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Die hoch attraktive Tiffany ist eine der begehrtesten Junggesellinnen auf dem Eisplaneten – alle Alienmänner werben um sie und werfen sich ihr zu Füßen. Doch Tiffany hat schlimme Dinge erlebt, die sie hinter ihrem Lächeln verbirgt, und ist die ganze Aufmerksamkeit leid. Keiner der gut gebauten Sa-Khui reizt sie, und von ihrem Geheimnis weiß nur einer – Salukh. Vielleicht kann sie mit ihm gemeinsam ihre Ängste überwinden, doch Tiffany ist ziemlich sicher, dass Salukh mehr von ihr will. Er wünscht sich ein Happy End, und Tiffany weiß nicht, ob sie diejenige ist, die es ihm geben kann. Dies ist der 5. Band der Ice Planet Barbarians. Weitere Bände der Reihe: Ice Planet Barbarians – Georgie und Vektal (Band 1) Ice Planet Barbarians – Liz und Raahosh (Band 2) Ice Planet Barbarians – Kira und Aehako (Band 3) Ice Planet Barbarians – Harlow und Rukh (Band 4) Ice Planet Barbarians – Tiffany und Salukh (Band 5)
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Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch von Michaela Link
© Ruby Dixon 2016
Titel der amerikanischen Originalausgabe:
»Barbarian’s Prize«, Selbstpubliziert von der Autorin 2016
Published in agreement with the author,
c/o Baror International, Inc., Armonk, New York, USA
© Piper Verlag GmbH, München 2023
Konvertierung auf Grundlage eines CSS-Layouts von digital publishing competence (München) mit abavo vlow (Buchloe)
Covergestaltung: Guter Punkt, München
Covermotiv: Guter Punkt, München, Sarah Borchart unter Verwendung von Motiven von Dreamstime und iStock/Getty Images Plus
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Cover & Impressum
Triggerwarnungshinweis
Teil 1
Tiffany
Teil 2
Salukh
Teil 3
Tiffany
Teil 4
Salukh
Salukh
Teil 5
Tiffany
Salukh
Teil 6
Salukh
Tiffany
Teil 7
Tiffany
Teil 8
Salukh
Teil 9
Tiffany
Teil 10
Salukh
Tiffany
Teil 11
Tiffany
Teil 12
Salukh
Tiffany
Teil 13
Salukh
Tiffany
Salukh
Tiffany
Teil 14
Tiffany
Salukh
Teil 15
Josie
Tiffany
Teil 16
Tiffany
Teil 17
Tiffany
Salukh
Teil 18
Josie
Vakatseite
Epilog
Vakatseite
Personenverzeichnis
In der Haupthöhle des Stammes
Höhle 1
Höhle 2
Höhle 3
Höhle 4
Höhle 5
Höhle 6
Höhle 7
Höhle 8
Höhle 9
Höhle 10
Höhle 11
Höhle 12
In der Südhöhle
Südhöhle 1
Südhöhle 2
Südhöhle 3
Südhöhle 4
Südhöhle 5
Südhöhle 6
Südhöhle 7
Südhöhle 8
Inhaltswarnung
Anmerkungen
Inhaltsübersicht
Cover
Textanfang
Impressum
Liebe Leser*innen,
Ice Planet Barbarians – Tiffany und Salukh enthält Themen, die triggern können. Deshalb findet ihr am Buchende eine Inhaltswarnung[1].
Achtung:
Diese beinhaltet Spoiler für die gesamte Geschichte. Wir wünschen euch allen ein bestmögliches Leseerlebnis.
Euer Piper-Fantasy-Team
Es ist eng und dunkel. Ich bin unter Armen und Beinen begraben und habe den überwältigenden Gestank von ungewaschenen Leibern in der Nase. Schlaf zu finden ist schwer, doch ich versuche es, denn Schlaf ist die einzige Fluchtmöglichkeit, die ich habe.
Aber heute nicht. Ein Licht scheint auf den Käfig, direkt in meine Augen. Als der Schmerz mir durch den Kopf schießt, wimmere ich unwillkürlich.
Einer der orangefarbenen Außerirdischen mit der rauen Haut zeigt auf mich. Er sagt irgendetwas in seiner gurgelnden Sprache, und ich höre Kira nach Luft schnappen. O nein.
Nicht ich. Es war doch bloß ein Wimmern. Ein kleiner Laut der Verzweiflung. Mehr nicht.
Die anderen Körper lösen sich von mir, als einer der Wachposten den Käfig betritt. Er packt mich an den Haaren – die nur wild in alle Richtungen vom Kopf abstehen, da ich sie seit einer Woche nicht mehr gekämmt habe – und stößt mich vorwärts. Schmerz schießt durch meinen Kopf, und obwohl ich still sein will, entfährt mir ein leiser Aufschrei.
»Nicht schreien«, flüstert jemand.
Doch für Warnungen ist es zu spät. Sie suchen bloß nach jemandem, den sie schikanieren können, und heute trifft es mich. Die Wachen zerren mich weg, hinaus aus der Ladebucht, wo die Gefangenen untergebracht sind. Ich werde durch einen Gang geschleift und dann über eine Türschwelle gestoßen. Ich lande auf allen vieren, und als ich hochschaue, steht dort ein weiterer Wachposten. Er lächelt und zeigt nadelspitze Zähne. Sein Lächeln jagt mir einen Schauer über den Rücken, und als er mich an den Haaren packt und auf die Füße reißt, verliere ich vollends die Nerven.
