zu zeigen, aber zu wissen, dass meine kranke Gefährtin in ihrer Ecke sitzt und mich finster anschaut, macht es mir sehr schwer, da zuzusehen. Sie ist nicht glücklich über einen Gefährten.

Sie ist nicht glücklich darüber, dass ich es bin. Sie findet mich abscheulich.

Raahosh ist Furcht einflößender als die anderen.

Ärgerlich greife ich mir ein Fell und stürme auf sie zu. Es spielt keine Rolle, ob sie mich mag oder nicht. Der Khui wählt den Gefährten. Das wird sie einfach hinnehmen müssen.

»Wach auf«, sage ich, als ich neben ihr stehe, und ziehe das Fell weg. »Du …«

Ihr Kopf hängt herunter, und sie ist auf den Boden gesunken. Also weist sie meine Aufmerksamkeit nicht mit Absicht zurück. Sie ist bewusstlos. Vor lauter Angst verkrampft mein Herz, und ich ziehe sie an meine Brust, eng an meinen warmen Körper. Ihre Haut ist so kalt. Kann sie die Wärme nicht halten? Wie soll sie bloß überleben? Für einen Moment gerate ich in Panik. So muss Vektal sich fühlen, wenn er Schorschi ansieht. Hilflos im Angesicht ihrer Zerbrechlichkeit. Ich drücke die Frau an mich und klopfe ihr auf die Wange.

Einen Moment später wird sie wach, doch bei meinem Anblick schaudert sie. »Captain Zaunpfahl. Hätte ich mir denken können.«

Ich ignoriere den Angriff auf meinen Stolz. Wer dieser »Captain Zaunpfahl« sein soll, weiß ich nicht. Viele menschliche Worte ergeben keinen Sinn. In der Höhle unserer Ahnen haben wir das Wissen um ihre Sprache empfangen, aber es ist offensichtlich, dass manches nicht recht übereinstimmt. Manchmal, wenn meine Menschenfrau spricht, verstehe ich sie nicht.

Doch ihre Geringschätzung mir gegenüber entgeht mir keineswegs.

Ich fasse sie unter den Armen und ziehe sie auf die Füße. Vor Schmerz zieht sie scharf die Luft ein und fällt gegen mich. Als ihr kleiner Rücken gegen meine Brust drückt, erwacht mein Khui sofort zum Leben … genau wie mein Schwanz.

Ich schließe die Augen, konzentriere mich und zwinge den einen wie den anderen, unbeteiligt zu bleiben. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt für so etwas.

Die Menschenfrau wehrt sich gegen mich und schlägt meine Hände weg. »Fass mich nicht an! Lass mich sofort los!«

Sie loslassen? Sie kann ja nicht einmal aufrecht stehen. Auf keinen Fall werde ich sie loslassen. Ich ignoriere ihr Gefuchtel, während ich auf der Suche nach Verletzungen über ihre nackten Beinen streiche. Sie schlägt wieder meine Hand weg, aber ich sehe trotzdem, dass drei ihrer vielen Zehen geschwollen und blau angelaufen sind. Wahrscheinlich sind sie gebrochen, und sie hat keinen Khui, der sie heilt.

Und dennoch lehnt sie meine Hilfe ab? Wie töricht. Ohne ihren Protest zu beachten, hebe ich sie hoch. Wenn es sein muss, werde ich sie eben zur Sa-Kohtsk-Jagd tragen. Sie wird dort hingelangen. Der Gedanke, was passiert, wenn sie es nicht tut, ist mir unerträglich.

»He! Lass mich runter, du großer Trampel!«, brüllt sie mir ins Ohr. Zumindest ihre Lungen sind nicht geschädigt. Ich ignoriere ihr Gebrüll und sorge dafür, dass sie trotz ihres Gezappels in das Fell gewickelt bleibt.

»Raahosh!«, höre ich jemanden warnend rufen.

Ich hebe den Blick – im selben Moment erwischt mich die Hand der zornigen Menschenfrau am Kinn – und sehe meinen Freund, unser Stammesoberhaupt, auf mich zulaufen.