Nicht ich. Nicht ich. Nicht ich. Die Litanei wiederholt sich in meinem Kopf, während er nach seinem Kragen fasst, um seine Kleidung zu lockern.
»Tiffany«, sagt er und zeigt auf die Pritsche, um mir zu bedeuten, mich hinzulegen.
Nicht ich. Nicht ich. Bitte, nicht ich.
»Hey, Tiffany?«
Josies Stimme reißt mich aus dem Schlaf. Mit wild klopfendem Herzen setze ich mich auf. Der kalte Schweiß steht mir auf der Stirn, und mir klebt das Haar im Gesicht. Ich streiche es zurück und versuche, mich normal zu geben. »Hm?«
»Du hast schlecht geträumt«, sagt sie leise.
Es war nur ein Traum. Ich bin nicht mehr auf dem Raumschiff der Außerirdischen. Ich befinde mich auf dem Eisplaneten. Hier gibt es eine Höhle voller großer Krieger, die nicht billigen würden, dass jemand mich packt und durch einen Gang zerrt, um mich zu vergewaltigen. Eher würden sie sterben, als das zuzulassen. Die kleinen grünen Männchen und ihre Leibwächter sind tot. Ich bin in Sicherheit.
Doch … ich fühle mich nicht sicher. Seit der Nacht, in der ich aufgewacht bin und erfahren habe, dass ich von Außerirdischen entführt wurde, habe ich mich nicht mehr sicher gefühlt.
Ich reibe mir die Augen und lasse mich wieder in meine Felle sinken. »Danke, Jo.«
»Keine Ursache.« Sie gähnt laut, und ich höre, wie sie sich auf die andere Seite dreht.
Ich starre an die Decke unserer Höhle mit ihren knubbeligen Stalaktiten. Ich kann jetzt nicht schlafen. Wenn ich es täte, würden die Aliens in meine Träume zurückkehren. Ich muss für eine Weile an irgendetwas anderes denken. Vielleicht an das Gerben von Leder. Oder an meine Pflanzen. Arbeit ist gut. Einer Beschäftigung nachzugehen sorgt in den meisten Nächten dafür, dass ich zu müde bin, um zu träumen, also stürze ich mich voller Elan in meine jeweilige Aufgabe. Ich habe eine Reihe von Nicht-Kartoffeln angepflanzt, und sie scheinen gut zu gedeihen. Außerdem möchte ich versuchen, Hraku anzubauen, aber dafür brauche ich die Samen, und die isst hier jeder so schnell, wie die Pflanzen gesammelt werden. Eventuell kann ich welche verstecken.
»Tiff?«
Josie schläft auch nicht. Anscheinend ist jetzt eine gute Gelegenheit, um miteinander zu reden. Normalerweise ertrage ich Josies nächtliches Philosophieren kaum, doch heute kommt es mir sehr gelegen. Es bedeutet, dass ich nicht mehr mit meinen Gedanken allein sein muss. »Was ist?«
»Glaubst du, unsere Khui werden jemals in Schwingungen geraten?« Sie klingt verzagt.
Es ist eine Frage, die Josie schon öfter gestellt hat, und sie überrascht mich nicht. Als die beiden letzten Menschenfrauen, deren Khui nicht für einen der Barbaren in Schwingungen geraten ist, fühlen wir uns ein wenig ausgeschlossen. Oder zumindest fühlt Josie sich so. Was mich betrifft, ich bin froh darüber. Ich will gar nicht, dass mein Khui in Schwingungen gerät. Denn Schwingungen bedeuten Babys und einen Gefährten. Gegen die Babys hätte ich ja nichts, aber der Gedanke an einen Gefährten macht mir schreckliche Angst.
»Was glaubst du?«, frage ich sie mit bewusst leiser Stimme. Geräusche verbreiten sich in den Höhlen, und ich will nicht, dass jemand uns hört.
»Ich denke, es könnte passieren.« Ihre Stimme ist ganz sanft. Sie seufzt, dann sehe ich in der Dunkelheit, wie sie sich umdreht, das Kinn auf eine Hand stützt und zu mir herüberschaut. »Claires Khui hat erst am Tag der Feier für Ereven angeschlagen. Und bei Megan hat es auch eine Weile gedauert, bis ihr Khui für Cashol vibriert hat, weißt du noch? Nicht jeder Khui gerät auf der Stelle in Schwingungen, daher denke ich, dass noch eine Chance für uns besteht.«
Und das ist der Unterschied zwischen Josie und mir. Josie treibt die Hoffnung an. Sie hofft, dass eines Tages jemand ihren Khui erwecken und sie dann ihr Happy End bekommen wird. Ich dagegen bin von der Angst getrieben, mein Khui könnte anschlagen und ich würde wieder schreiend und um mich tretend von jemandem ins Bett gezerrt werden.
Ein in Schwingungen versetzter Khui ist mein schlimmster Albtraum.
Doch nur so können die Sa-Khui-Barbaren Kinder bekommen. Jeder auf dem Planeten hat einen Khui – den Symbionten, der unseren Stoffwechsel so verändert, dass wir auf diesem unwirtlichen Planeten überleben können. Mir sind bei mir selbst einige körperliche Veränderungen aufgefallen – ich bin kräftiger geworden und ermüde nicht so schnell, und die Temperaturen setzen mir nicht mehr so zu, zudem kann ich verschiedene Dinge nicht mehr riechen. Meine Augen leuchten blau wie die von Josie, was ein Zeichen ist, dass der Khui in uns gesund ist.
Das Problem mit dem Khui (oder Luis, wie wir Menschen ihn manchmal nennen) ist, dass er gern den Kuppler spielt. Er beschließt, wer für wen der perfekte »Baby«-Partner ist, und dann geraten die jeweiligen Khui in Schwingungen. Das bedeutet, der Luis in deiner Brust fängt an zu schnurren und macht dich wahnsinnig geil auf deinen neu gefundenen Gefährten, bis er dich schwängert. Wenn man den anderen hier glauben darf, führt kein Weg daran vorbei. Man kann die Schwingungen nicht einfach mithilfe von Willenskraft abstellen. Es passiert, und peng, Ende der Geschichte.
»Nun, wir wissen, warum dein Khui bisher nicht angeschlagen hat«, sage ich Josie. »Ist deine Spirale mittlerweile herausgefallen?«
»Noch nicht.«
Noch nicht. Und das wird sie vielleicht auch nie, denn es gibt hier keinen Arzt, der sie entfernen könnte. Aber wie gesagt, Josie verliert nie die Hoffnung. Ich schüttele den Kopf. »Mir ist einfach unbegreiflich, warum du das romantisch findest.« Ich ziehe meine Felle fester um mich. »Ich will nicht, dass mein Khui in Schwingungen gerät. Ich würde mich gern selbst entscheiden.«
Sie seufzt erneut. »Wahrscheinlich, weil das meine Chance auf eine Familie ist. Verstehst du? Ich hatte nie eine eigene Familie. Bevor ich achtzehn wurde, war ich in acht verschiedenen Pflegefamilien. Nie wollte mich jemand … oder wenn, dann aus den falschen Gründen.« Ihr Stimme wird ein wenig hart.
Ich zucke zusammen und stelle mir diese »falschen« Gründe vor. Josie hat ein rundliches Gesicht und nicht viel Busen, aber sie besitzt eine süße Unschuld, von der ich mir gut vorstellen kann, dass sie die falsche Art von Aufmerksamkeit auf sich zieht. Arme Josie. »Aber hier bist du eine Frau auf einem Planeten voller Männer. Ich bin mir sicher, dass dich jetzt jemand will.«
»Nein, sie wollen alle dich«, sagt sie belustigt. »Und das ist in Ordnung, denn wenn der Luis jemanden auswählt, spielt das sowieso keine Rolle mehr. Er braucht nur einen einzigen Blick auf jemanden im Stamm zu werfen, und peng, ist es um ihn geschehen. Und dann sind wir miteinander glücklich, und ich werde die Familie haben, die ich mir immer gewünscht habe.«
»Und es wäre dir egal, dass dich derjenige bis dahin gar nicht wahrgenommen hat?«, frage ich angesichts Josies rosaroter Brille.
»Das wäre unwichtig.« Sie gähnt. »Was davor war, interessiert mich nicht. Die Zukunft ist alles, was zählt.«
Ein weiterer Unterschied zwischen Josie und mir. Ich komme über meine Vergangenheit nicht hinweg. Ich kann das Raumschiff und die schreckliche Gefangenschaft nicht vergessen, die groben Hände, die mich berührt und auf den Boden gedrückt haben. Josies Optimismus ist hart erkämpft, das weiß ich. Sie hat Andeutungen über ihre äußerst schreckliche Kindheit gemacht, und sie ist auf dem Raumschiff ebenfalls vergewaltigt worden. Josie hat eine Nacht lang geweint und dann das schlimme Erlebnis aus ihrem Kopf verbannt. Sie hat ihr sonniges Gemüt nicht verloren.
Ich wünschte wirklich, ich wäre wie sie. So gern würde ich das alles hinter mir lassen, aber es geht einfach nicht.
»Ich würde sofort mit dir tauschen. Gegen eine Spirale hätte ich überhaupt nichts einzuwenden.« Es hieße, dass es keine Schwingungen gibt, denn nicht einmal ein Luis kommt an Empfängnisverhütung vorbei.
»Es muss einen Grund haben, warum dein Khui noch nicht angeschlagen hat!«
»Nein.« Ich streiche meine Felle glatt. »Keinen anderen Grund als den, dass mein Körper keine Lust auf Babys hat. Oder vielleicht ist keiner dieser Typen der perfekte Partner für mich. Ich weiß es nicht, und es ist mir auch egal.«
»Du magst wirklich keinen von denen lieber als die anderen?«
»Nein.«
»Was ist mit Hassen? Er scheint nett zu sein.«
»Was?« Sie sind alle nett. Sie reißen sich ein Bein aus, um nett zu sein.
»Taushen?«
»Er ist sehr … aufmerksam.« Zu aufmerksam. Auf eine aufdringliche Weise.
Sie kichert. »Vaza?«
Ich schnaube. »Vaza würde alles anbaggern, was Titten hat.«
»Vielleicht hat er es deshalb bei mir nicht versucht«, überlegt sie laut.
Wir müssen beide kichern. Josies größter Kummer ist ihre mangelnde Oberweite. Ich finde nicht, dass sie mehr Busen braucht, denn sie ist der liebste, großzügigste Mensch, den ich kenne, und der fröhlichste obendrein. Aber ich bin kein Mann. Ich kann nicht leugnen, dass die Männer sich erheblich mehr zu mir hingezogen fühlen als zu der armen Josie.
Was für eine Ironie, denn ich will keine Aufmerksamkeit.