»Du kannst sie nicht herumschleppen, wenn sie es nicht will«, sagt er in unserer Sprache. »Menschen muss man sanft umwerben. Sie sind zart.«

Die Faust meines »zarten« Menschen kracht gegen meinen Wangenknochen. »Lass mich runter, du verdammtes Mistvieh!«, brüllt sie noch einmal.

Ich bin ein … Mistvieh? Was soll das bedeuten?

»Raahosh«, ermahnt mich Vektal, »du kennst meine Anweisungen.«

Und ob ich sie kenne. Tu nichts, was die Menschen nicht wollen. Ich lasse meinen Menschen behutsam und mit unendlicher Zärtlichkeit auf den Boden hinunter und widerstehe dem Drang, ihn an meine Brust zu ziehen und sein schmutziges Haar zu streicheln. »Sie ist verletzt«, sage ich schroff. »Ich wollte ihr nur helfen.«

»Dafür wird noch genug Zeit sein«, erwidert er und tätschelt mir begütigend den Arm. Natürlich ist er in bester Laune. Er hat seine Gefährtin. Meine sieht mich an, als würde sie mir am liebsten ein Messer in den Rücken stoßen. »Lass sie selbst gehen, wenn sie gehen will.«

»Na schön«, knurre ich. Ich sorge dafür, dass das Fell fest um sie herum zusammengebunden ist, und biete ihr auch eine Bedeckung für die Füße an. Es ist das Mindeste, was ich tun kann, und ich gebe vor, es nicht zu sehen, als sie zusammenzuckt und weitere wütende, unverständliche Worte ausstößt, während sie versucht, einen der Lappen über ihren geschwollenen Fuß zu ziehen. Sie ist am ganzen Körper voller Wunden, dieses menschliche Wesen. Auf ihrem Arm ist eine ganz frische, wo ein »Sensor«, wie sie es nennen, aus ihrem Fleisch entfernt wurde. Der kam von den »Bösen«. Ich weiß nur, dass ich einen Khui in sie hineinkriegen will, damit sie wieder gesund wird.

Im Moment denke ich nicht einmal an eine Paarung. Ich will lediglich, dass es ihr besser geht. Meine Hände zucken in dem verzweifelten Wunsch, zu trösten und zu liebkosen, aber als sie mir einen weiteren hasserfüllten Blick zuwirft, geselle ich mich zu den anderen Jägern.

Ich kann einfach nicht in ihrer Nähe sein, ohne sie berühren zu wollen.

Liz

Eigentlich halte ich mich nicht für besonders zimperlich. Mein Dad war Jäger, und ich bin damit aufgewachsen, Angelhaken mit Ködern zu versehen und der am Tag erlegten Beute das Fell abzuziehen, damit wir sie über dem Feuer braten können. Ich bin Expertin im Umgang mit Pfeil und Bogen. Auch im Fährtensuchen bin ich nicht schlecht. Ein totes Tier zu zerlegen macht mir nicht das Geringste aus.

Aber der Sa-Kohtsk ist ein wirklich gruseliger Hurensohn von einem Mutanten.

Es ist einige Stunden her, dass wir das Raumschiff endgültig verlassen haben. Ich wünschte, ich könnte sagen, es hätte mir nicht leidgetan, dieses stinkende Loch in der Ferne verschwinden zu sehen, aber ich bin doch ein wenig panisch. Wir sind hier auf einem Eisplaneten. Die Antarktis auf Steroiden, und jetzt geht auch noch die Sonne unter. Es liegt so viel Schnee, dass meine neu bedeckten Füße darin versinken wie in Treibsand, und ich sehe auch keine vertrauten Bäume oder irgendeinen Unterschlupf. Es ist irre kalt, meine Zehen schmerzen bei jedem Schritt wie verrückt, und ich fühle mich so schwach, dass ich kaum den Kopf heben kann. Das ist nicht gerade Überlebensmodus. Irgendwann falle ich so weit hinter die anderen zurück, dass mich jemand hochhebt und über die Schulter wirft. Ich brauche das Gesicht des Typen im dichten Schneefall nicht einmal zu sehen, um zu wissen, wer es ist.