»Was ist mit Bek?«, fragt sie mit einem neuerlichen Gähnen. »Hat er nicht versucht, dir die Halskette zu schenken, die er eigentlich für Claire gemacht hatte?«
»Ja, stimmt.« Ich denke nicht gern daran, dass Bek auch zu meinen Verehrern gehört. Der Bursche hat offensichtlich keine Ahnung, wie man eine Frau behandelt. Zudem ist Bek viel aufbrausender als die anderen, und das beunruhigt mich. Wir sind auf einem Planeten voller breiter, muskulöser, über zwei Meter großer Männer gelandet, die unter Sexmangel leiden. Ich bin immer nett zu den Typen, die mir Geschenke machen, und bemühe mich, niemanden zu bevorzugen. Ich halte sie alle auf Abstand und ermutige niemanden.
Aber ich mache mir Sorgen, dass der Tag kommen wird, an dem einer von ihnen ausrastet. An dem jemand aufhört zu fragen und sich nimmt, was er will.
»Stell dir vor, was passieren würde, wenn dein Khui bei Bek anschlagen würde«, flüstert sie in gespieltem Entsetzen.
»Ich würde abhauen«, antworte ich rundheraus.
Sie schnappt nach Luft und setzt sich in ihren Fellen auf. »Du würdest was?«
»Pst«, ermahne ich sie, denn Josie wird laut, wenn sie sich erschreckt. »Ernsthaft, Jo, sei leise!«
Sie legt sich wieder hin, und für einen Moment ist alles still. Ich höre nur das endlose Tröpfeln aus den Tiefen der Höhle und jemanden in der Haupthöhle jenseits des Wandschirms, der den Eingang zu unserer gemeinsamen Schlafecke verdeckt, herumschlurfen.
»Du würdest wirklich weggehen?«, fragt Josie nach einem Augenblick erneut. »Ernsthaft, Tiff?«
»Ernsthaft.« Ich drücke mein mit Leder gefülltes Kissen fest an mich und stelle es mir vor. Es ist eine Möglichkeit, die ich schon seit einer Weile im Geiste durchspiele. Ich brauche einen Plan für den Notfall. Ich muss in der Lage sein, allein klarzukommen. Georgie und die anderen haben schon bemerkt, wie fleißig ich bin und wie schnell ich mir all die Techniken, die man uns beibringt, aneigne. Flinker als alle anderen kann ich ein Feuer machen. Ich kann im Handumdrehen ein totes Tier häuten, eine Grubenfalle ausheben. Ich gerbe meine eigenen Häute. Ich tue alles, was mir möglich ist, denn ich will im Zweifelsfall nicht hier festsitzen, nur weil ich allein nicht zurechtkomme.
Allein zu leben wäre hart. Mit jemandem zusammenzuleben, den ich nicht mag, und ihm zu erlauben, mich anzufassen, sogar noch viel härter.
»Ich kann nicht glauben, dass du einfach weggehen würdest«, flüstert Josie noch einmal, und sie klingt schrecklich traurig.
Jetzt habe ich ein schlechtes Gewissen. Sie wirkt verletzt. Ich hätte nichts sagen sollen. Es ist mein Geheimnis, seit wir hier gelandet sind, und selbst nach fast anderthalb Jahren hier habe ich meine Meinung nicht geändert. Dass wir nie wieder nach Hause können und ich den Rest meines Lebens auf einem Planeten voller Eis verbringen werde, dass ich nie wieder einen Bikini tragen oder durch ein Einkaufszentrum bummeln kann, damit habe ich mich abgefunden. Nicht einmal richtiges Shampoo werde ich je wieder haben. Ich habe meinen Frieden mit dem Leben hier geschlossen.
Doch ich werde nie wieder das Eigentum von jemandem sein, der mich benutzt und missbraucht.
Die Sa-Khui sind natürlich wunderbar zu ihren Gefährtinnen. Liz und Raahosh streiten sich zwar, aber ich glaube, es macht ihnen Spaß, aufeinander herumzuhacken. Aehako ist Kira treu ergeben, Vektal betet Georgie geradezu an, und selbst Ariana liegt ihr Gefährte zu Füßen. Niemand hier hat einen gewalttätigen Gefährten.
Doch es hatte auch niemand eine Wahl. Und die anderen sind nicht von den Aliens vergewaltigt worden. Bloß Josie und ich. Und Krissy, aber sie ist bei dem Absturz gestorben. Dominique wurde ebenfalls vergewaltigt, und das hat sie um den Verstand gebracht. Sie ist in den Schnee gelaufen und erfroren, weil sie solche Angst hatte, es könnte noch einmal passieren. Die anderen konnten es nicht verstehen.
Ich schon.
Ich tauge für niemanden als Gefährtin. Bei dem Gedanken, jemand könnte mich anfassen, erstarre ich. Als wir hier ankamen, habe ich anfangs noch versucht, so zu sein wie Josie. Eines Abends flirtete Rokan mit mir und lud mich in seine Felle ein. Er ist gut aussehend, ein echter Augenschmaus (mitsamt Hörnern und blauer Haut!), und ich fühlte mich so schutzlos, also bin ich mitgegangen. In dem Moment, als er mich berührt hat, bin ich ausgeflippt. Ich habe allen erzählt, es läge an seinem Sporn und dass ich nicht gewusst hätte, wie ich damit umgehen soll. Dass ich dachte, der Sporn sei ein Scherz. Doch so weit sind wir gar nicht gekommen. Als er meine Schulter streichelte, habe ich die Nerven verloren und bin schreiend weggelaufen.
Armer Rokan. Seither würdigt er mich keines Blickes mehr. Man kann es ihm nicht verdenken. Ich bin ein Fall für die Klapse.
Ich höre Josie schniefen.
»Weinst du?«, frage ich.
»Es ist nur … ich weiß nicht, was ich tun soll, wenn du weggehst«, sagt sie unglücklich. »Ohne Partner zu sein ertrage ich bloß, weil du hier bei mir bist und wir in einem Boot sitzen. Aber was soll ich machen, wenn du weggehst? Ich will nicht als Einzige übrig bleiben.«
Ich weiß, was sie meint. Für Josie wäre es verheerend, wenn sie die Einzige wäre, die bei den Verkupplungsversuchen ihres Khui nicht landen könnte. Sie sehnt sich so verzweifelt nach Liebe und einer Familie. Arme Josie. Mein Herz zieht sich vor Mitgefühl zusammen. »Es würde für dich gar keine Rolle spielen«, sage ich leichthin. »Denn du wirst viel zu beschäftigt sein, mit deinem heißen Lover Babys zu machen.«
Sie kichert, und damit ist das Schniefen vorbei.
Ich fühle mich besser, weil sie nicht mehr traurig ist, und lasse mich wieder in meine Felle sinken. Wir reden noch ein bisschen – wenn auch nicht über in Schwingungen versetzte Khui –, und schließlich schläft Josie ein. Eine ganze Weile liege ich noch wach, weil ich weiß, dass die Träume zurückkommen, sobald ich die Augen schließe. Das tun sie immer, und ich bin noch nicht bereit, mich ihnen zu stellen. Ich bin nie bereit, mich alldem zu stellen.
Irgendwann werde ich es tun müssen, aber vorläufig schiebe ich das alles so weit von mir weg wie möglich.
Als die Wachen mich zurück in die Zelle bringen, schauen mich die anderen betreten an. Ich spüre, wie meine Lippe dort, wo mich ein Schlag getroffen hat, anschwillt. Mein ganzer Körper ist wund. Besonders zwischen den Beinen bin ich wund, aber am schlimmsten ist es in meinem Kopf, als ob etwas zerbrochen wäre und nicht mehr zu reparieren sei, ganz gleich, wie ich meine Kleider zurechtzupfe, damit es aussieht, als sei nichts passiert.
Sie stecken mich wieder in die Zelle, und ich quetsche mich zwischen Krissy und Megan. Kira beobachtet mich mit wissendem Blick, und Liz hat einen Arm um Josie gelegt, deren Schultern in stummem Schluchzen beben.
»Haben sie dir wehgetan?«, flüstert Liz, als die Wachen weggehen. »Du warst eine ganze Weile weg.«
»Alles okay mit ihr?«, frage ich stattdessen und sehe Josie an.
Liz schüttelt den Kopf und presst grimmig die Lippen zusammen, und ich weiß, dass das Schlimmste passiert ist. Josie wurde vergewaltigt, wahrscheinlich vor den Augen der anderen.
»Was ist mit dir?«, fragt Megan und berührt meine Hand.
»Alles okay. Mich hat niemand angerührt.« Die Lüge fühlt sich schrecklich an auf meinen Lippen. »Sie haben mich nur auf einem der Tische untersucht und mich betäubt.«
Kira wirkt erleichtert. Sie beugt sich vor und drückt meine Schulter. Wir alle verfallen wieder in Schweigen, und das einzige Geräusch ist Josies gedämpftes Schluchzen, während sie verzweifelt versucht, leise zu sein. Liz streichelt ihren Arm und tröstet sie.
Mich fasst niemand an, und das ist mir nur recht.
An die Höhlenwand gelehnt rubbele ich mir mit einem Zweig über die Zähne, während ich die dunkelhäutige Menschenfrau beobachte, die gerade aus ihrer Höhle kommt. Tee-fah-nee zu beobachten ist zu einer meiner Lieblingsbeschäftigungen geworden, seit wir in die Südhöhlen umgezogen sind, und ich weiß, dass ich da nicht der Einzige bin. Doch ich bin der Einzige, der es diskret tut. Bei ihrem Anblick springt Taushen neben mir auf. Sie schenkt ihm ein Lächeln, aber es erreicht ihre Augen nicht. Ich würde ihm ja sagen, dass das nicht die richtige Methode ist, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, allerdings will ich ihm in dieser Angelegenheit nicht helfen.
Tee-fah-nee gehört mir. Sie weiß es nur noch nicht.
Der Khui in meiner Brust ist bisher stumm geblieben, doch das spielt keine Rolle. Er wird schon noch zur Vernunft kommen. Während ich mit dem Stöckchen über meine Zähne reibe, sehe ich weiter zu, wie Taushen – der Unermüdliche – versucht, ihr den Korb aus der Hand zu nehmen. Sie schüttelt den Kopf und sagt irgendetwas Höfliches, woraufhin er in sich zusammensinkt. Als er zur Feuerstelle in der Mitte der Höhle zurückkehrt, sieht er aus, als sei er schwer gescholten worden.
Tee-fah-nee eilt nach draußen. Ich werde ihr folgen, aber erst ein wenig später. Sie soll denken, sie sei allein. Meine Menschenfrau ist scheu, doch das ist in Ordnung. Ich kann warten. Die Verfolgung meiner Auserwählten ist wie die Verfolgung jeder Beute – sie verlangt dem Jäger Geduld und Beharrlichkeit ab. Es bedeutet, die Bewegungen des Wildes genau zu beobachten und seine Gewohnheiten kennenzulernen. Im Fall der Menschenfrau heißt das, sich mit ihr anzufreunden, sich aber ihr nicht aufzudrängen. Es bedeutet, dass ich Abstand halten muss.