Raahosh. Wer sonst?

Nun sitzen die Mädels und ich unter dürren, weidenähnlichen Bäumen, die bei jedem Schritt, den der Sa-Kohtsk macht, erbeben. Der Sa-Kohtsk ist unmöglich zu beschreiben. Er erinnert an ein wuscheliges Mammut, das mit dem Kind der Liebe eines Brontosaurus und eines langbeinigen AT-AT-Kampfläufers aus den Star Wars-Filmen gekreuzt wurde. Das Resultat ist ein Haarball auf spindeldürren Beinen, und das Ding kreischt und stöhnt, als die Jäger es töten.

Die Männer scharen sich um die Kreatur. Vektal läuft sofort zu den Frauen und lässt die Hände über Georgie hinwegwandern. »Geht es dir gut?«

Sie macht ebenfalls ein großes Theater um ihn. Würg. Ich wende mich ab und betrachte lieber das erlegte Geschöpf. Mir fehlt das Jagen. Seit mein Vater gestorben ist, war ich nicht mehr auf der Jagd, aber der Anblick des toten Tieres und der Blutgeruch, der in der Luft liegt, wecken Erinnerungen an gemeinsame Jagdausflüge. Ich vermisse Dad.

Ich schaue auf und sehe ein Paar glühende Augen, die mich aus einiger Entfernung ganz genau beobachten. Schon wieder Raahosh. Ich ziehe mein Fell fester um mich und ignoriere ihn, während ich näher zu Georgie und Vektal hinüberhumpele, damit ich mitkriege, was vor sich geht.

Die beiden sind mal wieder dabei rumzumachen. Vektal küsst Georgie auf die Stirn. »Jetzt holen wir uns die Khui. Trommele die Frauen zusammen.«

Echt sexistisch. Ja, trommele all die kleinen Weibsbilder zusammen, damit man sich um sie kümmern kann. Ich verziehe das Gesicht, doch ich bin ja selbst so ein Klischee. Die Wahrheit ist, ich bin so verdammt erschöpft, dass ich nur dastehe und dumm aus der Wäsche gucke.

Georgie tritt mit Tiffany an ihrer Seite vor. Arme Tiff. Sie stammt aus El Paso und kommt mit diesem Wetter wirklich überhaupt nicht klar. Außerdem habe ich den Verdacht, dass sie Diabetikerin ist, daher geht es ihr nicht besonders. Sie hat praktisch die ganze Woche im Koma verbracht. Tiffany steht erschöpft da, während Georgie sich weiter vorwärtsbewegt. »Wo sind die Khui?«

»Da drin«, antwortet Vektal und zeigt auf den Bauch des Geschöpfs. »Bist du bereit, meine Georgie?«

Als hätten wir eine Wahl! Doch ich lasse Georgie antworten, und sie sagt: »Es kann losgehen.«

Daraufhin schlitzen die Männer der Kreatur den Bauch bis zum Brustbein auf, und Blut strömt heraus. Seltsamerweise weckt es erneut Heimweh in mir. »Wie wenn man ein Reh häutet. Keine große Sache. Nicht weiter schlimm.«

Ich schaue auf, und Raahosh beobachtet mich immer noch. Meine Haut kribbelt unter seinem forschenden Blick und … noch aus einem anderen Grund? Vielleicht werde ich gleich wieder ohnmächtig. Ich hoffe, dass das nicht passiert.

Neben mir schluckt Georgie hörbar.

Es folgt ein Krachen, und ich sehe, wie Vektal auf dem Brustkorb der riesigen Kreatur steht und ihn mit seinen kräftigen Armen auseinanderstemmt. Es folgt das lauteste Knacken, das ich je gehört habe, dann reißt der Brustkorb auf.

»Ein wirklich, wirklich großes Reh«, ergänze ich.

Georgie schluckt erneut. Tiffany stöhnt und stolpert einige Schritte von uns weg.