Wenigstens vorläufig. Wenn mein Khui erst für sie angeschlagen hat, muss ich mich nicht mehr von ihr fernhalten.
Ich lasse ein paar Minuten verstreichen, während ich müßig über meine Zähne reibe und dem geschäftigen Treiben meiner Mitbewohner der Südhöhle zusehe. Kira, Aehakos Gefährtin, steht mit ihrem Kleinen auf dem Arm in der Nähe. Die laute Menschenfrau, die als Jo-see bekannt ist, streckt die Arme nach dem Kind aus, und die Sehnsucht steht ihr ins Gesicht geschrieben. Anders als Tee-fah-nee verbirgt diese Frau ihre Gefühle nicht. Sie zeigt sie offen, sodass alle sie sehen können. Meine Mutter und eine von den Ältesten räuchern Fleisch und stellen Reiseproviant zusammen, und in der Nähe schärfen mehrere Jäger ihre Klingen, um sich auf die Jagd vorzubereiten. Da zwölf neue Münder zu füttern sind – zusätzlich zu den Kleinen, von denen die Höhlen jetzt voll zu sein scheinen –, ist die Jagd wichtiger denn je.
Aber ich habe niemanden, für den ich jagen kann. Noch nicht. Ich bin ein unverpaarter Jäger, der keine Höhle mit Nahrung zu versorgen hat. Meine Felle liegen wie die einiger anderer noch in der Höhle der ungebundenen Jäger. Bald werde ich auf die Jagd gehen … doch zuerst will ich meine zukünftige Gefährtin besuchen und ihr das Gefühl geben, gebraucht zu werden. Ich stoße mich von der Höhlenwand ab und schlendere auf Kemli zu, und dabei schnappe ich mir ein Bündel mit Reiseproviant. »Hallo, Mutter. Wie ich sehe, machst du mir etwas zu essen.«
Sie schlägt mir auf die Hand, als sei ich ein unartiges Kind. »Leg das zurück. Du solltest jagen gehen.«
»Ah, aber ich jage doch.« Ich grinse sie an und nehme noch einen Bissen. »Ich jage nur kein Fleisch.«
Sie verdreht die Augen und scheucht mich weg. Meine Mutter würde mich wahrscheinlich gern mit einer Gefährtin sehen. Abgesehen von Farli, meiner jüngeren Schwester, bin ich der Letzte, der noch keine eigene Höhle hat. Meine beiden Brüder, Pashov und Zennek, haben sich mit Menschenfrauen zusammengetan, und inzwischen haben sie beide Kleine an ihrer Feuerstelle. »Du kannst nichts weiter vom Proviant bekommen, mein Sohn. Wir brauchen alles für die bevorstehende Reise.«
Ich schlucke meinen Bissen herunter und schaue zum Höhleneingang, durch den Tee-fah-nee vor kurzer Zeit verschwunden ist. Wenn ich zu lange warte, wird jemand vorbeikommen und sie behelligen. Ich muss mich beeilen, aber die Worte meiner Mutter machen mich neugierig. »Was für eine Reise?«
»Die Menschenfrau namens Har-loh hat mit ihrem Steinschneider drei neue Familienhöhlen geschaffen, sagt Aehako. Das bedeutet, drei Familien können zu den Hauptstammeshöhlen zurückkehren. Farli, dein Vater und ich werden zurückgehen. Ich will in der Nähe meiner anderen Söhne und ihrer Gefährtinnen sein, solange ihre Kleinen noch so jung sind.« Sie legt den Kopf schräg und schaut mich an. »Du darfst gern mitkommen.«
»Noch nicht.« Ich werde dorthin gehen, wo Tee-fah-nee hingeht. Wenn sie noch nicht zurück in die Haupthöhlen will, dann werde ich hierbleiben.
»Wegen der Menschenweibchen?« Meine Mutter zieht die Augenbrauen hoch. Sie kennt mich einfach zu gut.
Ich grinse sie nur an. Sie weiß, dass ich hinter Tee-fah-nee her bin, auch wenn mein Khui noch nicht für sie angeschlagen hat. Ich habe sie als diejenige auserkoren, die ich zu der Meinen machen werde. Jetzt muss ich bloß noch meinen Khui davon überzeugen, dass sie zu mir gehört.
Das wird passieren, da bin ich zuversichtlich.
Ich beuge mich vor und schnappe mir einen weiteren Happen von dem Fleisch, dann renne ich weg, bevor meine Mutter an meiner Rute ziehen kann, als sei ich ein unartiges Kleines. Sie wird sich noch genug über mich beschweren, aber als ich ihr den Rücken zukehre, höre ich ihr belustigtes Kichern.
Schließlich verlasse ich die Haupthöhle und trete hinaus, wo meine Stiefel im frischen Pulverschnee versinken, der über Nacht gefallen ist. Für die bittere Jahreszeit ist das ein leichter Schneefall, doch ich weiß, dass die Menschenfrauen an der unaufhörlichen Kälte verzweifeln. Wenn man sie reden hört, ist Schnee etwas, das immer nur für einige kurze Monde fällt. Ich schnaube bei dem Gedanken. Irrsinn.
Tee-fah-nees Spuren im Schnee sind tief, da die kleinen menschlichen Füße leichter darin versinken, und die meisten meiden Schneeschuhe, es sei denn, sie sind unerlässlich. Sie ist noch nicht weit gegangen, und ich folge ihrer Fährte jenseits der Felswände, wo sie Pflanzen hingebracht und sie in Reih und Glied aufgestellt hat. Sie nennt es Ackerbau und sagt, es werde sich später als nützlich erweisen. Ich habe keine Ahnung, ob das stimmt, aber die Menschen haben seltsame Vorstellungen, wie zum Beispiel Wurzeln zu essen. Sie ist eine fleißige Arbeiterin und sehr klug, also muss ihr seltsames Verhalten einen Nutzen haben.
Ich sehe sie ein kurzes Stück entfernt im Schnee knien, wo sie mit einem Stock im Boden gräbt. Von hier aus kann ich die wunderschöne Farbe ihrer Haut erkennen, die wie das kostbarste Tierfell aussieht. Ihre Mähne ist ungewöhnlich, denn sie steht in engen Spiralen ab – wie Süßgras, das in Felsnischen wächst und aus dem man einen wohlschmeckenden Tee zubereiten kann. Doch mir gefällt es. Sie ist anders, aber schön anzuschauen, und ich mag das Aufblitzen ihrer blauen Augen in ihrem kleinen menschlichen Gesicht.
Als ich mich ihr nähere, rufe ich ihr einen Gruß zu. »He, Tee-fah-nee. Ich bin es, Salukh.« Ich hebe eine Hand, und sie schaut auf und beschirmt die Augen. Ich achte immer darauf, ihr zur Begrüßung ein paar Worte zuzurufen. Einmal habe ich sie überrascht, und ihre heftige Reaktion war erschreckend. Ich möchte sie nicht noch einmal ängstigen.
Sie winkt mir zu.
Ich gehe zu ihr, und während ich das tue, ermuntere ich im Geiste meinen Khui. Dort ist unsere Gefährtin. Siehst du, wie schön sie ist? Wie zerbrechlich? Du musst bei ihr in Schwingungen geraten. Ich muss sie für mich gewinnen, sie beschützen.
Tee-fah-nee gehört mir.
Fang an zu vibrieren.
Vibriere.
Vibriere, damit ich sie für mich beanspruchen kann.
Aber mein Khui, der Verräter, schweigt, als ich auf sie zugehe. Dann ist es heute eben noch nicht so weit. Das macht nichts. Es wird morgen passieren oder übermorgen. »Genießt du den Schnee?«
Sie verzieht das Gesicht und schüttelt ihren Grabstock. »Über Nacht ist fast ein halber Meter davon gefallen und hat meine Pflanzen bedeckt. Ich weiß nicht, wie man hier überhaupt etwas auf die Reihe kriegen soll!«
»Mmm.« Ich hocke mich neben sie in den Schnee und studiere ihr Werk. Neben ihr liegt ein Lederbeutel voll von etwas, das aussieht wie Dung und Samenkörner, und sie gräbt mit ihrem Stock im Schnee. »Was machst du da?«
»Ich versuche, Nutzpflanzen anzubauen«, antwortet sie in der seltsamen Menschensprache. Ich habe in der Höhle der Ältesten die menschliche Sprache gelernt, daher kann ich mich mit ihr unterhalten. Das Bild, das mir bei dem Wort in den Sinn kommt, ist das von Pflanzen, die an speziellen Orten als Nahrung angebaut werden.
Interessant. Ich habe Pflanzen noch nie beachtet, außer um sie gelegentlich für einen der Tees meiner Mutter zu sammeln. Jetzt nehme ich eins der Samenkörner auf und studiere es, während sie sich wieder an die Arbeit macht. »Was tust du, wenn du sie anbaust?«
Sie kommt von den Knien in die Hocke und streicht sich ihr federndes Haar aus dem Gesicht. Die kleine Geste ist voller Anmut und lässt meinen Schwanz vor Verlangen nach ihr schmerzen. Vibriere, verlange ich von meinem stummen Khui. »Also«, sagt sie, »zu Hause auf der Erde gab es Ackerbau-Betriebe. Dort wuchsen auf großen Feldern Pflanzen heran, die für Menschen essbar waren. Wir könnten hier ebenfalls Pflanzen wachsen lassen und unsere Ernte für die grausame Jahreszeit einlagern. Ich muss nur noch herausfinden, wie man in all dem Schnee etwas zum Wachsen bringt. Ich meine, in Norwegen oder in Sibirien wächst doch auch etwas, oder? Und dies sind Pflanzen von hier. Also können sie eindeutig unter schwierigen Bedingungen überleben. Aber ich pflanze immer wieder Samen ein, und sie wachsen nicht. Ich weiß einfach nicht, was ich falsch mache.« Ihr Mund verzieht sich zu einem schmalen Strich. Ich nehme einen der Dvisti-Dungstücke aus ihrem Beutel und untersuche ihn. Wir benutzen sie als Brennmaterial, weil Holz am Fuß der Berge rar ist. »Du willst sie also wie ein Metlak mit Dung bewerfen?«
Sie kichert, ein süßer, kehliger Laut, der wie eine Liebkosung über meine Haut streicht. »Nein. Ich versuche, die Erde zu füttern.«
»Mit Dung?«
»Mit Dung«, bestätigt sie. Dann zieht sie wieder ihren Grabstock hervor und macht sich daran, ein Loch auszuheben. »Tierdung verfügt über eine Menge Nährstoffe für die Erde. Zumindest war das zu Hause der Fall. Man pflanzt ihn zusammen mit den Samen ein, und das gibt ihnen einen Schub.« Sie wirft den Dungbrocken in das Loch, fügt einige Samenkörner hinzu und bedeckt das Loch dann mit einer Mischung aus Schnee und Erde.