Ich beobachte weiter das Geschehen, denn ich brauche etwas, worauf ich mich konzentrieren kann. Wenn ich den Blick abwende, sehe ich wahrscheinlich doch nur wieder Raahosh auf mich zukommen, der mich anfassen will. Keine Ahnung, warum der Gedanke mich gleichzeitig verärgert und Hitze in mir aufsteigen lässt.

Vektal nimmt das Herz von einem seiner Männer entgegen, und darin winden sich glühende Würmer, die wie Spaghetti aussehen. Okay, gut. Das finde ich jetzt auch nicht prickelnd.

»Ich glaube, ich muss mich übergeben«, murmelt Kira irgendwo von der Seite, und Tiffany würgt hörbar. Aber Georgie beobachtet Vektal, als sei er im Begriff, ihr einen Diamantring oder so einen Scheiß zu schenken. Sie flüstern leise miteinander, dann holt er sein Messer hervor.

»Was … was ist, wenn er in mein Gehirn kriecht?«, fragt Georgie.

Das da ist ein Wurm. Echt nicht prickelnd. Ich bin dagegen. »Wäre das etwa besser als in dein Herz?« Ernsthaft?

»Der Khui ist die Essenz des Lebens«, sagt Vektal mit ehrfürchtiger Stimme.

Und dann nimmt die dumme Georgie ihm den Wurm ab, und er macht einen Ritz in ihre Kehle. Ich sehe zu, wie das Ding sich in sie hineinbohrt wie ein Wärme suchendes Geschoss.

Nein, verdammt. Ich bin mit dieser Scheiße nicht einverstanden. Ich habe gesehen, was Würmer im Herzen eines Tieres machen. Jäger wissen, dass man das verseuchte Fleisch nicht isst. Also meldet man sich ganz bestimmt nicht freiwillig, verseuchtes Fleisch zu werden. Ich weiche einige Schritte zurück. Georgie zittert und keucht, dann bricht sie in Vektals Armen zusammen. Ein paar Frauen schreien erschrocken auf, und dann sind auch schon die Männer bei ihnen und bieten ihnen ihren glühenden Luis an.

Ich bin dann mal weg. Tut mir leid, aber ich suche mir eine andere Lösung. Es muss einfach noch eine Option geben. Taumelnd weiche ich rückwärts in das Wäldchen zurück, das keinen Schutz bietet. Die anderen Frauen sehen überrascht zu mir, drehen sich jedoch gleich wieder zu Georgie um. Sie ist unsere Anführerin, also orientieren sie sich an ihr.

Das geht in Ordnung. Wenn Georgie allerdings von einer Klippe springt, heißt das nicht, dass ich das Gleiche tun muss. Auch wenn sie sich von einem großen blauen außerirdischen Schwanz blenden lässt, ich tue es nicht. Intensiver, pochender Schmerz macht sich in meinem Fuß bemerkbar, doch ich achte nicht darauf. Wenn es noch nicht zu spät ist, schaffe ich es vielleicht zurück zum Raumschiff, wo ich die Lage überdenken und mir etwas anderes überlegen kann. Ich weiß, dass ich gerade die Nerven verliere. Ich denke nicht logisch, aber alles, was ich von meinem Vater gelernt habe, sagt mir, dass das mit dem Wurm eine ganz schlechte Idee ist.

Parasiten töten ihren Wirt.

Während ich unbeholfen an den anderen vorbeischlurfe, führen die Außerirdischen die Frauen behutsam in ihren Untergang. Du meine Güte, wie lieb von ihnen! Es gibt keinen Beweis dafür, dass das bei einem Menschen funktioniert, und Georgie ist gerade umgekippt. Das ist nicht normal. Ich ziehe mir das Fell noch fester um die Schultern und watschele ein paar Schritte weiter weg von dem Geschehen.

Und bleibe abrupt stehen.

Vor mir steht Raahosh und mustert mich mit zusammengekniffenen Augen.

»Versuch nicht, mich aufzuhalten, Kumpel!«, sage ich, obwohl ich weiß, dass es nichts nutzt. Er versteht kein Englisch.

Aber er packt mich an meinem Fell und versucht trotzdem, mich wieder in die andere Richtung zu lenken.

Ende der Leseprobe