»Ich verstehe.« Es ist ein seltsamer Einfall, aber die Menschen haben viele komische Ideen. »Möchtest du, dass ich dir helfe? Ich bin ein starker Mann und kann die Löcher für dich graben.«
»Und so bescheiden«, murmelt sie und verzieht den Mund zu einem schwachen Lächeln, als sie mich kurz anschaut.
Ich bin kein bisschen bescheiden. Ich bin stark und tüchtig und verfüge über einen jungen und gesunden Körper. Sie sollte mich mit Bewunderung ansehen. Ich ziehe meine Ledertunika aus und streiche mir über die Brust, um zu sehen, ob sie meine prächtige Gestalt bemerkt.
Aber das tut sie nicht. Sie gräbt.
Menschen sind frustrierend. Doch irgendwie werde ich ihre Aufmerksamkeit schon noch erringen. Wenn sie sieht, was für ein tüchtiger, gesunder, starker Jäger ich bin, kann ihr Khui entscheiden, ob ich der Richtige für sie bin. Ich werfe meine Tunika beiseite, knie mich in den Schnee und ignoriere die Tatsache, dass er meine ledernen Beinkleider durchnässt. »Wie viele Löcher soll dieser starke Mann für dich graben, Tee-fah-nee?«
Wieder kichert sie. »Lass uns mit zwanzig anfangen, immer ungefähr eine Armeslänge voneinander entfernt.«
Ich schicke mich an, für mein Weibchen zu graben. Die Aufgabe schreckt mich nicht. Sie ist seltsam, aber ich mache das gern für sie. Um die Löcher zu graben, muss ich mich durch die Schneeschichten zu der Erde darunter und dann noch ein wenig tiefer vorarbeiten. Ich bin schneller, als sie es mit ihrem Grabstock war. Wir arbeiten schweigend. Ich habe nichts dagegen, denn als ich innehalte, um mir den Schweiß von der Stirn zu wischen, bemerke ich, dass sie mich beobachtet. Ich lasse bewusst meine Armmuskeln spielen, als ich das nächste Loch grabe. Ich führe mich auf wie ein Sichelschnabel, der für seine Gefährtin das Gefieder spreizt, aber das kümmert mich nicht. Ich will, dass sie mich wahrnimmt.
Als die Löcher gegraben sind, schnappe ich mir eine Handvoll Schnee und reibe mir damit das Gesicht und die Brust ab, um den Schweiß wegzuwaschen. Sie wendet den Blick ab und konzentriert sich auf ihre Samenkörner. »Danke, Salukh. Das ging mit deiner Hilfe viel schneller.«
Sie klingt erfreut, wirkt jedoch niedergeschlagen. Ist sie traurig – wie ich es bin –, dass unsere Khui schweigen? »Du scheinst nicht glücklich zu sein.«
Sie schaut erschrocken auf. »Wie meinst du das?«
»Ich meine, deine Worte sind süß, aber dein Körper sagt etwas anderes. Du lächelst hier.« Ich beuge mich vor und wage es, mit einer Fingerspitze über ihre vollen Lippen zu streichen. »Aber hier lächelst du nicht.« Ich tippe an ihre Schläfe und deute auf ihre Augen.
Ihr Lächeln kehrt zurück, doch jetzt wirkt es noch erzwungener. »Erwischt.«
»Sind wir denn keine Freunde? Erzähl mir, was dich bedrückt.« Ich will mich für sie darum kümmern. Ich will das Strahlen in ihre leuchtenden Augen zurückbringen und ein Lächeln – ein echtes Lächeln – auf ihre Lippen zaubern.
Sie beißt sich auf die Unterlippe und spielt mit den Lederbändern ihres Beutels, dann schaut sie zu mir auf. »Mich beunruhigt nur der Gedanke, dass die Höhlen wieder zusammengelegt werden sollen. Ich werde meine Ernte verlieren.«
»Lüg mich nicht an!«, sage ich sofort. Sie ist hervorragend darin, andere zu täuschen, aber mich täuscht sie nicht. »Du hast keine Ernte. Du hast Dung und Samen. Dir macht etwas anderes zu schaffen.«
Tee-fah-nee verzieht das Gesicht und wirft den Beutel in meine Richtung. »Du bist ziemlich aufdringlich, weißt du das, Salukh?«
Sie kann sich nicht einmal ansatzweise vorstellen, wie dringlich ich sie will oder dass ich sie in den Schnee drücken und mich auf sie legen will. Doch wir sind keine Khui-Gefährten. Unsere Khui haben nicht füreinander angeschlagen. Einmal mehr muss ich lernen, Geduld zu haben.
Es ist schwer, Geduld zu haben, wenn die Frau, die ich begehre, so nah bei mir ist, dass ich ihre weiche Haut berühren könnte. Wenn ihr Duft meine Nase füllt und meinen Körper dazu bringt, sich ihre Berührung herbeizusehnen. Ich habe mich nicht mehr so ohne Kontrolle gefühlt, seit ich ein Kleines war und meinen ersten Schwanzständer hatte. »Ich bin aufdringlich, wie du sagst, aber ich bin es, weil ich dein Freund bin. Deine Sorgen bedrücken mich.«
Sie entspannt sich ein wenig und nickt kaum merklich, als würde sie eine Entscheidung treffen. »Es ist einfach … okay.« Sie stößt den Atem aus. »Dir … ist dir aufgefallen, was gerade in den Höhlen los ist?«